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Forum vom 16. August 2022
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Unmoralisches Kontrastprogramm
RBB-Intendantin Schlesinger: „Menschlich enttäuscht“ und „Sendestörung“, FR-Feuilleton und -Meinung vom 11. August
Als die damaligen Bundestagsabgeordneten Hans Jochen Vogel (SPD) und Norbert Gansel (SPD) von den Bonner Verkehrsbetrieben Jahrestickets geschenkt bekamen, schickten sie diese zurück mit dem Hinweis, dass sie aufgrund ihrer Bezüge durchaus in der Lage seien, diese bei Bedarf selbst zu erwerben. Als OB von München fuhr Herr Dr. Vogel mit der Straßenbahn zum Dienst, und Herr Gansel als OB von Kiel erreichte das Rathaus mit seinem privaten Peugeot 205. Vogel und Gansel sind wirklich moralische Instanzen. Diese sind rar geworden.
Frau Schlesinger ist das Kontrastprogramm. Schnell mal 16 Prozent Gehaltserhöhung auf die über 300000 Euro Jahresgehalt trotz Sparkurs, ein Luxusauto Audi A8 im Wert von über 145000 Euro. Geschäftsessen wurden abgerechnet, die vielleicht eher privater Natur waren. Frau Schlesinger ist vom Stamme Nimm.
Sie sollte sich für ihr Gebaren öffentlich entschuldigen.
Helmut Freudenthal, Kiel
Eine Quasi-Elite mit Selbstbedienungsmentalität
Richter und Schlesinger waren Vorstände in gemeinnützigen bzw. öffentlich-rechtlichen Unternehmen. Beide zur sorgsamen und sparsamen Betriebsführung verpflichtet, haben aber Selbstbedienung praktiziert und wurden dabei durch eine schläfrige Aufsicht auch noch unterstützt.
Diese Verwahrlosung der „guten Sitten“ ist durchaus nicht neu! Richtig begonnen hat sie hier bei uns mit der „Ehe im Himmel“ zwischen 2 Autokonzernen, Daimler und Chrysler1998. Diese Ehe endete 10 Jahre später mit Milliardenverlusten für Daimler.
Das Einkommen des Vorstandsvorsitzen (J. Schrempp) wurde „amerikanisiert“, d.h. vervielfacht. Und seine Altersversorgung wurde durch Aktienoptionen noch einmal kräftig aufgestockt. In unserer Wohnanlage könnten praktisch alle Familien davon leben ohne sich um ihr geruhsames Alter sorgen zu müssen. Schön für Herrn Schrempp. Belohnung für ein Desaster-Vorbild aber für einige Vorstände auch in öffentlichen Unternehmen. „Assos“ in Führungsetagen allenthalben.
Bezeichnend auch das Bild der beiden Politiker Lindner und Merz in der FR 184, beide von sich überzeugt, exzellente Wirtschaftskenner zu sein – Politologe der erste, Jurist der Zweite. Ein Irrtum, wie letztens in einer Sendung des ZDF (Die Anstalt)zu sehen war. Beide wohlhabend bzw. reich geworden fast nur durch Reden und Reden. Aber ihr Credo: Austerität für uns alle – allerdings mit Ausnahmen – für sie selbst und ihre Klientel.
Wir erleben: Der Neuvermählte gönnt sich eine Anreise mit eigens dafür gechartetem Jet nach Sylt, gefolgt von einer lange Sause mit Schwarztrauung, der andere kommt -für ihn selbstverständlich- mit eigenem Aeroplan an- „ökologisch“ ausgerüstet mit 2 Dieselmotoren, sowie man liest.
Können wir solchen Menschen vertrauen-ihnen sogar dieWirtschaftspolitik unseres Landes anvertrauen? Einer Quasi Elite? Lieber nicht!
