Heute gibt’s Saures für unseren Kolumnisten Michael Herl. Außerdem beschäftigen sich die Leserbriefe des Leserforums vom 25. Juni 2019 mit dem Ausbleiben der Verkehrswende, der OB-Wahl in Görlitz, Soldaten in der Schule, Straßennamen, die an Kolonialzeit und Herrenmenschentum erinnern, und – fast hätte ich geschrieben: natürlich! – auch heute wieder mit dem Höhenflug der Grünen. Ob der wohl bis zur nächsten Wahl anhält? Aber sind die Grünen überhaupt eine echte Alternative? Diesmal gibt es darüber hinaus noch drei Zuschriften mit Bild, Ironie und Spott für die FR. „Mit selbst produziertem Atomstrom autark“, so lautete die Überschrift einer Meldung im Wirtschaftsteil der FR vom 21. Juni. Das ist einer dieser Fehler, die eigentlich nicht passieren dürfen: Es ist natürlich Solarstrom gemeint! Die FR hat dafür in ihrem „Sorry“ vom 22. Juni um Entschuldigung gebeten. Doch wer den Schaden hat, braucht für den Spott nicht zu sorgen. Unter folgenden Links sind pdf-Dokumente der Zeitungsseiten zu finden: Seite 1, Seite 2. Hier nun die vollständigen Zuschriften in ihren ungekürzten Versionen. Alle in diesen Leserbriefen angesprochenen Themen können in diesem Thread diskutiert werden. Bitte nennen Sie das Thema, zu dem Sie sich in Ihrem Kommentar äußern.
Wer ist für die Abholung des Atom-Hausmülls zuständig?
Zu unserem Fehler: „Mit selbst produziertem Atomstrom autark“, FR-Wirtschaft vom 21. Juni, und „Sorry“, Leserforum vom 22. Juni
Am 21.6 berichten sie auf Seite 13 in einer kurzen Nachricht über die Autarkie mit selbst produziertem Atomstrom. Das anliegende Foto meiner Atomanlage zeigt, dass ich schon jahrelang mit einem entsprechenden Dynamo meinen eigenen „Atomstrom“ produziere. Zur Autarkie hat es, das muss ich zugeben, allerdings noch nicht gereicht.
Erwin Rau, Ehringshausen
Das Atomkraftwerk für den Hausgebrauch
erfüllt die gehegten Erwartungen nicht.
Bild: Erwin Rau
Leider sind in Ihrer Meldung wesentliche, mich interessierende Angaben unterblieben. Für zeitnahe Antworten auf meine folgenden Fragen danke ich Ihnen im Voraus:
1. Wo können solche Kraftwerke zu welchem Preis erworben werden?
2. Ist der Bau auch in Eigenleistung möglich?
3. Wie hoch sind Leistung und jährlicher Ertrag?
4. Ist die Einleitung nicht verbrauchter E-Energie in das Netz meines Stromlieferanten ESWE möglich?
5. Wer ist für Abholung und Endlagerung des Mülls verantwortlich?
Günter Steinke, Wiesbaden
Ich möchte mich bei Ihnen für den Artikel bedanken, der meinem Tag die notwendige Aufhellung gegeben hat. Ich fühlte mich spontan an Loriots Weihnachtsepisode „Wir bauen uns ein Atomkraftwerk“ erinnert. Als Windmüller und Solarparkbetreiber bin ich zwar bilanziell autark, aber um den Strommix zu vervollständigen, können Sie mir gerne eine Anleitung zum Bau eines eigenen Atomkraftwerkes zukommen lassen.
Herzliche Grüße aus dem hohen Norden,
Thomas Griffith, Flensburg
Schon vergessen, wie es wirklich war?
Kolumne: „Könnte man von der DDR lernen?“, FR-Meinung vom 18. Juni
Es ist geradezu unbegreiflich, mit welcher Ignoranz und wider besseres politisches Wissen Michael Herl das Gute in einem Unrechtsstaat wie der DDR sucht und zu finden meint. Um ihn zu zitieren: „Ein Staat, der seine Bürger an der Grenze erschießt, ist ein schlechter.“ Falsch: Er ist kein schlechter, er ist verachtenswert und fernab jeder wohlwollenden Beurteilung. Man könnte sogar weitergehen und meinen, das Herl mit solch referentiellem Geschreibe diejenigen verhöhnt, die den Schuss noch gehört haben und dann elendig gestorben sind. Oder die, die jahrelang unter erbärmlichen Umständen gequält und erniedrigt in Gefängnissen vergammelt und verzweifelt sind. Und natürlich auch diejenigen, die jahrzehntelang belauert und in allen Lebensäußerungen von der Staatssicherheit dokumentiert und drangsaliert wurden.
