Immer wieder gewinne ich bei der Durchsicht der Fragebögen kurze, aber tiefe Einblicke in das Leben unserer Leserinnen und Leser, die mir bewusst machen, dass die FR für viele nicht einfach eine Zeitung ist. Nicht einfach nur ein Medium, aus dem man erfährt, was in der Welt so passiert. Das ist sie natürlich auch, sogar in erster Linie. Aber für viele gehört sie zum Leben dazu, ist sie geradezu ein Teil des Lebensgefühls. So schreibt mir ein Frankfurter Leser:

„Ich lese die FR, weil ich sie als Kind in meinem Elternhaus nach dem Krieg kennenlernte. Die FR bietet mir alles, was ich von einer Zeitung möchte.“

Oder eine Leserin aus Usingen:

„Ich lese die FR, weil es mir zur Gewohnheit geworden ist und ich das Spektrum aus Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und regionaler und überregionaler Kultur ausgewogen finde. Aus Ärger über die tendenziöse Berichterstattung bzgl. der Ärzte hatten wir das Abo länger gekündigt, aber es fehlte etwas.“

Dieses Etwas – was ist das eigentlich?

Besonders schön fand ich den Kommentar einer Göttinger Leserin:

„Ich lese die FR, weil ich ihre linksliberale Haltung und thematische Bandbreite gleichermaßen schätze. Abonnentin verdankt Ihnen zweite Ehe.“

Dem Fragebogen lag die Kopie einer Kontaktanzeige aus der FR von 1971 bei. Da hat diese Zeitung also das Leben zweier Menschen maßgeblich verändert. Ich stelle mir vor, wie diese Geschichte in deren Familie weitererzählt wird, wenn die Kinder fragen: Wie habt ihr euch eigentlich kennen gelernt? Auch für die Kinder gehört die FR damit zum Leben dazu. Das sind die kleinen, fast alltäglichen und doch so wichtigen Geschichten, wie sie nur das Leben schreiben kann.

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17 Kommentare zu “Fragebögen (2)

  1. @“FR“;
    Sinn und „Ziel“ einer Zeitung, bzw. der Zeitungsmacher, also Herausgeber und Redaktion; aber nicht zu vergessen die Erwartung der Leser, also Abonnenten, Kioskkäufer und Zweitleser.
    Eigentliche Frage, ist diese Betrachtung schon Philosophie, Naivität oder doch Realposition? Sollte man diese Erwartungen aufdröseln, oder für sich stehen lassen? Sicher die Zeitung hat einen „Standpunkt“, zumindest müssen sie, die Macher nach Außen an einem Strang ziehen; während die „Kunden“ eigentlich nur ein Zufriedenheitsgefühl erreichen wollen. Zum einen sollte das Informationsbedürfnis gestillt werden, eine Portion Lesefreude soll sicher auch dabei sein. Aber was sicher keiner will, negativ beeinflusst werden! Wenn dann natürlich noch wie eingangs berichtet, zufällig Ehen entstehen und damit das so gefundene Lebensglück quasi „Abfallprodukt“ wurde, das ist doch toll. Klar, im Annoncenteil werden auch Heirats- oder sonstige Bekanntschaftanzeigen sein, wie auch anderweidige Lebensbedürfnisse. Aber Ziel einer Zeitung soll für den Leser doch in erster Linie Information und Unterhaltung sein!

  2. In den Zeiten des Internet können viele mit einem Klick die Zeitung, bzw. Onlineausgabe leicht erreichen. Die wichtigsten RSS-Feeds der Presse als Lesezeichen gespeichert ermöglichen einen Blick über die tägliche Presseausgaben.
    So gelangte ich z. B. zur FR.
    Entweder müssen sich die Verlage anpassen oder sie werden untergehen.

  3. @ 3. Kommentar von Reiner Wolf
    Oh nein, ich kann doch keine Onlineausgaben im Bett lesen oder mit aufs Klo nehmen, oder ? Das Papier in der Hand ist mir immer noch allemal lieber als der Schirm am Schreibtisch.

    Zur Rundschau kam ich während meiner Studentenzeit, da galt das Blatt als “einzig mögliche “ Zeitung. Und die behielt ich auch bei, als dann unsere WG sich auflöste. Mittlerweile schon seit 30 Jahren geht mein zweiter täglicher Gang zum Briefkasten und es gibt nichts Schöneres als die FR beim Frühstück. Gruß.

  4. @ Walthor

    „Zweiter Gang zum Briefkasten“? Also lesen sie auf dem Klo die Zeitung von gestern?

    „keine Onlineausgaben im Bett“? Meine häufige Bettgenossin ist eine zierliche kleine Asiatin. Sie liest mir morgens die Online-Ausgabe der FR vor. Sie heißt Fujitsu und mit durch Heirat angenommenem Nachnamen Siemens. Sie sitzt gern auf meinem Schoß und genießt meine flinken Finger. Sie hat einen guten Draht zu allerhand Leuten in Nah und Fern, denen sie meine Gedanken, manchmal auch meine Gefühle, übermittelt.

