Stigmatisierung der AfD als gemeinsames Ziel

Die „Alternative für Deutschland“ hat sich ein Parteiprogramm gegeben. Sie ist also auf dem besten Weg, eine etablierte Partei zu werden — mit teils rückständigen Positionen, mit denen sie sich jenen Wählerinnen und Wählern andienen will, die das ablehnen, was der Co-Vorsitzende Jörg Meuthen als „links-rot-grün versifftes 68er Deutschland“ bezeichnet hat. Hier gibt es die ganze Packung (das AfD-Programm als pdf-Datei, 78 Seiten lang), hier die Kurzform und hier die Einordnung im FR-Leitartikel von Thomas Kröter. Wie sollen die etablierten Parteien nun mit der neuen Gefahr von rechts umgehen, die bei ihren Stammwählern wildert? Auch die Wählerschaft der SPD und der Linken ist betroffen. FR-Leser Klaus Philipp Mertens sagt in einem Leserbrief, der noch vor den Berichten über das Parteiprogramm entstand:

Stigmatisierung der AfD als gemeinsames Ziel

von Klaus Philipp Mertens, Frankfurt

.

Wer die vorliegenden Wahlprogramme der AfD auf ihre Kernaussagen hin untersucht, wird zwangsläufig zu der Erkenntnis gelangen, dass sie auf breitestem Nichtwissen quer durch sämtliche Kultur-, Staats- und Naturwissenschaften beruhen. Auf der Grundlage dieser Defizite wird systematisch ein Konstrukt aus Vorurteilen entwickelt. Eigentlich fehlen nur noch die Forderung nach der Wiedereinführung der Nürnberger Gesetze (Gesetz zum Schutz des deutschen Blutes und der deutschen Ehre, Reichsbürgergesetz, Reichsflaggengesetz) sowie Handlungsanweisungen à la Wannseekonferenz (Endlösung), damit endgültig eine neue völkische Ideologie entsteht. Die Grundlagen eines anti-solidarischen und undemokratischen Ständestaats hat diese Partei, wie man ihren offiziellen Stellungnahmen und verbreiteten Programmaussagen entnehmen kann, längst verinnerlicht und in ihren Forderungskatalog übernommen.
Dass die AfD in einigen Landtagen vertreten ist, also nach demokratischen Regeln gewählt wurde, ist für mich kein Qualitätsbeweis. Adolf Hitlers Schläger- und Mördergruppe wurde in der Reichstagswahl vom 5. März 1933 ebenfalls demokratisch gewählt. Es sollte die letzte Reichstagswahl sein, an der mehr als eine Partei teilnehmen konnte.
Mit solchen Volksvertretern kann man nicht reden, geschweige denn inhaltlich verhandeln, weil jede mit ihnen erzielbare inhaltliche Einigung eine Preisgabe demokratischer Güter darstellen würde. Die Empfehlungen des Mediators, des Medienpsychologen und des Wirtschaftsberaters für den Umgang mit AfD-Mandatsträgern erscheinen mir darum als beängstigend naiv. Denn sie bewegen sich durchweg auf Konfliktebenen, die mit der realen politischen Situation nichts gemeinsam haben. Die Demokratie benötigt um ihrer Selbsterhaltung willen dringend eindeutiger Tabus. Also klare Kennzeichnungen dessen, was trotz aller notwendigen Pluralität und allem gebotenen politischen Streit nicht mehr akzeptabel ist. Die Stigmatisierung der AfD muss zum gemeinsamen Ziel aller demokratischen Parteien werden.
Um die Wähler der AfD, die ihren Protest gegen die anderen Parteien manifestieren wollten, wird man sich kümmern, sich ihrer Sorgen annehmen müssen. Vorausgesetzt, es geht ihnen um Gerechtigkeit und gleichberechtigte Teilhabe am Gemeinwesen. Und nicht um die Durchsetzung rassistischer und anderer Vorurteile.

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36 Kommentare zu “Stigmatisierung der AfD als gemeinsames Ziel

  1. Jetzt hat die AfD ihre fremdenfeindlichen und religionsfeindlichen Positionen für jeden nachlesbar in ihrem Grundsatzprogramm zementiert. Egal wer in Zukunft in dieser sogenannten Partei tonangebend sein wird, es besteht dort Einigkeit über die dumpfen, minderheitenfeindlichen rechtsextremen Parolen, die sich in diesem Land schon seit geraumer Zeit erschreckend häufig wiederholen. Es ist die geistige Unkultur, die den Humus für Übergriffe auf Flüchtlingsunterkünfte, Demokraten und Minderheiten darstellt. Leider wird man das Gefühl nicht los, dass die auf dem AfD Parteitag in Stuttgart zu hörenden Parolen auch einer Enthemmung entspringen, die in jüngster Zeit in der Bundesrepublik vernehmbar ist. Es gab bisher in diesem Lande wohlbegründete Tabus, die die politische Auseinandersetzung bei uns bestimmten. Es sind die Tabus der Menschlichkeit und der Demokratie. Doch für die AfD und andere rechte Kreise hat sich das Hinwegsetzen über diese berechtigten Tabus jetzt offensichtlich zum Programm entwickelt. Die AfD hat auf diesem Parteitag erneut gezeigt, welche Geringschätzung sie der in unserem Grundgesetz verbrieften Religionsfreiheit entgegenbringt. Das Stuttgarter Treffen der AfD ist ein Dokument dafür, dass die Rechtspopulisten und Rechtsradikalen mit den Werten dieser Verfassung, nichts aber auch rein gar nichts im Sinn haben. Es wird höchste Zeit, dass sich die demokratische Zivilgesellschaft über alle Strömungen hinweg zu einem gemeinsamen Vorgehen gegen die AfD und deren Vorfeldorganisationen wie etwa Pegida zusammenschließt, um die Demokratie zu verteidigen.

