Alle Briefe von Leserinnen und Lesern dieser Woche im Überblick nach ihren Erscheinungstagen und: Offene Diskussion! Lesen Sie in Ruhe oder suchen Sie Ihre Zuschrift gezielt mit der Tastenkombination STRG und F sowie dem Namen als Suchbegriff. Sie finden hier:
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Forum vom 13. Dezember
Seite eins
Seite drei (Zuschriften mit regionalem Bezug)
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Pflegebedürftigkeit kann verhindert werden
Pflegenotstand: „Wenn die Kraft zur Neige geht“, FR-Wirtschaft vom 16. November
Im Artikel heißt es bezeichnenderweise: „Wegen der Alterung der Gesellschaft wächst auch die Zahl der Pflegebedürftigen immer weiter.“ Wieso eigentlich? Wieso wird diese schlimme Entwicklung einfach so hingenommen, als wäre sie unabwendbares Schicksal? Warum macht man sich nicht endlich mal Gedanken darüber, ob und wie Pflegebedürftigkeit verhindert werden kann? Ich vermute, dass das gar nicht gewollt ist, es hätte nämlich erhebliche Auswirkungen auf unser perverses Wirtschaftssystem. Dabei ist es ganz einfach, gesund alt zu werden, man muss allerdings seine Lebens- und vor allem Ernährungsweise ändern. Ich habe vor fast fünf Jahrzehnten damit begonnen und fühle mich heute mit 85 Jahren fit und gesund, habe ein perfektes körpereigenes Immunsystem, das mich in die Lage versetzt, auch der Covid-Infektion zu trotzen, aber das nur nebenbei. Ich habe die Hoffnung, dass die neue Regierung sich dazu aufraffen kann, aus dem bisherigen Krankheitsverwaltungsministerium ein wirkliches Gesundheitsministerium zu schaffen, um endlich den miserablen allgemeinen Gesundheitszustand der deutschen Bevölkerung zu verbessern. Wenn auch die FR-Redakteure bei der weiteren Erörterung des Pflegenotstands darauf mal ihr Augenmerk richten könnten, wäre m.E. etwas gewonnen. Ein Leserbrief reicht da nicht aus. Na, mal sehen.
Dietrich Buroh, Frankfurt
Nur mit Hilfe von Subventionen
Zu: „Goldgrube Impfstoff“, FR Wirtschaft vom 8. Dezember
Einer wird Milliardär,. andere zahlen in ihren Kommunen höhere Gebühren. Den Beweis dafür treten die anschaulich als Beispiel aufgeführten Artikel der FR vom 08.12. auf Seite 14 an. Wegen der Corona-Pandemie müssen viele Kommunen erneut sparen und können ihren Auftrag – das Gemeinwohl ihrer Bürger – nicht mehr gewährleisten, ohne sie dafür zur Kasse zu bitten. Dazu zählen die Erhöhung der Gebühren für Grundsteuer, Wasser und Müllentsorgung, die Gewerbesteuer etc. Auf der gleichen Seite lese ich, dass Biontech im Jahre 2021 innerhalb von nur drei Monaten einen Nettogewinn von 3,2 Milliarden Euro erzielen konnte. Das wäre ohne die staatlichen Subventionen im Vorfeld niemals möglich gewesen. Dank der Steuerpolitik der FDP muss der Konzern auch nicht mit Steuererhöhungen rechnen, die dringend zur Bewältigung der Coronaauswirkungen und für die Einhaltung der Klimaziele gebraucht werden.
Butterwegges Bilanz des Koalitionsvertrags, die soziale Ungerechtigkeit für Deutschland werde unter der neuen Koalition weiter zunehmen, scheint leider sehr schnell wahr zu werden.
Mandy Kronenberger, Rodgau
Auf die Posten gehoben
Zu: „Einmal Feministin, immer Feministin“, FR-Politik vom 6. Dezember
Die männlichen Lebewesen müssen sich jetzt schon entschuldigen, als Mann geboren zu sein. Alle relevanten Posten müssen mit Frauen besetzt werden! Ob sie die Qualifikation haben, ist egal, Hauptsache Frau. Die Argumentationen der Dame ist hanebüchen, damit die Frauenquote erreicht wird.
Ich als Frau frage immer: „Haben Sie Ihre Arbeitsstelle aufgrund Ihrer Qualifikation bekommen oder gehören Sie zur Frauenquote?“ Man kann einigen Frauen, die auf die Posten gehoben wurden, in ihr Arbeitszeugnis schreiben: „Sie waren stets sehr bemüht!“
Gisela Wilken, Maintal
Kultur in einer elitären Lifestyle-Gesellschaft
Zu: „Rechnungshof rügt Frankfurt“, FR-Regional vom 23. November
Am vierten November präsentierte die Frankfurter Kulturdezernentin Ina Hartwig großformatige Hochglanzfotos der vorläufigen Architektenentwürfe für die Nachfolger der bisherigen Theaterdoppelanlage am Willy-Brandt-Platz. Das neue Schauspielhaus soll am bisherigen Standort gebaut werden, die Oper an der Neuen Mainzer Straße auf dem heutigen Terrain der Stadtsparkasse. Dabei regte die Dezernentin die Schaffung einer Kulturmeile zwischen beiden an und plädierte dafür, die neuen Gebäude für zusätzliche Nutzungen, etwa für Buchhandlungen oder Cafés, zu öffnen.
