Am 23. Juni könnte es passieren, dass die Falle zuschnappt, die der britische Premierminister David Cameron sich selbst gestellt hat: Die Briten könnten sich in einem Referendum für einen Austritt aus der Europäischen Union entscheiden, für den „Brexit“. David Cameron hatte dieses Referendum schon vor langem in Aussicht gestellt, zunächst aber für das Jahr 2017 angekündigt. So lange müssen wir uns nun glücklicherweise nicht mit diesem Thema ärgern: Schon in vier Monaten wird Klarheit hergestellt. David Cameron hat jüngst auf einem EU-Gipfel ein paar Zugeständnisse für Großbritannien herausgeholt, die ihm dabei helfen sollen, das Vereinigte Königreich in der EU zu halten.
Doch wie sieht’s aus? Aus den Umfragen scheint mehrheitlich eine Pro-EU-Haltung der Briten zu sprechen: Zwischen 40 und 48 Prozent halten die Mitgliedschaft Großbritanniens in der EU für vorteilhaft, um die 30 Prozent wollen raus, der Rest ist bisher unentschieden. Das Rennen ist also durchaus offen. Eines lässt sich aber jetzt schon sagen: Sollten die Briten für einen Austritt stimmen, brechen ungewisse Zeiten für das Land an. Aus politischen Gründen, weniger aus wirtschaftlichen; denn was die Wirtschaft betrifft, werden sicher Lösungen gefunden werden, um die Schockwellen abzumildern. Auch die für die EU. Denn dann würde der europäische Binnenmarkt plötzlich um die fünftgrößte Volkswirtschaft der Welt kleiner. (Dass die Londoner „Finanzwirtschaft“ einen erheblichen Teil zum britischen BIP beisteuert, sei hier eine Nebenbemerkung.) Den weitaus größten Teil seines Handels wickelt das Vereinigte Königreich mit europäischen Ländern ab. Bei den Importen ist Deutschland der wichtigste Handelspartner. Würde die EU plötzlich um 65 Millionen Menschen kleiner, bliebe dies also auch für Deutschland nicht folgenlos, denn der Handel würde komplizierter. Aber natürlich nicht unmöglich.
Die politischen Folgen wären womöglich weitreichender: Im Fall eines Ja für den Brexit im Referendum könnten die Schotten erneut über ihre nationale Unabhängigkeit abstimmen. Ähnlich wie die Nordiren sind sie deutlich pro-europäisch eingestellt und wollen in der EU bleiben. Das würde bedeuten, dass das Vereinigte Königreich zerfallen könnte. Dann würde sich ein Trend verstärken, der auch in anderen Teilen Europas — siehe Katalonien — immer stärker zu werden scheint: Angesichts komplizierter globaler Zusammenhänge sehnen sich die Menschen nach überschaubaren Verhältnissen. Von diesem Trend sind auch die Engländer nicht frei, die mit 54 Millionen Menschen den größten Bevölkerungsanteil am Vereinigten Königreich haben. Manche von ihnen wollen schlicht zurück in die glorreichen Zeiten des Empire und pflegen einen entsprechenden Nationalismus. Man muss kein Zukunftsforscher sein, um prognostizieren zu können: Solche Kleinstaaterei passt nicht nur nicht in unsere Zeit, sondern sie kann regelrecht gefährlich werden. Das wird deutlich beim Thema Terrorismus- und Kriminalitätsbekämpfung, die ohne internationale Verzahnung nicht funktioniert. Und: Je kleiner ein einzelner Staat ist, desto leichter kann er zum Spielball multinationaler Konzerne oder von Börsenspekulanten werden.
Davor bietet die Union Schutz. Doch dafür fordert sie etwas: Kompromisse. Man muss sich absprechen. Und je enger die Beziehungen werden, desto komplexer wird die Sache, und desto stärker wird der Eindruck bei den Menschen, von der EU fremddominiert zu werden. Ein zentralistischer Gigant wie die EU-Kommission und ihre nachgeschalteten Behörden wird solche Vorbehalte fast naturgesetzlich in dem Maß weiter verstärken, je weniger er sich um die Befindlichkeit der Bürgerinnen und Bürger scheren muss. Hier ist tatsächlich Kritik an der EU geboten: Ihre Führungsebene ist — abgesehen vom EU-Parlament — nicht demokratisch legitimiert, sondern wird von den Regierungschefs eingesetzt (und dann im Fall des Kommissionspräsidenten vom Parlament bestätigt). Diese Personalfragen sind häufig Ergebnis komplizierter Kompromisse. Auch in dieser Hinsicht hadert das Königreich mit der EU: David Cameron hat seinerzeit den Kommissionspräsidenten Jean-Claude Juncker mit allen Mitteln zu verhindern versucht. Er war damit ziemlich isoliert.