  2. Dass die AfD, wie Manfred Kirsch richtig feststellt, „fremdenfeindlichen und religionsfeindlichen Positionen“ nun auch offiziell den Segen erteilt hat, dürfte außer Frage stehen. Ebenso, dass eine wehrhafte Demokratie sich solcher Tendenzen rechtzeitig zu erwehren hat. – Aber mit dem Mittel der „Stigmatisierung“, wie Klaus Philipp Mertens meint?
    Wikipedia verweist dazu, z.B. bei der „Stigmatisierung psychisch Kranker“, auf einen „Teufelskreis“: „Randgruppen werden stigmatisiert, Stigmatisierung führt zu Ausgrenzung und Randgruppenbildung.“ Und es folgt der Hinweis: „Die Menschenrechte in der Tradition der europäischen Aufklärung widersprechen u.a. der Stigmatisierung von Personen und sollen ihr entgegenwirken.“
    Und das soll ein Mittel des Rechtsstaats zur Abwehr Radikaler sein?

    Hilfreicher ist da schon ein Witz, der in Ariane Mnouchkines Theaterversion von „Mephisto“ im „Théâtre du Soleil“ zum Besten gegeben wird. Da wird auf einen Mann verwiesen, der wegen eines Witzes im KZ landete. Dabei habe er doch nur Positives über Deutsche gesagt. Die hätten nur positive Eigenschaften: Sie seien intelligent, ehrlich und Nazis. Das Problem sei freilich, dass nie alle drei Eigenschaften zusammenträfen. Entweder seien sie intelligent und Nazis, aber nicht ehrlich, oder Nazis und ehrlich, aber nicht intelligent. Oder aber intelligent und ehrlich, aber keine Nazis.

    Das Beispiel ist übertragbar, ohne einer direkten Gleichsetzung das Wort zu reden: Wie steht es wohl mit der Ehrlichkeit von jemandem, der offen Vorurteile nazistischer Provenienz bedient und sich zugleich darüber echauffiert, mit Nazis verglichen zu werden? Wobei keineswegs ausgemacht ist, dass dieser Vergleich zu Ungunsten der Nazis ausgehen muss – zumindest nicht in Hinsicht auf deren Entstehung. Deren Anhänger können zumindest darauf verweisen, dass sehr viele von ihnen ökonomisch und sozial ganz real vor dem Abgrund standen, und nicht nur eingebildet. Ebenso wenig eingebildet war in psychologischer Hinsicht die vorausgehende tiefgehende nationale Demütigung, die Neonazis von heute nicht im Entferntesten für sich in Anspruch nehmen können.
    Dennoch erscheinen solche Vergleiche wenig zielführend und überflüssig. Schließlich liest sich das neue AfD-Programm geradezu als Aufforderung, es als Wünsch-dir-was-Wundertüte für „Wutbürger“ zu entlarven, die zwischen Selbstverliebtheit und Selbstmitleid, zwischen Wirklichkeitsverdrängung und Größenwahn oszillieren. Und dazu bedarf es weder einer „Stigmatisierung“ noch fragwürdiger Vergleiche, sondern lediglich der Fähigkeit, zwei und zwei zusammenzuzählen und sich nicht ein X für ein U vormachen zu lassen.

    Beispiel:
    12.1: „Klimaschutzpolitik“: Wissenschaftliche Nachweise der Umweltbelastung durch CO2-Emissionen sind reiner Humbug, Wissenschaftler alles Scharlatane und die durch Peking geisternden Massen mit Gesichtsmasken offenbar entlaufene Marsmännchen. Denn – so wissen die AfD-Alleswisser zu berichten – CO2 sei „unverzichtbarer Bestandteil allen Lebens“. Wie ja wohl auch Wasser – solange es nicht als Tsunami daherkommt. – Welch überzeugender Nachweis für Intelligenz!
    Oder:
    11.4: “ Gewerbe-, Vermögen- und Erbschaftsteuer abschaffen“: Könnte es sein, dass eben noch Krokodilstränen für die von bösen „Wirtschaftsflüchtlingen“ bedrohten „Unterprivilegierten“ dieses Landes vergossen wurden? Für die nun kaum mehr als „Aktivierende Grundsicherung“ übrig bleibt, die „Arbeitsanreiz“ sicherstellen soll. – Welch überzeugender Nachweis für ehrliche Anteilnahme an deren sozialen „Ängsten“!

    Die Beispiele könnten fast beliebig weitergeführt werden. Freilich bleibt auch hierbei eine entscheidende Frage unbeantwortet: Was eigentlich den Reiz von gelenkten Wutausbrüchen, kombiniert mit Eintopfrezepten aus der nationalistischen Giftküche zur Verschleierung totalitärer Tendenzen ausmacht, wie moderne „Wutbürger“, die noch nicht allen Verstand an der Garderobe vor der Wahlkabine abgegeben haben, sich daran erwärmen können. Die Psychologie spricht hierbei von „Regression“, die ja bis zu frühkindlichen Verhaltensweisen, etwa der „Trotzphase“, führen kann und nach Wilhelm Reich – und erwiesenermaßen – auch als Massenphänomen denkbar ist.
    Was aber noch nicht die Frage nach den auslösenden Faktoren beantwortet.

  3. Stimme Werner Engelmann zu , Stigmatisierung macht sie nur stärker.
    Ich würde eher eine „Filetierung“ vorschlagen.
    Nehmt ihnen die Themen weg , die sie zurecht ansprechen , verleibt sie euch ein , findet eigene (!!) Antworten dazu und lasst sie mit dem restlichen Mist alleine.
    Dabei darf auf gar keinen Fall der Fehler gemacht werden , gleich das ganze Paket zu kaufen und den Rechten nachzuplappern , wie es vor allem CSU und SPD gerne machen.
    Beispiel:
    Ist das Thema Migration berechtigt? Ja , das Schweigen hat die AfD erst hervorgebracht.
    Droht eine Islamisierung Europas ? Nein , aber es gibt gewisse Probleme im direkten Zusammenleben , die diskutiert werden sollten.
    Gibt es einen pauschalen Islam , der uns feindlich gegenübersteht?
    Unfug , es gibt aber eine größere Minderheit im Islam , der tatsächlich so denkt .
    Der dumme Fisch fühlt sich wohl im trüben Wasser , Aufklarung schätzt er nicht so sehr.
    Also geht ihnen auf den Keks mit Differenzierung , das ist das schlimmste , was wir ihnen antun können .