Bei Thalia oder Hugendubel/Weltbild wird diese Einladung sicherlich angekommen und richtig verstanden worden sein. Bei den dezentral gelegenen kleineren Buchhandlungen dieser Stadt hingegen, die schon lange ums Überleben kämpfen, dürfte die Botschaft eher Unverständnis hervorrufen. Buchkaufhäuser in bester Citylage sowie der Lieferdienst Amazon haben stark in die Infrastruktur dieses Segments eingegriffen. Und ich kann mir auch vorstellen, dass die freie Theaterszene, die vorrangig in den Stadtteilen verankert ist, das für sie bestimmte Totengeläut vernommen hat.
Begeistert werden jene sein, die Schauspiel und Oper für Repräsentationsorte halten, in deren Foyers und auf deren Gängen eine selbsternannte elitäre Kaste öffentlich glänzen kann. Kultur wird von ihr als Wesensausdruck einer Lifestyle-Gesellschaft verstanden, deren hervorstechende Kennzeichen Eindimensionalität, Erwerbsstreben und Konsum sind. Eigentlich sollte es die vordringliche Sache des Theaters sein, den Menschen den Spiegel vorzuhalten und ihnen ihre Fehlentwicklungen aufzuzeigen. Diese Aufgabe ließe sich auch in einer vollständig sanierten Theaterdoppelanlage hervorragend erfüllen. Doch eine Sanierung war allem Anschein nach von Anfang an unerwünscht. Dafür sorgte der parlamentarische Arm der Immobilienspekulanten, der sich vor allem bei CDU, Grünen und FDP manifestiert. Die überwiegend nichtkulturaffinen Abgeordneten von SPD und Linken durchschauten das Konstrukt nicht.
Ich kann mich nicht daran erinnern, dass die Stadtverordnetenversammlung sich jemals so ausgeschwiegen hat wie über das Milliardenprojekt Theaterneubau. Dabei hatten die von der Stabsstelle in Auftrag gegebenen Gutachten von Anfang an kritische Rückfragen ausgelöst. Etwa nach Details der Baubestandsaufnahme und den sich daraus ergebenden Sanierungsmaßnahmen. Schließlich ist der Staat zur Nachhaltigkeit verpflichtet und darf eine Sanierung nicht von vornherein verwerfen. Vor allem bei einem Gebäude, das 1963 als wegweisend und über die Architektur der 1960er Jahre weit hinausreichend eröffnet wurde. Und das nach dem Brand der Oper am 12. November 1987 in einem wesentlichen Abschnitt völlig erneuert werden musste. Die Kosten beliefen sich auf umgerechnet 85 Millionen Euro. Das Musiktheater erhielt damals eine der größten und modernsten Drehbühnen Europas. Nach der Fertigstellung wurde auch das Schauspielhaus 1992 modernisiert.
Doch jetzt scheint der Hessische Landesrechnungshof den unrealistischen Träumereien an Frankfurter Bürgerkaminen ein Ende zu bereiten. Die Stadt habe bereits in Zeiten sprudelnder Einnahmen (Gewerbesteuer, Dividenden aus Beteiligungen) hohe Defizite angehäuft und auf Rücklagen zurückgegriffen. Angesichts durch Corona bedingter sinkender Einnahmen und der zu erwartenden Aufwendungen zur Bewältigung der Pandemie-Folgen stünden auf Jahre hin nur begrenzte Budgets zur Verfügung. Diese Tatsache müsse beispielsweise beim geplanten Neubau der Städtischen Bühnen berücksichtigt werden.
Es ist demnach an der Zeit, die technische Funktionalität und Sicherheit der Theaterdoppelanlage zu erhalten und neben der Sanierung der Fundamente in Klimatechnik, Strom- und Wasserleitungen und Energetik zu investieren. Ein weiteres Hinausschieben längst überfälliger Erhaltungsmaßnahmen ist nicht zu verantworten.
Beim Bochumer Schauspielhaus (von 1953) und beim Wiener Burgtheater (von 1955), die ebenfalls auf den Fundamenten im Krieg zerbombter Vorgängerbauten erstellt wurden, ist die engmaschige Wartung seit fast sieben Jahrzehnten Teil der Theaterkultur. Ganz abgesehen davon, dass dort das Bühnenprogramm im Zentrum steht. Kunst muss gekonnt sein, das Wollen reicht nicht aus. Frankfurts Anspruch, Ort einer multikulturellen Gesellschaft zu sein, wird durch die propagierte Scheinlösung für Schauspiel und Oper ständig entlarvt. Und zwar als Mischung aus Nichtkultur und Möchtegernkultur.
Klaus Philipp Mertens, Frankfurt
Jetzt sollten sich die Gemüter erst einmal beruhigen
Dietzenbach: „Club mit 3300 Mitgliedern gescheitert“, FR-Regional vom 25. November
Die Reaktionen auf die gescheiterte Verschmelzung von vier Dietzenbacher Sportvereinen verwundern. Von den Protagonisten wäre ein selbstkritischer Blick auf den angerichteten Scherbenhaufen wünschenswert.
Mit dem geplanten 4er Bündnis wurde vermutlich eine Deutschland-Premiere gewagt. Zuletzt scheiterten in 2019 vier Bremer Sportvereine. Der Weser-Kurier berichtete hierüber mit der Überschrift „Die geplatzte Vereinsfusion ist eine gefährliche Niederlage“. Dortige Aussagen sind 1:1 auf die aktuelle Dietzenbacher Situation übertragbar.
