Es ist Kommunalwahlkampf, und die Frankfurter CDU versucht, mit Rezepten von vorgestern zu punkten, die auf eine Gängelung der Radfahrer im Innenstadtverkehr hinauslaufen. Das findet jedenfalls FR-Kommentator Florian Leclerc. Er schreibt:
„Der CDU scheint das Bild eines schreckhaften Bürgers vorzuschweben, der verängstigt zur Seite springt, sobald sich ein Radfahrer nähert. Statt Verbote auszusprechen, sollte die CDU lieber auf ein besseres Miteinander der Verkehrsteilnehmer setzen. Raser im Auto sind ohnehin gefährlicher als Rüpel-Radler.“
Doch Raser im Auto scheinen für Frankfurts Fußgänger nicht das drängendste Problem zu sein. Jedenfalls nicht für jene vier, deren Leserbriefe gleich folgen. Sie stören sich mehr am „Rüpel-Radler“, der zweifellos existiert und seinen Teil dazu beiträgt, dass das Verhältnis zwischen Fußgängern und Radlern in Frankfurt seit unserer letzten Diskussion zu diesem Thema nicht besser geworden ist. Ja, es gibt jede Menge Rücksichtslosigkeit auf Frankfurter Straßen (und sicher auch denen anderer Städte).
Ich persönlich bin alles in einer Person: Autofahrer (innerstädtisch allerdings nur sehr selten), Radfahrer (der die geltenden Regeln beherzigt) und Fußgänger (der die Radfahrer mitdenkt, was die wenigsten Fußgänger tun). Mit diesem Problem ist es wie mit allen Problemen: Es gehören mindestens zwei dazu. Die eindeutigen Schuldzuweisungen der drei Leserbriefe überzeugen mich nur teilweise. Viele Fußgänger tragen mit unbedachtem bis rücksichtslosem Verhalten maßgeblich dazu bei, dass Konflikte entstehen — etwa Mütter, die ihre Kinderwagen auch in belebten Zonen wie am Mainufer, wo gemischter Verkehr erlaubt ist, nebeneinander her schieben und so den Weg versperren, aber ungehalten reagieren, wenn man klingelt.
Das ist nur eines von vielen Beispielen, die zeigen, dass es im Stadtverkehr auf jeden einzelnen Teilnehmer ankommt und nicht in erster Linie auf diese oder jene Gruppe von Sündenböcken. Eines aber steht fest: Das Konzept der CDU, das dem Auto unbedingten Vorrang einräumt, taugt nicht dazu, diese Probleme zu lösen. Florian Leclerc hat völlig recht: Die Frankfurter CDU will Radfahrer in Zukunft gängeln.
Petra Rieth und Hannes Heiler von der Frankfurter Behinderten-Arbeitsgemeinschaft (FBAG) meinen:
„Man mag am CDU-Wahlprogramm einiges kritisieren, und dass diese Partei immer noch in erster Linie Autofahrer-Partei ist, sollte niemanden wundern.Wie aber Herr Leclerc sich für die absolute Freiheit der Radfahrer ins Zeug legt, ist mindestens genauso bedenklich. Selbstverständlich gehören Radfahrer nicht auf die Zeil und auch nicht in andere Fußgängerzonen! Parallel zur Zeil wurden mit einigem Aufwand Radrouten installiert – wozu, wenn die Radfahrer doch über die Zeil kurven? Theoretisch müssen sie Schrittgeschwindigkeit fahren – doch kaum einer hält sich dran. Genaugenommen wird es auch nur eine Minderheit der Radfahrer schaffen, so langsam zu fahren.
Schreckhafte Bürger? Schön für Sie, Herr Leclerc, dass Sie noch nie von Radlern angefahren wurden. So richtig es ist, dass Radfahrer gegenüber Autos die schwächeren Verkehrsteilnehmer sind, auf die Rücksicht zu nehmen ist, genauso gilt, dass Fußgänger, zumal mobilitätsbehinderte, gegenüber Radfahrern die schwächeren Verkehrsteilnehmer sind. Wer aber schützt sie?
Wenn Radfahrer durch Fußgängerzonen, über Plätze und Gehwege fahren, so ist das gefährlich und unzulässig – es muss endlich unterbunden werden. Genauso gefährlich ist es, wenn Radfahrer den Radweg gegen die Fahrtrichtung benutzen. Und wenn ein Radweg direkt an der Bushaltestelle entlangführt, so ist es fast ein Wunder, dass es noch keine schwereren Unfälle zwischen Radfahrern und ein- bzw. aussteigenden Fahrgästen gegeben hat. Anhalten kommt ja nicht in Frage. Am Rande einer Fußgängerzone das Rad abstellen und ein paar Meter laufen? Für Radfahrer anscheinend genauso undenkbar wie für die sprichwörtlichen Autofahrer, die zum Brötchenholen ins Auto steigen. Und im öffentlichen Nahverkehr benehmen sich einige Radfahrer ebenfalls so, als seien sie Fahrgäste erster Klasse.
Nein, sicher sind bei weitem nicht alle Radfahrer solche Rüpel. Aber es sind auch nicht wenige, und es ist an der Zeit, die rüpelhafte Minderheit zu disziplinieren, bevor sie noch größer wird. Wenn das geklärt ist, können wir uns wieder der Kritik an den verschiedenen Parteiprogrammen zuwenden.“
Armin Lüder aus Frankfurt:
„Die Argumentation des Herrn Leclerc erinnert mich an kleine Kinder im Sandkasten: Warum soll ich den nicht hauen, der haut ja auch. Weil es Rüpel-Autofahrer gibt, sollen Rüpel-Radfahrer die Generalamnestie bekommen? Meine überwiegend als Fußgänger gemachten Erfahrungen der letzten Zeit, zeigen leider, dass es mittlerweile mehr Rüpel-Rad- als -Autofahrer gibt.
Erst vor wenigen Tagen konnte ich an einem Ampelübergang einen Zusammenprall mit einem bei Rot durchfahrenden Radfahrer nur durch einen beherzten Sprung vermeiden. Als ich ihm hinterherrief „Hier war Rot!“ bekam ich nur den „Stinkefinger“ gezeigt. Solches Verhalten ist leider kein Einzelfall: Radfahrer benutzen mit abenteuerlichen Geschwindigkeiten Fußgängerwege und -zonen ohne Rücksicht auf Kinder und ältere Mitbürger. Radwege werden entweder gar nicht oder gegen die Fahrtrichtung benutzt. An roten Ampeln wird grundsätzlich nicht gehalten. Nachts wird ohne Licht gefahren. Tempo-30-Zonen und Zonen mit Schrittgeschwindigkeit gelten für Radfahrer scheinbar nicht.
Eine intensive Überwachung des radfahrenden Verkehrs ist dringend erforderlich, um die schwächsten Verkehrsteilnehmer, die Fußgänger, und die Radfahrer vor sich selbst zu schützen. Neue Verbote brauchen wir dafür nicht, es reicht die strikte Anwendung der derzeitigen Verkehrsregeln.
CDU-Fraktionschef Michael zu Löwenstein radelt zur Arbeit in den Römer. Sicherlich hat ihn das Verhalten seiner Radfahrerkollegen zu den vorgeschlagenen Maßnahmen inspiriert.“
Stephan Hartung aus Frankfurt:
„Ein Kommentar, der einem Fußgänger und gleichzeitig Rad- und Autofahrer die Sprache verschlägt. Autofahrer halten sich dank Nummernschild an die Straßenverkehrsordnung. Einige Verstöße gegen Fußgänger und Radfahrer gibt es leider auch. Die Radfahrer in Frankfurt halten sich dagegen an keine Regeln mehr: Fahren über Rot, Fahren ohne Licht, Fahren auf dem Bürgersteig kreuz und quer. Radweg benutzen in falscher Richtung. Fußgänger werden sogar angeklingelt um Platz zu machen. Und wenn man sich dies verbittet, wird man aufs Übelste beschimpft. Da ist ein bisschen Rücksicht zu fordern schon Gängelung. Wo hat der Kommentator sein Unrechtsbewusstsein? Ist er zufällig einer der beschriebenen Radfahrer?“
Zum Thema ist längst alles gesagt, und zwar von mir.
