FRANKFURT. Es ist etwas faul im Staate Deutschland. Viele Menschen spüren das, aber kaum jemand geht auf die Straße. Kaum jemand? In Frankfurt waren es am vergangenen Wochenende immerhin zehntausend Menschen, die gegen Turbokapitalismus und Bankenmacht auf die Straße gingen. Zehntausend sind immer noch viel zu wenig – aber es sind immerhin zehntausend, die da ihr vom Grundgesetz garantiertes Grundrecht auf Demonstrationsfreiheit wahrnahmen. Blockupy ist wieder da! Doch was sich da abspielte, spottet jeder Beschreibung. Davon wird vielleicht einmal als vom „Frankfurter Kessel“ berichtet werden. Der genaue Ablauf des Geschehens ist hier fast minutiös nachzulesen.
Die Demonstranten waren also schwer bewaffnet: mit fünf hölzernen Fahnenstöcken und zehn mit Farbe gefüllten Glasflaschen. Vorher waren drei Böller geflogen und eine Leuchtrakete, auch ein paar Farbbeutel. Außerdem trugen einige Kapuzenpullis und Sonnenbrillen – klarer Verstoß gegen das Vermummungsverbot. Das alles rechtfertigte den Einsatz von Pfefferspray und Schlagstöcken. Ein Skandal, meint FR-Kommentator Georg Leppert, und Leitartikler Stephan Hebel meint: „Die Polizei-Prügelei gegen Blockupy-Demonstranten in Frankfurt wurde selbst zur Demonstration. Der Protest stört eine Politik, welche die fatalen Folgen der Euro-„Rettung“ verschweigt.“
Während Hessens Innenminister Boris Rhein den rüden Polizeieinsatz verteidigt, gibt es Anzeichen dafür, dass der Kessel seitens der Polizei geplant gewesen sein könnte, und Polizisten rügen den Einsatz von Kollegen: „Die kamen, haben zugeschlagen und sind wieder heimgefahren.“
Hören wir mal, was die FR-Leser mir dazu schrieben – denn einige waren mittenmang dabei.So beispielsweise Bärbel N. aus Hanau, die berichtet:
„Ich war etliche Stunden da. Die Stimmung war fordernd bis lustig, aber nie aggressiv. Im Gegenteil: Selbst nach der völlig überraschenden Einkesselung ohne wirklichen Grund blieb die Masse ruhig, friedlich und gelassen. Darauf bedacht, sich von dieser offensichtlichen Willkür nicht beeinflussen zu lassen. Ich, 60-jährig, ging immer weiter nach hinten im Zug, weil immer mehr vermummte, gepanzerte Polizisten in Mehrfachreihen sich um uns rum „gesellten“ – die offensichtlich nicht in friedlicher Absicht sich ansammelten. Hundertschaften gepanzerter Polizisten im Genick stehend machten mir totale Angst. Die Stimmung im Zug ging eher in Richtung Volksfest. Das war Einschüchterung, Aggression und Willkür von Seiten des Staatsapparates – hier der Polizei. Das war nicht im Ansatz nötig. Ich habe mich nicht beschützt, sondern bedroht gefühlt von ihnen.
Ich wäre weniger pessimistisch in meiner Einschätzung, wenn die Rechten wenigstens genauso behandelt würden. Werden sie aber nicht. Rechte und Banken – die werden geschützt? Da werden die Gegendemonstranten bedroht … allein durch die Körperhaltung. Bei Rechtendemos stehen die Polizisten mit dem Rücken zu den Rechten und verteidigen sie nach außen; hier standen die Polizisten mit dem Gesicht zu den Demonstranten. Wo leben wir? Nach Demokratie sah das wirklich nicht aus!“
Armin Mikosch aus Frankfurt:
„Am Freitag habe ich mich auf der Zeil durch die protestierenden Blockupy-Aktivisten durchgemogelt, um mir in einem Konsumtempel die neue CD von Joe Cocker zu kaufen. Insbesondere weil mir das Lied „I Come in Peace“ so gut gefällt.
Nach meinen Erlebnissen auf der Blockupy-Demo am Samstag, als über 10000 BürgerInnen von der Polizei gestoppt wurden und ihr verfassungsgemäßes Demonstrationsrecht über zehn Stunden ausgehebelt wurde; als pfeffersprayende- und schlagstockprügelnden Polizisten einen Kessel auflösten, solidarische Demonstranten angriffen und nach der Erkenntnis, dass diese Eskalation durch das wiederholt auffällige Law-and-order-Trio Thiel (Polizeipräsident), Frank (Ordnungsdezernent) und Rhein (Innenminister) offensichtlich bewusst herbeigeführt wurde, muss ich mich fragen: I come in peace?
Die krampfhaft zusammengekratzten Beweise für die angebliche Gewaltbereitschaft eines Teils der Demonstration, rechtfertigen in keiner Weise das Vorgehen vom Samstag. In einem Staat und in einer Stadt, die ihre demokratischen Werte immer so gerne zur Schau stellt, sollten maßvollere Wege bei Verfehlungen von Demoauflagen möglich sein.
Mir drängt sich der Eindruck auf, die drei Herren fahren Retourkutschen (Blockupy 2012, Hausbesetzungen, Anti-Nazi-Blockaden) und wollen soziale Proteste und Kritik am System – unter dem Bruch von meinen Verfassungsrechten – im Keim ersticken.“
Reinhold Hinzmann aus Niederselters:
„Ich habe schon viel erlebt, doch dieser Samstag war etwas Besonderes. Alle Jahre wieder warnen CDU und Co vor den Gefahren, die von gewalttätigen „Chaoten“ ausgehen sollen. Demorouten wurden untersagt, alles im Interesse der öffentlichen Sicherheit. Dumm nur, dass die Verwaltungsgerichte diese Spiel nicht mitmachten.
Es wäre alles friedlich gelaufen, wenn es nicht zu massiven Provokationen der Polizei gekommen wäre. Aus heiterem Himmel, wurden am Opernhaus massive Polizeisperren aufgebaut, angeblich wegen „passiv“ bewaffneten und vermummten Demonstranten. Die Vermummung bestand in Sonnenbrillen und Kapuzenpullis, die Bewaffnung aus Fahnenstangen. Jedoch habe ich sehr viele vermummte Polizeibeamte gesehen. Unter ihren Helmen waren nur die Augen zu sehen.
Als die Spitze des Demonstrationszuges am Opernhaus ankam, eskalierte die Situation, weil die Polizei massiv ohne Grund Pfefferspray einsetzte und mit Absperrgittern den Fortgang der Demonstration verhinderte. Verhandlungen zwischen Demonstrationsleitung und Polizei scheiterten. Auf Druck aus dem Innenministerium. Mir drängt sich der Verdacht auf, dass diese Polizeiprovokationen gezielt eingesetzt wurden. Sollten diese Maßnahme eine Revanche für die Niederlage vor Gericht sein? So nach dem Motto: Was Recht ist, entscheiden Polizeiknüppel und Pfefferspray? Wie sich die Bilder gleichen: In Frankfurt und Istanbul Bilder von Polizeigewalt.
Dass auch Journalisten körperlich angegriffen wurden, mit Tränengas verletzt wurden, sind Methoden aus Polizeistaaten. Dumm nur, dass die Bilder der Polizeigewalt trotzdem an die Öffentlichkeit gelangten.“
Lutz Brunnert aus Frankfurt:
„Die sogenannte weltoffene und tolerante Stadt Frankfurt am Main zeigte am Samstag ein anderes Gesicht. Es war von Anfang an von der Polizeiführung geplant – mit fadenscheinigen Argumenten und mit Weisungen aus dem Innenministerium – den Zug zu stoppen. Bisher dachte ich, dass dies nur in Staaten wie Russland oder Weißrussland die übliche Strategie sei. Seit Samstag weiß ich aber: So etwas ist auch bei uns jederzeit möglich. Schon bei Stuttgart 21 hat man dies gesehen. Wer dachte, dies sei ein Einzelfall gewesen, der kann spätestens jetzt sehen, was für Folgen die Ausübung, des im Grundgesetz verankerte Demonstrationsrecht haben kann.“
Friedhilde Scholl aus Frankfurt:
„Vor einem Jahr versuchte Boris Rhein, in Frankfurt Oberbürgermeister zu werden, dazu lud er die Bundeskanzlerin und den hessischen Ministerpräsidenten zur Wahlveranstaltung auf den Frankfurter Römer. Bei dieser Veranstaltung war ich als Flughafenausbaugegnerin vertreten. Von Anfang an versuchte die Polizei, die Gegendemonstranten zu provozieren, ich sah, wie eine junge Frau blutig geschlagen und von drei Polizisten zu Boden geworfen wurde. Danach wurden ich und weitere Demonstranten mit doppelter Reihe Polizisten umzingelt. Ich befand mich dadurch in einer hilflosen und rechtlosen Lage. Die Polizisten waren nicht zu erkennen und gaben auch auf Nachfrage keine Identität preis.