Ach, die Briten! Ihr Wunsch nach mehr Selbstbestimmung ist nur zu verständlich, aber es ist eine Selbsttäuschung zu glauben, ohne die EU ginge es Großbritannien besser. Das Gegenteil ist wahr: Ohne Großbritannien ginge es der EU besser. Die Briten haben sich wieder und wieder als Bremser der europäischen Entwicklung geriert. Sie wollen keine zentralistische politische Union, sie wollen ein Europa der Vaterländer, wie es einst schon Charles de Gaulle propagiert hatte. Doch schon de Gaulle hat dennoch — also wohl gegen seine Überzeugung — für ein Europa der enger werdenden nationalen Verzahnung gestimmt. Diese beiden Ideen widerstreiten heute noch miteinander, der Grundkonflikt ist nicht gelöst und bricht jetzt wieder in der Brexit-Frage auf. Denn wenn man ein zusammenwachsendes Europa will, bleibt es nicht aus, dass die Nationen Einfluss an die Zentrale abgeben müssen.
Man kann dies beklagen. Man kann aber auch versuchen, die Konsequenzen daraus zu ziehen. Das britische Referendum ist ein solcher Versuch. Ich persönlich würde den Briten keine Träne nachweinen. Ohne sie wäre die EU heute wahrscheinlich viel weiter auf dem Weg der wirtschaftlichen und politischen Integration. Ohne sie hätten wir auch all die Debatten über ein „Europa der zwei Geschwindigkeiten“ nicht durchmachen müssen, die ja nur entstanden, weil Großbritannien andauernd auf der Bremse stand, während andere Staaten vorangehen wollten. Ohne die Briten hätten wir wahrscheinlich eine stringentere EU-Außenpolitik. Dass sich die EU derzeit durch die Flüchtlingsfrage in der Krise befindet, ist meines Erachtens unter anderem eine Folge davon, dass die britische Bremserei ihre Integration verschleppte.
Also: Die Briten sind an allem schuld? Nein, natürlich nicht. Aber das Brexit-Referendum ist in jedem Fall zu befürworten. Es wird Klarheit herstellen: In einer demokratischen Entscheidung werden die Briten sagen, was sie mehrheitlich wollen. Das bedeutet, dass die Karten jetzt auf den Tisch gelegt werden müssen: Was bringt die EU den Briten, was verlangt sie ihnen ab? Nutzt sie oder schadet sie mehr? Im Wahlkampf vor dem Referendum wird eine Art Bilanz gezogen. Ich würde sagen: Die Briten sind gut beraten, gegen den Brexit zu stimmen. Aus EU-Sicht aber wäre es nicht schade, wenn Großbritannien ausschiede. Auch wenn ich jetzt schon die Klagen am Wahlabend höre: Dies ist ein schwarzer Tag für Europa … So sagt es schon jetzt FR-Korrespondentin Barbara Klimke in ihrem Kommentar „Kaum zu verkraften“ (Print-Überschrift).
Sigrid Weber aus Frankfurt:
„David Cameron will „die anderen um Niederknien zwingen“, berichtet der HR. Wenn man ihn damit durchkommen lässt, dann Gute Nacht, Europa. Zu viele Extrawürste hat das ehemalige Weltreich schon bekommen. Jetzt ist man Mitglied in einer Union unter Gleichen – gewöhnt Euch endlich dran – oder lasst es.
Es muss endlch Schluß damit sein, dass jeder, der mit Erpressung droht, das Beste für sich dabei heraus holen kann. Das haben früher die Dänen mit ihrem „Nej“ zum Maastricht-Vertrag auch schon bekommen. Es muss aufhören mit der Rosinenpickerei.
Die Briten machen nicht mit in der Schengen-Zone und „selbstverständlich“ schon gar nicht beim Euro. Sie blockieren ständig alle Entscheidungen. Als „Belohnung“ bekommen sie seit 30 Jahren und Maggie Thatchers „I want my money back!“ einen riesigen Beitragsrabatt von 3,6 Mrd € und zuletzt nochmals 200 Millionen dazu, so dass sie jetzt nur noch 4,9 Mrd € bezahlen. Das ist nur wenig mehr, als die Niederlande (4,7 Mrd.).
