Die folgende Debatte nimmt ihren Ausgang von einem Interview mit Wassilios Fthenakis, dem Präsidenten des Bildungsverbands Didacta, der sich dafür ausspricht, Bildung neu zu denken: „Der Wandel selbst muss Bildungsinhalt sein„. Unter anderem sagt er darin:
„Relevant ist die Frage: Wie reformiere ich das Bildungssystem so, dass jedes Kind die Chance bekommt, in einer Welt eines rapiden Wandels seinen Platz zu finden und seine Kompetenz zu nutzen. Wie bekommt man beschleunigte Veränderungen in den Griff? Wie entwickelt und verfügt man über Kompetenzen, die in der neuen Welt gebraucht werden?“
Heinz Markert aus Frankfurt hält nicht viel von diesen Ansätzen:
Von Phraseologie beherrscht
„Die Standpunkte von Herrn Fthenakis, Präsident des Bildungsverbands Didacta, über schulisches und außerschulisches Lernen im Zeichen der Industrie 4.0, sind eine Zumutung. Der Titel schleppt sofort eine gewaltsame These ein. Kann das Bildung guttun? Diese Bildungsdiskussion ist so sehr von Phraseologie beherrscht. Es ist kaum erträglich, wie in Europa Kinder von früh an für den kapitalistischen Verwertungsprozess an die Kandare genommen werden. Denn darum geht es. Persönlichkeit ist nicht gefragt, Industrie 4.0 ist das Schlagwort, die mit ihm verknüpfte Digitalisierung ist nicht dem Bildungsinhalt der sich formenden Person unterstellt, sondern will Rationalisierung steigern und Gewinn maximieren.
Der Bologna-Prozess ist gescheitert, er ist ein Verhackstückprogramm im Dienst der Kapitalverwertung, fern der Ergiebigkeit für die Bildung von Menschen, die für die eigene und fremde Kreatürlichkeit verantwortlich zeichnen. Bildung befördert immer mehr nur das Schmalspurdenken, liefert Jugend an ihre eigenen Totengräber aus. Daher braucht dieses Europa auch keine jungen Menschen, wie eine hohe Arbeitslosenrate unter jungen Leuten anzeigt. Bologna-Europa ist: Unterricht und Uni im kapitalistischen Verwertungsprozess.
Digitale Bildung ist nicht Bildung, sie ist zunächst Ausbildung an einer Rationalisierungstechnik, mehr nicht. Sie muss noch ins Humanum verwoben werden. Zwar betrachtet Herr Fthenakis die Familie als wichtigsten Bildungsort, aber nur, um das sogenannte Selbstkonzept und, daraus abgeleitet, ausgerechnet das mit Würde behaftete Selbstwertgefühl zu optimieren. Es geht um Fertigungskontrolle, Endabnahme und Vermarktung. Der länger Studierende, der auf etwas genauer eingeht und Abwege beschreitet, ist Persona non grata. Zu jeder Stunde des Bologna-Prozesses weiß der Controller, wo und woran der Kandidat gerade sitzt. Was würde Humboldt wohl dazu sagen?
So viele umherstreifende Wörter sind von Betriebswirtschaft durchsetzte Begriffsfetische, die Pracht, Größe und lieferbare Effizienz vorgaukeln sollen. Es ist eher das Räderwerk der Vereitelung von Bildung. Bildung ist nicht rationalisierbar, ist ein höchst eigener Prozess, der weder durch Fremd- noch durch angestrengtes Selbstlernen zu erlangen, geschweige denn ohne weiteres ‚zu organisieren‘ ist.
Bildung ist, wenn sie gelingt, ein durchaus geheimnisvoller Prozess, sehr intim und mit Glückserfahrung verbunden. In den augenblicklichen Bildungsmodellen schlägt sich untrüglich so etwas wie der ‚Terror der Ökonomie‘ nieder, von dem Viviane Forrester 1997 schrieb.“
Arthur Sturm aus Saarburg hingegen nimmt die Lehrer aufs Korn:
Defizite der Lehrkräfte
„Bin selbst Vater von zwei Kindern, die das Gymnasium kürzlich durchlaufen haben. Was in der Diskussion fehlt, ist die Frage, warum der Lehrkörper sich keiner Qualitätsanalyse unterwirft bzw. standhaft weigert dies zu tun. Die Heterogenität im Leistungsspektrum der einzelnen Lehrkräfte ist enorm. Die größten Defizite liegen dabei im pädagogischen Bereich der Lehrkräfte, Stichworte sind Motivation der Schüler, Mobilisierung ihrer vorhandenen Potenziale etc.
