Unser Fortschrittsgedanke läuft in eine völlig falsche Richtung

Nein, das sind keine Fantastereien: Das autonome Fahren wird ebenso kommen wie das Internet der Dinge. Das Smartphone wird der wichtigste Gegenstand in unserem Leben werden, denn es verbindet uns mit einer digitalen Welt, in der uns so gut wie alle Anstrengungen abgenommen werden. Wir steuern unseren Haushalt per Smartphone, können damit schon bal kontaktlos im Supermarkt bezahlen und überlassen ihm unser Zeitmanagement, kurz: Wir müssen uns kaum noch um etwas kümmern — es sei denn darum, dass Smartphone zu bedienen. So zumindest die eine Seite der Medaille: Von diesem enormen Strukturwandel namens Digitalisierung, der uns ins Haus steht, wird behauptet, dass er unser Leben vereinfache. Zugleich wird er unsere Arbeitswelt verändern. Die Industrie wird menschliche Arbeitskraft nur noch in verantwortlichen Positionen benötigen, da Roboter uns die Arbeit abnehmen; dort werden Arbeitsplätze verloren gehen. Zugleich werden im Dienstleistungssektor Arbeitsplätze beispielsweise in der Pflege entstehen. Die sind derzeit schlecht bezahlt, so dass sich viele Menschen von der Digitalisierung bedroht fühlen.

Wirtschaftsnahe Kreise sehen in der Digitalisierung vorwiegend Chancen. So sieht Kanzlerin Angela Merkel (CDU) in einem Grußwort zur CeBit in der Digitalisierung eine Tür in eine andere Welt des Wirtschaftens, Arbeitens und Konsumierens. „Die Digitalisierung beeinflusst unsere Wirtschaft so stark wie kaum etwas anderes“, schrieb sie. Doch was ist mit den Gefahren? Was passiert mit den Menschen, wenn sie durch Maschinen ersetzt werden? Wir halten oder verbessern wir unseren individuellen Wohlstand in einer Welt, in der uns so gut wie alles abgenommen werden soll? Müssen wir vielleicht eine ganz andere Begrifflichkeit in Sachen Arbeit entwickeln? FR-Autor Frank-Thomas Wenzel gibt ein paar Antworten in seinem Artikel „Programme statt Buchhalter„. Auch FR-Kolumnist Michael Herl steuert Gedanken bei: „Selber machen ist out„.

Werden wir Menschen uns also zu solchen verweichlichten Gesellen entwickeln wie die an Bord des Luxus-Kreuzfahrtraumschiffs „Axiom“ im Pixar-Disney-Animationsfilm „WALL·E – Der Letzte räumt die Erde auf“, die seit 700 Jahren nichts anderes tun, als sich medial berieseln zu lassen? Es wäre wohl an der Zeit, die drängenden Fragen zu klären – und zwar nicht erst dann, wenn die Digitalisierung vollendet ist, sondern jetzt, wo der Zug zwar schon richtig Fahrt aufgenommen hat, wo aber gewiss die eine oder andere Weiche noch gestellt werden kann. Die Digitalisierung ist kein Selbstzweck. Sie muss nützlich für uns sein. Immerhin ist sie ohne uns so gut wie sinnlos. Noch.

Das kann sich ändern. Es gibt ein weiteres Forschungsgebiet im Zusammenhang mit Digitalisierung, auf dem derzeit enorme Fortschritte erzielt werden: künstliche Intelligenz. Der Gedanke ist alles andere als lustig, dass wir möglicherweise derzeit auf dem Weg sind, uns als Menschen abzuschaffen. Auch hierzu hat die Science Fiction natürlich schon Gedankenexperimente veranstaltet. „2001 – Odyssee im Weltraum“ wäre anders verlaufen ohne den intelligenten Computer HAL, und was Skynet mit der Erde gemacht hat bzw. machen wird, brauche ich sicher nicht zu beschreiben. Noch viel beklemmender ist allerdings der eher stille Film „Ex Machina“, ein filmisches Kammerspiel des britischen Regie-Genies Alex Garland. Darin soll ein junger Programmierer den Androiden Ava einem erweiterten Turing-Test unterziehen, um herauszufinden, ob es gelungen ist, in Ava eine künstliche Intelligenz zu erschaffen. Ava erweist sich sowohl ihrem Schöpfer gegenüber als auch dem Programmierer als überlegen.

fr-balkenLeserbriefe

Robert Maxeiner aus Frankfurt meint:

„Menschen früherer Epochen hätten sich über technische Entwicklungen wie den digitalen Wandel gefreut, wenn sie deshalb weniger hart hätten arbeiten müssen, um ihre Existenzgrundlage zu sichern. Gerade weil Menschen befürchten müssen, in der Folge des digitalen Wandels ihre Arbeit zu verlieren, haben sie Angst. Deshalb ist der Zeitpunkt günstig, jetzt über Alternativen nachzudenken, zum Beispiel, zukünftig allen Menschen eine Grundsicherung oberhalb der Armutsgrenze zuzugestehen. Für die Gegenwart bedeutet dies, Politik so zu gestalten, dass die Schere zwischen Armen und Reichen durch Umverteilung wieder mehr geschlossen wird, möglichst keine Riesenkonzerne entstehen und sich der Mittelstand somit wieder besser entfalten kann. Die freie Zeit können wir gut nutzen, um uns wieder mehr um unsere Kinder zu kümmern.“

Jürgen Malyssek aus Wiesbaden:

„Ist es uns Menschen überhaupt noch bewusst, was wir jetzt und auf Dauer mit der Digitalisierung der Welt anrichten? Dass wir uns regelrecht überflüssig machen, aber auch kein eigenes Wissen mehr erarbeiten, sondern in einer vollkommenen Abhängigkeit zur Maschine uns ganz in den eigenen Schatten stellen. Unser Fortschrittsglaube, unser Fortschrittsgedanke läuft inzwischen in eine völlig verkehrte Richtung. Nichts wird uns leichter gemacht. Die Zunahme von Komplexität im Leben ist kaum noch zu steigern. Die Ruhelosigkeit ist kaum noch zu überbieten. Das Gefühl vieler Menschen, nicht mehr gebraucht zu werden, kann nur zur weiteren Zunahme von Angst, Hass, Gewalt und Tod führen. Unser bisheriges Menschenbild ist überhaupt nicht mehr aufrecht zu erhalten. Die Technologie & Digitalisierung stürzt uns letztlich in eine totale Einsamkeit, mögen wir auch von Menschenmassen umgeben sein. Und die Herren, die wir dann suchen und auswählen, können nur im despotischen diktatorischen System liegen. Wir haben bereits damit angefangen (Trump, Erdogan).
Das menschliche Maß ist total ausgereizt, verbunden mit einer Rückwärtsbewegung jeglicher aufklärerischer Errungenschaften und Tugenden, wie Solidarität, Gemeinsinn, Verantwortung, Altruismus, Fairness usw. Die sozialen Netzwerke sind a-sozial und menschenfeindlich. Die vermeintliche Nützlichkeit all dieser digitalen Möglichkeiten sind Illusionen. Das Internet ist ein trostloser krimineller Ort geworden.
Die Folge, dass wir die Welt dauerhaft via Computer oder Smartphone wahrnehmen, ist ein kollektiver Burn-Out (Hartmut Rosa).
Wenn kein Bewusstseinswandel geschieht, dann können wir die letzten Hoffnungen auf eine humane Gesellschaft begraben. So wie bereits viele Hoffnungen durch den irreführenden Fortschrittsgedanken bereits gestorben sind. Der Wandel der Arbeitswelt zu 4.0 gibt der neoliberalen Politik endgültig den Segen, weiter zu machen wie bisher. Die meisten Menschen werden sich vor dem Absturz mit eigener Kraft nicht retten können.
Der vor einigen Jahren verstorbene amerikanische Biochemiker und Autor Erwin Chargaff, schrieb in einem seiner vielen zeitkritischen Essays: „Wir leben und sterben auf einem gottverlassenen Misthaufen!“
Forschung und technologische Entwicklungen haben sehr viel zu Brutalisierung des Lebens beigetragen. Noch einmal Chargaff: „Mit all dem Gedudel und Gefasel leben wir in einer der schlimmsten Epoche der Menschheit. Kein Gott gibt uns „zu sagen, wie“.
Wo bleibt der Aufschrei, die Auflehnung, der Widerstand?“

Peter Scheuermann meint:

„Im Anschluss und in Fortsetzung der Kolumne von M. Herl „Selbermachen ist out“ möchte ich aufrufen, Aktionsbündnisse zu gründen zum Erhalt der analogen Welt: „Rettet die analoge Welt!“ und damit auch all die Fähigkeiten und Erfahrungen, die die Menschheit in mühsamen Entwicklungsprozessen im Laufe von Jahrtausenden gefunden und ausgebaut haben!
Stellt Euch gegen die globalen Verdummungsprozesse der Digitalwirtschaft! Sie will uns immer mehr digitale Produkte verkaufen. Sie wird uns alle zu Menschen machen, die weder selbst kochen noch einkaufen können, weder Waschen noch den Inhalt des Kühlschrankes kontrollieren. Wir sollen nicht mehr Verantwortung für uns selbst und unsere Mitmenschen übernehmen , sondern dies in die Verantwortung von Robotern geben.  Wir sollen nicht mehr entscheiden, in welchen realen Umständen wir uns erholen und amüsieren wollen, sondern sollen in virtuelle Welten abtauchen, in denen uns etwas geboten wird, was wir selbst nicht mehr hervorbringen können. Wir sollen noch nicht einmal selbst Auto fahren können, sondern stattdessen lieber Autorennen als Selbstfahrer im virtuellen Raum erleben.
Die  „Digitalisierung der Objekte“ entzieht uns die Möglichkeit, die Dinge mit Hilfe unseres Verstandes und unserer Fertigkeiten zu beherrschen und zu kontrollieren, um sie zu unserem Nutzen einzusetzen. Die Folge ist eine progressive Verdummung jedes Einzelnen. Fähigkeiten nehmen ab. Wir alle können bald nichts mehr, weil es nichts mehr zu tun gibt. Wir werden von wenigen Digitalspezialisten beherrscht, die letztendlich dann auch durch Roboter ersetzt werden, die die weitere Digitalisierung und damit die Beherrschung der Dinge selbst „in die Hand nehmen“.
Uns allen bleibt der sinnlose und zweckfreie Konsum mittels all dieser Schalter und Knöpfe und Regler, deren Funktionieren wir selbst nicht mehr verstehen.
Uns wird eine zunehmend virtuelle Welt als Freizeitvergnügen angeboten. Wobei es bald keine Freizeit mehr geben wird, weil es keine Zeit sinnvoller Arbeit geben wird. Selbst das Fressen und Saufen und das Huren wird uns genommen werden durch digitale Interventionen, die unsere Gesundheit definieren bzw. virtuell sinnliche Erlebnisse verschaffen.
Der Mensch ist so nur noch eine leere organische Hülle, dessen Ende – Gott sei Dank möchte man sagen- virtuell nicht abgeschafft werden kann, sondern in der Realität unweigerlich kommen wird, auch bei vermehrten künstlichen Verlängerungen und organischen Ersatzbauten. Das ist so, weil der biologische Organismus irgendwann aufhört zu funktionieren trotz aller Virtualisierung und Digitalisierung.
Und alle diese – in meinen Augen zerstörerischen – Entwicklungen sind nur nötig, weil die Digitalwirtschaft immer neue Produkte braucht, um sie zu verkaufen und diese Wirtschaft am Laufen zu halten. Sie ist  ebenfalls in sich immer sinnleerer, weil der Gewinn nicht mehr umsetzbar ist in menschliches Erleben. Man kann sich noch nicht einmal über einen Sack Geld freuen, denn der Gewinn ist nur digital beschreibbar.
Wir kaufen die Produkte dieser Wirtschaft und füllen damit unser immer leerer werdendes Leben. Wir verkaufen dabei unsere menschliche Zukunft als vernunftbegabte, emotional erlebende, biologische Lebewesen.
Deshalb noch einmal: Rettet die analoge Welt vor der totalen Zerstörung durch die digitale Wirtschaft!“

 

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47 Kommentare zu “Unser Fortschrittsgedanke läuft in eine völlig falsche Richtung

  1. Was ist an diesen ganzen Vorhersagen neu? Die Roboter sollten schon vor 20 Jahren kommen.
    Als vor 25 Jahren die PCs kamen, hieß es, dass es bald keine Büroangestellten mehr gibt und kein Papier mehr bedruckt wird.
    Als die ersten Computeranimationen kamen, wurde der Untergang die Filmkultur beklagt.
    NICHTS ist davon eingetroffen.
    Früher hat man Zukunftsforscher befragt, wie die Welt in zwanzig Jahren aussehen wird. Sie lagen mit ihren Prognosen immer vollkommen daneben.
    Vorhersagen sind schwierig. Vor allem wenn sie die Zukunft betreffen.

  2. Besorgt in die Zukunft zu blicken ist richtig.
    Wer sollte es später verhindern, dass jedem Menschen statt des Personalausweises schon nach der Geburt ein Chip eingepflanzt wird? So würde es uns schmackhaft gemacht :
    Ist doch viel einfacher, kann nicht verloren oder gefälscht werden und gilt ein Leben lang…
    Ein Vermisster wird schnell gefunden, ein Verunglückter im Gebirge geortet und ein Bankräuber schon beim Überfall identifiziert…
    Ist das nicht erstrebenswert?
    Die Kontrolle über den Einzelnen wäre damit vollkommen. Freiheit endlich abgeschafft.

  3. Jedes Ding hat zwei Seiten (mindestens). Sehr anschaulich wird das dargestellt in der jüdischen Golem-Legende, dem künstlichen Helfer und Beschützer des Menschen. Diese Erzählung erfährt ihre literarische Vollendung in der Golem-Schöpfung des Prager Rabbis Löw. Aus Lehm hat ihn sein Erschaffer geformt und ihm dann den göttlichen Atem und damit das Leben eingehaucht: Ruach, im Hebräischen der Geist und Atem des Allmächtigen. Danach schrieb er ihm das hebräische Wort EMETH auf die Stirn, das Wahrheit bedeutet. Als Rabbi Löw einsehen musste, dass er seine Schöpfung nicht auf das für alle Menschen Positive eingrenzen konnte, weil sich der Golem nach eigenen Regeln entwickelte, wischte er das erste E weg, sodass METH stehen blieb. Meth aber heißt Tod. Die Befreiung vom erhofften Befreier war nur durch dessen Tod zu erreichen bzw. durch den bewussten Verzicht auf unkontrollierbare Helfer. Der (mittlerweile emeritierte) Informatiker Wolfgang Coy rief diese Geschichte in „Kursbuch 75 – Computerkultur“ (erschienen im März 1984) in die Erinnerung der interessierten Leser.

    Der Golem begegnet uns im so genannten digitalen Zeitalter in verschiedener Gestalt. Vollautomatisierte Produktion, künstliche Intelligenz, Smartphone, autonomes Fahren, Internet der Dinge; die Liste ließe sich erheblich erweitern.

    Im Gegensatz zu Rabbi Löw sind seine Schöpfer allenfalls vordergründig an der Befreiung des Menschen von eintöniger und/oder körperlich schwerer Arbeit interessiert. Zumindest jene, die in die Errungenschaften der Ingenieurskunst investieren (und ohne massiven Geldeinsatz lässt sich in diesem Sektor nichts bewegen), haben nur eines im Sinn: Die Vermehrung des eingesetzten Kapitals, das sich seit der ursprünglichen Akkumulation in den Händen Weniger befindet. Und sie nehmen dabei soziale Kollateralschäden nur allzu gern in Kauf.

    Längst werden in einigen Denkfabriken Modelle einer Gesellschaft entworfen, die sowohl auf die Arbeitsleistung als auch auf den Konsum einer Bevölkerungsmehrheit verzichten kann. Entscheidend ist der Profit, der für eine Minderheit unter dem Strich übrig bleibt. Mit dem erst in der Entwicklung befindlichen Internet der Dinge lassen sich nicht nur Kühlschrank, Heizung und die Wohnungsbeleuchtung kontrollieren. Der große Schritt nach vorn beginnt in dem Augenblick, in dem die überflüssigen Massen durch Facebook, Twitter, RTL und andere Instrumente aus der Kategorie „Brot und Spiele“ rund um die Uhr im Blickfeld von Big Brother sein werden.

    Es liegt allein in unserer Hand, der schönen neuen (Schein-) Welt von Fall zu Fall den Stempel EMETH aufzudrücken und gegebenenfalls das erste E wieder zu löschen.

  4. Interessant ist, daß die bedingungslosen Digitalisierer umso lauter schreien, je mehr sich die Digitalisierung in Belanglosigkeit verliert und echte Innovationen in den Hintergrund treten. Das deutet darauf hin, daß der Hype bald vorbei sein wird und sich das durchsetzt, was sinnvoll ist an der Digitalisierung, das Geschrei ist immer am größten, wenn der Zusammenbruch nicht fern ist.

    Der Glaube an die Machtübernahme durch KI ist letztlich ein Ergebnis menschlicher Selbstüberschätzung, schließlich ist er nichts anderes als die Behauptung, der Mensch könne etwas erschaffen, was evolutionär so gut ist, daß es ihn selber verdrängen könne.
    Die entscheidende Kraft ist und bleibt die Evolution, da können sich die IT-Nerds auf den Kopf stellen, sie werden daran nichts ändern.

  5. Erschreckend ist die Feindseligkeit, die dem Digitalverweigerer entgegenschlägt. Das Smartphone ist längst kein Spielzeug mehr, kein Hilfsmittel, es ist ein Muss, ein totalitäres Dogma. Die beiden Daumen, die ich als Contergan-Geschädigte nicht habe, nebst geschickten Händen sind privat und beruflich anscheinend zum wichtigsten Körperteil geworden. An smartphone-freien Zonen habe ich in den letzten Jahren eigentlich nur Pflegestationen, Palliativstationen, Hospize und Schachwettkämpfe in der JVA Mannheim kennengelernt.
    In unsrer Jugend (Jahrgang 1962) haben übrigens noch die Grünen mit uns gegen die allgegenwärtige Strahlung demonstriert. Wohin sind eigentlich alle kritischen Stimmen von damals hin? Warum hat man erfolgreich z.B.das Rauchen und Trinken verdammen können, aber keinerlei Skepsis gegenüber dem Wegfall der menschlichen Kommunikation entwickelt?

  6. Danke, Herr Malyssek, könnte ich meine Gedanken so treffend formulieren wie Sie, hätte ich mich per Leserbrief auch schon zu Wort gemeldet.
    Ich kann Ihnen in allen Punkten nur zustimmen. Wir sind Getriebene, wir selbst bestimmen schon lang nicht mehr, welche Richtung wir einschlagen wollen. Die Digitalisierung hat jetzt schon ein Ausmaß erreicht, dass wir fast nur noch reagieren, kaum noch agieren. So etwas kann man nicht Fortschritt nennen.

    Inwieweit auch die F.R. diesem unseligen Zeitgeist verfallen ist, wird indirekt in einem Artikel vom gleichen Tag unter der Überschrift „Erst noch einmal die Mails checken“ deutlich. Hier gibt es eine Empfehlung, wie man mit der Nachrichten-Flut in der Mailbox umgeht. Da heißt es: “Es reicht vollkommen, wenn man sich dreimal am Tag jeweils 30 Minuten dem Postfach widmet – morgens, mittags und abends zum Beispiel“.

    Das ist eine Empfehlung für Berufstätige! Der Schreiber hat offensichtlich die gute Absicht dem Leser Tipps zu geben, wie man mehr Freizeit gewinnt. Bei Erreichen seiner Empfehlung sind das immer noch anderthalb Stunden pro Tag, die man wohl für`s „Postfachleeren“ hinnehmen muss. Das ist m.E. die Zeit, die man früher für Gespräche, für Familie, für Freunde, für`s Innehalten…übrig hatte. Wirklicher Fortschritt sieht anders aus.