Der Schnellere benötigt Berechenbarkeit und Verläßlichkeit der anderen Teilnehmer. Er benötigt diese deshalb, weil er zu lahm für seine eigene Geschwindigkeit ist.
Die Forderung nach „freier Bahn“ ist ja bloss das Eingeständnis mangelhafter Reaktionsgeschwindigkeit.
Schlechte Fahrer brauchen Regeln, an die sich andere halten müssen.
Ich danke Bronski für das neben den Leserbriefen (FR vom 25.01.2016, S.13) veröffentlichte Foto, das die derzeitigen Zustände auf unseren Fußwegen deutlich veranschaulicht:
In einem Bereich, der als Fußgängerzone oder Bürgersteig zu erkennen ist, bewegen sich Gruppen von Fußgängern in zwei entgegengesetzte Richtungen. Es handelt sich um Mütter mit Kinderwagen, in einem Fall noch mit Kleinkind an der Hand. Und mitten durch diese sich sehr eng aneinander vorbei bewegende Menschengruppe drängt sich noch ein Fahrradfahrer. Weder streckt er einen Fuß aus, um seine Fahrt ohne umzustürzen verlangsamen zu können, noch macht er Anstalten, abzusteigen. Nein, er erzwingt sich den Weg mitten hindurch, womit er den Fußgängern viel zu eng und bedrohlich auf den Leib rücken muss.
Genauso erlebe auch ich den Alltag in unseren Fußgängerbereichen.
Florian Leclerc scheint seinen Satz :“Der CDU scheint das Bild eines schreckhaften Bürgers vorzuschweben, der verängstigt zur Seite springt, wenn sich ein Radfahrer nähert“, für Ironie zu halten. Leider muss ich sagen, dass ich mich sehr häufig als eine solche Bürgerin fühle, und lachen kann ich darüber ganz und gar nicht.
Bereiche, in denen Fußgänger entspannt unter freiem Himmel flanieren können, gibt es nicht mehr, nicht in den Fußgängerzonen (Warum heißen die eigentlich so?), nicht auf den Bürgersteigen, nicht in den Parks, nicht auf den Uferwegen der Flüsse, nicht auf den Waldwegen, ja nicht einmal auf den Bahnsteigen von Zügen, U- und S-Bahnen. Die Kraftfahrzeuge haben die Straßen, auf denen sie sich zügig vorwärtsbewegen können, die Radfahrer haben zusätzlich noch die Radwege (und wehe, ein Fußgänger verirrt sich mal dorthin!), nur die Fußgänger müssen sich überall hetzen lassen wie Freiwild.
An zwei besonders bezeichnende Begebenheiten aus der letzten Zeit erinnere ich mich noch genau:
– Eine junge Frau will die Bank an der Ecke Adalbert-/Gräfstraße verlassen. Dort ist der Bürgersteig so eng, dass gerade mal zwei Personen aneinander vorbeikommen, zudem ist der Bereich wegen der Ecke sehr unübersichtlich. Als die Frau einen Fuß auf die Straße setzen will, rast ein Radfahrer dicht am Bankeingang vorbei und die Frau rettet sich mit einem Hechtsprung zurück in die Bank. Vor lauter Verwirrung entschuldigt sie sich auch noch bei dem Radfahrer für den Beinahe-Zusammenstoß. „Verkehrte Welt“, dachte ich. „So weit ist es gekommen, dass ich als Fußgängerin mich dafür entschuldigen muss, dass ich den eigens für mich reservierten Bereich nutzen möchte!“
In einem anderen Fall beobachtete ich, wie ein Postbote an der sehr schmalen Stelle eines Bürgersteigs mit seinem breiten Fahrrad um die Ecke bretterte und damit eine Frau mit einem Kind an der Hand dazu zwang, stehen zu bleiben und sich, ihren Sprössling eng an sich gedrückt, an eine Hauswand zu drängen.
Das sind genau die Situationen, die das Klima zwischen Radfahrern und Fußgängern vergiften, und ich erlebe sie fast täglich.
Zu Ihnen, lieber Bronski: Auch ich denke die Radfahrer mit, nämlich als Autofahrerin, weil ich die Stärkere bin und Verantwortung für die Schwächeren trage, und natürlich passe ich auf wie ein Schießhund, dass mir kein(e) Radfahrer(in) auf dem Kühler landet, der/die, wie es oft geschieht, sich verkehrswidrig verhält und damit vor allem sich selbst (und manchmal noch ein Kind auf dem Kindersitz!) in Gefahr bringt.
Wenn ich mich aber in einem reinen Fußgängerbereich befinde, MÖCHTE ich Radfahrer nicht mitdenken, mich ständig nach vorne, hinten und zur Seite absichern müssen, weil sie da schlicht und einfach nichts verloren haben. Und ich möchte auch nicht, wenn die Fußgängerampel für mich Grün zeigt, meinen Hals nach allen Seiten verrenken müssen, nur um keinen Radfahrer zu übersehen, der von überall her auftauchen und mich umfahren kann.
Die Raser im Auto sind sicherlich ein Problem für Fußgänger, aber nur, wenn diese die Fahrbahn überqueren möchten. Solange sie sich auf dem Bürgersteig, in der Fußgängerzone, im Park oder im Wald bewegen, werden sie nur von (nicht allen, aber immer mehr) Radfahrern bedroht. Und wo sind Fußgänger am häufigsten unterwegs? Sicher nicht auf der Fahrbahn.
Florian Leclerc verlangt von der CDU, statt Verbote auszusprechen, auf ein besseres Miteinander zu setzen. Wie naiv ist dieser Mann denn? Diese Strategie wird nun schon seit ungefähr 30 Jahren angewendet, aber die Stuation hat sich zunehmend verschärft. Während sich der Autoverkehr in den Städten zunehmend beruhigt – es gibt immer mehr 30er-Zonen und die meisten PKW-Fahrer halten an den Zebrastreifen für Fußgänger an – wachsen die Spannungen zwischen Radfahrern und Fußgängern ständig, und letztere fordern von den Politikern endlich mehr Schutz. Der CDU nun vorzuwerfen, dieser Forderung ihrer Bürger nachzukommen, halte ich für völlig verfehlt.
Eines ist mir ohnehin unklar: Der Autoverkehr wird seit Jahrzehnten durch eine Fülle von Verkehrsregeln „gegängelt“, und die Einhaltung dieser Regeln wird auch massiv von der Polizei überwacht, einfach weil man weiß, dass es dieser Kontrolle bedarf, um Ordnung im Straßenverkehr zu gewährleisten. Mit welcher Begründung glauben die Radfahrer eigentlich, dass sie selbst von Verboten und Kontrollen ausgenommen werden müssen?
Naja, BvG, Daan erste Satz haste ja net allzu ernstgenomme.
Bevor ich als bekennender SUV-Fahrer in medias res gehe, lasse ich lieber noch ein paar Kommentare über die rücksichtslosen Radfahrer auf mich einwirken.
Das herkömmliche Auto wird allein aus Gründen des Klimaschutzes und der Energieeffizienz (von seinem Platzbedarf ganz zu schweigen) weder eine Lösung für den innerstädtischen Verkehr noch für den Nah- und Fernverkehr sein können.
Doch auch das viel gepriesene Elektro-Automobil überzeugt mich nicht als Alternative zum Verbrennungsmotor. Der Strom für diese Fahrzeuge kommt bekanntlich nicht direkt aus der Sonne, sondern muss in großindustriellen Verfahren produziert und über ein filigranes und energieaufwendiges Verteilnetz verfügbar gemacht werden.
Letzteres würde ebenso für den relativ klimaneutralen Wasserstoff gelten. Die Konstruktionspläne für einen Wasserstoffantrieb liegen seit Mitte der 1950er Jahre, nach der bahnbrechenden Entwicklung einer entsprechenden Brennstoffzelle durch den Physiker Eduard Justi, in den Schubladen der Autokonzerne. Und wurden und werden vor allem deswegen nicht genutzt, weil sich die Investitionen in fossile Energieträger noch nicht in den gewünschten Größenordnungen amortisiert haben.
