Wer ihr persönlich begegnet, kann sich ihr kaum entziehen: Groß, auffällig, mit raumfüllender Ausstrahlung — Petra Roth, die ehemalige langjährige Frankfurter Oberbürgermeisterin, hat das, was man „Bühnenpräsenz“ nennt. Sie ist einfach da. Mit Wucht. Aber reicht das, um sie zur Frankfurter Ehrenbürgerin zu erheben, wie die CDU im Römer es nun vorgeschlagen hat?
Roth (CDU) steht durchaus für Inhalte. In ihrer Zeit als OB ging Frankfurt z.B. in der Drogenpolitik einen anderen Weg als die Bundes-CDU. Roth setzte die kontrollierte Heroinabgabe an Schwerstabhängige durch — ein sehr moderner Ansatz. Als eine der ersten in der CDU hat sie die Bedeutung der Integrationspolitik erkannt; der Bedarf daran zeigt sich in einer Stadt wie Frankfurt natürlich früher als in Kleinstädten oder auf dem Land. In der aufgewühlten Debatte um einen Moscheebau im Frankfurter Stadtteil Hausen positionierte sie sich im Jahr 2007 klar für den Bau und sprach zugleich die Probleme an: Dass Muslime nicht länger in Moscheen beten wollten, die sich in Hinterhöfen befinden, spreche zum einen für ein erfolgreiches Bemühen um Integration, sagte Roth in einer Debatte im Stadtparlament. Bei manchen der Gläubigen bestehe aber eine „Tendenz zu kulturellem Separatismus und zur Entwicklung von Parallelgesellschaften“, die die Stadt nicht hinnehmen könne. In dieser Debatte konnte Roth ihre Fähigkeiten als Moderatorin voll ausschöpfen. Roth steht für eine moderne CDU, eine Großstadt-CDU, pragmatisch und relativ unideologisch.
Zwei weitere Punkte, die — je nach Position — für oder gegen die Ehrenbürgerinwürde für Petra Roth sprechen, werden in den beiden Leserbriefen genannt, die nun folgen: Wiedererstehen eines Teils der Frankfurter Altstadt und der Bau der neuen Nordwest-Landebahn des Frankfurter Flughafens, den Roth, die aus einer Kaufmannsfamilie stammt, möglicherweise hätte verhindern können. Ich füge hier einen alten Link aus jener Zeit hinzu, der ein gewisses Licht auf Roths Rolle in dieser Debatte wirft. In der OB-Dienstvilla am Frankfurter Lerchesberg hat auch Roth tatsächlich nicht wohnen wollen.
Leserbriefe
Sigurd Schmidt aus Bad Homburg meint:
„Im vergangenen Jahr ging am 1. April die Mär um, der Flughafen solle in „Petra-Roth-Flughafen“ umbenannt werden. Nicht wenige Bürger glaubten dies sogar.
Nun war Petra Roth zweifellos nicht nur eine vorzügliche OB in Frankfurt, sondern auch eine exzellente Vorsitzende des Deutschen Städtetages. Gleichwohl stört nach wie vor etwas, dass die Kriterien für die Vergabe der Ehrenbürgerwürde durch die Stadt Frankfurt a.M. nach wie vor nicht eindeutig festgelegt sind. Übrigens ist der Hinweis auf Walter Wallmann als ebenfalls früherer Ehrenbürger nicht sehr hilfreich, denn die Würde wurde Wallmann bereits in einem Zustand beginnender Demenz zugestanden, während üblicherweise von neuen Ehrenbürgern erwartet werden darf, dass sie sich noch aktiv für die Reputation der Stadt einsetzen, die die Ehrenbürgerwürde verliehen hat.
