„Fake News“ jetzt auch aus der Türkei: „Nazi-Praktiken“ nannte der türkische Staatspräsident Recep T. Erdogan die Absagen, die türkische Politiker sich bei den Versuchen einhandelten, in Deutschland aufzutreten. Justizminister als Bekir Bozdag hieb in die gleiche Kerbe: „Faschistisches Vorgehen“. Der türkische Außenminister Mevlüt Cavusoglu warnte die Bundesrepublik vor Konsequenzen. „So kann es nicht weitergehen“, sagte er laut staatlicher Agentur Anadolu am Freitag. „Wenn Sie mit uns arbeiten wollen, müssen Sie lernen, wie Sie sich uns gegenüber zu benehmen haben. Deutschland, du bist nicht der Chef der Türkei.“
Die AKP stellt sich als Opfer dar. Erdogans Sprecher Ibrahim Kalin sagte, das Sprechverbot zeige das wahre Gesicht jener, „die der Türkei dauernd Demokratie und Redefreiheit predigen“ und warf der Bundesrepublik vor, „Terrororganisationen wie der PKK und der Gülen-Bewegung“ Schutz zu gewähren. Der Istanbuler AKP-Abgeordnete Metin Külünk rief die Deutschtürken dazu auf, ihr Geld von deutschen Konten abzuheben: „Was wird Deutschland tun, wenn unsere Bürger ihr Geld aus deutschen Banken abziehen, um gegen diese Respektlosigkeit zu protestieren?“
Gute Frage. Also? Was werden wir tun? Gar nichts, oder? Wir bleiben mal ganz ruhig. Vor allem wollen wir eines nicht: Chef der Türkei sein, eines Landes, in dem ein Quasi-Bürgerkrieg tobt, nämlich der zwischen Kurden und Türken. Auch die wirtschaftlichen Probleme der Türkei können Sie behalten, sehr geehrter Herr Cavusoglu. Wir wollen weder Ihre hohe Inflation noch die hohe Arbeitslosenquote noch die vielen anderen Probleme, die Sie mit Ihrem nationalistischen Gedöns zu übertünchen versuchen. Uns ist durchaus klar, dass Sie und Ihre Parteifreunde versuchen, Deutschland als negative Projektionsfläche zu benutzen, um von anderen Problemen abzulenken. Zum Beispiel dem, dass Sie keine Ahnung haben, wie das Referendum in wenigen Wochen ausgehen wird.
Ihnen geht die Düse, nicht wahr, die Herren Erdogan, Cavusoglu und Co? Was wollen Sie machen, wenn die türkischen Wählerinnen und Wähler Nein zu Ihrer „Verfassungsreform“ sagen? Das ist nämlich durchaus möglich. Während des derzeit herrschenden Ausnahmezustandes haben Sie, Herr Erdogan, bereits gezeigt, wohin die Reise mit Ihnen als autokratisch herrschendem Staatspräsidenten gehen wird: in den Willkürstaat. Wer sich derzeit kritisch äußert, spielt mit dem Feuer. Da werden Ihre türkischen Landsleute wohl kaum so dumm sein und bei den Meinungsumfragen angeben, dass sie beabsichtigen, mit Nein zu stimmen. Falls sie es beabsichtigen. In dieser Situation sind Meinungsumfragen wertlos. Darum fischen Sie im Trüben. Es kann durchaus sein, dass die Menschen Sie persönlich verehren und Ihnen vertrauen. Doch ob sie Sie wirklich mit dieser Machtfülle ausstatten wollen, das wollen wir mal in Ruhe abwarten.
„Wenn ich will, komme ich“, haben Sie, Herr Erdogan, recht laut gesagt. Na los doch. Ich habe wenig dagegen. Schaden kann Ihr Besuch ohnehin nicht, da Sie sowieso nur vor Ihren eigenen Anhängern auftreten werden. Bei Ihrem letzten großen Auftritt dieser Art haben mit Thesen wie „Assimilation türkischer Einwanderer in Deutschland ist ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit“ eine breite Diskussion losgetreten, die Ihrem Ansehen bei uns Deutschen sehr geschadet hat. Wir haben nichts dagegen, wenn Sie mehr davon liefern, denn wir wissen gern Bescheid, was unsere internationalen Partner, Verbündeten oder gar Freunde über uns denken.