  7. Die Informationsflut ist das eine. Da wird sicher noch einiges auf uns zukommen und ob das immer gut ist kann man schon in Frage stellen. Wenn es aber darum geht mit der Digitalisierung konkrete Arbeit zu ersetzen würde ich erst einmal abwarten ob die Bäume wirklich in den Himmel wachsen. Ich habe 1982 zum ersten mal eine Roboterstraße bei VW in Baunatal gesehen. Seit dem habe ich mein Geld auch damit verdient zu analysieren wo solche Roboter sinnvoll eingesetzt werden können. 1982 habe ich gedacht die Arbeitswelt wird sich bis zum Jahr 2000 komplett verändern. Jetzt sind wir ein paar Jahre weiter und die Arbeitswelt hat sich auch verändert aber nicht annähernd so viel wie damals erwartet. In der Massenfertigung kann ich mir vorstellen das Roboter noch mehr als bisher eingesetzt werden, aber beim Gegenteil, dem Handwerk werde ich das wohl kaum erleben und beim Mittelstand wird es nach wie vor auf die Problemstellung ankommen.

  8. Da bedanke ich mich auch bei Ihnen, Herr Hartmann für Ihr Feedback. Es tut schon gut, zu hören, dass einige andere Menschen hier auch großes Unbehagen spüren, was digital noch auf uns zukommt, wenn wir keine eigenen Entscheidungen mehr treffen wollen und können.
    Ich lese hier jedenfalls auch weitere kritische Kommentare.
    Ich fand beispielsweise die jüdische Golem-Legende, die Klaus Philipp Mertens aus dem 1984er-Kursbuch ausgepackt hat, eine sehr passende Parabel zum weiteren Verständnis, worum es in Zukunft gehen wird, um dieser fast unvorstellbaren Macht des Marktes noch die Stirn zu bieten. Mit Spiel, Unterhaltung und Vergnügen schaufeln wir uns gedankenlos das eigene Grab. Das ist kein Spaß mehr.
    Schon beim Handwerk wäre ich nicht so hoffnungsvoll wie ‚hans‘ es beschreibt.
    Es kann sein, dass ich Walter Benjamin zum Fortschrittsgedanken schon einmal anderswo zitiert habe. Aber ich füge seine Worte hier trotzdem nochmal an. Sie sprechen für sich:

    „Die Vorstellung eines Fortschritts des Menschengeschlechts in der Geschichte ist von der Vorstellung ihres eine homogene und leere Zeit durchlaufenden Fortgangs nicht abzulösen.
    Die Kritik an der Vorstellung dieses Fortgangs muß die Grundlage der Kritik an der Vorstellung des Fortschritts überhaupt bilden.“

    Ob es jemals zu diesem Bewußtseinswandel bei uns in dieser Zeit der Unübersichtlichkeit und Überforderung kommt, wage ich zu bezweifeln. Aber Anleitungen dazu haben wir zur Verfügung.

  9. @ Hilde, 21. März 2017 um 13:36

    Ich habe zwar noch beide Daumen, sehe es aber genauso wie Sie.
    Bei unserem letzten Urlaub in (Nord-)Zypern saßen am Nachbartisch 8 junge Türken. Alle fast die ganze Zeit allein mit den Daumen beschäftigt. Ab und zu ein Gekichere, wenn zwei sich über dasselbe Smartphone beugten. Von gemeinsamem Lachen, eigenen Vorstellungen, Ideen, Plänen war nichts zu hören.
    Ich kann mich erinnern, dass das früher ganz anders aussah, wenn junge Leuten zusammensaßen.
    Kein Grund, auf die Daumen besonders neidisch zu sein. Herz und Hirn sind wohl doch wichtiger.

  10. Ewig Gestrig!
    Unterwerfen wir uns den Algorithmen, schalten wir den eigenen Verstand ab, werfen wir die eigene Erfahrung auf den Müllhaufen des Analogen. Werden wir endlich zum „Homo (digital) augmented“. Vergessen wir dabei aber nie, dass all die gebotenen „Wohltaten“ einen Preis haben – den globalen Daten-Exhibitionismus. Wir geben uns preis und das gratis. Zum Wohle profitorientierter Konzerne. Sind dann zwar vernetzt, aber auch gefangen in einem Gespinst von Verwertungsinteressen, die über uns wachen, uns aber auch überwachen. Schon vergessen? Schöne neue Welt! Nicht wirklich. Das schrieb ich vor gut einem Jahr. Jetzt gehen wir einen Schritt weiter. Unterwerfen nicht nur uns, sondern alles, was uns umgibt, den Algorithmen. Das Netz der Dinge. Arbeit 4.0. Und immer noch sind es private Konzerne, die die Datenleitungen und die Dienstleistungen im Netz anbieten. Und immer noch werden wir der Auswüchse nicht Herr. Facebook und Co wollen sich nicht kontrollieren lassen. Und unsere analogen Gesetze greifen oft zu kurz oder gar nicht. Und wer Angst hat, ist eben ein Angsthase. Ein Maschinenstürmer, der nicht „brave“ genug ist für diese „New World.“ Das Private- und Arbeitsleben wird nicht mehr getrennt sein. Der Arbeits-Tag wird – den Zeitzyklen dieser Welt folgend – 24 Stunden haben. Wo man heute Kollegen trifft, gibt es demnächst virtuelle Crowd-Meetings. Feste Verträge werden obsolet, man wird sich von Job zu Job in Crowd-Working-Groups organisieren. Und wenn man dann älter geworden ist, wird man wohl – eine neue Form der Rente – einen persönlichen Crowd-Fond gründen müssen, um (über)-leben zu können oder den Roboter zu bezahlen, der einen ja dann so liebevoll pflegen wird. Schöne neue Welt. Sie wird über uns kommen. Und selbst Wirtschaftsbosse sehen soziale Verwerfungen voraus. Und schlagen ein bedingungsloses Grundeinkommen vor. Das wird wohl auch nötig sein. Finanzieren sollten wir das – ganz old fashioned – mit einer DigiTax, die auf alle digitale Leistungen, die Menschen mit ihrem Arbeitsplatz bezahlen, zu erheben ist. Das mag ewig gestrig sein, aber in diesem Falle bin ich gern ewig gestrig.

  11. Herr Malyssek fragt am Ende seines Leserbriefs im Leserforum am 20.3. 2017., wo denn der Aufschrei bleibe. Nun, hier ist er: Herr Malyssek verbreitet so viel Pessimismus und Unkenntnis, dem muss ich einfach widerstehen. Gegen seine pauschale Verurteilung jeglichen technischen Fortschritt möchte ich nur zwei von vielen Beispielen benennen:
    Mitglieder des Chaos Computer Clubs haben eine Drohne entwickelt, mit der die Flüchtlingshilfsorganisation Sea-Watch bei ihren Einsätzen im Mittelmeer unterstützt werden sollen. Sie soll das Leben von Flüchtlingen im Mittelmeer retten helfen. Dass ich überhaupt diesen Leserbrief schreiben kann, verdanke ich der Genforschung. Ohne Forschungsergebnisse auf diesem Gebiet wäre ich persönlich vor etwa vier Jahren an einer schweren Krankheit gestorben.
    Und das ist das Ärgerliche an diesem Brief: Statt sich wirklich kritisch mit den verschiedenen Facetten der technologischen Entwicklungen auseinanderzusetzen, wird eine mittelalterlich anmutende dumpfe Angst vor Veränderungen das Wort geredet. Und die Folgen dieser Unfähigkeit zur Unterscheidung- und nichts anders ist Kritik – sind verheerend: Technische Fortschritte, die Menschen helfen können, werden verteufelt, gleichzeitig kommen wirklich gefährliche Entwicklungen und mögliche Strategien gegen Überwachung, fehlerhafte Software, Robotik als Waffentechnologie gar nicht mehr ins Blickfeld, da sowieso alles pauschal gleich miserabel ist.
    Da hat sich’s Herr Malyssek doch zu einfach gemacht und damit einer fundierten Kritik an der Digitalisierung eine Bärendienst erwiesen.

  12. Ich habe mich bemüht, während meines Berufslebens immer neueste Techniken einzuführen und ich hatte zum Glück immer Chefs, die mich haben machen lassen. Aber ich habe auch festgestellt, dass es immer einige Kollegen gab, die sehr große Mühe hatten, die Neuerungen zu akzeptieren. Ich habe anfangs nicht verstanden, woran das lag. Dann habe ich vorgeschlagen, dass alle Mitarbeiter lernen sollten, blind mit zehn Fingern zu schreiben. Plötzlich behaupteten alle, dass sie eigentlich nur lesen und fast nichts schreiben. Ein Manager behauptete sogar, dass die Beschränkung bei ihm nicht im Schreiben liege, sondern im Denken. Da habe ich begriffen, dass es sich eigentlich um Versagensängste handelt.
    Besonders wenn man älter wird, hat man Angst, die neuen Techniken nicht mehr zu verstehen. Das ist aber überhaupt nichts Neues. Das war bei der Einführung der Eisenbahn auch schon so, wahrscheinlich sogar schon beim Buchdruck. Es ist auch zutiefst menschlich. Es gibt Schauspieler, die schon 192mal den Hamlet gegeben haben und sich vor der nächsten Vorstellung am liebsten auf der Toilette einschließen möchten.
    Wir sollten zu unseren Ängsten stehen und uns keine Sorgen um die Zukunft machen.
    Dass die, die jetzt die Versagensängste vehement bestreiten werden, die mit den größten Ängsten sind, ist natürlich nur eine Unterstellung. 🙂

