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Forum vom 20. Februar 2024
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Scholz lässt der FDP alles durchgehen
Lieferkettengesetz, Kampf gegen Kinderarbeit: „Nobelpreisträger appelliert an Scholz“, FR-Wirtschaft vom 16. Februar
Die FDP schießt quer. Bei dem Zustand dieser Partei war eigentlich auch nichts anderes zu erwarten. Nach zwei Jahren harter Verhandlung zum Lieferkettengesetz hatten sich das EU-Parlament, die Mitgliedsstaaten und die EU Kommission im Dezember endlich auf einen Kompromiss geeinigt. Gerade einmal einen Monat später kommen Herrn Lindner Bedenken. Er gibt dem Druck der Unternehmerverbände nach, und will das Gesetz blockieren. Ausgerechnet die FDP, die immer von schlankeren, effizienteren Prozessen spricht, schmeißt die Arbeit von vielen, hochbezahlten Menschen aus Profilierungssucht in die Tonne. Hoch lebe der Bürokratieabbau. Dabei sind viele große Konzerne für das Gesetz, weil es einheitliche Regeln für alle schafft. Es ist nicht das Erste mal, dass die FDP im letzten Moment eine 180 Grad Wende vollzieht. Ich denke hier z.B. an die Volte der FDP bei der Entscheidung zum „Verbrenner-Aus“. Hier hatte die FDP nach Abschluss der Verhandlungen ebenfalls blockiert und auf drängen von Porsche durchgesetzt, dass die Nutzung von E-Fuels in die Ausstiegsvereinbarung aufgenommen wurde. Auch die Stimmenthaltung bei dem Glyphosat Verbot geht aufs Konto der FDP. Deutschland macht sich in der EU lächerlich. Für das unberechenbare, meist durch die FDP verursachte Abstimmverhalten der Deutschen, gibt es schon einen Begriff. „German Vote“. Die FDP wird in die Geschichte eingehen als die Partei, die sich nicht für das Wohl des Volkes, sondern nur für die Interessen einer kleinen, ihr nahestehenden Klientel eingesetzt hat. Dass sie dabei dem Wirtschaftsstandort Deutschland Schaden zufügt, und die Glaubwürdigkeit der Politik verspielt, fällt auch auf den Kanzler Scholz zurück, der dieser Partei alles durchgehen lässt.
Dieter Murmann, Dietzenbach
Ich bin jetzt mal spitzfindig
Erwiderung auf „Die undeutscheste Partei von allen“, FR-Forum vom 13.2.
Die Idee des Leserbriefschreibers Peter Wolf, die AfD mit ihren verfassungsfeindlichen Aussagen als undeutscheste Partei zu betrachten, weil unsere Verfassung das Wesen Deutschlands beschreibe, ist ein netter sophistischer Gag. Es ist sicherlich richtig, dass das Grundgesetz die beste Verfassung auf deutschem Boden ist, aber wenn Kritik geäußert wird, bezieht sie sich in der Regel mehr auf die politische Praxis, die, an den hohen Ansprüchen des Grundgesetzes gemessen, diesen nicht immer genügt. Um aber auch einmal sophistisch zu agieren, möchte ich den spitzfindigen Beweis führen, dass unsere CSU inzwischen fortschrittlicher ist als das Grundgesetz. Im Mai 2021 wurde im Bundestag ein gemeinsamer Gesetzesentwurf von FDP, Die Linke und Bündnis 90/Die Grünen zur Grundgesetzänderung zum Schutz der sexuellen Identität von der Tagesordnung abgesetzt: die Einfügung des Merkmals der sexuellen Identität in Artikel 3 Absatz 3 Satz 1 des Grundgesetzes, weil die Lebensführung Homosexueller immer noch auf Vorbehalte stoße, was sich in rechtlicher und sozialer Diskriminierung niederschlage, somit also das allgemeine Diskriminierungsverbot keinen ausreichenden Schutz biete. Man erinnere sich: Zu den legendären Sprüchen des CSU-Chefs Franz Josef Strauß, des Übervaters dieser Partei, gehörte anno dazumal: „Ich will lieber ein kalter Krieger sein als ein warmer Bruder“. Geradezu schofelig war es dann im Zusammenhang mit der drastisch verstärkten Flüchtlingsmigration im Jahre 2015, dass insbesondere die CSU herausstellte, die Flüchtlinge hätten Homosexuelle zu akzeptieren. Der Hintergedanke war natürlich, es denen nicht leicht zu machen, die im arabischen Raum in einer Kultur des Schwulenhasses sozialisiert worden sind. Aber man kann das auch („always look on the bright side of life“) sophistisch-positiv sehen: Dass es im Sinne der CSU inzwischen zur deutschen Leitkultur gehört, die Lebensweise Homosexueller zu tolerieren und zu respektieren, verpflichtet und bindet nämlich auch ihre konservativen Parteimitglieder und Anhänger.
Siegfried Kowallek, Neuwied
Verbale Ausfälle des Sauerländers machen mich zornig
Erwiderung auf „Sympathischer als Hinterzimmermauschelei“, Forum, 13.2.