Zum Vergleich die Zahlen von Eurostat: Der größte Nettozahler pro Kopf ist nicht Deutschland 191,9 €, sondern die Niederlande mit 279,9 €, GB 76,6. Was ist daran gerecht?
Deutschland zahlt zwar mit 15,5 Mrd. den insgesamt größten Beitrag in die EU-Kasse, dennoch: gemessen am Anteil des BIP liegen die NL mit 0,71 % vor der BRD mit 0,52% und GB liegt an 10. Stelle mit 0,23 %.
Mit Verlaub, Frau Klimke, ich glaube, wir können auf diesen „verlässlichen Netto-Beitragszahler“ gut verzichten. Wo steht denn in Stein gemeißelt, dass der deutsche Finanzminister automatisch den britischen Anteil am EU-Haushalt übernehmen muss, sollte sich GB aus der EU verabschieden? Da gibt es auch noch andere Möglichkeiten: Zunächst wird damit der EU-Haushalt kleiner und alle müssen sich bescheiden. Allen voran die östlichen Mitglieder, die keine Flüchtlinge aufnehmen wollen, z. B. Polen, das mit 13,7 Mrd. den größten Anteil der Netto-Empfänger bekommt.
Es wäre schön, wenn die Briten in der EU blieben, aber nicht um jeden Preis. Falls sie sich nicht in die Gemeinschaft einordnen können oder wollen, dann: Fare well, Britain! Aber ohne Privilegien wie Norwegen oder die Schweiz – eine privilegierte Partnerschaft wäre eine Möglichkeit. Ein Unterschied muss unbedingt spürbar sein, sonst kommt morgen schon der nächste auf „dumme“ Gedanken.“
Sigurd Schmidt aus Bad Homburg:
Selbst wenn sich die britische Bevölkerung am 23. Juni d.J. mit einer möglicherweise nur ganz knappen Mehrheit für den Verbleib des Vereinigten Königreiches in der EU aussprechen sollte, würde das UK doch auf lange Zeit in der Europafrage zutiefst gespalten bleiben. Dies würde für die „Insel“ wirtschaftlich einen enormen Standortnachteil in sich bergen, wobei die Schottlandfrage dabei noch gar nicht berücksichtigt ist. Für die EU insgesamt hat die von David Cameron erzielte Sonderstellung des UK einen nicht zu unterschätzenden ideologischen Nachteil. Denn die in den Römischen Verträgen von 1957 schriftlich fixierte Langfrist-Vision einer „immer enger werdenden europäischen Union“ wäre gewissermaßen ausgehebelt.
Die übrigen 27 EU-Mitglieder kommen – gleichgültig wie das britische Referendum ausgeht – jetzt nicht mehr darum herum, endlich auf einen EU-Konvent über den konkreten Inhalt des Prinzips „Subsidiarität“ zu diskutieren. Denn selbst im immer eher EU-freundlichen Deutschland werden die Stimmen immer lauter, die der EU-Kommission in Brüssel einen Hang zum Zentralismus vorwerfen, der mit dem bundesrepublikanischen föderalistischen Staatsaufbau nicht vereinbar ist. Übrigens muss unbedingt auch die nicht gerechtfertigte materielle Ausstattung der EU-Beamten und Angestellten – vor allem was die Netto-Bezüge anbelangt – unter die Lupe genommen werden.
Zwar ist die Krise um den Euro – was keineswegs nur das Thema Griechenland betrifft – noch nicht wirklich vom Tisch. Aber die Migrations-Krise beherrscht gegenwärtig die gesamte EU-Agenda. Nachdem Angela Merkel mit einer gesamteuropäischen Verteilungslösung der Migranten eindeutig gescheitert ist, wird Deutschland nicht darum herum kommen, seine physischen Außengrenzen zu den östlichen und südöstlichen Nachbarstaaten wesentlich stärker abzusichern. Dies ist – anders als die Bundeskanzlerin es sieht – technisch und personell sehr wohl möglich. In der Öffentlichkeit der einzelnen EU-Mitgliedsländer wird die weitere Zukunft Europas kontrovers diskutiert. Allerdings verdichten sich die Reihen derer, die nun eine weitere Institutionalisierung des Komplexes : „Das Europa unterschiedlicher Geschwindigkeiten“ prognostizieren. So könnte es beispielsweise zu einem Kerneuropa kommen, bestehend aus Frankreich, Deutschland, Italien, Spanien, Portugal, Österreich und den Benelux-Staaten ?? Aber auch die baltischen Staaten, Finnland und Slowenien könnten sich entschließen, dem Kerneuropa zuzugehören.“
Winfried Kallabis aus Dieburg:
„Der mögliche Austritt Großbritanniens aus der EU („Brexit“) war das beherrschende Thema für mehrere Tage. Auch die FR berichtete jeweils auf mehreren Seiten darüber.
