„Die Krise kann zu einer Gefahr für die Demokratie werden“, sagte Gesine Schwan, die für das Amt der Bundespräsidentin kandidiert, kürzlich im FR-Interview, „wenn in ein paar Monaten am Arbeitsmarkt handfeste Folgen spürbar werden und in der Bevölkerung der Eindruck entsteht, dass die Verursacher überhaupt nicht einbezogen werden. (…) Unser Sozialstaat, den es etwa in den USA in dieser Form nicht gibt, fängt im Moment noch vieles auf. Auch die Maßnahmen des Konjunkturpakets, allen voran Kurzarbeitergeld und Abwrackprämie, geben uns einen zeitlichen Aufschub. Wenn die Wirtschaft jetzt aber wirklich um sechs Prozent schrumpft, werden auch diese Halteseile irgendwann reißen. Dann wird es soziale Verwerfungen geben, die allgemein spürbar sind. Wie weit das dann geht, lässt sich im Moment schwer vorhersagen.“
Mit diesen Äußerungen hat sie nicht nur für Unruhe in der SPD gesorgt, sondern auch den Bundespräsidenten auf den Plan gerufen, der vor Panikmache warnte. „Natürlich ist die Krise beherrschbar“, sagte er dem Inforadio des rbb. „Was nicht geschehen sollte, ist: uns selbst erstens in Panik reden. Und zweitens in eine Situation reden, als könnten wir diese Krise am Ende nicht beherrschen – weder im Wirtschaftspolitischen noch im Sozialen.“
Jürgen Schulz aus Buchholz meint:
„Für eine Krankenschwester würde sich Gesine Schwan nicht eignen, denn einem Kranken darf man nicht den Mut nehmen, indem man ihm sagt, dass es ihm noch viel schlechter gehen wird. Durch ihre Äußerungen über mögliche Unruhen in Deutschland hat sie sich, wie ich finde, für den Posten eines Bundespräsidenten disqualifiziert.“
Sigurd Schmidt aus Bad Homburg:
„Gesine Schwan mischt die Meinung auf, weil sie einen (angeblich) so überaus populären gegenwärtigen Bundespräsidenten sehr kompetent herausfordert. Der hatte bisher zu der Superfinanzkrise nur zu sagen: Es seien ‚Monster des Finanzkapitalismus‘ zugange. Vielleicht hätten die Einlassungen eines ehemaligen Chefs von EBRD und IWF ein wenig substanzieller sein können?
Wenn Gesine Schwan – mit anderen seriösen Zeitbeobachtern – darauf hinweist, dass es enorme sozialpsychologische Verwerfungen in Sachen Glaubhaftigkeit der Marktwirtschaft geben könnte, wenn dann Arbeitslosigkeit und Erschütterung der sozialen Sicherungssysteme möglicherweise um sich greifen könnten, und dies als nur Panikmache gebrandmarkt wird, dann stimmt etwas nicht in unserem Land.
Die plötzliche Aufregung über ein angebliches Herbeireden der Krise mit gravierenden sozialen Folgen ist künstlich. Wir befinden uns in der größten Wirtschaftskrise seit 1929, nur ist dies im Bewusstsein der Deutschen – anders als beispielsweise in Frankreich – noch nicht recht angekommen. Politiker haben die Verantwortung, vor gesellschaftspolitischen Gefahren zu warnen. Wer jetzt „Kreide im Mund“ predigt, der redet und handelt unverantwortlich. Im Übrigen kann man über die CSU nur den Kopf schütteln, dass diese die Aufstellung alternativer Kandidaten gegen den amtierenden Bundespräsidenten als ‚Majestätsbeleidigung‘ ansieht. Sind wir nun eine Demokratie oder nicht?“
Herbert G. Just aus Wiesbaden:
„Sind die Warnungen einer Gesine Schwan wirklich so weit hergeholt? Der Deutsche an sich ist geduldig. Aber schon einige Male wurde diese Geduld überstrapaziert, und es kam genau zu dem, was Frau Schwan beschreibt. Und warum treibt Herr Schäuble so vehement den Einsatz der Bundeswehr im Inneren voran?“
„Die Krise kann zu einer Gefahr für die Demokratie werden“
Wie weitsichtig. Die Verursacher, Gewinner und politisch Verantwortlichen der Krise sind schon lange und spürbar eine Gefahr für die Demokratie.
