Das Bundesverfassungsgericht hat geurteilt: Das Kopftuchverbot in Hessen ist verfassungsgemäß. Konkret ging es um den Fall einer Rechtsreferendarin, die in der Öffentlichkeit Kopftuch trägt und dies auch bei der Arbeit im Gerichtssaal tun wollte. Darum hatte sie geklagt. Nun steht fest: Weder auf der Richterbank noch auf den Plätzen des Staatsanwaltschaft darf sie Kopftuch tragen, sondern sie muss weltanschaulich neutral auftreten, da sie als Repräsentantin des Staates und seiner Justiz dort sitzt. Zugleich stellte das Gericht klar, dass es keine Bevorzugung christlicher Symbole geben könne. Das hessische Beamtengesetz hat einen Passus, wonach der „christlich und humanistisch geprägten abendländischen Tradition des Landes Hessen angemessen Rechnung zu tragen“ sei. Christliche Symbole von der Neutralitätspflicht vollständig auszuschließen, würde gegen den Gleichheitssatz verstoßen, so Karlsruhe.
Obwohl die deutsche Islamkonferenz längst herausgestellt hat, dass der Koran keine Kopftuchpflicht vorschreibt, bestehen viele Muslimas darauf, Kopftuch zu tragen. Meist geben sie religiöse Gründe dafür an. Viele „Biodeutsche“ und auch liberale Muslime und Muslimas sehen im Kopftuch hingegen vielmehr ein politisches Symbol. Die Kopftuchträgerinnen demonstrierten damit für alle sichtbar, dass sie Muslimas sind. Sie betonten ihre Andersartigkeit, auf die sie offenkundig stolz sind. Ein Symbol der Unterdrückung erkennen diese Frauen allem Anschein nach nicht im Kopftuch, das sie als Gläubige ausweisen und sie so vor Belästigung schützen soll. Im Jahr 2016 trug rund ein Drittel der islamischen Frauen in Deutschland Kopftuch.
Der Streit um das Kopftuch hat hier im FR-Blog eine lange Geschichte, so dass es wenig Sinn hat, auf einzelne Beiträge zu verlinken. Es ist gut, dass das Verfassungsgericht in einer Detailfrage jetzt Klarheit hergestellt hat. Letztlich geht es allerdings nur um Symbolpolitik – denn auch wenn die Referendarin nun nach außen weltanschauliche Neutralität verkörpern muss, sitzt da noch dieselbe Person mit all ihren Einstellungen und Anschauungen im Gerichtssaal. Daran ändert das Urteil nichts. Wenn sich hinsichtlich der Kopftuchtradition muslimischer Frauen in Deutschland etwas ändern soll, dann muss diese Veränderung von den Frauen selbst ausgehen. In einem Akt der Emanzipation müssten sie sich von dieser Tradition abwenden. Das ist jedoch nicht zu erkennen. Auch wenn dies für Manche wohl nicht ganz leicht zu sein scheint, müssen wir ihren Willen tolerieren. Wir leben in einem liberalen Land, in dem sich jede und jeder kleiden darf, wie er oder sie es will.
Interessant finde ich jedoch, dass das Urteil auf der anderen Seite ein Beitrag zur Selbstvergewisserung ist. Die juristische Beschäftigung mit den Symbolen des Islam führt auch zur Klärung der Frage, wie sich das Christentum in Deutschland ausprägen darf. Da denkt man doch gleich an den heutigen Ministerpräsidenten Bayerns, Markus Söder (CSU), der seinerzeit plakativ ein Kruzifix in einer deutschen Amtsstube aufgehängt hat, offenbar dazu entschlossen, den Kulturkampf zu suchen. Das Verfassungsgericht hat jetzt also klargestellt, dass weltanschauliche Symbole gleichbehandelt werden müssen; der Staat hat neutral aufzutreten. Das ist und bleibt ein gutes Zeichen – und es ist eine Botschaft an all jene, die immer und immer wieder die elende Debatte über die „christlich-jüdische Leitkultur“ Deutschlands anzufachen versuchen.
In ihrem Kommentar „Freibrief für Populisten“ erkennt FR-Redakteurin Ursula Rüssmann hingegen in diesem Urteil einen Rechtsruck des Gerichts.