Danke, Frau Möller, für Ihren Leserbrief. Das Ampel Bashing (auch in vielen Medien) ist unerträglich und vor allem die verbalen Ausfälle des un sympathischen Großmauls aus dem Sauerland machen mich zornig. Statt konstruktive Vorschläge gegen die rasant zunehmende Erderwärmung vorzulegen haben sich die C- Parteien die Grünen zum Erzfeind auserkoren. Was den „Hasenfuß“ betrifft wünschte ich mir allerdings beim Wegräumen der Bremsklötze aus der FDP mehr Trittstärke!
Renate Graf, Berlin
Forum vom 21. Februar 2024
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Das Demonstrationsrecht darf nicht angetastet werden
Werden die „Rädelsführer“ der Bauernproteste jetzt auch angeklagt wie die Aktivistin der Klimakleber? Denn sie haben den Individualverkehr doch auch erheblich beeinträchtigt. Ich meine für beide: Nein! Es ist bedenklich, wenn das Demonstrationsrecht mit Hilfe des Strafrechts ausgehebelt wird. Mit dieser Methode gehen auch autoritäre Regime gegen Proteste vor.
Peter Stevens, Kelkheim
Marktmacht der Händler muss gebrochen werden
Dass die Landwirte demonstrieren, ist ihr gutes Recht. Aber wieso mit Tausenden Traktoren, die dann noch zu langen Staus führen? Sind ihnen der Klimaschutz und saubere Luft egal? Wollen sie mit ihren großen Traktoren der Politik und der Bevölkerung Angst machen?
Angst macht vielen hingegen die Klimakrise, die nicht unwesentlich von der Landwirtschaft (der Massentierhaltung) mitverursacht wird. Angst macht vielen auch das drastische Artensterben, welches in der Feldflur am deutlichsten nachweisbar ist. Verursacht wird es dort vor allem durch zu große Monokulturen, zu viel Dünger und Spritzmittel. Ferner auch durch viel zu wenig Hecken, Brachen, Blühwiesen und Baumreihen. Zudem wird in der Feldflur auch der oft letzte Rest an Natur, die für die Biotopvernetzung so wichtigen Wegränder und Feldwege, meist viel zu früh und zu häufig gemulcht. Dass sich einige Landwirte dann noch dafür loben oder von manchen Politikern gelobt werden, dass sie unsere Kulturlandschaft und Lebensgrundlagen erhalten würden, erscheint mir deshalb äußerst befremdlich. Leider gibt es schon seit vielen Jahrzehnten nicht mehr die strukturreiche Kulturlandschaft mit der hohen Artenvielfalt und unbelasteten Böden, die wir einmal hatten.
Ich kann verstehen, dass sich einige Landwirte wegen wegfallender Dieselsubventionen Sorgen machen, da sie diese Kostensteigerung an den Markt wohl nicht weitergeben können. Aber statt gegen den Subventionsabbau zu demonstrieren und weiterhin am Subventionstropf zu hängen, sollten sie besser zusammen mit der Politik dafür kämpfen, dass die Marktmacht der viel zu großen Lebensmitteleinzelhändler endlich gebrochen wird. Dann könnten viele Subventionen wegfallen und gerechtere Preise den Wert der landwirtschaftlichen Leistung ausdrücken. Und dann wäre ich gespannt, ob diejenigen in der Bevölkerung, die sich so vehement mit dem Bauernprotest solidarisieren, auch bereit wären, diese Preise zu zahlen. Der Wegfall der Dieselsubventionen macht im Übrigen nur wenige Prozente von den rund neun Milliarden Euro aus, die die Landwirte jährlich an Subventionen erhalten.
Volles Verständnis kann man dafür haben, wenn sich die Landwirte gegen zu viel Bürokratie wehren. Allerdings ist dafür eher die EU verantwortlich.
Markus Duchscherer, Hundsangen
Wider den deutschen Bauernkrieg mit der StVO
Nach der Ära der Klimakleber in Haft sind nun die Bauerntrecker dran – oder wird hier mit zweierlei Maß gemessen? Trecker sind keine Kfz oder Lkw, Trecker, die nicht auf die Straße gehören, sondern nur auf den Acker. Wann wird der Verkehrsminister das Straßenverkehrsgesetz ändern und dem Trecker die Erlaubnis im Straßenverkehr nur erteilen, wenn das Fahrtziel der landwirtschaftlichen Nutzung unmittelbar dient?
Thomas Bartsch Hauschild, Hamburg
Sinnlos zerstört
Zu: „Dresden danach“, FR-Politik vom 14. Februar
Ich möchte Dresden die starke Zerstörung und deren Sinnlosigkeit kurz vor Ende des Zweiten Weltkriegs nicht absprechen. Dresden ist so sehr in aller Gedächtnis, weil es in der DDR so hervorgehoben wurde und weil die Schäden lange sichtbar waren.
Ich möchte an weitere Städte erinnern, die genauso – wenn nicht gar stärker – zerstört waren. Ich nenne in alphabetischer Folge: Essen, Halberstadt, Hamburg, Kassel, Mainz, Pforzheim. In Hamburg überlegte man, die Stadt an anderer Stelle neu zu bauen. Mainz konnte seine Rolle als Hauptstadt von Rheinland-Pfalz nicht antreten, Koblenz musste einspringen.
Den „trauernden“ Neonazis in Dresden empfehle ich, einmal darüber nachzudenken, wie viel Leid und Elend andernorts ihre „Heroen“ verursacht haben (Leningrad; Stalingrad).
