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Forum vom 6. Juli 2022
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Wir müssen größere Eigenständigkeit aufbauen
Erwiderung auf „Kein Toter hat den Frieden nähergebracht“, FR-Forum vom 29. Juni
Wenn es keine Einigung gibt, die allen Kriegsparteien einen Weg aus der Situation zeigt, gibt es kein Ende der Gewalt. Das hat Frau Kaiser in Ihrem ebenso emotionalen wie vernünftigen Leserbrief am 29.6. deutlich gemacht. Und die führenden deutschen Friedensforschungsinstitute haben das gerade bestätigt. Ich füge hinzu, dass zumindest in unseren Medien keine Informationen darüber zu finden sind, welche Vorschläge seit Kriegsbeginn Putin gemacht und warum sie abgelehnt wurden. Herr Selenskyj fordert öffentlich die Ukraine in ihren alten Grenzen von 2014. Putin hat dagegen schon vor Kriegsbeginn deutlich gemacht, dass er die Krim nur mit Gewalt wieder hergeben werde. Das hat u. a. renommierte Politikwissenschaftler zu entsprechenden Vorschlägen veranlaßt (vergleiche dasInterview von Arno Widmann mit Prof. Münkler in der FR vom 20.12.21). Ich selbst habe am 2.3.22 der deutschen Botschafterin in Kiew den obigen Vorschlag übermittelt mit der Bitte, ihn an Herrn Selenskyj für seine Verhandlungen zu übermitteln. Bis heute warte ich auf irgendeine Antwort darauf. Bürgernähe sieht anders aus.
Wo sind die Informationen darüber, ob überhaupt und wenn ja, welche Vorschläge von unseren Politikern mit Putin diskutiert wurden? Glaubt man dort wirklich, mit immer mehr Waffenlieferungen an die Ukraine die Ziele Selenkyjs ohne das Risiko eines Atomkriegs erreichen zu können? Stattdessen ist die Nato in den Mittelpunkt gerückt. Hoffentlich ist den europäischen Regierungen bewusst, dass die USA als ihr bestimmendes Mitglied aufgrund ihrer inneren Zerrissenheit vorerst nur noch bis zu ihrer nächsten Präsidentenwahl ein Garant für die Sicherheit Europas sind. Wir werden mehr Eigenständigkeit aufbauen müssen.
Hans-Jürgen Gratz, Friedrichsdorf
Wenn Putin siegt, hört die Ukraine auf zu existieren
Frau Kaiser und Herr Gehring ignorieren, dass die Ukraine Opfer eines russischen Angriffskriegs geworden ist. Dessen Ziel ist die staatliche Beseitigung der Ukraine. Laut Putin gibt es keine ukrainische Nation, sondern nur die russische, und darüber wird er nicht verhandeln. Frau Kaiser hat Angst vor Herrn Selenskyi. Warum eigentlich – weil er Russland überfallen hat? Herr Selenskyi ist der demokratisch gewählte Regierungschef eines unabhängigen und vökerrechtlich anerkannter Staats, dessen Regierung beschlossen hat, der Aggression Russlands militärisch entgegenzutreten. Eine Entscheidung, die von der Nation geteilt wird und die auch von uns repektiert werden muss. Vor allem sollten wir uns hüten, der russischen Lesart der Ereignisse auf den Leim zu gehen: es gab nur ein „Massaker von Odessa“, Herr Gehring, welches im Oktober 1941 stattfand; verübt von deutschen und rumänischen Truppen, die annähernd 30 00 Ukrainer, darunter etwa 24 000 Juden, ermordeten. Die Unruhen vom Mai 2014, die Sie meinen, waren schon deshalb kein „Massaker“, weil bis auf 6 von russischen Nationalisten erschossene Ukrainer die übrigen der 42 Opfer durch einen Brand ums Leben kam. Und Janukowitsch war, wir wir heute wissen, alles ander als „weise“, sondern ein kleptokratischer Oligarch.
Frau Kaisers Frage, „was ist, wenn die Ukraine siegt“, scheint mir angesichts der militärischen Überlegenheit der Russen akademisch. Stattdessen müsste sie lauten: „Was geschieht, wenn Russland siegt?“ Wir wissen es: Die Ukraine wird aufhören als unabhängiger Staat zu existieren, und alle Ukrainer, die das nicht wollen, wandern in den Gulag. Also, Frau Kaiser, was raten Sie der Ukraine – soll sie kapitulieren? Wäre das 1939 auch Ihr Rat an Polen, Großbritannien und Frankreich gewesen? Im Übrigen stimmt Ihre These, kein Toter habe jemals den Frieden ein Stück näher gebracht, vorne und hinten nicht: ohne die unzähligen Toten auf alliierter Seite hätte es 1945 keinen Frieden in Europa gegeben. Und anders als für Sie ist für mich jede staatliche Aggression ein verurteilenswertes Verbrechen, für das es keine Rechtfertigung gibt.
Auch wenn es schwerfällt, müssen wir die Entscheidung der Ukraine, sich gegen den Putin zu verteidigen, akzeptieren. Und wir müssen sie, wenn wir die europäische Friedensordnung bewahren wollen, unterstützen; mit Geld und mit Waffen. So wie es 1939 Großbritannien und Frankreich mit Polen getan haben. Und wir sollten uns, Herr Gehring, zurückhalten mit Vorschlägen, welche Zugeständnisse die Ukraine für einen Friedensschluss machen könnte, denn das wäre Anmaßung.
Peter Arnold, Homburg
Putin nicht demütigen
Ja, Macron hat recht, wir dürfen Putin nicht demütigen! Nein, wir müssen ihn besiegen! Zur Zeit demütigt vor allem Putin die ganze freie Welt, indem er die Ukrainer*innen demütigt, durch Zerstörung ihres Hab und Gutes, durch Ermordung ihrer Kinder, durch Vergewaltigung zahlloser Frauen, durch wahllose willkürliche Erschießung von Zivilisten, besonders hilfloser alter Menschen. Er, der orthodoxe („orthodox“ bedeutet „rechtgläubig“!) Christ, verstößt in unvorstellbarem Ausmaß gegen die christlichen zehn Gebote. Und sein „hoher Priester“ aus Moskau, Patriarch Kyrill, spricht ihn nicht nur von aller Schuld frei, sondern segnet sogar diesen gottlosen, barbarischen Krieg und die barbarische Soldateska.
Nein, diesen grausamen Unmenschen kann man nicht demütigen, den kann man nur besiegen. Aber wollen wir ihn besiegen? Es sieht nicht so aus! Wir lassen das ukrainische Volk für unsere Werte verbluten, ungezählte Menschen jeden Tag. Statt wirksam zu helfen, schauen wir ängstlich dem Morden zu und helfen unfassbar minimal! Unsere zögerliche Hilfe ist in Wirklichkeit feige und ist in Wahrheit eine zusätzliche Demütigung der Menschen in der Ukraine.
Ich verstehe auch nicht, warum der Papst, wenn er schon nicht nach Moskau gelassen wird, nicht wenigstens die Ukraine besucht und damit Putin herausfordert. Oder glaubt wirklich jemand, Putin würde es wagen, auf den Papst schießen zu lassen? Undenkbar für mich! Da ich diesen Papst für mutig halte, könnte er m.E. den Krieg stoppen, wenn er jeden Morgen seines Ukrainebesuchs beginnen würde mit der öffentlichen Aufforderung an Putin: „Lieber Wladimir Putin, stoppen Sie heute diesen Ihren Angriffskrieg gegen die Ukraine!“
Karlheinz Fritz, Bad Camberg
Bis ich resigniert und ärgerlich aufgebe
Zu: „Grundrecht auf die analoge Welt“, FR-Wirtschaft v. 7. Mai, u. „Stadt setzt auf die Datenautobahn“, FR-Region v. 20. Juni
Ich stimme Herrn Wahl im wesentlichen zu. Ich möchte aber folgenden Aspekt ergänzen. Herr Wahl bemerkt, dass „ältere Menschen nicht per se technikfeindlich“ sind. Er erwähnt, dass u.a. „abnehmender Willen und Vermögen etwas Neues zu lernen“ als Ursache angenommen werden können. Meines Erachtens wird das Problem zu einseitig auf der „User-Seite“ betrachtet: Ich bin durchaus bereit, mich mit den technischen Neuerungen auseinanderzusetzen, sehe mich aber immer wieder Hindernissen gegenüber, die unnötig sind und es mir schwer machen. Bei meiner Bank wurde zum Beispiel „aktualisiert“. Was vorher eine Überweisung von meinem Konto A auf mein Konto B war, wurde ohne Erklärung zu einer Umbuchung und es dauerte lange Zeit, bis ich herausgefunden hatte, wie die neue Vorgehensweise war. Es werden Begriffe benutzt, die dann auf der nächsten „page“ durch andere ersetzt werden: Bsp. „drücken sie ok“ und als nächstes kommt „drücken sie enter“. Diese Beispiele ließen sich problemlos vermehren. Es ist kaum mehr möglich, zeitsparende Routinen zu entwickeln, da ständig aktualisiert wird, was man ja wohl auch als Hinweis auf die Fehlerhaftigkeit der „Produkte“ interpretieren kann. Ich denke, das kennt jeder. Für mich besteht mein Problem zum Teil darin, dass ich eine andere Denkweise gelernt habe. Ich erwarte sprachliche Sinnhaftigkeit. Ein Begriff wird eingeführt und dann wird er auch weiter benutzt oder entsprechend erklärt. Bsp.: Ich lese die Frankfurter Rundschau (FR). Im weiteren Text benutzte ich die eingeführte Abkürzung. Vor vielen Jahren (die FR berichtete) wurde ein Flugkapitän der Lufthansa abgemahnt, weil er in einem Schreiben die Begriffe Turbine und Flügel benutzte und nicht, so das Argument der Lufthansa, engine und wing. Seine Wortwahl könne zu Verwechselungen führen. Und so suche ich manchmal, bei insgesamt knapper Zeit, nach irgendwelchen Zusammenhängen oder Hinweisen, bis ich resigniert und ärgerlich aufgebe, obwohl ich weiß, dass das keine Lösung darstellt. Vielleicht wäre eine Lösung, wenn die „computer-nerds“ etwas höhere Ansprüche an ihre Arbeit hätten.
Rüdiger Erdmann, Pattensen
Zu wenig Transparenz
Corona-Testcenter: „Wir wollen Betrug eindämmen“, FR-Politik v. 25.6.
Alle Hartz-IV-Empfangenden müssen sämtliche Einkünfte, auch Geschenke, angeben. Ebenso angedacht war, dass Flaschenpfand und die Zuwendungen der „Tafel“, die aus abgelaufenen Lebensmitteln bestehen, verrechnet werden sollen. Firmen wie die Corona-Testcenter werden dagegen noch nicht einmal stichprobenartig überprüft, ob sie die Leistungen auch erbringen, wofür sie von den Krankenkassen bezahlt werden. Aber die Krankenkassen erhöhen jetzt die Beiträge der Versicherten.
Offensichtlich existiert in Deutschland ein Ungleichgewicht, welches dringend abgeschafft werden muss. Mehr Transparenz! Auch sollte nicht immer gewartet werden, bis jemand gefunden wurde, der mutmaßlich an der Aktion verdient, bevor diese gestartet wird (Lobbyismus). Auch: Selbst unter Helmut Kohl (CDU) gab es eine Vermögenssteuer, warum nicht wieder?