Nach Beendigung der CDU-Kundgebung kamen zusätzliche Polizisten in voller Kampfmontur. Sie hatten es wohl auf eine Gruppe junger, dunkel angezogener Demonstranten abgesehen. Auf meine Frage ob das noch rechtsstaatliches Vorgehen sei, erwiderte mir ein Polizist, diese Menschen hätten Gewalt ausgeübt. Obwohl ich die ganze Zeit in unmittelbarer Nähe stand habe ich keinerlei Gewalt von Seiten der Demonstranten gesehen.
Nach diesen Erfahrungen mit dem Rechtsstaat des Innenministers Boris Rhein glaube ich sofort, dass die Provokation bei der Blockupy-Demo von der Polizei gezielt eingesetzt wurde um die Anliegen der Demonstranten zum Verschwinden zu bringen und die Kundgebung vor der EZB zu verhindern. Rechtsstaat à la Hessen: Was man nicht verbieten kann, darf trotzdem nicht stattfinden.“
Elisabeth Wendland aus Hamburg:
„Seite 1 der FR vom 3. Juni: Ein Foto von der Einkesselung der Blockupy-Demonstranten in Frankfurt zwei Tage vorher während der genehmigten Demonstration gegen die Macht des Finanzkapitals. Seite 27 der FR vom 3. Juni: Ein Bericht über das von der Polizei und ihrer politischen Führung zu verantwortende Ende eben dieser genehmigten Demonstration.
Seite 1 der FR vom 3. Juni: Die EU-Außenbeauftragte Ashton und der Vorsitzende des EU-Parlaments Schulz äußern Kritik am und Sorge über das Vorgehen der Polizei und bezeichnen es als völlig unangemessen. Herr Polenz von der CDU lobt die Demonstrationen vom Wochenende als Ausdruck einer lebendigen Zivilgesellschaft und Herr Mützenich von der SPD fordert, die Proteste ernst zu nehmen.
Gelten diese Äußerungen der Blockupy-Demonstration? Nein, sie gelten den Protestdemonstrationen in der Türkei! Offenbar sind nur ausländische Demonstranten gute Demonstranten, nur die ausländische Polizei reagiert unangemessen und brutal, nur ausländische Regierungen sollen Proteste ihrer Bürger ernst nehmen. Und ein Stopp geplanter Baumaßnahmen durch die Regierung nach Protesten der Menschen offenbart wohl nur in der Türkei, dass die rechtsstaatlichen Mechanismen funktionieren. Was für eine Verlogenheit!! Ich fordere die oben erwähnten und sonstige Politiker und auch Journalisten auf, bei Protesten in unserem Land gegen Atommülltransporte, gegen Verursacher der Finanzkrise, gegen baulichen Irrsinn (wie Stuttgart 21) oder sonstige Regierungsmaßnahmen genau so kritisch hinzuschauen und bei ihrer Bewertung auch solche deutlichen Worte zu finden! Oder soll es nur für Erdogan ernst werden (FR vom 3. 6., S. 11)?“
Die FR. meint, ich solle selbst was sagen, zu diesen Ungeheuerlichkeiten. Eigentlich macht dies Geschehen mich sprachlos. Trotzdem hat es aber auch eine positive Seite: Ohne das wohl von Boris Rhein geplante (?) brutale Vorgehen der Polizei hätten die Kritiker unseres Wirtschaftsystems wohl nicht diese Beachtung in der Öffentlichkeit und den Medien erreicht, – und das nützt zweifellos wenige Monate vor der Bundestagswahl den Oppositionsparteien, hoffentlich vor allem der Linken, von der die meisten gut begründeten Parolen stammten.
Ich muss gestehen, dass mein Bild der Polizei stark geprägt von meiner (lange zurückliegenden) aktiven Demonstrationszeit recht negativ ausfiel und durch Ereignisse wie am vergangenen Samstag in Frankfurt diese grundhaltung natürlich bestärkt wurde.
Umso erstaunter war ich über den Bericht in der heutigen FR ‚Polizisten kritisieren Kollegen‘!
Das hat es -zumindest in meiner Erinnerung- noch nicht gegeben: Dass professionelle Kritik an einem desaströsen Polizeieinsatz geübt wird.
Egal, was daraus letztendlich folgert, hat mich das ein stückweit versöhnt mit der Polizei dieser Stadt.
Wo ich immer dachte: eine Krähe hackt der anderen kein Auge aus…
Rhein gehört raus – raus aus jeder politischen Verantwortung! Denn wer wie der hessische Innenminister Rhein Nazis unbehelligt in Hanau marschieren, aber auf TeilnehmerInnen einer angemeldeten Demonstration in Frankfurt einprügeln lässt, hat sich einen Tritt mehr als verdient: den Rücktritt – und zwar ganz schnell! Bleibt Rhein dagegen im Amt, beschädigt er nur weiter unsere Demokratie.
Ich bin 79 Jahre alt und habe es gewagt, an der Demo teilzunehmen, weil ich das Geschwafel der Politiker nicht mehr ertragen kann. Was ist denn passiert seit der Finanzkrise? Man hat das Geld der Steuerzahler verbraten und damit die Spekulanten freigekauft. Bei uns herrscht die Diktatur des Kapitals, und die Politiker sind die ausführenden Knechte.
Es reicht nicht aus wenn die regierenden Parteien im Ausland auf die Menschenrechte hinweisen und zu Hause friedliche Demonstranten verprügeln. Der Handkäs-Napoleon Boris Rhein, wie er jetzt schon genannt wird, hat ein persönliches Problem mit dem schwarzen Block. Wegen 250 Menschen, die er bekämpfen muss, hatten 9750 friedliche, unschuldige Menschen, darunter viele Frauen und Kinder, zu leiden.
Ich bin gehbehindert und habe den Polizisten meine Krücke gezeigt, die Polizei hat mich nicht aus dem Kessel gelassen. Vielen Dank, lieber Boris, bei der Wahl werde ich mich daran erinnern.
Übrigens, man hätte mich auch verhaften können, ich hatte nämlich ein Feuerzeug dabei (potenzieller Brandstifter). Ich hätte die Stadt in Schutt und Asche legen können. Was macht eigentlich die Eintracht? Dort sind richtige Gewalttäter unterwegs.
Was lernt die CDU aus der Vergangenheit? Nichts. Man macht so weiter, als wenn es Stuttgart 21 nicht gibt, jedenfalls hat sie sich im Ländle schon abgeschafft. Das gibt Hoffnung auf die Zukunft.
Bevor die Blockupy-Demonstration die Rückseite der Städtischen Bühnen erreichte, hielt ich mich dort mit dem Fahrrad auf. In den letzten Seitenstraßen der Wilhelm-Leuschner-Straße, in den Parkanlagen vom Main, in der Taunusanlage und am Zürich-Hochhaus hatte sich ein Polizeiaufgebot aufgebaut, wie ich es in so einem Ausmaß, seit 1966, so lange lebe ich in Frankfurt, noch nicht gesehen habe. Meine Schätzung: bis zu zweitausend, teilweise mit Gesichtsmasken und Pfefferspray ausgerüstete Beamte, „in Wartestellung!“
Mir wurde bewusst, wenn die Demonstration diesen Punkt erreicht würde diese Polizei-Präsenz für viele eine maßlose Provokation darstellen. Das war keine Fehleinschätzung.
Wenn es der Polizeiführung darum gegangen wäre, die EZB zu schützen, hätte sie dort massiv Polizei stationieren können. Aber hinter den Nato-Draht bewehrten Sperrgittern und davor, war zu diesem Zeitpunkt kaum Polizei anwesend. Was gab es auf der anderen Seite der Städtischen Bühnen zu beschützen?
Was dann über neun Stunden lang im „Frankfurter Kessel“ geschah, wird von der FR dankenswerter Weise sehr genau dargestellt und bewertet.
In den Jahren, in denen ich die Polizei-Einsätze bei Demonstrationen in Frankfurt beobachte, schockiert mich immer wieder, mit was für einer Brutalität und Menschenverachtung teilweise die Einsatzkräfte ihren Dienst gegen Demonstranten versehen. Das, was am 1.6. erneut an Gewalttätigkeiten der Polizei offenbar wurde, ist eines demokratischen Rechtsstaates unwürdig und muss beendet werden.