  13. An Axel Stolzenwaldt:
    Ich verwahre mich dagegegen, im Namen des Fortschritts selbst verteufelt und mich und andere Kritiker immer wieder in die gleiche einsilbige phantasielose Ecke der „mitteralterlich anmutenden Angst vor Veränderungen“ gedrängt zu werden.
    Wenn Sie die Seiten meiner Empörung richtig beachten, und ich habe sie so genannt (Gesellschaft, Manipulation, Anpassung und Macht), dann sollten Sie nicht auf diese Art und Weise zurückbellen. Ich unterscheide zwischen dem sog. technischen Fortschritt und dem, was Wirtschaft und Mega-Konzerne im heutigen Kapitalismus daraus machen und einer willfährigen Masse alles aufbürden können, ohne, dass die Menschen sich letztlich dagegen wehren können und auch nicht mehr wollen.
    Andererseits respektiere ich den Vorteil, den Gewinn, den Sie aus einer technischen Errungenschaft heraus für sich persönlich und
    ihrer Erkrankung betreffend haben bekommen können. Diese Seiten meine ich doch garnicht. Und Sie wissen ganz genau, dass der Fokus der Kritik (und dabei bleibe ich) auf diese Entwicklungen, die sich am besten am Tal der Größenwahnsinnigen, dem Silicon Valley, dokumentieren lassen: Mark Zuckerberg, Bill Gates, Steve Jobs und all die anderen Koryphäen des unaufhaltsamen Fortschritts.
    Ich habe selber, teils sehr erkrankte mir nahestehende Menschen erlebt, die mit bestimmten neuen technischen Hilfsmitteln faktisch gesegnet waren, am Alltag und an ihren wichtigen Tätigkeiten wieder teilnehmen zu können.
    Das meine ich nicht mit meiner Kritik und mit meiner Aufforderung zum Aufschrei.
    Ich meine die uns faktisch aufgedrückten Technologien, die uns Menschen garnicht oder wenig helfen, sondern uns nur von einer Abhängigkeit (seelisch, körperlich und geistig) in die nächste stürzen.
    Ich habe es mir mit meiner Kritik nicht einfach gemacht. Ich erlebe schon seit Jahren keine Erleichterung des Lebens, durch die Digitalisierung. Muss dabei noch froh sein, dass ich bisher von heftigen Shitstorms, Mobbing und Erpressungen verschont geblieben bin, was mir möglicherweise noch passieren kann, wenn ich aus dem Mainstream des Fortschrittsglaubens ausgebrochen bin.

    Ich kann auch beim Stand der digitalen Entwicklung nichts gegen einen Chaos Computer Club sagen. Natürlich haben die Jungs was drauf. Wahrscheinlich wäre alles noch trübsinniger, wen es denn wiederum diese Spezialisten nicht gäbe. Aber wo fängt das alles an? Und wo hört es auf?
    Was soll ich gegen Genforschung Schlechtes sagen, wenn sie dem Menschen wirklich nützlich sein kann?
    Aber dabei bleibt es doch nicht in diesem Wirtschaftssystem, in diesem Mega-Geschäft.

    Klar geht es um diese irrsinnige Datensammlerei, Big Data ohne Grenzen, Aufhebung von Grenzen zwischne Privatsphäre und Öffentlichkeit, Überwachung, diese enorme Machtfülle, Robotik, Waffentechnologie (nennen Sie selbst mit Namen).
    Hinzu kommen die schier endlosen Spiele der dauerhaften Ablenkung vom analogen Leben. die Terroristen sind wohl zur Zeit mit die größten Nutznießer der Technologien, obwohl die den westlichen Wohlstand und Fortschritt verfluchen. Das Internet und die Radikalisierung von immer unsicher werdenden Jugendlichen.
    Und das alles soll man einfach über sich ergehen lassen?
    Und soll/muss das Internet auch noch schneller werden, damit man das alles irgendwie bewältigen kann. Quo vadis?

    Im Übrigen, wenn es weiter darum geht, „fundierte Kritik“ vorzulegen, dann haben das auch schon andere vor mir gemacht, die einen größeren Namen haben und dann wohl auch zu den Angstmachern in der Fortschrittsgesellschaft gezählt werden müssen: Harald Lesch, Harald Welzer, Hartmut Rosa u.a.

  14. @Jürgen Malyssek
    Sie schreiben zwar viel, aber ich kann mir konkret nicht viel darunter vorstellen, wovor Sie Angst haben.
    Ich habe den Eindruck, dass die Digitalisierung nicht Ihr Spezialgebiet ist (B. Gates ist Privatmann und Steve Jobs ist tot). Ich lese von einer unspezifischen Angst vor Dingen, die Sie nicht überblicken.
    Welche Technologien werden Ihnen denn faktisch aufgezwungen? Ich habe einen PC und ein Smartphone (aber mit Windows, darauf laufen fast keine Apps, auch die FR-App nicht). Ich bin nicht bei Facebook oder Twitter. Ich schaue wenig Fernsehen, nur öffentlich-rechtliche nach 20.00 Uhr, wenn es keine Werbung mehr gibt, keine politischen Magazine, keine Talkshows, kein Kabarett). Niemand macht sich die Mühe, mich zu zwingen, noch etwas Anderes zu kaufen.
    Ich habe 30 Jahre in einem großen Konzern verbracht und festgestellt, dass die meisten Manager, die gleiche Angst vor der Digitalisierung haben wie Sie. Sie sind nämlich schon fortgeschrittenen Alters, verstehen nichts von der Materie und wollen sich vor den Angestellten nicht blamieren.
    Wenn man mal von vielen Dingen die Marketingsauce entfernt, bleibt gar nicht mehr viel übrig, vor dem man Angst haben kann. Internet der Dinge hieß früher einfach Fernsteuerung (z. B. für Nachtspeicheröfen). 3-Druck ist sehr interessant für Prototypen und Einzelteile, für die Massenproduktion viel zu langsam und zu teuer. Big Data heißt häufig nur Sammeln von Daten, ausgewertet wird fast gar nichts.

  15. An Henning Flessner:
    Das, was Sie oben sagen, ist nicht mein Thema. Sie sprechen von Angst, Versagensangst, (persönlicher) Angst vor der Digitalisierung.
    Da Sie beruflich wohl aus dem Wirtschaftsmanagement kommen, sprechen Sie hier technisch, nüchtern und pragmatisch über die Dinge. Das ist nicht mein Ansatz. Das Argument von der Einführung der Eisenbahn und des Buchdrucks (= alles nichts Neues auf dieser Erde), ist wohl nicht mehr totzukriegen.
    Deshalb kann ich Ihnen von diesen ganz unterschiedlichen Ebenen, auf denen wir uns hier bewegen, auch keine Antworten geben. Ich rede nicht von Managern, die vielleicht „wenig Ahnung von der Materie“ haben. Ich antworte in meinen Texten auf die menschlichen Herausforderungen, Überforderungen der Digitalisierung der Welt, wie wir sie heute erleben. Auch nicht von der Angst und Überforderung mit einem Computer im Büro umzugehen usw.
    Mein „Spezialgebiet“ ist in der Tat nicht die Digitalisierung und ich weiß auch, dass Steve Jobs bereits tot ist. Mit diesen Männern fing alles an.
    Ich sehe mich nicht imstande, Ihr Weltbild und meine Kritik an einem falschen Fortschrittsglauben mit irgendeiner weiteren Erklärung zusammenzubringen.
    Da muss ich passen.
    Ihr letzter Satz zu Big Data hat mich regelrecht umgehauen.

  16. @Malyssek
    Sie schreiben: „Ich unterscheide zwischen dem sog. technischen Fortschritt und dem, was Wirtschaft und Mega-Konzerne im heutigen Kapitalismus daraus machen“ In ihrem ersten Beitrag haben Sie diese Unterscheidung nicht gemacht, da erschien die Digitalisierung als apokalyptischer Reiter.

    Um mögliche andere Ansätze zu verdeutlichen und nicht nur nebulös im Allgemeinen zu bleiben, will ich mal Butter bei die Fische zu tun:

    Im Bildungsbereich gibt es ein Reihe von Initiativen, die jungen Menschen einen selbstbewussten und kritischen Umgang mit den Entwicklungen im Internet nahe bringen. Nur ein Beispiel unter vielen findet man unter http://www.klicksafe.de. Vielleicht informieren Sie sich darüber.

    Der schon einmal genannte Chaos Computer Club hat im Dezember 2016 einen Kongress veranstaltet mit 12 000 (zwölftausend!) Teilnehmern. Die Mitglieder des CCC sind auch nicht irgendwelche Jungs, die da irgendwie rumhacken, es sind Fachleute, die in der Regel schon jahrzehntelange Berufserfahrung im IT-Bereich haben und die wissen, worüber sie reden.

    Mit viel Mühen und jahrelangem Engagement haben Datenschützer aus den verschiedensten gesellschaftlichen Bereichen spätestens seit der Volkszählung ein, wenn auch lückenhaftes , aber manchmal doch hilfreiches Datenschutzrecht etablieren können. Besonders empfehle ich, sich mit der Arbeit und dem persönlichen Engagement von Frau Leutheusser-Schnarrenberger auseinanderzusetzen.

    All diesen Initiativen unterschiedlicher Menschen und Gruppen, die an einer humanen Nutzung der digitalen Ressourcen arbeiten, fallen Sie in den Rücken, indem Sie eindimensional die kapitalorientierten Konzerne zu den einzigen und übermächtigen Akteuren im gesellschaftlichen Prozess erklären. Besonders viel Mut zum eigenständigen Handeln und Denken macht eine solche Haltung nicht.

    Es gilt, sich sachkundig zu machen,sich konkret einzumischen und nicht allgemein die schlechten Weltläufe zu beklagen.

    Und dazu lassen wir doch mal den von Ihnen genannten Harald Welzer sprechen: „Eine andere, zukunftsfähige Kultur des Lebens und Wirtschaftens entsteht nicht durch wissenschaftliche Erkenntnisse oder moralische Appelle. Sie wird in unterschiedlichen Laboren der Zivilgesellschaft vorgelebt und ausprobiert.“ (FUTURZWEI. Wir fangen schon mal an – Einleitung.) – FUTURZWEI ist eine von Harald Welzer initiierte Stiftung, über die es sich lohnt sich zu informieren.

  17. Was von denjenigen, die den neuen Medien gegenüber vorwiegend positiv eingestellt sind, vergessen wird, ist der hohe Suchtfaktor. Oder wie nennt man die Erscheinung, die zunehmend vor allem junge Menschen im öffentlichen Raum herumgeistern lässt, die das Smartphone selbst beim Gehen nicht aus der Hand legen können, was z.T. schon zu Unfällen geführt hat?
    Wie begegnet man dem paradoxen Phänomen, dass diese Leute durch die Parks streifen, den Blick gebannt auf den Minibildschirm geheftet, um irgendwelche imaginären Lebewesen zu erhaschen, anstatt sich zu öffnen für die Eindrücke der realen Natur, die sie umgibt? Kann es solchen Menschen nicht auch gleichgültig sein, wie viele Tierarten täglich auf unserem Planeten aussterben, wenn sie diese gar nicht mehr wahrnehmen? Schließlich kann man virtuell ja jederzeit neue Spezies kreieren.