Rolfrüdiger Traub, Frankfurt
In Köln nennt man so was Klüngel
Die Überschrift endet mit einem Fragezeichen, der NDR habe „Vorkehrungen zur Vermeidung eines Interessenkonflikts getroffen“, „die Aufsicht solle adäquat ausgestattet“ sein. Frau Maischberger, die wohl in der Medienszene bekannt sein dürfte und die für die ARD arbeitet, hat eine Produktionsfirma, was ihr gutes Recht ist. Diese Produktionsfirma arbeitet also mit NDR und BR zusammen, spätestens da fängt es an, nach Vetternwirtschaft zu riechen. Noch mehr, wenn der Ehemann der verantwortlichen Programmbereichschefin am Drehbuch mitarbeitet. Der WDR-Intendant Tom Buhrow hat die ARD Geschäfte übernommen und will prüfen lassen. Herr Buhrow kann es sich einfach machen. Er muss eigentlich nur aus einem Fenster seiner Räumlichkeiten am Dienstsitz sehen: Der WDR ist in Köln beheimatet. Da nennt man sowas „Klüngel“.
Rüdiger Erdmann, Pattensen
Eine flotte Lippe und forsches Auftreten
„Friedensfragen“: „Ist für Frieden mit Russland Demokratie notwendig?“, FR-Politik vom 9. August
Es reicht nicht, wenn Politiker*innen uns auf harte Zeiten einschwören wollen. Vielmehr ist es ihre Aufgabe – speziell die der Bundesregierung – diese düstere Zukunft zu verhindern. Die Folgen der „Zeitenwende“ erfordern eine Politikwende – ohne Tabus und ohne Denkverbote. Die bisherigen Prämissen des Regierungshandelns müssen kritisch hinterfragt werden:
Der Blankoscheck für die jetzige ukrainische Regierung ist zurückzunehmen. Wir unterstützen die Ukraine nicht „solange sie es braucht“ bis zu „Friedens-Verhandlungen, die alleine die ukrainische Regierung bestimmt“.
Nein. Diese Aussagen sind zu ändern in: Gemäß des Amtseides der Regierung unterstützen wir die Ukraine, solange es den Menschen in Deutschland nicht schadet. Und momentan schadet uns Bürger*innen die deutsche Außen- und Wirtschaftspolitik.
Es ist nicht einzusehen, wieso wir an Sanktionen festhalten und entsprechend Gegenreaktionen wie Drosselung/ Stopp der russischen Gaslieferungen befürchten müssen , wenn z. B. Frankreich, Finnland, Tschechien, Polen, Ungarn, Bulgarien, Rumänien, die Slowakei ihre Atomkraftwerke nur durch Zusammenarbeit mit dem russischen Nuklear-Konzern Rosatom betreiben können. Der ist allerdings von Sanktionen ausgeschlossen. Auch die USA beziehen von Rosatom schwach angereichertes Uran für ihre modernen kleinen Atomreaktoren (siehe FR-Artikel vom 5.5.2022 „Uran bleibt außen vor“). Und selbst die immer härtere Sanktionen fordernde ukrainische Regierung ist sich nicht zu schade, jährlich vom „Feind“ Gas- Durchleitungsgebühren in Milliardenhöhe zu kassieren. Gleichzeitig beinhaltet der von der EU-Kommission mit den Mitgliedsstaaten ausgehandelte Boykott russischen Öls viele Ausnahmeregelungen. Ebenso wird das Einfrieren von russischen Vermögenswerten in den EU-Staaten sehr unterschiedlich gehandhabt.
Diese Liste lässt sich vermutlich verlängern.
Unsere Regierung begründet den Schaden, den sie uns zufügt, mit „Kampf um die Freiheit“ (Herr Habeck im FR Interview am 16.6.2022). Allerdings: Die Freiheit unseres Staates ist nicht von Russland bedroht. Und die Berufung aufs Völkerrecht verbunden mit geschichtsvergessener Außenpolitik, eine flotte Lippe und forsches Auftreten mögen zwar viel Beifall erzeugen, aber leider bedeutet das nicht automatisch eine kluge Diplomatie für unser Land. Wie einseitig-blind, scheinheilig und opportunistisch die sogenannte „westliche Wertepolitik“ betrieben wird, demonstriert aktuell Präsident Biden mit seinem Besuch in Saudi-Arabien.
Unsere Politik insgesamt muss sich angesichts der Folgeschäden für die deutsche Bevölkerung umorientieren, und unsere Regierung muss ihren Amtseid umsetzen: ihre “ Kraft dem Wohle des deutschen Volkes widmen, seinen Nutzen mehren, Schaden von ihm wenden“!