Allerdings bezweifle ich, ob das Fahrrad bereits heute zum Träger des Individualverkehrs in den Städten taugt. Meine Skepsis betrifft weniger seine physikalischen und mechanischen Eigenschaften, obwohl das Normalrad von vielen Behinderten, auch von solchen, die keines Rollstuhls bedürfen, kaum genutzt werden kann. Vielmehr halte ich spezifische Verkehrsregeln, die über den heutigen Umfang hinausgehen, für erforderlich. Das Wissen darüber und der sachgerechte Umgang mit dem Rad wären nach entsprechendem Unterricht in einer Prüfung nachzuweisen, die zur Erlangung einer Benutzerlizenz führte (analog zum Kfz.-Führerschein). Zudem an einem amtlichen Kennzeichen für Räder kein Weg vorbei.
Fahrradfahren ist eben nicht kinderleicht und streng genommen erst ab einem noch zu definierenden Mindestalter verantwortbar. Denn der Klimaverträglichkeit des Rads steht eine potentielle Gefährdung anderer Radfahrer und vor allem der schwächeren Fußgänger gegenüber. Seine Metallkonstruktion und die von ihm ausgehende Bewegungsenergie vermögen im Kollisionsfall erhebliche Verletzungen auszulösen. Je stärker das Rad zum Träger des innerstädtischen Individualverkehrs würde, umso mehr nähmen diese Probleme zu. Man sollte aus der Engführung, in welche der Autoverkehr durch seinen Gruppenegoismus gelangt ist, lernen, anstatt dessen Fehler zu wiederholen.
Ich lebe seit 20 Jahren im Frankfurter Stadtteil Sachsenhausen und werde als Fußgänger täglich von Radfahrern drangsaliert, die die Fußwege für sich reklamieren. Auch körperliche Blessuren habe ich schon davongetragen. Die Verursacher haben sich jedes Mal ihrer Verantwortung durch Flucht entzogen. Deswegen fürchte ich mich vor einer zum Götzen verklärten Fahrradkultur, der ein neuer, nämlich ökologisch legitimierter, Sozialdarwinismus (also das Überlebensrecht des Stärkeren) innewohnte. Die entsprechenden Forderungen der Grünen passen gut zu deren Kapitalismusbegeisterung, wie man in Frankfurt angesichts von Gentrifizierung und Heiligsprechung des Flughafens erleben kann.
@ Brigitte Ernst.
Ich möchte Ihnen widersprechen.
„Bereiche, in denen Fußgänger entspannt unter freiem Himmel flanieren können, gibt es nicht mehr, nicht in den Fußgängerzonen …“
Natürlich gibt es diese Bereiche — oder es sollte sie geben. Dass solche radfreien Zonen – Trottoirs, Fußgängerzonen – trotzdem von Radlern genutzt werden, obwohl es eindeutige Gebote gibt, müsste natürlich unterbunden werden. Doch die Polizei räumt dem offensichtlich keine Priorität ein. Dabei ist es jedem Radfahrer zuzumuten, entweder abzusteigen und zu Fuß zu gehen, wenn man unbedingt durch die Fußgängerzone will, oder einen Umweg in Kauf zu nehmen, den es beispielsweise für die Zeil sehr wohl gibt — einer der Leserbriefe oben greift das auf. Sie, Frau Ernst, klagen die Radfahrer an. Warum nicht die Polizei, die zulässt, dass so etwas passiert? Das gilt ebenso für das Ignorieren von roten Ampeln. Da müsste den Radlern — und übrigens auch manchen Fußgängern, die ebenfalls nicht warten können — ganz einfach und schnell der Führerschein abgenommen werden.
„… die Radwege (und wehe, ein Fußgänger verirrt sich mal dorthin!), nur die Fußgänger müssen sich überall hetzen lassen wie Freiwild …“
Fußgänger „verirren“ sich keineswegs immer so naiv und unbedarft auf die Radwege, wie Sie das darstellen, sondern sie nutzen sie durchaus mit Absicht. Das lässt sich jederzeit z.B. am Walther-Cronberg-Platz beobachten. Der ist nämlich gepflastert, und auf diesem Pflaster fährt es sich mit dem Kinderwagen, dem Trolley, dem Rollator oder dem Rollstuhl nicht besonders gut. Der Radweg hingegen ist sauber asphaltiert und schön glatt …
Das Grundproblem ist meines Erachtens ein völlig anderes. Es geht nicht um individuelles Fehlverhalten, sondern um kollektives Fehlverhalten. Ich behaupte mal, dass die Mehrzahl aller Radler gelegentlich auch Fußgänger und Autofahrer sind. Ebenso sind viele Fußgänger vermutlich Autofahrer und eine gewisse Zahl sicher auch Radfahrer. Und jeder Autofahrer geht auch mal zu Fuß. Das heißt, alle Parteien tragen dasselbe Problem mit sich herum: Achtung, jetzt komm ich.
Gerade komme ich von einem kurzen Einkauf aus der Stadt zurück. Tatort Zebrastreifen Marienstraße. Ich bin schon fast auf der Mitte des Überwegs, als vor mir, knapp an mir vorbei, ein Auto rüberrast. Mindestens fünfzig Sachen, schätze ich, in einer Tempo-Dreißig-Zone. Handy am Ohr, außerdem. Wie wird sich ein solcher Autofahrer wohl als Radfahrer verhalten? Oder umgekehrt: Wie viel Achtung wird ein Radfahrer (oder ein Fußgänger), der gewohnheitsmäßig die Farbe Rot von Ampeln als einen Beitrag zur Verhübschung grauer Innenstädte betrachtet, demselben Rot entgegenbringen, wenn er als Autofahrer unterwegs ist?
Ich nehme Ihnen natürlich ohne weiteres ab, dass Sie sich als Verkehrsteilnehmerin rücksichtsvoll und umsichtig verhalten, aber Ihre Schuldzuweisung an die Radfahrer ist mir zu einseitig. Damit kratzen Sie nur an der Oberfläche. Das von Ihnen kritisierte Verhalten kann nur entstehen, wenn es den nötigen Platz erhält. Leider hat die zugrundeliegende Mentalität längst das ganze Land ergriffen: Zeige Deine Ellenbogen, nimm Dir, was Du kriegen kannst, Geiz ist geil, man gönnt sich ja sonst nix. Keine Zeit, keine Empathie, keine Rücksicht. Das ist leider die traurige Realität, und die zeigt sich überall, nicht nur bei manchen Radfahrern.
27. 17:51 Bronski
Vor einigen Wochen bin ich etwas hinter dem Zebrastreifen Neue Kräme über die Töngesgasse gegangen (auf dem Zebrastreifen überquerten einige Personen die Straße). Da die Töngesgasse Einbahnstraße ist habe ich vor dem überqueren nur zur linken Seite gesehen. Kurz bevor ich auf dem gegenüberliegenden Bürgersteig ankam sah ich im Augenwinkel von rechts einen Radfahrer kommen (der darf) und hielt sofort an. Der Radfahrer kam vorbei, aber sein Hund den er an der Leine mitzog blieb an mir hängen. Die Leute auf dem Zebrastreifen haben ihn aber auch nicht interessiert.
Wenn Einbahnstraßen von Radfahrern in beide Richtungen benutzt werden dürfen müssen Radfahrer eigentlich besonders vorsichtig sein. Dem Fußgänger ist evtl. nicht Bewusst das Radfahrer von beiden Seiten kommen können. Entsprechende Verkehrsschilder gibt es nur für Radfahrer am Anfang der Straße.
Die Zuordnungsnummer aus Tag und Uhrzeit ist nur ein Versuch als Ersatz für die Nummerierung.
Lieber Bronski,
Sie weisen mit Recht auf eine Entwicklung in unserer Gesellschaft hin, die auch ich beklage, nämlich die hin zu einem grenzenlosen Egoismus, gepaart mit zunehmender Rücksichtslosigkeit, und zwar auf vielen Gebieten, nicht nur im Straßenverkehr.