Wie kann es sein, dass bei einem Lehrer ein Grundkurs in Englisch schwerer ist als der Leistungskurs bei einem anderen Lehrer? Oder in parallelen Kursen je nach Lehrer mit Leichtigkeit 13-15 Punkte, bei dem anderen unter Mühen für die gleiche Leistung 7-8 Punkte erreicht werden?
Fazit: 1) Mit Geld allein ist da nichts zu heilen. 2) Macht auch die Leistung des Lehrkörpers transparent, es gibt da keine gottgegebenen Schutzgebiete!“
Die ehemalige Lehrerin Brigitte Ernst vermutet, dass Herr Sturm über telepathische Kräfte verfügen muss, da ihm diese Leistungsbewertung „aus der Ferne gelingt“:
Lehrer-Bashing im postfaktischen Zeitalter
Nach Veröffentlichungen zum Thema „Bildung“ ist es normal, dass das allseits beliebte Lehrer-Bashing einsetzt. Selbstverständlich darf jeder Kritik üben, so viel er will. Allerdings wäre es wünschenswert, wenn dies – auch im postfaktischen Zeitalter – nicht ganz ohne Hintergrundinformation geschähe.
Zum Vorwurf, dass die Lehrerschaft sich keiner Qualitätsanalyse unterziehe: Für Rheinland-Pfalz kann ich nicht sprechen, aber in Hessen gibt es das „Institut für Qualitätssicherung“, das in regelmäßigen Abständen Kommissionen in die Schulen schickt, um sich dort anhand von Unterrichtsbesuchen und Gesprächen ein Bild über die Leistung der Unterrichtenden zu machen. Zudem haben die Schulleitungen selbstverständlich ebenfalls die Möglichkeit, die Unterrichtsstunden der Kolleginnen und Kollegen zu besuchen und diese mit ihnen zu besprechen. Außerdem sind alle Lehrkräfte dazu verpflichtet, sich in jedem Schuljahr in einem festgelegten Umfang fortzubilden, wofür sie Nachweise vorlegen müssen.
Zur Notengebung: Wie jemand, der nie im Unterricht anwesend war, beurteilen will, wo zwei gleich zu bewertende Leistungen vorliegen (für die, so sein Vorwurf, so unterschiedliche Noten gegeben werden), ist mir rätselhaft. Er bezieht seine Kritik auf Oberstufenkurse des Faches Englisch. Wenn er sich auf dem gleichen Informationsstand befindet wie seine Kinder, müsste er wissen, dass eine Zeugnisnote auf einer Vielzahl von Teilleistungen basiert, die über das gesamte Halb- bzw. Schuljahr hinweg erbracht werden. In Englisch setzt sich die Note aus den beiden Kursarbeiten (50 Prozent) sowie den Leistungen während der Unterrichtsstunden und bei der häuslichen Arbeit (50 Prozent) zusammen.
Im Interesse eines einheitlichen Niveaus werden regelmäßig Vergleichsarbeiten geschrieben, außerdem müssen von jeder Klassen- und Kursarbeit vor Rückgabe an die Schüler je eine aus dem oberen, aus dem mittleren und dem unteren Leistungsbereich bei der Fachbereichsleitung eingereicht werden.
Im Fach Englisch in der Oberstufe setzt sich die Note der Klausur zu je einem Drittel aus der inhaltlichen Leistung, der sprachlichen Richtigkeit und dem Niveau der sprachlichen Ausdrucksfähigkeit, d.h. des Wortschatzes und der verwendeten grammatikalischen und syntaktischen Strukturen, zusammen.
Bei der Bewertung der Leistungen im Unterricht und bei der häuslichen Arbeit spielen folgende Kriterien eine Rolle: der Grad des Engagements im Unterrichtsgespräch und der Gruppenarbeit, die inhaltliche Qualität der Beiträge und Arbeitsergebnisse, die Fähigkeit, auf die Gesprächsteilnehmer einzugehen; außerdem in der Fremdsprache natürlich die sprachlichen Fähigkeiten wie sprachliche Richtigkeit und Ausdrucksfähigkeit.
