Wir sind weit gekommen in dieser Republik, schreibt ein Leser – und meint das gar nicht positiv. Und nicht nur wegen der Maut, um die es heute auch geht, denn der Europäische Gerichtshof hat wie erwartet die CSU-Pläne gekippt. Auch die schwelende Kriegssituation am Persischen Golf beschäftigt die Leserinnen und Leser. Mit diesen Themen befassen sich die Leserbriefe des Leserforums vom 22. Juni 2019. Unter folgenden Links sind pdf-Dokumente der Zeitungsseiten zu finden: Seite 1 und Seite 2. Hier nun die vollständigen Zuschriften in ihren ungekürzten Versionen. Alle in diesen Leserbriefen angesprochenen Themen können in diesem Thread diskutiert werden.
Signal gegen Humanität
„Geordnete-Rückkehr“-Gesetz: „Nicht mehr zu toppen“, FR-Leserforum vom 19.6.
Wir sind weit gekommen in dieser Republik. In Kassel feiern Rechtsextreme den Mord am Regierungspräsidenten, und in Berlin beschließt der Bundestag mehrheitlich das sogenannte Geordnete-Rückkehr-Gesetz, durch das zusätzliche Schikanen gegen Asylbewerber geschaffen werden und Geflüchtete von der Politik und der Öffentlichkeit kriminalisiert werden. Schikanen werden durch Gesetz für rechtens erklärt und diejenigen, die ihr Menschenrecht auf Asyl einfordern, werden mit Restriktionen belegt. Ebenso diejenigen, die sich für Asylbewerberinnen und Asylbewerber einsetzen. Leider haben die Sozialdemokraten mehrheitlich bei nur acht Verweigerern diesen Neuregelungen zugestimmt. Die SPD macht nach der ersten Asylrechtsänderung im Jahr 1993 nun schon zum zweiten Mal die faktische Abschaffung eines Menschenrechtes, des Asylrechtes, mehrheitlich mit und nur acht sozialdemokratische Parlamentarier stimmen gegen die inhumanen Regelungen. Damals 1993 war ich aus der SPD wegen dieses Kulturbruchs ausgetreten. Nun, ich bin im vergangenen Jahr wieder in diese Partei eingetreten, weil ich das Bollwerk gegen Rechts, als das Martin Schulz damals die SPD charakterisierte, unterstützen wollte. Nun, ich werde diesmal die Partei nicht wieder verlassen sondern mich in der für sie schwierigsten Situation in ihrer Nachkriegsgeschichte dafür einsetzen, dass sie nicht den dänischen Sozialdemokraten mit ihrem harten und abweisenden Kurs gegen Geflüchtete folgen wird. Die Sozialdemokratie verrät ihre eigene Geschichte und Tradition, wenn sie Front gegen Minderheiten macht und am Beispiel Asyl ihrer internationalistischen Geschichte untreu wird. Es geht um Menschen und deren Wohlergehen, ja um deren Existenz, die die Mütter und Väter des Grundgesetzes unter den besonderen Schutz des Staates gestellt und deren Recht auf Asyl in unsere Verfassung geschrieben haben. Die Demokratie stirbt scheibchenweise und der Abbau dieser Staatsform geschieht schleichend. Am Beispiel von Minderheiten und ihren Rechten wird das exemplarisch deutlich. Ich kann die Sozialdemokratie nur davor warnen, diesen Abbau demokratischer Rechte mitzumachen und gegen ihren Grundwert Solidarität zu verstoßen. Es ist sowohl ein Verstoß gegen die Staatsfundamentalnorm im Artikel 1, wonach die Würde des Menschen unantastbar ist, als auch gegen den Asylrechts-Artikel 16, dessen Rudimente noch in der Verfassung stehen, wenn Menschen jetzt einfacher ins Ungewisse, womöglich aber sogar den Tod, geschickt werden, und in der Bundesrepublik zusammen mit Straftätern in Gefängnisse geworfen werden können. Als Sozialdemokrat möchte ich mich bei denjenigen acht SPD-Abgeordneten meiner Partei bedanken, die die diskriminierenden Regelungen im „Asylpaket“ abgelehnt haben. Die Asylpolitik weist auf den Zustand der SPD hin, denn die erste Änderung des Asylrechtes im Jahr 1993, der die SPD damals zustimmte, war das Signal für eine Verschärfung des Asylrechts in der Bundesrepublik generell und damit gegen Humanität. Der Fall Lübcke, des Kasseler Regierungspräsidenten, der nach seiner Ermordung noch im Tod von Rechten verhöhnt wird, und die Verschärfung des Asylrechts zeigen drastisch auf, wie weit diese Gesellschaft nach rechts gerückt ist und die demokratische politische Kultur gefährdet ist. Alle diejenigen, denen es an zivilisiertem menschlichen Zusammenleben und gelebter Demokratie gelegen ist, sind spätestens jetzt dazu aufgerufen, mit Zivilcourage gegen den gefährlichen Rechtsruck hierzulande, an dem auch die positiven Wahlergebnisse der Bündnisgrünen nichts zu ändern vermögen, aufzustehen und rechte Gewalt, ob sie sich nun durch Rechtsextreme oder durch neue Asylgesetze manifestiert, zu kämpfen.