    Damals „als einzig mögliche Zeitung“? Wo und von wem erschien seinerzeit noch der Artikel hierzu, von dem mir nur noch der eingängige Titel „Die kann man sich sparen“ in Erinnerung ist?

  5. @Die beziehungsstiftende Funktion der FR
    Tja in meinem Fall hörte ich von der Frankfurter Rundschau zum ersten Mal als fünfzehnjährige. Ich war unsterblich in einen politisch engagierten, älteren Jungen verliebt, der mir in der Diskussion nur deshalb argumentativ überlegen war, weil er regelmäßig die FR las und sich immer wieder auf Artikel und Zitate bezog, die ich nicht kannte. Ehrlich gesagt las ich zu dem Zeitpunkt nur unregelmäßig Zeitung und wenn dann auch nur mit viel Pflicht und wenig Lust und auch nicht die FR. Aber wegen dieses Jungen war ich fest entschlossen, mein Leben zu ändern, tage-und nächtelang, so gelobte ich, würde ich diese Zeitung lesen. Da sich meine Eltern jedoch nicht davon überzeugen ließen, die Frankfurter Rundschau zu abonnieren, war mein Schicksal vorprogrammiert und die Liebe endete unglücklich. Na gut, meine wirklich große Liebe habe ich später auch ohne die Hilfe der Frankfurter Rundschau gefunden, aber das ist eine andere Geschichte.

  6. Seit undenklichen Zeiten lese ich hauptsächlich die FR, und dabei bleibt es nicht aus, dass ich mich manchmal über etwas ärgere: monströse Fotos, laue Kommentare, angebliche „Kultur“ usw.
    Mein Trostverfahren: Dazwischen mal zur Abwechslung die FAZ oder die OP lesen. Danach ist man sofort versöhnt und kann wieder „seine“ FR genießen. Empfehlenswert!

  7. @ 5. Kommentar von heinrich ebbers

    Beim ersten Gang bemühe ich mich um “treffendere“ Gepflogenheiten, da würde gleichzeitiges Lesen sich kontraproduktiv auf den häuslichen Frieden auswirken.

    Selbst in Spontikreisen galt der Berichterstattung der FR zu Demos und anderen “relevanten“ lokalen Vorgängen immer ein besonderes Augenmerk, da sie doch bei “Gemäßigten“ immer noch als halbwegs objektiv empfunden wurde.

    @Beziehungsstiftend ? Na klar. Zumindest beziehungsaufrechterhaltend. So sammle ich Artikel zu bestimmten Themen und übergebe sie wöchentlich einer Bekannten, die sich aufgrund gestiegener Lebenshaltungskosten und lediglich einseitigem Interesse (an eben jenen Themen) keine tägliche Zeitung mehr leisten kann.

  8. @Die FR Sammeln
    Da viele Beiträge in der FR gelungen sind, könnte man ziemlich viel sammeln. Mein Onkel hat jahrzehntelang Artikel aus der FR zu verschiedenen Themen für seinen Unterricht gesammelt. Sein Keller ist so eine Art FR-Archiv. Ich selber habe auch Beiträge aus der FR gesammelt, es war aber zu unstrukturiert und am Ende habe ich alles beim Umzug weggeworfen. Jetzt sammle ich Beiträge aus dem Feuilleton, vor allem die Filmkritiken und Buchbesprechungen, die ich in ein Buch klebe. Oft leihe ich mir die besprochenen Filme und Bücher daraufhin aus. Es lohnt sich also auch, für sich selber zu sammeln.

  9. Mitte Januar hatte ich mein FR-Abo gekündigt, um mich ein paar Wochen lang von einer anderen großen Überregionalen informieren zu lassen. Das hat ganze zwölf Tage mehr oder weniger geklappt, dann habe ich das Experiment abgebrochen und mein gutes, altes FR-Abo wieder aufleben lassen. Zeitung ist eben nicht gleich Zeitung. Auch, wenn ich mich nicht gerade auf die Formatumstellung freue – die Rundschau ist eben einzigartig. Die kritischen Kommentare, die glücklicherweise (fast) nie versuchen, ausgleichend und brav zu sein, die Seite „Dokumentation“, die oft wichtige Impulse gibt und zum weiterlesen und -denken einlädt, der kosequent anti-neoliberale Wirtschaftsteil, die herzerwärmend unausgewogene Berichterstattung über die Eintracht und besonders die glänzenden Feuilletonbeiträge von Harry Nutt sorgen dafür, daß die FR einfach unentbehrlich ist; letztlich ist da die Frage nach dem Format zweitrangig.