Carsten Dietrich Brink, Gauting
Der Versuch eines unerlaubten Vergleichs
In der Bombennacht im Februar 1945 starben 25 000 Menschen. Es gab Tage in Auschwitz, an denen 2500 Menschen pro Tag ermordet wurden. Ein unerlaubter Vergleich könnte fast vorschlagen, alle zehn Tage in Auschwitz auch Kerzen für die dort Ermordeten anzuzünden. Werden das die Deutschen je schaffen?
Thomas Klikauer, Sydney (AUS)
Nur nörgeln und negieren
Zu: „Wie die FDP Europa blockiert“, FR-Politik vom 9. Februar
Seit Jahren ist die FDP in der Ampel-Koalition der große und ständige Blockierer, wider besseres Wissen von Fachleuten, Wissenschaftlern. Verschiedene Abstimmungen, die schon lange in der EU ausgiebig verhandelt wurden, werden von der FDP in letzter Minute blockiert; Deutschland steht da als ewiger Nörgler, so dass wir überall, auch im Ausland, als die ständigen Blockierer erscheinen. Dahinter geraten die guten Ideen und das, was schon mit Erfolg umgesetzt wurde, einfach ins Hintertreffen.
Lieber Olaf, lieber Robert, bitte werft endlich der FDP einen dicken Knüppel zwischen die Füße, damit wir alle nicht völlig blöd als die Superblockierer dastehen. Es schadet unserem Ansehen, bringt uns keinen Schritt weiter und bringt unsere Glaubwürdigkeit ins Wanken.
Ich bin empört, fast täglich von einer weiteren Blockade in der Presse zu lesen. Sieht keiner, dass mit dieser Haltung Öl ins Feuer bestimmter Parteien gegossen wird?
Ute Wittich, Frankfurt
Forum vom 22. Februar 2024
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Einigt Euch, denn es geht ums Ganze
Zu: „Wieder 20 Demos gegen rechts“, FR-Region vom 16. Februar
Polen bewege sich mittlerweile „am Rande einer Staatskrise“, weil die von der PIS einmal abgewickelten demokratischen Strukturen auch nach dem Regierungswechsel mit Händen und Klauen verteidigt werden. Ausgang unbekannt.
In Deutschland wird derzeit der AFD in einzelnen Regionen ein Stimmenanteil von bis zu 37 Prozent vorausgesagt. Realistischerweise darf nicht ausgeschlossen werden, dass am Ende des gerade begonnenen Jahres einige Landesregierungen von faschistisch orientierten Ministerpräsidenten geführt werden könnten, und diese werden dann alles daran setzen, die Strukturen und Personalbesetzungen entscheidend umzugestalten – siehe Polen. Aktuell gibt das geheime Treffen eines bekannten Neofaschisten mit Führungsköpfen aus der AfD und der Werteunion einen gruseligen Einblick in die Pläne, wohin die Reise nach einer Machtergreifung gehen soll. Fazit: Wie bei der Klimakrise gilt; einmal überschrittene Kipppunkte lassen sich kaum mehr rückgängig machen. Will heißen: Demokrat*innen aller Parteien, einigt Euch (in diesem Punkt) – es geht ums Ganze!
Bernd Bremen, Aachen
Argumente für ein Verbot der AfD
Die Demos gegen AfD, Werteunion, Postfaschismus, Rechtsradikalismus und -populismus einerseits und für Demokratie andererseits, so begrüßenswert und ertmutigend sie auch sein mögen, werden entsprechende Umfragewerte (22 % für die AfD!), Wahlerfolge und die mit diesen Gruppen Sympathisierenden mit Sicherheit – oder zumindest hoher Wahrscheinlichkeit – nicht aufhalten. Fast überall hat die AfD die Sperrminorität von 5 % überschritten und Parlamentssitze ergattert, und dies auf legalem Wege, also nach Wahlrecht und Grundgesetz „demokratisch“ gewählte, ergo „legale“ Volksvertretungen mit ihren Kandidaten/Kandidatinnen proportional bestückt. Hält dieser Trend zunehmender Umfragewerte, Wahlbereitschaft und Wahlerfolge an, besteht die Gefahr einer „Machtergreifung“ bzw. „Ermächtigung“ mit dem Ziel, staatstragende und demokratisch errichtete Institutionen, Gremien, Räte u. ä. m. zu besetzen und in deren Sinne ideologisch zu beeinflussen. Die Afd und Konsorten missbrauchen Demokratie, um an die Macht zu kommen und sie dann anschließend zu paralysieren – oder gar abzuschaffen?
