Im Zusammenhang mit den Impfungen gegen das Coronavirus Sars CoV 2 erleben manche derzeit ein Déjà-vu. Stichwort Impfpflicht. Eine ähnliche Diskussion hatten wir hier im FR-Blog im April 2019 anlässlich von Plänen des Gesundheitsministers, eine Impfpflicht für Masern einführen zu wollen. Kürzlich forderte der bayerische Ministerpräsident Markus Söder (CSU) eine Impfpficht für Sars-CoV-2 für Pflegepersonal, wohl als Reaktion darauf, dass die Bereitschaft, sich gegen das Coronavirus impfen zu lassen, gerade an der vordersten Abwehrfront erstaunlich gering zu sein scheint.
Wenige Tage später fordert der Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD), dass für Geimpfte die bisher für alle geltenden Restriktionen des Lockdown nicht mehr uneingeschränkt gelten sollten: Restaurant- und Kinobesuche sollten für Geimpfte möglich sein. Charmanter Gedanke, so scheint’s, denn so könnten Gastronomie, Unterhaltung und Kultur langsam wieder hochfahren. Allerdings bleiben viele Fragen. Ist es in Ordnung, wenn der Impfpass bei der Eintrittskontrolle vorgezeigt werden müsste? Was ist mit jenen Menschen, die sich, aus welchen Gründen auch immer, nicht impfen lassen wollen? Anders gefragt: Was ist mit dem Grundsatz der Gleichbehandlung aller Menschen? Würde auf diese Weise nicht eine Impfpflicht durch die Hintertür eingeführt werden? Muss man die Menschen zu ihrem Glück zwingen, damit die Einschränkung mancher Grundrechte möglichst bald flächendeckend aufgehoben werden kann? Justizministerin Christine Lamprecht (SPD) sprang ihrem Parteigenossen bei: „Es geht hier nicht um Privilegien, sondern um die Rücknahme von Grundrechtsbeschränkungen.“ FR-Kommentatorin Tanja Kokoska hingegen sieht beide im falschen Film.
Milliarden für die Lufthansa statt für die Pflege
Dass der Vorschlag einer Impfpflicht für Pflegekräfte allergische Reaktionen bei den Betroffenen auslöst, ist verständlich – jedenfalls dann, wenn einer solchen Pflicht keinerlei Anreize gegenüberstehen. Das zugrundeliegende Problem ist ja leider, dass wir in Deutschland einen massiven Pflegenotstand haben: Es gibt viel zu wenige und zu schlecht bezahlte Fachkräfte in den Altenpflegeheimen und auch in den Krankenhäusern. Daher scheidet ein großer Teil des Personals vorzeitig aus – krank, ausgebrannt oder demotiviert. Die Verbliebenen sind chronisch überlastet, haben zuwenig Zeit und zuwenig Ausstattung, um sich ordentlich um die alten Menschen bzw. Patient*innen zu kümmern, und auch um sie und sich selbst vor Infektionen wie Covid-19 zu schützen.
Dieser Notstand ist mutmaßlich der Hauptgrund für die katastrophalen Pandemie-Ausbrüche in den Pflegeheimen und letztlich für die hohe Zahl an Toten, die wir momentan zu beklagen haben. Das ganze Problem wird von der Politik und auch in der öffentlichen Diskussion immer noch vernachlässigt.
Dauerhaft notwendig wären eine Erhöhung des Personalschlüssels und der Gehälter und eine Entlastung der Pfleger*innen von fachfremden Aufgaben. Kurzfristig in der Pandemie könnte eine Prämie als motivierende Anerkennung und Anreiz für ausgeschiedene Fachkräfte wirken, zumindest vorübergehend zurückzukehren, um die Kolleg*innen zu entlasten. Der Betrag müsste namhaft sein, mindestens 5000 Euro für alle Vollzeitbeschäftigten in der stationären Kranken- und Altenpflege, und sollte von Bund und Ländern bezahlt werden, ohne Verrechnung mit anderen Leistungen. Das kostet natürlich viel Geld, bei geschätzten 1 Million Vollzeitstellen im stationären Pflegebereich sicher 5 Milliarden Euro.
Aber die Bundesregierung muss sich überlegen, was als staatliche Aufgabe wichtiger ist: die Rettung von Lufthansa und TUI oder die energische Bekämpfung des Pflegenotstands.
