Ich weiß nicht, ob es wirklich so geschickt war, den gepeinigten Griechen die Documenta vor die Nase zu setzen. In Abwandlung eines Spruchs von Bertolt Brecht könnte man schließlich sagen: Erst kommt das Fressen, dann die Kultur. Oder war es anders herum? Ist es nicht die Kultur, die uns Menschen ausmacht und die darum auch ein Vehikel sein kann, den von der Austeritätspolitik der EU heimgesuchten Griechen Perspektiven aufzuzeigen, etwa nach dem Motto: Es gibt mehr zwischen Himmel und Erde als Fressen? Fressen will schließlich jeder. Will jemand mehr oder was anderes? Schließlich herrscht in Griechenland immer noch die Schuldenkrise, die im übrigen Europa wenigstens vertagt ist, und gerade eben erst haben sich die Griechen geschlagen geben müssen, in neuen Verhandlungen über ihren Schuldenberg und wie man ihn nicht abträgt. Athen ist zu weiteren Einsparungen gezwungen, die Austeritätspolitik wird fortgesetzt. Es hat sich nichts geändert.
Sigurd Schmidt aus Bad Homburg meint:
„Die Formulierung der Kopfzeile der FR: „Griechen geben sich geschlagen“ lässt sich volks- und kreditwirtschaftlich nicht begründen. Verhandlungen zwischen Gläubigern und Schuldnern finden nie auf gleicher Augenhöhe statt. Die griechische Linksregierung sieht dies zwar anders, aber auch der demokratische Volkswille kann nicht Gläubiger auf Dauer zwingen, immer wieder mit frischem Geld zur Verfügung zu stehen. Es gibt sogar Philosophen, die die gesamte Menschheitsgeschichte als eine Geschichte der Abhängigkeit von Schuldnern von ihren Gläubigern interpretieren.
Das früher einmal an Universitäten gelehrte Axiom, ein Staat könne nicht pleitegehen, ist längst durch die Wirklichkeit überholt. Wenn Staaten oder Volkswirtschaften wie die argentinische oder griechische sich in Dauerschuldverhältnisse verstricken lassen, dann ist irgendwann der Zeitpunkt des Showdown erreicht.
Es ist aber unzutreffend, dass man die Gläubiger zu einem Schuldenschnitt oder gar völligen Schuldenerlass zwingen könnte. Schuldenerlass- oder Umschuldungsverhandlungen darf man sich nicht wie einen Teppichhandel in Beirut vorstellen. Es ist auch nicht hilfreich, wie dies ständig der deutsche Finanzminister Wolfgang Schäuble tut, dass sich die Bundesrepublik qua Staat als ein Quasi-Hauptgläubiger Griechenlands geriert. Die Bundesrepublik hat Griechenland keine unmittelbaren Kredite gegeben oder, wie die EZB es leider tut, marode griechische Staatsanleihen angekauft.
Die Haltung des Internationalen Währungsfonds in der gesamten Frage der Griechenland-Schulden-Malaise ist: Wasch mir den Pelz, aber mach mich nicht nass. Der IWF will, dass vor allem deutsche und französische Bankengläubiger einem weiteren kräftigen Schuldenschnitt zustimmen. Der IWF soll aber selbst mehr oder weniger ungeschoren bleiben. So geht das auch nicht!
