Alle Leserbriefe der Woche im Überblick nach ihren Erscheinungstagen und: Offene Diskussion! Lesen Sie in Ruhe oder suchen Sie Ihren Leserbrief gezielt mit der Tastenkombination STRG und F sowie dem Namen als Suchbegriff. Sie finden hier:
- eine Liste der Erscheinungstage einer Woche;
- pdf-Dokumente von den Leserforum-Zeitungsseiten (klicken Sie dazu bitte auf das „eins“ bzw. „zwei“ von „Seite eins“);
- alle Leserbriefe des jeweiligen Erscheinungstags, die keiner hier im Blog laufenden Diskussion zugeordnet werden können;
- Links zu jenen Leserbriefen, die einer hier im Blog laufenden Diskussion zugeordnet wurden;
- ganz unten das Kommentarfeld, über das Sie mitdiskutieren können.
Bitte stellen Sie ein Stichwort an den Anfang Ihres Kommentars, um anzuzeigen, welches Thema Sie ansprechen. Es gelten die Blog-Regeln – mit einer Ausnahme: Für die offenen Diskussionen ist der Teil der Regel Nr. 4 ausgesetzt, der sagt: Bleiben Sie beim Thema. Hier kann bunt diskutiert werden. Es ist keine Registrierung o.Ä. notwendig.
Im FR-Blog werden immer die ungekürzten Originalversionen Ihrer Zuschriften veröffentlicht.
Leserforum vom 10. August
Seite eins
Leserbriefe von Thomas Ewald-Wehner und Hans Schinke zu Goldpreis und Stellenabbau (veröffentlicht hier). Bernhard Erkelenz und Thomas Fix zur Aufarbeitung der faschistischen Vergangenheit in Spanien, außerdem von Herbert G. Just und Gerhard Ehemann zur lange angemahnten Wahlrechtsreform (diese vier Leserbriefe gleich hier, siehe unten).
Seite zwei
Leserbriefe zu regionalen Themen von Brigitte Heinzmann, Jan Pahlow, Manfred Christmann und Günter Tatara zu Verkehrswende und Radverkehr ind Frankfurt, Hans Wedel zu den Verhandlungen über die Gedenkstätte zum KZ-Außenlager Katzbach, Irene Obst zur Schließung des Walldorfer Sees, Wolfgang Schnepp und Wolfgang Brillisauer zur Verstrickung des Frankfurter OB Peter Feldmann in die AWO-Affäre. Alle diese Leserbriefe gleich hier, siehe unten.
Der Einfluss des Opus Dei
Die Einschätzung des Pädagogen Enrique Díez in Bezug auf die Rolle der katholischen Kirche („Täter und Opfer gleichgestellt“) – „Und diese Gruppen sind eng mit großen Firmen und der katholischen Kirche verwinkelt. Deren Einfluss darauf, was gelehrt wird und was nicht, ist also groß. Entsprechend gibt es in Schulbüchern auch keinen Hinweis darauf, dass die Kirche die Repressionen 40 Jahre legitimiert hat.“ – ist nicht abwegig. Zu untersuchen ist u.a., welchen Einfluss die katholische Laienorganisation „Opus Dei“ – unter Diktator Franco waren etliche Minister Mitglieder oder Sympathisanten des „Opus Dei“ – während der Diktatur und auch noch danach ausübte. Übrigens konnte sich Franco bei seiner repressiven Religionspolitik – protestantische Gotteshäuser durften als solche nicht deutlich erkennbar sein – auf die Haltung zur Religionsfreiheit, wie sie in der einflussreichen katholischen Zeitschrift „Cíviltà Cattolica“ 1948 (s. Anh.) dargelegt wurde, berufen.
Was die Haltung des „Opus Dei“ zur Franco-Diktatur betrifft, so antwortete mir 1982 ein Mitglied in der Kölner Zentrale in Bezug auf die Beteiligung von Opus-Mitglieden in Kabinetten Francos, dass diese reiner privater Natur gewesen sei und nicht dem „Opus Dei“ als Organisation angelastet werden dürfe. So einfach ist das also…
Bernhard Erkelenz, Solingen
Portugal sollte dem Beispiel Spaniens folgen
Spanien ist hier tatsächlich mal Vorreiter. Während die ehemaligen faschistischen Diktaturen in Lateinamerika (Chile, Brasilien, Paraguay, Argentinien, Uruguay) und die südländischen Nachbarn Spaniens in Europa (Griechenland, Italien und Portugal) damit hinterherhängen, kann der Vorstoß Spaniens einen Dominoeffekt auslösen, der dann auch die genannten Länder erfasst. Portugal zum Beispiel hat seine koloniale unda faschistische Vergangenheit kaum aufgearbeitet. Die rund 600.000 Sklaven, die in São Tomé oder Brasilien auf den Zuckerrohrplantagen unter erbärmlichsten Umständen leben und arbeiten mussten, damit die Zucker- und Kakaobarone immer reicher wurden oder der Umgang mit den Indigenen Brasiliens war ähnlich, da half auch nichts, dass der „las Casas Portugals“, der mutige Jesuitenpater Antonio Vieira sich mit dem Kreuz schützend vor die Indios stellte. Eine Entschuldigung bei den Ländern portugiesischer Zunge ist längst überfällig. Ähnlich ist es mit dem Faschismus; das Verschwinden tausender Menschen ist kaum erforscht, erst vor ein paar Tagen kam der Vorschlag, die rund 220 Strassen in Portugal, die noch den Namen Salazars tragen, endlich umzubenennen. Und auch die Aufarbeitung prominenter Opfer erfolgt nur halbherzig: die kommunistische Landarbeiterin Catarina Eufemia, die ermordet wurde, kennt heute kaum einer mehr, General Humberto Delgado, der ein Gegner und Kandidat gegen Salazar war, wurde mit seiner Sekretärin in Algier ermordet. Er hat es wenigstens zum Namensgeber des Lissaboner Flughafens gebracht, ein homosexueller Lyriker wurde in die Psychiatrie gesteckt usw. Da halfen dann auch keine ehrenhafte Diplomaten wie Aristides de Sousa-Mendes, der 33. 000 Verfolgten illegale Pässe ausstellte oder Carlos Garrido Sampaio, der 1000 Juden in Ungarn das Leben rettete. Auch das moderne Portugal hat damit Probleme: In den 2000er Jahren wurde eine Transsexuelle ermordet, vor einigen Monaten ein Student von den Kap Verden in Bragança, vor ein paar Wochen ein Theaterschauspieler gebürtig aus Guinea-Bissau. Alles aus Rassismus. Und mit André Ventura sitzt auch schon der erste Rechtsextreme seit 1974 in Portugals Parlament. Portugal täte gut daran, dem Beispiel Spaniens zu folgen.