Nochmal zurück zur Impfpflicht: Gäbe es eine Prämie, wäre es durchaus legitim, zumindest einen Teil davon nur an diejenigen auszuzahlen, die sich auch impfen lassen und damit das Infektionsrisiko senken. Die Regierung sollte wissen – und sie weiß es ja auch in anderen Bereichen -, dass Anreize besser wirken als Zwang…
Thomas Ormond, Frankfurt
Eine Impfpflicht durch die Hintertür
Zum Thema Grundrechte kann eigentlich niemand schweigen, dem sie entzogen wurden. Welche Freiheit haben wir missbraucht damit uns die Grundrechte entzogen werden können? Daher finde ich die Diskussion über Grundrechte die wieder eingesetzt werden, wenn man sich (freiwillig) impfen lässt, unerhört. Wenn die Grundrechte aberkannt werden können (ohne persönliches Fehlverhalten), wenn man sich der Impfung – auch weil die Folgen/ Risiken/ Schwächen nicht bekannt sind – enthält, so ist das eine Impfpflicht, und dann muss man sie auch so nennen.
Wir hatten laut Gesundheitsbehörde vor 30 Jahren ein Viertel mehr Krankenhausbetten und natürlich auch entsprechend Personal. Nachdem das dem Wettbewerb geopfert wurde, müssen wir heute auf die Bettenkapazitäten Rücksicht nehmen. Laut Statistik liegt die Anzahl der Übergewichtigen/ stark Übergewichtigen und damit Grunderkrankten bei 50 bis 60 Prozent der gesamten Bevölkerung des Landes. Seit Jahrzehnten wird die ungesunde Ernährung/ Bewegungsmangel hingenommen ohne auf Industrie und Erziehung einzuwirken.
Ich verbitte mir unvernünftig genannt zu werden, weil ich die Impfung und die jetzt bekannten Unwägbarkeiten, kritisch sehe,
Ursula Bugl-Horatschek, Mühlheim a.M.
Maas sollte sich lieber um das Leid in Kara Tepe kümmern
Es wirkt schon abenteuerlich, wenn „Nawalny-Minister“ Maas inmitten zahlreicher Forderungen von Politikern, Ärzten, Verbandsfunktionären etc. meint, ebenfalls eine Idee im Rahmen der Corona-Pandemie äußern zu müssen. Wie Tanja Kokoska im Kommentar „Im falschen Film“ in der FR vom 18.01.2021 zu Recht die Frage stellt, ob das Thema „Impfflicht“ zu den Kernkompetenzen des Außenministers gehört, muss man annehmen, dass Maas etwa Langeweile hat, wenn er sich in der Bild-Zeitung in die vielen selbsternannten Corona-Experten einreiht.
Dass sein Vorschlag, Geimpften in Lokalen und andernorts den Zutritt zu gewähren, zur Spaltung der Gesellschaft beitragen könnte, liegt auf der Hand. Abgesehen davon würde es den Gastwirten wenig helfen, lediglich über 80-Jährige im Lokal zu bewirten, da der Aufand hierzu in keinem vertretbaren Verhältnis zum gewünschten Erfolg stünde. Auch besteht die Frage, ob und auf welcher Rechtsgrundlage die Gastwirte die Impfpässe ihrer Gäste kontrollieren müssten. Ebenso ist bisher keineswegs nachgewiesen, ob Geimpfte tatsächlich immun sind, und damit eine Ansteckungsgefahr verringert oder ausgeschlossen wird. Daher ist der Aussage in dem Kommentar, dass „solche „Debatten“ das Vertrauen der Menschen in die Glaubwürdigkeit von Politik erschüttern, vorbehaltlos zuzustimmen.
Wenn Maas meint, sich zur Impfflicht sowie unablässig zum immer noch ungeklärten Einzelfall Navalny äußern zu müssen, sollte er sich doch – gerade aufgrund seiner Aufgabe als Chefdiplomat der Regierung – endlich zur katastrophalen Lage im Flüchtlingslager Kara Tepé auf Lesbos äußern, wo der Tod Tausender Menschen durch Verhungern, Erfrieren, Suizide, Rattenbisse, Tetanus etc. billigend in Kauf genommen wird, während die dort regierende Schwesterpartei der „C„DU lieber zusätzliche Milliarden für die Aufrüstung und damit den Tod weiterer Menschen ausgibt als den Menschen in Kara Tepé zu helfen. Aber bekanntlich bevorzugt Maas auch bei uns lieber die Verwendung von Steuergeldern zur Bewaffnung von Drohnen als zur Rettung von Menschenleben.“
Verdoppelung der Corona-Toten binnen eines Monats von 25 000 auf mehr als 50 000, nach wie vor völlige Überlastung von Kliniken und Gesundheitsämtern, mangelnde Tests in den Altersheimen, Corona-App ein Flop, Chaos in Sachen Schule und Kita, mehr als holpernder Impfstart, unangebrachter Geiz beim Impfstoffeinkauf, aber dafür wünscht sich unser aller Bundespräside „Kerzen ins Fenster“. Geht’s noch?
