Ein fast unsichtbarer Elefant steht mitten im Raum

In Brasilien ist UN-Klimakonferenz, Nr. 30 dieser Art. Es wird sich wohl kaum etwas Substanzielles verändern. Die Menschheit wird den Anstieg der globalen Durchschnittstemperatur nicht bei plus 1,5 Grad C begrenzen können.

Die Anzeichen für dieses Scheitern sind in den vergangenen Jahren immer klarer geworden. Es stimmt nicht gerade zuversichtlich, wenn Bundeskanzler Friedrich Merz am Konferenzort Belem davon spricht, dass Deutschland auf Innovation und Technologie setze, um dem Klimawandel Einhalt zu gebieten: „Unsere Wirtschaft ist nicht das Problem, unsere Wirtschaft ist der Schlüssel, um unser Klima noch besser zu schützen.“ Dahinter steckt die Idee von der Wirkungsmacht von Wettbewerb und freier Märkte – also im Prinzip jenes Denken, das seit Jahrzehnten dominiert, ohne zur Lösung des Klimaproblems zu führen. Jeder Mensch kann sich ausrechnen, welche Chancen der Klimaschutz hat, wenn insbesondere der fossilen Energiewirtschaft gestattet wird, den Diskurs zu formen.


Können wir nicht? Wir wollen nicht!

Bei allen Diskussionen im TV und auch in der FR steht immer ein „Elefant“ im Raum, etwas, das nicht angesprochen wird: das Kapital und seine Macht. Die fossilen Brennstoffe, die Basis all dessen, was unsere Technik und unseren Wohlstand ausmacht, sollen ihren Markt erhalten, Kohle, Öl und Gas sollen weiter in großen Mengen gefördert, gehandelt und verbraucht werden, auch wenn es die Erwärmung der Atmosphäre weiter vorantreibt. Dafür ist jedes Mittel recht.

Ich habe viele ausgezeichnete Bücher im Schrank, in denen beschrieben wird, was zu tun ist, um der Klimaerwärmung zu entgehen. Auch hier in der FR gibt es seit Jahren eine Klimaseite mit vielen guten Beiträgen, aber bis jetzt ist mir nur ein Buch untergekommen, in dem Ross und Reiter genannt werden: Claudia Kemfert, „Das Imperium schlägt zurück“.

Allein die Orte, an denen die letzten COPs stattfanden, Ägypten, Dubai, Baku und jetzt Belém: alles Orte mit Öl-Bedeutung.

Hier im Land: Kanzler Merz (ex Black Rock), Wirtschaftsministerin Katherina Reiche (ex Westenergie AG) mit den Plänen, eine ganze Serie Gaskraftwerke zu bauen. Die deutlich preiswertere grüne Energie lässt man liegen. Es heißt, die Chinesen haben in sechs Monaten mehr Solar gebaut als wir in den letzten 25 Jahren.

Können wir nicht? Nein, wir wollen nicht! Es wird mit allen Mittel seit vielen Jahren verhindert. Das ist der Elefant, der bei allen Diskussionen im Raum steht.

Jürgen H. Winter, Schöneck

Der Kredit ist leider weitgehend verspielt

Die Klimabewegung hierzulande ist vor geraumer Zeit falsch abgebogen, nämlich ins Abseits. Erst recht erfolgreich, dann aber immer mehr sektenartiges Verhalten, Festkleben auf größeren Straßen, Eindringen auf verschiedene Flughäfen usw. Ein gutes Beispiel dafür, dass man recht haben kann, aber schiefliegt.

Wenn man dann schiefliegt, schwindet der Einfluss rasant. Das haben Luisa Neubauer, Carla Hinrichs und Carla Reemtsma nicht verstanden. Der Kredit ist weitgehend verspielt, leider. Es hätte deutlicher kommuniziert werden müssen, dass wir uns retten müssen. Da wäre eine Mehrheit anschlussfähig gewesen. Viele wollen und können „Klima“ und „CO2-Einpreisung“ nicht mehr hören, so richtig es sein mag. Bezahlbarer Wohnraum: Auch das will niemand mehr hören. Wir hören das seit mindestens zehn Jahren; das Gegenteil ist geschehen.

Es ist viel Verdruss entstanden, der leider nicht schnell überwunden werden kann. Damit hat der Bundeskanzler zu kämpfen – nicht nur er.