Ein Verbot der AfD würde dies verhindern und zeitgleich deren Wählerschaft dazu zwingen, sich umzuorientieren und mangels Alternativen sich wieder mehr freiheitlich definierter Parteien zuwenden, die voll auf dem Boden des GG stehen. Eine solche Umorientierung bzw. Umwandlung der Wahlmotive (der Wutbürger und -bürgerinnen, der von der Realpolitik Enttäuschten, Alleingelassenen, Abgewandten,…) setzte allerdings einen gesellschaftspolitschen Paradigmenwechsel, ein staatspolitisch erneuertes Narrativ voraus, das uns Menschen dort abholt, wo unsere Ängste und Sorgen liegen und uns Zuversicht und ganz un-dystopisch Lebensfreude vermittelt – im Sinne von ERNST BLOCH: „Utopische Funktion entreißt die Angelegnheit der menschlichen Kultur solchem Faulbett bloßer Kontemplation; sie öffnet sich derart, auf wirklich gewonnenen Gipfeln, die ideologisch unverstellte Aussicht auf den menschlichen Hoffnungsinhalt.“ (Das Prinzip Hoffnung. 1979 I, S. 180)
Dieter Offermann, Darmstadt
Die Wiederkehr des Verdrängten
Gaza: „Niemand will in einem rauchenden Ruinenfeld leben“, FR-Magazin vom 19. Februar
Die Verfolgung und Ermordung der europäischen Jüdinnen und Juden durch Nazideutschland trieb die traumatisierten Menschen nach Palästina, für die sich der Traum vom jüdischen Staat als Frage von Leben und Tod darstellte. Ohne diesen Völkermord hätte es die UN-Resolution zur Gründung der beiden Staaten Israel und Palästina so nicht gegeben. Folge war 1948 die Nagba, die Vertreibung von 750.000 Palästinerserinnen durch Gewalt und Terror, Massaker und die Zerstörung der palästinensischen Dörfer. (Omri Boehm, „Israel-Eine Utopie“, 2020; Ilan Pappe „Die ethnische Säuberung Palästinas, 2006). Die Palästinerserinnen zahlen bis heute den Preis für den deutschen Völkermord an den europäischen Jüdinnen und Juden.
Wie geht Deutschland damit um? Im Namen von Auschwitz, Wiedergutmachung und aus Eigeninteressen erklärt es die „Sicherheit“ Israels zur „Staatsräson“. Nicht die Unantastbarkeit der Würde aller Menschen, sondern die bedingungslose Unterstützung Israels soll uns Lehre aus Auschwitz sein. Dass „Sicherheit“ auf Basis von Unterdrückung und Vertreibung unmöglich ist, wird zusammen mit der Nagba verleugnet. Was sich als deutsche Vergangenheitsbewältigung ausgibt, erweist sich im Lichte der Geschichte Palästinas als Wiederkehr des Verdrängten. Wie die Nagba, so werden auch die fürchterlichen Verbrechen übersehen, die Israel in 75jähriger Kontinuität an den Palästinenser*innen heute begeht, mit deutscher Unterstützung. Südafrika hat sie in ihrer überwältigenden Unerträglichkeit bei den Anhörungen zu den geforderten vorläufigen Maßnahmen zur Einhaltung der Völkermordkonvention am IGH vorgetragen (deutsch bei seniora.org). Dass die Bundesrepublik, dem Wunsch Nethanyahus entsprechend, mit ihrer Behauptung, „dieser Vorwurf entbehrt jeder Grundlage“, die Bemühungen untergräbt, diesem anhaltenden tödlichen Albtraum für 2,3 Millionen Menschen in Gaza Einhalt zu gebieten, ist unverzeihlich, jenseits aller juristischen Fragen.
In einem Kommentar zur Verteidigung schreibt Gideon Levy, Mitherausgeber der israelischen Zeitung Haaretz: „schwer zu entscheiden, ob man lachen oder weinen sollte. Zum Beispiel bei dem Argument, dass allein die Hamas an den Zuständen in Gaza schuld ist. … Wenn man das vor einer angesehenen internationalen Institution sagt, stellt man die Intelligenz der Richter in Frage und beleidigt sie.“ In Deutschland nennt man solche Beleidigungen Staatsräson. So nimmt die Barbarei kein Ende.
Karl Höhn, Frankfurt
Der Gepeinigte würde vom Kreuz steigen
Hetzjagd gegen Grüne: „Hass, perfide geschürt“, FR-Meinung vom 17. Februar
Von Alice Weidel, Pädagogin am Joseph-Goebbels-Gymnasium, stammt der Sozialkundelehrsatz, die politische Korrektheit gehöre auf den Müllhaufen der Geschichte. Am letzten Mittwoch hat der Söder Markus bei ihr die Prüfung abgelegt, indem er (Abschnitt 1) die Lemke, Steffi zur Honecker, Margot verdreht hat, wo doch in Wahrheit die Schreckliche der freundlich Unangepassten, wie’s in Diktaturen halt so üblich ist, trotz guter Noten den Besuch der Oberschule verwehrt hatte. Die Steffi hat dann trotz der Widerlichkeit ein Universitätsexamen hingelegt, nachdem die DDR und die Margot Geschichte waren, dessen Glanz allerdings nicht ganz an den bayerischen Standard (Dr. Scheuer von und zu Guttenberg) heran reicht.
Nicht, dass ich die Schulbildung des Söder mit der von seinem Hund vergleichen möchte, was der Markus, um seine Note zu verbessern schon etwas hämisch, in besagter Prüfung (Abschnitt 2) mit dem Kühnert, Kevin und der Lang, Ricarda gemacht hat. Ich vermute aber, dass die Hundeschule zum Ziel hatte, das Tier zu einem sozialverträglichen Wesen zu erziehen.
Der Gekreuzigte, der ja von seinem Förderer in jede bayrische Amts- und Schulstube gehängt wurde, wär‘ fast von seinem Kreuz herunter gestiegen, um sich verzweifelt im Staube zu wälzen, weil der Markus die Gemeinschaft der Gläubigen (an die Demokratie und das Gute im Menschen) so übel zu Schanden trampelt. Er konnt‘ aber nicht herunter, weil ihn der Markus am Mittwoch einmal mehr frisch angenagelt hatte.