Es besteht übrigens die Chance, dass wir Sie mit einer schönen großen Gegendemo erwarten. Mit Gegendemos haben Sie es ja nicht so. Ja, so eine abweichende Meinung muss man erst einmal aushalten können. Das ist nicht so einfach. Deswegen gibt es in der Türkei derzeit auch so gut wie keine Informationsstände oder -veranstaltungen, wo man was darüber erfahren kann, was ein Nein beim Referendum bedeuten würde.
Durch die „Verfassungsreform“ werden Ministerpräsident und Ministerrat als eigenständige Organe abgeschafft. Ihre Rechte wie auch die das Parlaments und des Regierungskabinetts werden auf den Staatspräsidenten übertragen. Der kann fortan per Verordnung regieren und das Parlament jederzeit auflösen. Das sind nur einige Bestandteile der „Reform“ (zitiert nach Wikipedia). Mit anderen Worten: Das Referendum soll den Weg in die Diktatur ebnen. Vor einer Weile waren 70 Prozent der Wählerinnen und Wähler zwar für die „Reform“, wussten aber zugleich nicht, was sie genau bedeutet. Passt gut auf, liebe Türkinnen und Türken, was Ihr da bejaht!
Leserbriefe
Carsten D. Brink aus Gauting meint:
„Ich protestiere gegen die Beleidigungen, Lügen und Verleumdungen, die Mitglieder der türkischen Regierung und vor allem der türkische Präsident (dessen Name ich vergessen habe!) gegen Deutschland und pauschal gegen deutsche Bürger verbreiten! Leider benutzt man eine Wortwahl, einen Wortschatz, wie ich ihn allenfalls im Rotlichtmilieu vermuten würde. Meine Eltern hätten mir den Umgang mit Menschen untersagt, die so reden!
Psychologen würden das Verhalten der Personen in der politischen Führung der Türkei als „unreflektiert und unreif“ bezeichnen. Warum sonst nimmt man für sich in Anspruch, was man selbst nicht gewährt? Türkische Menschen in meinem Umfeld schämen sich dafür, was ich verstehen kann. Seit meinem Ingenieurstudium hatte ich immer Kontakt zu türkischen Mitmenschen (gleich mit welchem Pass) und lernte sie als freundliche Menschen kennen, die sich zu benehmen wissen und anderen Menschen mit Respekt begegnen. Die Mitglieder der AKP-Regierung und an erster Stelle der derzeitige türkische Präsident, dessen Name ich vergessen habe, gehören leider zu einer Gruppe Menschen, denen Respekt, Achtung und Würde fehlen! Deutsche Menschen können auch für sich und ihren Staat Respekt und Achtung verlangen.
Ich bin stolz auf mein Heimatland und vermeide ein deutsches Sprichwort, das ich in Deutschland gegen Respektlosigkeit gebrauchen würde (es handelt von Eichen und Tieren), denn ich will mich nicht auf das Niveau begeben, das die „Eliten“ der Tüprkei gerade für angemessen zu halten scheinen.“
Angela Scherer aus Mainz:
„Meinungsfreiheit für alle Menschen, die in Deutschland leben, egal welcher Herkunft sie sind, ist eine Sache. Die politische Agitation von Mitgliedern ausländischer Regierungen eine ganz andere. Wo kämen wir hin, wenn jede Regierung in jedem anderen Land Wahlkampf für ihre dort lebenden StaatsbürgerInnen machen würde?
Ich erwarte von der Politik in Deutschland, dass sie diesbezüglich klar Stellung bezieht und dem Treiben endlich ein Ende setzt. Dann gibt es noch mal einen heftigen Aufschrei, aber danach vielleicht auch die Möglichkeit, den Schaum vom Mund zu wischen.“
Werner Haas aus Karben:
„Sehr geehrte Frau Bundeskanzlerin und sehr geehrter Herr Gabriel,
Erdogan wirft Deutschland „Nazi-Praktiken“ vor. Nach Erdogan müssten die deutschen Behörden „wegen Unterstüzung und Beherbergung von Terrorismus vor Gericht gestellt werden“. Der inhaftierte deutsch-türkische Journalist Deniz Yücel sei ein kurdischer Aktivist und ein „deutscher Agent“. Justizminister Bezir Bozdag wirft Deutschland vor, Menschenrechte „mit Füßen zu treten“ und bezeichnet die Absage seines Auftritts in Gaggenau mehrfach als „faschistisches Vorgehen“. Der türkische Außenminister Mevüt Cavusoglu behauptet, Deutschland wolle „sich einer starken Türkei in den Weg stellen“. Weiterhin wirft er der deutschen Bundesregierung vor, sie missachte die Demokratie, die freie Meinungsäußerung und die Versammlungsfreiheit“. Wenn Deutschland die Beziehungen zur Türkei aufrechterhalten wolle, müsse es „lernen, sich zu benehmen“. Der türkische Wirtschaftsminister Nihat Zeybekci beabsichtigt trotz zweier Absagen in Frechen und Köln-Porz am Abend bei einer Veranstaltung in einem Kölner Hotel aufzutreten, um dort für die umstrittene Verfassungsreform zu werben.
