Leben und Arbeiten in Zeiten der Pandemie
Heute bin ich nach der Arbeit sehr müde, obwohl ich um die Mittagszeit mal für eine Viertelstunde geruht habe. So ein Viertelstündchen gilt ja als sehr erfrischend. Im Großraumbüro ist das nicht möglich. Im Homeoffice schon. Ein kleiner Luxus, nachdem ich gestern Nacht noch bis halb zwei gearbeitet habe, um endlich die Vielzahl der Zuschriften zu bewältigen. Es gab einen enormen Rückstau vom Wochenende her. Ich habe nicht exakt mitgezählt, aber insgesamt waren es bis in die Nacht zum heutigen Mittwoch hinein mindestens 500 Zuschriften, von denen sich etwa die Hälfte zur Veröffentlichung im Leserforum eignen würde.
Bronskis Homeoffice-Tagebuch – Tag 16
Mittwoch, 1. April 2020
Es ist jetzt schon klar – und ich bitte auch deswegen jetzt schon um Nachsicht -, dass es nicht gelingen wird, alle diese Zuschriften im gedruckten Leserforum zu bringen. Viele dieser Zuschriften sind lang. Ich bin durchaus ein Freund ausgefeilter Argumentation, aber es gibt da eine Obergrenze von 2500 Zeichen (inklusive Leerzeichen), die jeder und jede kennen kann, die und der gelegentlich mal ins Leserforum schaut, denn dort ist das Äußerste, was ich einer einzelnen LeserIn-Stimme an Platz einzuräumen bereit bin, ein Zweispalter, halbe Seite hoch. Sprich: 2500 Zeichen. Es gibt aber Leute, die schicken 8000 Zeichen, ach was, auch 10.000 sind keine Seltenheit. Liebe Leserinnen, liebe Leser, wie soll das gehen? Wie soll ich es auf diese Weise schaffen, möglichst vielen Ihrer Stimmen Platz im Leserforum zu geben?
Darum habe ich für morgen ganz bewusst eine Seite Leserforum mit explizit kurzen Zuschriften produziert. Bis auf eine Zuschrift zur Frage, wer wirklich systemrelevant ist. Lesen Sie morgen Leserforum!
Foto: Lutz „Bronski“ Büge
Nach diesem Arbeitstag zog es mich in den Wald. Normalerweise haben mein Mann und ich unsere Spaziergänge ins Zentrum von Offenbach gerichtet, weil die Frage uns spannend erschien, was sich dort in Zeiten der Pandemie tut. Doch nachdem wir erlebt haben, wie viele Menschen den Begriff Mindestabstand noch immer nicht gehört, geschweige denn nachvollzogen haben, sind wir heute lieber auf die Rosenhöhe gefahren und durch den frühlingshaften Wald spaziert.
Auch dort waren wir natürlich nicht die einzigen, aber es fiel leichter, Abstand zu halten. Ob das Liebespaar, das ich hier in einiger Entfernung abgelichtet hatte, unsere Gegenwart bemerkt hat, weiß ich nicht, aber es hat die jungen Leute jedenfalls kaum gekümmert. Und es war deutlich einfacher, Abstand zu halten. Außerdem gab es Spechte bei der Arbeit zu bewundern. Doch wie weit wir Menschen von unserer bisher gelebten Normalität entfernt sind, zeigte sich uns auf der Brücke über die Autobahn 3, wo es hinüber geht nach Gravenbruch und Neu-Isenburg: Relativ wenig Verkehr trotz Rushhour, viele Lkws – und keine Wohnmobile! Was sagt uns das für Ostern? Es werden diesmal wohl keine Reise-Ostern.