Zum Kommentar Risiken und Nebenwirkungen, in dem sich Hans-Georg Schröter mit der Leitzinserhöhung der EZB befasst, meint FR-Leser Dr. Wilbert Himmighofen aus Bonn:
„Der Kommentar macht die Grenzen, ja die Gefahren einer restriktiven Geldpolitik in der aktuellen wirtschaftlichen Situation sehr deutlich. Sind es doch nicht eiine erhöhte Liquidität und gestiegene Binnennachfrage, die die Preise treiben, sondern vor allem die Verknappung und Verteuerung des Angebots auf dem Weltmarkt von im wesentlichen zwei Produktgruppen, die allerdings für das wirtschaftliche Wachstum und die Wohlfahrt in Industriegesellschaften und die Befriedigung von Grundbedürfnissen der Bevölkerung essentiell und zumindest kurzfristig nicht oder nur schwer substituierbar sind: fossile Energeiträger und Agrarrohstoffe. Was dagegen gefragt ist, sind eine auf Energieeinsparung, höhere Energieeffizienz und die Förderung altenativer Energien, nicht aber – wie die Weltbankstudie deutlich macht – von Bioethanol und Biodiesel, gerichtete Wirtschafts- und Energiepolitik. Notwendig sind ggf. auch gezielte Hilfen für die besonders betroffenen einkommensschwachen Bevölkerungsgruppen, darüber hinaus aber auch eine Neuausrichtung der globalen Agrar- und Ernährungspolitik. Dabei müssen die endogenen Potentiale, die Infrastruktur und die sozialen Institutionen in den stark vernachlässigten ländlichen Räumen vieler Entwicklungs- und Schwellenländer und in den Ländern im Übergang zur Marktwirtschaft gezielt entwickelt und eine entsprechend intensivierte Agrarforschung gefördert werden. Die Förderung von Vorratslagern und Nahrungsmittelhilfen sind kurzfristige Nothilfen, aber keine Mittel zur Überwindung der Ursachen des Mangels. In den Industrieländern ist dagegen – wie die FAO es schon seit langem vorgeschlagen hat – eine Umstellung der umfangreichen Subventionen für die Landwirtschaft auf die Entlohnung für definierte, gesellschaftlich erwünschte Leistungen, wie z.B. den Schutz der Umwelt, die Gestaltung einer attraktiven Kulturlandschaft und die Erhaltung der biologischen Vielfalt in und mit der Landwirtschaft, sowie für die Entwicklung lebenswerter ländlicher Räume dringend geboten. Dazu müssen im Rahmen der WTO endlich die internationalen rechtlichen Rahmenbedingungen geschaffen und dann auch die EU-Agrapolitik grundlegend reformiert werden.“
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Zum Text „In China foltern gelernt“ meint Andreas Riekeberg aus Wolfenbüttel:
„Der Artikel erweckt den Eindruck, als habe es in den USA vor 2001 keine systematische Folter-Schulungen gegeben. Bedauerlich, dass der Redakteur lediglich eine NYT-Artikel wiedergibt, ohne selber zu recherchieren. Die USA haben jahrzehntelang in der ‚School of the Americas‘ (SOA) erst in Panama, dann in Fort Benning, Georgia, zuletzt unter dem Kürzel WHINSEC (‚Western Hemisphere Institute for Security Cooperation‘) einige 10.000 lateinamerikanische Militärs in Aufstandsbekämpfung und ‚Verhör‘-Techniken ausgebildet – so die Einschätzung der Gruppe ‚School of the Americas Watch‘ (www.soaw.org) Gegründet wurde diese Schule übrigens 1946 – noch vor dem Koreakrieg.
Der NYT-Arktikel stellt durch seine Auslassungen eine ziemliche Verharmlosung dar, und impliziert zudem einen ‚asiatischen‘ Ursprung von Folter. Angesichts der Geschichte der Folter in Europa von den Hexenverfolgungen der frühen Neuzeit über die europäischen Kolonialgeschichte bis hin zu den Praktiken der faschistischen Staaten im letzten Jahrhundert wirkt diese Verkürzung grotesk und geradezu verdummend.“
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„Teurer Stahl wird zur schweren Last„, hatte die FR berichtet. Dazu Hans-Joachim Zierke aus Hüllhorst:
„Ich verstehe nicht, wieso sich die westliche Welt an hohe Stahlpreise gewöhnen muß. Weder ist Eisenerz knapp, noch ist Kohle knapp. Selbstverständlich ist es nicht so, daß Jeanie mit den Fingern schnippt, und eine Warmbreitbandstraße dasteht. Oder eine der drei Kokereien, die man innerhalb des letzten Jahrzehnts in Deutschland stillgelegt hat, von Geisterhand rematerialisiert. Ich sehe aber keinen Grund, wieso sich die Welt nicht innerhalb von 10 Jahren an größere Mengen und dann wieder niedrigere Preise anpassen kann.