Thomas Fix, Frankfurt
Wahlrecht für alle ist längst überfällig
Wahlalter: „Opakratie beenden“, FR-Meinung vom 1. August
Es gibt keinen vernünftigen Grund, Kindern das Wahlrecht vorzuenthalten. Jeder Mensch ist von Geburt an Träger von gleichen Rechten und Pflichten, dazu gehört meines Erachtens auch das Wahlrecht. Eltern entscheiden letztendlich 18 Jahre lang für ihre Kinder, sie entscheiden über den Schulbesuch und anderes. Warum können sie nicht, bis das Kind zum Beispiel 14 Jahre alt ist, auch für ihr Kind wählen?
Kindermund tut nicht nur Wahrheit kund, ein Kind würde auch anders wählen. Der Stellenwert der Familie wäre in Deutschland ein anderer, wenn Familien gemäß ihrer Personenzahl wählen dürften. Stattdessen gibt es kosmetische Produkte wie Jugendparlamente. Ein Wahlrecht für alle ist längst überfällig.
Herbert G. Just, Wiesbaden
Die Parlamente müssen jünger werden
Frau Dalka ist sehr bemüht, die erwähnten Personen zu „gendern“, hat aber übersehen, dass in der älteren Generation die „Omas“ deutlich überwiegen. Also herrscht bei den Oldies, die nach Meinung von Frau Dalka bevorzugt werden, eher die „Omakratie“ vor.
Die Verfasserin wirft überdies ein bißchen viel durcheinander: Die Reduzierung des Alters, welches zum aktiven Wählen berechtigt, führt ja nicht automatisch dazu, dass die Gewählten in den Parlamenten entsprechend „jünger“ werden. Das ist doch das Thema: Welche Damen und Herren mit nachgewiesenen Qualitäten stellen sich als Gewählte zur Verfügung? Ich wünsche mir auch, dass politische Entscheidungsträger jetzt die 40- bis 50-jährigen sein sollten – schon alt genug, um genügend Erfahrungen gesammelt zu haben, noch jung genug, um die Auswirkungen von Entscheidungen eine Zeitlang noch selbst zu verspüren.
Gerhard Ehemann, Niedernhausen
Respekt für alle Verkehrsteilnehmer
Radfahrer: „Rote Wege auf der Friedberger“, FR-Regional vom 1. August
Wenn wir eine verkehrsberuhigte Innenstadt und fahrradfreundliches Frankfurt wollen, müssen wir zunächst Staus und verärgerte Gewohnheitsfahrer in Kauf nehmen. Auf keinem anderen Weg sind viele Autofahrer bereit, umzudenken. Nur wenn das Angebot an schnell passierbaren Straßen fehlt wird mancher sich andere, umweltfreundlichere, Möglichkeiten suchen. Idealerweise sollte natürlich parallel das Angebot an ÖPNV ausgebaut und preisgünstig/kostenlos sein…
Es wird noch lange dauern, bis auch der Respekt für nicht motorisierte Verkehrsteilnehmer angemessen spürbar wird, aber das ist ein schönes Ziel.
Brigitte Heinzmann, Frankfurt
Das hält kein Rad aus
Zurück aus Murnau (Bayern), herrliche Straßen, alles wie neu. Tolle Infrastruktur. Ja, Bayern, mia san mia.
Nun war ich wieder im Kreis Offenbach auf dem Rad unterwegs. Die Straßen, ob Kreis- oder Stadtstraßen, sind seit ewigen Zeiten in miserablen Zustand, ein Flickenteppich voller Löcher. Immer werde ich höllisch durchgeschüttelt. Das hält kein Rad aus. Ich hoffe, auf neue Radwege, wie in Frankfurt. Besser wäre es aber, wenn endlich mal der Bundesverkehrsminister aus Hessen käme. Er dann in Hessen, wie in Bayern für tolle Verkehrswege sorgte. Seine Wiederwahl wäre gut abgesichert. Ja, wenn! CSU-Monopole sind scheinbar schwer zu knacken.
Jon Pahlow, Frankfurt
Radfahrer halten sich nicht an Verkehrsregeln
Zu den Empfehlungen, im Rahmen der Verkehrswende das Fahrrad zu favorisieren, stelle ich eine Frage: Wer schützt den Bürger vor „verrückt“ gewordenen Rdfahrern ? Verkehrsregeln werden nicht eingehalten, Ampeln werden nicht beachtet, Fahrtrichtungen nicht eingehalten, Fahren gegen Einbahnstraßen obwohl nicht gestattet, Fahren auf Bürgersteigen durch Erwachsene, Fahren auf Fußgängerüberwegen, Fahren auf Straßen obwohl Radwege vorhanden, um nur einige zu erwähnen. Nach meinen Erfahrungen behaupte ich, maximal 10 % der Radfahrer halten sich an Verkerhrsregeln. Ich darf ergänzend hinzufügen, seit meiner Jugend bin ich begeisterter Radfahrer sowohl in Deutschland, als auch im Urlaub in Ländern wie Frankreich, Schweiz, Italien und Spanien. An der Verkehrsdisziplin von Radlern in diesen Ländern können wir uns ein Beispiel nehmen.
Manfred Christmann, Frankfurt
Frankfurt erstickt am motorisierten Verkehr
Die IHK Frankfurt hat sich in einem Positionspapier zur Verkehrsentwicklung in Frankfurt geäußert. Die Frankfurter Rundschau hat am 27. Juni 2020 darüber berichtet. Der Inhalt des Artikels liest sich, als wäre er in den 70er Jahren des letzten Jahrhunderts formuliert. Die IHK scheint sich zu einem Größenwahn aufzuschwingen, autogerechte Herren über das Frankfurter Straßennetz zu sein. Wie kann eine Institution wie die IHK so dreist sein, Verkehrsteilnehmer die nicht als Autofahrer unterwegs sind, von Teilen des Verkehrsnetzes ausschließen zu wollen? Haben Sie schon einmal darüber nachgedacht, dass Radfahrer innerhalb des Stadtgebietes nicht nur Genussradeln betreiben, sondern ebenso wie Autofahrer eine Strecke von A nach B möglichst optimiert zurücklegen wollen?
Frankfurt erstickt an dem immer größeren Aufkommen des motorisierten Verkehrs. Sofortige Maßnahmen zu dessen Reduzierung sind daher zwingend geboten. Da passt es nicht zu fordern, keine Maßnahmen zu ergreifen bis der Gesamtverkehrsplan vorliegt und beschlossen ist. Solche Versuche wie die Sperrung des Mainufers sind da sehr hilfreich. Zeigen sie doch, dass es durchaus Alternativen zu einem unbegrenzten Autoverkehr gibt.
Anstatt rückwärtsgewandte Forderungen an die Stadtpolitik zu stellen, sollte die IHK die berechtigten Interessen von Bewohnern, Radfahrern und allen anderen Verkehrsteilnehmern anerkennen und im gemeinsamen Gespräch um eine ausgleichende Verkehrspolitik ringen, die ein Leben in Frankfurt auch in 20 Jahren noch attraktiv erscheinen lässt.