Wenn es so wirkte, als würde ich die Radfahrer einseitig in den Fokus meiner Kritik stellen, so liegt das an dem, was ich tagtäglich erlebe, und da kommen in meiner Wahrnehmung (aus Sicht einer Fußgängerin) im Stadtverkehr die Autofahrer besser weg als die Radfahrer, weil letztere mir in den für Fußgänger reservierten Bereichen häufiger, bedrohlicher und unvorhergesehener auf den Leib rücken als die Autofahrer. Eine einseitige Schuldzuweisung sollte das gar sein, sondern die Beschreibung meiner Wahrnehmung sowie meiner Verunsicherungen und Ängste.
Primär bezog sich mein Beitrag auf den Artikel von Florian Leclerc, der genau das als „Gängelung“ der Radfahrer brandmarkt, was Sie, lieber Bronski, anmahnen: feste Regeln, konsequente Überwachung und Bestrafung von Verstößen. Wie ich schon sagte: Nur ein solches Vorgehen war bisher dazu in der Lage, die Gefahr, die vom KFZ ausgeht, einigermaßen einzudämmen, und ohne dies wird – leider – auch das Fehlverhalten von Radfahrern nicht in den Griff zu bekommen sein.
Denn das Ziel sollte doch sein, dass jede der drei Gruppen, Autofahrer, Radfahrer und Fußgänger, gleichermaßen zu ihrem Recht kommen.
Dass aber gerade viele Radfahrer sich massiv gegen eine Einschränkung ihrer Bewegungsfreiheit und gegen Kontrollen für ihresgleichen wehren, ist doch eine Tatsache. Herr Leclerc ist das beste Beispiel dafür, und ich erinnere mich noch gut an den Aufschrei, der durch die gesamte Radfahrerschaft ging, als vor einigen Jahren eine Sperrung der Zeil für Radfahrer zur Diskussion stand.
Der Vorteil und gleichzeitig das spezielle Problem des Fahrrads liegt doch in der Natur dieses Verkehrsmittels: Schnell, schmal und wendig, bietet es eben die Möglichkeit, sich, auch auf Kosten Schwächerer, überall durchzuschlängeln und schnell unerkannt abzuhauen. Das verführt natürlich dazu, diese Vorteile auch zu nutzen. So sind Menschen nun einmal.
Ich bin mit Ihnen einer Meinung, dass bisher weder die Politiker noch die Polizei, nicht nur in Frankfurt, bisher Interesse daran hatten, Ordnung in das Zusammenleben zwischen Fußgängern und Radfahrern zu bringen. Das von Florian Leclerc angemahnte bessere Miteinander stellt sich leider nicht von selbst ein. Deshalb plädiere ich für klare Regeln: Bürgersteige und Füßgängerzonen (und natürlich auch Bahnsteige) nur für Fußgänger, und für die Bereiche, die sich Radfahrer und Fußgänger teilen, muss der Grundsatz des verkehrsberuhigten Bereichs gelten. das bedeutet, soweit es für Radfahrer möglich ist, Schrittgeschwindigkeit.
@ Gerhard Sturm
Menschen auf Zebrastreifen haben „Vorfahrt“, auch für Radfahrer. Der Mann hätte anhalten müssen. Meines Wissens ist zudem das Mitführen eines Hundes per Leine beim Radfahren verboten. Der Radler hat sich also strafbar gemacht. Eines von vielen Beispielen für das oben skizzierte Fehlverhalten.
@ Brigitte Ernst
Vielleicht sollten Sie den Kommentar von Florian Leclerc noch einmal lesen. Er bezieht sich auf das Programm der Frankfurter CDU zur Kommunalwahl; dort wird die Gängelung ausgemacht, und dem stimme ich zu. Was die CDU da will, ist sozusagen zurück in die Sechzigerjahre. Es ist übrigens auch immer wieder die CDU (bundesweit), die einerseits nach Rechtsstaat ruft und andererseits bei der Polizei spart.
Ich glaube nicht, dass Florian Leclerc Ihrem letzten Absatz widersprechen würde. Die Frage ist nur: Wer sorgt für die Einhaltung der klaren Regeln, wenn die Verkehrsteilnehmer — wie gesagt, aus meiner Sicht bezieht das die Fußgänger mit ein — dazu nicht aus eigener Kraft in der Lage sind?
Lieber Bronski,
ich habe den Artikel von Florian Leclerc sehr genau gelesen, und er würde dem letzten Absatz meines vorherigen Beitrags eben NICHT zustimmen.
Das erste, was er als „Gängelung“ anführt, ist nämlich ein Verbot des Radelns auf der Zeil. Die von der CDU erwogene Sperrung des Mainufers für Radfahrer halte ich nicht für angemessen, allerdings ist das Ufer meist so breit, dass man Fußwege und Radwege vonenander trennen könnte (möglichst mit einem Grünstreifen dazwischen).
Als Nächstes wendet er sich gegen stärkere Kontrollen von Radfahrern auf Gehwegen, da ist er also mit Ihnen und mir unterschiedlicher Meinung.
Ansonsten folge ich mit meiner Haltung dem Prinzip: Wo er dem Autoverkehr weggenommen wird, sollte dem Fahrrad durchaus mehr Raum zugebilligt werden. Also Straßen für Radler ganz zu sperren ist absurd. Aber wo Radfahrer Fußgänger bedrängen, muss ihnen Einhalt geboten werden. Für massives Verteilen von Knöllchen bei falschem (nicht behinderndem) Parken hat die Polizei offenbar genug Personal. Warum kann es nicht auch mal zur Kontrolle von Radfahrern eingesetzt werden?
Aber das ist von den Grünen und der SPD nicht gewollt, weil man Angst hat, dass die Radfahrer wieder ins Auto steigen könnten, wenn man sie verärgert.
27.23:51 Bronski
Mir geht es nicht nur um das Fehlverhalten des Radfahrers, sondern auch um die problematische Erlaubnis der Nutzungsmöglichkeit der Radfahrer von Einbahnstraßen in Gegenrichtung. Wer ist im geschilderten Fall schuldig und muss die Unfallkosten tragen? Ist es der Fußgänger der 5m neben dem Zebrastreifen die Straße überquert hat und nicht den Verkehrsteilnehmer beachtet hat der Erlaubt entgegen der Einbahnstraße gefahren ist (aus Unkenntnis), oder der Radfahrer der an dieser Stelle (angen. Ohne Hund) sich noch korrekt verhalten hat. Nach meiner Meinung sollte die teilweise Nutzung der Einbahnstraßen in Gegenrichtung für Fahrradfahrer aus der Straßenverkehrsordnung gestrichen werden bevor wir Schwerverletzte oder gar Tote Fußgänger beklagen müssen. Eine größere Zahl Radfahrer ist wohl nicht in der Lage die nötige Vorsicht walten zu lassen.
Stimmt, Frau Ernst. Ich hatte nicht richtig gelesen. Diesen Maximalforderungen würde Leclerc sicher nicht zustimmen, ebenso wenig wie ich. Solche Forderungen sind unrealistisch. Ich wüsste auch nicht, warum Fußgängern derart Vorrang eingeräumt werden sollte. Sie sind zwar vollwertige Verkehrsteilnehmer, jeder für sich, aber das gilt für Radler ebenso.
Sie wollen in Zonen, die Fußgänger und Radler sich teilen müssen, Schritttempo für Radler. Das würde zum Beispiel für die Mainuferwege in Frankfurt gelten. Der Weg am Südufer ist allerdings Teil eines europäischen Netzes von Radfernwanderwegen, ist also ein ausgewiesener Radweg mit Gemischt-Benutzung. Ihre Forderung würde bedeuten, dass hier auf einer Länge von geschätzt sieben Kilometern Schrittgeschwindigkeit angesagt wäre, obwohl Fußgänger hier definitiv mit Radfahrern rechnen müssen. Sie werden sicher selbst zugeben, dass das unsinnig ist. Wir könnten uns auf ein Tempolimit von 15 km/h einigen. Das ist einerseits ein bequemes Reisetempo für die Radler und andererseits ein Tempo, das Zeit lässt für Reaktionen, wenn Fußgänger sich unangemessen verhalten.