Heide Eckert, Frankfurt
Keine Gleise zusätzlich
Erwiderung auf „Es fehlt vor allem an Platz“, FR-Forum vom 29. Juni
Eine kleine Klarstellung: Stuttgart 21 bringt in der Tat acht unterirdische durchgehende Gleise, aber nicht etwa „zusätzlich“, sondern bei gleichzeitigem Wegfall der bisherigen 17 Gleise des bisherigen oberirdischen Kopfbahnhofs. So gigantisch wird Stuttgart also gar nicht werden, von den Kosten mal abgesehen.
Peter Schindler, Königswinter
Gnadenlos unsozial
Zu: „Schleckers Auferstehung“, FR-Wirtschaft vom 28. Juni
Anton Schlecker errang seinen unternehmerischen Erfolg ganz maßgeblich auch auf Kosten seiner Mitarbeiterinnen. Fehlende Telefone waren dabei noch das geringste Problem.
Lohndumping bis hin zur Flucht aus der Tarifbindung durch die Gründung von Tochtergesellschaften und grenzwertige Arbeitsbedingungen (völlig unzureichender Personalschlüssel in den Filialen, unwürdige Überwachungsmethoden) – dies sollte nicht als Teil „extremer Sparsamkeit“ beschönigt werden. Gnadenlos unsoziale Durchsetzung von Arbeitgeberinteressen trifft es eher.
Die vormaligen Mitarbeiterinnen haben es verdient, dass auch dieser Aspekt benannt wird.
Angela Burmeister, Hamburg
Forum vom 7. Juli 2022
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Menschliche Schicksale als Opfer von Diplomatie
Zu: „Der schwedische Preis für die Nato-Allianz“ und „Rückschlag für Recht und Freiheit“, FR-Politik vom 2.7. und 30.6.
Dies nennt sich also Diplomatie: Schweden und Finnland wollen in die Nato, Erdogan stellt Bedingungen beziehungsweise erwartet einen Preis für seine Zustimmung. Kurdinnen und Kurden in Schweden müssen nun befürchten, ausgeliefert zu werden, da der türkische Machthaber dazu neigt, jegliche kurdischen Organisationen unter Terrorismusverdacht zu stellen.
Auch hierzlande werden von der türkischen Regierung Auslieferungsanträge gestellt, die oft ungeprüft von hiesigen Behörden umgesetzt werden. Aber wenn Erdogan seinen Willen nicht bekommt, droht er, das Flüchtlingsabkommen zu kündigen, oder es sich noch teurer bezahlen zu lassen, syrische Flüchtlinge von den EU-Grenzen fern zu halten. Sollten es doch Menschen bis an die griechische Grenze schaffen, drohen ihnen verbrecherische Abschiebungen, verharmlosend Pushback genannt.
Das Nato-Mitglied Türkei in strategisch günstiger Lage führt einen illegalen Angriffskrieg in Syrien und verbündet sich dafür mit islamistischen Milizen. Sollten wir deshalb den Kurden Waffen schicken, damit sie sich gegen den illegalen Aggressor wehren können? Aber nein, die Kurden haben ja keinen Staat, und erst die Selbstverteidigung einer Nation zählt. So werden menschliche Schicksale einer zweifelhaften Diplomatie geopfert.
Robert Maxeiner, Frankfurt
Was für eine widerwärtige Heuchelei!
Nun ist es doch recht schnell gegangen. Der türkische Präsident gibt seinen Widerstand gegen den Nato-Beitritt Schwedens und Finnlands auf, das Bündnis kann sich weiter Richtung Russland ausdehnen. Dafür bekommt Erdogan das, was er haben wollte: erstens zusätzliche Waffenlieferungen für den Krieg gegen die Kurden; zweitens die Aussicht, politische Flüchtlinge ausgeliefert zu bekommen; drittens Schützenhilfe für den Wahlkampf im kommenden Jahr.
Erdogans Autokratie unterscheidet sich nicht nennenswert von der Putins, sie ist eher noch rücksichtsloser. Vor seinem Terror sind viele Menschen geflohen, nicht zuletzt nach Skandinavien; sie müssen nun um ihr Schicksal bangen. Die Türkei führt im Norden Syriens einen Krieg, der sich wenig von dem in der Ukraine unterscheidet (chauvinistische Begründung, Landnahme samt Bevölkerungsaustausch, gnadenlose Kriegsführung). Aber im Fall Erdogan ist das alles Nato-kompatibel.
„Die Türkei hat für die Nato heute aber eher eine noch größere strategische Bedeutung als während des Kalten Krieges“, schreibt Gerrd Höhler in der FR. So ist es. Deshalb müssen die Prizipien der „westlichen Wertegemeinschaft“, die wir in der Ukraine so unerbittlich verteidigen, eben zurückstehen. Was für eine widerwärtige Heuchelei, was für ein erbärmliches Geschäft!
Gert Hautsch, Frankfurt
Es wird immer nur zurückgeschossen
Friedensfragen: „Könnte Kriegsdienstverweigerung den Ukraine-Krieg beenden?“, FR-Politik vom 21. Juni
Im Interview mit zwei Vertretern des Vereins „Connection“ fragt P. v. Bebenburg seine Interviewpartner, „Wie kommt man zum Frieden ohne Militär?“ und erhält darauf die sehr berechtigte Gegenfrage: „Wie kommt man zum Frieden mit Militär ?“
Darauf scheint von Bebenburg nur gewartet zu haben und haut den beiden Pazifisten gleich den Zweiten Weltkrieg als Gegenbeispiel für ihren naiven antimilitaristischen Ansatz um die Ohren. Nur die geballte militärische Kraft der Alliierten habe diesen beendet. Wenn wir von der Tautologie mal absehen, dass Kriege mittels militärischer Mittel geführt werden – wie denn sonst?- gilt für den Zweiten Weltkrieg, wie für jeden anderen Krieg, dass er dann zu Ende war, als eine Seite gesiegt und die andere Seite verloren hatte. Will meinen, wie sinnvoll der Einsatz militärischer Mittel ist, entscheidet sich nur am Ergebnis des Kriegs. Es gab also zu keinem Zeitpunkt die Alternative „Einsatz militärischer Mittel oder nicht“. Das gleiche gilt natürlich auch im Ukraine-Krieg. Selbstverständlich hätten sowohl massive Verweigerungen entweder in Russland oder in der Ukraine verhindern können, dass es zum Krieg kommt. Diese Wahl haben aber weder Putin noch Selenskyj ihren Völkern gelassen, und bewegen sich damit durchaus im üblichen Rahmen für Staatsmänner, wenn es um die Durchsetzung der Interessen ihres Staates geht. Da führt es auch nicht weiter, zwischen Angreifer und Verteidiger zu unterscheiden, mit dem Tenor, Verteidigung gut, Angriff schlecht. So sollte uns zu denken geben, dass sogar Hitler seinen Angriff auf Polen und damit den Beginn des Weltkriegs mit einem – wie wir heute wissen – fingierten Angriff der Polen gerechtfertigt hat, oder Bush im Irak-Krieg mit den angeblichen Massenvernichtungswaffen. Es wird immer nur zurückgeschossen. Dagegen hilft nur die Weigerung, dabei mitzumachen.
Hans Blaschke, Bad Vilbel
Bei Frauen zählt, was sie unterlassen
Die Linke: „Sexistische Wetten und brutale Gewalt“, FR-Politik vom 27. Juni
Der Artikel zeigt sehr deutlich die Zwickmühle, in die Frauen hineingeraten, wenn sie Leitungsfunktionen in Männerorganisationen wahrnehmen. Leitungen von Institutionen, Organisationen, Unternehmen und Parteien werden zu recht verantwortlich gemacht, wenn sich dort über längere Zeit Sexismus und Mobbingstrukturen etablieren können. Da mein früherer Arbeitsplatz die Schule war, habe ich etwas Erfahrung auf dem Gebiet, und immer wenn solche Fälle in den Medien auftauchen, verfestigt sich bei mir der Gedanke: Wer solchen Phänomenen auf den Grund gehen will, sollte zuerst bei den Leitungen suchen.
Meine ersten politischen Erfahrungen habe ich in der Zweiten Frauenbewegung gemacht. Diese verstand sich als autonome Frauenbewegung und schloss Männer aus ihren Treffen, Kongressen, Festen und Einrichtungen aus. Einer der vielen Gründe, die dafür sprachen, war es Orte zu schaffen, an denen Frauen sich frei von männlichen Bewertungen entwickeln konnten. Politische Organisationen sollten auch heute Frauen das Recht einräumen sich unter Ausschluss von Männern zu treffen.
Nur sind das nicht unbedingt Orte, an denen frau Verbindungen für eine Karriere knüpfen kann. Es kann sich für sie in Hinblick auf Karriere sogar schädlich auswirken. Quoten für Frauen in Leitungsfunktionen reichen deshalb nicht aus. Wenn Katharina Grudig sagt: „Es ist fasch, wenn man Frauen dafür beschuldigt, was Männer getan haben“, bringt es den Widerspruch auf den Punkt.
An Frauen werden von Geburt an Ansprüche in einem Ausmaß gestellt, vor denen sie nur versagen können, Ansprüche, die nur für Frauen gelten und nicht für Männer. Bei Männern zählt, was sie tun, bei Frauen zählt, was sie unterlassen.
Ich kenne Janine Wissler aus ihren öffentlichen Auftritten und schätze ihre Beiträge sehr. So hoffe ich, dass die Linkspartei es schafft, den Widerspruch konstruktiv zu lösen.
Sophie Wegener-Stahlschmidt, Wiesbaden
Falsche Prioritäten im Jahr 2022
Vorbereitung auf Corona-Welle im Herbst: „Vorbeugen tut not“, FR-Meinung vom 2.7.
Und jährlich grüßt … Gesundheitsminister Lauterbach – einst Hoffnungsträger der Nation in der Corona-Krise – spricht kaum überzeugt und überzeugend in die Mikrofone. Thema: Schnelltests. Er habe mit dem Finanzminister (FDP) gesprochen, aber leider will der nicht mehr zahlen. CoronaSchnelltest kosten also ab jetzt 3 € oder an die 10 €. Wenn man nicht Ausnahmeregeln erfüllt. Da überlegt man sich schon, ob man sich testen lässt oder es lässt. Scheint für die Politik heute nicht das große Problem zu sein, kann es aber werden, falls im Herbst eine Mutation auftaucht, die dramatischere Auswirkungen hat. Ist wenigstens dann Geld für’s – wie der Kommentar überschrieben ist – Vorbeugen, das Not tut da oder brauchen wir noch mehr Milliarden für Rüstung und Unterstützung des Krieges gegen den neuen, alten Feind? Überhaupt erscheinen mir die Vorbereitungen auf den Herbst (knapp 4 Monate sind es noch bis dahin) noch unausgegoren. Irgendwie Deja vue und irgendwie wieder ideologisch untergraben. Mag sein, dass es wirklich nicht wirklich schlimm kommt. Aber eine Regierung, die dermaßen unentschlossen, was unpopuläre Maßnahmen angeht, auftritt, macht mich bang. Nicht wegen Corona allein – das würde schon reichen – , sondern auch wegen anderer Krisen, die da kommen mögen. Es gibt eine Ausnahme: Als es um 100 000 000 000 € für die Aufrüstung ging, war Minister Lindner (FDP) zügig zahlungskräftig.