Glaubensbekenntnisse gehören nicht in staatliche Stellen
Die Kritik von Frau Rüssmann am Urteil der Bundesverfassungsrichter zum Kopftuchverbot, in der sie dieses als „Freibrief für Populisten“ bezeichnet, kann ich nicht teilen und halte es für notwendig zu widersprechen. Die Unterstellung, die Richter würden mit diesem Urteil der „Stigmatisierung des Islam und der ohnehin grassierenden Diskriminierung von Muslimas“ Vorschub leisten, ist abwegig und nicht hinzunehmen.
Das Tragen eines Kopftuches zeigt nicht nur die Zugehörigkeit zu einer Religion, sondern es demonstriert ebenso eine politische Einstellung zum Thema Mann – Frau in unserer Gesellschaft. Es sagt aus, dass ich als Frau mich mit der Verhüllung meiner Haare vor den angeblichen Bedürfnissen von Männern schützen müsse. Diese Anschauung beinhaltet sowohl Diskriminierung von Frauen als auch Männern und läuft Gleichberechtigungsbestrebungen völlig zuwider.
Außerdem wird durch diesen Artikel deutlich, und darin könnte ich mit Frau Rüssmann auf einer Linie liegen, dass keinerlei Glaubensbekenntnisse, egal welcher Art und Religion, in die Bereiche öffentlicher Stellen (Gericht, Schule etc.) gehören, weder das Kreuz im Schulraum noch das Kopftuch im Gericht und umgekehrt. Eine klare Trennung von Staat und Religion ist vonnöten. Was Menschen im privat-öffentlichen Raum mit dem Tragen eines Kreuzes um den Hals, eines Ringes durch die Nase oder eines Tuches um den Kopf zeigen, ist Privatsache. Ob die Kassiererin an der Supermarktkasse ein Kopftuch trägt oder ein anderer Mensch eine Fastnachtsperücke ganzjährig, das ist mir völlig egal, Hauptsache meine gekauften Artikel werden korrekt abgerechnet und ich werde menschenfreundlich bedient. Da bin ich ganz bei Frau Rüssmann und ihrer Ansicht, das Kopftuch gehöre längst zum Alltag der pluralen Einwanderungsrepublik und „sein Anblick könne jedem zugemutet werden“.
Anders in öffentlichen Bereichen, in denen ich in ein Abhängigkeitsverhältnis trete mit Personen wie Richterin oder Lehrerin. So würde mich eine kopftuchtragende Richterin in Zweifelsnöte bringen, sollte sie z.B. über einen Vergewaltigungsfall urteilen. Egal ob ich als Frau oder Mann, als Verurteilter oder Zeugin vor Gericht stehen würde. Oder wie könnte eine kopftuchtragende Lehrerin, der ich mein Kind anvertraue, eine Vorbildfunktion einnehmen, die meinen elterlichen Wertvorstellungen in Bezug auf das Leben der Geschlechter miteinander auf diese offensichtliche Weise konträr entgegen steht?
Drittens und letztens ein Widerspruch gegen die Anschuldigung, ein rechter Wind „hinterlasse wohl auch in Karlsruhe Spuren“. Ja, die schrecklichen Taten der letzten Zeit zeigen diesen rechten Wind, und ja, wir müssen uns alle dagegen stemmen. Doch weder die Karlsruher Richter noch Menschen, die ihrem Urteil zustimmen, verdienen es, in diese rechte Ecke gestellt zu werden. Ich weiß um die Notwendigkeit, sich gegen rechte Hetze, gegen AfD und ihre schrecklichen Auswirkungen zur Wehr zu setzen. Trotzdem zeige ich meine Zustimmung zu dem Urteil der Verfassungsrichter bezüglich Kopftuchverbot, eben weil ich mich für Gleichberechtigung und Gerechtigkeit einsetze. Eben weil ich mit allen Mitteln diesen „rechten Wind“ abwehren will. Aber ich hüte mich auch davor, mit meiner Meinung für ein Urteil hinter dem Berg zu halten, weil diese Meinung Populisten Vorschub leisten könnte. Wenn wir anfangen, unsere Meinungsäußerungen nur unter dem Gesichtspunkt links – rechts zu beurteilen, auszusortieren, schlimmstenfalls gar nicht mehr zu äußern, weil sie auf der Linie der Rechten liegen könnten, dann ist es weit gekommen. Nur leider in die falsche Richtung.
