Die deutsche Automobilindustrie hat Abgastests an Menschen und Affen durchführen lassen, und jetzt gibt es einen Riesenwirbel: Versuche am Menschen! Mit Gas! Klingelt da was? Wie kann man nur! Ja, das ist eine wahrlich berechtigte Frage: Wie instinktlos sind eigentlich die hochbezahlten Typen in den Chefetagen der Autokonzerne? Wie unverfroren? Denn diese Versuche wurden mutmaßlich mit der Intention durchgezogen zu beweisen, dass Stickoxide überwiegend unschädlich sind – jedenfalls in den Dosierungen, in denen Menschen ihnen an vielbefahrenen Straßen (Grenzwert: 40 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft im Jahresmittel) oder am Arbeitsplatz (950 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft im Jahresmittel für bestimmte Berufsgruppen bei arbeitsmedizinischer Betreuung) ausgesetzt sind. Ergebnisoffene Forschung? Es möchte doch bitte durchaus das richtige Ergebnis herauskommen.
Und genau das ist der Skandal. Nicht die Versuche am Menschen selbst. Solche Versuche sind bei uns an der Tagesordnung, ganz legal, völlig geordnet. Neu entwickelte Medikamente etwa müssen eine lange Serie von Tests durchlaufen, ehe sie in einem letzten Schritt mit einer klinischen Studie am Menschen erprobt werden. Das ist für die Probanden keineswegs immer risikofrei. Die Aufklärung über dieses Risiko gehört zum Prozess, ebenso wie die Bezahlung für die Teilnahme an der Studie. Anders lässt sich nicht ermitteln, ob neue Medikamente beispielsweise Nebenwirkungen haben. Das geht bisher nur am Menschen selbst. Dieses System der Menschenversuche hat sich im Großen und Ganzen bewährt.
Im Fall der Abgastests liegt das Problem woanders: Es sollte nicht herausgefunden werden, wie schädlich ein bestimmter Stoff ist, sondern es sollte gezeigt werden, dass er nicht schädlich ist. Der Ethikkommission, die diese Versuche genehmigt hat, kann man durchaus glauben: Den Probanden – gesunden Menschen – drohte vermutlich keinerlei Gefahr. Von daher bestand möglicherweise tatsächlich kein Grund, die Versuche zu unterbinden. Es ist im Fall des Stickstoffdioxids aber gar nicht die Frage, ob gesunden Menschen dadurch Gefahr droht. Gesunde Menschen haben selbstverständlich höhere Toleranzen gegenüber Schadstoffen als empfindliche Menschen. Der Maßstab, an dem sich die Grenzwerte orientieren müssen, ist nicht der gesunde Mensch, also gewissermaßen der Normalzustand, sondern der empfindliche Mensch. Und empfindliche Menschen hätte die Autoindustrie ganz sicher nicht zu ihren Versuchen gebeten, denn dann wäre möglicherweise nicht das erwünschte Ergebnis herausgekommen. Ganz abgesehen davon, dass die Ethikkommission diesen Versuchen dann vermutlich nicht zugestimmt hätte.
Wir haben es also mit einem Versuch zu tun, Dieselabgase reinzuwaschen. Die Experimente erfolgten zu Marketingzwecken, nicht zum Erkenntnisgewinn. Daimler und BMW haben das frühzeitig erkannt und sind aus dem Lobbyverein ausgetreten, der diese Versuche – auch die in den USA an Affen – angeleiert hat. VW hingegen hat anscheinend erst viel später begriffen, dass da etwas grundsätzlich schiefgelaufen ist mit dieser Pro-Diesel-Kampagne. Der verantwortliche Cheflobbyist wurde beurlaubt, die EUGT – die „Europäische Forschungsvereinigung für Umwelt und Gesundheit im Transportsektor“, die federführende Lobbyorganisation – wurde 2017 aufgelöst.
Hochbezahlte Manager ohne jedes Gespür – was sind das nur für Typen, die von diesem System herangezüchtet und auf solche Posten befördert werden? Wohin soll das noch führen?
