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Forum vom 17. Juli 2024
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Keine Kritik am westlichen Imperialismus
Ukrainekrieg: „Nato in Not“, FR-Meinung vom 10. Juli
Wie gehabt: Liest man den Leitartikel von Andreas Schwarzkopf in der FR zum Ukrainekonflikt, ohne Zugang zu anderen Informationsquellen zu haben, muss man den Eindruck gewinnen, Russland stünde übermächtig auf dem Sprung zur deutschen Grenze. Keinesfalls käme man auf die Idee, dass die Nato – weltweit größtes und stets expansives Militärbündnis – und auch die EU seit dem Ende des Warschauer Paktes zielstrebig zur russischen Grenze vorrücken. Keinesfalls käme man bei der Lektüre auf die Idee, dass es das strategische Ziel der USA war und ist, im eurasischen Raum wie weltweit geostrategisch die Dominanz zu haben und in der Ukraine entsprechend zu wirken.
Dieses Ziel schließt die Neutralität der Ukraine definitiv aus (Schwarzkopf: „Horrorszenario“). Dass Russland mit Großmacht-Attitüde danach strebt, über sein strategisches Umfeld, zu dem es die Ukraine zählt, zu verfügen, ist nicht zu bezweifeln. Dazu ist, da Nato und EU sich darauf nie eingelassen haben, für Putin sogar der Krieg Mittel der Wahl. Schwarzkopf schreibt, weil Putin einen imperialen Traum erfüllen will. Dass auch der Westen den Krieg will, liest sich bei ihm anders. Der Krieg wird zum „Waffengang“ verniedlicht, dessen Fortgang derzeit „aus Sicht des Westens wünschenswert sein mag“. Gestorben und getötet wird weiter, weil für beide Seiten derzeit die Ergebnisse nicht stimmen.
Dass ausgerechnet Orbán sich jetzt als Vermittler versucht, ist der Haltung der EU geschuldet, die Schritte zur Deeskalation ausschließt. Die installiert lieber die Russland-Hasserin Kaja Kallas als Außenbeauftragte, die als Regierungschefin im eigenen Land systematisch alles ausgemerzt hat, was mit Russland zusammenhängt. Für ein solches Eskalationssignal gibt es in den hiesigen Medien nur Lob. Denn die sind selbst Partei – wahrscheinlich mit dem scheinheiligen Argument, dass der westliche Imperialismus ja demokratisch grundiert sei. Eine unparteiliche Kritik der sich ausschließenden geostrategischen Machansprüche beider Seiten ist nicht drin. Das stützt die Eskalation des Krieges. Die Opfer leben und sterben in der Ukraine.
Joachim Reinhardt, Hüttenberg
Krieg ist gut für Wachstum und Rendite
Bundeshaushalt: „Die Regierung rauft sich zusammen“, FR-Tagesthema vom 6. Juli
Nach achtzig Stunden Verhandlungen hat die Ampelkoalition nunmehr den Haushaltsplan für das Jahr 2025 verkündet. Der Wille, die Regierungsgeschäfte bis zum Ende der Legislaturperiode weiterzuführen, hat offensichtlich über vernünftige Strategien zur Erhöhung der Einnahmen wie die Anhebung des Spitzensteuersatzes und der Körperschaftssteuer wie auch die Steuerbefreiung von Vermögen obsiegt. Gerhard Schröder hatte diese Maßnahmen zu Lasten kleiner und mittlerer Einkommen durchgesetzt. Jetzt hält die FDP daran fest im Interesse ihrer Klientel. Nicht einmal die Steuerflucht des Kapitals in sogenannte Steueroasen wurde beseitigt oder zumindest eine häufigere Steuerprüfung bei Vermögenden vorgesehen. Hier ließen sich viele Milliarden Euro ohne Schaden für das Bruttoinlandsprodukt einsammeln. Von einer Reichensteuer gar nicht zu reden.
„Jeder Stein wurde umgedreht“, so Lindner bei der Präsentation des „Durchbruchs“. Gemeint waren Ausgaben, die wichtig gewesen wären für Zukunftsprojekte wie Investitionen in die verfallende Infrastruktur, in den sozialen Wohnungsbau, in Forschungsbereiche wie Gesundheit und Zusammenhalt der Gesellschaft. Kein Stein wurde umgedreht, soweit es die Einnahmen betrifft von den Vermögenden. Und den Kriegsgewinnlern. In derselben Woche wurden 105 Leoparden bestellt bei Rheinmetall. Krieg ist gut fürs Wachstum und Rendite.