Aber so sind halt die Prioritäten im Jahre 2022. Und die nun wieder stimmen mich auch nicht froh.
Bertram Münzer, Gütersloh
Die Organspende bleibt eine Spende
Erwiderung zur Widerspruchslösung: „Lauterbach packt es an“, Forum vom 1. Juli
Wenn man die Diskussion über Pro und Contra Widerspruchslösung beim Thema Organspende so verfolgt, könnte man in Bezug auf die Befürworter einer Widerspruchslösung zu der Auffassung gelangen, als gäbe es einen vom Grundgesetz garantierten allgemeinen Rechtsanspruch für jeden auf eine notwendige Organspende und dieses Verfassungsrecht werde von denjenigen missachtet, die sich einer Organspende verweigern. Doch das ist wohl nicht so. Eine Organspende bleibt letztlich eine Spende, also eine freiwillige Leistung.
Man bedenke einmal, welch einen hohen Stellenwert das Bundesverfassungsgericht dem Grundrecht auf informelle Selbstbestimmung (vulgo: Datenschutz) beimisst. Und zwar auch über den Tod hinaus. Soll dann wirklich das Recht auf Selbstbestimmung über den eigenen Körper auch über den Tod hinaus unbeachtlich und wertlos sein? Da habe ich meine ernstlichen Zweifel. Auch wenn angesichts der wohl zeitlich nur noch beschränkten Lebensdauer meiner Organe an deren Weiterverwendung kein allzu gesteigertes Interesse bestehen dürfte.
Wolfram Siegel, Frankfurt
Forum vom 8. Juli 2022
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In einer Zeit der maßlosen Preissteigerungen
Konzertierte Aktion: „Eine Idee mit langer Geschichte“ und „Kritik an Heils Klimageld“, FR-Wirtschaft vom 5. Juli und 30. Mai
So, die Neuauflage der „Konzertierten Aktion“ hat nach 50 Jahren eine Wiederbelebung erfahren. Diese politische Aktion, um die Gewerkschaften in Regierundpolitik einzubinden, ist ein Irrweg! Zwar haben die DGB Vorsitzende und der Arbeitgeberpräsident erklärt Tarifpoliktik werde in Verhandlungen gemacht und nicht im Kanzleramt. Warum dann der Fototermin in Berlin? Wie man sehen konnte war auch die „ABS-Reformbremse“ Lindner mit von der Partie. Deswegen wurde wohl auch eine gerechte Steuerpolitik ausgeklammert.
Um jedoch wirkliche Reformen hin zu einer Politik der sozialen Gerechtigkeit in dieser Zeit der maßlosen Preissteigerungen einzuleiten, ist zuerst mal die Wiedereinführung der Vermögenssteuer unerlässlich. Mit Lindner und seiner FDP ist das unmöglich.
Der DGB und seine Gewerkschaften sind nicht politisch neutral – aber sie müssen zwingend politisch unabhängig sein. Die Teilnahme an dem Termin im Kanzleramt hat dazu nicht beigetragen und lässt erneut Zeifel daran aufkommen. Gewerkschaftliche Stärke und Kampfbereitschaft ist gegenwärtig erforderlicher denn je. Sie muss die Antwort auf die Krisen in allen Bereichen unserer Gesellschaft sein. Dazu gehört auch wenn es Not tut der politische Streik!
Dieter Hooge, Frankfurt
Benötigt wird eine Politik des sozialen Ausgleichs
Der sozialdemokratische Arbeitsminister Hubertus Heil schlägt in der Tat einen richtigen und wichtigen Schritt in die richtige Richtung ein, wenn er ein jährliches Klimageld für Bezieherinnen und Bezieher niedriger und mittlerer Löhne und Gehälter sowie Empfängerinnen und Empfänger von Grundsicherung sowie hoffentlich auch Rentnerinnen und Rentner vorschlägt. Die SPD ist gefordert und darf nicht weiter zulassen, dass die Neoliberalen in der FDP gerade in der Sozialpolitik dominierend sind und somit die notwendige sozialdemokratische Handschrift in diesem Bereich bis zur Unkenntlichkeit verstümmeln. Das „sozialdemokratische Jahrzehnt“ wird nicht zustande kommen, wenn gerade eine Politik des sozialen Ausgleichs, die insbesondere durch die hohe Inflation notwendiger denn je ist, nicht konsequent betrieben wird. Viele Menschen haben das dringende Bedürfnis, in diesen schweren Zeiten vom Staat in Schutz genommen zu werden. Die Frage der Kompensation des reduzierten Lebensstandards und die Angst vor Armut muss dringend angegangen werden und gerade die SPD muss sich wieder spürbar als „Schutzmacht der kleinen Leute“ zeigen, wie es einst der große Sozialdemokrat Johannes Rau formulierte.
Manfred Kirsch, Neuwied
Wir pflegen einen überdehnten Lebensstil
Wie schizophren unsere verwöhnte Wohlstandsgesellschaft beim Thema Energie ist, zeigt sich an zwei Berichten in der FR vom 30. Juni. Auf S. 14 werden wir im Artikel „Jede eingesparte Kilowattstunde zählt“ mit Ratschlägen überhäuft, wie sich bei unserem Energieverbrauch Einsparpotentiale heben lassen. Auf der Folgeseite lesen wir dann, dass die Bundesregierung dem Abfertigungschaos an Deutschlands Flughäfen durch die Rekrutierung von ausländischen Hilfskräften, vornehmlich Türken, Herr werden will. Sie leistet damit aktiv Beihilfe zur Energieverschwendung, weil Millionen Tonnen Kerosin für meist überflüssige Urlaubsflüge verplempert werden. Vom gleichzeitig emittierten CO2 und Ultrafeinstaub noch gar nicht zu reden. Zudem sind die Flughafenbetreiber an den chaotischen Zuständen überwiegend selbst schuld. So trennte sich Fraport von über 4.000 Beschäftigten, der angeblich „wichtigsten und wertvollsten Ressource unseres Unternehmens“. Gleichzeitig wurde am Terminal 3 weiter gewerkelt, weil man, so Vorstandschef Schulte, die zusätzlichen Kapazitäten ja brauche, wenn der Luftverkehr wieder anziehe. Dass die gleiche Begründung auch für das Personal gilt, dämmert den Verantwortlichen offensichtlich erst jetzt, wo sie mit Prämien händeringend Ersatz auf dem leergefegten Arbeitsmarkt suchen. Wenn die Coronapandemie eines gezeigt hat, dann die Krisenanfälligkeit des Geschäftsmodells der Luftverkehrswirtschaft, denn auf das gesundheits-, klima- und umweltschädliche Fliegen können die Menschen, wenn es sein muss, jederzeit verzichten, weil es zum großen Teil ja gar nicht notwendig ist, sondern nur das Sahnehäubchen auf unserem ohnehin bereits überdehnten Lebensstil.
Hans Schinke, Offenbach
Sparen muss belohnt werden
Sparen rettet nicht das Klima, auch das Tempolimit auf Autobahnen beschränkt die individuelle Freiheit. Sparen ist keine moralische Tugend, sondern muss belohnt werden. Die Zeiten des Überflusses sind vorbei, das gilt für Wasser, Energie, Nahrung. Die Zeitenwende hat auch hier bereits begonnen.
Thomas Bartsch-Hauschild, Hamburg
Selbstbestimmung am Lebensende
Sterbehilfe: „Das Denkkorsett ablegen“, FR-Meinung vom 24. Juni
Das Thema Sterbehilfe ist äußerst komplex und in den vergangenen Jahren in sämtlichen Medien lautstark und kontrovers diskutiert worden. Der Begriff Sterbehilfe ist unscharf, jeder versteht etwas Anderes darunter. Ist eine Hilfe beim Sterben, im Sinne des menschlichen Beistands und fürsorglicher Palliativmedizin oder eine Hilfe zum Sterben gemeint? Hilfe zum Sterben ist als assistierter Suizid bzw. Suizidhilfe zu bezeichnen.
Beim ärztlich assistierten Suizid (Suizidhilfe) verschreibt ein Arzt dem freiverantwortlichen Patienten ein letales Medikament wie z.B. Natrium-Pentobarbital, welches dieser zu einem von ihm gewählten Zeitpunkt selbst einnehmen kann (aber nicht muss!). Das BVerfG fordert im „Sterbehilfe“-Urteil vom 26.2.2020 die Neuregelung der Suizidassistenz, eine konkrete Ausgestaltung des Berufsrechts für Ärzte und Anpassungen des Betäubungsmittel-rechts. Ärzten muss erlaubt sein, Natrium-Pentobarbital zur oralen Selbsttötung zu verschreiben – derzeit in Deutschland nicht möglich. Der ärztlich assistierte Suizid sollte begrenzt sein auf Menschen mit einer schweren und unheilbaren Erkrankung und einer Le-benserwartung von weniger als sechs Monaten. Am ehesten ist der vorliegende Gesetzentwurf von Katrin Helling-Plahr et al. zu akzeptieren.
Der Ausbau der Hospiz- und Palliativversorgung in Deutschland ist zwingend notwendig. Un-heilbar und schwer erkrankte Menschen werden von palliativmedizinischen Einrichtungen betreut und sind sehr gut symptomkontrolliert. Ab einem bestimmten Stadium können aber gewisse Patienten nicht mehr Ja zum Leben bzw. Leiden sagen, sondern wollen mit der Einnahme eines Medikamentes dieses selbstbestimmt beenden, im Kreis der Familie und in häuslicher Umgebung zu dem Zeitpunkt, den sie sich wünschen. Selbstbestimmung am Lebensende. Für diese Gruppe ist das Einrichten einer Beratungsstelle völlig sinn- und würdelos. Wenn schwerstkranke Menschen mit einer unheilbaren Erkrankung nicht mehr weiter leben wollen, müssen wir diese selbstbestimmte Entscheidung respektieren. Es kann keinen Zwang zum Weiterleben geben. Über ein würdiges Sterben, seinen eigenen Tod, hat ein jeder von uns seine eigenen Vorstellungen.
Absolut getrennt von den Menschen mit einer schweren, unheilbaren Erkrankung und dem Wunsch nach assistiertem Suizid sind Suizide zu sehen. Im Jahr 2020 nahmen sich 9206 Men-schen in Deutschland das Leben, die Zahl ist erfreulicherweise deutlich rückläufig in den letzten Jahren. Hauptgrund für diesen Schritt ist die Vereinsamung im höheren Lebensalter. Diese betagten Mitbürger sind durch die geforderte Suizidprävention kaum zu erreichen, es ist eine enorme politische und vor allem gesellschaftliche Herausforderung.