Ute Vogell, Hofheim
Krieg bis zur vollständigen Erschöpfung
Die Behauptung ist verstörend, dass ein Frieden in der Ukraine erst erreicht werden könne, wenn beide Seiten vom Krieg erschöpft sind. Es wäre zynisch, wenn die Regierenden keinen anderen Weg als diesen gehen und dabei wissentlich Tausende von Menschenleben opfern würden, ganz zu schweigen von den täglichen Kriegsfolgekosten für alle Volkswirtschaften. Es ist weder notwendig noch politisch verantwortlich, diesen Krieg bis zur vollständigen Erschöpfung mit aller damit verbundenen Zerstörung fortzusetzen. Politisch verantwortlich ist hingegen die Forderung der ukrainischen Friedensbewegung nach einem sofortigen Waffenstillstand und einer baldigen Verhandlungslösung.
Wenn es möglich war, Verhandlungslösungen mit den ebenfalls brutalen Terroristen der IRA in Nord-Irland und der FARC in Kolumbien zu erzielen, wird das auch mit Präsident Putin möglich sein. Die wiederholt vorgetragenen Analogien zwischen ihm und Hitler, wie zuvor in den Fällen Saddam Hussein und Muammar al-Gaddafi, ändern nichts an dieser Tatsache.
Thomas Carl Schwoerer, Neu-Isenburg
Globaler Irrsinn
Atomwaffen: „Die gefährlichste Missgeburt des materialistischen Zeitalters“, FR-Politik vom 9. August
Wie recht er doch hat, der Franz Alt! Jeder, der eine blasse Ahnung von der Zerstörungskraft der Atomwaffen hat, begreift das apokalyptische Ausmaß dieses globalen Irrsinns. Keiner dieser Menschen hat sich das gewünscht, und nur wenige vertrauen wohl wirklich ihren Politikern. Dennoch haben die freigewählten westlichen Demokratien mit ihren tonangebenden Werten einen bedeutenden Teil zu dieser Situation beigetragen. Wie ist das möglich? Während die Groß- und Mittelmächte dieser Welt sich einander mit einem inzwischen auf das 14tausendfache angewachsenen Overkill misstrauisch und kraftprotzend belauern und glauben, sie könnten sich so tatsächlich dauerhaft in Schach halten, spricht Franz Alt noch von einem „fernen Traum des Pazifismus“. Wird es da nicht Zeit, sofort über eine Realität des Pazifismus nachzudenken? Wie lange sollen wir noch träumen?
Seit den 60-er Jahren des vergangenen Jahrhunderts kursiert der Begriff vom „Gleichgewicht des Schreckens“, der, wie wir es jetzt wieder erleben, auf die Idee von einem Gleichgewicht der Waffen, nicht aber der Vernunft baut. Und die Weltgemeinschaft schließt sich da vielleicht zusammen und ruft da zu einem gemeinsamen Kampf gegen Windmühlen auf. Ach, wenn es doch nur Windmühlen wären!
Werner Schieferstein, Frankfurt
Freiwillig Maske tragen
Gesetz für Corona-Winter: „Deutliche Lücken“, FR-Politik vom 10. August
Die Maskenpflicht ist mittlerweile weitestgehend abgeschafft – obwohl wir in der Sommerwelle stecken – und die meisten tragen keinen Mundschutz mehr. Weder im Laden, noch im ÖPNV oder auf dem Stadtplatz. Und ich kann das verstehen. Es ist nerfig und anstrengend immer wieder Maske zu tragen, es nagt an den Kräften. Es ist schön, Freund*innen und der Kassiererin ins Gesicht zu sehen.
Aber Corona ist nicht vorbei und wir sollten aufhören das Virus zu verharmlosen.
Seit Wochen steigen die Corona Zahlen wieder, Lauterbach spricht von einer Sommerwelle. Und er hat Recht. Krankenhäuser melden steigende Belegungen von Corona-Patient*innen, immer mehr Tests in den Testzentrem werden Positiv und Long Covid ist ein schleichender Schrecken für jede Altersgruppe.