Jörg Sternberg, Hanau
Wahrhaftigkeit in Ketten
Zu: „Putins Kampf gegen englische Wörter“, FR-Politik vom 11. Juli
Der Kreml ist ein großes Schloss und hat sicherlich viele Kammern, hinter deren schlichten Türen jeden Tag Ehebruch begangen oder Liebe zwischen Menschen gleichen Geschlechts gelebt wird. Die Wahrheit über die Vielfalt menschlicher Lebensweisen gibt uns der vernünftige Geist ein. Gerade die am strengsten postulierten moralischen Werte sind nie frei von Doppelbödigkeit und Bigotterie. Jenseits der vorgezeigten Prachtsäle aus Gold und Marmor gibt es im russischen Regierungssitz jedenfalls auch Zimmer, die vom Blut der Opfer von Mord und Folter befleckt sind. Und hinter dicken Türen liegt dort irgendwo die Wahrhaftigkeit in Ketten.
Den Herrschern dort nimmt das Sterben der kranken Kinder in Kiew endgültig jede Berechtigung, die Worte „geistig moralische Werte“ im Munde zu führen. Wer entlarvt aber vor den Ohren der Welt endlich diese grenzenlose Unmoral, die sich im Abgrund dreister Lügen und in der Kluft zwischen Worten und Taten auftut? Von geistig moralischen Werten kann doch nur derjenige sprechen, der seine Handlungen mit den Maximen der inneren Überzeugungen in Übereinstimmung weiß. Nur dieser einen Autorität sollte ein freier Mensch verpflichtet sein. Dabei darf sich niemand auf Grund äußerer Merkmale herausgehoben fühlen, denn jeder einzelne Mensch ist gleichermaßen täglich herausgefordert, sein Handeln an den eigenen inneren Maximen auszurichten. Dieser Tage demonstriert sich das Ergebnis eines jahrhundertelangen Ringens in den Fanmeilen der EM, diese Werte alltäglich in einer offenen und toleranten Gesellschaft zu leben.
Die Verbannung westlicher Worte und Schrift aus dem Straßenbild Russlands zeigt dagegen die Heuchelei der Macht, die George Orwell in seiner Parabel von der Animal Farm für alle Zeiten entlarvt hat. Wer die Wahrheit über den Holodorm und die stalinistischen Säuberungen hinter Türen verschließt, der kann nur noch einem Herrscher die Hand reichen, der sein eigenes Volk zugunsten von Waffen dem Hunger preisgibt. Der Verrat an den wirklichen und wahrhaftigen geistig moralischen Werten hat aber nur für eine begrenzte Dauer Bestand und wird vor dem universellen Recht sicher einmal verantwortet werden müssen.
Peter Hartwig, Ginsheim-Gustavsburg
Ist das gerecht?
Zu: „Wehrpflicht für Frauen“, FR-Meinung vom 5. Juli
Bei der Diskussion um die Wehrpflicht für alle wird zwar gefragt, wie sich diese Pflicht umsetzen ließe und welches Loch dadurch am Arbeitsmarkt gerissen würde, aber kaum jemand fragt, ob sie gerecht wäre:
– Frauen leisten mehr unbezahlte Sorgearbeit als Männer;
– jede fünfte Frau ab 65 Jahren gilt als armutsgefährdet;
– Alterseinkünfte von Frauen sind deutlich niedriger als die von Männern.
Es gibt den Gender Pension Gap, eine Fortführung des Gender Pay Gaps und Konsequenz des Gender Care Gaps. Zudem wird die Altersarmut von Frauen durch eine Politik gefördert, die Arbeit von Frauen weniger lukrativ macht (Ehegattensplitting) und die ein Durchstarten nach der Elternzeit erschwert: Frauen haben Anspruch auf Teilzeit, aber nicht darauf, später von Teilzeit wieder auf Vollzeit zu wechseln.
Bevor eine Wehrpflicht für Frauen eingeführt wird, muss
– eine bedarfsgerechte und kostengünstige Kinderbetreuung überall verfügbar sein;
– das Ehegattensplitting abgeschafft sein;
– ein Anspruch auf Wechsel von Teil- in Vollzeit gesetzlich festgeschrieben sein;
– die Pflegelücke geschlossen werden.