Dr. Matthias Salefsky, Aschaffenburg
Scholz hat gute Gründe
Kolumne: „Zeitenwende rückwärts“, FR-Meinung vom 17. Juni
Die „typisch deutsche, medial mutwillig angefeuerte Debatte“ gibt es nicht nur bezüglich des Kriegs. Als mutwillig angefeuert erscheint mir auch das aus verschiedenen Ecken laute Gemähre um den Politikstil des Bundeskanzlers. In ihrem Lied „Wer nicht verrückt wird, der ist nicht normal“ singt Hildegard Knef schon 1974: „Und die Erfahrung bringt man niemals/ an den Mann, an die Frau, / und der Weise spricht meist leise/ und auch ungenau“. Mit gutem Grund und zu Recht agiert der Bundeskanzler auf seine Art und achtet im Unterschied zu manch anderen Politiktreibenden seinen Amtseid als handlungsleitende Instanz. Auch die fahrlässige, weil verhängnisvoll wirkende Rede von der „Ampelkoalition“ wird immer neu befeuert. „Ampel“ knüpft an Bilder des autodominierten Straßenverkehrs an, den stärksten Abwehrmechanismus der Deutschen: „Ich will so bleiben, wie ich bin“ – und „Ampel“ flüstert „Du darfst“, weil das Bild nicht stimmt und „Gelb“ darin einen Rangplatz bekommt, der ihm nach dem Ergebnis der jüngsten Bundestagswahl nicht zusteht. Die Farben von Burkina Faso (zu deutsch: Land des aufrichtigen Menschen) geben zutreffender wieder, was ist und was sein könnte: Viel Rot, viel Grün, ein wenig Gelb – und mit dem afrikanischen Land klingen die menschenverursachte Klimakatastrophe und der uns alle betreffende, dringende Umsteuerungsbedarf an.
Joachim Faber, Karlsruhe
Der Tankrabatt ist eine FDP-Idee
Tankrabatt: „Gescheiterte Entflechtung“, FR-Wirtschaft vom 29. Juni
Herr Bontrup schreibt, dass „ein Wirtschaftsminister“ eigentlich wissen sollte, dass Senkungen von indirekten Steuern nicht nur die kleinen und mittleren Einkommen entlasten, sondern immer auch die hohen. Dieser Denkansatz von Herrn Bontrup ist falsch. Den Tankrabatt hat ja wohl die FDP zu verantworten. Herr Lindner (Finanzminister und FDP) hat das initiiert. Und es ist wohl hinlänglich bekannt, dass die Klientelpolitik der FDP sich nicht für kleine und mittlere Einkommen interessiert. Ganz im Gegenteil.
Thomas Nestinger, Bad Honnef
Tragische Situation
Parade bei Chicago zum 4. Juli: „Tote nach Angriff mit Schusswaffe“, FR-Politik vom 5. Juli
Schnellfeuergewehre, Revolver oder Pistolen gehören nicht in die Hände von Privatpersonen, egal welchen Alters! Das sehen die Republikaner natürlich ganz anders. In den USA gibt es sage und schreibe 129 817 Waffengeschäfte, fast so viele wie Tankstellen. (143 849). Seit 1968 sind mehr als 450 000 US-Bürger durch Schusswaffengebrauch ums Leben gekommen, mehr Opfer also als im gesamten Vietnamkrieg. Das sind furchtbare Zahlen. Da aber zu viele Politiker in den USA Marionetten der Waffenindustrie sind, wird sich m.E. an dieser tragischen Situation nichts ändern.
Helmut Freudenthal, Kiel
Forum vom 9. Juli 2022
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Nur durch Gespräche kann es Frieden geben
Ukraine-Krieg: „Was nützt der Frieden in Gedanken?“, „Weizenernte bricht ein“ und „Die Hilfe wartet nicht auf das Kriegsende“, FR-Politik vom 2. und 5. Juli
„Frieden ist im Kopf, und ist er nicht im Kopf, dann ist er nirgendwo“ (frei nach André Heller). Wenn „Pazifist“ schon zum Schimpfwort geworden ist, dann wird es Zeit nach über 70 Jahren seit dem Zweiten Weltkrieg, aufzurütteln und den Frieden sowie Wege dorthin wieder in unser aller Köpfe zu holen. In diesem Fall, die Ukraine, auf einem Friedensweg, auch über holprige Kompromisspfade, zu unterstützen, zu begleiten, nicht im Stich zu lassen. In dem 1. offenen Brief fehlt es dazu keineswegs an Empathie, das Gegenteil ist der Fall.
Der oder die liebe Gott hat uns die besondere Fähigkeit gegeben, nach Einsatz der Gedanken, Worte zu gebrauchen. Natürlich neben den Fähigkeiten des Waffenerfindens und –gebrauchs. Dass letzteres nicht nur in Sackgassen, sondern ausschließlich zu Leid und Tod geführt hat, ist umfassend bekannt. Mühsamer ist er, der Weg der Worte, der Gespräche, besonders bei Psychopathen und Mördern als Gegenüber.
Und doch – für diesen anstrengenden, steinigen Weg der Worte ist die Voraussetzung, ihn erst einmal in den Köpfen, in unseren Gedanken zu haben – den Frieden.
Hanne Strack, Rüsselsheim
Mit den Mitteln einer Zauberfee
Liebe Frau Zeh und Mitunterzeichner! Sie alle haben offensichtlich vergessen, dass Bundeskanzler Olaf Scholz und Außenministerin Annalena Baerbock bis zur Lächerlichkeit versucht haben, den Faschisten, Aggressor, Kriegsverbrecher und Mafiaboss Putin von seinen Gewaltplänen abzubringen. Mit den Mitteln einer Zauberfee ist da nichts, gar nichts zu erreichen! Ich selbst habe übersehen, dass es von Anfang an Politik des Aggressors war und ist, das mit kolonialer Gewalt ausgestattete Zarenreich, respektive die gleichgepolte UdSSR, wieder zu errichten.
Haben Sie sich je gefragt, warum die dem russischen Kolonialismus entronnenen Völker sich so einig sind in der Unterstützung der Ukraine?
Ich sehe in Ihnen, den Unterzeichnern der beiden Briefe, geschichtsvergessene Angsthasen, die es bis heute nicht gewagt haben, sich an den Schuldigen, dessen Name mir jetzt gerade nicht einfällt, zu wenden! Ich empfehle Ihnen, den Einfluss von Iwan Alexandrowitsch Iljin auf den Aggressor zu studieren! Sich zum Holodomor zu informieren, (mehr als 3 Mio. tote Ukrainer) trüge ebenfalls zum Verstehen der Ukrainer bei.
Carsten Dietrich Brink, Gauting
Das Kapital braucht Krieg
Der Kapitalismus ist auf ständiges Wachstum angewiesen. Wenn die Nachfrage, beispielsweise wegen Corona und der damit verbundenen Angst vieler, nachlässt, dann ist Krieg ein willkommener Schub für neue Investitionen. Wenn ich jetzt lese, dass für den Wiederaufbau der Ukraine hunderte Milliarden Euro gebraucht werden, dann fühle ich mich bestätigt mit unseren Slogan, den wir „Ordensleute für den Frieden“ seit Jahren vor der Deutschen Bank in Frankfurt am Main vertreten: „Krieg braucht Kapital – Kapital braucht Krieg“.
Gregor Böckermann, Neu-Isenburg
Für die Ernte wird ein Waffenstillstand gebraucht
Eine für die Menschheit furchtbare Nachricht: Millionen Tonnen ukrainischen Weizens, der „ausgerechnet im Osten der Ukraine relativ gut wächst“, können kriegsbedingt nicht geerntet werden. Wenn dieses Getreide nicht eingebracht werden kann, drohen vor allem den Ländern des globalen Süden Welthunger und Tot.
Wäre dieser Umstand nicht dringend gebotener Anlass, dass die Kriegsparteien, einen durch die UNO abgesicherten „Erntewaffenstillstand“ für mehrere Wochen vereinbarten? Dann könnten die Bauern der Ukraine – ohne unter Einsatz ihres Lebens tätig zu werden – ihre segensreiche Arbeit zugunsten der Menschheit fortsetzen!
Ich bin überhaupt erstaunt darüber, dass die ukrainischen Weizenfelder großflächig unter diesen Kriegsbedingungen bestellt wurden. Der „Erntewaffenstillstand“ auf Vermittlung der UNO hin wäre ein Sieg der Vernunft und der Diplomatie über die Kriegs-Logik der „immer mehr und schwerere Waffen“; nur er muss schnell kommen!
Thomas Ewald, Nidderau
Militärisches Denken bestimmt den Diskurs
Nun versucht der in Ihrem Bericht als Militär-“Diplomat“ bezeichnete NATO-Generalsekretär Soltenberg die Bevölkerung in Europa auf einen jahrelangen Krieg einzuschwören. Anscheinend hatten sechs vom „Westen“ beschlossene Sanktions-„Pakete“ gegen Russland bisher nicht die erhoffte Wirkung und werden sie wohl auch nicht erzielen-warum sonst von einem jahrelangen Krieg ausgehen?
Wann bemerken die NATO und der Westen, dass jahrelange Sanktionen gegen Russland seit 2014, inzwischen regelmäßig gesteigert zu Sanktionspaketen, offensichtlich wenig bewirken, wenn Russland gleichzeitig wieder zum größten Öllieferanten für China aufsteigt.
Gefragt sind jetzt diplomatische Lösungen und Verhandlungen – natürlich nicht im Sinne eines russischen Diktatfriedens. Aber auch die Ukraine wird schmerzliche Zugeständnisse machen müssen, um noch mehr Tote und noch mehr Zerstörung endlich zu stoppen.
Weder die USA und die Nato, aber auch nicht die Regierung in der Ukraine scheinen im Moment zu ernsthaften Verhandlungen bereit zu sein. Da, wo jetzt diplomatisches Engagement nötig wäre, bestimmt ausschließlich militärisches Denken den Diskurs. Auch von unserer feministische Aussenpolitik propagierenden Ministerin Baerbock hört man erschreckend wenig zu möglichen diplomatischen Versuchen, den Überfall Russlands auf die Ukraine zu beenden.
Jochen Stürznickel, Viersen
Nationalist und Antisemit
Stepan Bandera: „Melnyk soll zurückkehren“, FR-Politik vom 7. Juli
Stepan Bandera, von dem Herr Melnyk sich nicht distanzieren will, war nicht einfach ein Nationalist, sondern der Anführer einer antisemitischen Bewegung, der OUN, die laut der Untersucungen des polnischen Historikers Grzegorz Rossolinski-Liebe nach dem Überfall Deutschlands auf die Sowjetunion einen unabhängigen ukrainischen Staat an der Seite Hitlerdeutschlands ausrief und Massaker an den polnischen Bewohnern der Westukraine, in Ostgalizien und im nordöstlich angrenzenden Wolhynien mit bis zu 100.000 Opfern verübte und an der Ermordung von bis zu 800.000 Juden beteiligt war.
Dass ein Mann, der aus seiner Verehrung für Bandera niemals einen Hehl machte, als Botschafter in der Bundesrepublik akkreditiert werden konnte, ist der eigentliche Skandal.
Susanne Roether, Frankfurt
Was macht man mit einer Nobelpreisträgerin wie der EU?
Jedes Jahr sterben Hunderte Geflüchtete im Mittelmeer: „Wenn ich jetzt loslasse, denke ich, ist er tot“, FR-Magazin vom 28. Juni
Ein friedliches Land anzugreifen, deren Bewohner zu foltern und zu töten, zu massakrieren, Kinder, Frauen, Männer, in der gleichen Manier mit anderen Ländern verfahren, in naher Zukunft millionenfach Menschen verhungern lassen, das ist pure menschenverachtende totalitäre Ein-Mann-Diktatur. Das ist so schlimm, dass diesem Stalin 2 mit Waffengewalt Einhalt geboten werden muss.