Als Beispiel sei der Kommentar von Barbara Klimke „Kaum zu verkraften“ in der FR vom 17.2. herangezogen: Er setzt sich vehement für das Verbleiben Großbritanniens in der EU ein – so wie fast alle Beiträge. Aber die Frage muss gestellt werden, warum eigentlich soll das Land in der EU bleiben – wer hat Nutzen davon? Seit Anbeginn der EU-Mitgliedschaft hat „Great-Britain“ Sonder- und Ausnahmeregelungen für sich beansprucht und durchgesetzt. Die könnten einem kleinen oder schwachen Land zugestanden werden, nicht aber einem der wirtschaftsstarken Partnerländer! Soweit mir bekannt, trägt „GB“ bis heute weniger zum EU-Haushalt bei, als es seiner Wirtschaftskraft entspricht.
Auch wollte das Insel-Land nie wirklich dazugehören, wenn es um die Weiterentwicklung Europas ging. Hinzu kommen die starken Bindungen an die USA (Stichwort als Beispiel Abhörskandal – mit den USA und einigen anderen gegen Länder Europas gerichtet!). Durch diese USA-Bindung werden oft europäische Eigenlösungen blockiert. Besonders herausgestellt werden von den Warnern die wirtschaftlichen Folgen eines Brexits – das wird (linteressengesteuert) aufgebauscht. Dabei wären die wirtschaftlichen Einschnitte für Deutschland eher gering – vor allem aber: Großbritannien würde gar nicht aus einem gemeinsamen Binnenmarkt aussteigen, sondern – ähnlich wie die Schweiz oder Norwegen – wirtschaftlich mit dabei bleiben wollen und entsprechende Verträge mit der EU aushandeln. Alles andere wäre auch aus englischer Sicht Dummheit.
Großbritanniens wirtschaftlich mit dabei, aber endlich keine Mitsprache mehr als Bremser in der EU! Von der momentanen Krise mal abgesehen – es kann kaum Besseres für Europa geben!
Sigrid Weber hat völlig recht und detailliert aufgelistet, wie England seit seinem Beitritt 1973 in die damalige EWG immer nur von der Mitgliedschaft profitiert hat, ohne selbst auch nur das Geringste zur Gemeinschaft beizutragen.
Schon de Gaulle war aus guten Gründen gegen einen Beitritt Englands zur EWG. Der Beitrittsantrag geschah seinerzeit nach dem Verlust der Kolonien, die nicht mehr ausgebeutet werden konnten; deshalb musste die EWG als Ersatz her.
Und sogleich erhielt England einen Beitragsnachlass. Für England gilt die EU nur als Freihandelszone, von der man profitiert, weder die Währung, noch das Rechtsfahrgebot oder das metrische System werden mitgemacht.
Und dann wollte England nicht einmal die Urteile des Europäischen Menschenrechtshofes gegen sich gelten lassen. Dann soll Cameron doch gleich mit Kaczinsky, Orban und Erdogan eine eigene Staatengemeinschaft der Menschenrechtsverächter gründen!
@ P. Boettel
England hat 1971 auf das metrische System umgestellt. Ich habe tausende Seiten von englischen Spezifikationen gelesen und die waren alle metrisch. In der Kneipe mag es noch anders sein.
Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat übrigens nichts mit der EU zu tun.
Das Problem UK und EU ist vielschichtiger.
Ist das Thema bei einem positiven Volksentscheid für die EU erledigt? Vermutlich nicht. Die gemachten Zusagen müssen ja noch vom Europäischen Parlament bestätigt werden.
Die Versuchung, mit der Drohung des Austritts bei nächster Gelegenheit wieder ein paar Rosinen zu picken, wird bleiben.
Was passiert jedoch bei einem Austritt? UK möchte sicherlich den Zugang zum gemeinsamen Markt behalten. Sonst schliddert UK vermutlich in eine wirtschaftliche Schieflage. Das Land hat jetzt bereits das grösste Handelsbilanz-Defizit Europas.