Manfred Kirsch, Neuwied
Das gleiche Spielchen wie damals im Golf von Tonkin?
Zu: „Trump bezichtigt Iran ohne eindeutige Beweise“, FR-Thema vom 15. Juni
Die Herren Bolton und Pompeo sind sich sicher, dass der Iran hinter den Anschlägen auf die Schiffe im Golf von Oman stecken, können aber keine Beweise vorlegen. Irgendwie erinnert mich das an die Zwischenfälle 1964 im Golf von Tonkin (Nordvietnam), die die Amerikaner zum Anlass nahmen, den Vietnam-Krieg auszuweiten – siehe Wikipedia.de, Zeit.de oder Deutschlandfunk.de.
Déjà-vu? Ich kann mir aber nicht vorstellen, dass ameriksnische Regierungen seither viel aus dem Ausgang des Vietnam-Krieges gelernt haben. Versuchen sie nun das gleiche Spielchen mit dem Iran?
Hans-Peter Werner, Geisenheim
Es geht um die Vormachtstellung im Nahen und Mittleren Osten
Ein totalitäres Regime, dass das freiheitliche westliche Wertesystem gering achtet, darüber hinaus seit vielen Jahren nicht müde wird, das Menschenrechtsland USA als den „großen Satan“ zu dämonisieren und regelmäßig damit droht, den Staat Israel von der Landkarte zu tilgen, dürfte von den Diplomatie- und Beschwichtigungsbemühungen der deutschen Bundesregierung nur wenig beeindruckt sind.
Außenminister Heiko Maas führt in diesen Tagen mit seiner Appeasementpolitik der Weltöffentlichkeit einmal mehr deutlich vor Augen, dass die Möglichkeiten der deutschen Außenpolitik inzwischen sehr begrenzt sind.
Maas gehört offensichtlich zu jenem Typus von Politikern, die nach innen freiheitliche Werte hochhalten und besonders hohe moralische Ansprüche für politisches Handeln stellen, nach außen jedoch nicht bereit sind, für diese Werte in einem ausreichenden „Maß“ einzustehen.
Mit seinem iranischen Amtskollegen scheint er gut zu harmonieren. Im Rahmen eines Besuchs rechtfertigte dieser sich Maas gegenüber für die Hinrichtung von Homosexuellen. Maas saß stumm daneben und sagte – nichts.
Ich persönlich halte es für schwer vorstellbar, dass die USA den direkten kriegerischen Konflikt mit dem Iran suchen werden.
Trotz seiner martialischen Äußerungen ist US-Präsident Donald Trump kein Hasardeur. Ein Bodenkrieg gegen den hochgerüsteten Iran, der wahrscheinlich Zehntausende Todesopfer unter den amerikanischen Soldaten fordern würde, wäre in dem kriegsmüden Land selbst innerhalb seiner Anhängerschaft nur schwer zu vermitteln. Zudem müssten die USA damit rechnen, dass Russland zu Gunsten des Iran in eine solche kriegerische Auseinandersetzung eingreifen würde, was eine direkte Konfrontation der Weltmächte zur Folge hätte.
Es wird jedoch zum Krieg kommen, denn der kalte Krieg zwischen den Regionalmächten Iran und Saudi-Arabien wird heiß. Beide Staaten verbindet eine tiefe Feindschaft. Die politische Landkarte des Nahen Ostens und darüber hinaus ist nur im Lichte dieser Feindschaft zu entziffern, denn bereits jetzt fechten Iran und Saudi Arabien überall Stellvertreterkriege aus. Nun aber dürfte es, logistisch unterstützt von Russland und den USA, zur direkten Konfrontation kommen.
Die langjährige Feindschaft zwischen dem Iran und Saudi-Arabien ist nicht nur auf einem konfessionellen Konflikt zwischen Schiiten und Sunniten aufgebaut. In Wahrheit geht es dabei vor allem um die politische Vormachtstellung im Nahen und Mittleren Osten. Ein Krieg zwischen den beiden, auch „dank“ deutscher Waffenexporte, hochgerüsteter Staaten und Erdöl-Hauptexportländer dürfte weltweit zu schweren wirtschaftlichen Verwerfungen und zu massiven Fluchtbewegungen führen.