Trotzdem: Die Fußgänger müssen lernen, Radler mitzudenken — dort, wo mit ihnen zu rechnen ist. Sie müssen lernen, dass öffentliche Wege nicht ihnen allein gehören. Ich radle fast täglich auf dem Mainuferweg, und nach meiner Beobachtung sind es mehrheitlich die Fußgänger, die zu Problemquellen werden.
Kleiner Einwurf aus physikalischer Sicht: Schrittgeschwindigkeit für Radfahrer ist nicht sinnvoll, da Fahrräder unterhalb von ca. 10 km/h nicht stabil sind und zum Umfallen / Stürzen neigen.
@ Bronski und Henning Flessner
Einigen wir uns auf 15 km/h, damit könnte ich gut leben, die Mehrheit der Radfahrer wahrscheinlich eher nicht.
Genau die Tatsache, dass das Mainufer ebenso wie der gesamte Grüngürtel mitsamt Niddapark Teil eines Netzes von Radfernwanderwegen ist, halte ich für sehr problematisch, denn diese Klassifizierung suggeriert dem Radler, dass es sich hier um reine Radwege handele, und er bewegt sich dort entsprechend schnell und dominant vorwärts. Wenn man seitens der Politik auch nur das geringste Interesse an der Sicherheit von Fußgängern hätte, müsste man längst überall an den Wegne mit gemischter Nutzung deutliche Schilder anbringen, auf denen 15 km/h Höchstgeschwindigkeit sowie ein angemessener Abstand beim Überholen angemahnt werden. Wer meint, er komme dabei zu langsam vorwärts, muss eben auf Sraßen oder reine Radwege ausweichen. Für letztere wäre übrigens am Mainufer innerhalb des Stadtgebiets noch reichlich Platz.
Zu Ihrer Beobachtung, lieber Bronski, dass es auf den Mainuferwegen mehrheitlich die Fußgänger seien, die Probleme machen, Folgendes:
Diese Sichtweise ist natürlich rein subjektiv. Erstens wäre zu definieren, worin diese Probleme bestehen und wer sie als solche ansieht. Und zweitens ist es doch logisch, dass ein Radfahrer mit mittlerer Geschwindigkeit bei einer Fahrt von einer Viertelstunde erheblich mehr Fußgänger überholt, von denen er sich möglicherweise behindert fühlt, als Radfahrer. Und dass ein Fußgänger mit mittlerer Geschwindigkeit in dieser Zeit mehr Radfahrer erlebt, die ihn überholen und von denen er sich möglicherweise bedrängt fühlt, als Fußgänger, ist doch auch klar. So ist die unterschiedliche Einschätzung der Lage je nach Perspektive leicht zu erklären. Solange keine Statistik erhoben wurde, weiß also keiner, wie das Fehlverhalten zahlenmäßig verteilt ist.
Auf eines möchte ich aber hinweisen:
Es sind auf solchen gemeinsamen Wegen Stärkere und Schwächere unterwegs. In diesem Fall sind die Radfahrer die Stärkeren, weil sie schneller sind und ein Fahrzeug mit stählernen Kanten benutzen, während die Fußgänger, besonders Kinder, alte Leute, Behinderte und auch die bei vielen Radlern so verhassten Mütter mit Kinderwagen, die Schwächeren sind. Außerdem haben die Radfahrer die Fußgänger immer im Blick, weil diese vor ihnen hergehen, während sie selbst viel schwerer einzuschätzen sind, weil sie sich den Fußgängern meist lautlos von hinten nähern.
Nach meinem Verständnis von fairem Miteinander tragen deshalb die Radfahrer eine größere Verantwortung und müssen besser aufpassen, auch wenn natürlich die Fußgänger die Radfahrer ebenfalls mit einplanen müssen, soweit sie dazu in der Lage sind, d.h. nicht zu jung oder zu unbeweglich oder gar schwerhörig sind.
Nun kommen wir aber zu den Bereichen, die laut Straßenverkehrsordnung einzig den Fußgängern vorbehalten sind, nämlich den Trottoirs oder auch Bürgersteigen.
Ich denke, hier sind wir uns einig, dass es in diesen Zonen nur Radfahrer sein können, die sich verkehrswidrig verhalten. Dann stellen Sie sich mal an einem Sommernachmittag auf die Leipziger Straße oder an die Bockenheimer Warte und zählen Sie die Radler, die sich hier auf den Bürgersteigen tummeln, obwohl straße auf der Tempo 30 gilt, sie gegen die Einbahnstraße fahren dürfen und an der Warte sogar Radwege vobeiführen. Und hier muss ich Herrn Leclerc ganz deutlich sagen: Dagegen muss die Politik endlich einschreiten, und zwar durch eine breite Aufklärungskampagne sowie Kontrollen und Bußgelder.
Liebe Frau Ernst,
ich bin selbst auch Fußgänger, unter anderem auf besagtem Mainfußundradwanderweg, weil ich mehrmals pro Woche die 10,5 km von der FR-Redaktion bis zu mir nach Hause in Offenbach zu Fuß gehe, und ich habe als Fußgänger nicht die geringsten Probleme mit den Radfahrern. Auch nicht mit denen, die schnell fahren, wobei ich „schnell“ als 20 km/h und mehr definieren würde — die Geschwindigkeit also, mit der ich selbst als Radfahrer unterwegs bin. Aber man will als Radler ja auch vorankommen. Deswegen benutzt man das Rad als Alternative zum öffentlichen Nahverkehr, und darum ist Radverkehr auch unbedingt förderungswürdig. Das ist etwas, was die Frankfurter CDU noch immer nicht verstanden hat.
Warum habe ich keine Probleme mit Radfahrern? Es ist ganz einfach: Ich halte mich als Fußgänger immer rechts. Das müsste ich auf einem gewöhnlichen Trottoir nicht, denn da habe ich nicht mit Radlern zu rechnen, aber dort tue ich es. Da ich ein zügiger Fußgänger bin — ich brauche für die 10,5 km ca. 105 Minuten — kommt es immer wieder zu Situationen, in denen ich andere Fußgänger überhole. Vorher schaue ich mich nach links über die Schulter um, ob da eventuell ein Radfahrer kommt, der vielleicht nicht mit meinem Manöver rechnet, und passe mein Verhalten entsprechend an. So komme ich auch als Fußgänger unbeschadet voran, selbst auf einem von vielen Radlern frequentierten Weg. Wo soll da das Problem sein?
Es gab einmal eine knifflige Situation mit zwei alten Menschen auf dem Mainradfußweg am Nordufer, die vielleicht gut aufzeigt, warum häufig Fußgänger die Problemquelle sind. Ich kam auf dem Rad von hinten, und zwar zügig, hatte die beiden alten Leute aber schon von ferne als Problem ausgemacht. Ich klingelte schon aus größerer Distanz, damit sie sich nicht erschrecken, wenn ich an ihnen vorbeifahre. Sie gingen mittig auf dem Weg, als gehöre er ihnen, aber dieses Verhalten ist man als Radler gewöhnt. Plötzlich, also für mich unerwartet, blieb der Mann stehen, um eines der Flußschiffe zu bewundern, die am Kai lagen, und setzte sich dann plötzlich nach links in Bewegung. Ich bremste und klingelte zugleich und kam rechtzeitig zum Stillstand, aber der alte Mann erschrak natürlich, und seine Frau, die sich ebenfalls erschreckt hatte, schimpfte mich: Warum klingeln Sie denn nicht früher?
Ich hatte mir nichts vorzuwerfen. Ich hatte geklingelt, ich hatte gebremst, niemand war zu Schaden gekommen, doch obwohl das Pärchen auf einem Weg unterwegs war, der gemischt benutzt werden darf, verhielt es sich, als wäre es allein auf der Welt, und machte mir noch Vorwürfe. Ich habe den beiden Leuten dann gesagt: Gehen Sie einfach immer möglichst rechts, dann passiert so was nicht. Ich hatte nicht den Eindruck, dass sie mich verstanden hatten.