Es wurde unterschätzt, dass es im Vereinsleben auch um Emotionen und langjährige Bindungen geht. Die Wurzeln der vier Traditionsvereine reichen bis in das Jahr 1886 zurück. Für einige Mitglieder sind dabei auch Name und Wappen bedeutsam. Sie deshalb einseitig als rückwärtsgewandte Traditionalisten zu kritisieren wäre töricht. Hierzu zählen nämlich u.a. die „Altvorderen“, die in Vereinen vielfach eine wichtige Stütze bilden. Auch sie gilt es bei einer Fusion mitzunehmen.
Weitere handwerkliche Schnitzer gilt es zu benennen. Trotz Kritik wurde beharrlich ein einheitlicher Beitragssatz für alle Mitglieder favorisiert. Übliche Abstufungen für Kinder/Jugendliche und Senioren sollte es im neuen SV Dietzenbach nicht mehr geben. Fraglich bleibt, warum eine bewährte solidarische Beitragsstruktur mutwillig aufgegeben werden sollte. Eintrittsbarrieren für kinderreiche Familien wären die Folgen gewesen und treue passive Senioren hätte man vergrault.
Es fehlte auch an der gewünschten Transparenz über die Finanzen. Adressierte Fragen wurden nur zum Teil beantwortet. Neben anfallenden Grunderwerbsteuern wurde es versäumt, weitere nennenswerte Kosten einer Verschmelzung zu beziffern. Erst kurz vor den anberaumten Abstimmungsterminen konnten Mitglieder die Bilanzen der vier Vereine einzusehen. Die in der TG Sitzung geäußerten Bedenken über die finanzielle Situation des SC Steinberg hätten nicht aufkommen müssen. Im Vorfeld hätte dargelegt werden können, dass die Vermögensverhältnisse des SC Steinberg im Vergleich sehr solide sind.
Das Gelingen des Projekts hing auch von der Benennung des zukünftigen Vorstandsteams ab. Die ehrenwerte Bereitschaft von Jürgen Rogg als „Oberhaupt“ der neuen großen Vereinsfamilie zu fungieren, erwies sich vermutlich nicht als gewünschtes „Zugpferd“. Als ehemaliger Bürgermeister war er noch zu sehr mit der Parteipolitik verortet. Daneben blieb bis zuletzt die Besetzung des wichtigen Finanzressorts unklar.
Unbestritten hätte die ambitionierte Verschmelzung einige Synergien und Perspektiven eröffnet. Wie dargelegt, ging es aber hier nicht nur um eine rationale Entscheidung. Am Tag nach den TG- und FC-Versammlungen wurden die Teilnehmer des SC Steinberg Lauftreffs über die gescheiterte Verschmelzung informiert. Das spontane Applaudieren der Hälfte der Anwesenden dürfte die Stimmung unter den Mitgliedern treffend belegen.
Äußerungen, dass schon im Frühjahr 2022 erneute Abstimmungen in den Mitgliederversammlungen angestrebt werden könnten, sollten schnell vom Tisch. Jetzt sollte selbstkritisch das Geschehene aufgearbeitet werden und alles dran gesetzt werden, dass sich die Gemüter in den vier Vereinsfamilien wieder beruhigen.
Uwe Glaum, Dietzenbach
Schnell und geschickt
Zu: „Silobad gerettet“, FR-Regional vom 3. Dezember
Liebe FR, bei den ganzen schlechten Nachrichten heutzutage hätte diese positive Supermeldung mal sehr schön richtig groß und fett auf die erste Stadtteilseite gehört: Baudezernentin Sylvia Weber, Sportdezernent Mike Josef und Bäderchef Boris Zielinski haben schnell und geschickt den Verkauf des Höchster Silobades – das nicht nur ich sehr liebe! – an einen Investor verhindert, obwohl bereits ein Kaufvertrag unterschrieben war! Wozu das vertraglich verankerte Vorkaufsrecht der Stadt doch nützen kann. Richtig cool! Ich danke den dreien und freue mich sehr!
Elisabeth Helfrich, Frankfurt
Forum vom 14. Dezember
Seite eins
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Schluss mit dem Trallala
Häusliche Gewalt: „Marodes Hilfesystem“, FR-Regional vom 22. November
Es ist sehr verdienstvoll und notwendig, dass die Frankfurter Rundschau die männliche Gewalt bis zum Totschlag immer wieder in den Mittelpunkt der Berichterstattung rückt. Dass sie auch berichtet über die eher kläglichen Versuche, mit Fahnen, Gedenktagen, Straßentänzen, Orange –Plakaten auf die seit Jahrzehnten weiter zunehmende männliche Gewalt in Familien aufmerksam zu machen.
Andererseits bei der Massenproduktion von Gewaltkrimis bei den Fernsehsendern erfährt man nichts über dieses weit verbreitete Männermuster. Mit all den bisher praktizierten Versuchen, mit Höflichkeit auf die Problematik aufmerksam zu machen, hat sich kein Deut geändert.
Fragt doch mal in den Frauenhäusern, es ändert sich rein gar nichts. Alle Frauenhäuser, die wir einst meist gegen große Widerstände und Diskriminierung auf den Weg gebracht haben, sind am Ende ihrer Kapazitäten. Männer schlagen und töten wie früher. Eher mehr. Ihre Frauen und ihre Kinder kommen weiter in körperlich und seelische, später auch in materielle Not.
Wird denn mal der Gesetzgeber wach? Mit Worten und Laufveranstaltungen, an denen auch gutwillige Männer beteiligt sind, werden höfliche Erinnerungen bewirkt, sonst nichts.Davon geht keiner in sich. So kann es nicht weitergehen. Hier sind die Gesetzgeber der neuen Regierung gefragt und die vielen anständigen Männer, die Gewalt nicht unterstützen.