Gerhard Bayer, Ludwigshafen 

Klimaschutz hilft Wohlstand sichern

Ein CO2-Preis über 200 Euro pro Tonne würde hohe Verbräuche verteuern, uns aber insgesamt mehr Geld im Eurokreislauf halten. Also: Klimaschutz hilft Wohlstand sichern! Gesunde Umwelt und mehr Frieden für die Kinder sind es wert. Wie bestimmen uns Gewohnheit und Bequemlichkeit? Als Gesellschaft, Kirche, Staat sowie persönlich ist man demokratisch mitverantwortlich, denn jeder (Nicht-) Kauf zählt. Beispielsweise kann man bei der Sanierung vorsorgen mit über 35 cm Wärmedämmung, das spart Heizkosten plus Heizungsneukauf alle 30 Jahre. Konkret ist auch das Fahrrad nutzbar sowie E- und noch Verbrenner-Autos unter 3,9 Liter auf 100 Kilometer, unter ein Liter pro Sitz.

Johannes Laubrock, Aurich

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7 Kommentare zu “Ein fast unsichtbarer Elefant steht mitten im Raum

  1. Ich glaube, vor einiger Zeit stand in der FR eine Rezension über das Buch von Harald Welzer „Klimakriege“. Welzer geht darin auch auf den psychologischen Verständnisansatz „shifting baselines“ ein, d. h., dass „Menschen immer jenen Zustand ihrer Umwelt für den ‚natürlichen‘ halten, der mit ihrer Lebens- und Erfahrungszeit zusammenfällt“ (2024, 214). Dabei spielen Zeiträume bzw. die Erinnerungsfähigkeit eine Rolle, was ökologische Veränderungen betrifft, geht Welzer vom Zeitraum einer Generation aus, also 30 Jahre. Bei der aktuellen Wehrpflichtdebatte ist dieser Zeitraum merklich kürzer (Beginn mit dem Interview eines Bundeswehradmirals vor ein paar Jahren), wobei die weitverbreitete Unfähigkeit in diesem Land sich zu erinnern, eine bedeutsame Rolle spielt. Also von keine Wehrpflicht hin zu einer Debatte darüber, die führt dazu, dass nur noch das Wie aber nicht mehr das Ob diskutiert wird. Weiter geht es mit ständig steigenden Zahlen bzgl. „notwendiger“ Soldaten. Ergänzt durch so bemerkenswerte Äußerungen wie (sinngemäß) wird leben nicht mehr im Frieden im Bezug auf Drohnenangriffe etc. Trotz des notorisch kurzen Gedächtnisses erinnern wir uns oder sollten wir uns erinnern an die Ausführungen von Christopher Clark in seinem Buch „Die Schlafwandler“. Er beschreibt, wie Europa in den ersten Weltkrieg schlidderte. Wir erinnern uns (?) an Paul Watzlawicks Erklärung des Wettrüstens (in Menschl. Kommunikation). Jeder sieht immer nur den letzten Schritt des „Gegners“, auf welchen er dann reagiert usw. Finden sich also Parallelen zu 1914? Werden wir Schafe von Schlafwandlern in den Krieg geführt? Oder sind es gar keine Schlafwandler? Haben wir es gar mit Kriegstreibern zu tun? Wäre es jetzt nicht mal an der Zeit inne zu halten, sich zu erinnern und ernsthaft zu konferieren und nicht ein ineffektives Sanktionspaket nach dem anderen zu beschliessen? Also back to the baseline. Kein Krieg mehr in Europa. Besonders die Deutsche Nation trägt da Verantwortung.

  2. Moin zusammen,

    „Bronski“ schreibt: „Die Menschheit wird den Anstieg der globalen Durchschnittstemperatur nicht bei plus 1,5 Grad C begrenzen können.“

    Theoretisch schon. Es kömmt darauf an, Wissen in Praxis umzuwandeln. Dies aber bekämpfen die Überreichen mit ihrer bestens ausgestatteten Lobby-Truppe. Ihr krankhafter Hunger nach noch mehr Reichtum läßt sich nie stillen. Ihre Gier zerstört letztlich alles.

    Und da liegt zugleich der Weg zur Lösung des Problems: Rückverteilung der Güter von den Überreichen zu den Ärmeren. Der asoziale Neoliberalismus muss enden zugunsten der bewährten (öko-)sozialen Marktwirtschaft und one-man-one-vote-Demokratie.

    Gruß an Herrn Laubrock aus Sandhorst (einem Stadtteil von Aurich)

  3.  
     