Wenn dies erreicht ist, ließe sich darüber reden – über eine Wehrpflicht für Frauen, die neun Monate kürzer ist als die für Männer? Ich würde mich sehr freuen, wenn Sie das Thema aufgreifen würden.
Claudia Halici, Ditzingen
Kein Stein mehr auf dem anderen
Karikatur „Mehr Sorgfalt bei der Motivfreigabe“, FR-Meinung vom 12.7.
Ich empfehle der Firma Plöger Werbepartner die Herstellung einer XXL-Charge „Kindertöterversteher“ exklusiv für die Bundesregierung und alle weiteren Vertreter/innen der freien Welt. Sie hätten sich diese Auszeichnung redlich verdient. Schließlich erhält das israelische Militär trotz Tausender getöteter Kinder im Gaza-Streifen wider besseres Wissen weiterhin umfangreiche Waffenlieferungen. Dort steht kaum noch ein Stein auf dem anderen, und arbeitsfähige Kinderkliniken zum Niederbomben dürfte man schon seit längerem vergeblich suchen.
Aber Israel ist unter Berücksichtigung der militärischen Erfordernisse doch westlichen Werten verpflichtet und tötet keine Unschuldigen? Natürlich nicht. Jenseits der Opfer des Ukraine-Krieges gibt es keine getöteten Menschen mehr, sondern nur Kollateralschäden.
Margret Heym, Frankfurt
So ein Zufall aber auch!
Zu: „Unbesorgt in den Urlaub“, FR-Wirtschaft vom 10. Juli
Gerade las ich den Artikel mit den Fragen zum Bezahlen. Eins fehlt mir noch: Ich war auf dem Darss, bei Ahrenshoop, also nicht wirklich Ausland. Trotzdem empfehle ich, bei Reisen dorthin genug Bargeld mitzunehmen: In allen zehn Restaurants, in denen ich war, konnte ich nur mit Bargeld zahlen, weil der Kartenscanner gerade kaputt war. So ein Zufall aber auch!
Gabriele Schreib, Strande
Wie geht’s jetzt weiter?
Mallorca: „Die Grenzen einer Insel“, FR-Panorama vom 22. Juni
Die Einheimischen auf Mallorca (oder deren Nachkommen), die ihre Ländereien vor Jahren an Ausländer verkauft haben, regen sich jetzt auf! Geld nehmen, und dann meckern – dafür habe ich kein Verständnis! Konstruktive Vorschläge, die für alle Beteiligten realistisch scheinen, fehlen mir.
Gerhard Hubeler, Dreieich
Forum vom 19. Juli 2024
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Das Wort „Osterweiterung“ kommt nicht vor
Die Nato und der „kalte Krieg“ gegen Russland: „Alarmbereitschaft und Abschreckung“, FR-Tagesthema vom 12. Juli, und „Von der tiefen Tragik des Notwendigen“, FR-Tagesthema vom 11.7.:
Dass im Jahr 2024 ein solcher Text über die Geschichte seit 1945 in derartiger Schwarz-weiß-Manier geschrieben werden und als „Analyse“ verkauft werden kann, macht mich einigermaßen sprachlos: Die Sowjetunion, Putin und Russland verkörpern alles Böse in der gegenwärtigen Welt. Dass man von Russland – ob mit oder ohne Putin – nichts Gutes erwarten darf, zeigt sein Satz: „Putin als Person war nicht zwangsläufig, der kleingeistige blutrünstige Putinismus war zwangsläufig.“ Das ist Russophobie! Die USA, die Nato, der Westen dagegen stehen für das Gute, und zwar von 1945 an. Der Westen konnte „geläutert in die Zukunft schreiten“; setzt sich für den Kampf gegen Hunger, Armut, Klimakrise und natürlich die Verbreitung echter Demokratie und Abrüstung sowie „starke Sozialsysteme“ (z.B. in den USA!). Glaubt Rutkowski wirklich, was er da behauptet?In seinem Gut-Böse-Narrativ unterschlägt er, dass der europäische Kolonialismus bis weit in die 60er Jahre an der Unterdrückung festhielt, wobei die angeblich so friedens- und freiheitsliebenden Amerikaner rege beteiligt waren (z. B. bei der Ermordung Lumumbas oder durch die Unterstützung des südafrikanischen Rassistenregimes): Die US-Regierungen zerstörten die Demokratie im Iran 1953 und in Guatemala 1954 und stürzten beide Staaten in langjährige Diktaturen. In Korea (Syngman Rhee) und später in Vietnam (Diem, General Thieu, danach den Hitler-Bewunderer Ky) unterstützten sie brutale, ungeliebte Diktatoren gegen die kommunistischen Feinde. Durch ihre Beteiligung am Chile-Putsch wurden sie zu