Ich bin erschüttert, mit welcher Unverschämtheit der türkische Ministerpräsident und einige seiner wichtigsten Minister Deutschland und seine Bürger beleidigt und ihnen verbrecherische Absichten unterstellt. Gleichzeitig „wirbt“ der SPD-Fraktionsvorsitzende Thomas Oppermann für Toleranz – man dürfe türkischen Politikern nicht verbieten, in Deutschland Wahlkampf zu machen! Ja, wo leben wir eigentlich? In der Türkei oder in Deutschland? Diese unterwürfige Politik gegenüber einem „Despoten“ kann man nicht länger tolerieren! Oder will man den Rechtsradikalen und den „deutschen Faschisten“ unbedingt in die Hände spielen?
Frau Dr. Merkel und Herr Gabriel, haben Sie endlich den Mut, Herrn Erdogan und seinen Anhängern in die Parade zu fahren und in die Schranken zu weisen! Ohne eine Entschuldigung des türkischen Staatspräsidenten Recep Erdogan kann es zu keinem vernünftigen Verhältnis mit der derzeitigen Türkei kommen.“
Edgar Scheuermann aus Neu-Isenburg:
„Wir sind Demokraten! Und deswegen darf jeder bei uns frei reden und seine Meinung äußern. Sofern die Inhalte nicht gegen geltendes Recht verstoßen. Das gilt auch für türkische Politiker, aber, ganz wichtig: auch für türkische Oppositionelle! Zumindest in Deutschland. Egal, ob es jemandem passt – deutschen oder ausländischen Politikern – oder nicht. Das ist Demokratie.
Setzen wir die Worte von unserem (noch) amtierenden Bundespräsidenten Gauck doch in die Tat um: stehen wir mit breiter Brust für unsere Demokratie ein. Für die Redefreiheit – ob uns der Redner, die Rede, der Inhalt passt oder nicht. Halten wir es mit dem Voltaire (irrtümlich) zugeschriebenen Satz: „Ich lehne ab, was Sie sagen, aber ich werde bis auf den Tod Ihr Recht verteidigen, es zu sagen“.
Wir können uns ja inhaltlich damit auseinander setzen. Zumindest hier in Deutschland. Dagegen argumentieren, dagegen protestieren. Wir, die wir hier leben. Auch die Menschen, die aus der Türkei stammen. Ob mit deutscher oder türkischer Staatsbürgerschaft. Oder beiden. Sie haben die Wahl – dafür zu sein oder dagegen. Und sie dürfen es sagen. In Wort und Schrift. Und auf der Straße. Gewaltfrei, nach geltenden Regeln.
Und das ist das gewichtigste Argument gegen die Politik, für die hier, in Deutschland, von türkischen Politikern Werbung gemacht werden soll. Verbieten haben wir nicht nötig. Wir sind ja Demokraten.“
Peter Düring aus Frankfurt:
„Gestern mal wieder eine Fahrradtour gemacht, dabei kann ich bestens meinen Gedanken nachhängen und träumen. In diesem Traum hat Herr Erdogan irgendwo in Deutschland seine perfide Wahlkampfrede gehalten, soll er doch. Bis dahin wäre es leider ein Alptraum gewesen. Jetzt der Schwenk: vor der Halle oder wo immer er auftritt, haben sich Zehntausende, Hunderttausende, ist ja ein Traum, vielleicht eine Million Menschen eingefunden, die auf kreativer, satirischer, kultureller, friedlicher, solidarischer, aber trotzdem vehementer und ausdrucksstarker Art demonstrieren, was wir von solchen Menschen und ihren Machenschaften halten. Lasst uns symbolisch Herrn Erdogan die Hammelbeine und die Eselsohren langziehen und ihm das Grundgesetz um die Ohren hauen, bis ihm Hören und Sehen vergeht. Ich gebe Stephan Hebel recht, dass man laut widersprechen muss. Ich denke, dass dies allein nicht mehr ausreicht. Lasst uns massenhaft die Straßen und Plätze wieder einnehmen, um den Regierungen, Politikern und Parteien vor Augen zu führen, was große Teile der Bevölkerung von einer Politik halten, die die Menschen entsolidarisiert hat, soziale Unterschiede stabilisiert und Ungleichheiten zementiert.