Auch Herls die guten alten Zeiten beschwörende Betrachtung der sozialistischen Alltagswelt ist mehr als oberflächlich. Es stimmt schon, Not macht erfinderisch, hat aber bezeichnenderweise überhaupt nichts Freiwilliges an sich. Und das genau ist der Punkt. All die positiven Aspekte des Zusammenlebens der Menschen in der DDR sind aus Zwang entstanden, waren sozusagen Notwehr, um einigermaßen anständig und unverdrossen zu überleben. Dabei sind die sogenannten sozialen Errungenschaften damals vor allem mit zunehmender Staatsverschuldung und groteskerweise durch Devisengaben für politische Gefangene im Austausch mit der „BRD“ bezahlt worden. Das ist bigott und dekadent bis ins Letzte.
Haben Sie’s schon vergessen, Herr Herl? Der unvermeidliche Staatsbankrott und der Wunsch vieler Menschen, sich von Gängelei, Angst und Unterdrückung zu befreien, haben dann dieses entgleiste, nicht lebensfähige gesellschaftliche Konstrukt beendet. Der unkonventionell gedachte Versuch des Autors, sich ohne Vorurteile zurückzubesinnen, ist eine fade Nostalgie geworden und schließlich ohne Erkenntniswert. Michael Herl hat sich, wie heißt es so schön, vergaloppiert. Franz Josef Wagner lässt grüßen.
Alexander Metternich, Offenbach
Die Zustände waren katastrophal
Der Artikel des Herrn Michael Herl hat mich doch sehr schockiert. Die Wohnungsnot war groß, die Bausubstanz marode, genauso das Gesundheitssystem in der DDR. Ich habe in der Altbau-Modernisierung in der DDR gearbeitet und weiß genau, wie katastrophal die Zustände waren. Das Material war sehr knapp, vieles wurde nur improvisiert. An eine Neubauwohnung im Plattenbau war nicht zu denken. Planerfüllung eine Lüge. Alles war subventioniert, die Mieten, alles ist verfallen, Ruinen.
Genauso das Gesundheitssystem. 7000 Frauen wurden 1978/79 wissentlich mit verseuchtem Serum bei der Anti-D Immunprophylaxe infiziert. Alles wurde vertuscht und verheimlicht in der DDR. Den Frauen wurden die Säuglinge weggenommen, die Frauen über Monate in Isolierstationen zwangseingewiesen, ohne dass sie erfuhren, warum. Es wurde an ihnen geforscht, an den Opfern dieser Arzneimittelstraftat. Lesen können Sie im Buch „Vertuschter Skandal“ von Prof. Dr. Steger publiziert. Viele sind verstorben an den Folgen der Hepatitis-C-Virusinfektion. Unschuldige junge gesunde Frauen damals, die nur ein Kind bekommen wollten. Zerstört für immer und schwer traumatisiert.
Margit Papke, Wandlitz
Die Zuteilung einer Wohnung dauerte Jahre
Herr Herl, gerne können Sie von der DDR lernen. Wenn Sie wollen, auch von deren Wohnungspolitik. Nur, was lernen wir da? Wenn ich mich recht erinnere: Wohnraum war dort extrem knapp. Dass sich das nicht in hohen Preisen äußerte, lag daran, dass diese politisch gesetzt wurden und mit der Marktlage nichts zu tun hatten. Die Mieten waren zwar niedrig und bezahlbar, aber die meisten Menschen mussten jahrelang auf die Zuteilung einer Wohnung warten.
Schlimme Bausünden an den Stadträndern einerseits („Plattenbauten“) und verkommene, teilweise ruinierte, Altbaubestände in vielen Innenstädten andererseits. Das war die städte- und wohnungsbaupolitische Bilanz am Ende der DDR. „Ruinen schaffen ohne Waffen“, höhnten dort oppositionelle Umweltbewegungen. – Schon vergessen?
Tilmann Stoodt, Königstein
Wie viele Tote müssen noch sein?
Fahrradunfälle: „Europa lässt sich Zeit mit mehr Radfahrerschutz“ u. „Lebensgefährlicher toter Winkel“, FR-Thema v. 14.6.