Jan Prediger, Hanau-Großauheim
Das richtige Konzept
Klimakrise: „Auf dem Weg zum Kollaps“, FR-Tagesthema vom 16.2.
Mit Interesse verfolge ich Ihre Berichterstattung zum Klimawandel. Wie Ihr Artikel zeigt, bestehen offensichtlich große Unsicherheiten über die zu erwartenden Folgen der Klimaerwärmung. Manche Modelle zeigen eine Abkühlung, manche eine Erwärmung Mitteleuropas. Katastrophisieren verhindert eine nüchterne Analyse der Möglichkeiten, die uns zur Verfügung stehen, um den menschengemachten Klimawandel zu mildern oder zu vermeiden. Ohne eine globale Erhöhung des CO2-Preises wird dies kaum möglich sein. Nationale Alleingänge verbunden mit Degrowth und Deindustrialisierung führen in die Rezession und stärken die extremen Parteien. Erfolgreich wird weltweit das Konzept sein, mit dem eine prosperierende Wirtschaft gefördert wird, Arbeitsplätze erhalten und gleichzeitig die Klimaziele erreicht werden.
Thomas Winterstein, Offenbach
Sand im System
Beckenbauer: „Abschied vom Kaiser“, FR-Sport vom 20. Februar
Liebe Bayern, liebe Münchner, setzt dem Kaiser Franz ein Denkmal, benennt eine Straße nach ihm um. Warum nicht? Aber die Werner-Heisenberg-Allee umbenennen? Dagegen erhebe ich Einspruch. Beschäftigt man sich mit der Geschichte Heisenbergs insbesondere in den Jahren 1933 bis 1945, so war es dieser Mann, dem wir zu verdanken haben, dass Hitlerdeutschland nicht dazu kam, Atombomben zum Einsatz zu bringen. Denn obwohl sein theoretisches und praktisches Wissen es ermöglicht hätten, streute er immer wieder rechtzeitig Sand im zuständigen Forscherteam, um ein Ergebnis, wie auch immer aussehend, zu verhindern.
Wilhelm Pabst, Erlensee
Forum vom 23. Februar 2024
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Konzepte für einen sozial gerechten Umbau liegen längst vor
Hebel meint: „Die Linke, die wir brauchen“, FR-Magazin vom 14, Februar
Die offensichtliche Politikverdrossenheit vieler Bürger zeigt es. Für zu viele Bürger erfüllen unsere Parteien nicht mehr die Bedürfnisse nach gerechteren Lebensbedingungen. Wo liegen ihre Versäumnisse? Zur Beurteilung sehen wir vereinfacht zwei Blöcke: CDU/CSU, FDP und AfD als Befürworter des ‚Weiterso‘, um die wirtschaftlichen und sozialen Entwicklungen der letzten Jahrzehnte mit möglichst wenig Einschränkungen für uns Bürger fortzuführen. Der andere Block: Einmal die inzwischen verknöcherte Partei der Arbeiter SPD, die aus Mangel an solchen und durch diverse Koalitionen mit konservativen Parteien die Vertretung der Schwachen als ursprüngliches Ziel zugunsten der sogenannten Mitte der Gesellschaft aufgegeben hat. Den Grünen als zweite Kraft dieses Blocks fehlen die Erfahrung und eine Lobby, die den Einfluss der bestehenden Strukturen und des Kapitals beschränkt. Den Linken als Vertreter der Benachteiligten unserer Gesellschaft fehlt ein überzeugendes Konzept und die Lobby bei den mehrheitlich satten Bürgern. Und die Neuen? In einer Maaß-Partei würden wir mit dem aufgewärmten Gestrigen konfrontiert und im Parteiprogramm der neuen Wagenknecht-Gründung lese ich zwar von einem sozial gerechteren Umbau der Gesellschaft, aber nichts Konkretes darüber. Und doch liegt ein solches Konzept in seinen Grundzügen seit langem vor und wird von einer Vielzahl von Bürgern, Institutionen und Wissenschaftlern befürwortet. Es fordert vor allem eine der Leistungsfähigkeit der Bürger entsprechende und damit gerechtere Gesetzgebung für Steuern wie Abgaben und die Gleichbehandlung aller Einkommensarten. Das betrifft vor allem das Kapital, denn in keinem Land der EU wird es so viel besser als Arbeit behandelt. Hatten noch vor 20 Jahren zwei Drittel aller Deutschen einen sozialversicherten Vollzeitjob, sind es heute noch 38 %. Ein Drittel der Bevölkerung kann keine Rücklagen bilden, da es in prekären Arbeitsverhältnissen arbeitet, prozentual mehr als in fast allen anderen EU-Staaten. Und doch würden als Ergebnis die mit diesem gerechteren Sozialstaat verbundenen Verschiebungen nur sehr geringe Veränderungen der Einkommens- und Vermögensstruktur unserer Gesellschaft verursachen. Skeptikern sei dazu das gerade erschienene Buch ‚Geld oder Leben‘ von Marcel Fratzscher empfohlen. Er ist immerhin einer der renommiertesten Wirtschaftswissenschaftler unseres Landes. Seine Folgerungen sind passgenau das Programm einer neuen Partei oder – leider zu optimistisch – Neuorientierung für eine der alten.