  4. @ Herr Engelmann:
    Zu Ihrem Hinweis zu 12.1:
    Sie glauben also wirklich, die Schutzmasken tragenden Menschen in Peking täten das wegen der CO2-Emission? Erstaunlich!

  5. @ Katja Wolf, 5. Mai 2016 um 15:06

    Zugegeben: Meine Äußerungen zu „Klimaschutzpolitik“ nach AfD-Diktion sind durchaus polemisch. Etwas anderes fällt mir dazu nicht ein angesichts einer unverantwortlichen Verabsolutierung der eigenen „persönlichen und wirtschaftlichen Freiheit“ (ebd.), die keinerlei Einschränkung dulde, und möge die Welt dabei auch vor die Hunde gehen.
    Immerhin hätte sich daraus eine schöne Gelegenheit ergeben, mich (und damit auch den Weltklimarat und alle Ökologen) mit Argumenten eines Besseren zu belehren. Ihnen fällt aber nichts Besseres ein, als jemandem, der sich bereits 1980 mit dem Thema „Smog“ (erste Smogalarme in Berlin) auseinandergesetzt hat, totale Ahnungslosigkeit zu unterstellen. Dass Sie dafür wieder eine Manipulation benötigen, indem Sie aus einer Aufzählung einen kausalen Zusammenhang herauslesen, spricht für sich.
    Wer einen anderen wegen sprachlicher Äußerungen überführen will (wogegen ich im Prinzip ja gar nichts habe), sollte sich wenigstens bei der Interpretation der deutschen Grammatik sicher sein.

  6. Ich denke das die wenigsten AFD Wähler das Parteiprogram dieser Partei lesen oder gelesen haben. Diese Partei ist entstanden aus der Summe der Fehler die von den anderen Parteien gemacht worden sind. Als letztes Beispiel ist im Rahmen des VW Dieselskandals bekannt geworden das es völlig legal ist und auch gemacht wird die Abgasreinigung bei einer Temperatur von unter 20 Grad C. abzuschalten. Wenn das so ist warum hat man dann eigentlich noch eine ? Sie ist ja viel mehr Stunden im Jahr abgeschaltet als in Betrieb. Mein erster Gedanke war als ich das hörte: Wie viele Leute muss man wohl bestechen um so eine Regelung ins Gesetz zu bekommen. Was aber wirklich passiert ist das die Summe solcher Entscheidungen das Vertrauen in die handelnde Politik zerstört. Da ist die TTIP Sache auch ein Beispiel das da kein Vertrauen mehr da ist. Das führt zu solchen Ergebnissen wie die AFD und damit ist wohl klar was sich ändern müsste.

  7. Heute steht in der FR auf Seite 3 eine Grafik. Es geht um die Entwicklung der Rentenausgaben in Prozent zum Bruttoinlandprodukt. Diese Zahl belegt das die ganze Rentendiskussion falsch ist und die Bevölkerung von ihren Vertretern im Bundestag der Versicherungswirtschaft zum Fras vorgeworfen worden ist. Das Ganze hat auch noch eine SPD geführte Regierung als erstes getan und dann wundert man sich das so etwas wie die AFD entsteht?

  8. @ Herr Engelmann, am besten, Sie spielen mit sprachlich offenen Karten und erläutern mir Ihr Marsmenschen-Beispiel nochmal sprachlich und grammatikalisch in einfacher Sprache.
    Wenn Sie aber in diesem Zusammenhang wieder auf den Klimarat zu sprechen kommen, auf den ich hätte eingehen sollen, kann ich Ihnen angesichts angeblicher reiner Polemik überhaupt nicht mehr folgen.
    Nun -meinem Beitrag konnte zwar nicht entnommen werden, ob ich an einen menschengemachten Klimawandel glaube oder nicht – Sie haben mir aber das zutreffende unterstellt.
    Dafür habe ich aber keiner AfD bedurft. Gerne belehre ich Sie, in den ich auf meine Beiträge im FR-Blog Climagate hinweise (er sollte noch aufrufbar sein), wo ich dazu sehr ausführlich getritten habe.

  9. Die Auseinandersetzung zwischen Katja Wolf und Werner Engelmann hat mich veranlasst doch mal in das Parteiprogramm der AfD schauen. Ich habe nicht alles gelesen, aber ich glaube genug.
    Es scheint ein grosses Sammelsurium zu sein. Jeder der gegen etwas oder für etwas ist, durfte wohl etwas beisteuern. Für jeden ist etwas dabei: auch wer gegen TTIP, für Linux oder für den Mindestlohn ist, findet etwas für sich.
    Ich sehe keine grosse Linie und die Widersprüche könnten sicher noch manchem Kabarettisten das Einkommen sichern.
    Die AfD schreibt im Klimaschutzpolitik Unsinn, aber nicht den Unsinn, den W.Engelmann dort sieht.
    Die AfD fordert nicht die Verabsolutierung der persönlichen und wirtschaftlichen Freiheit. Sie wendet sich gegen die Abschaffung der Freiheit durch eine Öko-Diktatur («Grosse Transformation»). Nur ist schon mal sehr zweifelhaft, ob dies in der Studie zur «Grossen Transformation» überhaupt gefordert wird. Ausserdem hat die Bundesregierung nicht die Absicht diese Transformation durchzuführen.
    Es wird also ein Problem beschrieben, das es nicht gibt und man empfiehlt sich als Problemlöser dieses Problems.

  10. AfD, Pegida und Co sprechen, nein: schreien lauthals, über die von ihnen so benannte „Lügenpresse“. Warum eigentlich? Mutmaßlich doch, weil ihre faschistoiden Sprüche dort nicht verbreitet werden. Dieses Stigma der Demokraten scheint zu wirken, auch wenn es ausgerechnet im Bereich des öffentlich-rechtlichen Rundfunks Brüche aufweist (z.B. Talkshows, zu denen um der Quote willen auch Vertreter der AfD-Bande eingeladen werden). Man fühlt sich deklassiert, an den Rand gestellt, als nicht gesellschaftsfähig abgestempelt. Und so soll es sein. Ein Diskurs ist mit diesen Menschen nicht möglich (mangels Kenntnissen, Bildung und Charakter). Auch mit Recep Tayyip Erdoğan kann man nicht über Demokratie und Menschenrechte diskutieren. Das lässt ihn kalt, es sei denn, man bezeichnet ihn als Primitivling. Dann rastet er aus; denn als einen solchen sieht er sich ganz und gar nicht.