Die Maske dient dazu uns alle zu schützen. Die reduziert das Risiko sich zu infizieren, andere anzustecken und superspreading zu betreiben. Und so nerfig es auch sein mag: Eine Maske tragen um Long Covid aus dem Weg zu gehen und keine anderen Teilnehmer*innen des öffentlichen Lebens zu gefährden ist das mindeste was wir tun können. Danke an alle, die weiterhin konsequent eine Mund-Nasen-Bedeckung tragen.
Luca Barakat, Marquartstein
Forum vom 17. August 2022
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Ein großer Sack voll von fragwürdigen Theorien
Samuel Salzborn hat den Antisemiten aller Art die Tarnkappe vom Kopf gerissen. Seine „Analyse“ ist einseitig und verfolgt einen bestimmten Zweck. Sprachlich (echt) professoral und mit Hinweis auf seine Veröffentlichung eitel, arbeitet er überwiegend mit Behauptungen und Pauschalierungen bezogen auf die Linken und Anti-Imperialisten aus den 70er und 80er Jahren und den ihnen zugerechneten Antisemitismus. Rechte Ideologie unterstellt er, wenn vom Kampf unterdrückter Völker die Rede ist. Über die wirklichen rechten Kräfte in unserer Gesellschaft und ihre antisemitischen Anschläge kein Wort!
„Die aktuelle Documenta wurde zu einem Manifest des Antisemitismus“, in zahlreichen Kunstwerken offen und brachial, schreibt er.
Übertreibung und üble Polemik bahnen einer sog. „Analyse“ den Weg, deren Zweck erkennbar ist: Alle, die Kritik üben an den imperialistischen Kriegen der USA sowie der Besatzungs- und Siedlungspolitik Israels, den zahllosen Verstößen gegen das Völkerrecht, mit dem Vorwurf des Antisemitismus zu überziehen.
Begriffshuberisch arbeitet sich Salzborn vom „anti-imperialistischen Antisemitismus“ über den „postkolonialen Antisemitismus“ zum „anti-israelischen Antisemitismus“ voran und hat damit endlich alle Kritiker im großen Sack seiner fragwürdigen Theorien.
Gegen die individuelle Freiheit und das subjektive Glück, das die USA und Israel versprechen (natürlich in der Theorie für alle!) lehnten die Anti-Imperialisten, die m.E. im demokratischen Spektrum unserer Gesellschaft sich damals befanden, heute nicht anders, aber auch alles ab, was uns wertvoll ist: u.a. Aufklärung, Individualität, Freiheit und Demokratie. Salzborn bezichtigt diese Kräfte und Bewegungen einer totalitären, ja faschistischen Gesinnung: deren Vorstellung sei die von „homogenen Gemeinschaften, in der der/die Einzelne nichts, das Kollektiv aber alles zählt.“
Die Kritik der Politik der israelischen Regierung beurteilt er pauschal nicht anders als die Documenta: „Antisemitismus ist Antisemitismus, völlig egal, wer ihn artikuliert.“ Ein staatlicher Antisemitismus-Beauftragter und Prof. Salzborn werden das schon gegen jedwede Tarnung zweifelsfrei feststellen!
Hans Wedel, Frankfurt
Ein Narrativ der ideologischen Verklärung
Im Narrativ von Herrn Salzborn gibt es eine untrennbare Verbindung von Antiimperialismus und Antisemitismus, d.h. israelbezogenem Antisemitismus. Er nennt die USA und Israel als Zielscheibe antiimperialistischer Angriffe, dabei setzt er wiederholt Israel an die erste Stelle. Das Weltbild der Antiimperialisten wende sich gegen die Werte der Aufklärung, gegen Liberalismus, Freiheit und Demokratie, die „assoziativ“ mit beiden Staaten verbunden seien. Assoziativ, in der ideologischen Verklärung vielleicht.
Ich werde mich auf die USA konzentrieren. Israel als Regionalmacht im Nahen Osten ist nicht vergleichbar mit dem weltpolitischen Einfluss der USA. Zur inneren Verfasstheit des israelischen Staates sind die Artikel der Tagezeitung „Haaretz“ informativ.