Wohlgemerkt: Ich rede hier nicht von Trottoirs und Fußgängerzonen. Dort haben Radler meines Erachtens nichts zu suchen. Ich rede von Wegen, auf denen gemischte Benutzung erlaubt ist, und genau dort zeigt sich fußgängerisches Fehlverhalten.
Wenn schon das Miteinanderauskommen zwischen den deutschen Fußgängern und Radfahrern untereinander ein kaum zu meisterndes Problem darstellt, dann stellt sich die Frage, nach welchen Regeln die zu uns kommenden Flüchtlinge sich in den Verkehr integrieren sollen. Ich habe jüngst gelesen, daß dazu aufgerufen wird, Fahrräder zu spenden, um den Neuankömmlingen eine erweiterte Mobilität zu gewähren. Dürfen die sich nun so verhalten wie die Einheimischen, nach dem Grundsatz „When in Rome, do as the Romans do“, oder sollten sie darauf verpflichtet werden, zu allererst die deutschen Verkehrsregeln als wesentlichen Bestandteil der deutschen Leitkultur zu verinnerlichen?
Ich komme deshalb darauf, weil ich vor ein paar Tagen, als ich mit zwei Einkaufstaschen bepackt als Fußgänger auf einem Gehweg in der späten Abenddämmerung nach Hause strebte, von einem nordafrikanisch oder kleinasiatisch aussehenden Radfahrer angefahren wurde. Der Mann hatte sich lautlos von hinten genähert und versucht, an mir vorbeizufahren, kam, nachdem er mich gerammt hatte, ins Schlingern und geriet dann über die Bordsteinkante auf die stark befahrene Straße, wo ein Pkw, der zum Glück nicht schneller als die vorgeschriebenen 30 km/h fuhr, noch rechtzeitig bremsen konnte. Da ich kein Arabisch verstehe, weiß ich nicht, ob der Radfahrer, als er wieder in die Pedale stieg, sich mit der Bitte um Entschuldigung oder mit einer Verwünschung – wonach es eher klang – verabschiedete. Ich rief ihm jedenfalls ein „Armleuchter“ hinterher, was ihn nicht weiter beeindruckte. Er setzte dann seine Fahrt auf dem Gehsteig fort. Das war möglicherweise sicherer für ihn; denn sein Rad hatte keine Beleuchtung.
Lieber Bronski,
Ihre Beschreibung des unangenehmen Zusammentreffens mit den beiden alten Leuten beleuchtet doch genau das Problem, das ich bereits angesprochen habe. In unseren vorherigen Beiträgen haben wir uns gefragt, was wohl eine angemessene Geschwindigkeit sei für Bereiche, die sich Radfahrer und Fußgänger teilen. Sie hatten von 15 km/h gesprochen, was auch ich für ein akzeptables Tempoplimit auf solchen Strecken halte. Und nun erzählen Sie mir, dass Sie sich „zügig“ vorwärtsbewegen, was mit 20 und mehr km/h gleichzusetzen sei. Merken Sie nicht, wie Sie sich selbst widersprechen?
Es ist ja nachvollziehbar, dass Radfahrer ihr Recht, schnell zu fahren, einklagen mit dem Argument: „Schließlich benutze ich das Rad, weil es schneller ist, und ich möchte ja auch mal ankommen.“ Aber auf gemischt genutzten Wegen geht das eben nicht.
Ich kann Ihnen sagen, was mein Problem mit (zu) schnell fahrenden Radlern ist:
Auch ich gehe, schon aus Selbsterhaltungstrieb, ganz rechts, wenn ich durch die Niddawiesen walke. Die Wege sind dort aber z.T. erheblich schmaler und unübersichtlicher als die Mainuferwege. Das bedeutet, dass jemand, der mit 30 Sachen zwischen den Büschen, egal ob von vorne oder von hinten, angebrettert kommt, mich einfach erschreckt und verunsichert, zumal er mir wegen der Enge des Weges auch noch viel zu nahe kommt. Um mich vor solchen Rasern in Sicherheit zu bringen, kann ich mich oft nur mit einem Sprung auf den matschigen Seitenstreifen retten, was meiner guten Laune nicht gerade zuträglich ist. Auf diesem „Hohlweg“ sind auch häufig Eltern mit kleine Kindern in Richtung Spielplatz und Leute mir Hunden unterwegs, und ich wundere mich manchmal darüber, dass es in diesem Bereich nicht schon schwere Unfälle gegeben hat. Aber vielleicht finden solche Fälle nur den Weg in die Presse nicht.
Doch nun zu Ihrem Beispiel: Alte Menschen hören nun mal nicht mehr so gut, das weiß man doch. Soll man ihnen deshalb verbieten, auf den Mainuferwegen spazierenzugehen? Und dass Füßgänger im Allgemeinen und Kinder im Besonderen nicht immer hunderprozentig die Spur halten, sollte sich ebenfalls herumgesprochen haben. Deshalb ist es ja so wichtig, dass man als Radfahrer seine Geschwindigkweit zügelt und jederzeit bremsbereit ist. Anstatt nur zu klingeln und ungebremst an den Fußgängern vorbeizubrettern, kann man doch seine Geschwingigkeit drosseln und vorsichtig und langsam überholen. Und wenn ein Radfahrer an einer Stelle, wo es eng wird, weil zwei Fußgängergruppen einander entgegenkommen, mal anhält oder gar absteigt und wartet, bis er gefahrlos und ohne andere zu bedrängen überholen kann, bricht ihm auch kein Zacken aus der Krone. Oder gilt in Bezug auf Radfahrer das vulgärdarwinistische Prinzip (Klaus Philipp Mertens hat es schon angesprochen), dass sich der Stärkere und Schnellere durchsetzen muss?
Ich kann einfach nicht verstehen, warum Radfahrer es nicht hinbekommen, logische Schlüsse zu ziehen.
Das Tempolimit von 30 km/h wurde weiland in Wohngebieten eingeführt, weil man erkannt hatte, dass Kinder sich eben nicht immer an Vorschrift halten, auf dem Bürgersteig zu bleiben und vor dem Überqueren der Straße zu schauen, ob diese frei ist. Die Autofahrer müssen dadurch Einschränkungen hinnehmen, und es wird kontrolliert, ob sie sich an die Regeln halten.
Außerdem sieht die Straßenverkehrsordnung für Bereche, in denen kein Bürgersteig vorhanden ist und sich alle Verkehrsteilnehmer eine Fläche teilen, im Interesse der Sicherheit aller Schrittgeschwindigkeit vor (was auch immer das für Radler bedeutet).
Kann man mir einmal erklären, warum solche Regeln auf Wegen, die von Radlern und Fußgängern gemeinsam genutzt werden, plötzlich nicht mehr gelten sollen?
Nach dem Verhalten, das Sie, lieber Bronski, von Fußgängern fordern, habe ich eine schreckliche Vision:
Sonntag auf dem Mainuferweg.
Die Familien und Paare richten sich aus und marschieren in fester Zweierformation – oder noch besser im Gänsemarsch – am rechten Rand des Weges entlang. Schließlich dürfen sie nicht „zum Problem werden“. Keiner bleibt stehen oder schert gar aus, damit die Radfahrer mit einem Tempo zwischen ca. 25 und 35 km/h nicht behindert werden.
Vorher werden am besten noch Passierscheine ausgegeben: Gebrechlichen und schwerhörigen alten Leuten wird der Zugang verweigert, ebenso Kindern im Vorschulalter, weil zu unberechenbar, und Müttern mit Kinderwagen, weil die, eventuell noch mit einem Kind an der Hand, einen zu breiten Raum einnehmen.
Herrlicher Sonntagsspaziergang in einer schönen neuen Welt!
Liebe Frau Ernst,
es ist nun mal so, dass man von allen Verkehrsteilnehmern erwarten kann, dass sie sich nach bestimmten Regeln richten und Rücksicht aufeinander nehmen. Ich würde z.B. ein Tempolimit für Radfahrer befürworten, obwohl ich es für mich persönlich für überflüssig halte. Ich fahre meist zügiger, aber mit Überblick und seit 40 Jahren unfallfrei. Ich sehe da keinen Widerspruch. Eher sehe ich das Problem, wie ein Tempolimit durchzusetzen wäre, und damit sind wir wieder bei meiner Ausgangsthese, dass die Polizei für die Durchsetzung der Regeln und Gesetze sorgen muss. Wenn sie das nicht tut, entstehen rechtsfreie Räume. Hier liegt meines Erachtens die Wurzel des Problems.