Wie aber wehrt man sich gegen eine Demokratie, die oft nicht selbst foltert und tötet, die aber Menschen verhungern, verdursten, ertrinken lässt, an Zäunen verbluten wie kürzlich in der spanischen Exklave Melilla, die Menschen zurückschickt in Folterstaaten? Und die mit ihrer ausbeuterischen, rein auf eigenen Profit ausgerichteten Politik eine wichtige Ursache dafür ist (neben Putin und anderen Schlächtern), dass Menschen überhaupt ihre Heimat, Haus und Hof, Verwandtschaft und Freunde verlassen müssen? Übrigens auch in der nächsten und fernsten Zukunft (Stichwort Klimaerhitzung).
Die Rede ist von der Friedensnobelpreisträgerin Europäische Union. Warum werden bei uns in den westlichen Demokratien Politiker gewählt, denen Menschenleben offensichtlich nicht viel bedeuten? Warum pflegen so viele Bürger in den Industrienationen einen dermaßen zerstörerischen Lebensstil, dass andere dafür sterben müssen? Ist schlicht Manipulation die Ursache? Nicht unbedingt falsche Informationen, sondern das Weglassen von Information?
Beispiel: Niemand bestreitet ernsthaft, dass in Schlachthöfen Tiere geschlachtet werden. Das wäre eine leicht zu durchschauende Lüge. Aber zuschauen lassen sich die Schlachter nicht bei der Arbeit. Auf der Theke liegt ein Schnitzel und nicht ein getötetes Schwein.
Und in der Sahara? Auf dem Mittelmeer? In den Flüchtlingscamps? Da krepieren Menschen. Weil die EU wegschauen lässt. Ein Hinschauen behindert. Ein Retten mit aller Gewalt verhindert. Nein, stimmt nicht. Nicht mit aller Gewalt. Retter werden nicht erschossen. Aber ihnen droht Gefängnis.
Was macht man nur mit so einer Nobelpreisträgerin? Mit so einem Westen? Mit so einer Demokratie?
Ralf-Michael Lübbers, Marienhafe
Doppelte Standards
Zu: „Der schwedische Preis für die nordatlantische Allianz“ u. „Rückschlag für Recht und Freiheit“, FR-Politik v. 2.7. u. 30.6.
Unsere liberalen Demokratien unterscheiden anscheinend zwischen guten und bösen Autokraten. Im Hinblick auf Putin gibt es vermutlich nur wenige Menschen in den sogenannten liberalen Demokratien, die die menschenverachtende Brutalität dieses autokratischen Herrschers leugnen oder relativieren. Anders verhält es sich mit dem Autokraten Recep Tayyip Erdogan, der ähnlich wie Putin denkt und agiert. So wie Putin die „Nazis“ in der Ukraine bekämpft, verfolgt Erdogan die „Terroristen“ in der Türkei, in Syrien, im Irak und weltweit. So wie sämtliche PutingegnerInnen zu „Nazis“ erklärt werden, werden alle politischen AktivistInnen, die sich für die Rechte der KurdInnen einsetzen oder für Demokratie, Menschenrechte und freie Meinungsäußerung, als „TerroristInnen“ der staatlichen Willkür und Verfolgung ausgesetzt.
Sowohl Putin als auch Erdogan haben den Rechtsstaat abgeschafft und unterdrücken die Meinungs- und Pressefreiheit. Während Putin seine „militärische Spezialoperation“ gegen die Ukraine fortführt, nutzt Erdogan den Ukrainekrieg zu weiteren völkerrechtswidrigen Artillerie- und Drohnenangriffen gegen die KurdInnen in Syrien. Dabei sterben immer wieder ZvilistInnen, auch Frauen und Kinder, getötet von einer Nato-Armee. Die mediale Berichterstattung und Empörung unserer PolitikerInnen über diese Verbrechen hält sich in überschaubaren Grenzen, und es wird deutlich, dass nach wie vor doppelte Standards in der Auseinandersetzung mit autokratischen Regimen existieren. Medial wird jetzt häufig und zu recht kritisiert, dass gegen Putin nicht rechtzeitig „klare Kante“ gezeigt worden sei. Gleichzeitig sehen wir jetzt eine interessengeleitete Politik der Nato-Staaten, die Rücksicht auf die Befindlichkeiten von Erdogan nimmt, der mit allen Mitteln an der Macht bleiben will. Glücklicherweise gibt es NGOs wie Amnesty, Pro Asyl und Medico, die „klare Kante“ zeigen und sich aktiv für Menschenrechte und verfolgte AktivistInnen einsetzen. Das würde ich auch von kritischem Journalismus erwarten.
Hermann Roth, Frankfurt
Die endlose Party ist vorbei
Zu:„Jede eingesparte Kilowattstunde zählt“, FR vom 30. Juni
Die aktuelle Diskussion geht aus meiner Sicht bei Weitem nicht tief genug, fokussiert auf einfache Dinge und lässt andere, wichtige Aspekte außer Acht. Ich könnte mit den sinnlosen Straßenpanzern vulgo SUV beginnen und fragen, warum man den Trend zu solch schweren Energiefressern nicht gebremst hat und was man jetzt dagegen zu tun gedenkt; ich lese dazu: Nichts. Beim Duschen zu sparen, um Putin etwas entgegenzusetzen, finde ich dabei schon fast putzig. Denn zum einen gibt es den Teil der Bevölkerung, der seit vielen Jahren sparsam duscht, weil er aus Überzeugung schon lange Energie spart, wo es geht. Zum anderen gibt es wie bei den SUV seit vielen Jahren den Trend, immer größere (Rainshower-) Duschköpfe zu installieren. Ohne Sinn und Verstand, denn die zehn Liter pro Minute, die da durchrauschen, kommen ja nun mal nicht aus der Kaltwasserleitung. Ähnlich bei der Raumtemperatur: Wenn die Menge der potenziell durch ein Grad niedrigere Raumtemperatur einsparbaren Energie (sechs Prozent) berechnet wird, frage ich mich, ob berücksichtigt wird, dass besagter energiebewusster Teil der Bevölkerung das schon seit vielen Jahren macht. Energie sparen ist nun wirklich keine so ganz neue Idee.
Die Diskussion konzentriert sich auf die beiden Aspekte: Wie stellen wir die Gasversorgung sicher, und wie entlasten wir die Bürger bei den hohen Kosten? Ich denke, dass wir viel radikaler zunächst einmal Vieles infrage stellen sollten: Warum produzieren wir mit knappem Gas Milliarden von Einwegflaschen für Wasser, das man nicht kaufen muss, sondern faktisch kostenlos aus der Leitung nehmen kann? Warum haben wir es zugelasen, dass das jahrzehntelang bewährte, energiesparende Mehrwegsystem für Getränkeverpackungen pulverisiert wurde anstatt die Quote zu erhöhen? Warum haben die Winzer ein jahrzehntelang praktiziertes Rücknahmesystem (Mehrweg) für ihre Weinflaschen abgeschafft und umgestellt auf Einwegflaschen? Weil das Spülen der Flaschen inzwischen teurer ist als die Herstellung von Glasflaschen – mit billigem Gas! Jetzt heulen die Glashersteller, dass sie das Glas nicht mehr so billig wie bisher herstellen können. Gut so! Warum lassen wir es zu, dass mit extremem Aufwand (und extremen Umweltschäden) Bauxit abgebaut wird, um mit dem daraus gewonnenen Aluminium Einwegprodukte wie Getränkedosen, Grillschalen, Alufolie und Aluschalen für ToGo-essen zu produzieren? Warum produzieren wir ohne Sinn und Verstand ebenfalls mit dem billigen Gas Gartengeräte wie z. B. Federharken etc. nur noch aus (auch weniger haltbarem) Plastik anstatt wie in der Vergangeheit aus recyclebarem Metall und Holz? All das wurde und wird nach wie vor nur hergestellt, weil das Gas so billig war. Nicht umsonst hat BASF die Strippen gezogen bei den mit Russland geschlossenen Gasverträgen.
Die ‚Never-Ending-Party‘, die wir mit dem billigen Gas gefeiert haben, ist vorbei! Wir müssen unsere Produktions- und Lebensweise ändern, es kann nicht mehr so weitergehen wie bisher! Was es dazu als Erstes braucht, ist eine spürbare Steuer (und Zoll beim Import) auf alle(!) Einwegprodukte!
Bernfried Kleinsorge, Egelsbach
Waffengesetze sind zu schwach
USA: „Tote nach Angriff mit Schusswaffe“, FR-Politik vom 5. Juli
Peng. Es fallen Schüsse – mal wieder. Diesmal in Illinois, bei Chicago. 16 Menschen verletzt, 5 tot. Letzte Woche zwei Tote und 20 Verletzte in einem Queerclub in Oslo. Attentate und Tote druch Waffen werden statistisch immer häufiger. Parallel dazu erweitern führende Gerichte, wie der Supreme Court das Recht auf Waffen zu einem Grundrecht. Hin und wieder hat man das Gefühl Waffen hätten in den USA mehr Rechte, als Frauen, die abtreiben wollen.
Aber es ist nicht nur ein US Amerikanisches Problem, sondern auch ein deutsches. Alle paar Monate kommt ein Skandal ans Licht, weil aufgedeckt wird, dass tausende Schuss Munition in einer Bundeswehrkaserne gestohlen wird, fast jeden Tag kommt es zu konkreten Morddrohungen im Zusammenhang mit Waffen gegen Politiker*innen und Aktivist*innen.
Das Waffenrecht in Deutschland ist immer noch viel zu schwach, so haben eine Vielzahl von Extremist*innen freien Zugang zu Schusswaffen und der nötigen Munition um zu morden. Das tragen einer Waffe schützt vielleicht das Individuum, dass sich in einer bremslichen Situation schützen kann, aber gefährdet die Große Masse, denn mehr Waffen bedeuten mehr Gewalt.
Es braucht jetzt, im Angesicht immer mehr Gewaltverbrechen auf der Welt und in Deutschland endlich konsequentere und deutlich stärkere Waffengesetze!
Luca Barakat, Marquartstein
Bilder von Trauernden
Frauen-Nationalelf: „Schwere Last“, FR-Sport vom 4. Juli
Als Zeitungsleser sieht man am 4. und 5. Juli 2022 die Bilder von der deutschen Frauen-Nationalmannschaft bei ihrem Bezug des Basisquartiers in Brentford. Diese junge Frauen tragen eine Kleidung, die Bilder erinnern einem an eine Trauergemeinde. Kaum vorzustellen dass die deutsche Männer-Nationalmannschaft so auftreten würde.
FR 6.7. Meinung Anne Bundschuh Ceta Abkommen.
Plötzlich und unerwartet, mitten im Sommer, wenn das Volk nicht aufpasst soll das Ceta Abkommen mal eben schnell durchgehuscht werden – Oder??Wenn die Grünen mit Herrn Habek dies tun sind sie für mich gestorben. Die herausragende Stellung für die Konzerne über irgendwelche Schiedsgerichte sich durchzusetzen und die Parlamente zu Hampelmännern zu machen, das soll mal eben so laufen. Es ist immer die selbe Methode. Man lässt es eine Weile ruhen um dann, wenn keiner mehr dran denkt, es durchzubringen. Es ist die Macht der Konzerne, die die Politik in der Tasche haben. Wenn die Grünen da mitmachen sind sie nicht besser als SPD/CDU/FDP die in bewährter Form immer sagen, das eine zu tun aber dann hinterem Rücken der Bürger ganz etwas anderes machen. wie die große Koalition und das Klima. Unter Führung der Politik wird der Bürger zum Vorteil der Konzerne betrogen. Wie gesagt, wenn die Grünen da mitmachen haben sie den letzten Rest Glaubwürdigkeit verloren und sich in die Reihe der Befehlsempfänger der Konzerne und Reichen eingereiht. Dann braucht man wirklich nicht mehr wählen zu gehen.