Mit der Parabel „Herr und Knecht“ hat der deutsche Star-Philosoph Hegel das Grundverhältnis geschichtlicher Abhängigkeit kongenial beschrieben. Es mag zynisch erscheinen, aber es bleibt dabei: Ein Schuldner begibt sich nun einmal freiwillig in eine Abhängigkeit. Oder er wird zum Schluss vor den Konkursverwalter gezerrt.“
Dieter Hooge aus Frankfurt:
„In der gleichen Ausgabe der FR vom 8.4. wird über Griechenland und Athen zweimal berichtet: Die EU-Eurogruppe – eine „Unterabteilung“ von Schäubles Finanzministerium – hat Griechenland aktuell noch einmal weitere hochgradig unsoziale „Sparmaßnahmen“ aufgezwungen. „Eine herbe Niederlage der Syriza-Regierung, wie die FR zurecht anmerkt. Ab sofort können EU, EZB, Euro-„Rettungsfond“ und IWF als Nebenregierung in Athen ihre unterbrochene Tätigkeit wieder aufnehmen. Zeitgleich wurde in Athen der zweite Standort der 14. Dokumenta eröffnet. Motto: „Von Athen lernen!“ Ein hochkarätiges Kulturereignis, das steht außer Frage. Aber Athen? Das ist für mich ein gewaltiger Widerspruch, dem auch ein gewisser Grad an Zynismus innewohnt. Da passt ganz gut: „Man gönnt sich ja sonst nichts!“
Die überwiegende Mehrheit der Menschen in Athen kämpft ums tägliche Überleben. Deren Bedürfnis nach Kunstgenuss wird sich in Grenzen halten. Darüber hinaus wird das Stadtbild von geschlossenen Geschäften, bettelnden Menschen und umherirrenden Geflüchteten geprägt. Welch ein Kontrast, den sich die kulturbeflissenen Touristen aus aller Welt da aussetzen müssen.
Unser neuer Bundespräsident ist zur Eröffnung der Dokumenta zum Staatsbesuch angereist. Kaum ist er in Athen, schon kommt er in der Tageszeitung „Kathemerini“ zur Wort. Gönnerhaft hebt er in dem Blatt die Bemühungen des Landes zur Überwindung der Schuldenkrise hervor. Dann der erhobene Zeigefinger, der so gut zu ihm passt, weitere Reformen seien notwendig, um unter anderem den „gesellschaftlichen Zusammenhalt“ zu fördern. Weiß er eigentlich, was er da sagt und was er später bei der Eröffnung der Dokumenta besonders hervorhebt, „Von Athen lernen?“
Sein Vorgänger Johannes Rau stammt der Ausspruch: „Ich bin nicht nachtragend – ich habe nur ein gutes Gedächtnis!“ Das passt jetzt gut. Ich erinnere mich genau. Steinmeier war von 2009 bis 2013 SPD-Fraktionsvorsitzender im Bundestag. Es muss um 2012 gewesen sein, da machte er im Hinblick auf Griechenland einen „beachtenswerten“ Vorschlag: Griechenland müsse zur Lösung seiner Probleme die Agenda 2010 nach deutschem Vorbild anwenden.
Seine unrühmliche Rolle, die er bei der Einführung der Agenda-Politik der Schröder-Fischer-Regierung spielte, ist sattsam bekannt. Seine Vorschläge, das gleiche in Griechenland umzusetzen, wurde von der sogenannten Troika aus EU, der EZB und dem IWF nur zu gerne aufgegriffen und in dem Land durchgedrückt. Allerdings ist das eine Agenda 2010 hoch drei, die in Griechenland mit brachialen Methoden insbesondere der Syriza-Regierung aufgezwungen wurde und wird, bis heute.
Man kann getrost davon ausgehen, dass Steinmeier – in der im eigenen selbstgerechten Art – keine Sekunde darauf verschwenden wird, dass das soziale Elend in Griechenland letztlich auch auf eine Agenda-Politik nach deutschem Vorbild zurückgeführt werden kann.“
Man weiß ja nicht so genau , wessen Idee es war ,die documenta auch in Athen anzusiedeln ,nur , so richtig gut war die Idee ja wohl nicht . Kunst heute bedeutet Kuratoren und Geld , nicht unbedingt Künstler , die gibt es nur zur Benutzung . Es ist irgendwie ein Spiel , ein beliebiges „Werk“ teuer zu machen .Dazu gibt es Regeln , die darin gipfeln , dieses Werk und den Künstler am Markt zu etablieren , ich bin sicher die damit befassten Individuen beherrschen ihr Geschäft .Die Frage ist nun , warum muss es ausgerechnet in Athen stattfinden ? Sollen die Griechen , die genug auszuhalten haben , das auch noch gut finden ? Die meisten Bürger dieser Welt schütteln doch nur mit dem Kopf ob der gezeigten „Werke“.Den Griechen dieses jetzt vorzusetzen ist zumindest rücksichtslos , man kann es auch als Frechheit betrachten .