Schärfere Regeln und Gesetze wie z.B. einen Führerschein für Radfahrer, wie Herr Mertens ihn fordert, brauchen wir nicht. Die meisten Radfahrer haben einen Führerschein, nämlich den fürs Auto. Gegen eine Kennzeichnungspflicht von Fahrrädern hätte ich nichts einzuwenden, obwohl der bürokratische Aufwand vermutlich den konkreten Nutzen übersteigen würde. Grundsätzlich denke ich — und meine Beobachtung stützt dies –, dass die Koexistenz von Fußgängern und Radlern viel besser funktioniert, als Ihre Beschwerden oder die Leserbriefe es nahelegen. Was nicht heißt, dass es nicht noch besser ginge. Aber dieses „besser“ müsste im Sinne des Gemeinwohls austariert werden, und das kann nicht bedeuten, dass einseitig zu Lasten der Radler Verschlechterungen durchgesetzt werden, wie dies die Frankfurter CDU fordert. Radler leisten meines Erachtens einen größeren Beitrag für das Allgemeinwohl als Fußgänger, etwa weil sie den Innenstadtverkehr entlasten, ohne Stickoxide, Feinstaub und CO2 auszustoßen. Der Radverkehr muss daher gefördert werden. Natürlich nicht auf Kosten der Fußgänger, sondern auf Kosten der Autos. Darüber hinaus ist es aber allen Fußgängern zuzumuten, dass sie Radfahrer mitdenken, jedenfalls dort, wo Radfahrer verkehren dürfen. Und das funktioniert ja auch im Großen und Ganzen.
Es ist alles ein Problem der Wahrnehmung.
Ich habe einige Jahre in Mannheim gelebt und dort am Rhein für meine Marathonläufe trainiert. Von Autofahrern durch Hupen aufgeschreckt oder aus dem Autofenster mit Cola-Dosen beworfen zu werden, ist ja nicht besonderes. Seltsam wurde es jedoch als mir eines Tages ein Spaziergänger das Laufen verbieten wolle, weil es zu gefährlich für ihn sei. Er wollte mich sogar festhalten. Als ich ihm mitteilte, dass ein Problem nur dadurch entstehen könnte, dass sein Bauchumfang den deutschen Durchschnitt um den Faktor drei überträfe, war er so verblüfft, dass ich mich mit über 15 km/h aus dem Staub machen konnte.
Wenn das Zusammenleben zwischen Radfahrern und Fußgängern so gut funktionieren würde, gäbe es doch nicht so viele Beschwerden. Ich bin ja wahrlich nicht die Einzige, die sich häufig von Radfahrern belästigt fühlt. Immerhin haben sich alle drei von Ihnen veröffentlichten Leserbriefe ähnlich geäußert, ebenso Klaus Philipp Mertens und Manfred Petersmark.
Und in unseren letzten Posts ging es ja nur um die Bereiche, die Fußgängern und Radfahrern gleichermaßen zur Verfügung stehen und die (leider) in den letzten 30 Jahren schleichend ausgeweitet wurden, z.B. auf Parks und Waldwege. Ein noch viel größeres Problem sind doch die Radfahrer auf den Trottoirs und in den sonstigen reinen Fußgängerbereichen. Auch wenn ich noch nie in meinem Leben CDU gewählt habe, hier hat sie Recht, wenn sie strenge Verbote, Kontrollen und Bußgelder fordert. Und die müssen in der Tat von der Politik gewollt und von der Polizei umgesetzt werden.
Eines müssen Sie mir aber noch erklären: Inwiefern trägt denn der Radverkehr mehr zur Erhaltung der Umwelt bei als die Fußgänger?
Dass ich als Fußgängerin mehr Stickoxide, Feinstaub und CO2 ausstoße als ein Radfahrer, war mir bisher entgangen. Gibt es da neuere Erkenntnisse?
Liebe Brigitte Ernst,
das Menschsein gehörte nicht nur für Fußgänger oder Radfahrer, sondern auch, was des Menschen Schadstoffausstoß als Individuum und insbesondere subsidiär zur Erhaltung seiner Art angeht, gesetzlich verboten. Was soll die Diskussion um Marginalien, wenn’s um den Erhalt der Umwelt geht?
Wollte aus einer Tankstelle auf eine 2-spurige Strasse nach rechts ausfahren; mein Auto stand und nachdem ich zuerst nach rechts und dann sinnigerweise nach links geblickt und eine Lücke im fliessenden Berufsverkehr erblickt hatte, in die ich mich in ca. 2-3 Sekunden einreihen wollte, wollte ich das Auto die letzten 50 cm bis zum Fahrbahnrand rollen lassen, zu dem es nicht mehr kam, da es einen Schlag tat und ich die junge Dame samt Fahrrad über meine Motorhaube fliegen sah, was mir sehr, sehr leid tat, da sie mit ihrer sehr leichten Sommerbekleidung auf dem Asphalt landete. Sie kam in einem Affentempo von rechts den Berg runter, was sie nicht durfte, weil sie den gegenüberliegenden Radweg hätte benutzen müssen (so steht es im Gesetz bzw. auf den Verkehrszeichen dort vor Ort) Mein KZF war genau drei Tage alt mit ca. 400 km auf dem Tacho und die Rechnung der Reparatur entsprechend, wie man sich denken kann. Obwohl ich mich 100% korrekt verhalten hatte, bin ich auf meinen Kosten sitzengeblieben bzw. mir sind 50% der Gesamtkosten aufgebürdet worden. Da ich selbst sowohl Fahrrad aus auch Motorrad fahre, konnte ich ein ganz klein wenig der Argumentation folgen, dass Zweiradfahrer keine Knautschzone haben…. aber nur ein ganz klein wenig, da ich mit dem Moto in 40 Jahren erst einmal ganz am Anfang abgestiegen bin, als mich ein Autofahrer nicht gesehen hatte (der ist natürlich abgehauen) weil ich zwar sehr schnell, aber sehr umsichtig fahre. Ich freue mich schon heute auf den Tag, an dem mich als Fußgänger einer dieser rücksichtslosen Radfahrer versucht zu rempeln oder zu nötigen. Ich wiege um die 90 kg und bin trotz meines Alters sehr standhaft und ziemlich gut trainiert. Schaun mer mal, wie das ausgeht. Grüßle
@ Brigitte Ernst
30. Januar 2016 um 18:48
„Dass ich als Fußgängerin mehr Stickoxide, Feinstaub und CO2 ausstoße als ein Radfahrer, war mir bisher entgangen. Gibt es da neuere Erkenntnisse?“
Sie belieben zu scherzen. Ich hatte geschrieben:
Radler leisten meines Erachtens einen größeren Beitrag für das Allgemeinwohl als Fußgänger, etwa weil sie den Innenstadtverkehr entlasten, ohne Stickoxide, Feinstaub und CO2 auszustoßen.
Das muss ich wohl noch ein wenig erklären, obwohl die Sache doch klar genug zu sein scheint. Ich halte das für ganz einfach: Eine große Zahl der Fahrten, die mit einem Fahrrad unternommen werden, ersetzen Fahrten mit dem Auto oder mit dem öffentlichen Nahverkehr (der allerdings emissionsärmer ist als der Autoverkehr). So hilft der Radverkehr, die Emissionen zu senken. Das ist besonders in verkehrsreichen Regionen wie der Rhein-Main-Region ein bedeutender Beitrag zur Reduzierung der Luftbelastung. Für die Wege hingegen, die Fußgänger zu Fuß zurücklegen, ist das Auto in der Regel keine Alternative. Ob das der tägliche Einkauf im Supermarkt ist oder der Spaziergang im Niddapark oder am Mainufer — solche Wege wurden immer zu Fuß unternommen und sind daher neutral für die Bilanz des Stadtklimas. Beim Radverkehr hingegen sehe ich noch deutlich Luft nach oben. Daher gehören Radfahrer gefördert und nicht gegängelt.