Hans-Jürgen Gratz, Friedrichsdorf
Wir, die Messdiener des Geldscheins
Von Gebrauchswert zu sprechen macht was her. Doch sein Erfinder und Entwickler Marx hat das Wichtigste verschwiegen: Wir Messdiener des Geldscheins ver- und missbrauchen uns und die Erde als Mittel zu Produktion immer geistreichere und höherer Waren- und Geldberge. Mit der Produktion wachsender Waren- und Geldberge schreitet der wachsende Ver- und Missbrauch im Gleichschritt mit. Das ist der Grund , warum den Geldschein-Heiligen heute nicht nur die glänzende Seite der Waren- und Geldwelt, sondern deren unheilvolle Kehrseite im ungeheuren Ausmaß auf Erde widerscheint: In der wachsenden Vermüllung ihrer Meere , dem wachsenden Kahlschlag ihrer Urwälder, ihren immer rasender um sich schlagenden Elementen oder im wachsenden Sterben ihrer Wälder.
Doch die Linke weiß nicht einmal, dass der einzige Gedankentäter der Erde, der Mensch, bei Strafe des Untergangs die Erhaltung und das Wohlleben der Erde zum Ideal und Urmaß seiner Produktion und Reproduktion haben muss. Wir Geldschein-Gläubigen erhalten aber nicht die Erde, die Welt der Gewalt, die unsere über den Dollar, Euro oder Renminbi vermittelte Waren- und Geld-Welt innewohnt. Wir setzen die Erhaltung unsrer Waren- und Geld-Welt über und gegen die Erhaltung des lebendigen Leibs der Erde.
Ditmar Metz, Frankfurt
Das laute Schweigen Deutschlands
Zu: „Armee rettet Geiseln der Hamas“, FR-Politik vom 13. Februar
Der Artikel mit Informationen der DPA berichtet über die „dramatische Retungsaktion“ durch einen „waghalsigen Einsatz israelischer Spezialkräfte“. Weiter heißt es: „Direkt nach der Erstürmung des Gebäudes begann Isreaels Luftwaffe mit Angriffen im Raum Rafah, um den Rückzug der Einsatzkräfte zu ermöglichen“. Leider erfahren wir nicht, dass bei dem Luftangriff viele Menschen getötet wurden. Andere Nachrichtenagenturen und Zeitungen melden 67 bis über 100 Tote. Wenn diese Nachricht fehlt, erscheint die Befreiungsaktion als mutiges Bravourstück.
Die FR bemüht sich zwar um ausgewogene Berichterstattung. Dennoch wird über Einzelschicksale aus Gaza nicht ausreichend informiert. Dagegen haben Washington Post, Guardian, Haaretz und viele andere ausländische Zeitungen ausführlich über das Schicksal der sechsjährigen Hind Rajab berichtet. Das Mädchen war mit Verwandten am 29. Januar aus Gaza geflohen. Ihr Auto wurde beschossen, zwei Erwachsene und vier Kinder starben sofort, die 15-jährige Cousine wurde erschossen, während sie mit der Rettungszentrale vom Roten Halbmond in Ramallah telefonierte. Ein Sanitäter erreichte die Sechsjährige. Drei Stunden lang rief sie um Hilfe. Nach mehreren Stunden Verhandlung erlaubte die israelische Armee den Einsatz eines Ambulanzfahrzeuges. Doch als die beiden Sanitäter eintrafen, wurden sie durch einen Bombenangriff auf den Krankenwagen getötet. Die tote Sechsjährige und die Leichen ihrer Verwandten wurden zwölf Tage später in dem zerstörten Auto gefunden, ebenfalls das Ambulanzfahrzeug mit den toten Sanitätern. Inzwischen sind über 11 500 Kinder in Gaza getötet worden (Haaretz, 4.2.2024).
Matthias Plieninger, Hamburg
Trump ist als Politclown erfolgreich
In den USA beginnt allmählich der Wahlkampf: „Der Moment, als sich der Präsident vergaß“, FR-Politik vom 11. Februar
Wer wird sich denn über die – wenn auch peinlichen – Versprecher des hochbetagten amerikanischen Präsidenten Sorgen machen, während sein nicht wesentlich jüngerer Herausforderer permanent Schwachsinn von sich gibt, gefährlichen Schwachsinn obendrein? Ein Herausforderer, von dem offen berichtet wird, dass er psychisch hochproblematisch ist. Stattdessen setzt der Bericht den amerikanischen Präsidenten empfindlich in den Fokus, der sichtlich die Zeichen seines Lebensalters mit sich trägt, der sich dabei unter hohem weltpolitischem Druck befindet und auf dem unsere weltpolitischen Hoffnungen ruhen! Stattdessen wird Donald Trump sogar auf der Tagesschau-Webseite mit übergroßen Portraitaufnahmen immer noch als „aufregender Politclown mit Horrorpotenzial“ gehypt. Wie aufregend, da klickt doch jeder hinein! Dass solche Darstellungen als Abschreckung nicht funktionieren, dürfte angesichts der hiesigen gesellschaftlichen Entwicklungen klar sein. Das kann sich bitter rächen. Hallo CDU, AfD, vielleicht sind wir schon zum Ende dieses Jahres selbst alle Flüchtlinge …
Was bei Joe Biden negativ auffällt, ist vielmehr, dass er laut Presseberichten so mit sich selbst zufrieden zu sein scheint, dass er bislang keinen Nachfolger herangebildet hat. Auch seine eindrucksvolle Vize Kamala Harris hat er ja wohl nicht erkennbar zur Geltung kommen lassen. Glaubt er denn, dass er ewig so weitermachen kann?
