Herr B. aus Kassel schrieb mir neulich: „Lieber Bronski, helfen Sie mir! Ich würde so gern mal einem Glimpf begegnen. Bitte, es ist dringend!“ Na gut, ich schummle ein bisschen, eigentlich wollte er einfach nur wissen, woher das Wort „verunglimpfen“ stammt. Diese Frage wäre in unserer früheren Kolumne „Wörterbuch“ gut aufgehoben gewesen. Weil dies hier kein Wörterbuch ist und auch nicht werden soll, packe ich das Ganze etwas anders an.
Lieber Herr B., das ist nicht ganz so einfach. Der Glimpf, dieses sonderbare Wesen, ist heutzutage leider fast ausgestorben. Es war allerdings mal weit verbreitet. Bei schweren medizinischen Operationen etwa war es über Jahrhunderte hinweg ein gern gesehener Gast. Wenn Patienten zu ihrem Glimpf betäubt wurden, sollte ihnen damit übermäßiges Leid erspart werden; sie konnten froh sein, glimpflich mit einem Brummschädel aufzuwachen. Der Glimpf dürfte auch bei der Erfindung der modernen Betäubungsmittel mitgewirkt haben, die den Holzhammer aus der Mode brachten.
Es gäbe also Grund zur Dankbarkeit. Doch leider kennen wir den Glimpf nur noch von seiner negativen Seite, als Unglimpf. Das ist keineswegs schön für ihn, denn wer wird schon gern verunglimpft, so als Glimpf? Das wäre ungefähr so, als würde man Merkel heißen und würde verunmerkelt, was entfernt etwas mit dem schweizerischen „verunfallt“ zu tun hat und bedeuten würde, man wäre Opfer eines Unmerkels. Und das kann doch niemand ernstlich wollen! Aber ich schweife ab. – Dem Unglimpf ist auch Herr B. bereits begegnet. Er fällt vor allem durch die Abwesenheit von Mäßigung im Betragen gegenüber anderen Menschen auf, ist quasi die geronnene Abneigung dagegen, anderen Übel zu ersparen. Verunglimpft wird, wessen Ehre durch Worte geschmälert werden soll. So schrieb mir ein Leser vergangene Woche, George Bush werde durch Jürgen Trittin verunglimpft. Ich habe geantwortet: Warum sollte Trittin sich dieser Mühe unterziehen? Das besorgt George Bush schon ganz allein.
Kommen wir zu Griechenlands Lesben und Schule. Da hat der Unglimpf nämlich ebenfalls zugeschlagen. In der Reihe „Lichtblick“, die von vielen Leserinnen und Lesern gelobt wird, bringt die FR gute Nachrichten. Irritationen hat allerdings der Beitrag auf Seite 14 der FR vom 6. September ausgelöst: „Griechenlands Lesben und Schule wagen sich vor.“ Da kann man nur sagen: Das wird aber auch Zeit! Wenn nur nicht der Fehlerteufel zugeschlagen hätte. Richtig muss die Überschrift natürlich heißen: „Griechenlands Lesben und Schulen wagen sich vor.“ Es fehlte das Plural-n, nicht wahr?
Übrigens, wenn sie einen Glimpf sehen möchten: Bei einer guten Freundin wohnt einer im Gästezimmer.