Dieser vorgeschobene Glaubenskrieg erinnert an den 30-jährigen Krieg in Europa, dem sogenannten Glaubenskrieg zwischen der Katholischen Liga und der Protestantischen Union. Letztendlich war es ein Kampf der Kriegsgegner um die Vorherrschaft im Heiligen Römischen Reich. Der Krieg „im Namen Gottes“ forderte mindestens sechs Millionen Todesopfer und einen schwer verwüsteten Erdteil. Kein Gott dieses Universums aber würde seinen Namen hergeben für das Töten von Menschen, für Hass und Feindseligkeit unter den Menschen.
Alfred Kastner, Weiden
Die USA sollen endlich Ruhe geben
Donald Trump wollte Kim Yong Un noch vor zwei Jahren mit Feuer und Zorn vernichten – einen Mann, der Atombomben hat. Das hat nicht funktioniert. Nun hält er sich an den wehrlosen Rohani, der keine Atombomben hat. Im Konflikt mit dem Iran schicken die USA rund 1000 weitere Soldaten in den Nahen Osten. Sie würden zu „Verteidigungszwecken“ in die Region entsandt, erklärte der amtierende US-Verteidigungsminister Patrick Shanahan. Die Maßnahme diene der „Sicherheit und Gesundheit“ der dort schon stationierten Truppen. Shanahan betonte: „Die Vereinigten Staaten streben keinen Konflikt mit dem Iran an!“
Dann sollte Trump seine Soldaten schleunigst nach Hause holen! Man könnte sonst auf die Idee kommen, dass amerikanische Soldaten überall dort sind, wo wertvolle Rohstoffe in der Erde liegen wie Öl im Iran und Uran in Afghanistan. Prinzip: Wo Honig ist, da tauchen bald auch Bienen auf!“
Beschreibung des Psychopathen: Er ist nicht geisteskrank, aber auch nicht seelisch gesund. Er ist ein Mensch, der seinen eigenen Minderwertigkeitskomplex und seine Angst vor einer Niederlage damit kompensiert, dass er versucht, sich selbst zu erhöhen, indem er andere erniedrigt. Seine innere Unsicherheit resultiert nach außen in Machtgehabe und Intrigenpolitik.
Weshalb schickt Nato-Europa nicht endlich einen Sprecher nach Washington mit der Warnung: „Wenn Sie nicht endlich aufhören, die Welt zu schikanieren, dann kündigen wir die Mitgliedschaft im nordatlantischen Bündnis?!“ Die Nato ist ein Militärbündnis zur Verteidigung! Niemand kann zurzeit behaupten, dass iranische Streitkräfte Washington bedrohen! Die USA sollen die Welt endlich in Ruhe lassen!
Otfried Schrot, Ronnenberg
Die Zukunft der anderen
Zu: „Wirbel um Attacke auf die Grünen“, FR-Politik vom 15. Juni
Thorsten Schäfer-Gümbel schießt mit seiner Argumentation leider ein klassisches Eigentor, das einmal mehr zeigt, wie dringend die SPD wirklich eine programmatische Erneuerung benötigt. Schließlich handelt es sich beim Klimaschutz um kein isoliertes Thema, da die jungen Menschen, die hierfür jeden Freitag auf die Straße gehen, vor allem das übergeordnete und sehr nachvollziehbare Motiv antreibt, dass die ältere Generation kein Recht darauf hat, mit ihrem egoistischen Lebensstil die Zukunft von anderen zu zerstören.
Zudem liegen die Grünen mit ihrer momentanen Philosophie auf einer sehr ähnlichen Wellenlänge wie Willy Brandt zu Beginn der 1970er Jahre, der damals unter anderem gerade für größere Metropolen die Bedeutung des Begriffes der Lebensqualität herausgestellt hat.
Deshalb muss die Berliner Parteispitze in diesem lange von ihr vernachlässigten Bereich dringend ihre Haltung ändern, zumal die Sozialdemokratie erst vor wenigen Wochen in ihrer eigentlichen Hochburg Hamburg die Bezirkswahlen krachend durch eine Asphalt- und Betonoffensive verloren hat, die immer noch stark an ein Denken aus den 1960er Jahren erinnert, wo nachhaltige Gesichtspunkte bei der modernen Stadtplanung überhaupt keine Rolle gespielt haben!