Ich leugne nicht, dass es Fehlverhalten von Radlern gibt. Ich weiß nichts über dessen Verbreitung, aber auch ich sehe natürlich Radler, die bei Rot über die Ampel fahren, die auf Gehwegen fahren, die dicht an Fußgängern vorbeirasen, die gegen die Richtung auf Radwegen unterwegs sind, wo dies nicht erlaubt ist, oder die zum Beispiel auch von rechts auf einen Radweg einbiegen, ohne einen Blick über die Schulter geworfen zu haben. Andere haben das Handy am Ohr oder verfügen über funktionierende Kopfhörer, aber nicht über eine funktionierende Lichtanlage. Ich hatte schon viele Streitereien als Radler mit Radlern. Es gibt zweifellos verbreitetes Fehlverhalten auch bei Radlern. Radler sind eben nicht die besseren Menschen. Nur: Die Klage darüber sollte niemanden dazu verleiten, quasi wie bei der Suche nach einem Sündenbock alle Schuld bei einer einzelnen Gruppe von Verkehrsteilnehmern abzulassen und dabei das strukturelle Problem zu übersehen, das dieses Fehlverhalten erst ermöglicht.
Lieber Bronki,
es ging mir nie darum, „alle Schuld“ auf eine einzige Gruppe zu schieben. Es ist mir doch völlig klar, dass, wenn man den gesamten Verkehr betrachtet, die größte Gefahr für Leib und Leben (sowohl in Bezug auf Unfälle als auch auf die Umweltbelastung) vom motorisierten Verkehr ausgeht. Das bedeutet aber noch lange nicht, dass Radfahrer bei ihrer Möglichkeit, Fußgänger zu belästigen und zu gefährden, nicht durch klarere Regeln und schärfere Kontrollen gebremst werden müssten. Meiner Ansicht nach ist das Wort „gängeln“ hier fehl am Platz.
Es geht doch nur darum, dass sie sich an die Verkehrsregeln halten, wie es von allen anderen Verkehrsteilnehmern auch gefordert wird. Niemand käme doch auf die Idee, eine Überwachung des Autoverkehrs „Gängelung“ zu nennen.
Ich habe auch nichts gegen eine Förderung des Fahrradverkehrs zu Lasten des Autoverkehrs, wie es z.B. gerade in Eschersheim geschieht, wo auf der Eschersheimer Landstraße eine Fahrspur in einen Radweg umgewandelt wird. Leider stelle ich aber immer wieder fest, dass das Hätscheln der Radfahrer in den letzten 20 Jahren dazu geführt hat, dass viele von ihnen glauben, sie hätten überall Narrenfreiheit. Und der Zahn muss ihnen gezogen werden, vor allem, wenn sie sich rücksichtslos in Fußgängerbereichen tummeln.
Liebe Frau Ernst,
klarere Regeln brauchen wir nicht. Ich wüsste nicht, was da klarer zu fassen sein sollte. Wenn zum Beispiel am Beginn der Fußgängerzone hier in Offenbach deutlich darauf hingewiesen wird, dass sie zwischen neun und 20 Uhr nicht von Radlern befahren werden darf, ist das eine glasklare Regel. Es ist die Durchsetzung, an der es hapert, also das, was Sie „schärfere Kontrollen“ nennen. Genau das sage ich die ganze Zeit.
Mit dem Rekurs auf die Gängelung wollte ich den Bogen spannen zurück zum Anfang dieses Threads, zum Kommentar von Florian Leclerc, der die Wahlkampfvorschläge der CDU als Gängelung von Radlern bezeichnet hat. Ich bin nicht in allen Punkten einig mit meinem Kollegen (wie gesagt, in Fußgängerzonen haben Radler nichts zu suchen), aber die CDU hat da ja noch mehr vorgeschlagen. Sie hat offensichtlich die Radler als Gruppe von Sündenböcken für eine ganze Reihe von Problemen im Verkehr ausgemacht.
Lieber Bronski,
in vielen Punkten sind wir uns doch einig. Weder halte ich es für sinnvoll, die Mainuferwege nachmittags für Radler zu sperren, noch ist es rechtlich möglich, Radfahrern die Benutzung von Fahrbahnen welcher Straßen auch immer zu verbieten. Allerdings würde ich es am Mainufer für sinnvoll halten (siehe meinen vorherigen Beitrag), wo immer das möglich ist, eigene Radwege für diejenigen zu schaffen, die „zügig“ vorankommen und sich nicht an die für gemischt genutzte Bereiche angemessene Geschwindigkeit halten wollen.
Die Fußgängerzonen sind da schon ein diffizileres Problem. Wenn nach Ihrer Ansicht, lieber Bronski, Radfahrer dort nichts verloren haben (das würde dann ja auch die Fressgass zwischen Alter Oper und Hauptwache sowie die Zeil bis zur Konstablerwache betreffen), haben Sie ca. 90% der Frankfurter Radler gegen sich, und denen hat sich die Stadtregierung bisher ja auch gebeugt.
Dass die Polizei Radler auf Gehwegen – nicht stärker, denn bisher geschieht das ja gar nicht, sondern überhaupt – kontrollieren muss, steht meiner Ansicht nach außer Frage, wenn man diese üble Unsitte auch nur ansatzweise in den Griff bekommen will.
Auch das Anhalten an roten Ampeln sollte zwar, wie Sie richtig bemerken, auch für Radler selbstverständlich sein, aber solange Freigeister wir Ihr (mehr oder weniger) geschätzter Kolumnist Michi Herl sich damit brüsten, sich als Radfahrer grundsätzlich nicht an diese Regel zu halten – und ich kenne viele Radler, die sich offen zu dieser Haltung bekennen – scheinen Kontrollen ebenfalls nötig zu sein.
Im Übrigen hielte ich es für sinnvoll, immer mal wieder Kampagnen durchzuführen, die alle Verkehrsteilnehmer an diejenigen Regeln der Straßenverkehrsordnung erinnern, deren Übertretung sich schleichend eingebürgert hat. Da wäre z.B. seitens der Autofahrer anzumahnen, tasächlich anzuhalten, wenn die Ampel rot ist, und nicht noch sekundenlang weiterzufahren, bis man fast mit dem anfahrenden Querverkehr kollidiert – auch so eine Unsitte. Außerdem scheint das Blinken vor dem Abbiegen weitgehend aus der Mode gekommen zu sein. Auch daran sollten Autofahrer ab und zu erinnert werden.
Und was die Radfahrer anbetrifft, scheinen die Regeln wohl nicht so klar zu sein, wie Sie annehmen, z.B. auf den gemischt genutzten Wegen. Ich bin sicher, dass den meisten Radlern nicht klar ist, dass da die Vorschriften für den verkehrsberuhigten Bereich gelten. Es wäre sehr hilfreich, wenn das entsprechend ausgeschildert bzw. durch Pressemitteilungen und Plakate publik gemacht würde. Ebenso die Tatsache, dass auch Radfahrer, die sich entgegen der Einbahnstraße bewegen, die Regel „Rechts vor Links“ zu beachten haben.
Abschließend möchte ich noch daran erinnern, dass die Straßenverkehrsordnung ja nicht dazu erfunden wurde, um irgendwelche Verkehrsteilnehmer zu gängeln, sondern alle, vor allem die Schwächsten, zu denen ja auch die Radfehrer gehörern, zu schützen. Man sollte also von der pubertären Haltung, dass man sich – egal ob als Autofahrer, Radler oder Fußgänger – keinesfalls in seiner vermeintlichen Freiheit einschränken lassen dürfe, Abstand nehmen und sich eher von der Vernunft leiten lassen. Der Vorteil wären weniger Unfälle und Beinahe-Kollisionen, weniger lautstarke oder gar handgeifliche (bzw. „fußtrittliche“ Auseinandersetzungen, weniger Stinkefinger und folglich weniger gestresste und deshalb freundlichere und zufriedenere Mitmenschen.