Die oft zum Himmel schreiende Notlage von Betroffenen nach einer Trennung wurde lange von höchsten Gerichten nur mit Hinweisen auf den Gesetzgeber abgetan. Da gibt es was zu tun für die neue Regierung. Es ist Zeit, Schluss zu machen mit dem Trallala.
Ilse Werder. Hanau
Forum vom 15. Dezember
Seite eins
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Trotz aller Unkenrufe ist die SPD wieder die Partei, die den Kanzler stellt
SPD: „Kanzlerpartei mit neuer Führung“, FR-Politik vom 13. Dezember
Das selbsternannte Comeback der SPD trägt einen zu vorschnellen Charakter, auch wenn eine Partei, die dermaßen am Boden lag und entgegen aller Unkenrufe trotzdem am Ende ins Kanzleramt einzieht, berechtigterweise auch diesen Moment ein wenig auskosten sollte. Schließlich darf man nicht übersehen, dass man den eigenen Erfolg vor allem der Schwäche der anderen Parteien und weniger einem charismatischen Spitzenkandidaten mit einer starken Zukunftsvision zu verdanken hat. Wobei die nächste Legislaturperiode alles andere als ein Zuckerschlecken wird und statt der goldenen durchaus auch bleierne zwanziger Jahre einziehen können, da ab 2023 wieder die staatlichen Corona-Schulden getilgt werden sollen bei gleichzeitiger Aktivierung der Schuldenbremse, was dann im Umkehrschluss eher für Kürzungen im Sozial- und Bildungswesen als eine grundlegende Modernisierung des Gemeinwesens spricht. Zudem zeigt ebenfalls der gegenwärtige Chip-Mangel, dass der industrielle Umbau schon sehr leicht an vermeintlich kleinen Dingen scheitern kann, die sich nur äußerst schwer steuern lassen. Deshalb bedarf es hier in jedem Fall deutlich mehr Realitätssinn, um nicht sehr viele Menschen zu enttäuschen und schnell wieder dort zu landen, wo man vor etwa einem Jahr in den Umfragen gestanden hat, zumal auch das Versprechen einer sogenannten Respektsgesellschaft von Olaf Scholz eigentlich schon mit dem Elbtower gebrochen wurde, wo als politisches Erbe in Hamburg demnächst eine sehr reiche Oberschicht mit einer starken negativen Symbolwirkung für den Zusammenhalt aus ihren Luxus-Suiten mit einem Champagnerglas in der Hand auf die direkt benachbarte ärmere Veddel herabblicken darf!
Rasmus Ph. Helt, Hamburg
Widerspruch der Basis gegen Kampfdrohnen
Als SPD-Mitglied habe ich mit Spannung die Beratung des Initiativantrages 004 – „Keine bewaffneten Drohnen für die Bundeswehr“ auf dem Bundesparteitag der SPD verfolgt. Leider stimmte die Mehrheit der Delegierten für das Votum der Antragskommission, den Antrag zur weiteren Beratung an den Parteivorstand zu überweisen, so dass der Antrag nicht zur Abstimmung gelangte. Da der Parteivorstand erst vor Kurzem mit großer Mehrheit die Empfehlung einer parteiinternen Projektgruppe, eine Bewaffnung von Drohnen der Bundeswehr zumindest in Erwägung zu ziehen, zustimmend zur Kenntnis genommen hat und der neu gewählte Parteivorsitzende Lars Klingbeil, in dessen Wahlkreis der viertgrößte Bundeswehrstandort liegt, ein erklärter Befürworter der inzwischen im Koalitionsvertrag vereinbarten Drohnenbewaffnung ist, bleibt zu bezweifeln, dass die neuerliche Beratung durch den Parteivorstand zu einem abweichenden Ergebnis führen wird. Zum Glück regt sich innerhalb verschiedener Gliederungen und an der Basis der SPD Widerspruch. So hat die Initiative „SozialdemokratInnen gegen Kampfdrohnen“ bereits vor einem Jahr einen offenen Brief an die Mitglieder der SPD-Bundestagsfraktion veröffentlicht, zu dessen Erstunterzeichner:innen der Historiker Peter Brandt, Sohn von Willy Brandt, zählt. Es wäre sicherlich im Sinne von Willy Brandt, der vor 50 Jahren den Friedensnobelpreis erhielt, wenn sich seine Partei doch noch gegen bewaffnete Drohnen, die die Hemmschwelle beim Töten senken und aufgrund zunehmender Autonomie einen ersten Schritt zum entmenschlichten Töten darstellen könnten, entscheiden und zu seiner Politik der Abrüstung zurückkehren würde.
Thomas Tews, Frankfurt
Realos an der Macht
Grüne: „Die Schmerzpunkte der neuen Macht“, FR-Politik vom 13. Dezember
Nun haben sich die Oberrealos endlich an die Macht gebracht und können den Schulterschluss mit ihren Gleichgesinnten, der FDP, endlich zugeben. Denn die Farbe Grün besteht aus Gelb und Blau, wie die Freiheitlichen im Nachbarland. Oberrealo Habeck, wie weiland Fischer, hat als gewiefter Taktiker schnell erkannt, dass der Posten als Vizekanzler realoer wäre und hat Baerbock sich als Kanzlerkandidatin verschleißen lassen, wohlwissend dass die Außenpolitik im Kanzleramt gemacht wird. Göring-Eckardt und Hofreiter wurden jetzt beseitigt. Die großen Gemeinheiten muss man gleich zu Beginn machen.