Warum hat die schwarz-grüne Stadtregierung, aber auch der SPD-Oberbürgermeister nicht eingegriffen, um diese fürchterlichen Vorgänge zu beenden? Wussten die von nichts, wollten die nichts wissen oder hatten sie schlicht keine Interventionsmöglichkeit? Wenn Letzteres zutrifft, hat Innenminister Rhein wohl mehr Einfluss in der Stadt, als man es nach seiner Niederlage bei der OB-Wahl vermuten sollte.
Da wird sich der „Schwarze Block“ ganz herzlich bei der Leitung des Polizeieinsatzes anlässlich der großen Blockupy-Demonstration bedanken müssen: Die Einsatzleitung hat durch konkludentes Handeln Tausenden friedlichen Demonstranten bewiesen, dass diese Leute gar nicht so danebenliegen mit ihrer These, dass wir kein Rechtsstaat, sondern ein Polizeistaat sind. Oh Herr, wie kriegt man Hirn in die Schädel dieser Polizeiführung?
Ich war selbst vor Ort, wurde aber an meinem Grundrecht, zu demonstrieren, gehindert. Grund: etwa 900 Demonstranten wurden von der Polizei ca. sechs Stunden lang eingekesselt.
„Als Grund gab die Polizei an, die Teilnehmer hätten sich mit Regenschirmen vermummt und Feuerwerkskörper gezündet“ (an anderer Stelle wurden noch Styropor-Schilder und Sonnenbrillen als verbotene passive Bewaffnung genannt). „Frankfurts Polizeipräsident Thiel sagte, das Verhalten einiger `Störer` habe keine andere Wahl gelassen als die Demonstranten anzuhalten und ihre Idendität festzustellen.“ ..“Zwei Hundertschaften stürmten in die Menschenmenge und zogen unter Einsatz von Schlagstöcken und Pfefferspray die Demonstranten einzeln heraus.“ … Es wurden 21 Polizisten und ca. 200 Demonstranten verletzt, darunter auch Journalisten. „Der Frankfurter Sicherheitsdezernent Frank/CDU lobte die Polizei.“ (alle Zitate aus der FAZ vom 3.6.13, die wohl unverdächtig ist, linke radikale Kräfte zu unterstützen).
Präsident Erdogan läßt in der Türkei zur Zeit Sicherheitskräfte auf unliebsame Demonstranten los. Er räumt aber öffentlich ein, daß dabei Fehler gemacht wurden. Der hessische Innenminister Rhein dagegen hatte auf seiner heutigen Pressekonferenz für das Verhalten der Polizei nur Lob übrig.
Ich verurteile das Vorgehen der Polizei aufs Schärfste, weil der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit außer Acht gelassen wurde. Mit solchen fadenscheinigen Gründen kann man das Grundrecht auf Demonstrationsfreiheit mehr oder weniger außer kraft setzen.
Ich hatte mich der Demonstration angeschlossen, weil ich empört bin über die Schamlosigkeit mit der unsre Steuergelder für Banken und
Großinvestoren verpulvert werden und für Kinder, Alte und Rentner nichts mehr da ist.In Südeuropa mussen zum Teil die Kinder mit Hunger und Kranke mit ihrem Leben für diese Politik bezahlen.
Als ältere Demonstrationsteilnehmerin hatte ich das „Glück“ im hinteren Teil des Zuges zu laufen. Wäre ich aus Versehen in den Kessel geraten,
ich hätte einen Herzinfakt vor Angst bekommen. Für jeden normalen Bürger ist das mit nichts zu rechtfertigende Vorgehen
der Polizei eine klare Botschaft : Ihr habt zwar theoretisch das Recht zu demonstrieren, wer aber nicht ernsthaft verletzt werden will, bleibt
besser zu Hause.
2012 und 2013 haben klar gezeigt, Frankfurt als Zentrum der Bankenmacht ist der reibungslose Ablauf der Geschäfte wichtiger als unsre Grundrechte. Wenn in Russland so vorgegangen wird ( Prügel, Tränengas, Verhaftungen) sind alle besorgt über eine mögliche Diktatur, bei uns
sind wir selbst schuld, wenn wir uns mit Regenschirmen und Sonnenbrillen vermummen.
Stephan Hebels Leitartikel „Die Ordnung der anderen“ trifft die Situation sehr deutlich. Eine ebenso treffende Einschätzung liefert Jakob Augstein im Spiegel unter dem Titel „Im Zweifel zuschlagen“. Augstein erwähnt nebenbei, daß erst im Februar 2013 das Land Hessen verurteilt wurde, den zu Unrecht festgehaltenen Demonstrationsteilnehmern aus dem Jahr 2012 Schadenersatz in Höhe von 500 Euro zahlen müsse. Mehr ist das Demonstrationsrecht in Deutschland nicht wert, ein Taschengeld. Das ist Ausverkauf von Demokratie und Bürgerrechten aus der Portokasse, mehr ist unsere Verfassung anscheinend nicht wert. Der deutsche Rechtstaat, oder vielleicht doch besser Rechts-Staat, geht nach allem Anschein sogar noch weiter nach Gutherrenart vor, als nur widerrechtlich festgehaltene Demonstranten mit 500 Euro für den Verfassungsbruch abzuspeisen, sollte die Information zutreffend sein, daß der Polizeikessel keine Aktion aus der Situation heraus war, sondern eine gezielte Fortsetzung des polizeilischen Vorgehens vom Vorjahr. Da dienten der Polizei ein paar einzelne Chaoten lediglich als Vorwand, um gut geplant und vorbereitet aus den bereits abgeriegelten Nebenstraßen eine ansonsten friedliche Demonstation mit dem Knüppel und Pfefferspray gewaltsam zu sprengen. Dem Rechtstaat und dem Hessischen Verwaltungsgericht haben Achim Thiel, Boris Rhein und Markus Frank in unheiliger Dreieinigkeit einmal kräftig vor die Füße gespuckt und deutlich ihre Mißachtung gezeigt. Das sind eindeutig Polizeistaatmethoden, die nur dazu dienen, protestierende Bürgerinnen einzuschüchtern und mundtot zu machen. Die Herren brauchen Stimmvieh alle vier Jahre, aber nicht Menschen, die ihre Stimme erheben. Da spielt es dann auch keine Rolle, ob es sich um eine angemeldete und per Gerichtsbeschluß gegen den Willen der Stadt genehmigte Demonstation handelt – den Herren paßt das nicht, da wird dann eben ein Vorwand zum brutalstmöglichen Draufhauen gesucht, legal, illegal, scheißegal. Ach ja, und nachher findet sich wieder ein nettes Amtsgericht, das den widerrechtlich festgehaltenen Demonstranten ein paar Kröten Schadenersatz zuspricht. Daß das ausgerechnet in Frankfurt passiert, der Stadt der Paulskirchenversammlung, hat dabei einen deutlichen Symbolwert. Die Frankfurter haben eine Tradition als weltoffene Stadt, und Hessens Polizeiminister und Scharfmacher Boris Rhein hat dies zu spüren bekommen, als ihn die Frankfurter bei den Wahlen zum Oberbürgermeister abblitzen ließen. So erscheint der Tanz des Polizeiknüppels im Bankenviertel geradezu als Rache der Frankfurter CDU und Rheins an den aufmüpfigen Frankfurter Bürgern, die sich nicht gerne nach Gutsherrenart abfertigen lassen. Es wird Zeit, daß dieses Vorgehen ein Nachspiel hat und spätestens bei der nächsten Kommunalwahl die regierende CDU und die Grünen als ihr stumm zuschauender Koalitionspartner weggefegt werden.
Die Polizei griff am letzten Samstag den Blockupy-Demonstrationszug an und vereitelte durch diesen Einsatz, der mit brutaler Härte durchgeführte wurde, die Abschlusskundgebung an der EZB. Die verantwortlichen Politiker in Land und Stadt, an dieser Stelle Rhein und Frank, wollten es offensichtlich nicht zulassen, dass die Protesttage, an denen Alternativen zur herrschenden Krisenpolitik diskutiert und formuliert wurden, zu einem erfolgreichen Abschluss kamen.
Sie schrecken vor Böllern und bengalischem Feuerwerk zurück, jedoch nicht vor der Verarmung eines großen Teils der Bevölkerung durch Arbeitslosigkeit und Lohnsenkung und der Staaten, die ihre Aufgaben unter dem Spardiktat der Troika (EZB, EU-Kommission und IWF) immer schlechter erfüllen können. Sie denken nicht an die Umverteilung hoher Vermögen und Gewinne, sondern schützen diese im Zuge der Bankenrettung mit Milliarden, die letztlich als Staatsschulden in den Büchern stehen. Stephan Hebel schreibt: „ Auch die Exportnation Deutschland wird die Folgen einer Politik noch spüren, die die potentiellen Käufer unserer Autos und Maschinen in die Zahlungsunfähigkeit spart.“ Ich befürchte, dass er Recht behalten wird.