Ich als Lehrerin habe es immer als schwierig empfunden, alle diese Teilaspekte am Ende in eine einzige Zahl zwischen 0 und 15 einmünden zu lassen, aber nach intensiven Überlegungen, Besprechungen mit den Schülern und mit einer gewissen Routine gelingt es dann meistens, eine nach Wissen und Gewissen angemessene Note zu erteilen.
Jemand wie der Vater Arthur Sturm, dem diese Leistungsbewertung aus der Ferne besser gelingt als den in das Unterrichtsgeschehen involvierten und mit Kolleginnen und Kollegen vernetzten Lehrkräften, muss über telepathische Kräfte verfügen.“
Sehr geehrte Frau Ernst,
Herr Sturm hat keine telephatischen Kräfte sondern beschreibt die Realität. Und aus Ihrer Stellungnahme lässt sich gut herauslesen, was Ihrer Meinung kein Bestandteil der „Qualitätskontrolle“ sein darf, nämlich die Kritik von Eltern oder gar von den Schülern selbst, also den eigentlich Betroffenen. Als Qualitätskontrolle die Unterrichtsbesuche von Kommissionen zu benennen ist realitätsfern. Denn Unterrichtsbesuche werden vorbereitet, geübt und dürften höchst selten dem Alltag entsprechen. Auch ist es selbstverständlich zutreffend, dass nicht einheitlich benotet wird, das ist normal und lässt sich auch garnicht vermeiden, schon die Entscheidung, wen ein Lehrer dran nimmt, wenn sich viele melden, ist subjektiv….
Es gab an der Schule meiner Kinder sehr viele sehr engagierte und gute Lehrer, die trotz strenger Notengebung sehr beliebt waren. Und es gab Lehrer, die so schlecht waren, dass es ganz offiziell hieß,“ da muss jede Klasse mal durch“, sogenannte „Wanderpokale“. Dies wäre nicht möglich, wenn es eine effektive Qualitätskontrolle gäbe, aus der sich Konsequenzen ergeben können!
Liebe Frau Partmann,
offenbar haben Sie meinen Leserbrief nicht richtig gelesen. Ich schrieb: „Selbstverständlich darf jeder Kritik üben, so viel er will, allerdings wäre es wünschenswert, wenn dies – auch im postfaktischen Zeitalter – nicht ganz ohne Hintergrundinformation geschähe.“
Außerdem habe ich angedeutet – und betone es hiermit noch einmal deutlich – dass es für Lehrkräfte Pflicht ist, die Zeugnisnoten vorher mit den Schülern besprechen. Ich persönlich habe selten erlebt, dass ein Schüler/eine Schülerin bei seiner/ihrer Selbsteinschätzung mehr als vielleicht um einen Punkt von meiner Bewertung abgewichen wäre. Dass es von Lehrkraft zu Lehrkraft bei der Notengebung geringe Abweichungen gibt, ist, wie Sie sagen menschlich. Dass jedoch ein Schüler beim einen Lehrer 7-8 Punkte und beim anderen 13-15 Punkte erhalten hätte – wie Herr Sturm es behauptet- habe ich noch nie erlebt.
Aus meiner Erfahrung muss ich sagen, dass die leistungsfähigen Schüler eher dazu neigen, sich selbst zu unterschätzen, während Schüler mit schwächeren Leistungen nicht selten ihre Noten auf die falsche Bewertung durch die Lehrkraft zurückführen. Auch das ist menschlich.
Unterm Strich bleibe ich bei der Aussage, dass man die Leistung eines Schülers über das gesamte Schuljahr hinweg beobachtet haben muss, um beurteilen zu können, welche Note er verdient. Eltern können das aus der Ferne leider nicht.
Mein Eindruck nach der Lektüre der bislang veröffentlichten Beiträge: Wassilios Fthenakis, der Präsident des Bildungsverbands Didakta, kennt die von ihm so benannte „neue Welt“ gar nicht, für die er Kompetenzen einfordert, die in der allgemeinbildenden Schule vermittelt werden sollen. Und zumindest ein Teil der Lehrerschaft, hier möglicherweise repräsentiert durch FR-Leserin Brigitte Ernst, orientiert sich bei der Beurteilung der vermittelten Wissensqualität ausschließlich an formalen Kriterien, die der grundsätzlichen Frage aus meiner Sicht ebenfalls zu wenig gerecht werden.