  10. @ „Kündigungskummer und Leserglück“
    Oh ja, ich weiß wovon Sie sprechen, Herr Schäfer. Da wir ständig mit Probe-Abos der Süddeutschen gelockt wurden, konnten wir die beiden Zeitungen ausgiebig miteinander vergleichen. Nach langen Diskussionen mit meinem Freund, entschieden wir uns vor allem wegen des umfangreicheren Feuilletons und der Nähe zu München zur Süddeutschen zu wechseln. Allerdings brachte ich es einfach nicht übers Herz mein Abo zu kündigen. „Ich kann nicht kündigen, du weißt doch, wie schlecht es der FR geht, warten wir bis es ihr besser geht“ jammerte ich, immer wenn mein Lebensgefährte den Zeitungswechsel ansprach. Aber ich glaube, das waren nur vorgeschobene Gründe, denn in Wirklichkeit ist die FR schon so eine Art geistige Heimat für mich – na gut ich vertiefe das hier lieber nicht, bevor mein Kommentar noch ganz sentimental wird. Übrigens, da ich mal wieder Gelegenheit zum Vergleich hatte: Das FR-Feuilleton ist mir doch das Liebste von allen, v.a. wegen Daniel Kothenschultes Filmkritiken. Aber auch die Beiträge von Peter Michalzik und Harry Nutt sind großartig. Leider erscheint von Peter Michalzik viel zu selten etwas und Harry Nutt muss sich häufig mit wenig Platz begnügen, was mal wieder dafür spräche, dass das Feuilleton umfangreicher werden muss! Vollkommen wäre es, wenn die Philosophie einen festen Platz hätte und nicht nur anlässlich des Todes eines berühmten Philosophen angemessen behandelt würde. Da so viele begabte Autoren für die FR schreiben, dürfte dies ja wohl kein Problem sein. Dann wäre mein Leserglück vollkommen.

  11. @Walthor, 8:

    »» Selbst in Spontikreisen galt der Berichterstattung der FR zu Demos und anderen “relevanten“ lokalen Vorgängen immer ein besonderes Augenmerk, da sie doch bei “Gemäßigten“ immer noch als halbwegs objektiv empfunden wurde.

    Selbst in Studentenkreisen gilt der Berichterstattung der FR zu Demos und anderen „relevanten“ lokalen Vorgängen immer ein besonderes Augenmerk, da sie doch auch bei „Gemäßigten“ immer noch als halbwegs objektiv empfunden wird. Abgesehen davon, dass die Zeitung sehr kooperativ mit uns umgeht.

    @susanne, 11:

    Mehr Philosophie im Feuilleton? Gerne!

  12. Hallo.
    Ich hätte mal da so eine Frage zu den Bögen: Sind die nun ausgewertet? Leider komme ich als Mensch mit Kindern UND Arbeit nicht zum regelmäßigen Zeitunglesen, sonst wüsste ich es vielleicht daheraus. Insbesondere würde mich interessieren, wieviele FR-Leser zu „Wellness“-Urlauben neigen – und was dergleichen wichtige Fragen eben auf den Bögen waren…
    MfG

  13. @Walthor und heinrich ebbers, „2.Gang“;
    ****
    Vermenge nie DEN GANG und Lesen
    Du könntest auf dem Klo verwesen

    Drum lass die Zeitung in der Küche
    das verhindert unangenehme Gerüche
    ****

  14. @11.Susanne,“Lebensglück“;
    liebe Susanne, schön und gut Ihr Hang an der Philosophie. Aber ich werde doch nachdenklich – will aber auch nicht zu persönlich werden, wenn ich lese, wie/wenn jemand – auch nur rhetorisch – sein Lebensglück mit dem Inhalt einer Zeitung verbindet; auch wenn diese Zeitung FR heißt und der Inhalt die Philosophie betrifft!
    Nichts für ungut und herzliche Grüße, hjs

  15. @Hans-Jürgen Schulz
    Lieber Herr Schulz, Sie haben sich verlesen, ich schrieb von Leserglück, nicht von Lebensglück! Machen Sie sich also keine Sorgen.
    Herzliche Grüße
    Susanne

  16. @16.Susanne
    Liebe Susanne, sorry, tatsächlich, ich habe mich verlesen! Ehrlich gesagt bin ich darob beruhigt. Wobei ich aber auch zugestehen muss, dass zum Lebensglück und nicht nur im weitesten Sinn, auch Zufriedenheit im Alltag gehört; somit auch Lese(r)glück. Denn das was allgemein als das Lebensglück bezeichnet wird, doch auch nur ein Zufriedenheitsgefühl ist, das sich in seiner Basis, aber auch der Auffrischung auf relativ wenige Zeiteinheiten am Tage reduziert! Und wenn sich jetzt auch noch bei/mit der FR eine Partnertoleranz zur SZ einstellt, kann man konstatieren, dass wohl auch das Lebensglück eigentlich nicht mehr zu steigern ist. Eigentlich, womit ich meine, wenn da noch jemand wäre, der aus dem Struwwelpeter vorgelesen haben wollte, erst dann wäre das Lebensglück, wie ich meine aber auch der Lebenszweck perfekt!
    Herzlichst, hjs

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