Immerhin hat Petra Roth auch beträchtliche Verdienste um das Wiedererstehen eines weiteren Teils der Frankfurter Altstadt, auch wenn sich ein Teil der Frankfurter Architektenzunft vehement gegen die Restauration der Altstadt ausgesprochen hat.“
Wolfgang Heubner aus Frankfurt:
„Zunächst muss die Frage erlaubt sein, nach welchen Kriterien die Ehrenbürger der Stadt Frankfurt verliehen werden sollte. Die Ehrenbürgerwürde sollte denen verliehen werden, die sich mit besonderem Engagement Verdienste der Stadt und Region erworben haben. Bei Frau Trude Simonsohn und Herrn Friedrich von Metzler halte ich dies auch für absolut gerechtfertigt. Bei einer Oberbürgermeisterin sollte dies von der normalen Pflichterfüllung des Amtes getrennt sein und nur für Verdienste gelten, die über das Amt hinausragen.
Aber welche Verdienste können denn Frau Roth über die normale Pflichterfüllung Ihres Amtes nachgewiesen werden? Außer auf dem Gebiet des Repräsentativen und Atmosphärischen hatte Frau Roth selbst nichts Strategisches vorzuweisen. Reicht dies alleine für eine Ehrenbürgerwürde aus? Ich meine entschieden nein. Insbesondere aus Sicht der Bürger des Frankfurter Südens, ist es Frau Roth gewesen, die den raumunverträglichen Ausbau des Frankfurter Flughafens, trotz vieler Bedenken, massiv unterstützt und eindeutig für die neue Landebahn Nordwest votiert hat. Wie viele wissen, wird den Bürgern des Frankfurter Südens seit dem 21. Oktober 2011 maximal fünf bis sechs Stunden Nachtruhe gegönnt. Dies war Frau Roth, obwohl ihr die durch die Landebahn entstehenden Belastungen der Bürger bewusst waren. Und trotzdem hat sie sich für diese Lösung zum Schaden Frankfurts starkgemacht. Sie hat sogar noch eins draufgesetzt und gesagt, dass jeder, dem es zu laut ist, von seinem demokratischen Recht Gebrauch machen und dort wegziehen kann. Sie selbst wohnt nicht im Frankfurter Süden. Warum wohl?
Eine solche Kandidatin hat die Ehrenbürgerwürde der Stadt Frankfurt nicht verdient!“
Zum Abgang der Frankfurter Oberbürgermeisterin muss eigentlich noch ein letztes Mal gesagt werden: Der Festakt in der Paulskirche zur Verabschiedung von Petra Roth macht so richtig deutlich, dass die Regierenden und die von ihnen Regierten sich völlig voneinander abgehoben haben. Die Herrschenden, wie auch „unsere“ Frankfurter OB können Kritik nicht vertragen, weil sie sich in Allem im Recht fühlen. Petra Roth, die sich im Recht „fühlt, eine „wütende“ Demonstration gegen sie unterbinden zu müssen, verhält sich dabei radikal undemokratisch. Sie, die legitimes Aufbegehren gegen den Fluglärmterror als ideologisch motivierten Grabenkampf abzutun versucht, fühlt sich im Recht, weil so viele wichtigen Leute ihr dieses Recht vermitteln – vorwiegend natürlich aus ihren Parteizentralen, auch grosse Teile von SPD und Grünen sind dabei. Da die Situation für Ihren Abgang so brisant ist, ist „unsere“ Kanzlerin selbst auf dem Plan erschienen – sonst nie bei OB- Rentnern dabei – und alle die, die ihr so heftig applaudierten, leben ganz sicher nicht unter dem allnächtlichen Fluglärmteppich. Petra Roths Verdienste waren immer auch begleitet von einer kaltherzigen Arroganz – wem’s nicht passt, der kann ja wegziehen. Es war zum Verzweifeln, dass eine OB nie mit Ihrem Herzen als Chefin von Aufsichtsräten für Ihre Bürger/ Innen da war, wenn sie sie gebraucht hätten, sondern dass Sie Wirtschaft- und Kapitalinteressen den Vorrang gegeben hatte. Ein Grossprojekt – wie auch die neue Landebahn – wäre nie gegen den Willen einer Grossstadt wie Frankfurt durchzusetzen gewesen, wenn sie als Oberbürgermeisterin es nicht gewollt hätte. Eine Ausrede, dieser Grossprojekte-Terror wäre nicht abzusehen gewesen, ist entweder verlogen oder dumm.
Es ist zu hoffen, dass in Zukunft prekäre Situationen in Frankfurt zu vermeiden sind.