Ich als Kleingewerbetreibender und somit ebenfalls IHK-Mitglied distanziere mich ausdrücklich von den Forderungen der IHK an die Verkehrspolitik.
Günter Tatara, Frankfurt
Jahrzehntelange Arbeit trägt jetzt Früchte
Außenlager Katzbach: „Verhandlungen über KZ-Gedenkstätte“, FR-Regional vom 29. Juli
In seinem Bericht über die Entwicklungen und Maßnahmen, die endlich zu einer Gedenkstätte KZ -Außenlagers “ Katzbach“ führen sollten, erwähnt C.-J. Göpfert die Anfänge mit dem Engagement von Lothar Reiniger und Horst Koch-Panzner aus den1980er Jahren. Die jahrzehntelange Arbeit des Vereins für dieses Ziel scheint jetzt erfolgreich zu sein.
So gut der FR-Artikel dieses Vorhaben unterstützt, enthält er doch bezüglich der Erforschung des KZ „Katzbach“ eine irreführende Feststellung. Im Zusammenhang mit einer neuen Studie durch Andrea Rudorf im Auftrag des Fritz-Bauer-Instituts (Erscheinungsjahr 2021) schreibt Göpfert: „So wird jetzt endlich der Schleier der Verdrängung von Katzbach weggezogen.“
Dies haben, leider hier nicht erwähnt und entsprechend gewürdigt, die Autoren Ernst Kaiser und Michael Knorn mit ihrem Buch „Wir lebten und schliefen zwischen den Toten“. Rüstungsproduktion, Zwangsarbeit und Vernichtung in den Frankfurter Adlerwerken“ bereits 1994 geleistet. Damit füllten sie eine Lücke in der neueren Stadtgeschichtsschreibung.
In seiner Rezension zur dritten Auflage des Buches 1998 schreibt Friedrich Radenbach: „Die Mehrheit des dokumentarischen Materials über den Alltag im KZ „Katzbach“-Adlerwerke stammt aus 10-jährigen, sorgfältigen Recherchen der beiden Frankfurter Autoren Kaiser/Knorn in nicht weniger als 27 in- und ausländischen Archiven und aus Befragungen zahlreicher Zeitzeugen, vor allem ehemaliger Häftlinge in Polen, Frankreich und USA.“
Auf dieser Grundlage entwickelte sich in den 90er Jahren eine „Initiative Gegen Das Vergessen (IGDV) zur Gründung der Gedenkstätte KZ-“Katzbach“-Adlerwerke.
In ihrer Begrüßungsrede zu Ehren der Überlebenden dieses KZ am 7.9.1997 im Römer sagte Ina Peterson in Vertretung des Magistrats, dass sie der Meinung sei, das Buch müsse „zur Pflichtlektüre jedes Frankfurter Bürgers, jeder Bürgerin, jedes Politikers werden und vor allen Dingen sollten die Lehrerinnen und Lehrer sich dieses Buches für Unterrichtszwecke in den Schulen annehmen.“
Hans Wedel, Frankfurt
Müssen wir jetzt der Triathlon-Gruppe beitreten?
Die Badestelle Walldorfer See ist geschlossen: „In sengender Hitze auf Einlass gewartet“, FR-Regional vom 4. August
Was läuft in zahlreichen anderen Gemeinden des Umlandes besser, dass deren Seen trotz Corona geöffnet sind? An deren Konzepten wie zu Abstandskontrollen, aktuellen Online-Infos und Hinweisschildern an Zufahrtsstraßen zur Besucherauslastung hätte man sich gut und gerne orientieren können. Doch statt Corona-gerechte Lösungen zu erarbeiten, wurden bei uns die Probleme um Rückstaus & Co. groß und größer geredet – wohl auch oder gerade weil man die Kosten für Security und weitere Maßnahmen scheute.
Wir, eine kleine Gruppe Seniorinnen aus Mörfelden-Walldorf, gehen seit über 50 Jahren im Walldorfer See schwimmen. Hier haben wir unseren festen Platz mit für uns sicherem Einstieg ins Wasser. Trotz gesetzten Alters und körperlichen Handycaps sind wir dort noch bis im vergangenen Jahr fast täglich unsere Runde geschwommen. Gesundheitlich tat uns das einfach immer nur gut.
Das Schwimmbad oder der Langener Waldsee sind für uns keine wirkliche Alternative (schwierige Einstiegsleiter, teils steiniges Ufer etc.). Deshalb waren wir in dieser Saison unter erschwerten Bedingungen erst dreimal im Waldsee schwimmen. Unsere sonst übliche Bewegung im Sommer fiel damit sprichwörtlich ins Wasser. Aber vielleicht sollten wir ja einfach einer örtlichen Triathlon-Gruppe beitreten, um dadurch privilegierten Zugang zur Badestelle zu erhalten.
Dass die Badestelle auch aus Sorge um die Gesundheit der Gäste geschlossen bleibt, klingt in meinen Ohren wenig glaubwürdig. Denn umso mehr drängeln sich nun vor der Einfahrt zum Langener Waldsee, wie auch an wilden Seen und gefährlichen Flüssen Menschen eng an eng. Spätestens hier scheint die Sorge um Corona zu enden.
Dass ich die kostspielige Sanierung des Waldschwimmbades als Bürgerin gerne mitfinanziere, die Badestelle aber dermaßen stiefmütterlich behandelt wird, empfinde nicht nur ich als grenzenlos ungerecht. Und da nicht klar ist, wie lange Corona uns noch begleitet, steht zu befürchten, dass sich das traurige Schauspiel um die Schließung im kommenden Jahr geradewegs wiederholt.
Irene Obst, Mörfelden-Walldorf
So viel Unmoral!
AWO–Affäre: „Fatales Schweigen“, FR-Regional vom vom 4. August
Eine soziale Einrichtung wird von ihren verantwortlichen und leitenden Mitarbeitern regelrecht ausgeplündert zum Zwecke der eigenen Vorteilnahme und Bereicherung; mittendrin das Ehepaar Feldmann. Welches unschwer hätte erkennen können, dass die Ausstattung der beruflichen Position nicht mit den üblichen finanziellen Parametern übereinstimmt und – was noch zu klären wäre – ggf. ein Gefälligkeitsjob ausgenutzt wurde.
Schlimm ist, das die internen Kontrollinstanzen, insbesondere Frau Nissen (SPD-Bundestagsabgeordnete), eklatant versagt haben. Noch schlimmer ist, dass Herr Feldmann als einer der obersten Repräsentanten von Frankfurt keine Konsequenzen aus dem Vorgang zieht.
Vollkommen verwerflich und schäbig ist aber, dass die entlassenen gierigen und skrupellosen Führungskräfte eine arbeitsrechtliche Auseinandersetzung suchen. Welche Unmoral treibt diese Menschen an?
Wolfgang Schnepp, Freigericht
So beschädigt man ehrenamtliches Engagement
Erst sich parken lassen und dafür Lohn kassieren, dann Aufgabe für die Frau organisieren und fürstlich entlohnen lassen mit PKW. Jetzt großzügig eine Rückzahlung von fiktiven Beträgen an die AWO.