Und wieso eigentlich geht man davon aus, daß die „sozial Unruhigen“ dann etwas anderes als Demokratie fordern werden?
Warum wird Frau Schwan kritisiert?
Sie bingt es auf den Punkt, wobei die Hauptgefahr für die FDGO in der gegebenen Lage eher von den Staatparteien ausgeht denn vom wütenden Mob. Letzterer mag randalieren, erstere Gruppe aber kann dazu in schöner Eintracht und Freude über die Gelegenheit weitere Gesetze zur Selbstermächtigung durchdrücken.
Karl
Das Märchen von Hameln wird im Untergrund schon neu aufgeführt und geprobt.
Nur die Kostüme haben sich verändert.
Ich glaube, keine Regierung ist zu beneiden, in welcher Farbkombination sie sich auch darstellen wird, wenn das ganze Ausmaß der Krise n a c h der Bundestagswahl sichtbar und spürbar wird.
Bis dahin wirken die Trostpflaster Abwrackprämie und Kurzarbeiterhilfen ja noch…
@Bronksi
Bronski, setz‘ mal Deine Wirtschaftredaktion dran, zu schätzen, wieviel Billionen die Krise Deutschland kosten wird.
Dann lass‘ ausrechnen, wieviel Prozent seines Einkommens jeder Deutsche hergeben muß, um die Sache zu bereinigen. Rechne die Staatsschulden noch drauf und am 9.9.09. ist Zahltag für alle.
Dann ist Ruhe und wir haben den Politikern und Finanzjunkies den Deckel bezahlt. Schwamm drüber, aber mit einer Bedingung:
Daß sie sich nicht mehr auf Pump besaufen, keine Finanzspritzen mehr setzen und kein Opium mehr an’s Volk verteilen.
Dann lassen wir sie sich resozialisieren, auf Bewährung…
Es ist doch wohl eines deutlich: nicht so sehr, oder gar nicht, Straßenkämpfe oder – wie 1929 ff – Massenselbstmorde Deklassierter sind die Gefahr, sondern die Zementierung einer sehr radikalen Ungleichheit von Reich und Arm, Gebildeten und Nichtgebildeten; darüber hinaus: kann man verstehen, warum wir alle die vermeintlich systemischen Notwendigkeiten einer Geldversorgung mit perspektivisch Billionen von Euro zu finanzieren haben, vor allem eben wieder die untern Bereiche der Gesellschaft, während der systemisch mindestens genau so bedeutsame Bereich der Aufmerksamkeit für den Klimawandel oder der deutlichen Verbesserung der Bildungsstrukturen der Langzeitarbeitslosen etwa vollständig ausgeblendet wird? Aus meiner Sicht mit am schlimmsten – und am wenigstens verständlich – ist die Perspektive nach September 09:
Wenn – so habe ich hier schon öfter betont – man die „christliche“ Partei Merkels mit diesem brutalen Wirtschaftsdarwinismus der FDP und ihrer Auftraggeber sich (wunschgemäß) kreuzen lässt, dann haben wir das, was als Antwort auf unsere ökonomische und soziale Krise bevorsteht und wovor vielleicht Frau Schwan warnen will. Denn: es häufen sich die Anzeichen, dass eher ein „Weitermachen“ denn eine nachdenkliche und sanfte Veränderung der Strukturen, die zu jener säkularen Krise geführt haben, auf dem Programm steht. Und hier mag etwa das heftig kritisierte Wahlprogramm der SPD wenigstens ein wenig mehr Mut machen als alle anderen Alternativen. Wir werden das zugrunde liegende politische System schon deshalb nicht ändern können, weil hinter diesem Änderungswunsch nur ein paar Menschen und Institutionen stehen, die bei der übergroßen Mehrheit der Wähler, die schließlich alle von Typ „homo oeconomicus“ sind, nun gar nicht ankommen. Also: nicht Warnung vor „revolutionären“ Maßnahmen sind gemeint, sondern die Angst davor, dass die Verhältnisse und ihr Ursachen politisch und gesellschaftlich verfestigt werden sollen.
Gruß
Hans-Ulrich Hauschild
Es grüßt
Hans-Ulrich Hauschild
@5 BvG
in der heutigen FR Seite 15 ist die Frage mit ca 1,3 Billionen Euro beantwortet. Wie der Staat die daraus resultierenden Zinsen zahlen soll ist die derzeit spannende Frage. Das Thema hatten wir aber schon ein paar mal.