Da muss ein Aufschrei kommen !!
@ Rüdiger Erdmann „Bis ich resigniert und ärgerlich aufgebe“, 06.07.22
Rüdiger Erdmann erwartet von der Sprache auch in Zeiten der Digitalisierung eine sprachliche Sinnhaftigkeit. Ich verschärfe dieses Verlangen noch durch den Anspruch auf Eindeutigkeit und grammatikalische Korrektheit. Eine Verflachung von Begrifflichkeiten steht im Widerspruch zur notwendigen Komplexität. Wird diese zu Gunsten einer Denk- und Spracharmut aufgehoben, zerstört sich die Digitalisierung selbst bzw. reduziert sich auf Brot und Spiele für die bildungsfernen Klassen.
Als Angehöriger jener Generation, die ab der Mitte der 1960er Jahre mit der damals so bezeichneten „elektronischen Datenverarbeitung“ (zunächst als Datenspeicherung auf Lochkarten) in Schule, beruflicher Ausbildung und Hochschule zwangsläufig in Berührung kam, bin ich mit den Essentials der Digitalisierung aufgewachsen. Sie als Bestandteil einer modernen Welt zu begreifen und zu akzeptieren, wurde mir erleichtert durch die Beschäftigung mit den mathematischen Theorien von Gottfried Wilhelm Leibnitz, George Boole und Konrad Zuse, ebenso mit den mathemisch-sprachphilosophischen Erkenntnissen von Bertrand Russell und Ludwig Wittgenstein. Dadurch lernte ich, dass Informatik über ökonomische Interessen (z.B. denen von Hollerith oder IBM) weit hinausging – was heute angesichts der Manipulationen durch Apple, Microsoft, Google & Co. fast ungewöhnlich erscheint.
Vor allem war mir frühzeitig klar, dass binäre Codierung, die auf den Ziffern 0 und 1 (korrekter: auf den Zuständen 0 und 1) beruht, eine eindeutige Sprache voraussetzt. Denn wenn diese Voraussetzung nicht vorliegt, lassen sich die durch Sprache beschriebenen Tatsachen nicht ohne wesentlichen Bedeutungsverlust in ein binäres System transformieren. Ohne die in mehr als fünfzig Jahren erworbene Fähigkeit zur intuitiven Erfassung von Zusammenhängen, würde ich die Gebrauchsanweisungen der meisten Hard- und Softwareproduzenten nicht verstehen bzw. in die von ihnen bewusst gestellten Fallen stürzen und meine Privatsphäre öffentlich machen. Vor allem die US-amerikanischen Hersteller scheinen Menschen vom Schlage Donald Trumps für den typischen Anwender ihrer Waren zu halten.
wenn Putin siegt, hört die Ukraine auf zu existieren
Leserbrief von Peter Arnold, Homburg
Der Krieg Russlands erinnert an Jugoslawien, als der Staat zerfiel, der aktuelle Krieg in der Ukraine ist wie auch der Bürgerkrieg in Jugoslawien ein Bruderkrieg.
Jugoslawien löste sich vor dreißig Jahren als Staat auf, 1992 kam es zum Bürgerkrieg.
Serben und Kroaten wollten eigene Volksrepubliken wie die Republik Srpska.
Nach all den Jahren Nachbarschaft der Ukraine mit Russland sind zwischen beiden Ländern verwandtschaftliche Beziehungen entstanden.
Die verwandtschaftliche Beziehungen bestanden in der Ukraine, wie in Jugoslawien, wie sie zwischen Volksgruppen bestehen.
Damit kommt das Kalkül des Kreml, der ethnischen Säuberung, ins Spiel.
Die ethnische Säuberung zwischen europafreundlichen Ukrainern und antiwestlichen Russen,
es werden eben die gewachsenen Beziehungen durchtrennt, die Ethnien der Ukrainer und der Russen getrennt.
Eine ethnische Säuberung wie in den neunziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts, in Bosnien, das ist es auch aktuell in der Ukraine.
Der Plan des Kreml ist dabei genauso Kalkül, wie es auch Milosevics Kalkül in Jugoslawien war,
nur nennt es heute der Kreml, die Entnazifizierung der Ukraine.
Es ist aber nicht anders, wie vor dreißig Jahren in Jugoslawien, als Bosnien entnazifiziert wurde.
Milosevic endete im Gefängnis in Den Haag, in einem Kriegsverbrecherprozess, wegen dieser ethnischen Säuberung.
Es ist unwahrscheinlich, das Putin das Schicksal von Milosevic erleiden wird, angeklagt in einem Gefängnis in den Niederlanden zu sterben.
Nur wäre eine Anklage wegen dem abgeschossenen Flugzeug der Malaysian Airline MH -17 2014 über der Ost Ukraine, als Kriegsverbrechen gegen niederländische Bürger bereits im Grunde ausreichend für eine Anklage.
Zu: Rüdiger Erdmann „Bis ich resigniert und ärgerlich aufgebe“ (06.07.)
Ich weiß bald nicht mehr, warum die analoge Welt immer mehr von der digitalen verdrängt wird bzw. was das mit uns Menschen macht, die eh schon von der Moderne und ihrer Komplexität überfordert sind.
Aus dem Handsatz und dem Buchdruck kommend, bin ich nie wirklich warm geworden mit der Digitalisierung.
Das kann man als altmodisch ansehen. Aber meine Erfahrungen sind an das Gegenständliche, das Unmittelbare geknüpft.
Ein Schriftsetzerkollege anfangs der 1970er Jahre (damals ging es noch um die Computerisierung des Metiers) sagte den Satz, den ich nie vergessen habe; „Malyssek, die Seele ist draussen!“
Es ist ein Leichtes dies als Romantik pur zu kritisieren. Aber so einfach ist es dann doch wieder nicht.
Rüdiger Erdmann schreibt: „Es ist kaum möglich, zeitsparende Routinen zu entwickeln, da ständig aktualisiert wird.“
Zum Arbeitsleben gehörte für mich immer dazu, dass man einen Beruf lernte bzw. etwas Neues angefangen hat und eben nach eine Weile auch eine Arbeitsroutine
entwickeln konnte. Was nichts Rückständiges ist. Das kann ich in der digitalen Welt nicht mehr erkennen.
Die Reihenfolge: Lehrzeit – Geselle – Meister brachte zum Ausdruck, wie Entwicklungen und Erfahrungen im Arbeitsleben ihre gewachsenen Strukturen hatten.
Jetzt ist jeden Tag, jedes Jahr was Neues. Routine scheint verpönt. Die Digitalisierung der Welt ist zum
Dogma geworden.
@ Carsten Dietrich Brink: Mit den Mitteln einer Zauberfee
Carsten Dietrich Brinks Einschätzung stimme ich ausdrücklich zu, selbst wenn ich hier und dort noch andere Akzente setze.
Als Pazifist, der 1966 den Kriegsdienst verweigerte (weil ich nicht Teil der von Adenauer initiierten Restauration sein wollte), in der 68er-Bewegung aktiv war und seither für Gewaltfreiheit eintrete („Noch mehr als die Gewalt verabscheuen wir die Dummheit“), bin ich irritiert, wenn Intellektuelle anscheinend ihren Verstand (also ihr Wesen) verlieren und zu Verhandlungen mit dem mordenden Putin und seiner Bande raten. Denn was wollen diese Friedensfreunde erreichen?
Etwa die Kapitulation der Anständigen und einen Sieg der Menschenschinder? Vielleicht eine Friedhofsruhe für die Ukraine, jenem Land, dem von Putins Banditen und manchen Naiven kein Platz in der Gemeinschaft der Lebenden zugestanden wird?
Da bin ich eher bei Friedrich Schiller. In dessen Drama „Wallensteins Lager“ heißt es: „Und setzet ihr nicht das Leben ein, / nie wird euch das Leben gewonnen sein.“
Unter den Glaubenszeugnissen des Neuen Testaments, das zu unserer Kultur gehört, erscheint mir eines als besonders geeignet für die Überwindung des Althergebrachten: „Meinet ihr, dass ich hergekommen bin, Frieden zu bringen auf Erden? Nein, sondern Zwietracht.“ (Evangelium des Lukas, Kapitel 12, Vers 51). Das interpretiere ich als Aufforderung, Unrecht niederzutreten und auf seinen Ruinen eine neue und gerechte Ordnung zu errichten. Dazu wird es im konkreten Fall auch militärischer Waffen bedürfen, wobei neben die üblichen rasch Cyberwaffen treten müssten.
Und ich vermisse eine adäquate Antwort auf Putins riesige Angst vor der Demokratie. Unlängst ließ er einen Lokalpolitiker, der es wagte, den Krieg gegen die Ukraine als Krieg zu bezeichnen, zu sieben Jahren Gefängnis verurteilen. Und dieser mutige Mann ist nicht der einzige, der in Putins Kerkern schmachtet. Andere Oppositionelle ließ er ermorden. Alexei Nawalny ist nach einem fehlgeschlagenen Giftanschlag in einem sibirischen Arbeitslager inhaftiert. Es ist höchste Zeit, die innerrussische Opposition zu unterstützen, damit sie eine Exilregierung bilden kann. Diese sollte für den Westen die einzig rechtmäßige Vertretung Russlands sein. Auch bei G20-Konferenzen.
@ Jürgen Malyssek, 7. Juli 2022 um 13:58, zu Rüdiger Erdmann über „sprachliche Sinnhaftigkeit“
Gut, lieber Herr Malyssek, dass Sie die Problematik einer allumfassenden Digitalisierung hier kritisch aufgreifen und problematisieren.
Ihrer Kritik an der „Digitalisierung der Welt“ kann ich mich auch durchaus anschließen. Allerdings möchte ich darauf verweisen, dass dies in der Allgemeinheit missverständlich ist. Man könnte da Kulturpessimismus hineinlesen. Und wer Sie nicht kennt, auch das beliebte Klischee vom „alten weißen Mann“ bemühen, der seiner Vergangenheit nachtrauert und nicht wahr haben will, dass die Welt sich weiter entwickelt. Kurz: Man könnte eine Art von Maschinenstürmerei unterstellen.
Dabei gab und gibt es in der Geschichte nicht nur das, sondern auch naive Technikgläubigkeit. Und im Zuge der Globalisierung auch einen „Fortschritts“-Wahn, der alles niederwalzt, was nicht seiner eigenen Logik entspricht. Und der gekennzeichnet ist durch Hybris und fehlenden Respekt gegenüber der Natur. Und deren Folgen kennen wir ja inzwischen zu Genüge.
Ich vermute auch, dass Sie dies meinen.
Der zentrale Satz in dem genannten Leserbrief von Rüdiger Erdmann lautet wohl: „Ich erwarte sprachliche Sinnhaftigkeit.“ Sehr zurecht stellt er dabei den Aspekt der Sprache als dem zentralen Mittel zum Erkennen der Welt in den Vordergrund. Ich möchte daher im Folgenden darauf näher eingehen.