Steigbügelhaltern der blutigen Pinochet-Diktatur. Dass „Demokratie“ nur als leere Floskel zu verstehen ist, zeigt sich schon 1949, als die portugiesische Diktatur (Salazar) Gründungsmitglied der Nato wurde. Die US-Führungen setzen bis heute (wie die sowjetischen und heute die russischen) auf ihre Einflusszonen – seit 1990 an die Behauptung ihrer alleinigen Hegemonialstellung in der Welt. Davon künden die Militärstützpunkte weltweit sowie die horrenden Rüstungsausgaben. Und unter US-Druck hat die angeblich so friedfertige Nato seit der Jahrtausendwende ihr Verteidigungskonzept geändert; jetzt heißt es „out of area“; und schon plant man, den Nahen Osten und die Pazifikregion einzubeziehen. Sind die US-Kriegsverbrechen (keinerlei Bestrafung), die Folter, die Geheimgefängnisse auf fremdem Boden, die Entführungen (auch in Deutschland), der NSA-Skandal keine Erwähnung wert? Es verwundert mich nicht, dass das Wort „Osterweiterung“ nicht fällt. Rutkowskis Text ist keine „Analyse“, sondern ein Pamphlet.
Bernd Knierim, Worms
Na denn, her mit den Langstreckenraketen!
„Die NATO musste sein, um den Raubzügen Stalins Einhalt zu gebieten. Jetzt braucht die(!) Welt sie, damit Putins Phantasmen scheitern.“ Wer bitte braucht die Nato? Brasilien, Uganda, Südafrika, Lula, Modi und Xi Jinping? Wer bitte ist die Welt? „Dem Westen sei geschichtlich gar nichts anderes übrig „geblieben als die NATO gegen den „Sowjetfaschismus“(?! ) – habe er doch „gerade unter fürchterlichen Opfern den Hitlerfaschismus niedergerungen.“ Meine Onkels wussten noch genau, wo sie den Krieg verloren hatten. Die Westarroganz des Autors erinnert mich aber an die deutschen Touristen, die ich 1983 ignorant lärmend über die Massengräber der Million Toten allein in Leningrad/Petersburg wegschreiten sah.Liegen die „Jahrhunderte(n) der Räubereien und Gewaltakte“ alle vor 1949? Wie eurozentristisch ist die Haltung des Autors, dass der Westen nach zwei Weltkriegen doch „geläutert(!) in die Zukunft schreiten kann“? Vergessen die 1,3 bis drei Millionen vietnamesischen Opfer der Hegemonialmacht und die europäischer Nato-Kolonialmächte in Algerien und Indonesien. Vergessen im Übrigen auch Sprachregelungen zur Spezial-, Entschuldigung: Friedensmission in Afghanistan bis zu Oberst Kleins Massaker 2009.Dass die Nato sich zurückgehalten habe, „die Welt zu umspannen oder so zu agieren“. Nun ja. Das hat unser zynischer Ex-Kanzler im Falle des Krieges gegen Jugoslawien anders gesehen. Der Nato-Krieg war für ihn die „Blaupause“ für seinen Freund Putin. Zurückhaltung bei der Kriegsparteilichkeit in Libyen, Zurückhaltung bei Teilnahme von Nato-Staaten im Irak-Krieg? Nun failed states. Und das Nato-Mitglied Türkei darf seinen Krieg in Syrien gegen Kurden fortführen?!Wenn Russland auf das „natürliche (!) Maß eines moskowitischen failed state zurechtgestutzt“ wurde: Na denn, her mit den Langstreckenraketen! Da war selbst Obama zurückhaltender, der dem atomar unschlagbaren Russland noch den Status einer Mittelmacht zubilligen wollte. Rutkowski sieht die Aufgabe der Nato als „den Planeten zu schützen, das Klima zu retten, Demokratie zu verbreiten, Hunger und Armut zu besiegen“ – kurzum: als Vereinigung von Friedensbewegung, Amnesty, Fridays for Future und Brot für die Welt. Fehler? Allenfalls ein „Schablone“-Denken beim Export von „Demokratie …und starken Sozialsystemen“. Z.B. im Irak-Krieg? Ich höre Dick Cheney brüllen vor Lachen. Aber letztendlich droht uns allen Trump. „Die USA können und dürfen nicht mehr den Ton angeben“. Die USA mit ihren weltweiten Stützpunkten werden das Europa-Plädoyer auf genau das mittelimperiale Maß zurechtstutzen, das Obama den Russen noch zugestehen wollte. Und die Friedensmacht Deutschland wird das schlucken. Sie schickt ihren ersten Kreuzer in das chinesische Meer, weil Hegemonie klar definiert ist. Und das ist dann die „tiefe Tragik des Notwendigen“?
