Zum wiederholten Mal rügt europäische Justiz deutsche Rechtsprechung. Diesmal geht es um die Rechte lediger Väter. Ein Vater aus Fulda hatte sich durch alle Instanzen bis zum Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte durchgeklagt, weil ihm der Kontakt zu seinem leiblichen Sohn verwehrt wurde. Der Vater, der das Kind annehmen wollte, ist dabei ausgeschlossen. Er begleitete die Mutter zu ärztlichen Untersuchungen und erkannte beim Jugendamt die Vaterschaft für das ungeborene Kind an. Im Herbst 2003 trennte sich die Frau jedoch von ihm und kehrte zu ihrem Ehemann zurück, der als rechtlicher Vater des 2004 geborenen Kindes gilt. Anträge des 53-Jährigen auf Klärung der Vaterschaft und ein Umgangsrecht wurden mit der Begründung abgewiesen, das Kind habe keine familiär-soziale Beziehung zu ihm. Die Mutter machte geltend, das Kind könne auch von ihrem Ehemann stammen.
Rechtlicher Vater und die Sorge um das Wohl des Kindes – die deutsche Rechtsprechung setzt hier Schwerpunkte. Die Rechte biologischer Väter traten in diesem Fokus hinter dem Wohl des Kindes zurück. Nun aber sagte der Europäische Gerichtshof, dass auch die Rechte der Väter beachtet werden müssten. Die Klärung der Vaterschaft hätte dem biologischen Vater nicht verweigert werden dürfen. Die deutsche Rechtsprechung habe ein Umgangsrecht verweigert, ohne zu überprüfen, ob ein Kontakt mit dem mutmaßlich leiblichen Vater im Interesse des Kindes war. Auch sei nicht ausreichend zwischen den Interessen des Ehepaars und denen des mutmaßlich biologischen Vaters abgewägt worden.
David Paenson aus Frankfurt:
„Erstmals Lob für die Überschrift! „Im Namen des Vaters“ bringt klar rüber, dass das Urteil des Europäischen Gerichtshofes ein weiterer Schlag ins Gesicht der Frauen darstellt.
Ich war selber Kind einer zerrütteten und geschiedenen Ehe und musste erleben, wie mein Vater jahrelang um mich von einer Gerichtsinstanz zur anderen bis zum Bundesgericht (in der Schweiz) stritt. Nicht, weil er mich liebte, sondern nur, um meiner Mutter, die ihre Unabhängigkeit und das Weite gesucht hatte, zu strafen.
Die Begründung des Urteils des EG lautet: Der Mann habe Rechte, auch wenn er keine Beziehung zu seinem leiblichen Sohn hatte, doch eine aufbauen wollte (konnte er ja nicht haben, weil die Mutter noch vor der Geburt zu ihrem Ehemann zurückgekehrt war, und seitdem mit ihm und zwei weiteren Kindern aus der Ehe zusammenlebt).
Das muss man sich schon auf der Zunge zergehen lassen! Das „Recht“ eines Mannes soll auf seinem „Wunsch“ gründen?! Wo sind wir denn?
Ich habe den Wunsch mit Christina Aguilera ein Kind zu zeugen. Welche Rechte erwachsen mir denn aus diesem Wunsch?
In den 60er und 70er Jahren gab es die sehr kämpferische Frauenbewegung – an der auch viele Männer teilnahmen. Ein Hauptslogan, eine ganz einfache und schlichte Forderung war: Mein Bauch gehört mir. Das muss sich auch auf die Zeit nach der Geburt ausdehnen. Hier dem Mann irgendwelche Rechte einzuräumen, kommt einer Sklavenherrschaft gleich, wo der Besitzer über die Reproduktion seiner Sklaven verfügte.“
Friedemann Scheffler aus Erpel:
„Das Wohl des Kindes ist nicht (unbedingt) das Wohl des leiblichen Vaters!
Richtig stellt Ch. Bommarius heraus, dass entscheidend für die Frage nach dem Umgang mit nicht-anwesenden leiblichen Vaetern das Wohl des Kindes sein muss. Nur was ist das Wohl des Kindes? Sicher, ein Kind hat ein Anrecht darauf, zu erfahren, wer sein leiblicher Vater und auch seine leibliche Mutter ist. Ein Kind sollte somit die Moeglichkeit bekommen, mit diesen Personen Kontakt aufnehmen zu koennen um einen Aspekt seiner Identitaet klaeren zu koennen.
Nur, welche Bedeutung im Leben eines Kindes kann ein Vater haben, der nicht anwesend ist. Bommarius konstruiert einen doch arg ueberzeichnete Bedeutung der leiblichen Herkunft. Ich denke, wesentlich entscheidender fuer ein Kind ist doch wohl, wer im Alltag anwesend ist: Wer die Traenen trocknet. Wer beim Albtraum am Bett sitzt. Wer die Freuden teilt. Wer mit dem Kind spielt. Ob diese Person leiblicher oder „nur“ sozialer Vater ist, ist vollkommen zweitrangig!
Eine Verschwörung zum Schutz der ueberkommenen Vorstellung einer heiligen Ehe zu konstruieren, ist doch sehr bemüht.