Ich spreche lieber von einer „Digitalisierung des Denkens“. Denn es ist ja nicht „die Welt“ an sich, die diese Tendenz verfolgt, sondern ein bestimmtes, zur Ideologie geronnenes menschliches Denken, das im Zugriff auf die äußere Welt diese in seinem Sinne radikal zu transformieren sucht.
Solche „Digitalisierung des Denkens“ ist zugleich binäres Denken.
In der „Gendern“-Ideologie zeigt sich dies per excellence. Da geht es nicht nur – im Gegensatz zur hehren Bekundung der „Gendergerechtigkeit – um durchgehende Sexualisierung. (Nele Pollatschek nennt dies „Besessenheit von Genitalien“).
Man teilt die Welt auch auf in vermeintlich „naturgegebene“ Antagonismen, spaltet die Gesellschaft in vielfacher Weise: in „männliches“ und „weibliches“ Denken und Sprechen. Ein Rückfall also in Geschlechterklischees des 19. Jahrhunderts.
Die gleiche Respektlosigkeit, die gleiche Hybris wie im Technikwahn gegenüber der Natur zeigt sich hier gegenüber der Sprache: Statt der in der Geschlechterabfolge sich notwendiger Weise sich wandelnden INTERPRETATION sprachlicher Begriffe (und damit „der Welt“) nachzugehen, statt diese in gesellschaftsdienlicher Weise zu gestalten, maßt man sich an, das System der Sprache selbst, als Grundlage unseres Denkens, in oft geradezu kindischer Weise radikal umzumodeln.
Das erinnert in der Tat an Orwells Zukunftsvision des „Neusprech.
Auch das ist Merkmal und Folge „digitalen Denkens“.
In den Beiträgen dazu auf meiner Website habe ich die aus sprachwissenschaftlicher (und allgemeinwissenschaftlicher) Sicht hanebüchene „Methodik“, den Radikalismus des „klassenkämpferischen“ Impetus (als selbsternannte Träger vermeintlichen „gesellschaftlichen Fortschritts“) sowie die pseudo-„moralischen“ Rechtfertigungen vor allem der „Gurus“ Luise Pusch und Anatol Stefanowitsch analysiert und exemplarisch einige Lächerlichkeiten ihrer „Produktionen“ aufgezeigt.
Dass ich dabei zahllose Beiträge dazu untersucht habe, versteht sich von selbst. In keinem von Seiten von Gendern-Fans habe auch nur den Ansatz einer kritischen Reflexion der eigenen Prämissen und methodischen Schritte gefunden.
Auch das ist Merkmal eines zur Ideologie verfestigten „digitalen Denkens“.
An dieser Stelle nur eine kurze Ergänzung:
Man hat sich nun einige Jahre lang mit aus der US-Psychologie übernommenen statistischen Methoden bemüht, die von „der“ Sprache ausgelösten „männlichen Assoziationen“ „nachzuweisen“. Durch die Bank in zirkelschlüssiger Weise, denn von den für das Sprachverständnis entscheidenden Kontexten, den konkreten Lebensumständen“, wird generell abstrahiert.
Nun haben sich nach einer (sehr allgemeinen) Meldung der „Zeit“ nach der gleichen Methodik Hinweise gefunden, dass auch die (vermeintlich) „gendergerechte“ Sprache daran nicht das geringste ändert.
Die Meldung hat bei mir lautes Lachen ausgelöst. Denn wer sich in seriöser Weise mit Psycholinguistik befasst hat, hat das von Anfang an gewusst.
Fazit hieraus:
Zu Pessimismus besteht zumindest bezogen auf die hier aufgezeigte Problematik kein Anlass. Das „digitale Denken“ scheint dabei zu sein, über seine eigenen absurden Aspekte zu stolpern.
Hierin eine Rückkehr zu vorurteilsfreiem wissenschaftlichem Denken zu sehen, wäre aber mehr als verfrüht. Dazu bedarf es wohl noch vieler kritischer Analysen.
Daher auch dieser Beitrag.
Ein Wort noch zu der vom Kanzler angesprochenen „Zeitenwende“:
Wir sind gegenwärtig – und wohl noch für längere Zeit – auf andere und noch gefährlichere Weise mit „digitalem Denken“ konfrontiert: Der wahnhaften Weltwahrnehmung und dem Versuch ihrer totalitären Umgestaltung eines Wladimir Putin (mit Konsorten). Dieser kombiniert modernste Technologie mit totaler Machtausübung über Sprach- und Gedankenkontrolle und blankem Terror, um so eine „Neuordnung der Welt“ zu erreichen.
Auch dies ist eine Form der „Digitalisierung des Denkens“ und „der Welt“, die im Namen des „Fortschritts“ sich zu allem, auch den schlimmsten Kriegsverbrechen berechtigt fühlt. Und die in Wahrheit einen Rückfall in die schlimmsten Praktiken und Denkweisen des Imperialismus darstellt – mit möglicherweise durchaus apokalyptischem Ausmaß.
Angesichts dessen habe mir die Frage gestellt, ob es noch einen Sinn macht, sich mit oben beschriebenen Tendenzen zu befassen, die im Vergleich dazu lächerlich erscheinen. Inzwischen bin ich zur Überzeugung gekommen, dass auch das Teil der Illusionen und Fiktionen ist, denen wir über Jahrzehnte nachhingen. Die uns unfähig machten zu vorausschauendem Weitblick und angemessenem Umgang mit den zu erkennenden Gefahren. Und die nun gnadenlos entlarvt wurden: Statt die „Welt“ in ihrem Sosein realistisch zu analysieren, änderte man sprachliche Bezeichnungen und die eigene Wahrnehmung von ihr.
Im ÖR ging man (nach Berichten in der „Zeit“) sogar so weit, „Gendern“ als „Menschenrecht“ einzufordern. Über so viel Chuzpe und Selbstbezogenheit sträuben sich mir nach 40 Jahren Einsatz für Menschenrechte mit Amnesty International die Haare. Mehr noch angesichts der neu zu uns strömenden ukrainischen Flüchtlinge, die wissen, was „Menschenrechte“ wirklich sind und was sie wert sind.
Eine bessere Aufforderung an Diktatoren, unsere westlichen „Werte“ mitsamt den Menschenrechten als „dekadent“ hinwegzufegen, kann es nicht geben.
Dazu muss man nicht erst auf Diversionsstrategien und „Opfer“-Attitüden rücksichtsloser Impfgegner die in ihrer Wirkung in die gleiche Richtung gehen.
Meine Haltung gegenüber der Gendern-Frage hat sich insofern geändert, als ich bisher – angesichts richtiger Ziele von „Gender-Gerechtigkeit“ – noch nach Kompromissmöglichkeiten gesucht habe. Nach den oben genannten Tendenzen sehe ich eine solche Möglichkeit gegenwärtig nicht mehr. Angesichts der gegenwärtigen realen gesellschaftlichen Bedrohung können wir uns solche romantischen, pseudo-intellektuellen Spielereien nicht mehr erlauben. Auch hier ist eine „Zeitenwende“ angesagt.
Nebenbei:
Mit der von uns gegründeten Flüchtlingshilfeorganisation „Liens 52“ haben wir (insgesamt mit 5 Mitarbeitern) seit einigen Wochen die sprachliche wie auch konkrete materielle Betreuung einer größeren Gruppe von Flüchtlingen aus Mariupol (ca. 50 Frauen mit Kindern) übernommen.
Daher habe ich weitere Untersuchungen zum oben genannten Problem zur Zeit eingestellt. Das ist auch der Grund, warum ich mich hier ziemlich rar mache.
@ Klaus – Philip Mertens
Mit dem Ukraine Krieg geht es auch um historischen Imperialismus. Das großrussische Streben des gegenwärtigen Russlands in der Ukraine, wäre auch mit guten Willen und mit einem guten Plan – und damit ohne Gewalt möglich. Ein Beispiel ist,
wenn durch einen formellen Akt die beiden Bundesländer Thüringen und Hessen zu einem Bundesland verschmolzen werden würden, so wäre das eine Vergrößerung der beiden Bundesländer, damit historisch, auch imperialistisch – aber gewaltfrei.
Wenn noch zudem Kassel als neue Hauptstadt von Hessen – Thüringen, benannt werden würde, wäre es wie eine deutsche Wiedervereinigung im Kleinen, – zwischen zwei Bundesländern, aus Ost und West.
Das wiederum würde doch im Gegensatz zu Putins Krieg in der Ukraine stehen, diesem gegenwärtigen heißen Krieg zwischen Ost und West.
An Größe zu gewinnen wäre damit auch gewaltfrei möglich mit Übereinstimmung von Regierenden und Regierten und mit Referenden, die in den beiden Bundesländern Hessen und Thüringen durchgeführt werden würden.
Auf die Ukraine übertragen, sehe ich die Möglichkeit einer freien Entscheidung mittels solcher Referenden nicht. Wie sollte sich die Ukraine frei entscheiden, wenn sie mittels Krieg dem russischen Staat unterworfen werden soll ?
Putins Beispiel wird bei Erfolg Schule machen.
Das Beispiel eines friedlichen Zusammenkommens zwischen Hessen und Thüringen könnte dagegen als Antwort dienen, auf die erfolgte russische Eroberung der Ukraine.
@ Werner Engelmann
zu Digitalisierung
Lieber Herr Engelmann,
die Allgemeinheit möge das Bild des „alten weißen Mannes“ bedienen. Das ist schwer zu verhindern.
Sicher kann ich auch einen gewissen Kulturpessimismus gar nicht verhehlen. Aber das, was Sie zum „Fortschrittswahn“ sagen, das meine ich ernst.
Dabei bediene ich mich eines Zitates von Walter Benjamins, der es für mich am Überzeugendsten auf den Punkt bringt:
„Die Vorstellung eines Fortschrittes des Menschengeschlechts in der Geschichte ist von der Vorstellung ihres eine homogene und leere Zeit durchlaufenden Fortgangs nicht ablösen. Die Kritik an der Vorstellung dieses Fortgangs muß die Grundlage der Kritik an der Vorstellung des Fortschritts überhaupt bilden.“
Letzteres passiert vor allem in Verbindung mit dem Wachstumsdenken gar nicht bzw. bleibt allenfalls auf der Metaebene der Denkschulen abgespalten von jeglicher gesellschaftlicher Relevanz.
Zum Etikett des „Maschinenstürmers“ vielleicht auch meine sehr persönliche Erfahrung:
Wenn Sie mit einer Berufsgruppe, die inzwischen schon eine archaische Stellung in der Geschichte der Arbeit
innehat (Buchdrucker, Schriftsetzer, Klischeätzer oder Stereotypeure usw.) solange (12 Jahre) zusammen waren, dann bleibt auch was hängen im Kopf, auch ein gewisser innerer Widerstand gegen den Verlust der v.a. beruflichen Identität.
Das lasse ich mal so stehen.
Aber ein Dogmatiker bin ich nicht. Wenn ich Vernunft, Sinnhaftigkeit und ein besseres Leben für die Menschen erkenne, bei all dem Fortschrittsglauben, dann gerne etwas davon.
Die „Digitalisierung des Denkens“ und der „Welt“ im Namen des „Fortschritts“ wird unvermeidlich sein.