Ich will wirklich niemanden entmutigen, aber Dietrich Bonhoeffer sagt, dass Dummheit ein gefährlicherer Feind des Guten sei als das Böse. Gegen die Dummheit seien wir wehrlos, und es „zeige sich, dass jede starke äußere Machtentfaltung einen großen Teil der Menschen mit Dummheit schlägt“, wobei Bonhoeffer vermutlich nicht an von Kapitalverwertungsinteressen geleitete Dummheit gedacht hat. Die von Herrn Hontschik beklagte Entwicklung im Gesundheitswesen ist seit über 30 Jahren zu beobachten: Schon während meiner Studienzeit kam es zu dem Vorstoß, die flächendeckende Versorgung mit Rettungshubschraubern aus Kostengründen einzuschränken. Herr Prof. Dr. Tscherne, der damalige Leiter der Unfallchirurgie der Medizinischen Hochschule Hannover, rechnete daraufhin in einem Artikel vor, was es kostet, wenn ein Mensch stirbt, weil er nicht rechtzeitig in ein Krankenhaus gelangt (Witwen-, Halbwaisenrente, Lebensversicherungen). Diese Kosten sind umgerechnet sehr viel höher, als die für einen Hubschrauber mit Besatzung. Der Versuch wurde dann auch nicht verwirklicht. Als ich 1988 in einem Privatkrankenhaus begann zu arbeiten, war vom Gesetzgeber vorgegeben, dass Bescheinigungen kostenpflichtig seien, in Krankenhäusern in öffentlicher Trägerschaft aber nicht. Wenn man sich überlegt, wieviele Bescheinigungen täglich benötigt werden, kommt schon ein akzeptables Sümmchen zusammen. Mein Gehalt lag unter dem im öffentlichen Dienst, desgleichen die Bereitschaftsdienstvergütung. Dazu kam, dass Telephonate vom Patienten zu zahlen waren, desgleichen Mineralwasser usw. Durch den vom Gesetzgeber vorgegebenen Rahmen wurden die privaten Häuser bevorzugt resp. die anderen benachteiligt. Als ich 1996 im Lipperland arbeitete, hat das Krankenhaus Gewinne gemacht, d. h. die gesetzlichen Krankenkassen bzw. die Versicherten haben den Träger/ Landkreis subventioniert. Aber unabhängig davon, ob das so sein muss, hat das Krankenhaus Gewinne gemacht (die Lipper sind sparsame Menschen). Mit anderen Worten, es geht, auch bei ungünstigen Rahmenbedingungen, wenn man denn sparsam ist. Wir Ärzte lassen uns von Politikern und Wirtschaftswissenschaftler auf der Nase herumtanzen. Nachdem ich zu Beginn des Briefes Trübsal bließ, möchte ich mir selber widersprechen und mit Erich Kästners „es gibt nicht Gutes, außer: Man tut es“ enden, d. h. z. B. gegen den alltäglichen Irrsinn im Gesundheitswesen anschreiben.
Wo bleibt das Positive in all dem Corona-Morast? Gefunden habe ich es im FR-Bericht, dass in Frankreich ein Gesetz kurz vor der Verabschiedung steht, das Klagen gegen Geräusche und Gerüche des Landlebens unmöglich macht. Danke für die Info, sie eröffnet weiterreichende Gedanken: Wie weit sich viele von unsmit den gewohnten Ansprüchen von der Realität entfernt haben?
Der Städter sucht zur Entspannung die Alternative und sei es nur im Urlaub. Meeresstrand geht gerade eher weniger, denn da wollen ja trotz Big C alle hin, also aufs Land. Blöd, dass da aber Hähne krähen, Kühe muhen, Kirchen läuten, Zikaden zirpen – Und wie es da riecht! Ein paar Klagefälle aus Bayern/Österreich hat man mal mitgekriegt, aber ich hätte nicht gedacht, dass es soviele sind , die jetzt in Frankreich die Gesetzgebung indirekt in Gang setzten. Zur Wehr gegen Menschen , die sich bestimmt für normal halten, aber nicht merken, in was für einer Anspruchshaltung und einem engen Toleranzradius sie stecken.
Überspitzt: wer fährt mit einer Lavendel-Allergie in die Provence und reicht Klage ein? Andererseits muss es auch Grenzen geben wie zB bei Gülle aus großen Schweinebetrieben, denn auch Niedersachsen hat schöne Reiseziele. Ach verdammt, wo soll man da noch ansetzen?
Umdenken, umlernen, Geduld haben, wenn der Hahn kräht oder das Virus droht.
Wer die Bevorzugung von schon Geimpften fordert, sollte auch eine Lösung liefern, wie dennoch die Spaltung der Gesellschaft verhindert werden kann. Will er den innerdeutschen Krieg auf Kosten der Mehrheit der Bevölkerung? Schließlich müsste er auch erklären, wie allen in sehr kurzer Zeit eine wirksame Impfung zu verabreichen wäre. Analog der Grippe-Schutz-Impfung. Andererseits ist noch gar nicht geklärt, ob schon die erste Spritze für einen vollständigen Schutz ausreicht und für wie lang. In der gegenwärtigen Situation ist es nicht hilfreich, auch noch dieses gefährliche „Fass“ aufzumachen.