Norbert Wilden
Frieden kommt nicht aus Schlachtfeldern
Tag für Tag treiben Militärs aller Seiten Europa immer näher an den Abgrund eines Atomkriegs. Dabei weiß jede/r, nur Diplomatie kann uns retten. Frieden kommt nicht aus Schlachtfeldern.
Bernhard Trautvetter Essen
Im Widerspruch zum Gemeinwohl
Zu: „Düngegesetz vor dem Aus“, FR-Wirtschaft vom 4. Juli
Frank-Thomas Wenzel berichtet in der FR über das am Freitag im Bundesrat zur Abstimmung stehende Düngegesetz und dessen voraussichtliche Ablehnung durch die Bundesratsmehrheit (11 gegen 5 Bundesländer). Dieses Gesetz, das vor allem die gesundheitsschädliche Anreicherung von Nitraten im Grund- und damit letztendlich auch im Trinkwasser beenden soll, wird an gemeinwohlschädlichem Lobbyismus vor allem der Großlandwirtschaft scheitern. Leider werden im Text des Berichts die treibenden Kräfte der Gesetzablehnung in der Abstraktion „11 Bundesländer“ nicht genannt. 9 dieser 11 Länder werden die von den Unionsparteien mitregierten und – von einer Ausnahme abgesehen – auch geführten sein. Welche Bundesländer sind die übrigen beiden, und welche Hintergründe hat ihr Verhalten? Vermutlich ist das zehnte Land Rheinland-Pfalz, in dem eine FDP-Ministerin für die Landwirtschaft zuständig ist und mit ihrem vorauszusetzenden Nein das wenig begeisterte Ja der FDP-Bundestagsabgeordneten freudig konterkariert, und das elfte Thüringen, in dem die linke Minderheitsregierung noch auf ihre Tolerierung durch die CDU angewiesen ist.
Wir stehen mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit vor einer Wiederübernahme der Regierungsführung im Bund durch die Union im kommenden Jahr. Und diese Union wird noch deutlicher und massiver als in den Merkel-Jahren auf die Durchsetzung von Wirtschaftsinteressen drängen, und mögen diese noch so sehr den Interessen der Mehrheitsbevölkerung und dem Gemeinwohl widersprechen. Es ist ein Jammer, wie wenig die meisten Wählenden über Gesetzgebung und Gesetzverhinderung und deren Interessenhintergründe wissen und wie viel sie eben deswegen der Union durchgehen lassen. Darum ist es so wichtig, dass Medien helfen, dieses Unwissen abzubauen.
Jürgen Kasiske, Hamburg
Sieht so die Zukunft aus?
Zu: „Die FDP geht eigenständig in die Wahl“, FR-Politik vom 12. Juli
„Kinder sind unsere Zukunft“, heißt es immer wieder von Politikern aus allen Parteien. Glaubwürdig? Hallo?! Sieht so die Zukunft für unseren Nachwuchs aus? Fehlende Kitaplätze, marode Schulen nebst Toiletten, fehlendes Personal, fachfremde Quereinsteiger und nun auch noch keine Kindergrundsicherung in dieser Legislatur. So unser Finanz- und Bremsminister Christian Lindner.
Vor dieser Zukunft graut mir, selbst inzwischen Urgroßvater. Der Worte sind genug gewechselt, lasst uns endlich Taten sehen. Damit die Demokratieverdrossenheit nicht noch mehr zunimmt.