Leserbriefe
Rüdiger Pape aus Wiesbaden meint:
„Nach den bisher bekannten sog. VW-Skandalen der letzten Jahre, als da wären: zum Einen die zumindest versuchte Willfährigmachung von Betriebsräten durch exorbitant hohe Geldzuwendungen und die Finanzierung von Gespielinnen, zum Anderen vom Unternehmen bezahlte Sexparties für Manager mit Prostituieren, und vermeintlich zuletzt der Betrug an Kunden, Gesellschaft und Natur durch den Einsatz illegaler Abschaltsoftware für Dieselautos, kommt nun also ans Licht, dass offenbar Affen den Abgasen von Diesel-Pkw ausgesetzt wurden, um die Gesundheitsunschädlichkeit von VW-Fahrzeugen zu belegen.
Die Haltung und das Handeln der „Führungs“-Clique dieses Unternehmens war und ist unerträglich und widerlich; diese neuerliche Ungeheuerlichkeit ruft in mir dieser zumindest Assoziationen an finsterste Zeiten wach.
Die Frage im Zusammenhang mit VW lautet ja nur noch: Was kommt als nächstes?
Was tut die Politik? Sie läßt sich am Nasenring der permanent bespielten Leier der Drohung mit der Reduzierung von Arbeitsplätzen durch die Manege führen und tut – nichts!
Schlimmer jedoch ist die Antwort auf die Frage: Was tut das Volk? Getreu der Intention des Firmennamens „Volkswagen“ kauft es die Wagen dieser Firma einfach weiter, als ob nichts geschehen wäre und adelt so das Verhalten der VW-Oberen auch noch in der einzigen Sprache, die diese offenbar beherrschen, der des scham- und bedingungslosen Profits.
Ich jedenfalls bin da raus: Nie wieder VW!“
Roland Niedner aus Potsdam:
„Man glaubt, dass VW wirklich kein Fettnäpfchen ausläßt, um sein Renommee endgültig zu zerstören. Der jetzige „Test“ ist aber beileibe kein simples Fettnäpfchen, sondern geht noch viel tiefer, denn Versuche an Menschen können nicht nur mal so nach Gusto durchgeführt werden, sondern müssen schon im Vorfeld von einer Ethikkommission geprüft und genehmigt werden ( Ethikkommission des Klinikums, der Universität, der Landesärztekammer). Entweder waren die VW-Tests illegal und dann ein Fall für die Staatsanwaltschaft, oder aber die Ethikkommissionen haben komplett versagt.“
Hans-Werner Kolbeck aus Oberzent:
„Geht’s noch perfider? Am Wochenende war Holocaust-Gedenktag. Am Montag ist in der FR zu lesen, dass VW (wer ist das?) Abgasversuche an Affen unternommen hat.
Nach Bekanntwerden entschuldigen sie sich dafür. Hat mal wieder keiner was von dieser Affenschande gewußt. Die Herren(meistens) mit der weißen Weste haben sich mal wieder nicht selbst die Hände schmutzig gemacht.
Es reicht ja nicht, dass sie diesen Versuch seit Jahren illegalerweise am Menschen anstellen. Ohne Konsequenzen. Zumindest hierzulande. Menschen-und Affenleben sind ihnen schnurz. Ich bin angewidert, und traue diesen Menschen (?) noch jede Menge zu.“
Regina Neumann aus Marburg:
„Unbestritten: Stickstoffdioxide sind giftig. Derzeit ist es nun so, dass die Stickstoffdioxidwerte am Arbeitsplatz etwa zehnmal so hoch sein dürfen wie an bestimmten Messstellen in Städten (was nicht heißt, dass deren Ergebnisse für die gesamte Innenstadt gelten, wie immer unterstellt wird). Das Argument, die Arbeitnehmer seien jung und kerngesund und könnten mehr vertragen als die Verkehrsteilnehmer, die gelegentlich an belasteten Stellen vorbeikommen, ist etwas dürftig. Die bisherigen Studien zu Grenzwerten sollen auch nicht höchsten Standards genügen. Wenn nun ethisch genehmigte Tests durchgeführt werden: Was ist daran verwerflich? – In Marburg sanken die Messwerte, als die Messstation wegen eines Neubaus um ca. 20m von der Kreuzung weg verlegt wurde. So einfach ist das.“
Werner Geiß aus Neu-Isenburg:
„Zu Recht ist die Empörung über die Machenschaften der Autoindustrie groß. Doch jeder Dieselfahrer weiß seit geraumer Zeit definitiv, was er mit der Nutzung seines Vehikels anrichtet. Daher ist auch er verantwortlich für den Schaden, den er der Stadtbevölkerung als Autopendler zufügt. Trotzdem haben sich die Verkehrsgewohnheiten kaum geändert, der Autoverkehr nimmt sogar zu. Die wenigen Radfahrer gelten weiterhin nur als lästige Hindernisse für den dominanten Autoverkehr; Straßenbahnen und Busse sind keineswegs überfüllt, auch weil sie im Autostau kaum vorankommen.
