Interessen einzelner Akteure

Die EU riskiert einen Handelskrieg mit China – und das nur wegen einer Handvoll von Solartechnik-Firmen, die übrigens überwiegend in Deutschland sitzen. Deutschland – nein, die deutsche Regierung ist jedoch dagegen, dass Zölle auf die Einfuhr von chinesischen Solarpaneelen erhoben werden. Die Preise derselben werden durch chinesische Dumping-Politik – so zumindest der Verdacht – so niedrig gehalten, dass die deutsche Konkurrenz preislich nicht mithalten kann. Etwa die Hälfte der Arbeitsplätze in der deutschen Solarindustrie ist daher schon verschwunden. Dem Rest geht es auch nicht gut. Wegen des hohen Marktwerts der Einfuhren von geschätzt 21 Milliarden Euro pro Jahr ist der Streitfall beispiellos.

Die deutsche Regierung predigt natürlich den Wettbewerb. Und hat sie damit nicht recht? Der Innovationsdruck auf die Solarhersteller wird auf diese Weise natürlich enorm. Sie müssen neue Typen von Solarzellen produzieren, die Wirkungsgrade erhöhen, Speichertechnologie entwickeln, um mit den Chinesen mithalten zu können. Unternehmen, die diese Entwicklung verpennen, verschwinden von der Bildfläche. Unternehmen aber durch Strafzölle auf ausländische Importe schützen zu wollen, kann zu Trägheit und Verstopfung führen. Zumal China für den deutschen Export inzwischen ja so unendlich wichtig ist. Umgekehrt ist die „Blüte“ der chinesischen Solarwirtschaft möglicherweise nicht von Dauer, wenn sie sich auf Massenproduktion verlegt statt auf Innovation.

Aber wenn die Chinesen mit gezinkten Karten spielen? So lautet der Verdacht: Aufgrund von staatlicher Unterstützung können Firmen ihre Produkte unter Wert verkaufen und ihre Konkurrenten also unterbieten. Das ist natürlich nicht gerade im Sinne des Wettbewerbs. Soll man also dagegen einschreiten und Zölle erheben – oder soll man abwarten, bis die hiesigen Hersteller das Problem erledigen, indem sie neue, bessere Produkte entwickeln? Wie lange dauert das? Was kostet das? Haben die Hersteller genug Atem dafür? Bekommen sie die nötigen Kredite von den Banken, wenn sie vielversprechende Projekte verfolgen, oder sagen die Banken von vornherein: Nee, die Chinesen nehmen euch sowieso die Butter vom Brot – wir investieren nicht in Verlustgeschäfte?

FR-Leitartikler Joachim Wille argumentierte gegen die Strafzölle – und ebenso tut dies Leserbriefautor Rasmus Ph. Helt aus Hamburg:

„Die Strafzölle der EU-Kommission klingen wenig nachvollziehbar. Denn erstens entspricht es einem falschen Politikverständnis, die Interessen einzelner Akteure höher als das Gemeinwohl zu gewichten. Und zweitens lässt sich die fehlende Wettbewerbsfähigkeit beim grünen Wachstum viel besser dadurch kompensieren, dass man endlich selbst seine eigenen Vorteile konsequent nutzt. Zumal es mit den Kanarischen Inseln innerhalb der EU eine Region gibt, die sich wie keine zweite auf der Erdkugel zur großflächigen Erprobung von Solar-, aber auch Windenergie eignet. Was allerdings bislang vollkommen verschlafen wurde und weswegen die Präferenzen der Brüsseler Technokraten nicht nur in ökonomischer Hinsicht einen absolut destruktiven Charakter tragen!“

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7 Kommentare zu “Interessen einzelner Akteure

  1. Das Thema PV und Zölle ist schwer zu beurteilen. Eigentlich denke ich, wenn es Regel gibt die bei einer Anzeige zum Ergebnis kommen das Strafzölle zu erheben sind, dann sollte man das tun oder die Regel ändern. Ob das Ganze zielführend ist setzt voraus das man das Ziel benennt das PV erreichen soll. Das Ziel heißt nach meiner Einschätzung PV 2.0. Das bedeutet PV die ohne Förderung vermarktet werden kann. Ob dafür die Strafzölle der richtige Weg sind darf bezweifelt werden. Die Deutsche Solarindustrie oder besser gesagt der Teil davon der sich mit der Herstellung von Solarmodulen beschäftigt muss PV 2.0 erreichen oder untergehen. Wenn wir eine Regierung haben die nach 13 Jahren Förderung aus dem Geschäft aussteigen will obwohl das Ziel so gut wie erreicht ist, dann muss man als Demokrat das halt hinnehmen und zusehen wie die nächsten Jahre ein riesiger Markt im Ausland entsteht. Wie weit PV2.0 noch entfernt ist wird man jetzt in Italien sehen. Italien hat seine PV Förderung gestoppt, sollte aber Rahmenbedingungen haben mit denen PV Strom für <10 Cent erzeugt werden kann. Es wird spannend sein zu sehen ob dieses Preisniveau reicht das PV im Süden von Europa förderungsfrei zu vermarkten ist. Ob das der richtige Zeitpunkt ist die Deutschen Modulhersteller umgehen zu lassen und ob Zölle jetzt der richtige Weg sind den Modulherstellern zu helfen, mag jeder selbst für sich entscheiden.