Nun wäre es an der Zeit, dass ehemalige Mitglieder der Grünen und die Restbestände der Fundis, die noch Schumacher, Capra, Amery u.a. im Regal stehen haben und nun Göpel und Pelluchon lesen, sich mit einer radikalen oder politischen Ökologie beschäftigten. Die Parteiräson hat sich mehr mit den technischen und ökonomischen Lösungen wie Nachhaltigkeit, Umweltschutz und Klimaschutz beschäftigt anstatt mit einem „Neuen Denken“. Und eine neue Bewegung aufmachen; denn die politischen Parteien sind aufgrund ihrer Struktur nicht mehr in der Lage, unsere heutigen Probleme zu lösen.
Konrad Mohrmann, Frankfurt
Forum vom 16. Dezember
Seite eins
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Ein Boom mit Gestaltungspotenzial
Nachhaltigkeitsfonds: „Grüner Schein“, FR-Wirtschaft vom 3. Dezember
Dass auch mit Nachhaltigkeitsfonds „Greenwashing“ betrieben wird, darf angesichts des Booms von Aktienanlagen nicht verwundern. Auf der anderen Seite steckt hier aber erhebliches positives Gestaltungspotenzial. Es ist daher nicht hilfreich, wenn ein Bericht zu diesem Thema nicht auch die positiven Beispiele nennt und potenzielle Anleger:innen, die mit ihrem Geld Gutes tun wollen, hierüber im Dunkeln lässt.
Umfassende objektive Informationen einschließlich der Frage der Risiken solcher Geldanlagen enthalten die Veröffentlichung der Stiftung Warentest „Nachhaltig Geld anlegen“ sowie die jeweiligen aktuellen Testberichte. Empfehlenswerte Fonds sind hiernach z.B. die der GLS-Bank oder der Ökoworld AG, die sich sehr strenge Richtlinien gegeben haben. Es gibt diverse weitere nachhaltige Fonds bzw. Banken mit sehr konsequenten Ausschlusskriterien für beispielsweise Atomkraft, Kohle, Rüstung usw.
Dass das Volumen wirklich nachhaltiger Anlagemöglichkeiten begrenzt ist, erfordert geradezu, dass die Nachfrage hiernach deutlich steigt. Nur dann werden sich auch die Investitionen, die ethischen, sozialen und ökologischen Kriterien genügen, signifikant erhöhen. Die Finanzwende gGmbH täte daher gut daran, über die richtige generelle politische Kritik hinaus die bestehenden Möglichkeiten aufzuzeigen und ihre Ziele auch auf diesem Weg zu verfolgen. Dieser Ansatz fehlt mir auch in der Berichterstattung der FR.
Dietmar Jürgens, Gießen
Beobachter der kleinen Dinge von Paris
Zum 100. Geburtstag von Georg Stefan Troller: „Denen am Rand ganz nah“, FR-Panorama vom 11. Dezember
Georg Stefan Troller hat mich indirekt mit seinem „Pariser Journal“, seinen Reportagen und Interviews der 1960er und 1970er Jahren beeinflusst, Paris in diesen Jahren zu besuchen. Es waren nicht nur die Studentenunruhen. Es war bei seiner Arbeit schon auffallend, wie nah Troller auch denen am Rande der Gesellschaft war. Durch seine Impulse bin ich unter den Seine-Brücken in Kontakt mit den Clochards gekommen. Zu diesem Zeitpunkt trieb mich vor allen Dingen die Neugierde dorthin.
Die Zeit und die Arbeit, die Troller aufgebracht hat, in Paris als ein Zuhause anzukommen, dokumentieren seine Schriften und Journale, die auch mich als Reiseführer durch das Paris von gestern und heute begleitet haben. Unverzichtbar etwa: „Dichter und Bohemiens in Paris – Literarische Streifzüge“ oder: „Paris geheim – die unbekanntesten, aufregendsten und verlockendsten Orte und Adressen von Paris“. Troller, der Streuner und Beobachter der kleinen oder aussterbenden Dinge von Paris! Vielen Dank an Boris Halva für seine feinen Beschreibungen.
Georg Stefan Troller, der selbst trotz vieler widriger Lebensumstände, auch als Österreicher mit jüdischen Wurzeln, von sich sagt, dass er „unendlich viel Glück“ in seinem Leben gehabt hat – was auch als Talent betrachtet werden kann -, hat daraus eine Neugierde für das Marode und Zerbrechliche entwickelt. Dass er darüber hinaus aber auch Künstlergrößen und Weltstars ohne Scheu und große Distanz interviewte, zeugt von einer Souveränität und einem Spürsinn auch für die Welt im Scheinwerferlicht. Das muss man können! Herzliche Glückwünsche zum 100sten!“
Jürgen Malyssek, Wiesbaden
Mit positivem Einfluss
Zu: „Erben ist eine soziale Frage“, FR-Politik vom 8. Dezember
Ich möchte als 76jährige Yannick Haans Vorschlag, die Erbschaftssteuer für Reiche zu erhöhen, um jungen Leuten aus diesen zusätzlichen Einnahmen einen finanziellen Start von 20.000,- Euro mit 21 Jahren zu ermöglichen, sehr unterstützen. Ich bin auch der Meinung, dass dieses Geld in diesem Alter enorm positiv die Entwicklung eines jungen Menschen beeinflussen kann, sowohl bezüglich seiner Ausbildung, seiner Kreativität und seiner Selbstständigkeit. So müssten auch zehntausende Studierende nicht mehr mit Sexarbeit ihr Studium finanzieren, wie am 13.12. Benedikt von Imhoff in der FR berichtet.