Reinhard Schemionek, Wustrow
Christian Lindners innere Widersprüche
Zersplitterte behördliche Zuständigkeiten im Bereich der staatlichen Sozialleistungen für Kinder und Jugendliche sind die derzeitige Realität. Mittels „administrativer Zusammenfassung“ (Finanzminister Lindner, FDP) soll ein Kindergrundsicherungsgesetz dem Abhilfe leisten. Das Prinzip (möglichst) „Alles-unter-einem-Dach“ mit der Folge eines zu erwartenden erheblichen Bürokratieabbaus müsste eigentlich Lindners Zustimmung finden, was jedoch nicht der Fall ist. Sein Hinweis, diese Zusammenfassung sei „wesentlich komplexer als gedacht“ ist wenig erhellend, wenn nicht sogar in sich widersprüchlich.
Es drängt sich die Frage des Beweggrundes dieser Haltung auf: Kann es sein, dass die jetzige Zersplitterung von Lindner und seiner FDP gewollt ist, weil die ihr inhärente Komplexität zur Folge hat, dass vonseiten der Betroffenen weniger Leistungen nachgefragt werden – und somit viel Geld gespart wird? Es wäre ein unsoziales, im Wortsinne sogar asoziales Verhalten.
Peter Leiß, Berlin
Noch mehr Beschwerden
Zu: „Sauschlechte Stimmung“, FR-Wirtschaft vom 26. Juni
Das Klagen mancher Landwirte ist nicht neu. Die Anekdote, dass Bauern ihren Neugeborenen bald nach der Geburt einen Ziegelstein auf die Brust legen, damit sie schon früh das Klagen lernen, ist uralt. Wenn der Landwirtschaftsminister nicht von ihrer CDU gestellt wird, kommen eher noch mehr Beschwerden.
Einer nicht nur an der Stimmung, sondern mehr an den Fakten orientierte Berichterstattung würde dem Thema gut tun und Polemiken entlarven. Tatsächlich hat sich zuletzt die Einkommenslage in der Landwirtschaft erheblich verbessert.
Peter Koswig, Korbach
Forum vom 20. Juli 2024
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Für diese Performance ist die Ampel nicht gewählt worden
Kolumne: „Die bitteren Fragen“, FR-Meinung vom 11. Juli
Da stellt Richard Meng entscheidende Fragen. Defensivdemokratie, Destabilisierung, Haltung. Klima, Asyl, Einwanderung. Parteien, die nur auf Befragungsergebnisse reagieren: Meinen ihre Vertreter, dass sie damit Politik machen können, dass sie gewählt werden?
Für mich gibt es nur eine Vorgehensweise: Anhalten, einen Wertekodex entwickeln, Ziele setzen. Pro Menschen und Mitwelt. Die Ampelparteien SPD und Grüne hatten Parteiprogramme. Diese wurden gewählt.
Die Versprechen gelten weiterhin und müssen endlich realisiert werden. Der Koalitionsvertrag entspricht in wesentlichen Punkten nicht dem Willen derer, die rot oder grün gewählt haben. Die reale Politik tut dies noch weniger.
Den Verantwortlichen scheint nicht klar zu sein, welche Positionen sie selbst vertreten. Haben sie keine mehr? Heute so und morgen anders, ohne verlässliche Haltung und Wertvorstellung. Sie sollten sich klar bekennen zu menschlichen
Werten in Migrationsfragen, zu obligatorischem Klimaschutz, zu einer lebenswerten Zukunft für alle. Die Transformationsziele SDG sind seit 2015 verhandelt und eine herausfordernde Aufgabe für die amtierenden Regierungen.
Ihre aktuelle Performance treibt Menschen mangels Angebots in die Arme derer, die keine gute Zukunft für uns alle im Sinn haben. Gelingt es, das noch zu drehen? Hoffentlich!
Maria Gubisch, Gelnhausen
Ablenkung für alle
Zu: „Scholz will Geflüchtete verteilen“, FR-Politik vom 9. Juli
Mittlerweile sind sich ja wohl alle politischen Parteien in Deutschland einig: Unser größtes Problem sind die zahlreichen aus Elend, Krieg und Verfolgung Geflüchteten in unserem Land. Ich sehe da durchaus eine große Herausforderung, die unsere Gesellschaft gemeinsam bewältigen sollte. Dennoch: Ich habe den Eindruck, dass die Wahlkämpfer hier ein enormes Ablenkungsmanöver fahren, auf das ein Großteil der Presse hereinfällt.