Ich erinnere mich in diesem Zusammenhang an einen Magazin-Beitrag in der FR von vor ein paar Monaten: In Kopenhagen fahren über 60 % der Berufstätigen mit dem Rad zur Arbeit. Warum? Weil das Radwegenetz dort (und ähnlich wohl auch in den Niederlanden) dabei gute und sichere Möglichkeiten bietet.
Münster galt viele Jahre als die Fahrradhauptstadt in Deutschland…und ist mittlerweile weit zurück gefallen, weil man sich auf einem Stand von vor rund 20 Jahren „ausgeruht“ hat. Aachen ist, gemessen an Münster, weit abgeschlagen. Die Folge: Am Vortag des Artikels „Tod beim Abbiegen“ ist genau dies wieder passiert; es traf damit bereits die zweite Radfahrerin in dieser Stadt in diesem Jahr!
Da ich selbst seit Jahrzehnten Rad fahre, kenne ich die fruchtbaren, innerstädtischen Bedingungen. Wenn man meint, etwas tun zu müssen, werden ein paar Striche auf vielbefahrene Straßen gepinselt. Dabei ist es sonnenklar, dass die Erreichung der Pariser Klimaziele neben vielen weiteren Maßnahmen auch eine echte Verkehrswende erforderlich machen. Das heißt nicht nur Umstieg auf Elektro, sondern vor allem eine völlig neue Verkehrsinfrastruktur, welche den motorisierten Individualverkehr zurückdrängt und statt dessen ein sicheres, von Fußgängern und Straßenverkehr getrenntes Radwegenetz -gerade in den Innenstädten- schafft. Doch was geschieht in Deutschland? Auf Verwaltungs- und politischer Ebene kommt man seit Jahren nicht aus den Füßen. Mittlerweile gibt es zwar fast überall Radentscheid- Initiativen, doch die Politik schläft. Somit mischt sich in die Trauer über die vielen, vermeidbaren Unfälle mittlerweile bei mir ein wachsender Zorn!
Wacht endlich auf! Wieviel Tote müssen noch sein, bis die politischen Schutz- patrone der brutalen, kapitalistischen Wachstums- und Profitideologie endlich aufwachen, oder besser noch, in die Wüste der Bedeutungslosigkeit geschickt werden?
Bernd Bremen, Aachen
Appell an die Vernunft beim Rechtsüberholen
Warum wird nicht an die Vernunft der Radfahrer*innen appelliert, beim Rechtsüberholen vor Ampeln nie bis neben den ersten Wagen vorzufahren?
Manfred Alberti, Wuppertal
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Gefährliche Situation auf der
Mainzer Landstraße in Frankfurt.
Foto: Lutz „Bronski“ Büge
Ein Schlag ins Gesicht aller Radfahrer
Ich finde das Verhalten der Stadt Darmstadt skandalös. Es ist allgemein bekannt, dass die für Radverkehrsanlagen typische Fehlsortierung der Fahrzeugströme – geradeaus fahrende Radfahrer rechts neben Rechtsabbiegern – an Kreuzungen zu nicht beherrschbaren Konflikten und deshalb zu schweren Unfällen führt. Wer Radfahrer aus dem regulären Fahrverkehr ausgliedert, muss diese neu geschaffenen Konflikte wirksam lösen. An ampelgeregelten Kreuzungen ist in der Regel eine Phasentrennung notwendig, die zudem den Radverkehr nicht benachteiligen darf. Diese Notwendigkeit ignoriert die Stadt Darmstadt bis heute ebenso großzügig wie die Forderung der Verwaltungsvorschrift zur StVO, Benutzungspflichten nur für sichere und zumutbare Radwege anzuordnen. Dass man stattdessen Spiegel aufhängt, die am geschilderten Unfallverlauf wahrscheinlich nichts geändert hätten, ist ein Schlag ins Gesicht aller Radwegopfer.
Sven Türpe, Griesheim
Radler fühlen sich an keine Regel gebunden
Als begeisterter Radfahrer stelle ich fest: Radfahrer haben keine Berechtigung, die Straßen gemeinsam mit anderen Verkehrsteilnehmern zu nutzen, ohne dafür eine Qualifikation abzulegen sowie ohne einer strengen Kontrolle ihres Verhaltens im Verkehr zu unterliegen. Bei meinen Fahrten in Frankfurt mit Kfz und ÖPNV stelle ich fest, dass beinahe 100 Prozent der Radler sich an keine Verkehrsregel gebunden fühlen. Eine Nutzung des Fahrrades sollte nur auf Radwegen möglich sein, die vom übrigen Straßenverkehr baulich vollständig getrennt sind.