Vielleicht hilft es ja im weiteren Fortgang der Vernichtung des blauen Planeten, wenn man dann eine andere Sprache entwickelt ist, bei der man die Zerstörungsprozesse nur noch binär denken und verstehen muss.
Moin, Herr Engelmann,
bei etwas späterer Stunde sind mir bei meinem Text oben doch einige Patzer passiert. Auch im Zitat von W. Benjamin. Ich glaube, der Text bleibt, ohne dass ich da nochmal reinkritele, trotzdem verständlich genug.
Mein letzter Satz oben ist auf jedenfall bittere Ironie.
zur FDP
Hunger gibt es nicht in Deutschland, deswegen sollten die Regelsätze bei Hartz IV auch so bleiben, auch beim geplanten Bürgergeld, sagt der Finanzminister der FDP Lindner. Was wohl auch die Meinung der gesamten FDP ist.
Christian Lindner hat da leicht reden, feiert er im selben Augenblick, eine luxuriöse Hochzeit auf Sylt in einer Edel Bar, in der Krise.
Die Gäste der Hochzeit müssen sich wahrscheinlich keine Gedanken darum machen, was morgen auf ihrem Tisch steht, oder ob überhaupt etwas an Essen auf dem Tisch steht.
Es ist eigentlich leicht es sich vorzustellen, dass bei monatlichen 450 Euro Hartz IV , auf die noch Abzüge kommen, ( Strom Telefon, Internet, Mobilität ) – dass sich dabei Hunger einstellt.
450 Euro monatlich sind prekär, aber die allergrößte Frechheit ist, davon soll auch noch gespart werden.
Die Erhöhung des Regelsatzes von Hartz IV waren 2022 drei Euro monatlich mehr, oder zehn Cent am Tag,
Das gilt nicht in der Stunde, zehn Cent mehr, sondern am Tag.
Bei einem Zuverdienst dagegen, ist es doch so, vom Mindestlohn von 12 Euro werden in der Grundsicherung 8 Euro im Zuverdienst abgezogen, sodass letztendlich nur vier Euro Zuverdienst bleiben.
Man kommt auf diese Weise aus dem hungrigen Bauchgefühl niemals wieder heraus.
Die Teilhabe, an Rente, Arbeit, Beruf , Führerschein – es ist eine Aussperrung aus der sozialen und gesellschaftlichen Teilhabe,
die mit diesen prekären 450 Euro monatlichen Hartz IV geschieht.
Aber Christian Lindner, der Finanzminister, der meint 450 Euro sind ausreichend für einen Monat zum leben, feiert in Krisenzeiten auf Sylt eine Edelhochzeit mit vielen Gästen.
@ Stefan Vollmershausen:
Lindner gehört seit jeher zu denen, die dem Volk Wasser predigen, selbst aber Wein trinken.
Selbst in tageschau.de wurde am 10.07.2022 kritisch, wie folgt, Stellung genommen:
„Der evangelische Ethikprofessor Mathias Wirth sagte dem „Kölner Stadt-Anzeiger“, dies sei eine „wenig sozial- und moralsensitive Luxus-Trauung eines Ministers, der zeitgleich die Hartz-IV-Sätze für Langzeitarbeitslose kürzen will“.
Auch der Großeinsatz der Polizei, die für die Sicherheit der zahlreichen prominenten Hochzeitsgäste zuständig war, sorgt für Diskussionen. In den sozialen Medien wurde über Steuerverschwendung und einen unpassenden Zeitpunkt für die Feier diskutiert. “
Auch die evangelische Theologin Margot Käßmann hat sich dahingehend geäußert, dass es geschmacklos sei, sich kirchlich mit großem Popanz trauen zu lassen, wenn beide, vermutlich um Kirchensteuern zu sparen, keiner Kirche mehr angehören.
Und Gerd Nielsen, Sylter Gemeinderat (SPD) sowie Peter Marnitz, Vorsitzender der Sylter SPD, haben mit folgenden Worten diese Protzerei kommentiert:
„Von diesem dreitägigen Festival geht ein völlig falsches Signal aus für unsere Insel und auch für die Politik im allgemeinen. Wir gönnen jedem sein privates Glück und freuen uns natürlich, wenn man dieses Glück auf unserer Insel findet. Es ist aber ein Unterschied, ob ich als vom Volk gewählter Politiker privat und diskret genussvoll feiere, oder mich ins Scheinwerferlicht dränge und in feudalem Stil meine Festivität öffentlich zelebriere, zumal in Zeiten des Kriegs in der Ukraine, der anhaltenden Corona-Krise und einer auch auf Sylt wachsenden Armut.“
Als besonders peinlich finde ich die Anreise von BlackRock-Merz mit Flugzeug sowie das gesamte – natürlich mit enormen Kosten verbundene – Polizeiaufgebot.
Manchmal kommen mir angesichts dieser Situation Vergleiche mit der Weimarer Republik ins Gedächtnis, als unter Brüning und besonders unter Papen mit Notverordnungen gemäß Art. 48 WRV regiert wurde. Dabei wurde bei den Arbeitslosen und Rentnern gekürzt (s. Vorschläge von Lindner), während die Reichen geschont wurden (s. Gewinne der Ölmultis und Rüstungskonzerne).
…Der Etat des Entwicklungsministeriums soll um 10 Prozent schrumpfen, die „Sonderinitiative eine Welt ohne Hunger“ dabei gut ein Drittel weniger Geld erhalten.“ Heutige Frankfurter Rundschau Seite 11. Noch schlimmer. Viel schlimmer.
Das Gebaren der FDP Minister wird langsam unerträglich. Was denken diese Leute sich ?? Warum lassen die Grünen und die SPD sich das gefallen ? Man sollte den offenen Konflikt suchen und Neuwahlen ausschreiben, so wird doch alles was so notwendig getan werden muss immer wieder verhindert.
@ Jürgen H. Winter:
Ich kann auch nicht verstehen, dass SPD und Grüne sich in dieser Weise von der FDP, die bedeutend weniger Stimmen bei der Wahl erhielt und weniger Abgeordnete stellt, eher CDU/CSU-Politik betreibt und sich gebährdet, als würde sie die Richtlinien der Politik bestimmen, vorführen lassen.
Bleibt zu hoffen, dass die Wähler*innen dieser Partei der „Besserverdienenden“ bei den kommenden Wahlen die Quittung erteilen und sie aus den Landtagen herauswählen. Die Gründe für die Abwahl von 2013 aus dem Bundestag scheinen wohl bei Lindner & Co. in Vergessenheit geraten zu sein.
Ich würde das mit der Hochzeitsparty von Lindner & Gemahlin jetzt nicht so hochhängen, auch wenn man an dem großen Zauber auf der Insel in dieser Zeit Anstoss nehmen kann. Klar ist es kein tolles Signal. Aber nun wird das Brautpaar das nötige Kleingeld besitzen, um das Ganze locker zu bezahlen.
Das Moralin von der Theologin Margot Käßmann, das kommt dann natürlich auch prompt aufs Tapet.
Die Erhöhung des Hartz-4-Satzes steht politisch sowieso außer Frage. Man muss die beiden Dinge vielleicht nicht miteinander vermengen.
Ich sage das nicht so aus irgendeiner Rücksichtnahme für die politische Elite. Aber, was das Feiern angeht, teils auch auf hohem Niveau, da ist die Zurückhaltung in bestimmten Teilen der Bevölkerung auch nicht gerade besonders ausgeprägt. Diese chronische Feierlaune in schwierigkeiten Zeiten, hat ja auch inzwischen etwas Maßloses.
Also würde ich die Fete bei Lindners mal gut sein lassen.
Wichtiger ist jetzt die politische Arbeit.
Entspannungspolitik 2022
Putin traut sich so zu handeln wie in der Ukraine, weil die USA kriegsmüde sind.Denn man muss sich das nur einmal vorstellen, dass die Sowjetunion oder Russland sich aus Mitteleuropa zurückgezogen haben, wie 1989 und 1991.
Mit einem Wladimir Putin ist so etwas schwer vorstellbar.
Ende der achtziger Jahre waren aber auch die USA stärker, als heute.Es lagen mehrere Jahre Entspannungspolitik hinter dem Verhältnis der Sowjetunion und Amerika, als es zum Mauerfall kam.
Außer dem Golfkrieg Saddam Husseins gegen den Iran und Ajatollah Khomeney waren keine größeren Kriege vor dem Mauerfall.
Damit kam es nicht ganz plötzlich zum Fall der Mauer, sondern war eine Folge von Entspannungspolitik, zwischen Amerika und der Sowjetunion.
Entspannungspolitik wurde aus einer Position der Stärke heraus geführt.
Aktuell ist Amerika aber nach den beiden Kriegen in Afghanistan und im Irak, zudem mit dem Bürgerkrieg in Syrien, erschöpft.
Das spielt Putin 2022 in der Ukraine in die Karten –
Im Rückblick zu 1989/90 meine ich, die amerikanische Stärke war größer, in den achtziger Jahren.
Das Amerika von heute ist nicht mehr gewichtig, das ist zugunsten von Putin und Russland, hat die Ursache in zwanzig Jahren in denen Amerika Krieg führen musste.
Die USA von heute, zerfleischt sich selbst, zwischen Republikanern, Extremen und Demokraten.
Moin,
ich erlaube mir, mein Thema „Was macht man mit einer Nobelpreisträgerin wie der EU?“ mit folgendem Leserbrief an die Ostfriesischen Nachrichten zu ergänzen. In den ON war Thema, daß mein Heimat-Landkreis Aurich (Ostfriesland) „sicherer Hafen “ werden will und was die FDP und CDU so davon halten…
Er startet hier:
Grüne, SPD und Linke haben mit ihrer Mehrheit dafür gesorgt: Der Landkreis Aurich wird sicherer Hafen werden (siehe Ostfriesische Nachrichten vom 14.7.22 Seite 1 und Seite 6). Das ist in höchstem Maße erfreulich. Ja, es ist schlicht alternativlos.
Man stelle sich vor: Vor der Ostfriesischen Küste geraten Schiffe in Seenot. Menschen drohen zu ertrinken. Alle sehen es. Und niemand hilft.
Und das passierte immer und immer wieder.
Unvorstellbar? Exakt das passiert an den südeuropäischen Außengrenzen. Immer und immer wieder. Jeden Tag. Im Laufe der Zeit inzwischen tausendfach. Zehntausendfach. Nur, daß in diesem Fall Menschen Schiffbrüchige retten wollen. Und nicht dürfen.
Die Richterin und ja FDP-Mitglied Sarah Buss würde -so sie zuständig ist- Menschen, die in Ostfriesland anderen beim Ertrinken zugucken, wegen unterlassener Hilfeleistung verurteilen. Als italienische Richterin würde sie dagegen die Retter wegen ihrer Hilfeleistung verurteilen. Absurd. Alle Menschenleben zählen unterschiedslos gleich viel.
Ich bekenne mich schuldig. Ich habe 2017 auf der Sea-Watch 3 Schiffbrüchige gerettet. Und 2019 habe ich es versucht. Aber da durfte unsere Crew aus fadenscheinigen Gründen den Hafen von Catania nicht verlassen. Wir mußten Menschen ertrinken lassen. Weil es keine professionelle Seenotrettung mehr im Mittelmeer gibt. Und wir nicht helfen durften.