Wenn ein soziales Gefühl für eine Entlohnung für AWO-Aufgaben da gewesen wäre, hätten Frau und Herr Feldmann die Ihnen angebotenen und gezahlten Entlohnungen nicht annehmen dürfen. Haben sie aber. Zeigt doch die Geldgierigkeit und das geringe Gefühl für die, die bei der AWO ehrenamtlich tätig waren sowie den vielen Spendern gegenüber. Dieser Oberbürgermeister hat mit seinem bisherigen Verhalten und Beiträgen zur Aufklärung jegliches Engagement vermissen lassen. So beschädigt man das ehrenamtliche Engagement der Bürger und fördert die Politikverdrossenheit. Es wäre besser, er würde zurücktreten von seinem Amt. Dies würde Schaden von der AWO und der Stadt Frankfurt nehmen. Und dann noch die Forderung an den Innenminister von Hessen für eine AWO-Affären-Entlastung zu sorgen. Dies ist der Gipfel der Unverfrorenheit.
Aufklärung ist gefordert und nicht hoffen, wegen der Corona-Probleme, dass die Menschen/Wähler die AWO-Feldmann-Affäre vergessen. Was bisher durch die neue AWO-Vorsitzende Petra Rossbrey schon herausgefunden, geändert wurde verdient Respekt. Herr Feldmann hofft durch „Nichtbehandlung“ des Themas aus der Schusslinie zu kommen. Seine Verflechtungen in die AWO der Vergangenheit waren aber erheblich. Davon hat er und seine Frau profitiert. Der FR Artikel vom letzten Samstag zeigt die Strukturen auf. Es wird Zeit, dass dieser Bürgermeister Farbe bekennt und seinen Hut nimmt.
Wolfgang Brillisauer, Hofheim a.T.
Leserforum vom 11. August
Seite eins
Leserbriefe von Helmut Lange, Martin Singe und Armin Lauven zum Thema „nukleare Teilhabe“ und atomare Abrüstung (veröffentlicht hier), außerdem Horst Weitzel zum kulturellen Einfluss von Schwarzen sowie Siegfried Kössl und Peter Hartwig zur Katastrophe von Beirut (diese drei Leserbriefe gleich hier, siehe unten).
Schwarze Musiker haben immensen Einfluss auf den Musikmarkt
Zu: „Hinsehen kann ich kaum irgendwo so gut wie in Harlem“, FR-Politik vom 6. August
Vielen Dank für den tollen Artikel von Sebastian Moll. Zu vielen Punkten gäbe es noch vieles zu erzählen, mich reizt dabei am meisten, zum Thema Musik noch weiter auszuholen, um der schwarzen Bevölkerung wenigstens in dieser Hinsicht eine adäquate Würdigung zukommen zu lassen. Ganz große Namen, angefangen vom Oldtime-Jazz bis in die Bebop-Ära hatten afrikanische Wurzeln, wie die vom Autor genannen Miles Davis oder Ella Fitzgerald, Mahalia Jackson (weniger im Jazz behaftet), Louis Armstrong uvm. Die intensivsten Interpreten der Soulmusik waren Afroamerikaner (Wilson Pickett, Otis Redding, James Brown…es überfordert den Umfang eines Leserbriefes, noch weitere Namen aufzuzählen). Und die unheimlich umfangreichen Facetten der Bluesmusik, deren Ursprung den Sklaven auf den Baumwollfeldern des US-Südens zugeschrieben wird. Immer im traditionellen A-A-B-Versmaß wurden von den Protagonisten ewig die gleichen Themen immer wieder neu behandelt: Frau verlässt Mann, Arbeiten bei der Eisenbahn oder auf dem Feld, Ärger mit dem Vorgesetzten, Alkohol usw, alles Dinge, die teils verschlüsselt oder verfremdet die Unterdrückung der Schwarzen ausdrücken sollte. Neben der Gospelmusik, auf die ich zuletzt kommen werde, ist eine Musikrichtung aus den 50ern bis in die frühen 60er Jahre des 20. Jh zu nennen, die fast vollkommen in Vergessenheit geraten ist: Doo-Wop; mehrstimmige Musik, teils acapella, meist aber mit Begleitung durch eine Rhythmusgruppe (p,b,dr), überwiegend mit den Stimmen (bei den Männern) 1. Tenor, 2. Tenor, Bariton, Bass. Diese Musiker (80-90% Afroamerikaner) kamen aus den, heute würde man sagen ‚abgehängten‘ Teilen der Großstädte wie Detroit, Philadelphia, Baltimore, Chicago und natürlich der Bronx und Brooklyn in New York City. Es war oft die einzige Möglichkeit, dem Alltagsfrust, Gewalt, Arbeitslosigkeit zu entfliehen, eine Vokalgruppe zu gründen und wenigstens lokal ein bisschen Anerkennung zu erreichen. Viele haben nie ein Plattenstudio betreten können, und wenn doch, dann für ein paar Aufnahmen, von denen, wenn alles gut lief zwei für die Veröffentlichung auf einer Single verwendet wurden. Der Rest verstaubt in Archiven oder wird mittlerweile von Rechercheuren wieder aufgetrieben und auf Collections nach über 50 Jahren als previously unreleased dem interessierten Hörer zugänglich gemacht. Der Einfluss dieser Musik, insbesondere auf den ‚weißen‘ Markt ist nicht zu unterschätzen. Zum Schluss, wie angekündigt: Gospel, was m.E. nur von Schwarzen authentisch interpretiert werden kann. Den bis heute besten dieses Genres, dem Golden Gate Quartet, wurde m.E. übel mitgespielt, indem sie insgesamt fünfmal in Karl Moiks Musikantenstadel auftreten ‚mussten‘. Und jedesmal, so hat es Moik in einer Talkrunde bestätigt, musste ‚Schwarzbraun ist die Haselnuss‘ aufgeführt werden. Ich bezweifle bis heute, dass die Jungs vom Quartet verstanden haben, welchen grenzdebilen Text mit üblem Assoziationspotenzial sie vertonen mussten. Als Ausgleich kam dann noch ein Klassiker, meist war es ‚The Saints‘, bei dem man mehr oder weniger textsicher mitsingen konnte, das Publikum aber unisono marschhaft auf 1 und 3, statt auf 2 und 4 mitklatschte.
Der Einfluss schwarzer Musiker auf den gesamten Musikmarkt ist immens. Leider spielt das im Alltagsrassismus kaum eine Rolle. Barack Obama war es, der spontan in seiner Heimatstadt bei einem lokalen Konzert auf die Bühne sprang, um ein Mikrofon bat und textsicher die heimliche Nationalhymne der Stadt ‚Sweet Home Chicago‘ mitsang. Michelle stand an der Bühne, hatte sichtlich Vergnügen beim Auftritt ihres Mannes und klatschte eifrig mit (natürlich auf 2 und 4). Als er aber bei der Trauerfeier nach dem Massaker von Charleston, South Carolina, ‚Amazing Grace‘ solo anstimmte, hat’s mich alten Sack fast zerrissen. Kann man sich in beiden Szenen einen seiner Vorgänger oder gar seinen Nachfolger vorstellen? Ich nicht.