Offenbar wiegt in unserer automobilen Gesellschaft ein Fahrverbot schwerer als das vorzeitige Ableben Tausender Stadtbewohner. Wann endlich begreifen sich auch Autofahrer als mündige Bürger, die ihren Lebensstil zu Gunsten des Gemeinwohls durchaus ändern können? Wenn viel mehr Radler unterwegs sind, wenn der Andrang auf Bus und Bahn steigt, wird das Angebot auch verbessert, entstehen mehr Radwege. Denn dann erkennt die verantwortliche Politik, dass die Mehrheit der Wählerstimmen nicht nur beim automobilen Wahlvolk zu suchen ist.“
Ernst Girth aus Frankfurt:
„Es ist traurig und enttäuschend, dass Herr Merkel, ein pensionierter Strafrechtler und Rechtsphilosoph so blind gegenüber den Realitäten in unserem Land geblieben ist. Anderen Wissenschaftlern, z.B. in Atomphysik oder Gentechnologie war da mehr Weisheit und Kritikfähigkeit beschieden, nachdem sie aus der Mühle des Anpassung erzwingenden Wissenschaftsbetriebs ausgeschieden waren.
Ohne Zweifel versuchen viele Menschen an den Schaltstellen unserer Gesellschaft die brutalen Auswirkungen eines entfesselten Kapitalismus durch gesetzliche Regeln abzumildern. So z.B. in der Medizin durch Ethikkommissionen. Dass dies aber viel zu oft endet wie beim Rennen von Hase und Igel, weil die Industrie das Geld und damit die Macht hat, kann nur einem Wissenschaftler im Elfenbeinturm entgehen.
Zu der Feststellung, dass bei den Abgasversuchen an Menschen eine Ethikkommission ihre Genehmigung gegeben hat, fällt dem Rechtsphilosophen nur die Plattitüde ein: „Wenn das tatsächlich so ist, halte ich die Versuche für vollkommen problemlos“. Das ist so, als würde man sagen: Wenn der TÜV damals die verbrecherisch hergestellten Mamma-Implantate genehmigt hat, dann waren die völlig problemlos.
Er suggeriert zudem, dass Forschung im Auftrag von Unternehmen oder Interessenverbänden die Ausnahme sei. Sie ist aber die Regel, und in der Medizin eine wesentliche Ursache für zahlreiche Fehlentwicklungen. Denn alle Grenzen und Regeln werden ständig umgangen oder gebrochen. Über die Skandale von Studien mit Medikamenten oder medizinischen Geräten unter Inkaufnahme schwerster Komplikationen und Todesfälle von Patienten gibt es seit Jahrzehnten Bücher und Beiträge in seriösen medizinischen Journalen, von Wissenschaftlern, die sich nicht (mehr) dem Diktat des Geldes der Pharmaindustrie unterwerfen. Und die zeigen, dass sich auch in Ethikkommissionen und Guidelinekommittees, die den Ärzten zeigen sollen, was gut und richtig für Ihre Patienten ist, die gut bezahlten und industriefreundlichen Ärzte längst eingenistet haben. Das ist aber offensichtlich noch nicht in vielen Universitäten angekommen.