Bedauerlich ist natürlich, daß die chinesischen Zahlen plus unser etabliertes Wissen darum, wieviel Stahl eine im Aufbau befindliche Volkswirtschaft braucht, nicht das Ergebnis gehabt haben, daß die deutsche Stahl-Infrastruktur erhalten blieb. Ganz offensichtlich haben die Manager deutscher Hersteller die Zahlen nicht dem Trend entsprechend fortgeschrieben, sondern auf das Stolpern des chinesischen Aufschwungs gewettet.
Gewettet und verloren, wobei das Verlieren allerdings die Stahlkocher übernommen haben, die jetzt zu Hause sitzen. Jene, die falsch gewettet haben, werden aufgrund der steigenden Preise, und somit satter Gewinne, mit ein paar Millionen extra an Bonusausschüttungen nach Hause gehen.“
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Die Dresdner bauen weiter an der Waldschlösschenbrücke. Dazu Günter Bihn aus Frankfurt:
„Für was zahlen wir Jahr für Jahr nach dem Osten Geld, für das ein UNESCO- Weltkulturerbe zerstört wird! Ein entvölkerter Landstrich, dem der Osten peu a peu droht will sich unbedingt noch ein Autodenkmal errichten, obwohl jeder anhand der Benzinpreise erkennen kann, dass die Zeiten des ungezügelten Individualverkehrs langsam sich dem Ende zuneigt. Auch wenn Ossis 40 Jahre auf Mobilität mit ihrem persönlichen fahrbahren Untersatz verzichten mussten, ist dies kein Grund eines der malerischsten Täler Deutschlands durche eine hässliche Autobahnbrücke für noch mehr Laster, noch mehr Klimakatastrophe und noch weniger Umdenken zu zerstören. Liebe Frau Orosz schalten sie mal die opportunistische Populismusdrüse aus und ihr Hirn an, damit sich noch künftige Generationen an diesem Welterbe erfreuen können.“
Zur Darstellung „Soziale Marktwirtschaft“ (Müller-Armack)
Danke für die sehr umsichtige Darstellung zu Müller-Armack. Dazu passt – oder eben auch genau nicht – was neulich (vorgestern, glaube ich mich zu erinnern) ein Kommentator der FR beiläufig, dennoch falsch prägnant, sagte: Merkel propagiere „sogar“ die „Neue Soziale Marktwirtschaft“, es genüge, wenn sie sich an die alte erinnere, jedenfalls so ungefähr. Dabei haben die Soziale und die Neue Soziale Marktwirtschaft miteinander nun gar nichts zu tun. Nur der Begriff wird verwendet; gemeint ist das, was Müller-Armack als Wiedererstehung des Neoliberalismus –also eine Neo-Neoliberalismus, bezeichnet hat. Übrigens der wirklich sinnvolle Begriff für den Gegensatz zur Sozialen Marktwirtschaft. Der Begriff Neue Soziale Marktwirtschaft ist eine Sprachregelung – wenn ich es richtig sehe – der Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft und damit angetan, manipulativ zu wirken oder ist vielleicht auch so gemeint. Wer die Hoheit über in der Gesellschaft bedeutsame Begriffe hinsichtlich der Definition hat, regiert über die Beeinflussung der Meinungen das Land.
„Die von Erhard überlieferte These „Je freier eine Marktwirtschaft ist, desto sozialer ist sie“ findet auch heute unter einigen Politikern und Theoretikern Anklang“, schreiben Sie. Dies ist eine Untertreibung; es dürfte sich um die herrschende Meinung der führenden CDU- und FDP-Politiker handeln, unterstützt von den umtriebigen Teilen der als Wissenschaft definierten Ökonomen. Da diese Auffassung, eben auch die der Neuen Sozialen Marktwirtschaft, in der Tat den Sinn der Sozialen Marktwirtschaft geradezu aushebelt, sollte auch jene Ökonomie noch mehr zu Wort kommen – wie dies neulich bei Ihnen mit dem Alternativen Wirtschaftsgutachten der Fall war -, die eben diese auch von Müller-Armack vertretenen Prinzipien wenigstens noch kennen. Auch diese Ökonomen sind, nicht weniger als der Strom der herrschenden Meinung, Wissenschaftler.
Dr. Hans-Ulrich Hauschild
Gießen
Freie Marktwirtschaft:
Nach Erhard gab es da mal einen Wirtschaftsminister „Schiller“ der auch eine äußerst interesante These hatte.
Thema war seinerzeit „Schwarzarbeit“
Er war der Meinung,dass kein Mensch in der BRD Schwarzarbeit annimmt um Millionär zu werden ,sonder um Anschaffungen zu tätigen die über das hinaus geht was er sich und seiner Familie mit einem normalem Lohn-Gehalt leisten kann.
Jede Mark die dann ausgegeben wurde kam auch dem Staat über die Mw.St zugute und war kein Verlust.(Geldkreislauf)
Er wurde fast gesteinigt,aber allen ging es gut,bis dann die nachfolgenden Nasenbären meinten das zu unterbinden.