Ich vermisse allerdings immer wieder bei der kritischen Diskussion über das Erbrecht in Deutschland, dass nach meiner Erfahrung nie der Zwang durch den §§ 2303 ff. des BGB thematisiert wird, in dem festgelegt ist, dass nach dem Tod der Eltern Nachkommen einen Pflichtteil von 50 % des Erbes erhalten sollen. Es gibt Eltern, die aus verschiedenen Gründen keinerlei Beziehung mehr zu ihren Kindern haben oder deren Kinder mit Beruf und eigener Immobilie gut versorgt sind, die gerne die Aufteilung ihres Nachlasses anders bestimmen würden. Außer der Unterstützung von jungen Leuten gibt es so viele Bereiche in unserer Gesellschaft und in anderen Ländern, in denen sich Nichtregierungsorganisationen, Initiativen und Fördervereine engagieren, die sich bestimmt sehr freuen würden, wenn sie öfter in Testamenten bedacht werden könnten.
Monika Weiß-Imroll, Köln
Forum vom 17. Dezember
Seite eins
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Forum vom 18. Dezember
Seite eins
Seite zwei
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Nie wieder was gehört
Erwiderung auf „Realos an der Macht“, FR-Forum vom 14. Dezember
Seit Mai 1980 bin ich _ mit einer Unterbrechung wegen eines Konflikts mit den Fundis _ bei den Frankfurter Grünen. Ich war damals das erste Grünenmitglied im Ortsbezirk 8 und wurde Anfang 1981 prompt auch zum ersten grünen-Ortsbeirat gewählt. Als ich damals, beeindruckt durch das Pariser Bürostadtviertel „La Defense“, in dem eine Fußgängerebene und darunter der Autoverkehr in einer zweiten Ebene verwirklicht sind, den Antrag stellte, den Grüneburgpark mit dem Gelände des Niddaparks zu verbinden, indem der Miquelknoten mit einer zweiten Ebene überbaut werden sollte, sagten die Fundis um Jutta Ditfurth: Das geht nicht, Beton und Grüne! Das sah ich nicht ein, ich trat aus und erst wieder ein, als Joschka Fischer und seine Clique die Frankfurter Grünen übernahmen.
Die Oberfundis Jutta Ditfurth und Manfred Zieran traten damals wütend aus. Das bedauerte ich damals – sie hätten weiter für ihre Positionen kämpfen sollen. Ich habe Joschka als großartigen Kommunikator erlebt und als Pragmatiker und bin ihm in allen seinen Emntscheidungen gefolgt. Für mich ist sein entscheidender Verdienst, dass er verhindert hat, dass deutsche Soldaten sich am Irakrieg beteiligten.
In den mehr als 40 Jahren, in denen ich Grünen-Fußvolk bin, habe ich viele erlebt, die aus Überzeugung ausgetreten sind und von denen man nie mehr etwas gehört hat.
Gerd Wild, Frankfurt
Des Guten zu viel
Trumps „soziales Netzwerk“: „Hintertür aufs Parkett“, FR-Wirtschaft v. 8.12.
Obwohl Donald Trump kein Präsident mehr ist, macht er immer noch Schlagzeilen. Auch die FR verbreitet diese unsäglichen Meldungen aus der Welt eines politisch völlig unbegabten Menschen so oft nur möglich und vorzugsweise im Netz. Warum eigentlich? Wir alle sind schon reichlich über seine (Un-) Taten während seiner Präsidentschaft informiert worden, so dass kein triftiger Grund mehr besteht, ihm Aufmerksamkeit zu schenken.
Wenn die Öffentlichkeit, also auch die Medien, diesem unsympathischen Mann keine Träne mehr nachweinten, ihn also so gut es ginge totschweigen würde, wäre Trump ein wichtiger Verbreitungsboden entzogen. Natürlich weiß auch ich, dass das kaum möglich ist. Aber unterlassene Meldungen über ihn wären ein denkbarer erster Schritt.
Das gilt auch für die FR, deren Aktivität im Netz (nicht nur bezüglich Trump) manchmal des Guten zu viel ist.
Andreas Jacobsen, Kouvola (FIN)
Noch immer nicht eingestürzt
Kolumne: „Mehr bloßstellen als verhüllen“, FR-Meinung vom 14. Dezember
Alle Jahre wieder kommt das Christuskind, wie ein Weihnachtslied singt, aber auch Michael Herl und seine Tirade gegen die katholische Kirche.
Dass sich in der Kirche etwas ändern muss, hat sich inzwischen rumgesprochen, finde ich. Ein befreundeter Franziskaner meinte vor einiger Zeit: „Wenn ich Papst wäre, würde ich heute Frauen zu Priesterinnen weihen, morgen aber würde ich alle Priester abschaffen“. Für ihn hat die Botschaft Jesu nichts mit Machtstrukturen zu tun. Im Gegenteil.
Anscheinend gibt es Gründe, warum „ein über Jahrtausende aufgebautes Gebäude aus Lügen, Zwängen und Unterdrückung“ noch immer nicht eingestürzt ist.
Aber diese Gründe scheinen Michael Herl zu entgehen, selbst in der besinnlichen Adventszeit.
Gregor Böckermann, Neu-Isenburg
Mit Messer und Gabel
Zu: „Immer mehr Emissionen“, FR-Wirtschaft vom 14. Dezember
Die europäischen Fleisch- und Milchkonzerne verschleiern ihren Beitrag zum Klimawandel und betreiben Greenwashing, stellt eine Studie des Instituts für Landwirtschafts-und Handelspolitik fest.