Es ist immer wieder erstaunlich, dass nicht Leistung, sondern vielmehr selbstgerechtes Auftreten Politiker an die Spitze der Beliebtheitsskala spült. Lässt man Corona Revue passieren, ist Spahn eigentlich nur als Ankündigungsminister aufgefallen, die Umsetzung seiner Projekte ließ dann meist zu wünschen übrig, was ihn übrigens nicht sonderlich von seiner Chefin unterscheidet. Erinnert sei an die missratene Maskenbeschaffung, den Flop der vollmundig angepriesenen Corona-App und das bis heute fehlende Konzept zum effektiven Schutz der Pflegebedürftigen und ihres Pflegepersonals. So verwundert es auch nicht, dass der sich im Umfragehoch suhlende Spahn die berechtigten Fragen der SPD zur unbefriedigenden Impfsituation mit bemerkenswerter Arroganz zurückweist. Angesichts von Spahns Beliebtheit jedenfalls, muss sich unsereiner schon sehr zurücknehmen, um sich nicht Adenauers ebenso legendären wie zynischen Worten über die allgemeine Dummheit anzuschließen.
Naiverweise hätte ich von einem Gesundheitsminister erwartet, dass er sich in dieser prekären Corona-Situation sieben Tage in der Woche, 24 Stunden am Tag um Verbesserungen bemüht. Stattdessen hatte er, von der Öffentlichkeit weitgehend übersehen, im Dezember Zeit, bei der Verleihung der Springer-Awards für den Coronaleugner Elon Musk als Laudator aufzutreten. Dass es sich dabei um eine maskenfreie Veranstaltung mit illustren Gästen aus der Wirtschaft handelte, rundet das negative Bild von diesem Auftritt ab.
Aber wundern darf man sich darüber wohl nicht, ist doch unser Land seit langer Zeit mit seinen Gesundheitsministern geschlagen: Beginnend mit der überforderten Andrea Fischer(1998-2001), gefolgt von Ulla Schmidt(2001-09), die unserem Gesundheitssystem wohl den meisten Schaden zugefügt hat, gefolgt von Rösler(2009-11) und Bahr(2011-13), in dessen Amtszeit die Veröffentlichung der von Parlament und Minister ignorierten Pandemiestudie fällt, die bei entsprechender Beachtung und Umsetzung nach Meinung von Experten bei Corona äußerst hilfreich gewesen wäre. Ihm folgte der als weitgehend untätig erinnerliche Gröhe, dem dann 2017 der „Hoffnungsträger Spahn“ folgte.
Kurzes Fazit: Es kann eigentlich nur besser werden.
Seit Wochen sinkt die 7-Tage-Inzidenz der Neuinfektionen pro 100 000 Einwohner, seit Tagen sind die Zahlen wieder verlässlich und sinken deutlich. Bei anhaltendem Trend ist es mehr als möglich, den Schwellenwert von 50 Mitte Februar zu unterschreiten. Es besteht zwar immer noch Grund zur Besorgnis, aber wäre dieser anhaltend positive Trend nicht einen optimistischen Artikel wert? Die Menschen geben sich solche Mühe, gemeinsam die Zahl der Neuinfektionen zu drücken und nun da wir auf einem guten Weg sind, haben sie Optimismus, Hoffnung und Annerkennung verdient. Stattdessen bekommen Sie jeden Tag fast ausschließlich negative Nachrichten zu hören, weil diese sich ja angeblich so gut verkaufen. Dieses scheinbar eiserne Gesetz gilt vielleicht in normalen Zeiten, es sind aber keine normalen Zeiten. Die Menschen sehnen sich danach zu sehen, dass sich ihre Mühen lohnen. Andauernder Pessimismus zermürbt und schafft ein Reizklima, dass in einem Superwahljahr gefährlich werden kann. Optimismus, Hoffnung und Anerkennung kann sicherlich auch motivierend wirken, um die kommenden Wochen der harten Einschränkungen gemeinsam durchzustehen. Ich wünsche mir, dass die FR im Sinne des konstruktiven Journalismus hier vorangeht.
Es ist ein Drama. Die Regierung gaukelt uns vor, dass im Laufe des Jahres eine Herdenimmunität durch Impfung bei der Lösung des Problems helfen könnte. Nicht endende Durchhalteansagen helfen nicht. Wer sich ein wenig mit der Sache befasst, weiß, dass bei den gegebenen Randbedingungen und den sehr geringen Kenntnissen über eine Impfungsimmunisierung eine Herdenimmunität fraglich ist. Die vielfache Virulenz des britischen Mutanten verschärft die ganze Herdenproblematik durch Impfen noch zusätzlich.