Welchen Spielraum, welche Macht, würden wir damit diesen Populisten einräumen, aus der Angst heraus, wir könnten mit den falschen Leuten über einen Kamm geschoren werden. Zeigen wir Zivilcourage ganz klar gegen rechts, aber auch gegen die, die uns wegen einer speziellen Meinung in die rechte Ecken stellen wollen. Gebrauchen wir unseren Kopf, mit und ohne Kopftuch, auch unser Herz, und das alles in Richtung unserer verfassungsmäßigen demokratischen Grundordnung.
Hanne Strack, Rüsselsheim
Ein Zeichen zunehmender Radikalisierung
DasTragen des Kopftuchs etc. hat mit Religionsfreiheit nicht das Geringste zu tun. Bitte mal einschlägige Literatur zum Islam lesen!
Im Gegenteil, es ist ein Symbol eines falsch verstandenen Islam, nämlich des Fundamentalismus. Es ist in erster Linie ein Unterdrückungsinstrument gegen Frauen und eine Demonstration gegen unsere Kultur. Aufgeklärte Muslima tragen kein Kopftuch. Dass „das muslimische Kopftuch längst zum Alltag der pluralen Einwanderungsrepublik gehört“, ist alarmierend und ein Zeichen zunehmender Radikalisierung.
Gudrun Hinz-Warnke, Hamburg
Ohne religiöse Symbole
Die Bewertung des Urteils des Bundesverfassungsgerichts zum Kopftuchverbot für Referendarinnen auf der Richterbank kann ich nicht nachvollziehen. Dass Funktionsträger der Justiz – also Richter und Staatsanwälte – bei ihrer Funktion auf der Richterbank sowie dem Platz des Staatsanwalts bei Prozessen vor Gericht keine religiösen Symbole tragen sollen, damit die weltanschauliche Neutralität dieser Personen für Alle sichtbar ist und insbesondere die für nicht religiös Gebundenen die negative Religionsfreiheit nicht beeinträchtigt wird, halte ich für ein wichtiges Argument. Jeder Einwohner dieses Landes kann irgendwann in seinem Leben mit der Justiz zu tun haben und ist dann auf die weltanschauliche Neutralität dieser Behörde angewiesen. Daher hat das Bundesverfassungsgericht völlig zu Recht die Neutralitätspflicht des Staates in weltanschaulich-religiösen Dinger höher gewertet als die Religionsfreiheit.
Da es bei dem Streitgegenstand um die Freiheit des rechtsprechenden Raumes von religiösen Symbolen geht, stand die im Kommentar aufgeworfene Frage, welche Glaubenswelt einen Menschen zu einer neutralen Rechtsprechung befähigt, nicht zur Debatte.
Der Kommentar zielt einseitig darauf ab, dass das Kopftuchverbot Muslima betrifft, erwähnt aber nicht, dass sich das Bundesverfassungsgericht auch gegen christliche Symbole in der Justiz wendet. Diese klare Haltung zugunsten eines religiös neutralen Raums in den Behörden ist gerade wegen der Vielzahl der in Deutschland gelebten Religionen wichtig, damit keiner das Gefühl hat, in Behörden würden Entscheidungen nach religiösen Gesichtspunkten gefällt.
Im übrigen finde ich es bedauerlich, dass gerade in dieser Zeitung die grundsätzliche Freiheit des Individuums, nicht zwangsweise vom Staat mit religiösen Symbolen konfrontiert zu werden, in Frage gestellt wird. Als der bayrische Ministerpräsident Söder mit seiner Aktion zur Aufhängung von Kreuzen in bayrischen Behörden begann, hat sich die FR völlig zu Recht darüber aufgeregt.
Volker Harms-Ziegler, Frankfurt
Richterliche Neutralität in islamischen Staaten
Nein Frau Rüssmann. Es weht kein „rechter Wind“ in Karlsruhe sondern ein „aufgeklärt rechtsstaatlicher“. Ich wünschte mir statt Bundesverfassungsgerichtsschelte die Forderung nach richterlicher Neutralität auch in islamischen Staaten.