Hier liegen doch eher die Probleme, und nicht in den Versprechern eines betagten Mannes, der sich mit einem polternden, skrupellosen Herausforderer auseinandersetzen muss, der vor nichts zurückschreckt und dafür auch noch weltweit gehypt wird.
Martin Thurau, Schweinfurt
Ich bin ein German
Zu: „Es macht einen riesigen Unterschied, welche Worte wir benutzen“, FR-Magazin vom 16. Februar
Soll man sich jetzt darüber amüsieren oder nur den Kopf schütteln? Da werden deutsche Begriffe neuerdings als „diskriminierend“ empfunden. Und was macht man? Man nimmt einfach den entsprechenden englischen Ausdruck, und die Welt ist wieder in Ordnung. Die Bezeichnung „farbige Menschen“ wird inzwischen als diskriminierend angesehen. Und der entsprechende englische Begriff „people of colour“ ist ok? Über Menschen mit „Behinderung“ zu sprechen, soll diskriminierend sein. Aber das vom Englischen abgeleitete Wort „Ablismus“ ist ok? Versteht das einer? Wie bescheuert müssen die „Erfinder“ solcher Sprachkapriolen eigentlich sein?
Angesichts der derzeitigen Zustände in unserem Land fühle ich mich als „Deutscher“ inzwischen auch schon diskriminiert. Darf ich jetzt sagen: „Ich bin ein German?“
Wolfram Siegel, Frankfurt
Söder ist bewundernswert
Bezahlkarte: „Asylsuchende entscheiden, was sie kaufen“, FR-Politik v. 16.2.
Ich bin verblüfft: Da will Ministerpräsident Söder den Migranten und Flüchtlingen verbieten, mit der Bezahlkarte Alkohol zu kaufen. Warum das? Er trinkt doch selbst häufig die eine oder andere Maß und seine Freunde von der CS U doch auch – und das nicht nur am Aschermittwoch. Oder hat er inzwischen an sich und seinen Freunden bemerkt, dass Alkohol nicht nur der Leber schadet, sondern auch das Denken beeinflussen kann? Und möchte deshalb jetzt die Migranten und Flüchtlinge vor diesen schädlichen Einflüssen bewahren? Sollte dies seine Motivation sein, kann man nur sagen: Söder, wir bewundern dich!
Hilke Lehmensiek, Hamburg
Forum vom 24. Februar 2024
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Wilhelm Pabst@:
zu Beckenbauer: „Abschied vom Kaiser“, FR-Sport vom 20. Februar:
Volle Zustimmung zu Ihrem Beitrag. Eine Straße nach Beckenbauer, der meinte, er habe in Katar niemand mit Fußfesseln gesehen, zu benennen, erinnert geradezu an Straßenbenennungen für Hindenburg oder gar Hitler.
Ein Phantom namens Taurus
Die Diskussion umTaurus erinnert mich an die Endphase des Zweiten Weltkriegs als Propagandaminister Joseph Göbbels mit der Vergeltungewaffe V2 die Kriegswende und schließlich den Endsieg erzielen wollte. Rolf Mützenich stimme ich zu, dass nicht ein Waffensystem allein kriegsentscheidend ist. Ob das Friedrich Merz und seiner Union samt Marie- Agnes Strack-Zimmermann bewusst ist? Aber darum geht es auch gar nicht. Man wollte Olaf Scholz und der Ampel eine Niederlage bereiten, was ja nicht geklappt hat. Die Ukraine braucht in erster Linie jetzt mehr Munition.
@ Verhärtete Fronten in der deutschen Rüstungspolitik
Wenn ich meine aktiven Jahre in der seinerzeitigen Friedensbewegung (1966 bis 1987) vergleiche mit der aktuellen Debatte über den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine, habe ich den Eindruck, dass heute allzu viele, die den Frieden beschwören, das kritische Bewusstsein, das die 68er auszeichnete, entweder verloren oder nie eines besessen haben. Hiermit meine ich vor allem den Unterschied zwischen Gesinnungs- und Verantwortungsethik, wie ihn der Soziologe Max Weber formulierte. Eine Gesinnung, die nicht reflektiert, sondern im Naiven verharrt, ist so wie die Gebete und Fürbitten in den christlichen Kirchen, auf die selten etwas Konkretes folgt. Man wärmt sich an seinem persönlichen Wohlgefühl und sieht dem Elend der Mitmenschen zwar empört, aber tatenlos zu. Und häufig versuchen bestimmte Kreise, daraus politisches Kapital zu eigenem Nutzen zu schlagen (AfD, BSW).
In Anlehnung an den Sprachphilosophen Ludwig Wittgenstein (Tractatus logico-philosophicus) unternehme ich den Versuch, die Realitäten in logischer Aufeinanderfolge zu beschreiben:
Da die Welt alles ist, was der Fall ist, ergo die Gesamtheit der Tatsachen, gilt das auch uneingeschränkt für historische und aktuelle politische Vorgänge. Auch beim Ukraine-Krieg ist davon auszugehen, dass er durch die Gesamtheit aller Tatsachen bestimmt ist. Tatsachen zeichnen sich durch ihr reales Vorhandensein, also durch objektive Sachverhalte, aus und nicht durch Mutmaßungen und/oder Wünsche.