Die Regierung ist der Ansicht, dass sie mit ihrer Durchhaltebeschallung von der Notwendigkeit eines Langzeitkonzeptes ablenken kann. Die noch nicht zu beziffernde Übersterblichkeit des Einzelhandels hat die Regierung nicht mal ansatzweise auf dem Schirm.
Am Strand immer wieder neue, etwas größere Sanddämme zu errichten, reicht nicht. Diese Erfahrung haben schon die am Strand spielenden Kinder dadurch verinnerlicht, dass sie immer wieder zusehen mussten, wie der neue, etwas größere Damm aufweichte und schließlich zerbrach.
@ Ralf A. Dressel:
Danke für die Ergänzung meines Leserbriefes zu Maas. Und zu Ihrer Frage „wie allen in sehr kurzer Zeit eine wirksame Impfung zu verabreichen wäre.“ ist ja inzwischen klar, dass in kurzer Zeit nicht allen eine wirksame Impfung verabreicht werden kann, weil der Impfstoff bekanntlich fehlt.
Auch kann die Aussage „Andererseits ist noch gar nicht geklärt, ob schon die erste Spritze für einen vollständigen Schutz ausreicht und für wie lang.“ nur bestätigt werden. Denn nach Ansicht eines Mediziners im SWR-Fernsehen vom 27.01. wirkt eine Impfung zu ca. 50 % erst nach einer Woche und zu den angestrebten 95 % erst nach der Folgeimpfung.
@ Rainer Boos:
Auch Ihnen gebe ich vollkommen Recht. Denn Spahn (lt. Urban Priol der Massenbestatter der Republik) versucht sich seit fast einem Jahr als großer Ankündigungsexperte. „Erst: die Angst vor dem Virus ist gefährlicher als das Virus selbst,dann: wir sind auf eine mögliche Pandemie gut vorbereitet.“
Und so setzt sich das Ganze fort. Seit August redet er täglich von den Impfungen, dann stellt sich heraus, dass der Impfstoff fehlt und die Menschen sich am Telefon oder PC abplagen müssen, um ihre Eltern oder Großeltern zur Impfung anmelden zu können.
Es stellt sich auch die Frage, wie Spahn überhaupt an die Spitze der Beliebtheit gelangt ist. Haben hier die Pharmakonzerne, deren Marionette er schon immer war, hier nachgeholfen? Genau so wie sein Kollege Scheuer u.a. hat er doch völlig versagt!
Juri Diels spricht mir aus der Seele! Danke, ich hätte es nicht besser formulieren können
@ Juri Diels
Vielleicht kann man doch „negative Nachrichten“ von (berechtigten) „Warnungen“ unterscheiden.
So toll, wie Sie die Mühen der Bevölkerung beschreiben, ist es nun auch wieder nicht.
Frage: Müssen wir denn wirklich mit diesem Belohnungssystem arbeiten, nur um die Menschen davon zu überzeugen, dass sie mit ihren Tun und Lassen auch diese Pandemieentwicklung mitentscheiden?
Das sollte man in dieser Weise mit „mündigen“ und erwachsenen Menschen nicht machen.
So kann man ewig ein System aufrechterhalten, das davon lebt, dass Menschen immer nur dann verantwortlich handeln, wenn sie gestreichelt, belohnt und schöne Nachrichten lesen dürfen.
Der Journalismus hat eigentlich eine andere, auch kritische Aufgabe. Und mit Pessimismus hat das auch nichts zu tun, wenn die Nachrichten noch nicht Entwarnung und Freude ausrufen.
Sie sagen, dass die Menschen sich danach sehnen, in ihrer Mühe belohnt zu werden. Das ist schön und gut, aber das Leben gibt so eine Folgewirkung nicht automatisch her.
Ich kann nicht erkennen, dass die Frankfurter Rundschau Pessimusmus mit schlechten Nachrichten verbreitet. Die Nachrichten sind so wie der Stand der Dinge. Und die Artikel sind immer sehr vielseitig mit unterschiedlichen Einsichten und Botschaften. Mal abgesehen davon, dass es genug Auswahl im Blätterwald gibt, die auf gute Laune und Daueroptimismus spezialisiert sind.
Jeder von uns kann aufgrund seines Verhaltens und seines Handelns in diesen durchaus belastenden Zeiten zu einem persönlichen Ergebnis kommen und seine Gefühlslage beeinflussen. Da ist dann etwas, was unabhängig von positiven oder negativen Nachrichten aus der Presse passieren kann.
Bleiben Sie zuversichtlich, irgendwie – so sagt es Maybritt Illner immer ganz nett in der politischen Talkrunde.