Als Nächstes steht auf der politischen Agenda, einen Wettbewerbspakt zu installieren, der die Ausweitung des Niedriglohnsektors und der deregulierten Arbeitsmärkte aus Deutschland heraus auf ganz Europa übertragen soll, um die Taschen der Unternehmer noch mehr zu füllen.
Es gibt sie überall, nicht nur bei schwarz-gelb, die Politiker, die die Senkung der Lohnstückkosten glühend verfechten und nicht müde werden, das Märchen der Arbeitsplatzschaffung durch Wettbewerb zu verbreiten.
Diese Ordnung der Dinge muss mit aller Härte durchgesetzt werden und keine Protestbewegung darf sie stören.
Frei nach Goethe: Mir däucht die (hessische Landesregierung, CDU-Frankfurt u.a.) Alte spricht im Fieber. Sonnenbrillen, Kapuzenpullis, Styropor als „Bewaffnung“. Nun scheint endlich die Sonne, vermutlich werden auch am Samstag viele Tausend Menschen in Frankfurt Sonnenbrillen tragen. Alles Gewalttäter?
Tatsache ist nach wie vor, dass Tausende gegen die Krisenpolitik von Bundesregierung, EU-Kommission und EZB demonstriert haben. Und ich akzeptiere einfach nicht, dass Menschen, die eine Sonnenbrille tragen als Chaoten diffamiert werden. Auch diese Bürger haben ihr verfassungsrechtlich garantiertes Demonstrationsrecht wahrgenommen, auch sie gehören und gehörten zu uns. Und wenn nach Meinung von Rhein und Co. der Polizeiknüppel und nicht Gerichte bestimmen, was Recht ist, dann ist die Frage wer eigentlich Verfassungsfeind ist, klar beantwortet.
Was die Geschehnisse in Frankfurt angeht, so war ich nicht dabei und kann dazu nichts sagen. Am letzten Samstag gab es aber bei uns eine Nazi-Demo, welche mit einem immensen Aufgebot von schwarzgekleideten Anti-Nazis honoriert wurde. Ich wollte eigentlich nur einkaufen, aber da fielen mir direkt an der zweiten abgesperrten Kreuzung ein paar schwarzgekleidete Antis auf, die sich über die Polizisten, die harmlos auf ihren Motorrädern saßen, lustig machten… „Halloooooo Herr Wachtmeister, wollnse mich nich festnehm?“ brüllte man über die Kreuzung, und ähnliches dummes Gelaber, und feixte sich einen ab. Der Eindruck war ganz deutlich der, daß hier welche auf Krawall gebürstet waren, harmloser Humor war das nicht mehr, und die Polizisten konnten auch nicht lachen, sondern hatten eher versteinerte Gesichter. Ein Mann, der neben mir an der Ampel stand, sagte daraufhin unwillkürlich: Einbuchten, egal ob Rechter oder Linker.
Und ich muß gestehen, daß ich es auch ein wenig befremdlich finde, zu welch einer Gelassenheit die Polizei gezwungen ist, eine solche Verhohnepiepelung, die ja vermutlich kein Einzelfall ist, über sich ergehen zu lassen. Wenn dann irgendwem bei der Polizei mal die Hutschnur reißt, hätte ich da eher ein gewisses Verständnis… wenn die Gegenmaßnahme dann nicht drastischer ist als etwa ein zeitlich begrenztes Einkesseln einer Menge, aus der heraus Beschimpfungen oder sonstige Verbalaggressionen herausschallen… die von mir beobachteten Polizisten ließen aber die Verhöhnung über sich ergehen wie die Schafe.
Die Polizei ist in solchen Situationen kein Bürger wie Du und ich, sondern mit erhöhter Authorität ausgestattet. Wer sich darüber so offensiv lustig macht und das so aggressiv untergräbt, wie ich das beobachten konnte, dessen Personalien sollte man gar nicht erst feststellen… ein, zwei Tage einkasteln würde an sich ja schon reichen.
Zu Max Wedell,
mensch kann natürlich darüber streiten, ob die geschilderten Sprüche intelligent waren oder nicht, jedoch ist mir kein Paragraf bekannt, der dumme Sprüche unter Strafe stellt. Von Freiheitsstrafe mal ganz abgesehen. Und wenn Max Wedell am Samstag nicht in Frankfurt war, einfach mal im Internet die Bilder vom „Kessel“ ansehen. Es bleibt dabei: Die Gewalt ging von der Polizei aus, das kritisieren inzwischen sogar Polizeibeamte.
Zu meinem Beitrag oben habe ich eine nicht unwesentliche Ergänzung.Die Blockupy-Demo sollte hinter den Städt. Bühnen auf jeden Fall von der Polizei gestoppt werden. Der Kessel war mit Sicherheit geplant.
Nicht nur an der EZB war kaum Polizei vorhanden. Ich bin mit dem Rad die geplante Demo-Route zunächst durch die Bleichstraße und dann in die Berlinerstraße abgefahren. Dabei habe ich Null Polizei gesehen.
Weder am Römer noch am Paulsplatz.
Dies weist deutlich darauf hin, dass überhaupt nicht mehr seitens der Polizei-(Führung)vorgesehen war,die Demonstration ab den Städt. Bühnen weiterlaufen zu lassen. Diesen Tatbestand müssen Rhein und die Polizeiführung aufklären, wenn sie es denn wollen.
Was die Demo am nächsten Samstag anbetrifft sehe ich mit großem Interesse dem Verhalten der Polizei entgegen. Wenn sie sich zurückhält,was im Gegensatz zum 1.6.zu erwarten ist(!?), wird erneut deutlich, dass friedliche Demos in Frankfurt friedlich bleiben, wenn die Polizei auf provozierendes Auftreten verzichtet.
@Reinhold Hinzmann,
ich habe ja gar nicht alles geschildert, das waren ja längere Auslassungen. „Ich bin aber morgen wieder hier, kommst du morgen und nimmst mich fest? Neee? Übermorgen? Schau mal der Herr Polizist mag uns nicht.“ usw. usf.
Per se ist es nicht zu kritisieren, wenn von der Polizei Gewalt ausgeht (solange eine Verhältnismäßigkeit gewahrt ist), denn zur Durchsetzung ihrer Objektiven ist Gewalt genau dann leider erforderlich, wenn Menschen meinen, die Polizei dürfe ihnen nichts sagen oder sie müssten den Anordnungen der Polizei keine Folge leisten. Bei einer Demo, die von Menschen bevölkert wird, die ein „System“ abschaffen wollen, und die wohl auch schon vor dieser Demo gern die Polizei als Teil dieses „Systems“ auffassten, fänd ich es nicht besonders erstaunlich, wenn eine solche Einstellung, sich von der Polizei nichts sagen lassen zu wollen, verbreiteter wäre als bei Normalbürgern…
Was die Bilder angeht, so sagen die in der Regel wenig aus. Wenn jemand tränende Augen wg. Pfefferspray hat, kann ich am Bild nicht erkennen, in welcher Situation er sich das eingefangen hat, d.h. ob er kurz vorher einen Polizisten attackierte, oder ob er ein reines Unschuldslamm ist.
In der Fotoserie der FR „Blockupy – die Situation eskaliert“ fiel mir allerdings Bild 24 von 44 auf, weil dieses eine Geschichte erzählt. Es ist dort das Resultat einer Farbbeutelattacke zu sehen… der Aufschlag des Farbbeutels ging auf den Boden, aber ein Polizist hat ziemlich viel Farbe an den Beinen, ein anderer an der Oberseite seines Schuhs. Da kommt man wirklich ins Grübeln… die Gewalt ging von der Polizei aus, sagen Sie? Nun, wenn das so ist, dann wird sich die Polizei wohl selber mit Farbbeuteln beworfen haben. Oder sie wollten die Demonstranten damit bewerfen, haben sich aber selber am Bein getroffen. 😀
Seit längerem mal wieder schaue ich hier herein und treffe immer noch auf Max Wedell, den Pflaumenpflücker. Der Mann ist hier seit Jahr und Tag als Verkünder der Thesen der sogenannten „Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft“ bekannt. Es ist daher kein Wunder, dass er die Übergriffe der Polizeimacht auf die Demonstranten verteidigt, da diese Polizeimacht in Frankfurt offenbar zusammengerufen wurde, um Demonstranten zu erniedrigen, die eben das kritisieren, was die „Neue Soziale Marktwirtschaft“ ausmacht. Also die Konzentration von Reichtum in den Händen Weniger. Wedell ist einer von diesen Pickern. Aus 44 Bildern pickt er sich das eine heraus das ihm argumentativ in den Kram passt, und instrumentalisiert es in seinem Sinne. So funktioniert politische Propaganda.