Es geht darum, von den wirklichen großen Problemen abzulenken: Ukrainekrieg, Kinderarmut, Wohnungsnot, Fachkräftemangel und vor allem (war da mal was?) – von der Klimakatastrophe. Aus Unfähigkeit oder Angst, diese Probleme ernsthaft anzugehen, ist Abschiebung das Mittel der Wahl. Es verbreitet sich die Stimmung: „Die Flüchtlinge sind unser Unglück.“. Dieser Satz kommt mir leider vertraut vor.
Hartmut Reyl, Lollar
Überall sind Schlupflöcher
Zu: „Gegen Steuertricks“, FR-Wirtschaft vom 17. Juli
Der FR-Artikel über das Ausscheiden von Ex-Oberstaatsanwältin Anne Brorhilker aus dem Justizdienst hat noch einmal deutlich gemacht, dass nicht die italienische Mafia den Staat um Steuergelder in Milliardenhöhe geprellt hat. Nein, es waren Sozialschmarotzer in Nadelstreifen aus den obersten gesellschaftlichen Etagen, die über Jahre ihren Raubzug mit Cum-Ex- bzw. mit Cum-Cum-Geschäften professionell organisiert haben. Ihr soziales Engagement beschränkte sich im Wesentlichen darauf, die öffentlichen Kassen vorsätzlich und systematisch zu plündern. Während kleine Sozialhilfebetrüger strafrechtlich unerbittlich verfolgt wurden, brachte der Betrogene auffallend viel Verständnis für die fein gekleideten Räuber auf, die deshalb vom Arm des Gesetzes überwiegend milde behandelt wurden. Statt Oberstaatsanwältin Brorhilker massiv und rückhaltlos finanziell und personell zu unterstützen, wurde immer wieder versucht, ihr Steine in den Weg zu legen und sie aus dem Verkehr zu ziehen, bis sie jetzt erschöpft und genervt endlich selbst die Reißleine gezogen hat. Man kann ihr nur wünschen, dass sie in ihrem neuen Job als Geschäftsführerin der gemeinnützigen Organisation Finanzwende jetzt mehr Rückendeckung bekommt, damit Steuerschlupflöcher endlich geschlossen werden.
Hans Schinke, Offenbach
Wie in Kanada oder bei mir nebenan
Nach der Ahrtal-Flut: „Es fehlt an inklusiven Schutzkonzepten“, FR-Politik vom 13. Juli
Bei der Ahrtal-Flut 2021 ertranken zwölf Menschen mit Behinderung. Seither hat sich wenig verbessert. Die Nachricht über die hilflos in den Fluten umgekommenen Menschen löste bei mir unmittelbar die Assoziation eines Unfalls in Kanada aus. Damals in Ontario, vor mehr als zwei Jahrzehnten, waren in einem Schulbus mit ausschließlich behinderten Menschen alle verbrannt.
Deutschland hat die UN-BRK 2009, also vor 15 Jahren gezeichnet. Mitte der 80er Jahre, also vor fast vier Jahrzehnten, haben Eltern bundesweit für ihre Kinder den Platz in einer inklusiven Gemeinschaft gefordert. „Du gehörst zu uns“, könnte die Überschrift sein. Im Ahrtal im Einsatz unterwegs war auch Albrecht Roebke, Sohn engagierter, inklusionsorientierter Eltern und Autobahn-Seelsorger.
Aber das Thema Inklusion ist in Deutschland bei vielen immer noch nicht angekommen, obwohl die erste inklusiv aufgewachsene Generation bereits selbst Kinder hat. Obwohl alle wissen, dass Inklusion geht und vor allem wie, werden weiter Forschungsgelder verschleudert statt sie dort zu investieren, wo die Menschen sind, in Kita, Schule, auf der Straße, im inklusiven Wohnen wie in Kanada oder bei mir nebenan.
Ich danke Anna Laura Müller für ihren engagierten inklusiven Artikel drei Jahre nach der schrecklichen Flut im Ahrtal. Er ist gerade jetzt so wichtig, weil vieles droht, auseinanderzufallen. Wir alle – mit und ohne Behinderung – müssen verantwortlich für den Zusammenhalt der Gesellschaft sorgen. Die vielen, nach der Zeichnung der UN-BRK aufgestellten Aktionspläne, müssen umgesetzt werden.