Horst Weitzel, Frankfurt
Eine Stadt im Alarmzustand
Beirut: „Katastrophe mit Ansage“, FR-Politik vom 7. August
Die Berichte über die Explosion in Beirut erinnern mich mit Schaudern an den Brand im Kunstdüngerlager der Farbwerke Hoechst AG in Frankfurt Höchst im März 1961, denn der damalige Schadensfall hätte zu einer ähnlichen Katastrophe führen können wie die jetzige Explosion in Beirut. Zum Glück bekam man den Brand unter Kontrolle, so dass lediglich die umliegenden Stadtteile und Gemeinden unter den Abgasen und Rauchgasen zu leiden hatten und in Alarmbereitschaft bleiben mussten. Als Mitarbeiter der Farbwerke, der an diesem Vormittag außerhalb des Werks tätig war, war es strikt verboten, das Werk an diesem Tag noch zu betreten, d.h. die Werksleitung war sich bewusst, welche Gefahren von dem Brand ausgingen.
Friedrich Kössl, Düsseldorf
Der Preis für menschliches Unvermögen
Der Libanon braucht Milliarden. Syrien braucht mehr Milliarden. Der Jemen braucht Milliarden. Die Wirtschaft der EU braucht ganz viele Milliarden. Wo kommen diese Milliarden her und woraus bestehen sie? Ich nehme an, die Summen bedeuten Geld, Investitionen und Kapital. Das wird nicht immer ausgesprochen, als wüssten schon alle um was es geht. Es geht um Geld und Kapital das einer mehr als 80 Jahre bestehenden Logik folgend aus einem immer stärker steigenden Naturverbrauch entsteht, zugunsten der Förderung einer weltweiten Technisierung und Industrialisierung und zulasten der Ökosysteme dieses Planeten.
Der Mensch braucht zum Leben ein grünes Blatt, gesunden Boden, sauberes Wasser, Nähe, Schutz und Sicherheit. Solch ein Bedarf summiert sich bei richtiger Wirtschaftsweise weltweit auf einen Preis, der auch für Milliarden von Menschen gemeinsam mit der Natur, deren Teil er ist, bezahlbar bleibt.
In unserem kriegszerstörten Land haben 1946 zur Stunde Null eine Zahl menschlicher Köpfe im Eindruck der Notwendigkeit zur Besinnung auf das Wesentliche beeindruckende Klugheit entwickelt, die mehr als 70 Jahre ein friedlich funktionierendes stabiles demokratisches Gemeinwesen ermöglichte.
Es braucht heute diesen großen Rat an unabhängigen klugen Köpfen (vielleicht einmal mehr weibliche als männliche) die sich Gedanken machen, wie die unbeschreibliche Not in so vielen Ländern bewältigt werden kann, ohne dass die geschändete, verletzte, notleidende Natur weiter den Preis für menschliches Unvermögen zahlt.
Vielleicht schenkt das Corona Virus das notwendige Gefühl einer Stunde Null, in der etwas sehr grundsätzlich gedacht werden muss.
Peter Hartwig, Ginsheim-Gustavsburg
Leserforum vom 12. August
Seite eins
Leserbriefe von Stefan v. Wachter und Susan Kreuter zur Corona-Pandemie (veröffentlicht ab hier), Paul Schäfer zur Antisemitismusdebatte (veröffentlicht hier), außerdem von Wilfried Litzau zur FR-Berichterstattung über Erdölfunde in Guyana und von Bernfried Kleinsorge über Lärmbelästigung durch Motorradfahrer im Harz (beide gleich hier, siehe unten).
Etwas mehr Distanz
Erdölfunde: „Und morgen vielleicht reich“, FR-Wirtschaft vom 7. August
Da schreiben die Fridays-for-future im Meinungsteil der FR über das knappe verbleibende CO²-Budget der Atmosphäre und drohende Kipp-Punkte der Klimakrise und zwei Seiten weiter wird im Wirtschaftsteil vom Reichtum für Guyana durch die Ölfunde geschrieben, als gäbe es kein Klima-Problem. Kohle, Öl und Gas sind aber die Treiber der Klimakatastrophe! Wenn wir die Klimaziele einhalten wollen, dürfen wir die Öl- und Kohlevorräte der Erde nicht mehr fördern und verbrennen, wie bisher. Dann wird auch Guyana auf dem Öl sitzen bleiben müssen. Es ist befremdlich, wie unkritisch hier der Ölförderung das Wort geredet wird. Etwas mehr kritische Distanz zur Ölindustrie erwarte ich schon in der FR, auch auf der Wirtschaftsseite.
Wilfried Lietzau, Bremen
Extrem störend
Zu: „Frischer Wind im Oberharz“, FR-Panorama vom 7. August
Ich habe den Artikel mit großem Interesse gelesen, weil meine Frau und ich genau vor einem Jahr für eine Woche in Hahnenklee waren. Wir haben gesehen, dass es neben viel Leerstand (z. B. in Hahnenklee) auch Innovatives im gastronomischen und touristischen Bereich gibt, das es zu entdecken gilt, ob z. B. Schoko- oder Slow-Food-Restaurant, Bike-Trail, Liebesbank-Wanderweg oder das sogenannte ‚Harzer Wasserregal‘. Aber es gibt auch eine Schattenseite, und damit spanne ich einen Bogen zu der aktuellen Diskussion über die Lautstärke von Motorrädern, deren Fahrer – ebenso wie die Tempolimitgegner – in Andreas Scheuer, unserem sog. Verkehrsminister, einen windigen Fürsprecher gefunden haben: Wir sitzen am sonnigen Samstagmorgen beim Frühstück auf der Terrasse des Blockhauses direkt am See, und aus einigen Kilometern Entfernung dröhnt fortwährend der Lärm der unzähligen Motorräder zu uns herüber, deren Fahrer ihrer sog. Fahrfreude auf der kurvigen Landstraße im Wald reichlich Raum geben. Schön für sie, aber extrem störend für alle Anderen.
Bernfried Kleinsorge, Egelsbach
Leserforum vom 13. August
Seite eins
Leserbriefe von Hans-Karl Ortmann, Hadi Geiser, Hans-Georg Becker und Elke Muschiol zu den Corona-Demos (veröffetnlicht ab hier), außerdem Klaus Philipp Mertens zum „Klima-Kniff“ sowie Wilfried Panzer und Emil Jacob zum Theme Elektromobilität (alle drei gleich hier, siehe unten).