Salzborn beschreibt die USA als Hort der Freiheit, der Aufklärung, der Demokratie, verbunden mit dem Versprechen individuellen Glücks. Ein großer Teil der amerikanischen Bevölkerung sieht das nicht so, Schwarze, Latinos, zurzeit auch nicht die Mehrheit der weiblichen Bevölkerung.
Diese Beschreibung widerspricht den Erfahrungen in vielen Ländern Lateinamerikas, das von US-Regierungen lange als Hinterhof der USA betrachtet wurde. Begrenzt glaubwürdig ist sie für einen Großteil der Menschen in Asien und Afrika.
Im Artikel ist in großer Ausführlichkeit von Antiimperialismus die Rede. Der Imperialismus findet in dem Artikel von Herrn Salzborn keine Erwähnung. Er existiert nicht, muss also auch nicht bekämpft werden.
Imperialismus wird definiert als der meist auch gewaltsam geführte Kampf um die Ausdehnung des Machtbereiches über das eigene Staatsgebiet hinaus Das Ziel kann eine direkte Landnahme sein oder auch die Vereinnahmung in die eigene politische und wirtschaftliche Einflusssphäre.
Dass Putin einen imperialistischen Eroberungskrieg führt, um die Ukraine zu annektieren, ist in den westlichen Staaten unstrittig.
Die imperialistische Politik vieler US-Regierungen in den Blick zu nehmen, ist unverträglich mit der Vorstellung von den USA als einem Staat, in dem die Aufklärung Staatsraison ist, Freiheit und Demokratie herrschen.
Als habe es nie den Vietnamkrieg gegeben, nie den Putsch gegen Mossadegh, dem gewählten iranischen Präsidenten, durch den CIA und britischen Geheimdienst. Seine sozialistischen Ideen waren unerwünscht. Ob der Iran eine andere Entwicklung hätte machen können, wer weiß.
Als habe es nie die Unterstützung verbrecherischer Regime durch die USA gegeben: Tschombé, Suharto, Somoza, Duarte, Schah Reza Pahlevi. Als habe es keine Ermordung von General Schneider durch den CIA gegeben, dem loyalen Oberbefehlshaber der chilenischen Armee, ein Mord als Auftakt für den Sturz des gewählten Präsidenten Salvator Allende. Auch er hatte unliebsame sozialistische Ideen. Der Regimechange zum Mörder Pinochet gelang.
Am Morgen des 18.3.1982 erreichte uns der Anruf unserer Freundin, die in El Salvador als Ärztin arbeitete. Ihr Lebensgefährte, ein niederländischer Journalist, war zwei Tage zuvor in einem Hinterhalt von einem Todeskommando der salvadorianischen Armee erschossen worden, zusammen mit drei seiner Kollegen und vier salvadorianischen Begleitern. Der Bürgerkrieg dauerte zwölf Jahre, etwa 70 000 Menschen starben laut Amnesty international bei Massakern. Die amerikanische Regierung hatte die Militärjunta mit Waffen und Söldnern unterstützt.
In der US-amerikanischen Escuela de las Americas wurden seit 1946 60 000 Soldaten und Offiziere aus Mittel- und Südamerika ausgebildet, darunter spätere Diktatoren, Anführer von Todesschwadronen, Verant-wortliche für Massaker, Folterspezialisten. Das hehre Motto der Schule lautete: Freiheit, Frieden und Brüderlichkeit.
Elke Weyel, Hamburg
Hass verzerrt die Züge und das Denken
Was will er uns sagen der Herr Professor, wenn er zu recht darauf hinweist, dass zumindest die erste Documenta unter tatkräftiger Mitwirkung von Antiisemiten zustandekam? Ist das ein hinreichendes Indiz dafür, dass auch die Documenta 15 antisemitisch ist? Haben da wirklich fiese Antisemitenkünstler des globalen Südens, ja eine ganze Kuratorengruppe instrumentalisiert, um ihr gemeines Antisemitismus-Süppchen weiter köcheln zu lassen? Welch ein Bild hat der Herr Professor von Künstler*innen aus Asien, Afrika, dem Nahen Osten, Haiti?
Übrigens, wer die USA mit Amerika verwechselt, der hält wohl Künstler*innen aus Haiti immer noch für „Eingeborene“, die man leicht verführen kann, „Antisemitismus als Kunst vorzutragen“ (Zitat). Ja, der Hass gegen die Niedrigkeit verzerrt die Züge (Brecht), bei manchen aber vernebelt er auch das Denken.