Herr Wedell, Sie übersehen, dass Schemata wie rechts und links in Zeiten einer sozialdemokratisierten CDU und von neoliberalen Grünen nicht mehr funktionieren. Sie übersehen ebenso, dass der Kapitalismus keine Forderung des Grundgesetzes ist, auf dem die Ordnung dieses Landes beruht, und dass Kritik am Kapitalismus oder am kapitalistischen „System“ keine Kritik an diesem Land oder seinem Grundgesetz ist, sondern nur Kritik an Kräften, die dieses Land in eine Zukunft bugsieren wollen, in der der Begriff Gemeinwohl sehr eigennützig definiert wird. Die Forderung nach der Abschaffung dieses Systems ist keine antidemokratische Forderung, sie ist von der Meinungsfreiheit voll gedeckt, zumal sie von der Sorge dieser Menschen um das Gemeinwohl getragen ist. Die Polizeimacht ist dazu da, dieses Grundrecht der Menschen auf freie Meinungsäußerung zu gewährleisten, nicht es zu ersticken. Und da darf die Polizeimacht ein paar blödsinnige Provokationen von ein paar hartgesottenen Unbelehrbaren ganz einfach ertragen. Die Polizeimacht hat dazu keine Meinung zu haben, sondern sie hat diese Meinungsäußerung zu schützen, solange damit kein Schaden angerichtet wird.
„Picker“ wie ich es bin scheinen notwendig zu sein. Geht im einen Moment die Gewalt noch ausschließlich von der Polizei aus, sind im nächsten Moment auf einmal „blödsinnige Provokationen ein paar hartgesottener Unbelehrbarer“ aus dem Nichts aufgetaucht. Mit andern Worten, zunächst sollte der Leser hier durch ein Schwarz-Weiß-Bild verblödet werden, aber dann, wenn man nicht anders kann, nähert man sich zähneknirschend einer ganz anderen Realität. Es lebe doch die Macht der „Picker“.
an Max Wedell
Sie können es drehen und wenden wie sie wollen, die Demonstration und ihre Route wurde entgegen dem Willen von Union und Co. von den Gerichten genehmigt.
Und daran hat sich die Polizei zu halten. Und wenn ich der Meinung bin, dass der Kapitalismus ein System ist, dass über Leichen geht, gehe ich dagegen auf die Strasse.
Nicht gegen die Polizei. Und dass ich als Sozialist nach Ihrer Meinung ein Gewalttäter bin, ist einfach schwachsinnig. Genauso schwachsinnig, wie die Propaganda ihrer dubiosen Organisation. Ausserdem: unter Gewalt verstehe ich wirklich etwas anderes, als eine verschmierte Hose.
Lieber Herr Wedell,
am 7.6. um 14:02 schrieben Sie im FR-Blog „De Maiziere hat für seine Fehler einzustehen“ als Antwort auf meine Kommentare den folgenden Text: „für mich gibt es in der heutigen Lage für Deutschland keinen wesentlichen prinzipiellen Unterschied zwischen Militär und Polizei mehr, vom Einsatzgebiet mal abgesehen.“ Jetzt verstehe ich Ihr Eintreten nicht nur für Militär und Rüstung, sondern auch für diese in Ffm. mit Brachialgewalt „für Ordnung“ sorgende Polizei. Ich hoffe sehr, dass Ihre Anschauungen bei der Hessen- und Bundestagswahl einen deutlichen Dämpfer bekommen!
@ Reinhold Hinzmann,
wenn Polizisten mit Farbbeuteln (oder mit Böllern, wie die Polizei selber berichtet) beworfen werden, ist das nicht hinzunehmen, selbst wenn Sie persönlich es als Privatmann und Nicht-Polizist hinnehmen würden, wenn man Sie mit Farbbeuteln oder Böllern bewirft. Und die Einstellung, das werfen von Böllern oder Farbbeuteln wäre solange OK, wie man niemanden so richtig dolle trifft, ist wirklich abstrus.
Ansonsten kommt die Assoziation von „Kapitalismuskritiker“ und „Polizistenhasser“ ja nicht von ungefähr. Eine bestimmte Sorte (Polit-)Mäuse sticht regelmäßig mit Gewalt hervor, egal ob bei Demonstrationen gegen Neonazis, am 1.Mai, oder „gegen Kapitalismus“ oder was auch immer.
Es ist hier wirklich die Frage, wieviele Menschen auf solchen Demonstrationen tatsächlich die Chaoten ablehnen… nach meiner Meinung wohl kaum einer. Ansonsten gäbe es Möglichkeiten, sich ihrer zu entledigen, und zwar umso einfacher, je weniger es sind… die Umstehenden, die friedlich und ungestört demonstrieren wollen, halten sie fest und übergeben sie der Polizei, sobald die Chaoten anfangen, ihre Gewalt zu inszenieren.
Daß das nie passiert, ist für mich ein deutliches Zeichen, daß man hier Brüder im Geiste sieht, nach dem Motto: Toll, was die sich wagen… ich würds nicht machen, zu gefährlich, aber richtig so, immer gegen die Bullen!… Also verschränkt man die Arme mit ihnen, wenn die Polizei anrückt… und regt sich dann am Ende darüber auf, wenn man miteingekesselt wird.
Selbst wenn man, aus welchen Gründen auch immer, der Polizei hier nicht zuarbeiten will, bestünde doch die Möglichkeit, sich von den Radaubrüdern örtlich zu distanzieren… das möchte ich mal sehen, wie es der Polizei gelingt, mit einer Einkesselung der Chaoten auch Sie einzukesseln, wenn Sie sich 2 Straßen weiter befinden.
Aus diesen Gründen halte ich die nach solchen Demonstrationen von Demonstranten ganz vereinzelt geäußerte mehr oder minder (meist minder) ausgeprägte Verurteilung von solchen Störern für ein Ammenmärchen, daß man dem außenstehenden Bürger auftischen will, um sein Image als Bürgerschreck zu verlieren… wenn das andere Märchen, daß nämlich von den Demonstranten überhaupt nicht die geringste Gewalt ausgeht, nicht mehr verfängt.
Ich weiß nun nicht, ob Sie persönlich ein aktiv gewaltbereiter Linksextremist sind oder nicht. Es ist aber bekannt, daß es unter gewaltbereiten Linksextremisten nicht wenige gibt, die bei Neonazidemos den Nazis an die Gurgel wollen, deren Demonstrationen verhindern wollen, und seien die und deren Route 1000 mal von Gerichten genehmigt. Wollen Sie das abstreiten? Sollte ein solcher gewaltbereiter Linksextremist mir sagen: „Wenn ein Gericht eine Demonstration und eine Route genehmigt hat, muß die Demonstration uneingeschränkt stattfinden dürfen“, dann kann ich nur müde lächeln. Sicher, für sich selber reklamiert das wohl jeder. Daß man es damit wirklich ernst meint, beweist sich aber erst dadurch, daß man das allen anderen auch zugesteht, und nicht sagt: Die Ansichten dieser oder jener sind für mich so schwer zu ertragen (die der Neonazis sind es für mich ja auch), da machen wir mal eine Ausnahme in Sachen Meinungsfreiheit…. aber für mich und mein Anliegen muß sie unbedingt gelten. Also auch hier besteht berechtigter Zweifel, wie ernst Sie das überhaupt meinen, was Sie da sagen.
@ Kurt Kress,
ihre Kritik bleibt so im Diffusen, daß ich weiter keine Stellung dazu nehmen kann. Ich kann Ihnen aber versichern, daß meine Anschauungen durch den Ausgang von Wahlen nicht beeinflusst werden.
Als ich im Radio vom „Kessel“ erfuhr, wollte ich mir selbst ein Bild machen und fuhr hin. So etwas Komisches habe ich noch nicht erlebt. Das war für mich wie ein Käfig voller Narren. Ich erwartete von den Blockupy-Anhängern irgendetwas Politisches. Mein Gott, es war erbärmlich. Der Kessel war offen wie ein Scheunentor. Zwei gemietete Lkws mittendrin, mit Lautsprechern ausgestattet. Immer wieder wurde von einer weiblichen, krächzenden Stimme die Abschlusskundgebung angekündigt. Stattdessen nur Geheule: „Die Polizei hat geklaut …“. Als Antwort kam „Pfui!“ Dann: Wir machen Party. Nun kamen irgendwelche Songs.
Ich dachte mir: Hört auf, ihr habt doch freie Fahrt aus dem Kessel. Geht nach Hause! So etwas Unpolitisches, Kindisches hätte ich von der hochstilisierten Blockupy nicht erwartet. Die Linken freuten sich. Der Klamauk ist gut gelaufen, aber mit Demokratie hat das nichts mehr zu tun.