@ Jürgen Malyssek:
Genau so ist es; schließlich ist es Aufgabe des Journalismus, aufzuklären, auch über leider zu viele negative Tatsachen.
Wenn es Positives zu berichten gibt, wird dies gerade nach meiner Erfahrung mit der FR ebenfalls praltiziert.
Wenn ich die Nachrichten zum Zoff zwischen der EU und AstraZeneca verfolge, muss die Frage erlaubt sein, welchen Vertrag die EU mit dieser Firma abgeschlossen hat.
Wenn die EU soviel Geld in das Unternehmen gesteckt, musste sie sich doch auch bestimmte Rechte (einschließlich einer Rückforderung des Geldes) vorbehalten.
Und wenn Flintenuschi in ihrer gewohnten Art Dritte mit der Abfassung des Vertrages beauftragt hat, müsste die EU das Anwaltshonorar zurückfordern.
Zumindest hätte ich in meinem Berufsleben eine Abmahnung erhalten, wenn ich einen derartigen Vertrag entworfen hätte, der nur einseitige Verspflichtungen enthalten hätte.
@ Peter Boettel
Hallo Herr Boettel. Wollte mich einfach nur mal bei Ihnen rückgemeldet haben, da es auch schon wieder eine Weile her ist.
Ja, die inhaltliche Bandbreite in der FR ist schon ausreichend gegeben. Freud und Leid. Aktuell und historisch.
Es geht kein Aufschrei durchs Land angesichts der Tatsache, dass nun die Impfreihenfolge geändert wird! Bis die Gruppe der über 80Jährigen „durchgeimpft“ sein wird, wird es im besten Fall Ende April sein. Dann sollten eigentlich die über 70Jährigen an der Reihe sein. Eigentlich! Verkündete doch Gesundheitsminister Spahn gestern (29.1.21) vollmundig in der ARD, dass der Impfstoff von AstraZeneca vorerst nur den unter 65Jährigen zu verabreichen sei, da für Ältere nicht genügend aussagekräftige wissenschaftliche Resultate vorliegen und man folglich damit beginnen könne, die Gruppe der 18-64Jährigen zu impfen. Im Klartext heißt das, die Älteren müssen erst einmal bei der Impfvergabe außen vor bleiben, wobei es sich um die geburtenstarken Jahrgänge nach dem Krieg handelt. Vielleicht mutmaßt Spahn aber auch, dass dieser Personenkreis sowieso nicht mehr der arbeitenden Bevölkerung zuzurechnen sei, womit er den Fokus eindeutig auf die mutmaßliche „Unproduktivität“ eines großen Teils der Nachkriegsgeneration legt. Wie menschenverachtend ist diese Haltung denn? Diesbezüglich muss ich anfügen, dass ich selbst zwar schon im Rentenalter, aber hauptberuflich über 40 Wochenstunden in der Flüchtlingsbetreuung tätig bin. Die Klientel der Flüchtlinge aus Afghanistan, Syrien, dem Iran und Irak, aus Äthiopien und Eritrea etc. lebt in prekären Wohnverhältnissen, entweder in Sammelunterkünften oder aber meist dicht gedrängt in winzigen Wohnungen und verfügt zumeist über weitverzweigte und enge Familienbande, die Coronainfektionen begünstigen. Dementsprechend häufig beobachte ich, dass sich immer wieder Einzelne aus diesen Personengruppen in Quarantäne begeben müssen. Nun befürchte ich täglich, mich als vorerst Ungeimpfte bei der Arbeit mit diesem Personenkreis anzustecken!
Spahn und seine „Camarilla“ versuchen wohl, durch ihre vorgezogene Hauruck-Impfung der 18-64Jährigen davon abzulenken, welch‘ desaströses Impfmanagement diese Regierung an den Tag legt: Schon vor Monaten wurden – anders als etwa in den USA oder in Großbritannien- keine Impfdosen in ausreichender Menge bestellt, was die vordringlichste Aufgabe dieses Ministers hätte sein müssen. Mit Lieferengpässen – in zwei von drei pharmazeutischen Werken – hätte man in weiser Voraussicht stets rechnen müssen. Nun haben Millionen Impfwillige unter eben diesen Lieferengpässen zu leiden. Zu diesem Missmanagement passt auch die urplötzliche Zulassung eines nur zu 70% wirksamen neuen sogenannten 1b-Wirkstoffs.
Wem er wohl verabreicht werden soll?