    Wer sich mit der Geschichte der undemokratischen Sprache beschäftigt, beispielsweise das „Wörterbuch des Unmenschen“ von Dolf Sternberger, Gerhard Storz und Wilhelm E. Süskind oder Victor Klemplerers „Lingua Tertii Imperii“, zur Hand nimmt, stößt auf jene Strategie, die in Goebbels‘ Giftküche entwickelt wurde. Nämlich bürgerliche Freiheiten und Humanität bereits durch den Gebrauch herabwürdigender Sprache zu diskreditieren. So wurden beispielsweise Ehepaare, die beide einer Erwerbsarbeit nachgingen, als Doppelverdiener bezeichnet. Ein Begriff, der in bildungsfernen und konservativen Schichten noch heute gebräuchlich ist (der Schoß, aus dem die AfD gekrochen kam, verfügt bekanntlich über eine lange schwarz-braune Tradition). Das vorliegende Parteiprogramm der AfD weist solche Diskriminierungen durch Sprache bzw. durch bewusste Fehldeutungen (vor allem im Sozialbereich) in Hülle und Fülle auf. Und setzt damit jenen Mittelschichten-Ungeist fort, der Empfänger von Sozialtransfers als Schmarotzer bezeichnet.

    Es gehört an manchen Stammtischen und Gasthaustresen zum guten Ton, sich seiner im Straßenverkehr begangenen Ordnungswidrigen zu brüsten. Ich frage dann regelmäßig zurück, ob man sich bereits zur Gruppe der Kleinkriminellen zählen würde (zumeist muss ich dann die Flucht antreten). Manche Mitmenschen sind auch stolz darauf, keine Bücher zu lesen, man besäße zu wenig Zeit. Ich schlage in solchen Fällen vor, einen Alphabetisierungskurs zu beginnen, diese Zeit sei gut investiert. Kurzum: Dreistigkeit und Dummheit sind so lange gesellschaftsfähig, bis ihnen nicht widersprochen wird. Wer nicht mehr auf Beifall hoffen darf, wenn er einen ordinären, rassistischen oder sexistischen Witz erzählt, unterlässt es. Auch ein regelmäßiger Bordellgänger behält seine Leidenschaft für sich – es fehlt ihr der gesellschaftliche Konsens, das Stigma wirkt. Wer wegen seiner Mitgliedschaft in der AfD oder seines Votums für diese Gruppe mit der herabsetzenden Verachtung der anderen rechnen muss, verstummt und wird bald wieder zum Mitläufer einer Mehrheitsgesellschaft (auf eine Bekehrung oder Umkehr ist nicht zu hoffen).

  11. @Klaus Philipp Mertens

    Sie haben insoweit recht , daß die AfD keine Chance hätte , würde sie nur mit verstaubtem Zeug von gestern aufwarten können .
    Das Problem aber ist , daß man es ihr leicht macht , auch Themen aufzugreifen , die ihre Berechtigung haben und die von den etablierten Kräften übergangen werden.
    Das war schon bei den Nazis so , die sind nicht wegen ihrer tollen Ideologie so groß geworden , sondern durch das massive Versagen der demokratischen Kräfte – in Weimar auch der Kommunisten – und , nicht zu vergessen , ihrer großen Strategiefähigkeit.
    Wir sollten nicht nur aufs Programm gucken , der populisitische Aspekt ist mindestens genauso wichtig , die gehen einfach dahin , wos was zu holen gibt , und wenns ihnen nützt , werden sie das Gegenteil dessen tun , was heute in ihrem Programm steht.

  12. @ DH, 8. Mai 2016 um 1:34

    Ich stimme Ihrer Einschätzung zu, sowohl was das Versagen der demokratischen Kräfte als wesentlicher Ursache für die AfD angeht als auch was die relative Bedeutung ihres Programms betrifft. Dennoch einige Ergänzungen.
    Der Vergleich mit dem Versagen demokratischer Kräfte stimmt zwar, aber nur bedingt. Dies bestand in den 30er Jahren vor allem darin, dass sich Kommunisten und Sozialdemokraten gegenseitig als Hauptfeind ansahen und sich bis aufs Messer bekämpften, vor allem in der unseligen Sozialfaschismus-These. Davon kann heute keine Rede sein. In der Wahrnehmung von Rechtsaußen scheint eher mangelnde Unterscheidbarkeit zwischen SPD und CDU eine wesentliche Rolle zu spielen.
    Parteiprogramm: Hier stimme ich der Einschätzung von Flessner als „Sammelsurium“ zu. Dies bietet sicher einen Ansatzpunkt für Kritik, aber nicht den entscheidenden. Bemerkenswert auch hier zwei Parallelen zur NS-Programmatik: Auch dies war eklektisch und basierte nicht auf einer in sich kohärenten Weltanschauung. Und es war gekennzeichnet durch einen eklatanten Widerspruch zwischen antikapitalistischer Phrase (inhaltlich weitgehend identisch mit Antisemitismus) und tatsächlichem Bündnis mit dem Großkapital („Harzburger Front“). Ein ähnlicher Widerspruch ist auch bei der AfD zwischen Anbiederung an sozial „Benachteiligte“ bzw. Ausspielen derselben gegen Flüchtlinge und neoliberalen Politikvorstellungen erkennbar. Dies gilt es sehr wohl herauszuarbeiten. Der Hinweis in Punkt 12.1 („Klimaschutzpolitik“) auf „persönliche und wirtschaftliche Freiheit“ (hier widerspreche ich Henning Flessner) scheint mir sehr wohl ein Hinweis darauf zu sein, umso mehr als die absurden Vorschläge zu Umweltfragen ganz auf den wirtschaftlichen Aspekt ausgerichet sind („würde den Wirtschaftsstandort schwächen und den Lebensstandard senken“).
    Wichtiger als die Auseinandersetzung mit einzelnen Programmpunkten scheint mir aber die Entlarvung des ganz auf Bauchgefühle setzenden Politikstils zu sein, der bei verschiedensten Themen bestimmend ist: die Polarisierung zwischen einer diffusen, emotional aufgewerteten, auf kritiklose Identifikation gerichteten „Wir“-Gruppe („Wir sind das Volk“) und den „anderen“/Fremden: Flüchtlinge, Islam, Linke, Merkel-Unterstützer, Establishment, AfD-Kritiker, EU. Und dies gekoppelt an hoch emotionalisierten und ad personam gerichteten Sprachstil, der einen konstruktiven Dialog von vornherein ausschließt und auch ausschließen soll. Erkennbar z.B. an Auskunftsversweigerung bei gezielten Nachfragen, so etwa Frau Petry heute bei Anne Will (z.B. zur Einschätzung von der Einstellung von Moslems zu Demokratie).
    Bemerkenswert in diesem Zusammenhang auch die Hilflosigkeit renommierter Moderatoren wie Anne Will (auch Plasberg) gegenüber derart aggressiven Diskussionsteilnehmern: Geradezu peinlich zu beobachten, wie Frau Petry unter 6 Teilnehmern etwa 50 % der Redezeit eingeräumt wurde und die Kameraführung den Zuschauern bei Beiträgen von anderen deren widerliches Dauergrinsen zur Untermalung zugemutet wurde.
    Es wäre schon etwas gewonnen, wenn Talkmaster es lernten, mit solchen Situationen umzugehen und Menschen wie Petry den Unterschied zwischen einem AfD-Parteitag und einer Talkrunde klarzumachen verstünden.