Blockupy, packt ein und lasst Frankfurt in Zukunft in Ruhe! So brauchen wir euch nicht.
Es ist erschütternd zu lesen, dass die Polizeigewerkschaft Planung und das Vorgehen als korrekt bezeichnet. Da muss man die Frage stellen, wie gut die Polizei in der Gesellschaft noch verankert ist.
Dass die Frankfurter Polizisten die Sache im Wesentlichen anders sehen als die Kollegen aus der Ferne, spricht für sie. Es ist bedenklich, dass sie offensichtlich an dem Einsatz nur wenig beteiligt worden sind. Die mittlerweile gängigen Drohnenkriege, die die Polizei gegen Demonstranten führt – auch im Stuttgarter Stadtpark wurden im Wesentlichen Polizisten von auswärts eingesetzt – sollten verboten werden. Polizisten, die zum Geschehen vor Ort wenig Bindung haben, lassen sich von Vorgesetzten leichter instrumentalisieren und schlagen unbedachter zu.
Ich selbst habe letztes Jahr die Räumung des Occupy-Camps beobachtet und mich mit Polizisten über die Absperrung hinweg unterhalten. Die zumeist jungen Beamten hatten zum Teil panische Angst vor jedem Passanten: Die rechte Hand ging häufig zur Pistole (wozu hat man die eigentlich dabei?), sobald jemand auf sie zuging. Was hat man denen erzählt, was sie hier erwartet?
Vor einer Woche schrieb ich an meine Zeitung. Ich stand unter dem Eindruck massiver polizeilicher Gewalt und engmaschiger Stacheldrahtabsperrungen. Entsetzt wurde ich an Krieg erinnert.
Jetzt gibt es erstaunliche Neuigkeiten: Die Solidaritätsdemonstration mit Blockupy und den mutigen Menschen in der Türkei wurde nicht drangsaliert, sondern geachtet. Tausende Menschen konnten frei ihre Forderungen nach demokratischen Grundrechten für alle ungehindert ausdrücken. Eine kostbare Erfahrung: Einsicht und respektvolle Umgangsformen statt Sturheit und Festhalten an Gewalt.
Die Initiative „Ordensleute für den Frieden“, in der ich gerne arbeite, und meine Attac-Gruppe mit ähnlichen politischen Zielen können erneut realen Frieden spüren, der aus dem Einsatz für Gerechtigkeit in der Gesellschaft wächst – und unter den unterschiedlichen Menschen und Lebewesen auf unserer Erde, die sich achten.
Ein Jahr ist OB Feldmann im Amt. Der CDU Vorsitzende und Stadkämmerer Becker will sich damit offenkundig immer noch nicht abfinden. in regelmäßigen Abständen formuliert er unmäßige Anwürfe via Presse gegen den OB, die gekennzeichnet sind von einer maßlosen Agressivität. Der Mann fällt sehr schnell aus der Rolle.
Aktuell geht es um Feldmann und den Polizeikessel am 1.6.2013. Das Becker in dieser Angelegenheit ungewöhnlich scharfe Kritik übt, wie die FR berichtet. ich nicht richtig, für Becker ist das zur Gewohnheit geworden.
Narürlich hätte der OB am 1.6.2013 bei der Einkesselung präsent sein müssen. Aber Kritik daran aus dem Munde des CDU Vorsitzenden ist heuchlerisch und zynisch. Rhein, Frank und verschiedene CDU Größen haben sich ob des brutalen Polizeiensatzes zunächst in Rechtfertigungen und Dankesbezeugungen an die verantwortliche Polizeiführung und den beteiligten Polizeikräften fast überschlagen. Das war dann doch nicht durchzuhalten. Von Becker allerdings ist keine kritische Stellungnahme, geschweige denn ein Wort den Bedauern für die Opfer des Polizeinsatzes, bis dato überliefert. am Kessel wurde er auch nicht gesichtet!
Für was sollte sich Feldmann bei der Polizei bedanken?
Natürlich müßte der Pannen-Innenminister Rhein zurücktreten und da man davon ausgehen kann, dass Ermittlungen gegen die Polizeiführung und Prügel- und Pfefferspray-Polizisten erneut im Sande verlaufen könnten, ist die Forderung nach einem parlamentarischen Untersuchungsauschuß in Wiesbaden durchaus sinnvoll. Was daran „ungeheuerlich“ ist bleibt das Geheimins des Herrn Becker. Ungeheuerlich sind allenfalls sein Formulierungsfehlgriffe in der Öffentlichkeit gegenüber dem OB.
Wie Herr Hüttinger die Blockupy-Demonstranten des 1. Juni sieht, einschätzt, sie als „einen Käfig voller Narren“ bezeichnet und ihr Handeln politisch interpretiert, sei ihm unbenommen. Wie er aber zu dem Schluss kommt, „der Kessel sei offen wie ein Scheunentor gewesen“ und wie er zu der Erkenntnis gelangt, die Demonstranten hätten freie Fahrt aus dem Kessel gehabt, lässt andere Beobachter und die Betroffenen selbst wohl an der Wahrnehmungsfähigkeit des Herrn Hüttinger zweifeln. Es sei denn, Herr Hüttinger kam erst hinzu, als der Kessel bereits aufgelöst war. War er jedoch früher da, hat er wohl die Demonstranten, die sich mit den Eingeschlossenen solidarisierten und hinter bzw. vor dem Kessel standen und die auch von Polizeipräsenz umgeben waren, jedoch nicht umzingelt, mit jenen im Kessel verwechselt. Anders lässt sich seine Beobachtung kaum erklären.
Es gab in diesen Kessel über Stunden kein Eindringen, geschweige denn ein Herauskommen, bevor der gewalttätige Einsatz der Polizei begann. Dafür gibt es tausende Zeugen. In Bezug auf die „Narren“ möchte ich Herrn Hüttinger darauf hinweisen, dass diese zur Zeit des Feudalismus die einzigen waren, denen es erlaubt war, den Herrschenden den Spiegel vorzuhalten. Selbst dieses war den „Narren“ am 1. Juni in Frankfurt untersagt worden. In diesem und nur in diesem Sinne kann man Herrn Hüttingers Satz zustimmen, dass „das nichts mehr mit Demokratie zu tun habe“.
In der Ausgabe der „Tagesschau“, die in der Halbzeit des DFB-Pokalfinales am Samstag ausgestrahlt wurde, stand an erster Stelle ein Bericht über die Ereignisse in der Türkei. Von den Vorfällen in Frankfurt kein Bild, kein Wort. Was wären das, zu dem Sendetermin, für Bilder gewesen: Ein bunter, friedlicher Demonstrationszug zum Thema Schulden-, Finanz-, Systemkrise durch die Frankfurter Innenstadt wird abrupt von martialisch hochgerüsteter, knüppelnder und sprayender Polizei gestoppt und faktisch beendet! Das sollte dem geneigten Publikum in der Pause des Festes des deutschen Fußballs wohl nicht zugemutet werden. Zufall?
Selbstverständlich war der Ort, an dem der Übergriff der Polizei erfolgte, gezielt geplant. Da gibt es kein Laufpublikum, es war die letzte Gelegenheit, dafür zu sorgen, dass der Demonstrationszug nicht an der EZB vorbei zieht, und hier wäre es am einfachsten gewesen, die Demonstration zum Mainufer umzulenken. Und es ist dort so eng, dass es eben unmöglich ist, die Lautsprecherfahrzeuge und die Menschenmengen an den Eingekesselten vorbei zulotsen. Und das soll alles spontan und zufällig sein? Wir glauben alle noch an den Weihnachtsmann und den Osterhasen.
Die „schlechte“ Nachricht zu den Vorfällen: Das Thema, um das es bei der Demonstration ging, ist völlig in den Hintergrund gedrängt. Und das war sicherlich so gewollt! Die „gute“ Nachricht: 2012 hallten die Vorgänge rund um Blockupy dank des Totalverbots der Veranstaltungen nach, es gab zahlreiche spontane Aktionen im gesamten Stadtgebiet, zur Demonstration am Samstag kamen sicherlich mehr TeilnehmerInnen als erhofft. Das Gericht hat den Verantwortlichen ihre Entscheidung um die Ohren gehauen und die Polizei hatte das Bankenviertel wirkungsvoller blockiert, als es die Aktivisten hätten tun können.
2013 bleiben die Vorfälle rund um die Demonstration noch lange im Gespräch, in der Diskussion. Hätte die Demonstration zu Ende geführt werden können, das Thema wäre nach zwei, drei Tagen durch gewesen. Ob die Verantwortlichen im Innenministerium, beim Ordnungsdezernat, bei der Polizeiführung daran gedachthaben? Oder war die Symbolik viel wichtiger: Keine Demonstranten vor der EZB!