Gernot Herrmann, Köln
Fortsetzung des Krieges mit anderen Mitteln
Zu: „Bittere Lehren aus dem Afghanistan-Debakel“, FR-Politik vom 11. August
Ich bin nun wahrlich kein Freund der Taliban oder sonstiger Frauenverächter und klerikaler Despoten. Aber die derzeitige katastrophale humanitäre Situation in Afghanistan allein als Folge der Taliban-Herrschaft darzustellen, wie es vielfach getan wird, geht einfach an vielen Fakten vorbei. Der Westen, und damit auch Deutschland hat über Jahrzehnte wissentlich ein hochkorruptes Regime in Afghanistan unterstützt, welches nicht Willens und in der Lage war, die Bevölkerung mit dem Nötigsten zu versorgen, sich selbst aber die Taschen gefüllt hat. Wie der FR zu entnehmen war, deckte die Auslandshilfe 75 Prozent des Haushaltes. Mit dem Abzug der westlichen Allianz bzw. dem militärischen Sieg der Taliban wurde diese abrupt gestoppt, zudem die Konten des afghanischen Staates, soweit möglich, eingefroren. Die Folgen kann sich jeder ausrechnen, und man kann davon ausgehen, dass sie gewollt sind. Selbst wenn sie wollten, wären die Taliban nicht in der Lage, die humanitäre Versorgung der afghanischen Bevölkerung sicherzustellen. Das ist nichts anderes als die Fortsetzung des Krieges mit anderen Mitteln, die den möglichen Tod durch Hunger, Kälte und Krankheiten von Millionen Zivilisten billigend in Kauf nehmen, ja provozieren.
Afghanistan ist ein in jeder Hinsicht seit Jahrzehnten gebeuteltes Land, ein Spielball ausländischer Interessen wie kolonialer Ausbeutung, strategisches Objekt im Ost-West-Konflikt, im angeblichen Anti-Terror-Krieg etc. Und immer gebeutelt von korrupten Regierungen, die nie das Wohl der Bevölkerung im Sinn hatte, sondern immer nur ihr eigenes und das der jeweiligen fremden Militärmacht.
Auch wenn es mir völlig gegen den Strich und jede Überzeugung geht, aber dass die Taliban vielen Afghanen willkommen sind, verwundert mich keineswegs. Der Westen hat zu Recht jegliche moralische Autorität verloren. Jetzt gilt es, die humanitäre Katastrophe zu verhindern, und das wird nicht ohne die Taliban gehen.
Jochim Maack, Hamburg
Die Realität der Weltpolitik
Taiwan: „China droht mit Militär – wir mit Demokratie“, FR-Thema vom 8.8.
Ihy-Wey Shieh, der Repräsentant Taiwans in Deutschland gibt in seinem Interview ein Statement, dass die allermeisten Leser:innen sicherlich spontan teilen: „Hat ein Land, nur weil es stark ist, das Recht, seine Nachbarn unter Druck zu setzen? Nein!“
Unfassbar traurig, mit welcher Selbstverständlichkeit es aber die Realität in der Weltpolitik ist, (nicht nur) Nachbarn mit militärischer und wirtschaftlicher Stärke unter Druck zu setzen. Genauso traurig ist es, dass sich diese Anklage aber meist nur entweder nur gegen den „kommunistischen“ (?) Imperialismus oder den „despotischen“ (?) oder nur gegen den „demokratischen“ (?) Imperialismus richtet. Das ist entweder heuchlerisch oder verblendet und stabilisiert die bestehende Konkurrenz der Mächte auf dieser Welt.