Meine erste Tatsachenbehauptung lautet: Die Russische Föderation, die von dem Diktator Wladimir Putin und dessen Kamarilla regiert wird, hat nach der Besetzung ostukrainischen Gebiets (Donbass) und der Annektierung der Krim im Jahr 2014 trotz umfangreicher internationaler Verhandlungen über einen künftigen Status dieser Regionen am 24. Februar 2022 die autonome und friedensbereite Ukraine angegriffen. Die kriegerischen Handlungen beschränken sich nicht auf militärische Ziele, sondern richten sich ebenfalls und ständig zunehmend gegen zivile Einrichtungen. Letztere Aktionen gelten nach den Kategorien der UN als Kriegsverbrechen.
Tatsache Nr. 2: Die Russische Föderation setzt auf einen Vernichtungskrieg, der Ähnlichkeiten aufweist mit dem Angriff Hitler-Deutschlands auf die Sowjetunion, mithin auf einen totalen Krieg, der unter dem Schlagwort „verbrannte Erde“ in die Geschichte einging. Der russischen Führung geht es nachweislich eigener öffentlicher Aussagen um die Ausdehnung seines Territoriums auf das Gebiet der Ukraine bzw. um eine alleinige Einflussnahme dort. Auf die Lebensinteressen der ukrainischen Bevölkerung wird dabei keine Rücksicht genommen. Raketen auf Wohnhäuser, Schulen, Krankenhäuser und Kulturstätten beweisen das tagtäglich.
Tatsache Nr. 3: Die Russische Föderation würde nach bisherigen Erfahrungen (Tschetschenien, Syrien, Georgien) auf eine Unterwerfung der Ukraine nicht mit der Schonung der Menschen, der Infrastruktur und der demokratisch legitimierten politischen Führung reagieren. Vor allem Letztere werden als Nazis diskreditiert, die nicht mit Nachsicht zu rechnen hätten; nicht weil sie angeblich Faschisten sind, sondern weil sie als politische Feinde gelten (das Beispiel von Nawalny steht hierfür explizit). Damit besteht für die Ukraine seit dem ersten Tag des Angriffs eine Notwehrsituation.
Tatsache Nr. 4: Die Ukraine wird aus eigner Kraft auf Dauer militärisch nicht gegen die hochgerüstete Russische Föderation bestehen können. Sie ist auf die Unterstützung demokratischer Staaten angewiesen. Insbesondere auf eine solche durch die USA, die EU, Großbritanniens, Kanadas und Australiens. Eine Verweigerung der Unterstützung liefe für die Ukraine auf eine „Endlösung“ im Sinn der Wannsee-Konferenz und für den Westen auf die Preisgabe eigener Werte und Interessen hinaus. Negative Folgen könnten das weitere Erstarken rechter und nationalistischer Parteien in Westeuropa und den USA sein.
Tatsache Nr. 5: Die Russische Föderation wird nicht über die Einstellung der Kampfhandlungen und gegebenenfalls Rückzüge verhandeln, solange sie sich militärische Vorteile ausrechnet. Aber auch die ukrainische Führung wird nicht zu Verhandlungen bereit sein können, falls ein Diktatfrieden nach dem negativen Vorbild von Versailles droht, dessen Bedingungen das Leiden der Bevölkerung nicht rechtfertigen würde. Denn die russische Aggression hat in der Ukraine eine Todfeindschaft gegenüber dem Nachbarland entfacht.
Tatsache Nr. 6: Der russische Krieg gegen die Ukraine ist ein Entweder–Oder-Kampf. Ein Sieg der gerechten Sache einschließlich des Überlebens der geschundenen Ukrainer wird für die Ukraine und ihre Verbündeten das einzige Ziel sein müssen. Die Ereignisse im Vorfeld des Zweiten Weltkriegs belegen, dass mit destruktiven politischen Systemen kein Verhandeln im Sinn von Güter- und Vorteilsabwägungen möglich ist. Ein Zuwarten würde dem Putin-Regime das Handeln überlassen, anstatt dessen Handlungen an sämtlichen Fronten zu unterbinden. Zwei Jahre nach dem Überfall ist der Krieg in eine Phase des Alles– oder–Nichts getreten. Die militärische Gegenwehr der Ukraine wird zwangsläufig über die Sicherung der territorialen Integrität hinausgehen und die Ausschaltung von Putins Machtzentrum planen müssen. Beides ist nur durch einen Kampf im digitalen Netz, aber auch durch Jagdflugzeuge, Bomber, Marschflugkörper und Raketen möglich. Völkerrechtlich wäre ein Angriff auf den Kreml eine zulässige Verteidigungsstrategie. Die Anti-Hitler-Koalition hat sich bekanntlich nicht damit begnügt, Wehrmacht und SS aus den eroberten Gebieten zu vertreiben. Sie hat die industriellen Zentren des Dritten Reichs und schließlich dessen Berliner Zentrale in Schutt und Asche bombardiert. Es musste ausgeschlossen werden, dass der nationalsozialistische Schoß weitere Früchte hervorbringen konnte.
Nicht beweisen lässt sich, dass ein Sieg der Ukraine ein Warnsignal an China und die islamistischen Terrorstaaten (z.B. den Iran) sein könnte. Aber es spricht einiges dafür. Und es ist nicht auszuschließen, dass sich Donald Trumps Begehrlichkeiten auf das Präsidentenamt durch Putins Fall erledigen würden.