Nancy Faeser war in Kanada, um sich die dortige Willkommenskultur in diesem Einwanderungsland anzusehen. Zu kurz war die Zeit, um auch die dortige Inklusionskultur zu erleben. Bereits im Kindergarten lernen dort die Jüngsten spielerisch, was zu tun ist, wenn es brennt, worauf und auf wen ich achten muss. Welche Rettungspläne haben wir auf Augenhöhe mit unseren Kindern aufgestellt?
Die drei Leserbriefe in der FR vom 19. Juli zu: „Das Böse in der Welt ist klar lokalisiert“ machen mir Mut.
Danke!
Leserbrief zu den 3 Leserbriefen „Das Böse in der Welt ist klar lokalisiert“ FR, 19.07.2024, S. 27
So langsam platzt mir dann doch die Hutschnur, wenn ich immer wieder Leserbriefe mit diesem Tenor lese: Aufzählungen des langen (richtigen, aber nicht mal ganz vollständigen!) Sündenregisters des Westens, besonders der USA (Leserbriefe Knierim und Wilden), um dann im Leserbrief Trautvetter die Quintessens zu lesen „Nur Diplomatie kann uns retten.“ Jetzt machen wir uns doch mal ehrlich: Wir (ich bin Jahrgang 1949) hatten die Chance, in der Bundesrepublik aufzuwachsen, wo wir gleichzeitig amerikanischen Jazz oder die Bee Gees oder Bob Dylan hören und mit Überzeugung (und zu Recht!) gegen den Vietnamkrieg demonstrieren konnten. Wir waren die erste Generation, die nach Belieben auf Reisen die Welt erkunden konnten, noch bevor es einen richtigen Massentourismus gab. Wir konnten lernen und studieren, was wir wollten, und unsere Berufe frei wählen. Haben wir das nicht genossen? Wie wäre es gewesen, wenn wir auf der anderen Seite des Eisernen Vorhang aufgewachsen wären? Nichts mit westlicher Musik, nichts mit Demonstrieren (außer auf Geheiß DER Partei), nichts mit Reisen außerhalb der sozialistischen Bruderländer, kein Studienplatz für Kirchgänger oder Kriegsdienstverweigerer.
Und ja, natürlich hat die Rote Armee die Hauptlast des 2. Weltkrieg getragen und den größten Anteil am Sieg über Hitlers Armeen. Aber was wäre gewesen, wenn der D-Day nicht stattgefunden hätte? Das Sowjetimperium hätte sich bis zum Atlantik ausgebreitet, die europäische Geschichte hätte dann ganz anders ausgesehen. Und wir hätten die genannten Chancen nicht gehabt.
Was mit der Nomenklatura der KPdSU in den siebziger und achtziger Jahren ostpolitisch möglich war, nämlich in zähen diplomatischen Verhandlungen Frieden und Sicherheit zu befördern, ist mit einem Putin, der Russland wie ein Mafiaboss regiert, dessen einzige Ziele sind, seine Macht zu erhalten und möglichst weit auszudehnen, der sich an keine internationalen Rechte und Gesetze, an keine von ihm selbst gemachte politische Zusagen hält, der Kriegsverbrechen begehen lässt und täglich hunderte junge Männer in einem sinnlosen Krieg verheizt, eben nicht möglich, bzw. wird von ihm als Zeichen der Schwäche verstanden. Ich hätte auch nie gedacht, dass ich auf meine alten Tage noch mal für Waffenlieferungen und Aufrüstung bin, aber „nur Diplomatie kann uns retten“ ist dann doch eine Alternative, die (leider!) nur noch plakativ und naiv daherkommt.
Das Böse in der Welt ist klar lokalisiert,
die Leserbriefe dazu schreiben mir aus dem Herzen, vor allem, wenn immer wieder ˋunsere Werte ´über alles gestellt werden.
Ich kann diese Werte schwer erkennen!
Zu der Meldung, wonach medizinische Hilfe für Kinder aus Gaza verweigert wird, während die Kinder aus der Ukraine in vollem Umfang versorgt werden, muss man sich fragen, wo wir gerade leben.
Worin besteht der Unterschied zwischen den Kindern aus Gaza und denen aus der Ukraine? In beiden Fällen sind es diktatorische und militaristische Machthaber, die das Elend an den Kindern versursacht haben. Weshalb werden die Opfer von Netanjahu gegenüber den Opfern Putins benachteiligt und im Stich gelassen? Sind dies Menschen zweiter Klasse?