Ich erinnere mich noch an die Schlagzeile:
Es wurden 3000 neue Steuerfahnder eingestellt die ca 3 Mill hinterzogener Steuer eingetrieben haben,bis dann jemand die Gehälter dieser 3000 dagegenstellte.:-)
Man mag diese Theorie im Rahmen der geltenden Steuerrechte kritisieren,aber es hat fuktioniert „ohne dem Handwerk und Industrie zu schaden“
Auch auf die Gefahr nun auch gesteinigt zu werden:
DAS WAR FREIE MARKTWIRTSCHAFT11
Zuvor dies: Eine seltsame Reaktion auf den „Populismus-Artikel“ in der FR. Was soll die Marktwirtschaft hier? Ganz einfach: ich wusste nicht wohin mit meiner Stellungnahme, und da die „falschen und richtigen Freunde und Feinde, 60 Jahre soziale Marktwirtschaft“ als Link im Populismusartikel abgelegt waren, habe ich hier reagiert.
Noch eine kurze Stellungnahme zum Kommentar zur Schwarzarbeit des geschätzten Vorkommentators:
Immer wieder flattern Werbebriefe hinein, die unsere neue Abgeltungssteuer vermeiden helfen wollen; man kann dies in Bankhallen, auf Plakaten in und vor den Banken lesen und sogar auf Automobilen liest man Aufschriften wie: „Vermeiden Sie die Abgeltungssteuer“ oder so ähnlich. Manchmal stehen solche Autos in Gegenden mit Häusern, deren Erstellung hinsichtlich der Kosten sicherlich den durchschnittlichen Haushalt eines beliebigen Staates aus der Gruppe der 20 ärmsten Länder locker gesprengt hätte.
Diese letztere Symbolik ist es, die mich tief beeindruckt hat. Nicht einmal die von Ihnen, Herr, Steinbrück, resignativ eingeführte Abgeltungssteuer, werden Sie bekommen; man will sie unserem Gemeinwesen nicht gönnen; sie wollen schlechterdings gar nichts beitragen zum Funktionieren dieses Staates – deshalb: nur der Markt, wenig Staat. Denn Menschen mit solcher Lebenszielsetzung können ihren eigenen Staat kaufen. Natürlich ist das alles irgendwie „legal“, aber ist es auch legitim?
Wäre dies anders, wäre Arbeit des durchschnittlichen Arbeitnehmers nicht mit derartigen Belastungen verbunden, Schwarzarbeit hätte – von den kriminellen Bereicherungsversuchen abgesehen, die aber natürlich auch ein Motiv sind – nicht den Charme, den sie offenkundig auf alle ausstrahlt. Sie kann dies aber nur tun, weil es diese Steuervermeidungs-Strategien und weil es in der Sozialversicherung Pflicht- und Bemessungsgrenzen gibt. In der Rentenversicherung liegt letztere bei 5.300 Euro. Ob Sie also 5.3000 oder 10.000 Euro verdienten: sie zahlen immer den Beitragsatz, derzeit um die 20 % von 5.300 Euro. Noch schlimmer ist die Versicherungspflichtgrenze in der Krankenversicherung, die die Solidarität bei 4.012 Euro enden lässt. Kein Wunder, dass es den Sozialsystemen und der Öffentlichen Hand an Gestaltungsmöglichkeiten in der Sozialpolitik fehlt. Zusätzlich schlimm, weil immer mehr Arbeitsplätze dieser Art entstehen und auf diese Weise strukturell die Beitragspflicht sich auf die geringer Verdienenden konzentriert. Auch das ein Grund, weshalb man mit einigen Heucheleien das Abrutschen des Mittelstandes beklagt.
Unsere soziale Marktwirtschaft ist am Ende, weil unsere neoliberal ideologisierten Politiker jeder Herkunft mit der Illusion leben, dass durch die Schonung der sog. Leistungselite irgendetwas Positives geschieht; nach dem Motto von Frau Merkel: „Sozial ist was Arbeit schafft“, dieser Kampfspruch der Neo-Neo-Liberalen. Er ist auch deshalb so verwerflich, weil er so gönnerhaft klingt und weil dadurch die Dominanz des Kapitals über die Arbeit noch unterstrichen werden soll: Sprachregelung also auch hier.
Sorry, es ist etwas lang geworden.
Herzliche Grüße
Dr. Hans-Ulrich Hauschild
Ich glaube nicht,dass es ein Problem war und ist,wenn das Kapital eine Dominaz hat oder hatte.
Der Unterschied ist von damals zu heute,dass die Leute hinter dem Kapital dem arbeitendem Volk ,das ihnen diese Dominanz ermöglicht hat nicht den Boden unter den Füßen weggezogen hat und eine soziale Verantwortung übernommen hat ,allein schon aus Eigennutz,was ja nicht verwerflich ist.
Ein weiteres Beispiel von Karl Schiller:
Du kannst dem Deutschen alles nehmen,aber las ihm seinen Urlaub und sein Auto!
Das war sicher symbolisch gemeint für eine Grundeinstellung und einem gesunden Konsens zwischen arbeitende Bevölkerung und Großkapital.
Ein sehr guter Rat ,der auch bis in die 80er befolgt wurde,aber leider …….