Seit etwa 35 Jahren bin ich regelmäßig mit den Ergebnissen der schulischen und universitären Wissensvermittlung und deren Aneignung durch Schüler und Studenten konfrontiert. Nämlich im Verlagsgeschäft, also einem Wirtschaftssegment, das vielfach selbst der Bildungs- und Kulturszene zugerechnet wird.
Bis zum Ende 1980er Jahre konnte ich lediglich geringe Widersprüche feststellen zwischen den in den Zeugnissen attestierten Kenntnissen und den Resultaten von Bewerbungsgesprächen und Bewerbertests. Diese betrafen das mündliche und schriftliche Ausdrucksvermögen (letzteres unter Berücksichtigung von Wortschaft, Rechtschreibung und Grammatik), analytisches Denkvermögen und persönliches Erscheinungsbild. Dies änderte sich relativ rasch im Verlauf der 90er Jahre, wobei einerseits die Schul- und Akademienoten deutlich besser wurden, das Wissen selbst und die Allgemeinbildung aber tendenziell abnahmen. Ich konnte angesichts der offenkundigen Defizite nie eine Kenntnisverlagerung von den Kulturfächern einschließlich des Deutschen hin zu Fremdsprachen und Naturwissenschaften feststellen.
Diese Phänomene zeigten sich auch bei Betriebspraktika von Schülern. Hierbei gewann ich zudem den Eindruck, dass die Lehrer, mit denen die Ergebnisse des jeweiligen Praktikums besprochen wurden, mindestens so viele Bildungsmängel aufwiesen wie ihre Schüler. Was mögen die Ursachen dafür gewesen sein? War es die Ausbildung der Lehrer, waren es die Richtlinien der Kultusministerien, war es die Organisation von Schule und Universität, waren es demotivierende Umstände im Umfeld von Elternhaus und/oder Schule? Schlüssige Antworten habe ich nicht gefunden. Aber anscheinend waren auch jene, zu deren Aufgaben ein funktionierendes Bildungssystem gehörte, überfordert.
Während ich in den 80ern nach den Gesprächen und Tests häufig die Qual der Wahl hatte zwischen 15 bis 25 ziemlich gleichwertigen Bewerbern, erwiesen sich am Ende der 90er weniger junge Menschen geeignet als der Betrieb neue Stellen anzubieten hatte. Seit ich 2003 lediglich noch Fach- und Wissenschaftsverlagen mit meiner eigenen Agentur zuarbeite, zählt die Auswahl des Nachwuchses für die gehobenen kaufmännischen und wissenschaftlichen Arbeitsgebiete nicht mehr zu meinem Verantwortungsbereich. Doch immer noch erreichen mich Bewerbungen, nach deren Lektüre ich mir allerdings selten noch die Mühe mache, sie weiterzuleiten. Denn sie sind in Form und Inhalt zumeist einfach miserabel.
Die Kompetenzen für eine neue Welt, von denen Wassilios Fthenakis schwadroniert, sind vermutlich die Tätigkeiten in digitalisierten Arbeitsumgebungen. Doch wie sollen diese erfolgreich (fehlerfrei) erbracht werden, wenn die Grundlagen des Denkens und der Kommunikation, die mit den je eigenen „grauen Zellen“ erbracht werden müssen, nur noch in unzureichendem Maß eingeübt werden? Ein Computer kann für ein digitales Verfahren nur korrekt programmiert werden, wenn zuvor sämtliche Arbeitsschritte in einem Millimeter-Netz vor-gedacht wurden.
Wer in Suchmaschinen auf mehr als fünf Treffer für einen genau beschriebenen Begriff stößt, wird von Google & Co. nur noch am Bildschirm festgehalten, um die diversen Werbebotschaften wahrzunehmen; die gesuchte Antwort geht dabei unter. Im Berufsleben ist so etwas nicht hinnehmbar. Und welches menschliche Gehirn ist angesichts von hundert Trefferseiten mit jeweils zehn Nennungen noch zum Sortieren in der Lage? Eigentlich nur noch jenes, das in der Schule exakt diese Fähigkeit gelernt hat. Und damit bin ich wieder am Anfang der Frage angelangt.