Das derzeitige Impfchaos mag vielfältige konkrete Ursachen haben, über die man sich streiten und aufregen kann. Dabei gerät leicht aus dem Fokus, was das grundsätzliche Problem ist: Es heißt Kapitalismus. Kapitalismuskritiker:innen haben von Anfang an gefordert, dass eine globale Pandemie auch in globaler Kooperation bekämpft werden muss. Doch stattdessen beherrschen kapitalistischer Konkurrenzkampf und Profitstreben die Szenerie. Wir wären viel, viel weiter, wenn im Sinne des Nutzens für die Menschheit weltweit Wissenschaftler:innen, Universitäten, der gesamte Gesundheitsbereich und „die Wirtschaft“ gemeinschaftlich geforscht, erprobt, verbessert und die besten Konzepte verwirklicht hätten. Produktionsanlagen sind heutzutage so flexibel, dass immer wieder innerhalb kürzester Zeit auf neue Produkte umgestellt und diese massenhaft produziert werden. Warum nicht in diesem Fall?
Die Art und Weise des Patentschutzes fördert zusätzlich, dass jeder aus seinen Forschungen Geheimrezepte macht und den anderen möglichst vorenthält. Wegweisend war die Haltung von Professor Jonas Salk, der auf das Patent für seine Polio-Schluckimpfung verzichtet hat: „Dieser Impfstoff gehört der Menschheit. Es gibt kein Patent. Könnte man die Sonne patentieren?“
Gerade heute sollte man sich keine antikommunistischen Denkverbote mehr aufoktroyieren lassen bei den „Reizwörtern“ Sozialismus oder Planwirtschaft.
Es wird verlautbart, dass die wirtschaftlich potentesten Staaten(gemeinschaften) mit lediglich 15 Prozent Anteil an der Weltbevölkerung sich bisher über 50 Prozent aller Impfdosen unter den Nagel gerissen haben. Das kapitalistische Patentsystem macht zwar zum Beispiel Biontech-Chef Ugur Sahin zum mehrfachen Milliardär, verhindert aber die lebensnotwendige Nutzung aller Produktionskapazitäten und eine bedarfsgerechte Arzneimittelversorgung der Weltbevölkerung.
Das Gezänk um die Verteilung der Impfstoffe ist groß, die heftigen Anwürfe gegen die nationalen (respektive EU-) Verhandler auch. Die Spielregeln des Kapitalismus sorgen für die Knappheit der lebenswichtigen Medizin und das allgegenwärtige Gebot des Patriotismus für die unethische Verteilung der Mangel“ware“ auf der Welt.
Das scheinen aber wieder mal nicht die zu lösenden politischen Problem zu sein, sondern bestenfalls Anlass für die üblichen wohlfeilen Mahnungen zur Fairness – als Begleitmusik.
Die Zahlen zum künftigen Wirtschaftswachstum wurden von der Bundesregierung korrigiert. In normalen Zeiten sind diese Prognosen des Wirtschaftswachstums schon sehr fragwürdig, insbesondere weil sie recht unreflektiert in allen Medien verbreitet werden und erheblichen Einfluss auf Entscheidungen in der Wirtschaft, im persönlichen Bereich und auf die Stimmungslage der Bevölkerung haben.
Welchen Wert haben diese Prognosen in der aktuellen Pandemie? Niemand kann die Entwicklung der Pandemie sicher voraussagen. Wie werden sich die neuen und künftige Mutanten des Virus auswirken? Bringen die Impfungen die erhoffte Wirkung? Welche Maßnahmen wird der Staat angesichts der Pandemie noch ergreifen? All diese Unbekannten wirken sich drastisch auf die Wirtschaftsentwicklung aus und außerhalb des Pandemie-Geschehens gibt es weitere unbekannte Entwicklungen, die Wirkung zeigen werden. Vor diesem Hintergrund wird vollkommen unreflektiert darum gestritten, ob das künftige Wachstum 0,5% höher oder niedriger liegen wird. Welchen Sinn soll das machen? Warum verleihen die Medien diesen Zahlen weiterhin solche Aufmerksamkeit?
Das permanentes Wirtschaftswachstum auf einer begrenzten Erde ohnehin Wahnsinn ist, geht dabei vollkommen unter, weil sonst das Glaubensbekenntnis der Gesellschaft infrage gestellt werden müsste.
Sicher sind die inzwischen dringend anempfohlenen (z.T. auch zwingend vorgeschriebenen) FFP2- bzw. medizinischen OP-Masken besser als irgendwelche selbst genähten und inzwischen überall im Handel zu erwerbenden Stoffmasken. Ihr positiver Effekt steht und fällt jedoch mit dem korrekten Sitz der Masken. Zwar wird dies derzeit insbesondere bei Bartträgern bemängelt. In der Presse, im Fernsehen wie auch auf öffentlichen Plätzen und in Supermärkten kann man jedoch sehr häufig feststellen, dass selbst mit dem Sinn des Tragens einer Maske vertraute Personen diese nicht korrekt anlegen: Häufig sitzt die Maske kurz unter der Nasenspitze und lässt entsprechend viel Raum für die ein- und ausgeatmete Luft zwischen Nase und Wange. Eine angestrebte „Filterwirkung“ der Maske ist damit hinfällig. Die in die Masken am oberen Ende eingearbeitete Metallspange dient dazu, eben diese Lücke durch anmodellieren der oberen Kante an die Nase zu ermöglichen und damit die Filterwirkung der betreffenden Masken zu optimieren. Unterbleibt dies, so nutzen sie ebenso wenig wie ein über das Gesicht gezogener Rundschal oder eine noch so toll designte Stoffmaske.