  13. @ Klaus Philipp Mertens
    Gerade Ihr Beispiel des Bordellgängers zeigt doch, dass die Stigmatisierung oder Ächtung einer Verhaltensweise oder einer Lebenseinstellung nicht zielführen ist. Der Kontakt zum Rotlichtmilieu ist in bürgerlichen Kreisen verpönt, man spricht nicht darüber, sondern tut es im Verborgenen. Man schaue sich nur den boomenden Wirtschaftszweig der Prostitution an, für den ständig freiwillige und unfreiwillige Frauen als Nachschub „eingeführt“ werden. Das Totschweigen kann das Problem nicht lösen, auch nicht bezüglich politischer Einstellungen. Da kann ich nur Werner Engelmann und DH zustimmen: Aufklärung tut Not; und die Bekämpfung sozialer Probleme durch die etablierten Parteien.

  14. @Engelmann
    „Versagen der demokratischen Kräfte“
    ??
    Lieber Herr Engelmann, da muß ich widersprechen.
    Es gibt ein überwältigende Menge von aufrechten Demokraten, die dem rechten Treiben entgegentreten, es gibt ein große Menge aufrechter Wähler, die den rechten Treibern keine Stimme geben, es gibt auch eine große schweigende Mehrheit, die überschrieen wird.

    Es ist das alte Dilemma: Extremismus kann man nur mit Differenzierung begegnen, Lärm nur mit Stille.

  15. @ BvG, 9. Mai 2016 um 22:10

    „Versagen der demokratischen Kräfte“
    – Vielleicht haben Sie das in der Verkürzung einfach missverstanden. Ich habe den Begriff von DH im Kontext von Weimar einfach übernommen. Da bezieht er sich auf die Parteienlandschaftin Weimar, insbesondere auf Parteiführung von Sozialdemokraten und Kommunisten. Letztere übernahmen bekanntlich die Sozialfaschismusthese kritiklos von der KPdSU. Solches Verhalten, das die Zeichen der Zeit nicht erkennt, ist damit gemeint. Natürlich nicht das von „aufrechten Demokraten, die dem rechten Treiben entgegentreten.
    Freilich sollte nicht übersehen werden, dass es auch damals „aufrechte Demokraten“ gab (ich denke z.B. an Matthias Erzberger), die freilich keine Chancen bekamen und zu Sündenböcken gemacht wurden.
    Eben deshalb ist es sinnvoll, aus Geschichte zu lernen – was freilich auch heißt, vereinfachende Gleichsetzungen zu vermeiden.

  16. @Werner Engelmann

    Mit dem „Versagen demokratischer Kräfte “ hebe ich mich ungenau ausgedrückt und habe die Konservativen genauso mit gemeint , Sie haben aber Recht , daß das so nicht stimmt , bestenfalls das Zentrum war wirklich demokratisch .
    Die SPD hat zwar Weimar unterstützt , hat aber dennoch versagt , was die Unterstützung der sozial Benachteiligten angeht , das ist dann schon eine Parallele zu heute , die nicht ganz ungefährlich ist , Rechtspopulismus ist ohnehin primär ein Problem sozialdemokratischer Milieus , die AfD ist da – noch – eine Ausnahme , weil sie noch stark beeinflusst ist von der neoliberalen Lucke-Fraktion .

    Ich sehe es wie Sie , daß das Programm wichtig ist , aber man darf sich nicht darauf versteifen , erkennbar allleine schon daran , daß der größte Teil der AfD-Wähler offen bekennt , kaum eine Ahnung vom Programm zu haben.

    Auch die Nazis werden überschätzt , insbesondere Hitler selber , was die Überzeugungen angeht , nur zum Teil waren sie Überzeugungstäter , Vieles jedoch war gezielt darauf ausgerichtet , populistisch zu wirken , sich also den Vorstellungen eines weiten Bevölkerungsteils anzugleichen.

    Von den aktuellen Moderatoren ist nichts Anderes zu erwarten , die wurden in ihre Posten gehievt , um eine allzu kritische Auseinandersetzung mit den Folgen des Kapitalismus zu verhindern , wie sollen solche Leute gegen Rechte etwas ausrichten , die gestählt sind durch Anfeindungen und die die strategisch gut aufgestellt sind ?

  17. „was der Co-Vorsitzende Jörg Meuthen als „links-rot-grün versifftes 68er Deutschland“ bezeichnet hat“

    Naja, solche wie der sind wohl undeutsch.