@ Klaus Philipp Mertens
Ich kann nicht nachvollziehen, wie Sie dazu kommen, ich orientierte mich bei der Beurteilung der vermittelten Wissensqualität ausschließlich an formalen Kriterien. Ich habe lediglich das beschrieben, was den Lehrkräften in Hessen laut Erlass des Kultusministeriums bei der Notengebung vorgeschrieben ist. Dazu gehören, wie ich schrieb, u.a. die inhaltliche Qualität der mündlichen und schriftlichen Äußerungen sowie die Fähigkeit, auf die Beiträge der Geprächsteilnehmer einzugehen. Seit wann sind das Formalia? Die Liste dessen, was man als Sprachenlehrer seinen Schülern vermitteln möchte, ließe sich noch lange fortsetzen, aber in meinem Leserbrief ging es mir ja um eine Information darüber, wie Leistungsbewertungen zustande kommen und wie wenig Eltern die Leistungen ihrer Kinder innerhalb der vier Wände des Klassenraums beurteilen können.
Mir persönlich wäre es übrigens lieber, wenn Lehrer statt einer Zahl zwischen 0 und 15 ein differenziertes Gutachten schreiben müssten, aus dem die Fähigkeiten und Schwächen des einzelnen genau zu entnehmen wären. Einen solchen Kommentar habe ich den schriflichen Arbeiten meiner Schüler auch immer beigefügt, und so halten es die meisten meiner Kolleginnen und Kollegen. Aber am Ende wird die eine Zahl verlangt, die in der Tat nur eine sehr undifferenzierte Aussage ermöglicht. Zur Ergänzung haben Lehrkräfte aber auch die Verpflichtung, im Laufe des Schuljahrs mit ihren Schülern immer wieder deren Leistungen differenziert zu besprechen und Hilfestellung zu geben.
Sie fragen, warum Sie bei den Schulabgängern, die sich bei Ihnen beworben haben, seit den 80er Jahren nachlassende Leistungen auf bestimmten Gebieten konstatiert haben. Dafür gibt es zahlreiche mögliche Gründe. Einer wäre, dass immer mehr Schüler das Abitur ablegen und ein Hochschulstudium absolvieren, die nicht durch ein gutes sprachliches Vorbild im Elternhaus gefördert wurden. Die Schule kann diese Defizite nur schwer ausgleichen, gerade weil der Stellenwert einer korrekten Sprache in der Öffentlichkeit immer geringer wird. Das sieht man ja schon bei den Äußerungen vieler Journalisten und Politiker in den Medien, die eigentlich Vorbilder sein sollten.
Der Vormarsch von Computerspielen und einer Kommunikation auf primitivstem Niveau über E-Mail und Handy bzw. Smartphone ist auch nicht gerade dazu angetan, die Fähigkeit, sich in Ruhe auf komplizierte Inhalte zu konzentrieren und sie angemessen sprachlich auszudrücken, zu fördern. Bekannt ist zudem längst, dass der Rückgang des Lesens von Büchern ebenfalls der sprachlichen Entwicklung von Kindern und Jugendlichen im Weg steht.
Ich frage mich, wie es sich auf die jetzt aufwachsenden Kleinkinder auswirken wird, dass ihre Mütter und Väter sich, wenn sie mit ihren Sprösslingen zusammen sind, mehr mit dem Handy oder Smartphone beschäftigen als sich mit ihren Kindern zu unterhalten.
Andererseits darf man beim all diesen Klagen über die nachlassende Leistung auf manchen Gebieten nicht vergessen, dass das heute von den Schülern geforderte Wissensspektrum erheblich breiter geworden ist als für die Schüler der 50er bis 80er Jahre. Je weiter die Naturwissenschaften voranschreiten, umso umfassender und komplizierter wird der Stoff, den die Schülerinnen und Schüler auf diesen Gebieten bewältigen müssen. Ich musste mich in meiner Schulzeit weder mit Gentechnologie noch mit Ökologie, Kernenergie oder Informatik befassen. Auf diesen Gebieten haben die meisten Schüler heute viel mehr Ahnung, als das bei und in ihrem Alter der Fall war.
Ganz abgesehn davon: bereits die alten Griechen klagten darüber, dass die Leistungen der jungen Generation immer schlechte werde.