Ist das Urteil des BVG ein „Freibrief für Populisten“? Nein! Sollen sich Gesellschaft und Staat an der unreflektierte Gegnerschaft (mutmaßlich sogar Feindschaft) der rechtsextremen AfD gegenüber Muslimen orientieren und diese zum Maßstab rechtsstaatlichen Handelns machen? Nein! Soll das Bundesverfassungsgericht muslimischen Richterinnen, Staatsanwältinnen oder Anwältinnen (letztere sind ebenfalls Organe der Rechtspflege) nur deswegen das Kopftuch nicht verbieten, weil die AfD daraus politisches Kapital schlagen könnte? Nein! Die Bundesrepublik ist kein AfD-Staat und wird bei korrekter Anwendung der Verfassung (Abwehr sämtlicher verfassungsfeindlichen Gefahren) hoffentlich auch nie einer werden.
Die vom Grundgesetz verbürgte weltanschauliche Neutralität des Staates gilt normativ ohne Einschränkung. Und die immer wieder von Beckmessern zitierte Religionsfreiheit beinhaltet auch die Freiheit vor religiöser Bedrängung. Denn Artikel 4, Absatz 1 des GG schützt auch die Überzeugungen der Gott- und Religionslosen. Daraus folgt insbesondere, dass der öffentlichen Raum frei von religiösen Begehrlichkeiten bleiben muss. In Privatwohnungen sowie in Gebets- und Versammlungshäusern können sich religiöse Menschen ohne Einschränkungen voll entfalten. Und sie können über ihren Glauben mit jedem reden, aber möglichst in jeder Hinsicht mit offenem Visier.
Während die Islamophobie der AfD de facto einer rassistischen Grundhaltung entspringt, sind die Vorbehalte des aufgeklärten Teils der Mehrheitsgesellschaft von völlig anderer Natur. Sowohl äußere Symbole als auch das offensichtliche Festhalten an archaischen Rechts- und Sittenvorstellungen im Islam werden als Bruch mit den Wertvorstellungen dieses Landes wahrgenommen. Gespräche mit muslimischen Gemeinden beschränken sich in der Regel auf das freundliche Anbieten von Tee und Gebäck. Der theologisch Interessierte erfährt jedoch nichts über den Stand der historisch-kritischen Erforschung des Korans. Weil es letztere in den fundamentalistischen Kreisen nicht gibt.
Im Gegensatz zu Schülern des Religions- oder Ethikunterrichts, die seit etwa fünf Jahrzehnten lernen, dass die Bibel nicht vom Himmel gefallen ist, sondern von Menschen verfasst wurde, welche sehr unterschiedliche Vorstellungen von Gott und Göttern, der Welt und der Zukunft der Menschen hatten. Und auch davon, dass Jesus als historische Person nicht verifizierbar ist und die Verkündigung in den neutestamentlichen Schriften einen innerjüdischen Konflikt widerspiegelt, der um menschliche Freiheit vor dem Hintergrund religiöser Normen kreist. Man darf davon ausgehen, dass Mohammed und seine unmittelbaren Nachfolger von ähnlichen Zielen angetrieben waren. Das wird allein an den vielfach widersprüchlichen Textpassagen des Korans deutlich. Statt diese Widersprüche als zeitlich bedingte Aussagen anzuerkennen und jeder Dogmatik abzuschwören, werden die Fundamente heiliggesprochen, nicht aber die Menschen, um die es eigentlich gehen sollte.
Religiöse Bekenntnisse müssen permanent reflektiert werden- und das gilt für alle Weltreligionen. Denn in der säkularen Welt, welche die Folie für Religionen darstellt, wird das Althergebrachte ständig einer Prüfung anhand der Maßstäbe von Vernunft und Wirklichkeit unterzogen (die Lektüre von Hegel hilft hier weiter).