    Und wie sieht es mit der Kommunikation zwischen Eltern und Kleinkindern aus? Anstatt sich mit ihren Sprösslingen zu unterhalten und damit deren Sprachentwicklung zu fördern sowie durch Blickkontakt die Bindung zwischen Mutter oder Vater und Kind zu stärken, ziehen es solche Eltern vor, bereits während des Stillens oder Fütterns sowie beim Ausfahren im Kinderwagen oder auf dem Spielplatz wie gebannt auf das Gerät in ihrer Hand zu glotzen oder dieses am Ohr festgeklebt zu halten.
    Gibt es schon Strategien, dieser bedenklichen Entwicklung entgegenzuwirken?

  18. Es zieht sich wie ein roter Faden durch alle Kommentare der Glaube , man könne etwas gegen die allgemeine Entwicklung der Digitalisierung machen . Auch wenn es sich sehr pessimistisch anhört , man kann nichts tun . Das ganze Unternehmen folgt der evolutionären Entwicklung , wie alles auf diesem Planeten ,ohne Sinn und Ziel , soweit erkennbar . Die technische Entwicklung auf diesem Planeten ist völlig ungesteuert , sie folgt mur dem Credo , was ist für irgendetwas zu gebrauchen im Sinne von geldwertem Vorteil (meist)Von Fortschritt kann man da wohl kaum sprechen , nur von Entwicklung . Für manchen und manches günstig , für anderes nicht .

  19. An Axel Stolzenwaldt:
    Zu „Butter bei die Fische“. Nochmal: Es geht mir nicht um die Verfolgung aller ‚positiven‘ Entwicklungen im Internet, die Sie mir nahe legen wollen. Mal abgesehen davon, dass wiederum die Heerschar der Experten und Technikfreaks unvermeidbar sind, wenn das Rad dieser Geschichte so läuft, wie es läuft. Beispiel Chaos Computer Club.
    Sie mögen von all diesen Entwicklungen fasziniert sein. Das trifft auf mich schon lange nicht mehr zu, so ehrenwert und wahrscheinlich auch notwendig wiederum das Engagement von Frau Leutheusser-Schnarrenberer sein mag.
    Zum eigenständigen Denken und Handeln brauche ich keine Digitalisierung.
    Dankenswerterweise sind heute wieder zwei Leserbriefe in der FR-PrintAusgabe zur Kritik der Digitalisierung der Welt erschienen. Das spart hier bestimmt weitere Erklärungen.
    Wenn Sie an diesem „schlechten Weltlauf“ nichts erkennen können, dann muss ich das jetzt so stehen lassen.
    Dass Sie Harald Welzer (Die smarte Diktatur. Der Angriff auf unsere Freiheit – von der Machtübernahme der Internetkonzerne) so begeistert, ob seines Zukunftslabors FUTURZWEI, dass wundert mich zumindest insoweit, dass der Sozialpsychologie mit dem Internet selbst nicht viel am Hut hat. Sie seine Veröffentlichung oben.
    An Brigitte Ernst:
    Hier haben wir wirklich völlige Übereinstimmung. Sucht ist ein Fremdwort für die Smartphone-Nutzer, die Digitalen, die selber fast wie lebende Roboter durch die Straßen und über die Plätze der Welt laufen. Sucht – was ist das?

  20. In der schönen neuen Welt hat die Arbeit auf nahezu allen Ebenen vom Menschen Besitz ergriffen. Arbeit hat nicht unbedingt mehr einen festen Platz, sondern technische Ausstattungen, die jeden nahezu überall und jederzeit verfügbar macht. Ein hochrangiger Beamter erzählte mir letzte Woche folgende Geschichte: Beim Zähneputzen summte sein Diensthandy, es war 23:31 Uhr. Er schaute hin und sah eine aktuelle Statistik, jedoch nicht für seinen Bezirk, sondern die für einen anderen Großbezirk. Aus einer Laune heraus rief er in der Zentrale an und war überrascht, dass sein Boss um diese Uhrzeit am Arbeitsplatz saß, sich sofort für die falschen Zahlen entschuldigte und darauf hinwies, dass die Sekretärin den Fehler korrigieren würde. Kurz nach Mitternacht kamen die korrekten Daten. Um sich zu bedanken, rief mein Gesprächspartner die Sekretärin an, die zu seinem Erstaunen auch noch bei der Arbeit war – von zu Hause aus. Die Statistik hätte auch gut und gerne noch einen oder zwei Tage Zeit gehabt, aber in der Welt einer modern daherkommenden Behörde ist das offenbar ebenso wenig möglich wie beim Broker in London oder Singapur.

    Mein Gesprächspartner ist kein Einzelfall, sondern wir erleben mit der neuen Technik und den damit entstandenen Möglichkeiten neue mentale Modelle der Führung, Organisation und Aufgabenerledigung. Im Flugzeug, im ICE, in der Lounge am Airport, überall werden Zahlen, E-Mails und (aller)letzte Informationen abgerufen. Manchmal sehe ich zufällig Geschäftsgeheimnisse und Verschlusssachen, Personaldaten, ein Roundup durch die berechnete Welt des heutigen Business.

    Ein weiterer Gesichtspunkt. Gerade war ich für längere Zeit in den USA. Viele Bekannte dort sind sehr erfreut über den länger bereits am Markt befindlichen Dienstleister Uber. Taxi geht auch billiger, ist das Motto. Ein Unternehmen stellt eine Plattform zur Verfügung, und schon balgen sich Unterbeschäftigte, Unterbezahlte, Arbeitslose und wer weiß, wer noch um den Zusatzjob, der ihre Fahrt bezahlt. Vielleicht war es aber keine Fahrt zum eigenen Treffpunkt, sondern ein Job als neuer Selbstständiger. Lohnnebenkosten fallen nicht an; die Plattform verdient, der Selbstständige als Arbeitskraft gibt sich mit einem Zubrot zufrieden, während eine Branche ins Schleudern geraten wird. Das klassische Taxigeschäft. Denn Uber ist natürlich billiger, weil keine Sozialabgaben anfallen. Willkommen in der Dumping- Welt. Die Folgen für ein Gemeinwesen kann sich jeder selbst vorstellen.

    Studien zur Entwicklung der zukünftigen Arbeitsmärkte (MIT und Oxford) vermuten erhebliche Arbeitsplatzverluste bis hin zu 50% der Stammbelegschaften. Diesbezüglich bin ich nicht so sicher wie die Autoren. Am Ende wird es auf die Geschäftsmodelle von Unternehmen ankommen – die entscheiden m. E., welchen Weg die Entwicklung der Arbeit nehmen könnte. Gewiss ist, die auf Kennziffern und Kostensenkung orientierten Modelle haben in den letzten 30 Jahren dominiert. Und so sind in den Studien die prospektiven Berechnungen angelegt. Bleibt die Frage, ob Unternehmen auf diese Weise dauerhaft erfolgreich sein können. Der Frankfurter Airport ist ein beredtes Beispiel, wie die Auslöschung von menschlichen Kontakten an den relevanten Schnittstellen zwischen Reisenden und Airlines wirkt. Ja, man fliegt heute viel billiger, aber fühlt sich wie eine Viehherde behandelt, bis man es endlich geschafft hat, an Bord zu gelangen. Und im äußersten Fall – bei Schnee und Eis – geht ohne Menschen und Polizei nichts mehr, weil jede Digitalisierungsmaschine mit Umbuchungen, Reiserücktritt, Hotelunterbringung, Entschädigung usw. an ihr natürliches Ende gelangt – der Reisende sowieso.

    Mein derzeitiges Fazit läuft auf eine kritische Betrachtung der heutigen Geschäftsmodelle hinaus, die der finanzmarktgetriebene Wertschöpfungsmechanismus hervorgebracht hat. Analysten bevorzugen Kostensenker, die lassen sich im Zahlenkonvolut von Unternehmen bestens abbilden. Unternehmensentwicklung ist jedoch etwas ganz anderes. Dazu gehören langfristige Strategien, Marktbetrachtungen, Produktwissen, Kreativität und Verständnis für soziale Kontexte, in denen unternehmerische Entscheidungen zu treffen sind. Kurz-, mittel- und langfristig. Damit sind Maschinen ziemlich schnell überfordert – Analysten auch. Weil sie Maschinenwissen bevorzugen.

    Mein Eindruckist, die dunkle Seite der Digitalisierung ist längst über uns hergefallen mit neuen Formen der Ruhelosigkeit, der Sprachlosigkeit im Dauergewitter von Twitter-Botschaften, der permanenten Verfügbarkeit, der flächendeckenden Sammlung und Ausforschung unserer Aktivitäten im Netz mit PRISM und TEMPORA. Dazu gehört auch der Fehlschluss, dass „Googlen“ und „Downloaden“ Verstehen und Wissen bringt und Lehrkräfte sowie Seminar- und Workshop-Leiter ersetzen könnte.

    Und: Die ganz Großen in diesem Geschäft von Amazon bis Yahoo arbeiten Hand in Hand mit militärischen Fachleuten und Geheimdiensten und greifen nach unseren Bürgerrechten. Anderes anzunehmen ist sträflich naiv. Und einfach abschalten, wie hier auch gesagt wird, wird für viele nicht möglich sein. Weil sie darauf irgendwie angewiesen sind.

    Welche langfristigen Folgen der exponentielle Einsatz digitaler Technik für Lernprozesse, Arbeitsgewohnheiten, Zusammenleben und Problembearbeitungen haben könnte, sollte genau beobachtet werden. Ich fürchte, wir wissen noch viel zu wenig darüber, was es bedeuten könnte, wenn zwischen uns und der Umwelt weitere Maschinen treten, die einerseits Arbeit abnehmen, jedoch auch mehr Distanz zwischen uns und der Wirklichkeit schaffen.

    Ich bin Herrn Stolzenwaldt für seine Hinweise dankbar und wünsche mir mehr Initiativen, die „um die Ecke“ liegen und Modelle zum Nachdenken für Veränderung des digitalen, wirtschaftlichen und politischen Mainstream sein können, fürchte aber die heutige Wirtschaftswelt, die sich als der größte Gleichmacher auf dem Globus herausgestellt hat. Und fleißig an hübschen Narrativen über soziale Netzwerke weltumspannend arbeitet. Kleine Projekte sind dabei leider schnell marginalisiert, wenn es darum geht, Gewicht einzubringen.