Es wäre besser und der Realität angemessener gewesen, wenn Herr Merkel sich bei seinem Kommentar mehr an sein zweites Spezialgebiet, das Strafrecht, erinnert hätte, als rechtsphilosofische Nebelkerzen zu werfen. Die Zeiten, bei denen man aufgeklärte Bürger damit beruhigen konnte, sind vorbei.“
Christian Erdmann aus Steinkirchen:
„Die zugelassenen MAK-Werte von 950 Mikrogramm begründen sich auf Expositionsversuchen an Versuchspersonen (bei 3000 Mikrogramm) sowie auf Versuchen mit Ratten (lebenslang bei 8000 Mikrogramm) der TU München. Schädigungen könnten nicht festgestellt werden. Solche Teste liegen der epidemiologischen Studie von Susan Anenberg nicht zugrunde.
Einen Beweis für einen direkten kausalen Zusammenhang der (extrapolierten) Todeszahlen mit NOx kann Susan Anenbergs Studie nicht liefern. Es wäre z.B. interessant, die Lebenserwartung beruflich exponierter Gruppen wie Taxifahrer, Brief-/Paketzusteller, Straßenarbeiter, Fahrradkuriere, Busfahrer zu untersuchen, die nach Susan Anenberg durch NOx deutlich schlechter ausfallen müsste.“
Otto Gebhardt aus Frankfurt:
„Zu den Vorgängen um die Versuche an Menschen und Affen, um die Auswirkungen durch Stickstoffdioxid (NO2)-Belastungen zu untersuchen, stellen sich mir schon noch einige Fragen. Wie sieht denn die genaue Formulierung der Fragestellung zur angeforderten Studie durch die „Europäische Forschungsvereinigung für Umwelt und Gesundheit (!) im Transportsektor (EUGT)“ aus? Hat die EUGT die Versuchsanordnung evtl. vorgegeben? Oder wurde diese durch das Forschungsteam der Universität Aachen in Eigenregie erstellt? Und niemand von den beteiligten Personen ist aufgefallen, wie übel das Ganze ist? „Bildung ist das Heilmittel“ lesen und hören wir immer wieder – formal gebildet sind die Akteure sicherlich.
25 junge, gesunde Menschen wurden dem Versuch ausgesetzt, welche Ergebnisse „erhoffte“ sich die Auftragsseite? Den Hinweis, dass NO2 „harmlos“ ist, bzw. schon genügend unternommen wurde, um die Belastungen durch den Diesel-Kraftstoff zu reduzieren? Und was ist mit den Auswirkungen auf Kinder, Schwangere, Kranke, Gefährdete, Ältere? Kann vernachlässigt werden, es zählen ja nur die jungen, gesunden Menschen!? Interessant wäre auch, wenn sich jemand von den Probanden melden und erzählen würde, wie das insgesamt vor sich ging. Oder wurde das den Probanden untersagt? Aus welchen Lebensumständen, Milieus kamen die Probanden? Aber, das Studien-Design wurde ja von einer Ethik-Kommission geprüft und genehmigt. Nach welcher Ethik, der Ethik des Geldes? Ist die ganze Angelegenheit nicht auch Auswuchs einer neoliberalen Forschungs-/Wissenschafts-Politik: Einsammeln von Drittmitteln zu Forschungszwecken? Ergebnis: Wes Brot ich ess, des Lied ich sing‘! Zeigt sich da ein Ringen um die Anerkennung als „Elite“-Universität?