    Auch die Klimakonferenz in Belém bringt kein Ergebnis, das auch nur annähernd der sich entwickelnden Klimakatastrophe gerecht wird. Wie auch? Nach wie vor diktiert die Konkurrenz von mächtigen nationalen Einzelinteressen die Richtung der globalen Entwicklung. Diese Nationen vertreten die Interessen der Industrien und Konzerne, auf deren Reichtum schließlich ihre Macht basiert. Kapitalismus als Imperialismus. Wachstum wird weiterhin schamlos ganz selbstverständlich als Ziel geführt. 
    Der „Zusammenbruch unserer Zivilisation“, wie es Rupert Read  2020 benennt,  ist nicht mehr abzuwenden, weil mit einer globalen Notbremsung nicht zu rechnen ist. Es geht nicht mehr um das ob, sondern um das wann und wie des Zusammenbruchs. Die Ignoranz an den Schalthebeln der Macht, aber auch in den Medien gegenüber wissenschaftlich erhobenen Daten zu den Kipppunkten löst bei mir Wut und Fassungslosigkeit aus. Was bleibt, ist die beschämende Hoffnung, aufgrund des Alters selbst vielleicht vom Schlimmsten verschont zu bleiben.
     

  4. Nun ist sie also vorbei, die Versammlung, die dazu beitragen soll den Klimawandel zu begrenzen oder ihn gar zu stoppen. Und was hat sie gebracht? Nicht viel, nicht mal den Tropfen auf den heißen Stein. Das Geschäftsmodel der fossilen energiefördernden Staaten hat mal wieder gesiegt. Einzig Norwegen und einige wenige andere Staaten haben einen kleinen Beitrag zum Erhalt der wichtigen tropischen Regenwälder geliefert. Ein moderner Ablasshandel halt.
    Und was tut das reiche Deutschland als großer Energieverbraucher sonst noch außer eine überschaubare Summe zu spenden? Nicht viel! Dabei wäre es so einfach und könnte andere Staaten mitziehen. Ganz ohne einen Cent konnte sofort eine Geschwindigkeitsbegrenzung auf Autobahnen eingeführt werden, wie es die Mehrheit der Deutschen wünscht.
    Mit einem Wiedervernässen der Moore und einer Erweiterung der Auen der Fließgewässer wäre schon viel getan. Auch Deutschland musste schmerzlich erfahren, dass es nicht von selbstgemachten Umweltkatastrophen verschont bleibt. Die Toten der Ahr- und Erfttalüberschwemmungen können nicht einfach weggelächelt werden. Wir Wahlbürger, als der Souverän Deutschlands, müssen unseren Stellvertretern in den Parlamenten klarmachen, dass es so nicht weitergehen kann und eine Veränderung der Prioritäten einfordern.
    Wie können wir von Anderen verlangen ihre Urwälder zu schützen, obwohl wir schon lange unsere Urwälder gegen Fichtenplantagen und Maisfelder eingetauscht haben. Wie können wir von andern verlangen Natur zu schützen, obwohl nur ein winzig kleiner Teil unseres Landes als Schutzgebiete ausgewiesen sind. Von unseren Politikern hört man nur die Worte Wirtschaft, Wirtschaft, Wirtschaft. Schon Krösus musste erkennen, dass man Gold nicht essen kann. Unser Bundeskanzler müsste sich mal überlegen, ob er eine Politik für die Bürger macht. Dann könnte er als erster richtiger Klimakanzler in die Geschichte unseres Landes eingehen.

  5. zu @ Michael Körber
    Hallo Herr Körber, sie schätzen die Mehrheiten in D. völlig falsch ein. Es ist kein Zufall das Union und AFD zusammen klar über 50% in allen Umfragen und Wahlen liegen. Diese Mehrheit muss nur noch aktiviert werden und das ist gerade im Gange. Eine klare Mehrheit der Deutschen möchte von Klimawandel nichts mehr hören und wählt ihn einfach ab. Das wird einige Jahre anhalten und es wird spannend was danach kommt.

  6. Hallo Bronski,
    schön dass der blog wieder funktioniert.
    Ich fürchte der Zuschrift von Hans muss man zustimmen. Es sind eher 60 Prozent der Bürger dieses Landes, es ist grauslich. Die Dummheit regiert. Glaubt man wirklich, dass die vielen Gaskraftwerke der Wirtschaft einen Schwung geben ? Das dauert doch alles viel zu lange. Wie lange braucht es bis die nächste Katastrophe kommt ? Wie wird sie aussehen ? Damit konnte man doch nicht rechnen heißt es dann.Wie lange wird es noch dauern, bis die Menschheit endlich begreift, dass die aufgehäuften Probleme ohne radikaleMaßnahmen nicht mehr zu lösen sind ? Die wenigen Leute auf den Inseln wissen worum es geht. Der Rest der Welt ist offensichtlich zu dämlich. Der Elefant lässt grüßen.

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