    Ein Letztes: Alle sind online und eine große, transparente Gemeinde, so scheint es. Aber der Schöpfer und Besitzer von Facebook kauft, so DLF heute Nachmittag, alle umliegenden Grundstücke auf, damit niemand auf sein Grundstück schauen kann. Das nennen ich Asymmetrie der Verhältnisse und einen Blick auf die Wirklichkeit.

  21. Ich beschäftige mich gerade etwas mit Erkenntnistheorie und kann mich nicht so richtig entscheiden, ob ich Realist oder Konstruktivist bin. Die Beiträge hier drängen mich in die Richtung des Konstruktivismus.
    Ich bin heute mit dem Rad durchs Dorf gefahren. Keiner der Spaziergänger schaute auf sein Smartphone, auch die Leute in den Cafés nicht.
    Ich habe mir erst als Rentner ein Smartphone gekauft, weil ich vorher ein Fimenhandy hatte (die Firma bezahlte das Handy und alle Gespräche, auch die privaten). Es wurde erwartet, dass ich permanent erreichbar, aber nicht verfügbar war. Vielleicht einmal pro Jahr erhielt ich einen Anruf ausserhalb der Arbeitszeit und dass, weil die Kollegin in einem anderen Erdteil war. Dabei war ich angestellt in einem dieser multinationalen Konzerne, die uns alle unterjochen wollen.
    Wie hat die Digitalisierung meine Welt verändert? Nach der Insolvenz funktionierte der Vertrieb der FR in der Schweiz nicht mehr und ich bin auf E-Paper umgestiegen und dann habe ich dieses Blog entdeckt.
    Sonst fällt mir nichts Erwähnenswerte mehr ein.

  22. Henning Flessner: Ich glaube schon noch, dass das Straßenleben von Dorf und Stadt gewisse Unterschiede macht, sodass ein Fußgänger ohne Smartphone im Dorf denkbar ist. In der Stadt müsste man mir Wahrnehmungsstörungen attestieren, wenn es nicht gerade das Gegenteil wäre. Das nur am Rande.
    Wolfgang Geuer würde ich gerne rückmelden, dass ich seine Weltsicht und seine Beobachtungen sehr klug und auch originell (die Anfangsgeschichte mit dem Diensthandy!) finde.
    Die letzte Bemerkung (Facebook und Gründer) sagt alles über die Schmalspurintelligenz dieser Medienschöpfer wie Zuckerberg und Silicon-Valley-Fantasten. Diesen Menschen Gefolgschaft zu leisten, ist eine Art Selbstaufgabe.
    Ansonsten kann ich HARALD WELZER als Autor und Inspirator nur wärmstens empfehlen. Sein jüngstes kleines Werk: „WIR SIND DIE MEHRHEIT. Für eine offene Gesellschaft“ (Fischer TB) ist eine Möglichkeit, sich vom Nachdenken und der Inspiration verführen zu lassen.
    Aber auch längst nicht mehr unter uns lebende Autoren und Denker helfen weiter: Hannah Arendt, Walter Benjamin, Pierre Bourdieu oder Zygmunt Bauman …

  23. @ Henning Flessner

    Sie fahren wahrscheinlich selten mit öffentlichen Verkehrsmitteln. Wenn ich mit der Straßenbahn oder U-Bahn fahre, beobachte ich, dass um mich herum etwa 70-80 % der jungen Menschen unter 30 auf ihr Smartphone starren.

  24. @Brigitte Ernst
    Ich habe eine Monatskarte. Bei uns fahren die jungen Leute mit dem Fahrrad. Im Bus sitzen hauptsächlich die älteren Semester.
    Ich erinnere mich, als ich in Berlin gearbeitet habe, dass in der U-Bahn mehr als die Hälfte der Leute die Zeitung las. Jetzt lesen sie auf dem Smartphone oder chatten.
    Was das Leben wirklich verändert hat, ist das Fernsehen. Aber das war die ersten Jahrzehnte analog.

    @Jürgen Malyssik
    Wir Landeier sind schon ein bißchen rückständig, aber freies (kostenloses) WLAN haben wir schon im Dorf. 🙂

  25. @ Herr Flessner

    “Was das Leben wirklich verändert hat, ist das Fernsehen.“
    Wieso? Vorher saßen die Menschen vor dem Volksempfänger und waren ähnlich gebannt wie bei Francis Durbridge. Mit simplen Analogien kommen wir bei der Auseinandersetzung um die Folgend der Digitalisierung kaum weiter als bis zum eigenen Vorgärtchen. Auch ihr Satz, das in der U-Bahn früher die Zeitung und nun das Smartphone „gelesen“ oder gechattet wird, taugt wenig zur Beschreiben der bereits erkannten und noch folgenden Probleme.

    Lesegewohnheiten verändern sich rasant; Artikel im Smartphone werden eher überflogen, weil schon das nächste Bild aufpoppt, die nächste Schlagzeile erscheint. Konzentrationsfähigkeit und Verständnis scheinen dabei eher abzunehmen. Als Augenwesen werden wir mehr durch die Blickrichtung der Augen als von Inhalten gesteuert. Komplexe Inhalte laufen Gefahr, gar nicht erst in den Arbeitsspeicher zu gelangen. Die von Frau Ernst angesprochenen Suchtprobleme können möglicherweise – nicht allein – jedoch auch über die Arbeitsweise unserer Sensorik, die natürlich bei der Gestaltung von Webseiten berücksichtigt wird, verstetigt werden.

    Menschen neigen häufig dazu, die in ihrer Jugend vorherrschenden neuen Entwicklungen – wie z. B. das Fernsehen – in ihrer dauerhaften Wirkung zu überschätzen. Es hat aber nur sie und ihre Generation, nicht jedoch die nachfolgenden Generationen geprägt. Der eigene, sehr subjektive Blick, verstellt die Sicht auf größere Zeitabschnitte. Oder anderes: Nicht alles, was hinkt, ist ein Vergleich, Herr Flessner.

  26. @Herr Geuer
    Es gibt da noch einen anderen Aspekt zu diesem Problem.Die älteren Menschen heute haben kaum Zugang zum Leben der Jungen und zwar aus mehrheitlich technischen Gründen . Der alte Mensch , ich bin 79, funktioniert nicht so , dass das Smartphone der Lebensinhalt ist , man ist einfach nicht fixiert auf das Ding obwohl es durchaus seine Vorteile hat . Das Problem liegt eher darin , dass der junge Mensch damit aufwächst und entsprechend geprägt wird , das verändert aber komplett die Sichtweise auf das Leben und führt so zwangsläufig zum Missverständnis zwischen den Generationen . Ja , das gabs schon immer , auch mein Opa sagte in den 5oer Jahren , stell die Negermusik ab , aber man konnte doch wenigstens miteinander reden – heute wird das zunehmend schwierig , vor allem auch weil die jungen Leute einen von vornherein in die Schachtel „Alt “ packen .Ich glaube , das Verhältnis Alt zu Jung war noch nie so weit voneinander entfernt wie heute . Wie viel Leute schreiben den überhaupt Leserbriefe ?

  27. @ Henning Flessner

    Gerade bin ich wieder in der U-Bahn gefahren und habe die jungen Leute beobachtet. Das frühere Zeitunglesen beim Fahren ist nicht mit der Benutzung des Smartphones zu vergleichen. Wer hat denn früher sonntags in der Bahn stehend oder gar beim Gehen durch die Stadt Zeitung gelesen?

    @ Jürgen H. Winter

    Dass wir alten Leute mit der neuen Technik zum Teil nicht mehr mithalten können (und zum Teil auch gar nicht wollen), finde ich nicht so schlimm. Die jungen Leute, denen wir als Menschen wichtig sind, kommunizieren schon noch mit uns.
    Was ich viel alarmierender finde, ist der Verlust der Konzentrationsfähigkeit bei Kindern und Jugendlichen aufgrund der ständigen Reizüberflutung durch das massive Medienangebot, das ihnen zur Verfügung steht.
    Problematisch finde ich auch, dass Kinder über das Smartphone viel zu früh Zugang zu Pornographie mit den härtesten und verstörendsten Sexpraktiken haben. Welche Dauerschäden das verursachen wird, können wir noch gar nicht abschätzen.

  28. Das was Wolfgang Geuer zur schönen neuen Arbeitswelt zu sagen hat, kann man sich ruhig auf der Zunge zergehen lassen. Wir nähern uns bei seinen beschriebenen Beispielen der Absurdität unseres Daseins. Wir weichen immer wieder aus und leugnen die Widersprüche des Lebens. Wir verdrängen das Absurde, anstatt die Welt in Frage zu stellen, uns aufzulehnen. Wir springen einfach weiter. Deshalb nehmen wir auch das neue Tempo der Digitalisierung in der Welt mehr oder weniger so hin (kann man doch nichts machen!).
    Das Ergebnis ist (W. Geuer nennt es auch die dunkle Seite der Digitalisierung): „neue Formen der Ruhelosigkeit, der Sprachlosigkeit im Dauergewitter von Twitter-Botschaften, der permanenten Verfügbarkeit, der flächendeckenden Sammlung und Ausforschung unserer Aktivitäten im Netz […] Verstehen und Wissen mit ‚Googeln und ‚Downloaden‘ …“.
    Ja, und die Frage nach den langfristigen Folgen dieses Dauereinsatzes digitaler Technik für unser Zusammenleben, unseres Lernens und unserer Lebensgewohnheiten?
    Ach, da sind die Gegner der Kritiker schnell dabei, von pauschaler Verteufelung des technischen Fortschritts zu sprechen.
    Wer macht es sich hier zu einfach (Axel Stolzenwaldt im Leserforum)? Wer ist hier pauschal? Wer spricht spricht immer wieder von FORTSCHRITT? Bedenkenlos. Lineare Weltvorstellung. Immer weiter.
    Die Suchtprobleme wurden auch schon genannt. Ein Riesenthema der Zukunft. Das darf man jetzt schon behaupten.
    Wir müssen, wie Wolfgang Geuer sagt, über den eigenen, sehr subjektiven Blick hinaus: Zyklen.