Joachim Reinhardt, Hüttenberg
Überfällige Reformen
Katholische Kirche, Missbrauchsfälle: „Wo ist der Rechtsstaat?“, FR-Feuilleton vom 23. Juli
Nötig ist eine rechtsstaatskonforme katholische Amtskirche! Der Staatsrechtler Stephan Rixen weist klar und deutlich auf die Versäumnisse des Staates und auf die Taten und Ausweichmanöver der katholischen Amtskirche hin. Wir brauchen deshalb eine gründliche Überprüfung des rechtlichen Verhältnisses zwischen dem deutschen Staat und der katholischen Amtskirche in Deutschland und grundlegende Änderungen in der Folge. Für Staat und Kirche muss das Wohl der Opfer im Mittelpunkt stehen und nicht das Wohl der Täter und das Image der Amtskirche. Wenn man katholische Kirche in einem demokratischen Rechtstaat sein will, in dem auch die Menschenwürde und die Grundrechte gelten, dann muss sich die Amtskirche entsprechend anpassen oder sich einen anderen Staat, z.B. Russland, oder eine andere Zeit, z.B. das Mittelalter, aussuchen. In Köln z.B. darf die Landesregierung von NRW keine Theologische Hochschule und die dort abgelegten Prüfungen anerkennen, in der eine niveaulose, rückwärtsgewandte Theologie propagiert wird, die unfähig ist für eine verantwortliche Zeitgenossenschaft der Kirche in unserer Gesellschaft. Diese Hochschule ist ein großer finanzieller Schaden für die Kölner Katholiken, weil sie vollkommen überflüssig ist aufgrund der Bonner Theol. Fakultät und dem Kölner Theol. Institut. Endlich müsste rechtlich geklärt werden wie das Vermögen der katholischen Kirche zum Wohl aller Mitglieder transparent und kontrolliert verwaltet wird und nicht vom jeweiligen Bischof quasi als Privatvermögen angesehen wird, mit dem er alles machen kann, was er will. Die (staats- und kirchen-) rechtlichen Reformen der kirchlichen Vermögensverwaltung sind überfällig.
Axel H. Stark, Passau
Forum vom 19. August 2022
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Forum vom 20. August 2022
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Zur Thematik „Gas-Umlage“ (Bericht und Kommentar am 16.08.2022)
Also, ich versteh‘ es nicht, was diese Umlage notwendig macht und wie sie berechnet wird. Als Politikwissenschaftler hielt ich mich bisher für in der Lage, politisch-ökonomische Zusammenhänge zu verstehen, bei der Gas-Umlage gelingt es mir nicht. Und Nachfragen bei ehemaligen Kollegen haben mich in meinem Unverständnis bestätigt. Auch macht sich niemand aus Politik oder Medien bislang die Mühe, die Sache aufzu- oder zu erklären. Geht man von einem Marktmechanismus aus, der in Deutschland ja existieren soll und von der FDP als Grundlage des Heils der Welt geschützt wird, dann würde ich annehmen, dass ein Lieferant seine Beschaffungskosten an die Kunden weitergibt. Das geschieht derzeit auf breiter Front, die Gaslieferanten erhöhen kräftigst die Preise. Welchen Sinn macht da die Gasumlage, die lt. Ministerium irgendwelche Kosten – angeblich sogar“gerecht“- verteilen soll? Werden dadurch künftig entstehende Kosten etwa NICHT weitergegeben, also die Gastarife durch Anrechnung der Umlage verbilligt („subventioniert“ ist das FDP-Reizwort dafür)? Werden in der Vergangenheit entstandene Kosten von Unternehmen, die sich verkalkuliert haben damit aufgefangen? Wenn letzteres zutrifft, warum beteiligt sich nicht der Staat mit Krediten a la Lufthansa? Oder warum erhalten nicht die Gaskunden im Ausgleich für die Umlage Aktien der Unternehmen, die dadurch „gerettet“ werden und profitieren damit an den in Kürze unvermeidlich wieder sprudelnden Gewinnen? Damit würde wenigstens verhindert, dass die Energieunternehmen jetzt erstmal ihre Aktionäre mit den Gewinnen der Vergangenheit bedienen und Verluste (der Zukunft) mit „Umlagegeld“ ausgleichen. Das sind nur so ein paar Gedanken, die mir da gekommen sind, ich bleibe dabei, Sinn und Notwendigkeit dieser „Umlage“ verstehe ich nicht, weder ökonomisch-systemisch noch von der Berechnungsbasis her. Und es kommt mir der schlimme Verdacht, dass hier von ganz anderen Problemen und Zusammenhängen abgelenkt werden soll…