Mein Traum konnte realisiert werden, weil die Schulbehörden den Lehrern/ Lehrerinnen und Schülern/ Schülerinnen, die Kultusbehörden den Dozenten/ Dozentinnen und Studenten/ Studentinnen die Möglichkeit gibt, an dieser Massendemonstration im Sinne einer politischen Bildung teilzunehmen. Weil die Gewerkschaften zusammen mit Groß – und Kleinunternehmen den Beschäftigeten die Wahl lässt, sich einzureihen. Weil viele Verbände, Institutionen und nichtstaatliche Organisationen ihre Unterstützer und Sympathisanten mobilisieren, diese und hoffentlich folgende Demonstrationen zu einem nachhaltigen Erfolg zu führen. So, jetzt muss ich aber schlafen, ich bin ganz gespannt, ob und wie mein Traum weitergeht.“
Sabine Reif aus Mülheim:
„Als demokratische und freiheitsliebende einfache Bürgerinnen und Bürger sagen wir: Gebt uns lieber verfolgte und vom Krieg bedrohte Menschen aus aller Welt zu schultern als diesen Erdogan und seine Anhängerschaft!“
Hans Schinke aus Offenbach:
„Der Kommentar von Stephan Hebel findet aus folgenden Gründen bei mir keine Zustimmung. Erstens spielt die Auseinandersetzung mit, in und über Deutschland zwar in der Türkei auch der AKP in die Hände, aber hier zu Lande vor allem der AfD. Das Verhalten der türkischen Regierung ist ja reinstes Wasser auf die Vorurteilsmühlen der AfD, die sich in ihrer Warnungen vor einer drohenden Überfremdung und Islamisierung Deutschlands geradezu bestätigt sehen muss. Zweitens müssten Wahlkampfauftritte ausländischer Politiker gleich welcher Couleur in Deutschland grundsätzlich verboten werden. Deutschland ist nicht die 82. türkische Provinz. Drittens sollten die Lehren der Weimarer Republik unvergessen bleiben. Keine (Meinungs-, Rede- und Versammlungs-)Freiheit für die Feinde der Demokratie. Jede demokratische Gesellschaft, die ihren Feinden auch noch die Tür öffnet, begeht politischen Selbstmord. Und viertens muss nach dem Referendum die Debatte darüber geführt werden, wie wir mit den 1,4 Mio. wahlberechtigten Türken, davon ca. 530.000 mit Doppelter Staatsbürgerschaft, umgehen, wenn die Mehrheit von ihnen für die Einführung der Präsidialdiktatur in der Türkei votiert. Denn dann leben die Verfassungsfeinde mitten unter uns. Thilo Sazzarin lässt grüßen.“
Otfried Schrot aus Ronnenberg:
„Nach dem geplatzten Auftritt des türkischen Justizministers in Baden-Württemberg hat Außenminister Mevlüt Cavusoglu Deutschland Doppelmoral vorgeworfen. Die Türkei könne die Geschehnisse in Gaggenau nicht hinnehmen, sagte Cavusoglu in Ankara. Wenn Deutschland die Beziehungen zur Türkei aufrechterhalten wolle, müsse es „lernen, sich zu benehmen“. Antwort des Leserbriefschreibers: Herr Cavusoglu, Deutschland hat ein sehr sensibles Gespür für das Auftreten von „Herrenmenschen“. Diese Sorte Mensch hat Deutschland schon einmal zwölf Jahre lang in Atem gehalten. Wir weisen Versuche von „Herrenmenschen“, Deutschland zu disziplinieren, schärfstens zurück. Zwei Empfehlungen an Herrn Erdogan: Erstens möge er bei dem Versuch, die Türkei ins Mittelalter zurück zu führen, nicht versuchen, Deutschland zum Handlanger zu machen. Zweitens möge er sich auf das Ziel des Kemal Atatürk zurück besinnen, die Türkei in die Moderne zu führen, und endlich auf dem von Atatürk eingeschlagenen Wege weitermachen. Wenn Sie, Herr Erdogan, unbedingt Padischah einer erneuerten Großtürkei werden wollen und Ihr Land mit einer „Rolle rückwärts“ ins Mittelalter zurückführen wollen, verweigern wir Deutschen Ihnen dafür unsere Unterstützung. Menschenverachtende Autokratien haben wir auf unserem Planeten