Was Teilnahme am Binnenmarkt bedeutet, kann man an den Fällen Schweiz und Norwegen sehen. Man kann nur am Markt teilnehmen, wenn man die Marktregeln (= das Europäische Recht) akzeptiert. Da das Europäische Recht noch in der Entwicklung ist, kommt es häufig zu Änderungen. Alle Marktteilnehmer müssen das Recht übernehmen. Norwegen hat sich bereit erklärt, Änderungen des Europäischen Rechts immer automatisch zu übernehmen.
Die Schweiz ist den Weg der Bilateralen Verträge gegangen. Dies ist ein grosses Vertragswerk (angeblich über 100 Verträge). Bei jeder Änderung des europäischen Rechts muss überprüft werden, ob diese Verträge tangiert sind und die Verträge sind entsprechend anzupassen. Dies ist ein grosser bürokratischer Aufwand. Am Ende übernimmt die Schweiz das europäische Recht, aber nicht automatisch. Das Ergebnis ist jedoch das Gleiche.
Bei einem Austritt wäre UK also praktisch ein Mitglied ohne Stimmrecht. Eine typisch englische Erfindung: das Eigentor.
zu H. Flessner. Wie in mehreren anderen Blogs so auch hier habe ich versucht, herauszubekommen, wofür Sie stehen und was Sie eigentlich sagen wollen. Bronski hatte mich deswegen schon ein- bzw. ausgebremst. Da Sie auf nahezu alle Gegebenheiten eine passende Antwort zu haben scheinen, wäre es m.E. sinnvoll, die Vorteile eines Verbleibes bzw. eines Austrittes von UK in/aus der EU gegenüberzustellen. Meines Erachtens sollten die Sonderwürste für UK nicht gegeben werden und was den Finanzplatz London angeht; eine neue Finanzkrise bzw. das ruinöse Arbeiten der Bonijäger „ohne“ Transaktionssteuer – das bekommen deren Kollegen in Frankfurt und Paris ganz alleine hin; dazu brauchen die London nicht. Über konkrete Beispiele würde ich mich freuen.
Na sehen Sie, Herr Niewiem, es geht doch. Bleiben Sie einfach immer schön freundlich, zumindest aber sachlich. Vielen Dank.
@ U. Niewiem
Wofür ich stehe? Dummerweise habe ich die richtige Schublade für mich noch nicht gefunden. Auf jeden Fall habe ich kein manichäisches Weltbild. In meinen Augen ist die Welt weder weiss noch schwarz, sondern grau. Genauso verhält es sich mit UK und EU. Ich bin ein glühender Anhänger eines vereinigten Europas und möchte daher gerne alle Staaten Europas dabeihaben.
Von der EU ausgesehen ist ein Austritt schlecht und gut zugleich. Schlecht, weil die EU geschwächt wird, gut, weil ein Bremser weg ist.
Ob und unter welchen Bedingungen das große Britanien in der EU bleiben wird – werden wir rechtzeitig erfahren.
Ich nehme mal an, auf den Ablauf meines Lebens wird es wenig Einfluss haben. Da mache ich mir keinen schweren Kopf.
Für den Eurpa-Gedanken von einst wäre ein Austritt nicht so gut, wegen eventueller Nachahmer.
Es wird sich m. E. ein Kerneuropa bilden, das dann wirtschaftlich gut dasteht,und dann hoffenlich nur solche Staaten hinzunimmt, die wirklich dazu passen.
Werner.h
Was wäre denn Ihr Kriterium für Staaten, die zu einem Kerneuropa passen?
zu Henning Flessner:
Es mag ja stimmen, dass das UK inzwischen das metrische System eingeführt hat, aber die weiteren Sonderheiten bestehen immer noch.
Bezüglich des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte stimmt es zwar, dass dieser eine Institution des Europarates ist; jedoch hat Cameron im Jahre 2014 als eine von sieben Bleibebedingungen in der EU gefordert, dass dieser Gerichtshof sich stärker zurückhalten müsse. Also keine Menschenrechtsverletzungen mehr verurteilen? Diese Menschenrechtskonvention hat auch England im Jahre 1998 kodifiziert (https://de.wikipedia.org/wiki/Europ%C3%A4ischer_Gerichtshof_f%C3%BCr_Menschenrechte#Vereinigtes_K.C3.B6nigreich). Es ist zwar unstrittig, dass sich etliche Mitglieder des Europarates (z.B. Türkei, Polen, Ungarn, Russland) nicht an die EMRK halten, aber sie wollen wenigstens keine Ausnahme bilden wie z.B. Weißrussland.