  18. Werner Engelmann
    6.Mai

    Schicken Sie Ihren Text an das an die Tatort Drehbuch-Autoren als Drehbuch für Professor Börne.
    Würde haargenau 1 :1 passen.
    Entschuldigung ich habe mich wirklich inden Münster-Tatort versetzt gefühlt.
    Einfach spaßig.

  19. Mööp
    Hätte man ja kaum geglaubt, daß der „antifaschistische Schutzwall“ nach innen gerichtet war.
    Danke, Honecker, daß Du uns so lange Jahre vor dem Mob geschützt hast…

  20. Katja Wolf
    26. Mai
    Herr Engelmann ist leider (überhaupt) nicht witzig. Vor allem weiß er alles …. besser, und das macht die Diskussion mit ihm relativ schwierig.
    Er sollte aus dem selbsterschaffenen Olymp zu uns einfachen Sterblichen herabsteigen, schlicht auch ein Sterblicher werden und uns nicht immer wieder belehren wollen.
    Dann würde einiges einfacher.
    Sorry Herr Engelmann, das musste einmal gesagt werden.
    Ihre Präsenz erstickt andere Meinungen.

    Herr Bronski,

    Sollte meine Meinung ungebührlich sein, dann löschen Sie sie einfach, ich wäre Ihnen nicht böse, wüsste jedoch wo ich dran wäre.
    Herr Engelmann dominiert des blog zu sehr. Aber das ist nur meine unmaßgebliche Meinung. Auch ein Herr Engelmann kann irren.

  21. @ runeB

    Ich schalte Ihren Kommentar frei, aber ich vermisse darin die Auseinandersetzung mit Herrn Engelmanns Argumenten. Sie beschweren sich lediglich darüber, dass Engelmann zu Ihnen wie zu einem einfachen Sterblichen aus einem selbsterschaffenen Olymp spreche, aber das ist kein Argument, sondern allenfalls eine Beschwerde. Aber bitte, wenn Sie diese Rolle des einfachen Sterblichen gern annehmen wollen … Mir wäre es lieber, wenn Sie die Probleme benennen würden, die Sie mit Engelmanns Argumenten haben. Und wenn Sie meinen, dass auch ein Herr Engelmann sich irren kann – woran er selbst, wie ich glaube, nicht den geringsten Zweifel hat -, dann sagen Sie doch bitte, wo er denn Ihrer Meinung nach irrt.

  22. @ Herr Engelmann:
    inwieweit sind Ihrer Ansicht nach die Vorschläge der AfD zur Energiepolitik (weitere „Umweltfragen“ werden gar nicht angesprochen) absurd?

  23. @ Katja Wolf
    Was die AfD in ihrem sog. Programm schreibt, sind ein paar Zeilen, die man nicht als Programm bezeichnen kann und Sie wissen wahrscheinlich auch wo sie abgeschrieben worden sind. Der AfD ist doch die Klimapolitik egal. Hier gibt es einfach noch ein paar Unzufriedene, deren Stimmen man einsammeln kann.
    Das Absurde an der Forderung der AfD ist, dass sie sich gegen etwas wehrt, dass es m. E. gar nicht gibt: Pläne zur Einführung einer weltweiten Öko-Diktatur.

  24. @ Katja Wolf
    Der Leitantrag zum Grundstzprogramm der AfD ist hier zu bekommen:
    https://www.alternativefuer.de/wp-content/uploads/sites/7/2016/03/Leitantrag-Grundsatzprogramm-AfD.pdf
    Die Energiepolitik enschließlich Klima-Politik beginnen ab S. 61 und man kann sie so zusammenfassen: Die AfD möchte alles beenden, was unsere EVUs stören könnte.

    Der Abschnitt zum Klima beginnt folgendermaßen:
    ……………Zitatanfang…………
    Das Klima wandelt sich, solange die Erde existiert. Die Klimaschutzpolitik beruht auf untauglichen Computer‐Modellen des IPCC („Weltklimarat“). Kohlendioxid (CO2) ist kein Schadstoff, sondern ein unverzichtbarer Bestandteil allen Lebens.

    Der IPCC versucht nachzuweisen, dass die Menschen gemachten CO2-Emissionen zu einer globalen Erwärmung mit schwerwiegenden Folgen für die Menschheit führen. Hierzu beruft man sich auf Computermodelle, deren Aussagen durch Messungen oder Beobachtungen nicht bestätigt werden. Solange die Erde eine Atmosphäre hat, gibt es Kalt- und Warmzeiten. Wir leben heute in einer Warmzeit mit Temperaturen ähnlich der mittelalterlichen und der römischen Warmzeit. Die IPCC-Computermodelle können diese Klimaänderungen nicht erklären.

    Im 20. Jahrhundert stieg die globale Mitteltemperatur um etwa 0,8 Grad. Seit über 18 Jahren gibt es jedoch im Widerspruch zu den IPCC‐Prognosen keinen Anstieg, obwohl in diesem Zeitraum die CO2-Emission stärker denn je gestiegen ist.

    IPCC und deutsche Regierung unterschlagen die positive Wirkung des CO2 auf das Pflanzenwachstum und damit auf die Welternährung. Je mehr es davon in der Atmosphäre gibt, umso kräftiger fällt das Pflanzenwachstum aus.
    …………Zitatende………..
    Man kann es auch so sagen, dass die Mehrtheit der AfD, die das so beschlossen hat
    1.) keine Ahnung von den aktuellen Messwerten in ihrer Komplexität hat und sich aus dieser Dummheit dazu aufschwingt, die schon lange praktisch einheitliche Meinung der Wissenschaft zum Irrtum zu erkären,
    2.) dass sie auch keine Ahnung von Pflanzenphysiologie haben: Es gibt eine lineare Abhängigkeit des Pflanzenwachtums vom CO2-Gehalt nur in CO2-Mangelsituationen, aber eine solche Situation haben wir nicht, werden wir nie erreichen können und keine Regierung der Welt hat soetwas vor. Oder anders ausgedrückt: Selbst wenn es klappen sollte, die ehrgeizisten Klimaschutzpläne in die Tat umzusetzen, hätte das keine negative Auswirkung auf die pflanzliche Primärproduktion.