Und die Politik? Katzbuckelt weiterhin vor der Automobilindustrie. Oliver Wittke, CDU-Bundestagsabgeordneter und von 2005 bis 2009 Verkehrsminister in Nordrhein-Westfalen sagte im Interview mit dem Deutschlandfunk u. a.: „Es hat ja Veränderungen auch in der Unternehmenspolitik von Automobilkonzernen gegeben. Wir haben die Nachrüstaktionen beispielsweise im Bereich der Software. Wir reden jetzt noch darüber, ob wir auch an die Hardware herangehen müssen. Ich glaube nicht, dass das bezahlbar ist, wenn wir zwölf Millionen Fahrzeuge umrüsten und damit einen zweistelligen Milliardenaufwand betreiben müssen. Wer das fordert, muss sagen, wer das bezahlen soll. Wir können die Industrie nicht dazu verpflichten, das zu tun. Dass es der Staat tut, halte ich für sehr unwahrscheinlich. Und die Verbraucher werden es auch nicht leisten können.“
Na klasse, da kann jede Person, die ein Gesetz missachtet, schummelt und betrügt dem Richter sagen: „Tut mir leid, ich kann den angerichteten Schaden nicht begleichen“! Und verlässt den Gerichtssaal. Und Herr Wittke verweist auf die Kommunalpolitik, die durch verkehrslenkende Maßnahmen vor Ort eine wesentliche Rolle bei der Entlastung spielen könne. Verschweigt selbstverständlich, dass sich die Bundesregierung weigert, den Kommunen mit z. B. einer blauen Plakette ein Mittel an die Hand zu geben. Wetten, dass da noch mehr in der Sache im Argen ist?
Ernüchternd finde ich dann schon, dass VW immer noch der Automobilkonzern mit den meist verkauften Autos ist! Sind DieselfahrerInnen denn nicht auch StadtbewohnerInnen? Wir sollten die Angelegenheit nicht skandalisieren, spätestens übermorgen werden wir uns einem neuen Skandal zuwenden. Aber, wir müssen die Vorgänge immer wieder thematisieren, thematisieren, thematisieren!“
Bildlich gesprochen, könnte auch gefragt werden, weshalb allen voran Belegschaftsangehörige eines in besonderer Form mitbestimmten Konzerns wie der Volkswagen AG mit aller Macht gleichsam an dem Ast sägen, auf dem sie sitzen, obwohl von vornherein klar ist, dass sie nicht fliegen können; wobei sowohl der Vorstand als auch der Betriebsrat unisono Glauben machen, dass nur einige wenige von den Mitarbeitern auf solch unbegreifliche Weise handeln. Anstatt also notwendig die gesellschaftlich zunehmend pervertierten Verhältnisse zu kritisieren, personalisieren Herr Müller als seines Zeichens Vorstandsvorsitzender und Herr Osterloh als Vorsitzender des Gesamtbetriebsrates illegitim vereint das Problem. Angesichts dessen ist nicht zu erwarten, dass jemals eine befriedigende und beglückende Lösung für die inzwischen tiefste Krise in der Unternehmensgeschichte gefunden wird. Im Gegenteil. Setzt das Management auch künftig gemeinsam mit dem Betriebsrat an der völlig falschen Stelle an, stehen voraussichtlich Eskalationen ins Haus, die alles bisher Dagewesene noch weit übertreffen werden.
Der Skandal hat zwei Teile.
Erstens wird den Wissenschaftlern unterstellt, dass sie mit ihren Untersuchungen sachfremde Ziele verfolgt haben. Solange das nicht eindeutig belegt werden kann, kann man das auch als Angriff auf die Wissenschaft auffassen.
Zweitens haben die Untersuchungen keine schädigenden Wirkungen bei den Studenten erzeugt, obwohl der Grenzwert um den Faktor 75 (!) überschritten wurde. Der Skandal hätte vermieden können, wenn die Studie von der Deutschen Umwelthilfe finanziert worden wäre und es schwere Schäden bei den Studenten gegeben hätte.
Man hätte den Skandal auch vermeiden können, wenn man die Studie gar nicht gemacht hätte. Dass der EU-Grenzwert nur schwach begründet ist, ist allgemein bekannt und Studien mit NO2 gibt es bereits.