genug. Sie haben lange von der Mitgliedschaft in der EU geträumt. Fragen Sie sich doch einmal selber, ob Sie sich eher als Europäer sehen, der „Ja“ sagt zu den Errungenschaften der abendländischen Aufklärung, der Meinungsfreiheit und der Pressefreiheit oder ob Sie sich in Ihren politischen Träumen nicht eher als orientalischen Padischah sehen, dessen Untertanen auf den Knall einer Peitsche hin parieren. Zu diesem Weltbild passen ja auch die abenteuerlichen Dimensionen Ihres Palastes bestens, der etwas größer ist als eine Zwei-Zimmer-Wohnung. Deutschland und die Türkei sollten sich wie folgt einigen: Deutschland führt seine Wahlkämpfe auf deutschem Boden aus und die Türkei auf türkischem Boden. Wer Ihnen zujubeln will, soll das auf türkischem Boden tun und nicht in Deutschland! Lassen Sie Ihre Finger von der Idee, Deutschland als türkische Kolonie zu betrachten, auf deren Boden Sie mit pompösen Veranstaltungen Ihren Aufstieg zum Herrscher einer orientalischen Großmacht vorbereiten können! Im Übrigen, Herr Erdogan und Herr Cavusoglu: das Instrumentarium von Drohung und Erpressung sollte nicht zum Handwerkszeug von Staaten gehören, zwischen denen ein zivilisierter diplomatischer Austausch stattfindet.“
Friedrich Gehring aus Backnang:
„Die Spielchen der türkischen Regierungsmitglieder um ihre Wahlkampfauftritte in Deutschland sind allzu durchsichtig. Wenn deutschen Behörden jetzt Nazimethoden vorgeworfen werden, weil die Freunde Erdogans nicht in der Lage sind, ohne Vortäuschung falscher Tatsachen in Deutschland Veranstaltungsräume zu buchen, dann wird hier die eigene diktatorsiche Mentalität auf Deutschland projiziert. Hier hilft nur, diese Projektionen möglichst geschickt zurück zu spiegeln. Wie wäre es denn, wenn die Bundesregierung Erdogan selbst ihre Hilfe anbieten würde, in Deutschland einen geeigneten Raum zu finden, wo auch Protestkundgebungen großen Ausmaßes möglich sind und er durch eine gewaltige Dusche von Buhrufen dorthin und wieder zurückgeleitet würde? Welche Lehrstunde in Meinungs- und Demonstrationsfreiheit könnte dies werden? Unser Land könnte zeigen, dass es seit den Antischahkundgebungen und dem Tod von Benno Ohnesorg im Juni 1967 dazu gelernt hat: Protest gegen Diktatoren und solche, die es werden wollen, ist hierzulande inzwischen ohne Todesopfer möglich. Auch bei Protesten gegen die Diktatoren aus Banken und Konzernen müsste dies dann künftig ohne polizeiliche Überreaktionen möglich sein.
Und wie wäre es dann, wenn politische Persönlichkeiten mit deutschem und türkischem Pass in der Türkei einen Versammlungsraum buchen würden, wo sie der türkischen Bevölkerung davon berichten könnten, dass es im Nazideutschland einmal einen so genannten „Röhmputsch“ gab, der für Hitler ebenso ein Geschenk war wie der jüngste Putsch in der Türkei für Erdogan? Falls solche Versammlungen und Reden gelingen sollten, wäre dies ein Vorleben von Demokratie und eine Warnung an die türkische Wählerschaft, die Erdogans Machtergreifung stoppen kann. Wenn aber solche Veranstaltungen von Erdogan verhindert werden, dann ist die Spiegelung der von Erdogan auf uns projizierten eigenen Nazimethoden auf ihn selbst zurück vor aller Welt gelungen. Dann wäre mit diplomatischem Geschick die diktatorische Schwäche ebenso erwiesen wie die demokratische Stärke.“
Fritz Brehm aus Frankfurt:
„Wollen Ministerpräsident Yildirim und Staatspräsident Erdogan ihre bedingungslosen Bewunderer und überzeugten Unterstützer ihres Politikverständnisses bezüglich Demokratie und Pressefreiheit etwa zum Umzug in die Türkei animieren?“