Wie ich schon mehrfach erwähnte, verantwortet die -mit Verlaub- widerwärtige Massentierhaltung weltweit mehr als die Hälfte der Treibhausgasäquivalente (laut Jonathan Safran Froer in seinem Buch „Wir sind das Klima“). Das bedeutet: Ohne Verzicht auf Massentierhaltung ist Klimaschutz unmöglich. Jeder einzelne entscheidet deshalb jeden Tag mit Messer und Gabel, ob er oder sie das Klima schützt oder es zerstört.
Ralf-Michael Lübbers, Marienhafe
Altersarmut steig weiter
Zu: „Erfolgsmodell in Gefahr“ u. „Die Rente ist bezahlbar“, FR-Wirtschaft v. 10. u. 12.11.
Die kritischen Beiträge zur Rentenplanung der neuen Regierung sind sehr berechtigt. Die Behauptung deutscher Ökonomen, dass die Rente wegen der demographischen Entwicklung nicht finanzierbar sei, beruht auf dem Trick, dass eine wichtige wirtschaftliche Entwicklung vernachlässigt und scheinbar plausibel der steigende „Altenanteil“ als Grund der Unbezahlbarkeit hausgestellt. wird. Dabei wird nicht nur vernachlässigt, dass der Anteil junger Menschen auch finanziert werden muss, wie Staiger es richtig darstellt. Es wird auch „übersehen“, dass die Finanzierbarkeit nicht vom Mengenverhältnis Erwerbstätiger zu Rentnern abhängt, sondern von dem Einkommen, aus dem die Beiträge zu tragen sind. Und die Steigerung dieses Einkommens auf Grund der langfristigen Produktivitätssteigerung ist höher als die Beitragsbelastung, die sich aus dem steigenden „Altenanteil“ ergibt. Mit anderen Worten: Das steigende Einkommen überkompensiert die Belastungs- steigerung der höheren Beitragssätze und bewirkt, dass das Nettorealeinkommen nach Abzug der höheren Beiträge trotzdem deutlich steigt. Die höhere Belastung kann also sehr wohl getragen werden, das Wohlstandsniveau steigt trotzdem an. Die Planung der Koalition aus SPD, Grünen und FDP setzt die falsche Rentenpolitik der Schröder-Regierung fort, die interessengeleitet die Alters- sicherung der Arbeitnehmer durch eine Beitragshöhensicherung für die Unternehmen ersetzte und das gesetzliche Rentenniveau absenkte. Der dafür zu schaffende Ausgleich durch eine kapitalgedeckte private Versicherung wird für die Arbeitnehmer erheblich teuerer, worauf der langjährige Vorsitzende des Sozialbeirats der Bundesregierung, der Bremer Ökonom Winfried Schmähl schon vor Jahren zu Recht hinwies. Nicht nur haben die Arbeitnehmer eine höhere Gesamtbelastung zu tragen, an der die Arbeitgeber nicht mehr voll beteiligt sind. Die Kosten der Riesterrente haben sich trotz öffentlicher Zuschüsse als sehr hoch herausgestellt, so dass die Belastung zur Erreichung eines ausreichenden Rentenniveaus weiter steigt. Das Ergebnis wird sein, dass die Altersarmut der Rentner, die schon in den letzten Jahren gestiegen ist, weiter steigt. Weitere Nachteile der privaten Versicherung bestehen darin, dass diese Privatrente nicht – wie die gesetzliche Rente – dynamisiert ist, also an die Preis- und Lohnentwicklung angepasst wird und dass sie das zusätzliches Kapitalmarktrisiko mit sich bringt, das beispielsweise in der Finanzmarktkrise 2009 einem Großteil der Amerikaner die Alterssicherung raubte. Die Planung der neuen Koaltion muss unbedingt verändert werden. Das Umlagefinanzierungsverfahren ist sehr wohl finanzierbar, weil die Einkommen steigen. Außerdem verschweigen die Rentenkritiker, die die Entlastung der Arbeitgeber im Sinn haben und der Versicherungswirtschaft neue Märkte zu Lasten der Arbeitnehmer eröffnen wollen, dass mit den zu zahlenden Beiträgen zugleich ein eigentumsähnlicher Anspruch auf eine eigene Rente der jungen Generation erworben wird. Es ist erschütternd, dass die SPD und die Grünen eine solche Rentenpolitik gegen die Rentner betreiben und der Altersarmut weiter Vorschub leisten.
Ernst Niemeier, Wentorf
Etwas mulmig
Zu: „„Es hätte neuerliche Pogrome in Deutschland gegeben“, FR v. 13.12.
Der Beitrag im FR-Feuilleton vom 13. Dezember über eine deutsch-jüdische Versöhnung weckt bei mir die Erinnerung an meine Schulzeit mit einer jüdischen Klassenkameradin und Freundin. Sie hieß Judith. Ich war oft bei ihr und ihren Eltern, und die waren immer begeistert, wenn ich in Frankfurter Mundart Gedichte von Friedrich Stoltze rezitierte.
Eines Tages sagte ich den “ Jonas“ auf, diese Story vom Wal, der den Propheten Jonas verschluckt hat, welcher sich aber dann selbst wieder befreien konnte.