    Schon etwas abweichend zu Jürgen H. Winters Meinung, dass ältere Menschen kaum Zugang zum Leben der Jungen haben, bin ich schon der Meinung, dass es genug Möglichkeiten gibt, das noch ausbalancieren zu können. Wenn die Alten nur unter sich bleiben, dann bleibt es, wie es ist. Interesse und Neugierde helfen weiter.
    Die Bringschuld liegt bei den Alten (ohne Anbiederung).

  29. @Wolfgang Geuer
    „Lesegewohnheiten verändern sich rasant.“ Da frage ich mich, woher Sie das so genau wissen.
    Der nominale Umsatz des deutschen Buchhandels ist in den letzten 10 Jahren stabil geblieben. Es kann natürlich sein, dass die Leute Bücher kaufen, aber sie nicht lesen. Aber woher weiß man das schon wieder?
    Ich werde den Eindruck nicht los, dass wir es hier wieder mit der mindestens 2500 Jahren alten Klage der Alten zu tun haben, dass mit der Jugend alles den Bach runtergeht.

  30. Gibt es wirklich eine Verdummung durch smartphones und Co?
    Was im öffentlichen Raum tatsächlich auffällt, ist, daß sich weniger Leute unterhalten, aber ganz ehrlich, hat das nur Nachteile?
    Was ebenfalls nachgelassen hat, ist dieses ganze unerträgliche Geschwätz, das ein Kumpel von mir mal als „verbale Umweltverschmutzung“ bezeichnet hat und das immer genau so laut abgesondert wird, daß man es nicht mehr überhören kann.
    Und das sind dann selten intelligente Einlassungen, sondern meist das übliche Gewäsch über schlimme Ausländer, Arbeitslose, Studenten und sonstige Leute, die „uns“ auf der Tasche liegen und überhaupt die „anständigen“ Bürger belasten.
    Und natürlich der Klassiker aus dem Feierabendverkehr, Kollegen denunzieren, die nicht dabei sind.

    Ich finde, es hat auch Vorteile, wenn da so mancher seinen verbalen Müll in die Tasten kippt, die dummen Nutzer des Digitalen sind eben die Dummschwätzer von gestern, das Potenzial aber bleibt das gleiche.

  31. Vielen Dank an Herrn Greuer, der auf eindrucksvolle Weise deutlich gemacht hat, dass eine wesentliche Ursache dieses rasenden Stillstandes in der Ökonomie zu suchen ist. Er hat damit die Diskussion vom elfenbeinernen Kopf auf die realistischen Füße gestellt.
    Geschäftsmodelle, die nur am „finanzmarktgetriebenen Wertschöpfungsmechanismus“ orientiert sind und in denen „disruptiv“ (Duden: Grob gemustert, zerstörerisch) ein positiv besetztes Schlagwort ist, sind Ausdruck des neoliberalen Irrsinns, der zur Methode gemacht wurde. Wenn dann noch die machtgeile Überwachungswut von Geheimdienstlern dazu kommt, da hilft auch kein Schimpfen wie ein Rohrspatz mit ein bisschen Namedropping, konkretes Handeln ist gefordert.

    Und da gibt es Beispiele:
    Der Student Max Schrems aus Österreich konnte: „konnte mit seiner Klage vor dem Europäischen Gerichtshof das transnationale Safe-Harbor-Abkommen zwischen der EU und den USA beenden, was als starkes Signal für den Grundrechtsschutz in Europa angesehen wird“ (https://de.wikipedia.org/wiki/Maximilian_Schrems)
    Der Grünen-Politiker Spitz hat die Vorratsdatenspeicherung der Telekom veröffentlicht und anschaulich gemacht (http://www.zeit.de/digital/datenschutz/2012-01/malte-spitz-vorratsdatenspeicherung-lebt) und damit einen wertvollen Beitrag zur Aufklärung geleistet.

    Nun hat nicht jeder die Möglichkeit oder Energie aktiv zu werden.
    Aber auch so gibt es eine Reihe persönlicher Maßnahmen. Das geht vom Verzicht auf ein Facebook- oder Twitter-Account über die Nutzung eines Browser Werkzeugs wie „Ghostery“ bis dahin, nicht mehr mit Google sondern mit DuckDuckGo zu suchen.
    Genau so wichtig ist, politisch aktiv zu werden. So kann man befreundete Eltern oder Lehrer über Initiativen wie http://www.klicksafe.de oder „Chaos macht Computer“ informieren oder die Arbeit von bürgerrechtsorientierten Institutionen wie LobbyControl oder Transparency International mit Rat und Tat oder Geld unterstützen.

    Und wenn man zitierte Titel (Welzer, Die smarte Diktatur, ab Seite 240) auch bis zu Ende liest, findet man noch viele weitere wertvolle Hinweise, was getan werden kann.

    Nun kann das alles möglicherweise nicht reichen, um demokratische Strukturen zu erhalten und auszubauen, aber hier noch ein bisschen Namedropping: „Wer kämpft, kann verlieren, wer nicht kämpft, hat schon verloren“(Bertolt Brecht, oder doch Rosa Luxemburg? Wer weiß!)

  32. An Axel Stolzenwaldt:
    So ganz schlau bin ich aus Ihrem Standort/ihrer Haltung in der Digitalisierungsdebatte nicht geworden?
    Mal abgesehen davon, dass Sie mir Pauschalisierung der Probleme und Pessimismus vorwerfen (Pessimisten sind im Lande unerwünscht), loben Sie die technologischen Errungenschaften fast in hohen Tönen, um dann – wie soeben – ob des rasenden Stillstandes „vom Leder zu ziehen“. Habe ich bei „Unser Fortschrittsgedanke läuft in eine völlig falsche Richtung!“ groß etwas Anderes gesagt?
    Wolfgang Geuer hat ja bereits mein Lob abgekriegt.
    Dass nach der Kritik der Digitalisierung, die Frage nach dem, was getan werden kann, folgen sollte, ist kein Dissenz. Nur und trotzdem: Eins nach dem Anderen.
    Zu Harald Welzer habe ich mich bereits geäußert und gesagt, dass er mit seiner Kritik an den „smarten Diktaturen“ in keinster Weise hinter den Berg hält. Dass er darüber hinaus weiterdenkt, also Projekte macht, ist auch bekannt. Ich habe ihn gerade wegen seiner Analysen und seiner Zukunftsideen herausgehoben.
    Dazu muss ich kein Experte der Digitalisierung sein.
    Was will Axel Stolzenwaldt?

  33. Was ich will? Das dürfte beim gründlichen Lesen meiner Beiträge ja ziemlich deutlich geworden sein, hier aber sei es noch einmal ausführlich gesagt:

    Mir geht es vor allem darum, in einer wichtigen Debatte kritisch zu diskutieren. Dabei heißt kritisch, unterscheiden zu können und diese kritische Haltung habe ich vermisst. Herrn Malysseks Sprache ist mindestens im ersten Beitrag apodiktisch und geprägt von einem falsch vereinnahmenden „wir“. Da ist kein Raum für andere Überlegungen und dagegen habe ich mich gewandt.

    Selbstverständlich ist es notwendig, über undemokratische und ausbeuterische Tendenzen, die in der Nutzung der neuen Technologien liegen, aufzuklären und auch praktisch vorzugehen. Und wer meine Beiträge gelesen hat, konnte sehen, dass ich keineswegs, wie Herr Malyssek unterstellt „immer wieder von FORTSCHRITT (spreche)? Bedenkenlos. Lineare Weltvorstellung. Immer weiter.“
    Herr Malyssek hätte meine Beiträge genauer lesen sollen, aber ich kann ihm helfen, wenn er etwas übersehen hat. Ich zitiere mich selbst:
    „Technische Fortschritte, die Menschen helfen können, werden verteufelt, gleichzeitig kommen wirklich gefährliche Entwicklungen und mögliche Strategien gegen Überwachung, fehlerhafte Software, Robotik als Waffentechnologie gar nicht mehr ins Blickfeld, da sowieso alles pauschal gleich miserabel ist.“.
    Und das soll nach Herrn Malysseks ein Lob der „technologischen Errungenschaften fast in hohen Tönen“ sein?

    In meinem Zitat kommt ein weiteres meiner Anliegen ins Blickfeld: Durch vage Andeutungen und Bedrohungsszenarien auf möglichst abstrakter Ebene verbaut man sich und anderen, neue Perspektiven einzunehmen und zu praktischem Handeln zu kommen. Das Ergebnis ist dann Ignoranz gegenüber denjenigen, die sich in der Alltagspraxis gegen Entdemokratisierung und Ausbeutung wehren. Und genau diese Aktivitäten verschiedener Menschen und Institutionen gegen die negativen Entwicklungen habe ich als Beispiele dafür angeführt, dass es wenig hilfreich ist, als Rohrspatz im elfenbeinernen Turm zu schimpfen.