Letztlich wird sich ein nicht-anwesender leiblicher Vater fragen müssen, ob und inwieweit seine möglicherweise eingeklagte Kontaktaufnahme tatsächlich dem Wohl des Kindes und nicht eher einer Befriedigung der eigenen Interessen dient.“
Ich als Frau finde nicht, dass dieses Urteil ein Schlag ins Gesicht der Frauen ist, ganz im Gegenteil. Wo gibt es denn sowas, dass einem Veter sein Kind vorenthalten wird, nur weil zum Zeitpunkt der Geburt eine Ehe mit einem anderen Mann beastand? Richtig, das gibt es in Deutschland. Und bei aller Emanzipation – ich bin emanzipiert – das Schlagwort, mein Bauch gehört mir, ist an Dümmlichkeit nicht zu überbieten. Jedes Kind hat ein Recht auf seinen leiblichen Vater und jeder leibliche Vater hat ein Recht auf sein Kind. In diesem Falle war der leibliche Vater nur deshalb „nicht anwesend“, weil ihm die Anwesenheit von deutschen Gerichten verboten wurde. Hier handelt es sich nach m. M. ganz klar um einen Rechtsmissbrauch deutscher Gerichte zum Schutz einer überkommenen Vorstellung von einer heiligen Ehe.
Das berühmte Schlagwort klingt tatasächlich etwas platt, aber das ist nun mal so mit Schlagworten.
Ich frage mich eher, ob das höchstgerichtliche Urteil wirklich dem Wohl des Kindes nützt und nicht mehr egoistischen Zielen des leiblichen Vaters. Sein Beitrag zur Existenz des Kindes ist überschaubar. In dem geschilderten Fall ist zu befürchten, daß er aus nur seinen Gründen in einen wie auch immer gearteten Familienverband als Störfaktor einbricht. Für mich ist das mit Kindeswohl nur schwer zu vereinbaren.
Das Recht eines Kindes, auch seinen leiblichen Vater kennenzulernen, ist unbestritten, es sollte aber die Entscheidung auch des Kindes sein zu dem für es günstigen Zeitpunkt. Hier scheint es aber mehr um das RECHT des Vaters zu gehen und dies scheint bedenklich.
Wenn ein Kind seinen leiblichen Vater gar nicht kennen lernen darf, ihm womöglich gar verheimlicht wird, dass es einen anderen leiblichen Vater hat und der leibliche Vater von der Mutter und ihrem Ehemann als „Störfaktor“ betrachtet wird, wenn dem leiblichen Vater jeder Kontakt zu seinem Kind verwehrt wird, wie sollte er dann einen Beitrag zur Existenz seines Kindes leisten? Das wird ihm doch verwehrt und genau darum geht es doch.
Wie soll das Kind seinen Wunsch, den leiblichen Vater kennen zu lernen, zu dem für das Kind günstigen Zeitpunkt äußern, wenn dem Kind die Existenz des leiblichen Vaters verheimlicht wird? Was soll das für ein Familienverband sein, für den der leibliche Vater ein Störfaktor ist?
Der Vater hat ein Recht auf sein Kind und das Kind ein Recht auf seinen Vater. Und es gibt nur einen einzigen Grund, den Kontakt mit dem leiblichen Vater zu verwehren: Wenn das Kind diesen Kontakt nicht will, weil er ihm schadet. Dazu muss das Kind seinen Vater aber erstmal kennen lernen dürfen. Und genau das wird dem Kind verwehrt. Dem Kind wird verwehrt, seinen Vater kennen zu lernen und dem Vater wird verwehrt, sein Kind zu sehen. Unerträglich und ein Verstoß gegen elementare Menschenrechte, geschuldet dem Egoismus der Erwachsenen im sogenannten „Familienverband“, der auf einer Lüge gründet. Diese Lüge besteht darin, dem Kind seinen leiblichen Vater zu verschweigen und vor zu enthalten.
Ich kann Sulaika nur zustimmen. Es ist doch ein Schlag ins Gesicht der Männer, wenn Ihnen die Vaterschaft oder gar der Kontakt zum leiblichen Kind aberkannt wird, nur weil die Mutter es wünscht. Ein Kind ist das „Produkt“ der Liebe zweier Menschen. Warum soll dann lediglich die Mutter entscheiden dürfen, wer Umgang mit dem gemeinsamen Nachkommen haben darf? Dies ist eine eklatante Ungleichbehandlung. Soll nun eine Laune der Frau entscheiden, wer der Erzeuger und wer der Erzieher sein darf? Auf keinen Fall.
In o.g. Fall hat der biologische Vater die Frau wahrscheinlich wirklich geliebt und sich vielleicht ein Kind mit ihr gewünscht. Wenn dann ein Kind gezeugt wird, sollte die Frau damit leben können, dass der Erzeuger auch mindestens Kontakt zum Kind haben darf.
Herr Paenson beschreibt seine eigenen negativen Erfahrungen, begeht aber dann den Fehler, seine Erkenntnisse zu verallgemeinern. Ich kenne Fälle, in denen Kinder darunter gelitten haben, nicht zu wissen, wer der leibliche Vater ist. Häufig wird ihnen dann erzählt, dass der „Erzeuger“ kein Interesse an Familienleben hatte und sich von Frau und Kind abgewendet hat. Bei einer Bekannten von mir war es ähnlich. Doch hatte sie die Adresse ihres Vaters herausbekommen und erfahren müssen, dass ihm damals sogar das Besuchsrecht auf Wunsch der Mutter aberkannt wurde. Konkrete Gründe hierfür mussten bei alter Rechtsprechung nicht vorliegen. Für Vater und Kind eine gleichsam deprimierende Erfahrung.