Folglich formulierte Jürgen Habermas vor etwa acht Jahren: „Der liberale Staat ist […] mit religiösem Fundamentalismus unvereinbar. In diesem Konflikt tritt eine Gestalt der Moderne einer anderen, als Reaktion auf entwurzelnde Modernisierungsprozesse entstandenen Gestalt der Moderne entgegen. Der liberale Staat kann seinen Bürgern gleiche Religionsfreiheiten – und ganz allgemein gleiche kulturelle Rechte – nur unter der Bedingung garantieren, dass diese gewissermaßen aus den integralen Lebenswelten ihrer Religionsgemeinschaften und Subkulturen ins Offene der gemeinsamen Zivilgesellschaft heraustreten.“ Und weiter: „Religiöse Anschauungen müssen sich dem liberal-säkularen Diskurs unterwerfen.“
Es ist buchstäblich ein Kreuz mit den Religionen, allen Religionen. Es wäre ja schön, wenn man mit dem Ablegen irgendwelcher Verkleidungen oder ähnlichem erreichen würde, dass die Person auch im Kopf etwas ablegen würde, nur geschieht das nicht. Ist wohl auch kaum zu erreichen. Wie will ein religiös gefärbter Mensch einen Nichtreligiösen verurteilen ? Am Ende wegen Gottlosigkeit ? Dieser ganze Religionsunsinn ist mit Menschenverstand nicht in den Griff zu bekommen. Irrational ist noch eine netten Beschreibung. Die Vorstellung, alle Religionen würden unterschiedliche Verkleidungen einführen, es würde so eine Art Karneval daraus, aber selbst das wäre noch nicht lächerlich genug, es ist einfach ein Graus. Das eigentliche Problem ist doch, dass irgendwie religiöse Leute Nichtreligiöse verurteilen und das alles unter dem Motto „Tod den Ungläubigen“ , welch eine Hirnlose Angelegenheit.
Nachvollziehbar ist sicherlich die Enttäuschung einiger Muslimas und dem Islam nahestehender Frauen angesichts des Urteils des Bundesverfassungsgerichts zu kopftuchtragenden Richterinnen im Gerichtssaal.
Nicht akzeptabel ist jedoch der von Frau Rüssmann daraus konstruierte Vorwurf eines „anderen, rechten Winds, der da aus Karlsruhe wehen würde. Das Bundesverfassungsgericht ist derzeit noch eine der ganz wenigen Institutionen der Bundesrepublik, die die Grundrechte der Bürger mit Vehemenz verteidigt und die die Politik immer wieder in die Schranken weist. Mit den Urteilen zur Sterbehilfe, zum Kruzifix in bayrischen Schulen und zum Selbstbestimmungsrecht der Frauen bei Abtreibungen hat das Gericht stets bewiesen, dass es gerade nicht auf der Linie konservativer Law-and-Order-Vertreter urteilt, sondern das Grundgesetz der Bundesrepublik als Maßstab für seine Urteile verteidigt.
Frau Rüssmann verkennt in ihrer einseitigen Haltung vor allem einige wesentliche Aspekte, auf denen unsere Gesellschaft basiert, insbesondere das Säkularitätsgebot für den Staat, auf dem Grundrechte wie das der freien Religionsausübung überhaupt erst praktiziert werden können. Im Gerichtssaal ist eine Richterin oder ein Richter immer Repräsentant des Staates – und insofern geht es hier auch nicht um die Frage, ob eine kopftuchtragende Richterin ein neutrales Urteil sprechen kann – das im Zweifel sogar ihren religiösen Überzeugungen zuwiderlaufen könnte. Von daher hat sich jeder Richter und jede Richterin im Gerichtssaal einer wie auch immer gearteten Symbolik für weltanschauliche oder religiöse Überzeugungen zu enthalten. Das Bundesverfassungsgericht hat hier mit seinem Urteil nur bestätigt, was im Grundgesetz dazu festgeschrieben ist. Den Richtern daraus einen Vorwurf zu machen, ist ein sehr gefährliches Spiel. Wenn Frau Rüssmann mit ihrer Polemik die Richter angreift und pauschal in eine rechte Ecke rückt, dann betreibt sie am Ende das gleiche Spiel, dass Sie implizit den Populisten dieser Republik vorwirft. Diese Debatte ist aber politisch in der Öffentlichkeit zu führen, wozu eine solche Schelte des Obersten Gerichts denkbar ungeeignet ist!
Anmerkung Bronski: Dieser Leserbrief wurde hier nachträglich veröffentlicht, damit er nicht verlorengeht. Es ist leider nicht möglich, alle Zuschriften im Print-Leserforum zu veröffentlichen. Bitte nutzen Sie auch die Möglichkeiten, die Ihnen das FR-Blog zur Veröffentlichung Ihrer Positionen bietet.
Beste Grüße, Bronski