Manfred Christmann, Frankfurt
Auf der Tagesordnung
Zu: „Grüne Wellenreiter“, FR-Meinung vom 11. Juni
Bei den regierenden Altparteien herrscht große Angst, von den Grünen überflügelt zu werden. Denn jetzt werden von den cleveren „Ökos“, die unter dem Druck einer neuen, internationalen Jugendbewegung die sozialistische Komponente der Linken in ihr Vokabular übernommen haben und medienwirksam alle Altparteien in den Schatten stellen, die wichtigsten politischen Probleme auf die Tagesordnung gesetzt.
Geschickt setzen sie neue, unverbrauchte Gesichter kluger, wissenschaftlich und rhetorisch kompetenter, moralisch integrer und philosophisch gebildeter junger Männer und vor allem Frauen ein, um Zustimmung zu gewinnen. Übersehen wird dabei, dass auch die Grünen ihre Widersprüche nicht gelöst haben, Parteispenden von der Wirtschaft erhalten (in den Jahren 2013 bis 2015 u. a. 495460,78 Euro von BMW und der Familie Quandt/Klatten, 444999,94 von Daimler, 751136 von der Allianz. Quelle: Lobbypedia), dadurch von ihr abhängig und vom Pazifismus einer Petra Kelly (1947 bis 1992) weit entfernt sind. Man könnte es realpolitisches Wellenreiten nennen.
Aber der internationale Aufstand junger Menschen, die sich um ihre Zukunft betrogen sehen, wenn nicht nur geredet, sondern sofort gehandelt wird, wird auch den Grünen das Taktieren austreiben.
Dietrich Stahlbaum, Recklinghausen
Sinnvoller Ausweg
Straßennamen: „Afrika in Berlin“, FR-Meinung vom 14. Juni
Der AfD ins Stammbuch geschrieben: Die deutschen „Kolonialhelden“, die in vielen deutschen Straßen nach wie vor als Straßenbezeichnung fungieren, waren schon zur Zeit ihrer „Taten“ Kolonialverbrecher. Eine Umbenennung, selbst nach afrikanischen Freiheitskämpfern, ist zwar ehrenwert, bewirkt aber kaum einen Bewusstseinswandel, wenn diese bei uns völlig unbekannt sind.
Hannover bietet hingegen einen sinnvollen Ausweg. Den Karl-Peters-Platz „zierte“ ein Karl-Peters-Denkmal mit der Aufschrift: „Dem großen Niedersachsen Karl Peters, der Deutsch-Ostafrika für uns erwarb“. Der Platz wurde 2014 in Berta-von-Suttner-Platz umbenannt und das Denkmal um die „Mahntafel gegen den Kolonialismus“ erweitert, versehen mit folgender Inschrift: „Dieses Denkmal wurde im Jahr 1935 durch die Nationalsozialisten errichtet. Es stand für Verherrlichung des Kolonialismus und des Herrenmenschentums. Uns aber ist es Mahnung – der Charta der Menschenrechte entsprechend –, uns einzusetzen für die Gleichberechtigung aller Menschen, Völker und Rassen.“
Wulf Schmidt-Wulffen, Hannover
Größer als der Sieger
OB-Wahl Görlitz: „AfD-Mann scheitert“, FR-Politik vom 17. Juni
Was denkt sich eine Redaktion dabei, den Wahlsieg des CDU-Kandidaten zum Oberbürgermeister in Görlitz in dieser Weise mitzuteilen? Der Verlierer optisch zehnmal größer abgebildet als der Sieger, und auch die Überschrift gilt dem Verlierer. Die so gestaltete Meldung suggeriert ein Bedauern über das Scheitern des Verlierers und verschiebt so die wesentliche Aussage der Nachricht. Ich halte dies für eine vollkommen unzulässige Art der Berichterstattung, die die Meinung manipuliert.
Cornelia Groß, Frankfurt
Viel Freude
Zu: „Soldaten erwünscht“, FR-Regional vom 21. Juni
Im „sicherheitspolitischen Weißbuch 2016“, veröffentlicht im Juni 2016, wird von Planungen über einen Einsatz der Bundeswehr mit der Polizei im Inneren berichtet. Bei der Vorstellung dieses Weißbuches nannte der verteidigungspolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Herr Rainer Arnold, die geplanten gemeinsamen Übungen als „hilfreich“. Wie erwähnt, das war alles vor drei Jahren! Mit Armin Schwarz (CDU), einem großen Fan der Bundeswehr, werden wir noch viel Freude haben.