Die Polizei-Kohorten, die aufgeboten wurden, um Gewalt aus dem Demonstrationszug zu verhindern, wären wohl richtiger um die Bankenhochhäuser postiert. Von dort gehen die eigentlichen Gefahren für die Gesellschaft und die Demokratie aus!
Die Junge Union zeigte sich erfreut darüber, das „eine Verwüstung der Innenstadt“ verhindert wurde. Menschen durften wohl „verwüstet“ werden!
Mein berufliches Gebiet ist Ethik und friedliche Koexistenz. Im Grunde liegen wir in der Kritik an den sozialen Míssständen unserer Gesellschaft nicht so weit auseinander.
Mein Leserbrief entstammte einer enormen Enttäuschung über Blockupy. Als ich am Freitagabend auf dem Camp hörte, wie über Mikro alle Teilnehmer zur Blockade von Geschäften auf der Zeil aufgerufen wurden, erregte sich in mir Widerstand gegen diese Gruppe. Das war mir einfach zu billig und kindisch.
Mein Widerstand war aber schon wachgerufen im Vorfeld. Wie war es möglich, dass diese Gruppe die Genehmigung erhielt, tagelang die Max-Pruss-Straße gesperrt zu halten, mit eigenen Wächtern am Eingang? Die einen fahren zur Arbeit, müssen Umwege in Kauf nehmen, die anderen wollen Frankfurt blockieren.
Petra Roth hat Frankfurt zu einer absolut weltoffenen Stadt gemacht. Diesen Geist des friedlichen Miteinanders möchte ich niemals mehr durch Blockupy gestört sehen.
Wenn Sie provozieren wollen, dann irgendwo. Aber lassen Sie auch der Polizei Ihre Freizeit. Ihre Ziele müssen Sie anders in die Gesellschaft tragen. Vergessen Sie nicht: Die Menschen wollen Frieden, auch und besonders in ihrer Stadt. Indianerspiele wie in der Hofstraße mit Party-Charakter, das machen Sie bitte an den richtigen Orten
Linke stellen neue Fragen FR vom
wer wie ich an der 12stündigen Antikapitalismus-Demonstration des Blockupy-Bündnisses, teilgenommen hat, kann voller Zorn sein über den gewalttätigen Überfall auf die TeilnehmerInnen, die ihre verfassungsmäßigen Rechte auf Meinungs- und Versammlungsfreiheit wahrnahmen. Die Rechtfertigung der Polizeiführung, es musste gegen den „gewaltbereiten Schwarzen Block“ vorgehen zu müssen, war ein Rohrkrepierer, denn dieser war weder schwarz und gewaltbereit, sondern bunt und friedlich. Falsch gelaufen für die Einsatzleitung, weil etliche Journalisten und Parlamentsbeobachter sich im „Kessel“ befanden, die hautnah und am eigenen Leib erfahren konnten, wie der „schwarze und grüne Block“ der Polizei DemonstrantInnen mit lebensgefährlichem Pfefferspray und Gummiknüppel attackierte.
Der Zorn wird noch gesteigert, wenn von den verantwortlichen, Innenminister, Ordnungsdezernent und Polizeipräsident,die Mär vom besonnen, angemessenen Vorgehen der Polizei verbreitet und sie dafü+r gelobt wird., da sie Schaden von der Stadt Frankfurt abgewendet habe, der offensichtlich nur in deren Phantasie bestand. Dieselben Weißwäscher machten im gleichen Atemzug den Kritikern den Vorwurf, der Vorverurteilung, während sie ungeprüft „Persilscheine“ austeilten: ein Gipfel von Doppelzüngigkeit. Dass die Polizeigewerkschaft ins gleiche Horn stößt, ihr hessischer Vorsitzender fabuliert von möglichen massenhaften Straftaten und unterstellt den Parlamentariern und Journalisten, sie hätten gezielt die Arbeit der Beamten behindert, ist vor dem Hintergrund der Knüppel- und Pfefferattacken der reinste Zynismus. Dass er den Vorwurf, die Versammlungsfreiheit sei von der Polizei ausgehebelt worden, als geradezu verrückt erklärt, fällt mit vollem Gewicht auf ihn zurück. Nach meiner Meinung würde sich diese Gewerkschaft Verdienste erwerben, wenn sie sich mehr um die demokratische Bildung ihrer Mitglieder sorgte, als regelmäßig Entgleisungen derselben bei Einsätzen zu leugnen oder zu bagatellisieren.
Dieses rechtswidrigen Vorgehens hatte nach meiner Meinung zwei Ziele: zum einen sollte den Gerichten klar gemacht werden, dass letztendlich die Exekutive und ihr Gewaltapparat, hier die Polizei, festlegt, was erlaubt ist. Zweitens sollte den zahlreichen jungen DemonstrantInnen klargemacht werden, was sie in Zukunft bei der Wahrnehmung ihrer verfassungsmäßigen Rechte von der Obrigkeit zu erwarten hätte.
Von einem parlamentarischen Untersuchungsausschuss, wie er verschiedentlich gefordert wird, verspreche ich mir keine Aufklärung, da seitens der Regierungsparteien, wie oft geschehen, die Wahrheitsfindung nicht gewünscht ist, sondern eher verhindert würde.
Die Bildung eines polizeiinternen Ermittlungsausschusses halte ich für einen schlechten Witz, so als ob eine Diebesbande fordert, aus ihren Mitgliedern eine Kommission zu bilden, die ihre Unschuld festzustellen habe. Die Aufforderung des Polizeipräsidenten an JournalistInnen und DemonstrationsteilnehmerInnen, ihr Foto- und Filmmaterial zur Verfügung zu stellen ist vergiftet. Denn anstatt zur Aufklärung von Straftaten der Polizei dürfte es wohl eher zur Identitätsfeststellung mit anschließender Strafverfolgung von DemonstrantInnen herangezogen werden.
Was hier gefordert werden muss, ist ein unabhängiges Tribunal aus angesehenen, unabhängigen Fachleuten, die Aussagen von Geschädigten, BeobachterInnen und auch von Polizeiangehörigen in öffentlicher Tagung entgegen nähme und bewertete.
Die Ergebnisse könnten sicher dazu beitragen, derartige Polizeiexzesse zu verhindern und die Demokratie in unserer Gesellschaft zu stärken.
„Die Aufforderung des Polizeipräsidenten an JournalistInnen und DemonstrationsteilnehmerInnen, ihr Foto- und Filmmaterial zur Verfügung zu stellen ist vergiftet. Denn anstatt zur Aufklärung von Straftaten der Polizei dürfte es wohl eher zur Identitätsfeststellung mit anschließender Strafverfolgung von DemonstrantInnen herangezogen werden.“
Da man hier wirklich nicht der Meinung sein kann, daß lediglich eine Anwesenheit schon für eine Strafverfolgung herangezogen werden kann, wurde von Herrn Habermann hier etwas ganz anderes gemeint, aber geschönt ausgedrückt: Demonstranten sollen der Polizei nicht Beweismaterial liefern, das Gewalttäter unter den Demonstranten überführen könnte, die tatsächlich strafrechtlich belangt werden könnten, weil Fotos sie bei der Ausübung einer Straftat zeigen. Da der Protest gegen Kapitalismus so eine außerordentlich gute und schöne Sache ist, müssen Straftaten, die man im Rahmen dieses Protestes begeht, selbstverständlich straffrei sein!
Das wird nicht nur die Einstellung von Herrn Habermann sein, sondern es besteht in meinen Augen begründeter Verdacht, daß diese Einstellung von vielen Demonstranten geteilt wird. Diese Einstellung prägt auch die Haltung, mit der man allgemein der Polizei gegenübertritt.
Selbstverständlich kann der kapitalismuskritisch Demonstrierende nicht die geringsten Verfehlungen bei sich und den seinen erkennen. Wenn wirklich einmal ehrliche Menschen von den Vorgängen berichten, wie etwa Karl Hüttinger, hört man auf einmal dann doch erstaunliche Dinge… in diesem Fall z.B. Aufrufe zur Blockade von Geschäften auf der Zeil.
Karl Hüttinger hat laut seiner eigenen Aussage manche Sympathie mit den kapitalismuskritischen Thesen. Wenn nur Menschen mit seiner Einstellung zu Gewalt oder Begehung sonstiger Straftaten an solchen Demonstrationen teilnehmen würden, so gäbe es überhaupt keine Probleme mit der Polizei, so meine feste Überzeugung. Eine solche Einstellung der totalen Ablehnung von Straftaten ist aber unbedingt zu fordern, die Polizei kann da eben kein Auge zudrücken, wenn sich ein „Demonstrieren“ mit hooliganistischen Zügen herausbildet.