Ergänzend zu meinem heute um 12:08h veröffentlichten Kommentar möchte ich noch darauf hinweisen, dass meine Einlassung keine freie Erfindung aus der hohlen Hand ist, sondern auf empirisch gesättigten Erkenntnissen beruht, die ich einst in vier westdeutschen Werken der Volkswagen AG als Industriesoziologe im Feld gewonnen habe. Das unablässige Infragestellen der Integrität kannte seinerzeit sogar vor meiner Person als einem Vertreter externer Wissensbestände kein Halten. Dass nunmehr in der aktuellen Auseinandersetzung ebenfalls menschliche Unzulänglichkeiten das Einfallstor für Häme und Spott bilden, gewährt deshalb einen tiefen Einblick in die falsche Frontstellung, in der sich nicht zuletzt das Land Niedersachsen befindet, das immerhin laut dem so genannten VW-Gesetz über die Sperrminorität im Aufsichtsrat verfügt. Weshalb Herr Weil als seines Zeichens amtierender Ministerpräsident nicht hoheitlich eingreift und den besagten Umtrieben ein Ende setzt, kann dabei nicht mit der Unabhängigkeit der Justiz begründet werden. Zumindest teilte ich Herrn Weil aber bereits schriftlich mit, dass mein vorzeitiges Ausscheiden aus dem damaligen Forschungsvorhaben dadurch völlig beliebig erzwungen wurde. Ein ähnliches Schicksal scheint mittlerweile manchem Manager insbesondere der dortigen Motorenentwicklung zu blühen.
Nachtrag: Die öffentliche Debatte, an der mittlerweile selbst ein ansonsten seriöses Blatt wie die New York Times partizipiert, ist weit überwiegend davon bestimmt, eine Abschalteinrichtung (Defeat Device), welche den Schadstoffausstoß eines Dieselaggregats unzulässig verändert, verdinglicht und infolge dessen völlig unterkomplex aufzufassen. Insofern solch ein Programm zur Steuerung der Abgase vornehmlich ein Ausdruck menschlicher Arbeit ist, der zwar vorsätzlich Grenzen überschreitet, äußern sich darin aber zugleich Zweifel an der bisherigen Konzernstrategie, im Wege eines Einstiegs in den Ausstieg aus ohnehin längst überkommenen tayloristisch-bürokratischen Organisationsstrukturen finanzielle Mittel frei werden zu lassen, um künftig notwendige Investitionen finanzieren zu können. Wenn man so will, könnte man auch sagen, dass implizit massive Kritik an der in den vergangenen Jahren von der Volkswagen AG nachlässig praktizierten Form der Innenfinanzierung geübt wird und die dadurch normativ entfesselte Kraft des Faktischen den Konzern inzwischen mehr als nachdrücklich dazu auffordert, endlich passgenau die von Natur aus gegebenen Voraussetzungen sozialer Effizienz zu erfüllen, indem wenigstens in den westdeutschen Werken konsequent der Prozess der Transformation von toter in lebendige Arbeit vorangetrieben wird. Was an der vor allem politisch unabweisbaren Initiative zur gesellschaftlichen Erneuerung verwerflich sein soll, müssten die ermittelnden Staatsanwälte nicht zuletzt in Braunschweig, Stuttgart oder München somit erst noch begründen.
Zur Frage der Notwendigkeit einer Transformation gilt es noch darauf abzustellen, dass der Leiter des baden-württembergischen Bezirks der IG Metall am 1. Mai 2016 (Tag der Arbeit) als Hauptredner der damaligen Kundgebung ausrief: „Wir brauchen eine Schubumkehr!“. Der Aufsichtsrat der in Stuttgart ansässigen Porsche Automobil Holding SE, die mehrheitlich die stimmberechtigten Aktien an der Volkswagen AG hält, überhörte womöglich dessen Forderung, schleunigst damit aufzuhören, lebendige Arbeit in tote zu verwandeln und die verfügbaren Träger menschlicher Arbeitskraft nicht länger für die Fiktion einzuspannen, auf diese Weise jemals wirtschaftlich erfolgreich zu sein. Allerdings bestehen gewisse Unsicherheiten, ob Herr Zitzelsberger, der momentan mit Südwestmetall (Verband der baden-württembergischen Arbeitgeber in der Metall- und Elektroindustrie) anlässlich der diesjährigen Tarifrunde ganz andere Angelegenheiten zu besprechen hat, sich heute noch an seine eigenen Worte gebunden fühlt.
Übrigens: Wie Herr Zitzelsberger war auch mein leiblicher Vater von Beruf Maschinenschlosser und zu Recht stolz darauf, bis zu seinem Tod nicht die Orientierung verloren zu haben.