ich muss beim Lieferstreit mit Astrazeneca an ein Stück des leider seit vielen Jahren nicht mehr auftretenden Kabarettisten Volker Pispers denken: Das, in dem die Regierung Unmengen von Suppe bestellt, nachdem sie den Bürger einen Löffel davon hat essen sehen – aber leider schon weggeschaut hat, als der das Gesicht verzog und sagte „Iiih, Suppe ess‘ ich nie wieder!“
Der Impfstoff von AstraZeneca ist deutlich weniger wirksam als die bislang zugelassenen. Die häufig genannten 70 Prozent sind sogar noch geschönt, da sie nur erreicht werden, wenn die Probandengruppe mit der versehentlich halbierten Erstimpfung, bei der aus nach wie vor ungeklärten Gründen die Wirksamkeit wesentlich höher lag, unzulässigerweise eingerechnet wird. Realistisch sind eher um die 60 %.
Und nun glaubt man ernsthaft, Angehörige der maximal exponierten Berufsgruppen – Pflegepersonal, Lehrer:innen, Erzieher:innen etc. – würden sich freuen, wenn sie sich zukünftig mit einem Impfschutz, der einem besseren Münzwurf entspricht, diesem Risiko aussetzen sollen? Möglicherweise noch bei seitens der Arbeitgeber (noch mehr) vernachlässigten sonstigen Schutzmaßnahmen, denn man ist ja jetzt geimpft? Oder dass aufgrund Vorerkrankungen hochgefährdete U-65-Jährige von diesem Impfangebot begeistert sind, das ihre Lage kaum verbessern wird, weil ein ca. halbiertes Risiko immer noch viel zu hoch ist, um das frühere Sozialleben wieder aufzunehmen?
Zumal man im Gegensatz zu anderen relativ gering wirksamen Impfstoffen in diesem Fall auch nicht auf einen zusätzlichen passiven Schutz setzen kann, da zum einen noch für lange Zeit ein viel zu geringer Anteil der Bevölkerung geimpft sein wird, zum anderen nach wie vor nicht geklärt ist, ob die Impfung nur die Erkrankung oder auch die Übertragung verhindert. Und man, einmal mit AstraZeneca geimpft, davon ausgehen muss, dass man sich für eine Zweitimpfung mit einem wirksameren Impfstoff ganz hinten anstellen muss, also voraussichtlich frühestens im Jahr 2022 eine Chance haben wird.
Das heißt nicht, dass der AstraZeneca-Impfstoff wertlos ist und nicht seine Rolle bei der Pandemiebekämpfung spielen könnte. Aber ihn denjenigen, die am meisten gefährdet und somit auf einen hocheffizienten Schutz angewiesen sind, unterzujubeln in einer Art Impfstofflotto, bei dem man erst unmittelbar vor der Spritze – wenn überhaupt – erfährt, was einem da verabreicht werden soll, ist nicht nur unlauter, sondern hinsichtlich Impfbereitschaft/-fortschritt, Krankenhausentlastung und Todesfallvermeidung sogar kontraproduktiv.
Ein transparenter, fairer und zur Pandemieeindämmung effektiver Einsatz des AstraZeneca-Impfstoffes (und evtl. weiterer deutlich weniger wirksamer Impfstoffe) müsste vielmehr folgendermaßen aussehen: Bereitstellung an die Hausarztpraxen (schließlich handelt es sich um den einfach zu lagernden) und jeder, dem aus seiner persönlichen Situation und Risikoeinschätzung heraus die 60 % Impfschutz ausreichen, kann – außerhalb der Priorisierungsreihenfolge! – einen Termin für sich vereinbaren. Wer mehr braucht/möchte, der muss abwarten, bis er an der Reihe ist, hat aber dann auch die Garantie, den maximal möglichen Impfschutz zu bekommen.
Es könnte so einfach sein, aber mit Sicherheit werden jetzt erst einmal wieder Wochen damit vergehen, dass man sich wundert, warum das Impfangebot von den U-65-Jährigen so wenig angenommen wird oder dass sogar Impfwillige die ergatterten Termine verfallen lassen, wenn sie erfahren, dass sie „nur“ AstraZeneca bekommen sollen.