    Argumentationstechnisch nennt man das, was die AfD hier aufbaut, einen Strohmann. Wer die Diskussion hierzu innerhalb der AfD verfolgt hat, dem ist allerdings auch klar, woher sie das Stroh dazu genommen haben.

  25. Wie so oft ist es beschämend und tragisch, daß bedrohliche Themen für läppische parteipolitische Auseinandersetzungen benutzt werden.
    Es ist schwierig genug, verlässliche Aussagen über die Klimaentwicklung zu treffen, eine Politisierung der immer noch vorläufigen Erkenntnisse zum Erschwindeln von Mehrheiten zu benutzen ist ein geistiges und politisches Armutszeugnis. Diese Armut bezeugen allerdings derzeit alle Parteien.

  26. „Es ist schwierig genug, verlässliche Aussagen über die Klimaentwicklung zu treffen, …“ (BvG am 28.5.)
    Das ist so schön allgemein formuliert, dass ich doch einmal nachfragen möchte: Was ist an den gegenwärtigen Voraussagen zur Klimaentwicklung so unbestimmt, dass es für die Entscheidungen, die sowohl national als auch international dazu getroffen (aber leider nicht umgesetzt) wurden, nicht reichte, oder dass dass es zu Fehldeutungen kommen konnte oder kann?

    Sie blasen mit dieser Formulierung in das AfD-Horn, haben aber den unbedingten Nachteil, dass man in einem Forum nachfragen kann.

    @ Bronski : Wenn wir uns hier eng an das Threadthema halten wollen, gleiten wir an dieser Stelle ab. Auf der anderen Seite ist das Threadthema, die Stigmatisierung einer Partei, im Grunde die Vermeidung der Auseinandersetzung durch eine moralische Bewertung des Gegners, also von der Form her eher Demagogie als Demokratie. Es ist eine Abwertung der sachlichen Auseinandersetzung zugunsten einer PR-strategischen Erledigung der Gegenseite. An dieser Diskussion würde ich mich nicht beteiligen.

    Mein demokratisches Verständnis sieht da anders aus: Die individuelle Wahlentscheidung wird zwar auch durch moralische Bewertungen beeinflusst, doch können diese Bewertungen erst nach einer Analyse des Verhaltens getroffen werden, wie es z.B. auch in der Diskussion zur Klimaänderung sichtbar wird – dazu muss ich diese Diskussion aber erst führen, um dann an ihrem Ende die Bewertung abgeben zu können.

    Die Frage ist hier also, ob wir an dieser Stelle ein Klimadiskussion führen wollen (oder eine alte Klimadiskussion neu eröffnen, um sie da zu führen).

  27. @ Frank Wohlgemuth

    Die Gefahr abzugleiten ist bei solchen Themen immer gegeben. Wenn jedoch der Wunsch besteht, sich mit einzelnen Positionen der AfD zu befassen, ist dies auch eine Stellungnahme zur Frage, ob die AfD stigmatisiert werden soll oder nicht: Nein, soll sie nicht, wäre dann die Antwort. Dann wird die inhaltliche Auseinandersetzung mit einzelnen Positionen Teil des Themas in diesem Thread. Die Positionierung der AfD allerdings ausgerechnet anhand des Klima-Themas zu diskutieren, führt meines Erachtens zu einer Gespensterdebatte, weil das Klima-Thema nichts ist, was mit dem Erstarkens der AfD zu tun hat. Diese Debatte halte ich für unproduktiv. Wenn die AfD also nicht stigmatisiert werden soll, dann soll doch bitte über die Themen gestritten werden, die sie derzeit stark dastehen lassen, also Themen wie Leitkultur, christliche Werte, Abendland, Integration und natürlich Islam.

  28. Ich mal wieder. Im Grunde genommen führt die AfD nur das fort, was in allen anderen Parteien, die Linke vielleicht ausgenommen, schon länger, mehr oder weniger verklausuliert, an- und ausgesprochen wird. Rechtes, oder sagen wir, wert-konservatives (und entsprechend mißverstandenes) Gedankengut hochgerechnet, mit Schönfärbung unserer „glorreichen“ Vergangenheit – man gibt sich abweisend, biedert sich aber in Wirklichkeit an. Das, was die AfD will, ist doch meiner Beobachtung nach schon lange wirksam im Alltag. Umgang mit Migranten? Besser innen ein wenig braun als außen?

    Ich beobachte eine zunehmende Rücksichtslosigkeit im Alltag, vor allem im Verkehr. Vordrängeln, den Weg abschneiden, keinen Blinker im Kreisel setzen, den Motor lange laufen lassen, während man auf jemand wartet oder wichtige Handy-Telefonate führt – alles kein Problem. Ich bin bzw. wurde von der 68er Bewegung beeinflußt, die eine andere, bessere Welt wollte. Aber inzwischen treffe ich kaum noch Menschen, die dieses Wollen noch in sich tragen. Auch die Grünen, damals entstanden, sind ja inzwischen zu einer grün-angestrichenen CDU, darf ich es sagen – verkommen.

    Und genau in diese Ellenbogen-Welt, in diese, die ökonomischen und ökologischen Gegebenheiten und Veränderungen negierende Gesellschaft paßt die AfD. Merkel kann sich aussuchen, ob sie 2017 mit der AfD oder den Grünen koaliert. Allein, es wird sich nix ändern. Hildegard Knef: „Von nun an geht’s bergab.“

    Und jetzt dankeschön für’s Verreißen.

  29. @Wohlgemuth

    Eine Klimadiskussion will ich hier nicht führen, sie hat auch nichts mit dem Thema zu tun.

    Vielleicht haben Sie mich auch falsch verstanden: Ich wehre mich bloss gegen eine parteipolitische Instrumentalisierung von Menschheitsthemen, da eine solche regelmäßig zur Verschleppung des Themas und zur Verschleppung von Lösungen führt.
    Es ist einfach und deutlich: Solange eine Partei von einem Problem profitiert, löst sie es nicht. Manche Themen sind einfach zu wichtig, um sie den Parteien zu überlassen. Ich blase da auch keineswegs in das AfD-Horn. Käme ja auch nur heiße Luft heraus.