Profitorientierte Verschwendungswirtschaft
Nachhaltigkeit: „Der Klima-Kniff“,, FR-Magazin vom 3. August
Die Frankfurter Start-up-Gründerin Hannah Helmke beschreibt ihr Klima-Rechenmodell sehr treffend: Es sei völlig frei von politischen oder sozialen Zielen. „Das ist reine Klimaphysik, das lässt keinen Raum für Interpretationen.“
Diese exakte Charakterisierung belegt, dass das vorgestellte Denkmodell und alle ähnlichen überflüssig sind. Denn die Klimakatastrophe einschließlich ihrer vielgestaltigen Folgen konnte ihr derzeitiges Stadium aus zwei Hauptgründen erreichen. Erstens beherrscht die für die Misere verantwortliche Industrie durchaus die Gesetze der Physik und Chemie und sie weiß, was sie tut. Es ist ihr bekannt, welche irreparablen Schäden sie verursacht. Sie ist ebenfalls in der Lage, die finanziellen und strukturellen Risiken ihres Geschäfts einzuschätzen. Aber sie sieht keine Anlässe dazu.
Zweitens orientieren sich sämtliche Überlegungen an den (noch) bestehenden politischen Freiräumen. Das zeigt das Beispiel des Wasserstoffs. Seit der Mitte der 1950er Jahre sind die wesentlichen Schritte zur Entwicklung der Brennstoffzelle abgeschlossen. Die restlose Verwertung der Investitionen in die Erdölförderung sowie neue Erschließungen genossen jedoch absolute Priorität. Hätte es damals einen politisch gewollten und gesellschaftlich akzeptierten Paradigmenwechsel gegeben, wäre der Welt und ihren Menschen vieles erspart geblieben. Von der Klimakatastrophe bis hin zu Kriegen um Erdöl.
Die von Frau Helmke und ihren Mitarbeitern kreierte „X-Degree-Compatibility“-Formel wird beispielsweise den Online-Händler Zalando, einer ihrer Kunden, nicht daran hindern, sein Geschäftsmodell grundsätzlich infrage zu stellen. Denn die von ihm im virtuellen Internetschaufenster erzeugte Nachfrage basiert auf Einzelartikeln, die an Millionen Endkunden versandt und von diesen anschließend zu ca. 50 Prozent zurückgeschickt werden. Eine solche Warenlogistik erfordert einen extrem hohen Verbrauch an Verpackungsmaterial (die Produktion von Papier ist energieaufwendig) sowie den unverhältnismäßig hohen Einsatz (überwiegend) fossiler Energieträger (Diesel, Benzin) bei der Zustellung und den Retouren. Diese Umweltbilanz steht in keinem gesunden Verhältnis zu der des typischen stationären Schuh-Einzelhandels. Ganz abgesehen davon, dass Zalando regelmäßig wegen der Ausbeutung seiner Mitarbeiter am Pranger steht.
Eine soziale Volkswirtschaft müsste dieser profitorientierten Verschwendungswirtschaft Einhalt gebieten, in dem sie beispielsweise eine Steuer auf nicht notwendiges Verpackungsmaterial analog zur Höhe des Warenwertes erhöbe. Und zusätzlich den Warenweg besteuerte. Schließlich handelt es sich vorrangig um austauschbare Produkte, die in jedem Schuhgeschäft an nahezu jedem Ort erworben werden könnten. Solche Maßnahmen wären wirksamer als die XDC-Formel, die das gesellschaftspolitisch Notwendige bewusst außer Acht lässt. Die etwa sechs Milliarden Umsatz, welche Zalando erzielt, könnten zu einem Nachfragepotential umgewidmet werden, das dem innerstädtischen Handel zugutekäme.
Fazit: XDC ist viel Lärm um nichts.
Klaus Philipp Mertens, Frankfurt
Man muss es nur wollen
Zu: „Streit über Anschaffung von E-Bussen“, FR-Regional vom 28. Juli
Es ist schon etwas eigenartig mit unserer E-Auto-Strategie. Da werden von unseren Automobilbauern viele großformatige und schwere Autos angeboten, oft als Hybridfahrzeuge gesponsert mit großen Preisnachlässen. Das Geschäft läuft schleppend; kein Wunder bei Millionen von Laternenparkern in unserem Land. Ohne einen verlässlichen Zugang zu einer Lademöglichkeit.
Viel stetiger lìeße sich alles gestalten, wenn man sich Bereiche sucht, in denen ein Umstieg auf E-Mobilität recht einfach umzusetzen ist. Als Beispiel möchte ich die Taxiflotte nennen, in Frankfurt immerhin etwa 1700 Wagen. Oft große Limousinen mit Dieselmotor. Wenn man hier ein Zwei-Klassen-System einführt, kann das in kurzer Zeit recht erfolgreich sein. Zum einen eine große Zahl kleiner E-Autos mit einem niedrigen Tarif, zum anderen immer noch eine ausreichende Anzahl klassischer geräumiger Taxen mit dem Standardtarif.
Das Laden der kleineren Wagen sollte kein Problem sein, da es überall in der Stadt Stellplätze gibt, die fest für Taxi-Fahrzeuge reserviert sind. Ideal für Ladesäulen. Die meisten Taxi-Fahrten in Großstädten sind ohnhin kaum länger als zehn Kilometer.
Wenn man sich Gedanken macht, sollte es noch etliche andere Bereiche geben, in denen die Einführung von E-Autos schnell umgesetzt werden kann. Man muss es nur wollen.
Wilfried Panzer Frankfurt
Unerschwingliche Fahrzeuge
Mit Nachdruck und staatlichem Geldregen wird der Kauf von Elektroautos beworben. Abgesehen, dass diese Fahrzeuge mit Preisen über 40 000 Euro für Normalverdiener, Rentner oder Pensionisten unerschwinglich sind werden die Folgekosten wie die der Batterie absichtlich verschwiegen. Warum nur ? 100, 200 Euro und mehr MONATLICH !! sind eine nicht zu verachtende zusätzliche Belastung. Erstrecht dann, wenn ein Kredit noch zurück gezahlt werden muss. Also ein Auto nur für Gehälter ab 10.000 Euro netto.
Emil Jacob, Poppenhausen
Leserforum vom 14. August
Seite eins
Leserbriefe von Manfred Kirsch, Rasmus Ph. Helt, Ralf-Michael Lübbers und Ewald Günter zum Kanzlerkandidaten Olaf Scholz (veröffentlicht hier), Bernhard Trautvetter zum Thema Atomwaffen (veröffentlicht hier), außerdem Peter Boettel zum Umgang mit der Türkei, Norbert Fabian zum europäischen Imperialismus und Joachim Reinhardt zum „Klima.-Kniff (alle drei gleich hier, siehe unten).