Rasmus Ph. Helt, Hamburg
Willy mag die Rundschau
„Seit einer Woche bekomme ich die FR. Wie Sie sehen, gibt es ein großes Handycap, wenn ich im Freien lesen möchte. Mein Kater Willy ist auch ganz scharf auf die Rundschau, und ich komme kaum dazu, Ihre sehr interessant ausgewählten und gut recherchierten Artikel zu lesen. Vielleicht haben Sie eine Idee, wie ich ihm deutlich machen kann, dass Pressefreiheit auch bedeutet, das Geschriebene lesen zu dürfen?“
Klaus Ewald, Aurich
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Kater Willy.
Foto: privat
Bayrische Mauthelden
Zu: „Der Murks mit der Maut“, FR-Wirtschaft vom 19. Juni
Wie schnell aus bayrischen Mauthelden Maulhelden werden können, zeigt die EU-Rechtsprechung. Das äußerst Blöde ist nur, dass mit dem erwarteten Urteil Millionen Euro Steuergelder in den Sand gesetzt wurden. Leider gilt hier nicht das Verursacherprinzip!“
Jörg Harraschain, Frankfurt
Ein kräftiger Tritt in den Hintern
Hoffentlich gerät man nicht in den Ruch eines potenziellen Hassbotschafters, wenn man den Herren Dobrindt und Scheuer einen kräftigen Tritt in den Hintern wünscht. Für die bisher angefallenen und noch kommenden Kosten werden sie sicher nicht zur Rechenschaft gezogen. Aber dafür wir Steuerzahler!
Wulfhard Bäumlein, Bad Vilbel
Ausländische Autofahrer werden benachteiligt
Der EUGH hat das Vorhaben PKW-Maut gestoppt. Obwohl der Bundesverkehrsminister dieses „bedauert“, ist die richterliche Entscheidung zu begrüßen, da es der bisher unsinnigen Diskussion um diese PKW-Maut ein Ende setzt.
Die törichte Vorgabe des ehemaligen Verkehrsminister Dobrindt, in Fortsetzung seines Nachfolgers Scheuer, kann zu breitem Unverständnis führen. Es hat nämlich von Anfang ausländische Verkehrsteilnehmer in Deutschland benachteiligt, weil ihnen – im Gegensatz zu den bundesdeutschen Autofahrern – keine Aufrechnung/Verrechnung mit bezahlter Kraftfahrzeugsteuer zur Verfügung steht.
Wenn seitens der verantwortlichen Politiker gebetsmühlenartig versichert wurde, es würde keine Benachteiligung ausländischer PKW-Fahrer entstehen, dann muss ich an der Kompetenz jener Verantwortlichen zweifeln.
Einst lernte ich einmal, dass für ein und denselben Tatbestand keine Doppelbesteuerung stattfindet. Geht es allerdings um den Autofahrer, so wird jener wie eine Milchkuh gemolken: Auf Mineralkraftstoffe wird die Mineralölsteuer erhoben, ergänzt um eine Ökosteuer. Und auf diesen erhöhten Wert wird schließlich auch noch Umsatzsteuer erhoben.
Ich hätte nichts gegen eine PKW-Maut einzuwenden. Allerdings nicht zusätzlich zu der derzeit bestehenden Kraftfahrzeugsteuer, sondern anstelle jener, unter Bereinigung der bereits erwähnten Doppelbeteuerung von Mineralkraftstoffen. Die Zusammenfassung von Rezo lässt übrigens grüßen.
Stefan Otto, Rodgau
Wer viel und schnell fährt, zahlt mehr
Es gibt die nutzer- und fahrzeugtypabhängige Maut schon lange. Es ist die Kraftstoffsteuer, die mit jedem Tanken bezahlt wird. Wer viel und schnell fährt bezahlt mehr. Allerdings tanken Einige (unserer bayrischen Mitbürger) in Grenznähe im Ausland. Sie nutzen deutsche Straßen und bezahlen die Kraftstoffsteuer im Ausland. Dieser Steuerhinterziehung verhindert keine CSU-Maut. Ein Grund eine zusätzliche Straßenbenutzungsgebühr zu erheben ist es nicht.
Rudolf Wenz, Steinbach
Superg`scheit gescheitert
Vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH), da fuhr die PKW-Maut geradewegs in die Sackgasse, und die Richter haben den Sack ganz schnell und fest zugeschnürt! In Deutschland gilt weiterhin eine „maut-freie“ Fahrt, für alle, nicht nur für den deutschen PKW-Fahrer. Die dummdreisten Stammtischparolen sind superg’scheit gescheitert!
Riggi Schwarz, Büchenbach