  30. zu W. Engelmann 12.1.
    Die Masken tragenden Marsmännchen schützen sich vor Feinstaub – sofern das überhaupt möglich ist. Was aber hat das mit CO2 zu tun?
    Dass CO2 durchaus etwas mit dem Kreislauf des Lebens zu tun hat, ist nicht erst der Erkenntnis durch die AfD zu verdanken. Insofern ist CO2 tatsächlich ein unverzichtbarer Bestandteil, nicht mehr aber auch nicht weniger.
    Im Übrigen wird die Bedeutung von CO2 signifikant überschätzt. Es ist in der Luft nur zu etwa 0,03% enthalten und es kann Wärmestrahlung wesentlich geringer aufnehmen als zum Beispiel Wasserdampf. Wasserdampf besitzt eine breite Absorptionsbande im IR/FIR Bereich, wo CO2 lediglich eine erwähnenswerte Bande bei etwa 15 micron aufweist.

    Ich verweise auf nachfolgende Stelle

    http://www.schulphysik.de/klima/artefact.htm
    Eingangs:
    Quantitative Untersuchungen der IR-Absorption von Kohlendioxid mittels eines FT-IR-Spektrometers im Labor legen nahe, den zusätzlichen Treibhauseffekt bei CO2-Verdoppelung weit geringer einzuschätzen, als er von den Klimatologen bisher angenommen wurde. Es kann von einer Reduktion um den Faktor 80 ausgegangen werden.

    Unter Diskussion und Schlussbemerkung wird konstatiert:
    Eine feststellbare globale Erwärmung durch eine Erhöhung der Infrarot-Absorption für die 15 �m-Bande um 0,17% bei CO2-Verdoppelung ist nicht zu erwarten.

    Ferner:
    Nach der hier dargestellten Messung und Auswertung für CO2-Verdoppelung erhöht sich das radiative forcing nur um 0,054 W/m2 und nicht um 4,3 W/m2.

    Dies ist etwa um den Faktor 80 weniger als das IPCC-forcing.

    Diese Arbeit stammt aus dem Jahr 1998, kann also nicht der AfD zugeordnet werden.

    Das Computermodell des IPCC geht von einem natürlichen Treibhausefekt von 7,2 K aus, ein Wert, der sich aus der kyrillischen Original-Literatur offenbar nicht belegen lässt, aber wohl immer wieder abgeschrieben worden ist.

    Noch ein Beispiel, das nachdenken lässt:
    Eine sternenklare Nacht und das Thermometer sinkt ordentlich, die gleiche Nacht mit Schleierwolken und die Temperatur sinkt weitaus weniger.

  31. Noch’n Argument:

    Eine Menge Fehlgeleiteter blasen seit Jahrzehnten Radioaktivität, Methan, Treibhausgase in die Luft, schwachsinnige bis irre Techniker bringen Blei in das Benzin, FCKW in die Atmosphäre, Gifte in die Umwelt und was ist dann die Lösung?
    Ausgerechnet das CO2 ist der Bsösewicht, eine natürliches, von jedem Lebewesen genutztes Gas, dessen Schädlichkeit dessen Nutzen nicht übersteigt.

    Wer Böses dabei denkt, ist auf der richtigen Spur: Es ist wiedermal die Vergesellschaftung der Schuld und die Vergesellschaftung der Kosten am Werk.

    Für diese Erkenntnis braucht man keine AfD. Aber eine AfD wird stark, wenn die Verantwortlichen zu feige sind, ihre Fehler zuzugeben.

    Es gibt verläßliche Hinweise, daß hirnverbrannte Forscher das Klima mit Absicht gesteuert und verändert haben, noch bevor sie auch nur ansatzweise wußten , was sie tun.

    Aber das CO2 ist schuld…? Nee, is‘ klar.
    Vergesellschaftung von Schuld.
    So macht man radikale Parteien.

    A concept that works..

  32. „Die Positionierung der AfD allerdings ausgerechnet anhand des Klima-Themas zu diskutieren, führt meines Erachtens zu einer Gespensterdebatte, weil das Klima-Thema nichts ist, was mit dem Erstarkens der AfD zu tun hat.“ (Bronski)

    @Bronski
    Ich stimme Ihnen darin zu, dass das nichts mit dem Erstarken der AfD zu tun hat. Aber evtl. wäre*** diese „Gespensterdebatte“ doch sinnvoll:

    Der besondere Erfolg neuer, populistischer Parteien besteht darin, für die kompliziertere Probleme, die nicht einfach zu durchschauen sind, einfachere Lösungen zu bieten als die Parteien, die gerade mit einem Vertrauensverlust zu kämpfen haben. Das heißt, sie greifen Themen auf, über die es einen gesellschaftlichen Streit gibt, und bieten eine leicht verständliche Lösung an.

    Das es sich beim Klimathema nicht um Problemorientiertheit, sondern um Taktik handelt, ist deshalb so schön zu sehen, weil der Streit hierzu weniger ein gesellschaftlicher als ein wissenschaftlicher war, der schon lange beendet ist.

    Die Taktik an Themen wie Leitkultur, christliche Werte, Abendland, Integration und Islam zu demonstrieren, verkompliziert ein Vorführen der AfD insofern, als wir hierüber tatsächlich keine gemeinsame Meinung haben, und die gemeinsame Ebene erst finden müssen, von der aus wir feststellen können, dass die „Lösung“ der AfD keine ist.

    *** Ich habe nach Lesen einiger Blogbeiträge zum Thema Klimaverschwörung den Modus dieses Satzes auf Konjunktiv II gesetzt und gebe ihnen dahingehend recht, dass diese Betrachtung hier aufwändig wäre.

  33. @runeB
    Ihr Link zeigt die Problematik des Internets. Vor Einführung des Internets hätte der Autor seine Arbeit nicht veröffentlichen können, da keine renommierte wissenschaftliche Zeitschrift die Arbeit akzeptiert hätte. Arbeiten, die nicht von Experten gegengelesen wurden, sind es nicht wert gelesen zu werden.
    Das gilt natürlich auch, wenn die Grünen eine «Studie» bei GreenPeace in Auftrag geben.

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