Völlig naiv und arglos trug ich auch den Schlusssatz des Gedichts vor:
“En Judd drückt überall sich dorch un Jonas war ja einer!“
Damals kriegten sich die Judiths Eltern gar nicht mehr ein vor Lachen. Heute wird es mir etwas mulmig, wenn ich an diese letzten Zeilen des Gedichts denke, obwohl der Freigeist Stoltze nicht nur scharfzüngig und provokativ um demokratische Ideale kämpfte, sondern auch engagiert gegen den aufkeimenden Antisemitismus im 19. Jahrhundert anschrieb und trotzdem in seinen Texten liebevoll das jüdische Milieu in seiner Nachbarschaft karikierte.
Christa Rosenberger, Sulzbach
Wo bleibt der Aufschrei?
Zu: „Afghanistan – Unterwegs in einer kalten Realität“, FR vom 11. Dezember
Vielen Dank, Natalie Amiri, für die informative, einfühlsame Reportage über den aktuellen Alltag der Menschen, vor allem der entrechteten und unterdrückten Frauen in Afghanistan. Ich finde es so wichtig und unverzichtbar, den Fokus immer wieder auch auf die Menschen zu richten in
diesem Land, das von den Krieg führenden Parteien in totaler Perspektivlosigkeit zurückgelassen wurde. Ihre Erfahrungen zeigen mir in aller Deutlichkeit, dass sich durch Kriegseinsätze nichts verbessern lässt. (Gut, dass die FR dieses Thema noch nicht zu den Akten gelegt hat.)
Warum ist der kurze öffentliche Aufschrei bei uns über die grausame, desaströse Bilanz des (mindestens) 20-jährigen Krieges mit Hunderttausenden Toten bei uns so schnell verstummt?
Wo bleibt die öffentliche Debatte, der Diskurs über die Sinnhaftigkei bzw. Sinnlosigkeit derartiger militärischer „Missionen“ (welch eine Verirrung in der Wortwahl!)?
Die Schaffung und Sicherung von Frieden kann anscheinend immer noch im wesentlichen nur in miltärischen Kategorien gedacht werden – welch ein Armutszeugnus und welch eine Schande für die USA, Deutschland und die anderen beteiligten Staaten der Europäischen Union (Friedensnobelpreisträger 2012!)!
Mein Optimismus, dass unsere neue Regierung hier etwas ändert, hält sich in Grenzen, leider.
@ Dieter Buroh
Herr Buroh, wie schön für Sie, dass Sie bisher so erfolgreich ein perfektes Leben im Alter für sich erreicht haben. Allerdings muss ich Sie warnen: es könnte sehr schnell anders kommen! Oder glauben sie allen Ernstes, die Schrecken des Alters ließen sich so einfach in Schach halten? Welche Hybris!
Meine Kolleg*innen und ich sehen jeden Tag aufs Neue, wie unversehens der Tag kommt, an dem ein erwachsener Mensch nicht mehr in der Lage ist, seine existenziellen Bedürfnisse zu befriedigen. Geschweige denn eine Wahlmöglichkeit hat bezüglich Ernährung und Lebensweise oder gar sozialer Teilhabe.
Seien Sie vorbereitet und halten Sie Ihre Patientenverfügung und Betreuungsvollmacht bereit!
Hallo Frau Klings,
sie haben völlig Recht. Woran erkennt man ein gutes Immunsystem ? Auch hier gilt: Hochmut kommt vor dem Fall ! Achtung ,Herr Buroh, die Covid 19 Toten sind zu 50% über 80! Impfen ist die Antwort, 3x !
@ Caroline Klings
Nein, Frau Klings, ich kann das so nicht stehen lassen. Es ist eben keine Frage des Glaubens und schon gar keine Hybris, sondern lediglich eine Sache des überlegten und rechtzeitigen Tuns, wenn man die „Schrecken des Alters“ vermeiden will. Und was die Wahlmöglichkeiten anbelangt, nur ganz in Kürze: Muss man jeden Tag Fleisch essen? Nein, muss man nicht. Kann man auf weißen Zucker und wertloses Auszugsmehl verzichten? Ja, kann man. Muss man im Sessel kleben oder darf es auch mal etwas Bewegung sein? Die Entscheidung ist doch leicht, oder? Und wenn man dann noch wöchentlich einen Fastentag einlegt, ist man auf gutem Weg. Das war es dann auch schon, zugegeben, sehr verkürzt. Eine Garantie ist das natürlich nicht. Das Leben ist eben so. Und wenn es einen doch erwischt, gibt es ja noch Sie und Ihre Kolleginnen, denen man nicht dankbar genug sein kann für das, was Sie tun, um die Schrecken des Alterns abzumildern. Nichts für ungut und alles Gute!
Hallo Herr Buroh,
natürlich ist es nützlich und vernünftig, sich gesund zu ernähren, mit viel Bewegung, sie verschieben dann aber, wenn es denn klappt, die Altersmisere nur um ein paar Jahre nach hinten. Das Prinzip, möglichst alt gesund zu sterben, kann man zwar anstreben aber es gehört Glück dazu, dass es klappt. Und vergessen sie nicht, wieviel gute Sachen sie in den vergangenen 50 Jahren verpasst haben ! In diesem Sinne, schöne Feiertage !
@ Dietrich Buroh
Das ist ja schön, wenn man also gut planen kann. Gegen gesunde Ernährung, viel Bewegung & möglichst alt und gesund sterben, kann man nichts sagen.
Wenn’s halt klappt. Doch:
„Dies ist, glaube ich, die Fundamentalregel allen
Seins: ‚Das Leben ist gar nicht so. Es ist ganz anders.‘
(Kurt Tucholsky)