Die eigentliche Katastrophe dieses öffentlichen Drucks auf die Polizei, der jetzt von einigen wenigen, aber besonders lautstarken Akteuren aufgebaut wird, wird sein, daß wir am Ende mehr und mehr in Verhältnisse hineinschliddern, in denen die Polizei dann eben doch ein Auge zudrückt. Des lieben „Friedens“ willen. Wer ohnehin gegen das bestehende System des geregelten Miteinanders ist, weil es angeblich von bösen Kräften kontrolliert wird oder ausschließlich in ihrem Sinne funktioniert, der wird sich über seine Unterminierung wohl eher freuen.
Sehr geehrter Herr Nordmeyer,
bevor Sie sich unnötig erschüttert geben, sei hier nochmal die Funktion von BOS -Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben- erinnert. Diese dienen der Aufrechterhaltung von Sicherheit und Ordnung! „Recht“ kommt darin nicht vor, denn das ist ausschließlich Sache der Judikative.
Soweit die Theorie. Natürlich ergeben sich durch die Einwirkung der Politik auf die Planung und Umsetzung polizeilicher Maßnahmen Manipulationsmöglichkeiten was die Zielsetzung pol. Handelns angeht. Gerade der Einsatz ortsfremder geschlossener Einheiten, ein geradezu klassisches Beispiel, bietet sich hier an! Schlimm gebug wenn die Einheitsführer sich dazu kritiklos in vorgegebene Lagebilder fügen!
Als Konsequenz stellt sich natürlich die Frage was will die Gesellschaft, das „Polizei“ leisten können soll, und was nicht?
Belehnte Persohnen mit Anordnungsbefugnis und Garantenstellung? Ausstattung mit Zwangsmitteln?
Dazu sollte jeder Kritiker ein paar geeignete Antworten haben!
Sie sind wohl kein Berufswaffenträger? Die Abdeckung der Dienstwaffe ist Teil der ausbildungsmäßig verankerten Eigensicherung; jedenfalls sollte es das sein.
Der Zweck der dienstlichen Schusswaffe ergibt sich u.a. aus dem PolG: „..zur Abwehr einer gegenwärtigen Gefahr für Leib und Leben..“
Auch begründet die Garantenstellung des PVB das Führen entsprechender Einsatzmittel.
KM
@ Karl Müller,
Widerspruch. „Recht“ kommt bei der Erhaltung von Ordnung und Sicherheit natürlich vor, nämlich dadurch, daß „Recht“ überhaupt definiert, was unter Sicherheit und Ordnung zu verstehen ist. So kann ein Polizist nicht eine „Ordnung“ dergestalt mit Gewalt durchsetzen, daß Demonstranten „ordentlich“ in Reih und Glied marschieren müssen… weil eine solche „Ordnung“ vom Recht nicht vorgeschrieben ist.
Warum ortsfremde Polizisten mit Demonstrationen in Frankfurt (an denen übrigens in ganz großer Mehrheit ortsfremde Demonstranten teilnehmen) schlechter „umgehen“ können als ortsbekannte, ist mir zunächst ein Rätsel, einen ins Auge stechenden Grund kann ich nicht erkennen. Überlege ich etwas länger, ahne ich schon, worauf das eigentlich hinausläuft… Es ist ja bekannt, daß aufgrund mangelnder sozialer Kontrolle und Anonymität in Großstädten das Auftreten von asozialem Verhalten, Ordnungswidrigkeiten usw. ein derartiges Ausmaß angenommen hat, daß Großstadtpolizisten, um mit der Verarbeitung von Schwerwiegenderem einigermaßen über den Tag zu kommen, gegenüber vielen Dingen, die nicht in Ordnung sind, ein Auge zuzudrücken gelernt haben. Solche Polizisten wünscht man sich offensichtlich für solche Demonstrationen, und nicht den Provinzpolizisten, der noch ein ernsteres Verständnis von seiner Rolle hat.
Und wenn einem an einer Ecke des Geschehens Polizisten begegnen, die Anzeichen teilweiser panischer Angst zeigen, muß das nicht unbedingt darauf zurückzuführen sein, daß man diesen Polizisten von der Leitung etwas „eingeredet“ hat, sondern kann auch daraus resultieren, daß an genügend anderen Ecken des Geschehens den Polizisten entsprechende Feindseligkeiten entgegenschlugen, die ihr Verhalten dann prägen. Daß jedenfalls Polizisten stundenlang in einer Atmosphäre des reinen Friedens baden, aber dann immer noch von einer (vermuteten) Leitungspropaganda gesteuert sein sollen, das kann ich gar nicht glauben. Das sind doch keine Idioten.
Hallo Herr Wedel,
möglicherweise hab ich das etwas unglücklich formuliert, was die Rechtsgrundlage angeht bin ich ganz bei Ihnen. Der Grund für die Erwähnung war in der vielfach geäußerten Kritik an dem Einsatz begründet. Denn es ist immer wieder ersichtlich, dass allzu viele Menschen Sinn, Zweck und Funktion von Polizei nicht ausreichend geläufig ist.
Und solange eine Veranstaltung, wie eine Demo, Polizeifest ist, haben die Ordnungskräfte dazu auch nichts zu bestellen!
Über die Problematik und Funktion von „Geschlossenen Einheiten“ ist schon genug geschrieben worden, bitte vernachlässigen Sie dazu nicht das auch Polizeifüher gerne befördert werden wollen.
Was die Lageeinschätzung angeht, das ist mitunter nicht ganz einfach, man darf auch den Zeitanteil an reinem Regieaufwand für die Abläufe nicht unterschätzen. Da hat man mituntergarnichtmal die Zeit allein die dargebotenen Informationen noch groß abzuklopfen…
KM
Hallo Herr Müller,
über die Problematik und Funktion „Geschlossener Einheiten“ weiß ich wirklich gar nichts, da ich die offensichtlich umfangreiche Literatur dazu nicht verfolgt habe. Das verschafft mir sicherlich einen Diskussions-Nachteil.
Ich gehe aber davon aus, daß Polizeiführer dann ihre Chancen der Beförderung maximieren, wenn es ihnen gelingt, Einsätze bei Demonstrationen mit einem Minimum an Gewalt durchzuführen… dem Minimum eben, das notwendig ist, um Ordnung und Sicherheit zu wahren.
Vorgehen nach der Devise „Haut mal schön drauf – selbst wenn es keine Anlässe dafür gibt“, wird nur dann Beförderungen nach sich ziehen, wenn dieses Vorgehen von ganz oben her genau so gewollt ist, andernfalls wird es die Chancen auf Beförderung drastisch mindern.
Meinen Sie etwa auch, exzessive Polizeigewalt wäre von ganz oben her (aus den Innenbehörden/ministerien) gewollt bzw. vorgegeben?
Meine Eindruck von der Polizei, bei Demonstrationen aber auch zu anderen Gelegenheiten, ist da ein ganz anderer… nämlich der von Personen, die man ausgiebig in De-Eskalationsfragen geschult hat, und zwar zum Zwecke einer alltäglichen Anwendung des Gelernten.
Es ist wirklich interessant, wie hier über die kapitalismuskritischen „Gewalttäter“ geschwafelt wird.
Dabei sind die Tatsachen doch ganz einfach:
Eine massive Eskalationsstrategie der Polizei am 1. Juni, von der sich Teile der Polizei distanzieren.
Und eine Woche später: Wieder mehrere Tausend Demonstranten, wieder friedlich, nur wenige Polizisten, die
völlig entspannt an der Demoroute standen. Die Demo konnte wie am 1. Juni geplant durchgeführt werden, einschliesslich
der Kundgebung direkt vor der EZB.
Wetten, dass wäre auch am 1. Juni so möglich gewesen, zumindest von uns, den „Gewalttätern“.
@Hinzmann,
ihr Argument wäre dann nicht absurd, wenn bei der zweiten Demo dieselben Demonstranten mit derselben Gewaltbereitschaft anwesend gewesen wären, aber das war eben halt nicht der Fall. Es gibt bekannterweise einige Fußballvereine, die viele gewaltbereite und gewalttätige Fans haben… kann ein solcher Verein einmal ein Spiel ohne Gewalt im Umfeld absolvieren, wäre das dann ein Beweis, daß es diese Hooligans gar nicht gibt, daß sie der Einbildung entspringen? Was für eine absurde Argumentation.
Eine Demo wie am 8.6., die explizit gegen Gewalt stattfindet, wäre nun wirklich eine Lachnummer, wenn von ihr selber Gewalt ausginge… das wissen auch linke Gewalttäter und können sich zurückhalten. Die Demo am 1.6. war aber keine Demo gegen Gewalt, sondern eine gegen „das System“.