Aber auch die EU hat 2000 in Nizza eine Charta der Menschenrechte beschlossen, die die in der EMRK enthaltenen Rechte noch modifiziert. Wenn sich das UK schon nicht an die EMRK halten will, umso weniger dann an die Charta der EU. Schließlich gilt die Anerkennung dieser Charta als Voraussetzung zur Aufnahme in die EU, dann sollte sie erst recht für die Mitglieder (natürlich auch für die Visegrad-Staaten) gelten!
Auch hat der frühere britische Justizminister angekündigt, man werde die Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte nur noch als „Beratungsinstanz“ betrachten.
zu Bronski: klar, geht! Aber draufhauen macht viel mehr Spass und im Übrigen merken es die meisten Leute nur, wenn man mit der großen Klatsche zuschlägt – leider.
Zu H. Flessner. Danke, jetzt habe ich Sie verstanden. Bronski würde sagen „man muss sich nur Mühe geben“. Ihre Antworten sind wie die der Politiker zu sehen / lesen: ausweichend und ziemlich nichtssagend, dass man sich bei jeder Replik wieder so drehen kann, wie man es benötigt. Ich werde es in Zukunft lassen, auf Ihre Kommentare zu antworten – auch wenn es mich zerreisst. Grüßle sendet U.N.
@ Henning Flessner
Ich beantworte mal Ihre Frage aus meiner Sicht.
Die Grundvoraussetzungen für ein Zusammenpassen sind
1. dass die überwiegende Mehrheit der Bevölkerung des jeweiligen Staates der EU auch angehören MÖCHTE,
2. dass sie bereit ist, sich den allgemeinen Regeln zu unterwerfen und sich nicht nur die Rosinen herauspicken will.
Voraussetzung 2 wird von GB nicht erüllt, das Weitere wir das Referendum zeigen.
Prima so, Brigitte Ernst, das meine ich auch, und das gilt für England ebenso wie für die Visegrad-Staaten.
P. Boettel
Ich habe bisher geglaubt, dass nur einige Journalisten und Kommentarschreiber den Europäischen Gerichtshof in Luxemburg mit dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Strassburg verwechseln. Dass das auch einem englischen Premier passiert, ist jedoch peinlich. Immerhin haben es seine Berater wohl gemerkt, denn in den endgültigen Forderungen taucht dieser Punkt nicht mehr auf.
U. Niewiem
Schade, dass Sie nicht mehr mitmachen wollen.
Sich in einer Zeit, wo jeder gern mit grosser Klatsche, wie Sie es nennen, auf die EU einprügelt und sie womöglich noch für die eigenen Schweissfüsse (Martin Schulz) verantwortlich macht, sich als glühender Anhänger dieser Institution zu outen, halte ich nicht für «ausweichend und ziemlich nichtssagend“, sondern ziemlich mutig.
Zum Thema Kerneuropa gibt es im besten mir bekannten Europa-Blog eine ausführliche Darstellung der Probleme mit dieser Lösung:
http://www.foederalist.eu/
Henning Flessner,
25.Feb. 21:04h
Das Kerneuropa müsste sich dann herausbilden, wenn Europa in seiner jetzigen Form „zerfallen“ sollte. Da jetzt schon Kriterien festlegen zu wollen, ist schier unmöglich.
So wie es Sigurt Schmidt in seinem Leserbrief anschneidet, könnte ich mir das vorstellen.
Ihr empfohlener Link „foederalist.eu“ beschreibt ja die Schwierigkeiten.
Gedankenspiele – wie fast alles, was wir hier tun.
Schon Helmut Schmidt hat in seinem Buch „Außer Dienst“ vor über 10 Jahren angesichts der übereilten Erweiterung der EU auf 28 Länder die Herausbildung eines Kerneuropas vorhergesagt: Dies könnte evtl. aus den fünf nördlichen Gründungsmitgliedern und den skandinavischen Mitgliedern bestehen. Ursprünglich hätte ich noch Österreich hinzugerechnet, aber dies tendiert zu den Visegrad – Staaten. Und Südeuropa (Griechenland, Italien, Portugal, Spanien) wird abgehängt. Näheres werde ich in meinem „Aufsatz“ konkretisieren, der noch in Arbeit ist.