@5 BvG
in der heutigen FR Seite 15 ist die Frage mit ca 1,3 Billionen Euro beantwortet. Wie der Staat die daraus resultierenden Zinsen zahlen soll ist die derzeit spannende Frage. Das Thema hatten wir aber schon ein paar mal.
Einfach.
Gemäß des Anteils am Wohlstand soll man auch die Rechnungen bezahlen, schon ist das Problem aus der Welt.
Das heißt: Wenn man 27% des Eigentums besitzt, muß man auch 27% der Staatsschulden bezahlen.
Dann kauft den Laden keiner.
@9BvG
Das wäre mal ein Wahlkampfthema
zu 9 und 10 :
Eine gute Idee. Mit Hilfe der Massenmedien
könnte da eine Bewegung angestoßen werden, die das fordert.
Es gäbe Hoffnung für den Weg zu mehr Gerechtigkeit.
@zu 11
das ist zwar richtig. Ich glaube aber das es auf eine schwarz/ gelbe Regierung im September zuläuft und diese wird eher das Gegenteil machen.
Grund: Frau Merkel ist es gelungen 5%
der Wähler aus dem linken Lager zu sich zu ziehen und die Wahlbeteilgung
wird niedrig sein
Von uns verlangen die Manager ja immer „Flexibilität“ – selber sind die Auto-Manager weltweit (Opel, Chrysler) aber nicht in der Lage, einzusehen, dass Autos langsam aus der Mode kommen und nur was für kleine Jungs sind.
Die Manager haben schlicht verschlafen, dass sich die Welt permanent ändert – auch ihre Aktienkurse und die Nachfrage nach Autos.
Hoffentlich gibt es bald keine Autos mehr, damit ich endlich mal in einer etwas ruhigeren Welt ohne grossmäuligen A… und Schw… leben kann…
zu @13
der Ausstieg aus der Industriegesellschaft hat auch den einen oder anderen Nachteil. Mobilität gehört zu unserer Gesellschaft und wird aus dieser offentlich nie verschwinden
Noch einmal zu Frau Schwan
Es ist ja schon einige Tage her, dass Frau Schwan mögliche Unruhen, politisch vorsichtig, angedeutet hat. Und es war sehr beeindruckend, wie sehr sich die führende Politebene in Berlin darum bemühte dem Thema keine allzu große Bedeutung beizumessen. Wohl schon alleine deswegen, weil damit das bisherige System berechtigterweise in Frage gestellt werden könnte.
Frau Schwans Unruhe sollte vielleicht dahingehend umgedeteutet werden, dass es an der Zeit ist unruhig zu werden. Denn die viel beschworene Wirtschaftskrise ist doch, meines Erachtens, eher eine Gesellschaftskrise. Haben wir nicht seit den fünfzigern Jahren des letzten Jahrhunderts den Begriff soziale Markwirtschaft wie ein Glaubensbekenntnis vor uns her getragen. Haben wir mit diesem von Ludwig Erhard kreierten Begriff nicht alles erklärt, was uns an gesellschaftlichen Werten wichtig erschien? Je nach Belieben haben wir entweder das Adjektiv „sozial“ oder das Wort „Markwirtschaft“ vorn angestellt. Und wir haben uns verlassen auf den theoretischen Ansatz eines ständigen Wirtschaftswachstums als Grundlage unseres Wohlstandes. Dieser theoretische Ansatz ist an seine Grenzen geraten. Gerade erleben wir, wie mit Subventionspolitik wieder einmal dieses Prinzip gerettet werden soll. Es wird nicht gelingen. Dennoch sehe ich die sinnvollen Elemente dieser „Wirtschaftskrise“. Denn wir werden erleben, wie sich daraus eine gesellschaftspolitische Diskussion ergibt die unsere Gesellschaft positiv verändern wird. Insofern sind Unruhen im Sinne von „Unruhe“, also im Sinne von „politischer Einmischung“ durchaus erwünscht.
zu @16
ob es in der beschriebenen Richtung zu Bewegungen (vielleicht auch positiv) kommt wird nicht im Mai sondern im September entschieden.
Man könnte hier diskutieren ob das Amt eines Bundespräsidenten der von einer Bundeversammlung gewählt wird übermähßig sinnvoll ist oder eher Geldvernichtung