Ein Despot wird hofiert
Zu: „Schönt die Türkei ihre Statistik?“ und „Schläge und verschärfte Isolation“, FR-Politik vom 6. August
Es mutet schon seltsam an, wie die Bundesregierung immerwieder aufs Neue den Forderungen der Türkei und ihres Despoten Erdogan Folge leistet, indem sie die Reisewarnung in vier Regionen der Türkei aufgehoben hat, obwohl, wie im Bericht vom 06.08.2020 dargestellt, die Infektionsrate von Covid 19 in der Türkei wesentlich höher ist als in Deutschland und selbst diese hohen Zahlen von der Ärztekammer Ankara als „nicht dem wahren Stand“ entsprechend angezweifelt werden. Aber auch die hohe Zahl der Corona-Neuinfektionen in Deutschland, so z.B. von 1147 innerhalb eines Tages lt. RKI-Meldung, sollte eine Warnung davor darstellen, die Reisen in die Türkei zu forcieren, da diese Zahl nach deren Rückkehr sich infolge der hohen Infektionsrate in der Türkei weiter erhöhen wird, was wiederum eine Gefährdung der Menschen hierzulande zur Folge hat.
Nicht allein diese traurige Tatsache muss aufhorchen lassen, sondern auch die weiterhin unhaltbaren politischen Zustände in diesem Land. Allein die im gleichzeitig erschienenen Bericht über die Folterungen in den türkischen Gefängnissen und Verhörmethoden, die vom Antifolter-Komittee des Europarates gerügt wurden, müssten normalerweise einen Grund für das Auswärtige Amt darstellen, die Reisewarnung für die gesamte Türkei aufrecht zu erhalten. Hinzu kommt noch der Skandal um die Inhaftierung Tausender seit dem angeblichen Putschversuch im Sommer 2016 und darunter auch Dutzender Deutscher, ohne dass ihnen ein rechtmäßiges Gerichtsverfahren zuteil wird.
Würden diese Zustände, insbesondere bezüglich der zahlreichen Inhaftierungen deutscher Staatsbürger in Russland bestehen, würden die derzeitigen Sanktionen weiter erhöht und die Kriegsvorbereitungen an den Ostgrenzen verstärkt werden. Jedoch trotz dieser unhaltbaren Zustände wird Erdogan von der Bundesregierung weiter hofiert, indem sie, wie in der FR vom 04.08.2020 berichtet, trotz des Einmarsches der Türkei in Syrien mehr Rüstungsexporte genehmigt hat als in den Vorjahren und die syrischen Flüchtlinge in der Türkei trotz Milliardenunterstützung weiterhin abgeschoben und dem Ertrinken ausgeliefert werden. Die Annexion der Krim durch Russland muss über viele Jahre als Vorwand für Sanktionen herhalten, während jegliche Gewaltherrschaft in der Türkei mit Waffen und Geldern belohnt wird, die zu weiteren Gewaltaktionen der Erdokratie führen.“
Peter Boettel, Göppinge
Unfaire Verträge
Zu: „Die Legende von der westlichen Überlegenheit“, FR-Feuilleton vom 10. August
In seinem Beitrag verweist Arno Widmann auf relevante und häufig zu wenig beachtete Zusammenhänge. Allerdings liegt er in zwei Punkten „schief“: Westliche Überlegenheit artikulierte sich vor allem wirtschaftlich am „effizientesten“ über Formen von „informellem Imperialismus“ (Hans-Ulrich Wehler) – also weniger durch direkten Kolonialismus und bis in die Gegenwart durch ungleiche und unfair-ausbeuterische Handelsverträge. Und letztlich entscheidend für die blutige Niederschlagung der Taiping-Revolution als einer partiellen Modernisierungsbewegung in China bereits im 19. Jahrhundert war die Unterstützung feudal-korrupter Pekinger Qing-Kaiser durch europäische Kolonial- und Söldnertruppen.
Norbert Fabian, Duisburg
Kapitalismus ist amoralisch
Nachhaltigkeit: “ Der Klima-Kniff“ , FR-Magazin vom 3. August
Die Äußerungen von Hannah Helmke machen schonungslos deutlich, dass Kapitalismus amoralisch ist. Es ist verständlich zu versuchen, innerhalb bestehender Verhältnisse etwas richtig zu machen. Dort, wo es auch mit der Gewinnmaximierung vereinbar ist, weckt es punktuell Hoffnung. Aber das sollte nicht verstellen, dass das bestehende Wirtschaftsziel des Kapitalismus, die Gewinnmaximierung, toxisch und in vielfacher Weise tödlich ist. Ohne die Ablösung dieses Ziels scheint mir eine menschenfreundliche Gesellschaft nicht möglich. Wenn diese Einsicht unterschlagen wird, ist meiner Meinung nach alles umsonst!
Ich wünsche mir von der FR eine konstruktiv kritische Auseinandersetzung zwischen VertreterInnen des Ansatzes, welcher den Kapitalismus glaubt bändigen zu können, und denen, die eine System konforme Wandlung für nicht möglich halten halten – nicht nur über Leserbriefe.
Joachim Reinhardt, Hüttenberg
Leserforum vom 15. August
Seite eins
Leserbriefe von Lilli Grunwald, Reinhard Matthies, Heidemargreth Spielbrink-Uloth, Eckart Roloff und Monika Gebauer-Roloff sowie Marina Hellmig mit Glückwünschen an die FR zum 75. Geburtstag (veröffentlicht hier).
Seite zwei
Leserbriefe von Hans-Herbert Schürmann zur Antisemitismus-Debatte um den offenen Brief an die Kanzlerin (veröffetnlicht hier), außerdem hat Micharel Strake eine Erwiderung auf einen Leserbrief zur nuklearen Aufrüstung geschrieben (veröffentlicht hier).
Wie viel Angst ist gut für unser Verhalten?
FR-Leserforum vom 12.08.20
Die Corona-Pandemie bringt es an den Tag: Neben Covid-19 grassieren weltweit auch Dummheit und Verantwortungslosigkeit. Ein typisches Beispiel dafür sind die „Hoffnungs-Momente“, nach denen FR-Leser Stefan Wachter sucht.
Er dankt seinem Gott, dass nur ein kleiner Teil der Menschen wirklich erkrankt sei. Dieser kleine Teil erscheint ihm offenbar als entbehrlich. Denn die Unglücklichen lassen jenen gesunden körperlichen Prozess vermissen, der jedes Virus besiegt. Das klingt nach „Turnvater“ Friedrich Ludwig Jahn, einem der Vorläufer des deutschen Faschismus. Der war der Meinung, dass nur in einem gesunden Körper ein gesunder Geist wohnen könne. Damit bezog er sich auf den römischen Satiriker Juvenal, den er aber völlig falsch verstand (Reaktionäre haben bekanntlich Schwierigkeiten mit dem verstehenden Lesen). Denn der kluge Römer formulierte: „Wir wollen beten, dass in einem gesunden Körper auch endlich einmal ein gesunder Geist wohnen möge.“
Ob eine so genannte Herdenimmunität bei Covid-19 möglich sein könnte, ist derzeit nicht belegbar (bekannt gewordene Fälle aus China deuten auf das Gegenteil hin). Ohne berechtigte Aussichten sollte man sie deswegen nicht anstreben. Ebenso können Langzeitwirkungen trotz „mildem Verlauf“ nicht ausgeschlossen werden. Darum müssten sämtliche Maßnahmen das Austrocknen der Krankheit zum Ziel haben. Und dieses ohne Anwendung von Homöopathie und ähnlichem Okkultismus. Die Globuli-Fraktion wird das vermutlich nicht anfechten, obwohl die Mortalitätsquote dieser Therapien sich bestens in die Opferstatistik von Covid-19 einfügt.