    Und Name-Dropping kann ich auch: „Die Philosophen haben die Welt nur verschieden interpretiert, es kömmt drauf an, sie zu verändern.“ (Karls Marx: Elfte Feuerbachthese)

  34. Da sich in der Diskussion überwiegend Kritiker der Digitalisierung zu Wort gemeldet haben, möchte ich mich in meinem Beitrag auf einige positive Aspekte konzentrieren.
    Digitalisierung im Unterrichtsbereich:
    An meiner Schule wurden vor einigen Jahren komplett die Tafeln durch elektronische Boards ersetzt. Die Möglichkeiten, die man dadurch hat, sind fantastisch. Man kann z.B. eine Power-Point-Präsentation an die Tafel beamen und dann mit einem Stift (also handschriftlich) Eintragungen ergänzen, z.B. ein Bild beschriften. Auch lassen sich einfach Filme oder Hörspiele einbinden. Mittlerweile haben auch die Verlage ihr Programm angepasst, sodass es zu den Schulbüchern digitale Unterrichtsassistenten gibt. Außerdem kann ich Schülerarbeiten (Hausaufgaben, Arbeitsergebnisse etc.) mit Hilfe einer Dokumentenkamera an die Tafel werfen und so gemeinsam mit der Klasse besprechen. Es gibt auch die Möglichkeit die Schüler mit iPads arbeiten zu lassen. Sie können z.B. Trickfilmchen drehen oder im Internet recherchieren. Mit Hilfe der E-Tafeln kann man die Ergebnisse gemeinsam anschauen.
    Digitalisierung von Büchern
    Ich habe ein digitales Lesegerät, auf dem ich Bücher und meine Zeitung lese. Bücher aus Papier kaufe ich nur, wenn es keine digitale Version gibt oder wenn es sich um Kinderbücher handelt. Sehr praktisch ist so ein Lesegerät auch, um fremdsprachige Literatur zu lesen. Ich habe ein englischsprachiges Lexikon installiert und kann auf diese Weise einfach die Wörter, die ich nicht verstehe, anklicken. So wird der Lesefluss nicht gestört.
    Digitalisierung von Archiven
    Hervorzuheben sind auch die Möglichkeiten der Digitalisierung einiger Archive wie z.B. die Digitalisierung zahlreicher Kirchenbücher. Auf diese Weise sind Forscher nicht mehr gezwungen, weite Reisen auf sich zu nehmen, um Mikrofilmaufnahmen zu betrachten. Man kann das jetzt gemütlich am heimischen Bildschirm erledigen. Mit Hilfe von Suchmaschinen lassen sich auf diese Weise auch „tote Punkte“ überwinden.
    Aus meiner Perspektive überwiegen deutlich die Vorteile. Kritisch sehe ich den Aspekt Datenschutz. Ich würde deshalb NIEMALS einem sozialen Netzwerk beitreten, aber auch nicht in einem Blog unter meinem Klarnamen schreiben und private Details veröffentlichen. Das Netz vergisst nichts!
    Der Hinweis auf die Suchtgefährdung vieler Jugendlicher durch ihr Handy ist sicher berechtigt. Darauf lautet in meinen Augen die richtige Antwort: MEDIENERZIEHUNG.

  35. @ Herr Flessner

    Zu ihrer Frage:
    Untersuchungen gibt es einige zum Thema „Kritische Wirkung der neue Medien auf Nutzer“ – das Bild ist sicher nicht abschließen. Zumal der Computer auch zu ganz unterschiedlichen, therapeutischen Zwecken eingesetzt werden kann; auch, um das Konzentrationsvermögen zu verbessern. Indes mehren sich die Hinweise, dass die kritischen Effekte, die im Umgang mit modernen Medien entstehen, aufmerksam verfolgt werden sollten.

    Hinweise finden sie dazu u. a. bei J. Nielsen, der Versuchsreihen mit Informatikern über Wochen durchführte und bei seinen Probanden Webseitenaufenthalte prüfte. Bei genauer Analyse zeigte sich, dass die Probanden nicht lasen, sondern in den meisten Fällen zwischen Schlüsselworten hin und her sprangen.

    In weiteren Befragungen fand N. Baron (University of Washington) heraus, das Bildschirme – wie ich bereits erwähnt habe – zahlreiche Ablenkungen vom Lesen bereitstellen, die bei 9 von 10 Lesern zur Unterbrechung des Textes und zum Abdriften ins Netz führen.

    Neurologen (u. a. M Wolf, Tufts University) befürchten, dass vertieftes Lesen und die damit verbundenen Aneignungsprozesse eines Textes verlernt werde könnte.

    Weitere Hinweise:

    Media Use and Well-Being: New Perspectives on the Risks and Benefits of Media Exposure
    Reinecke et al.
    Published Online: Apr 2016
    Journal of Media Psychology
    Volume: 28, Issue: 2, pp. 94-95

    Brain, Mind, and Media
    Weber
    Published Online: Sep 2015
    Journal of Media Psychology
    Volume: 27, Issue: 3, pp. 89-92

    Wie gesagt, die Forschung ist hierzu nicht abschließend und man sollte auch die Nutzenseite neuer Medien immer im Blick haben. Dennoch sind die von vielen hier beschriebenen Effekte im Arbeitsprozess, in der Freizeit, das Problem der „nicht stofflichen Sucht“ in Verbindung mit Computern, aber auch die Folgen von Crowd-Working und das Auftreten von Plattform-Anbietern auf Tarifsysteme und Arbeitsorganisationen, auf Arbeitsrecht und sich weiter entwickelnde Machtasymmetrie zwischen Unternehmen, Mitarbeitern und Kunden sehr ernst zu nehmen.

    @ Jürgen Masyssek
    @ Axel Stolzenwaldt

    Vielen Danke für die nachdenklichen bis aufmunternden Worte.

  36. @ maat

    Medienerziehung schön und gut. Aber gerade junge Menschen in der Pubertät werden sich wohl kaum vom erhobenen Zeigefinger ihrer Lehrer daran hindern lassen, alles, was man mit dem Smartphone machen kann, auch selbst zu erproben, so oft und intensiv sie wollen.

  37. @ Axel Stolzenwaldt

    Der Begriff „Namedropping“, der ihr Lieblingswort zu sein scheint, war mir bis dato unbekannt, deshalb habe ich es im online-Duden aufgerufen.
    „geschicktes Einflechten von Namen berühmter oder hochgestellter Persönlichkeiten, mit denen man angeblich bekannt ist“.
    Kannten Sie Karl Marx, Rosa Luxemburg und Bert Brecht tatsächlich persönlich?

  38. @Wolfgang Geuer
    Ich beginne zu verstehen, worauf Sie hinaus wollen.
    Natürlich hat der Gebrauch der neuen Medien auch Nachteile. Aber ich habe Mühe, darin Gründe für den Untergang unserer Kultur zu finden.
    Vor 30 Jahren wurde mir von einer Amerikanerin erzählt, dass künftig Ingenieure nur noch zu Hause arbeiten werden und per Internet kommunizieren.
    Doch meine Erfahrungen waren gänzlich anders.
    Wir haben zwar oft diskutiert, dass wir eigentlich auch zu Hause arbeiten könnten und uns einmal in der Woche in der Firma für eine Besprechung treffen könnten. Das Management wollte jedoch das Gegenteil. Wer Emails an viele Leute schickte, konnte als Antwort bekommen, dass der Papst auf dem Verteiler fehle. Wenn man das Projekt wechselte, musste man den Arbeitsplatz wechseln, um in der Nähe der Kollegen zu sitzen. Vor zwanzig Jahren wurden überall Kaffee-Ecken eingerichtet (den Kaffee zahlte die Firma) und es wurde gerne gesehen, wenn man sich dort mit den Kollegen unterhielt.
    In der Einleitung schrieb Bronski:
    „Die Industrie wird menschliche Arbeitskraft nur noch in verantwortlichen Positionen benötigen, da Roboter uns die Arbeit abnehmen;…“. Auf Grund meiner Erfahrung übersteigt dies meine Vorstellungskraft bei weitem.

  39. @Brigitte Ernst
    Laut Wörterbuch Leo hat ’name-dropping‘ auch den Sinn von Wichtigtuerei. Aber vielleicht hätte ich stattdessen Work-Dropping sagen sollen.
    Zur Medienerziehung: Wenn man der Meinung ist, dass die Schülerinnen und Schüler sowieso nur das tun, wozu sie Lust haben und Lehrer und Eltern gar keinen Einfluss darauf habe, dann sollten man jegliche Bemühungen sofort einstellen und den Bildungsauftrag der Schule auf den Müllhaufen werfen.
    Meine Erfahrungen sind andere: Wenn Sie mit Schülerinnen und Schülern in der 7.Klasse eine gut vorbereitete Unterrichtseinheit zum Thema Privatsphäre machen, dann hat das schon Auswirkungen. Natürlich nicht bei allen und immer, so ist nun mal das komplexe Leben. Aber immer noch besser als schon im Vorhinein aufzugeben. Und richtig gutes und viel Material gibt es hier: http://www.klicksafe.de.

    @maat
    Vielen Dank für die sehr lebensnahe Darstellung, Ihre Erfahrungen habe ich auch gemacht. Und ich vermute, dass Sie dadurch nicht die neuen Techniken in den Himmel loben, sondern auch eine kritische Distanz bewahren.

  40. @ Axel Stolzenwaldt

    Ich sprach nicht von Medienerziehung im Allgmeinen und schon gar nicht vom Bildungsauftrag der Schule, sondern von Suchtprävention. Und da habe ich in der Tat Zweifel, ob sich Jugendliche eine für sie offenbar derart lustspendende Tätigkeit wie den Gebrauch des Smartphones oder das Spielen von Computerspielen verbieten lassen, wenn sie rund um die Uhr Zugang zu diesen Medien haben. Jemandem, der Gefahr läuft, alkohol- oder drogensüchtig zu werden, empfiehlt man totale Abstinenz.

  41. @ Brigitte Ernst
    Wenn Sie von Sucht und nicht vom alltäglichen Gebrauch des Smartphones bei Jugendlichen sprechen, gebe ich Ihnen vollkommen recht: Hier hilft tatsächlich nur vollkommene Abstinenz.
    Das Problem ist, eine manifeste Sucht vom übermäßigen Gebrauch zu unterscheiden.

  42. @Wolfgang Geuer
    Nein, haben Sie nicht. Mir fiel bei den hier beschriebenen Horrorszenarien (Machtübernahme der Roboter,militärische Geheimdienste, eine süchtige Jugend, der Mensch als leere organische Hülle, etc.) einfach kein passender Ausdruck ein.
    Ich habe langsam einen Verdacht, warum ich manche Beiträge mehrfach lesen muss, um überhaupt etwas zu begreifen. Ich vermute, dass die meisten hier Lehrer o. ä. sind und ich komme nun mal aus einer anderen Welt.

  43. Gestern wurde noch gewarnt, dass die Digitalisierung 50% der Arbeitsplätze frisst, so heisst es morgen in der FR (Seite 13): „Von wegen digitale Revolution: Trotz technischer Innovationen wächst die Produktivität kaum noch“.

  44. @ Henning Flessner
    So ist das mit der Zukunft, sie lässt sich nicht genau voraussagen. Umso wichtiger ist es, mehrere Szenarien theoretisch durchzuspielen, um Handlungsalternativen parat zu haben. Besser jedenfalls, als sich von der Entwicklung unvorbereitet und hilflos überrollen zu lassen.

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