  2. Seit wann ist das Subventionieren bestimmter ausgewählter Wirtschaftsbereiche (durch Direktzahlungen, oder aber auch durch Steuererleichterungen oder -ausnahmen) ein „Spiel mit gezinkten Karten“? Wäre es das, sollte man vielleicht mal die EU-Landwirtschaftspolitik unter die Lupe nehmen. Importeure von EU-Landwirtschaftserzeugnissen außerhalb der EU müssten dann schleunigst über das Errichten von Strafzöllen für diese Produkte nachdenken.

    Im Übrigen hat man hier den Fall eines typischen Wettrüstens. Der eine subventioniert, der andere erhebt Strafzölle, woraufhin der andere noch mehr subventioniert, um zur Erzielung eines konkurrenzfähigen Marktpreises die Strafzölle auszugleichen, woraufhin die Strafzölle dann noch mehr angehoben werden, woraufhin die Subventionen weiter steigen… bei solch einem Wettrüsten ist allerdings die Seite, die die Strafzölle verteilt, im Vorteil, denn die Zölle können beliebig hoch sein, die Subventionen aber nicht, denn mehr als zu 100% subventionieren, also das Produkt zu verschenken, geht nunmal nicht.

    Die EU-Bürokraten jedenfalls sind mit Jammern schnell bei der Hand, wenn irgendwo anders der freie Handel mit EU-Produkten behindert wird. Dann heißt es ganz schnell, daß die Behinderung des freien Handels langfristig und summa summarum für den Nachteile bringt, der kurzfristige Vorteile daraus ziehen möchte. Will man selber mal den freien Handel behindern, scheinen solcherart Argumente ganz plötzlich vergessen. Demenz? Oder hält man die Chinesen für gutmütige Trottel, die sich nicht so zu wehren wissen, daß am Ende Europa insgesamt den kürzeren zieht?

    In dieser Sache liegt übrigens ein Hinweis verborgen, was denn unsere Politiker immer meinen, wenn sie als Argument für ein gemeinsames Europa die Behauptung aus dem Hut holen (was sie ungefähr alle 5 Minuten machen), daß nur ein gemeinsames Europa wirtschaftlich in der künftigen Welt bestehen kann, in der andere Großakteure wie USA und China agieren, sowie weitere aufstrebende Nationen in die wirtschaftliche Schwergewichtskategorie drängen.

    Wer beabsichtigt, Handelskriege zu führen, der muß so argumentieren, denn für solche Handelskriege ist der finanzielle Atem wichtig, der umso größer ist, je mehr Nationen sich zu einer kriegführenden Einheit zusammenschließen. Statt diesen Sachverhalt dann in der bekannten Weise (blah…können die wirtschaftlichen Herausforderungen der globalisierten Welt künftig nur mit einem geeinten Europa bestehen…blah) zu präsentieren, also schönfrisiert und gut parfümiert, sodaß unzählige Bürger das problemlos nachplappern, weil sie gar nicht richtig begreifen, was damit gemeint ist, sollten die Politiker ihn deutlicher formulieren: „Wir brauchen Europa auch deswegen, um künftige Wirtschafts- bzw. Handelskriege wirksamer führen zu können, entweder, wenn wir angegriffen werden, oder wenn wir angreifen wollen (natürlich ausschließlich mit dem hehren Ziel der Sicherung von Arbeitsplätzen).“ Man kann sich aber denken, warum sie darauf verzichten, das den Menschen so ungeschönt zu sagen. Die gedankenlose Nachplapperei bei vielen Bürgern in Sachen pro Europa könnte dann ins Stocken kommen, denn das Wort „Krieg“ erzeugt im allgemeinen Nachdenklichkeit, selbst da, wo bisher keine war.

  3. #Hans Ja, ein sehr gutes Beispiel dafür, dass weniger Subventionen über den Erfolg eines Geschäftsmodells entscheiden, sondern, dass man nach den bestmöglichen allgemeinen Rahmenbedingungen sucht und jene optimal nutzt. Weswegen gerade für die deutsche Solarbranche, die selbst in der Vergangenheit nicht wenig Subventionen erhalten hat, kein Grund zum Jammern besteht, sondern sich jene standorttechnisch einfach nur weiterentwickeln muss.

    #Max Wedell Vom spieltheoretischen Ansatz haben Sie Recht. Allerdings dürfte es bei den Brüsseler Muskelspielen auch darum gehen, nicht nur nach Außen gegenüber China, sondern auch nach Innen gegenüber den eigenen Mitgliedsländern seine Macht zu demonstrieren. Da gerade im Zuge der Eurokrise, bei der die wichtigsten Entscheidungen über die nationalen Regierungschefs oder die EZB laufen und nicht wenige Menschen die europäische Zentrale zunehmend als überflüssig und träge empfinden, sich eine Institution wie die EU-Kommission besonders beweisen muss.

  4. zu @ 4 Rasmus Heldt
    Es hat aber vorher die Förderung gebraucht, sonst wäre PV nicht soweit gekommen das im Süden jetzt diese Art der Energieerzeugung förderungsfrei seinen Weg gehen kann. Subventionen sollten öfters so eingesetzt werden wie bei PV. So das sie letztlich nur eine Anschubfinanzierung darstellen und Marktentwicklungen zulassen. Deshalb ist auch das EEG besser, als die Lösung von den angeblich der freien Marktwirtschaft nahestehenden Parteien, die in diesem Fall sich der Planwirtschaft mit einem Quotenmodell zuwenden wollen. Das Quotenmodell ist wieder gut für die Großen die eins sicher nicht wollen Wettbewerb.

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