Neben dem Austrocknen des Virus durch höchste Achtsamkeit (Abstand, Maske, Hygiene) muss gegen die Zerstörung der natürlichen Lebensgrundlagen vorgegangen werden. Denn sie ist die Ursache für Seuchen (neben Corona auch Cholera und Malaria), für die Klimakatastrophe und für die Flucht ganzer Völker aus unwirtlichen gewordenen Landschaften sowie vor Kriegen, die um Rohstoffe geführt werden. Der Kampf gegen die Umweltzerstörung beinhaltet die Infragestellung der Profitwirtschaft. Das rührt an das Selbstverständnis des saturierten Teils der Bevölkerung. Doch diese Anspruchsbefriedigung geht zu Lasten anderer. Die Kollateralschäden erreichen längst die Mitte der Gesellschaft.
Unsere Lebensqualität hängt nicht davon ab, ob man auf nächtlichen Partys seinen Frust ersäuft und dabei Hemmschwellen überschreitet. Oder in drittklassigen Kneipen dichtgedrängt den industriell gefertigten Fraß für Millionen verzehrt. Auch nicht davon, ob man an Stränden liegt, sich stundenlang dem Nichtstun aussetzt und sich dabei vor der Rückkehr in den Alltag fürchtet. Es ist auch völlig unerheblich, um Mitmenschen ihre Befindlichkeiten vornehm für sich behalten oder per Facebook, Whatsapp & Co in die Welt posaunen.
Nein. Lebensqualität erwächst aus dem Bewusstsein, ein lebendiger Mensch zu sein, dessen Existenz von dieser Lebendigkeit abhängt und der deswegen den Tod bekämpft („Lasst die Toten ihre Toten begraben“, schrieb Markus). Das erfordert keinen Mut, vor allem nicht den halsbrecherischen. Schon gar nicht gegenüber Corona (wie FR-Leserin Susan Kreuter meint), sondern Verstand. „ego cogito, ergo sum“ formulierte René Descartes. Dieser an das Lebendige gebundene Verstand verhilft auch zu der Erkenntnis, dass wir (evolutionsbedingt) gesellschaftliche Wesen sind. Daraus erwachsen, bei entsprechender Erziehung durch Eltern und Schule, Bewusstsein, Mündigkeit und Solidarität. Egoismus und Hedonismus hingegen sind krankhafte Fehlentwicklungen.
Autofahrer, die einen Unfall mit Körperverletzung verursachen, werden dafür bestraft. Warum sollte dissoziales Verhalten gegenüber der Corona-Gefahr nicht gesellschaftliche Ächtung auslösen?
Bertolt Brecht hat in seinem Gedicht „Gegen Verführung“ vor der Geringschätzung der Lebensgefahren gewarnt:
„Lasst euch nicht betrügen! / Das Leben wenig ist. / Schlürft es in vollen Zügen! / Es wird euch nicht genügen / Wenn ihr es lassen müsst!“ (Aus der „Hauspostille“).
Hallo Herr Mertens,
bitte gestatten sie mir, zu ihren Gedanken hinsichtlich Corona ein paar eigene spekulative Überlegungen hinzuzufügen.
Wenn man die gegenwärtigen Zahlen betrachtet gibt es Anlass zur Sorge, in vielen Ländern ist wieder eine Zunahme der Fallzahlen zu verzeichnen.
Man wird wohl damit rechnen müssen, dass ein lockdown wie gehabt nur das letzte Mittel sein wird, die wirtschaftlichen Folgen werden von vielen Bürgern als zu gravierend betrachtet. Hier wird man also die weitere Entwicklung abwarten müssen. Auch was die Impfung betrifft muss abgewartet werden. Persönlich (spekulativ) glaube ich nicht, dass es so etwas wie Immunität geben wird, möglicherweise gelingt es, die Symptome zu mildern, aber ich fürchte, es wird werden wie mit einer gewöhnlichen Erkältung. Dauert so und so lange, ist ansteckend, aber man überlebt. Prof. Drosten hat schon anfangs über den Gedanken sinniert, dass Menschen, die vor kurzem eine normale Erkältung hatten, Antikörper gebildet haben könnten, ohne Covid 19 gehabt zu haben. Das zu Ende gedacht würde bedeuten, dass die Menschheit in Zukunft mit der Seuche wird leben müssen. Denkbar wäre auch, dass das Virus eine gewisse Abschwächung erfährt, so dass die Menschen dann damit leben könnten. Wie gesagt, alles spekulativ.
Die andere Seite, die sie auch ansprechen „Cogito, ergo sum, Descartes) kann man auch, mit Verlaub, in Frage stellen. Nach ihrem Verständnis führt dies zu Bewusstsein, Mündigkeit und Solidarität. Dies ist jedoch nicht zwangsläufig so, denn der eigentliche Antrieb, der den Menschen leben lässt, ist der evolutionäre, der Darwinsche, das survival of the fittest Programm , dass die Erde in den Zustand versetzt hat, in dem sie sich heute befindet. Wenn man dann noch das Agieren des Menschen zur Zeit betrachtet, in diesem Land wie auch weltweit, bleibt einem kaum eine Möglichkeit an Mündigkeit und Solidarität zu glauben. Leider gibt das wenig Anlass zu Optimismus, aber die FR heute gab auch wenig Anlass dazu. Beispiel : die SPD wählt Herrn Scholz als Kanzlerkandidaten. Dieser Mann ist seit Jahren an prominenter Stelle tätig und bis zu einem gewissen Grad für die heutigen Zustände verantwortlich. Zum Thema Klima: Nichts. Zum Thema Umwelt und Biodiversität : Nichts. Kein Wort. Die eigentlichen Zukunftsprobleme kommen in dieser Partei überhaupt nicht vor. Was denken sich diese Leute ? Sie sprechen von Dummheit und Verantwortungslosigkeit. Dies ist das vorherrschende Verhalten unserer Regierungen seit den 90er Jahren, die große Koalition war dann der Nagel zum Sarg. Die vielgerühmte Frau Merkel muss sich doch sagen lAssen, dass unter ihrer Aegide nichts, gar nichts geschehen ist, dass der Zukunftsproblematik gerecht würde . Es geschah nichts, ausser dass Kapitalinteresssen bedient wurden. Natürlich kann Deutschland nicht die Welt retten, aber ein wenig beitragen hätte man können. Man hat ber nur gebremst und tut es heute noch. Diese Problematik halte ich für viel gravierender Als die ganze Pandemie.