Einwanderung lässt sich nicht über das Asylrecht steuern

Wie hätte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) reagieren sollen? Oder hat sie richtig reagiert auf den kurzen Vortrag der jungen Palästinenserin Reem, die bei einem Gespräch von Schülerinnen und Schülern mit der Kanzlerin von ihren Lebensträumen berichtete, der aber Abschiebung droht? Reem ist integriert, spricht fließend Deutsch, will studieren und das Leben in Deutschland genießen. Merkels Reaktion:

„Ich verstehe das, und dennoch muss ich jetzt auch– das ist manchmal auch hart, Politik — so wie du jetzt vor mir stehst, denn du bist ja ein unheimlich sympathischer Mensch, aber du weißt auch, in den plaästinensischen Flüchtlingslagern gibt es noch Tausende und Tausende, und wenn wir jetzt sagen, ihr könnt alle kommen, und ihr könnt alle aus Afrika kommen, und ihr könnt alle kommen, das können wir nicht schaffen.“

Wenig später bricht das Mädchen in Tränen aus. Möglicherweise hat Reem darauf gehofft, dass die Abschiebung gestoppt wird, wenn die Kanzlerin merkt, dass Reem ein hoffnungsvoller Mensch ist, der bereits in Deutschland Fuß gefasst hat. Wenn die Kanzlerin ein Gesicht zu einem Abschiebungsschicksal sieht und zu spüren bekommt, dass es in diesen Dingen vielleicht nicht nur um die Einhaltung von Gesetzen, sondern auch um Humanität geht. Diese Hoffnung wurde anscheinend enttäuscht. Merkel merkt, dass Reem weint, geht zu ihr und will sie streicheln, sagt tröstend:

„Du hast das doch prima gemacht.“

Das hat Reem in der Tat. Ein verräterischer Satz, den Merkel da sagt. Dass sie Reem auf die Härten der Politik hinweist, will ich ihr nicht ankreiden; das ist eine ehrliche, allerdings unsensible Auskunft, wenn man die Realität der deutschen Gesetze in Sachen Asyl und Einwanderung so akzeptiert, wie sie zurzeit ist. Dass sie dann auf eine „Das Boot ist voll“-Rhetorik einschwenkt, finde ich schon wesentlich bedenklicher, denn niemand will, dass „alle kommen können“. Es geht um Flüchtlingsschicksale, Humanität, Asyl und Hilfe in äußerster Bedrängnis. Die beste Flüchtlingspolitik wäre eine, die in den Herkunftsländern der Flüchtlinge Verhältnisse schafft, damit die Menschen dort leben können. Zur Einordnung der Merkel-Worte hat FR-Redakteurin Ursula Rüssmann in ihrem Kommentar alles gesagt. Reems Anwesenheit jedenfalls macht das Boot nicht voller. Reem ist schon mehrere Jahre in Deutschland.

„Du hast das doch prima gemacht.“ Merkel versucht hier, Reem bewusst zu machen, dass sie sich ein Erfolgserlebnis gutschreiben darf: Sie hat ihre Position gut verkauft. Das ändert zwar nichts an der drohenden Abschiebung, aber immerhin: Gut verkauft ist auch schon mal was. Zumal sie Merkel damit in die Bredouille gebracht hat. Der Satz ist deswegen verräterisch, weil er aufzuzeigen scheint, worauf es Merkel vor allem ankommt: auf die Darstellung von Politik. Denn praktisch im gleichen Atemzug sagt sie ja, dass Politik hart sei, gerade so, als wäre diese Einwanderungspolitik alternativlos, da in Stein gemeißelt. So stellte Merkel schon in der Vergangenheit Politik dar; dies genau ist ihre Masche. Doch Merkel ist Entscheiderin: Es wäre ihr ein Leichtes, diese Politik zu ändern. Sie müsste sich nur hinstellen und einmal klipp und klar das verkünden, was sowieso schon alle wissen — bis auf ein paar Dutzend konservative Hinterwäldler in CDU und CSU:

„Deutschland ist ein Einwanderungsland.“

Das würde eine völlig andere Politik nach sich ziehen. Zurzeit aber wird in Deutschland Einwanderungspolitik mittels Asylrecht gemacht. Das hat noch nie richtig funktioniert, wofür die Fristen, in denen die Behörden über Asylanträge entscheiden, ein deutlicher Indikator sind — und davon berichtet auch der erste Leserbrief von Michael Winter aus Frankfurt:

„Nichts veranschaulicht die Absurdität des deutschen Asylrechts mehr wie die Begegnung von Kanzlerin Merkel und einem palästinensischen Flüchtlingskind. Auch wenn das betroffene Mädchen vielleicht jetzt bleiben darf, zeigt es nur das Unvermögen Deutschlands, mit dem Thema Einwanderung vernünftig umzugehen. Der fundamentale Irrtum, dem wir unterliegen, ist der Glaube, durch das Asylrecht oder eine Reform desselben das Thema Einwanderung steuern zu können. Das Asylrecht soll politisch Verfolgten Schutze gewähren, die Einwanderung nach Deutschland zu ermöglichen, ist nicht das primäre Ziel des Asylrechts. Was wir brauchen ist ein eigenständiges Einwanderungsrecht neben dem bestehenden Asylrecht. Ein modernes Einwanderungsrecht muss die Qualifikationen ebenso berücksichtigen wie die Bereitschaft, die deutsche Sprache zu lernen. Es ist doch absurd, dass wir Menschen, die integriert sind, abschieben wollen, nur weil sie angeblich „Wirtschaftsflüchtlinge“ sein sollen. Nur zur Erinnerung: gegen Ende des 19. Jahrhunderts sind Millionen von Europäern in die USA ausgewandert – es waren Wirtschaftsflüchtlinge – geschadet hat es den USA nicht.“

Elisabeth Hürthle aus Bad Homburg:

„Worte unserer Bundeskanzlerin zu einem weinenden Mädchen, sind wohl spontaner und realistischer Ausdruck einer mathematischen Hochrechnung in die Zukunft, in der Situation keine geschickte – eine unbedachte – Formulierung, zugegeben. Sie hätte sagen sollen, Deutschland tat sein Bestes und wird sein Bestes tun, um Menschen in äußerster Bedrängnis aufzunehmen. Die Deutsche Flüchtlingspolitik pauschal als zynisch einzustufen, von schockierender Abschottungsrhetorik zu reden und Frau Merkel als Stichwortgeberin für Stammtischparolen zu bezeichnen, die noch die Radikalen bestärkt, empfinde ich als maßlose Unterstellung und schon beleidigend.
Fast täglich lese ich in der Zeitung von den zahlreichen Aktivitäten von Privatpersonen und Behörden, NGOs und Nicht-NGOs sich für die stetig zunehmenden Flüchtlingsströme einzusetzen. Man muss kein Prophet sein, um zu erwarten, dass in der nahen Zukunft alles noch problematischer wird. Die Kommunen sind dazu verdonnert, das Grundrecht auf Asyl umzusetzen. Na ja, der Bund sieht sich jetzt auch in der Pflicht (mit zusätzlichen Zahlungen).
Mein Vorschlag zur Bewältigung der Krise: Erhöhung der Mehrwertsteuer auf 23 Prozent und Umwandlung des Soli, der ja schon längst abgeschafft sein sollte, in einen Flüchtlingsfond, Vermögensabgabe von denen, die noch etwas auf der hohen Kante haben, Abschaffung der Subvention von Kerosin, und schließlich gab es ja nach dem Krieg noch die Wohnungsraum-Bewirtschaftung. Wer zu viel Wohnraum hat, soll einen Flüchtling oder zwei aufnehmen (ich gehöre zugegebenermaßen auch dazu). Dann fängt bei allen, die lauthals in den Medien auf die Deutsche Flüchtlingspolitik schimpfen, das Heulen und Zähneklappern an.“

Ulrich Hartter aus Eppstein:

„Die Kanzlerin ist urlaubsreif. Man sieht es. Da baut ihr Reinald Becker im Sommerinterview der ARD eine goldene Brücke, um die Sache mit dem Flüchtlingskind zu reparieren. Und Frau Merkel fällt dazu nichts ein als: Ihr Verhalten sei „okay“ gewesen. Wünschen wir Ihr einen erholsamen Urlaub und ein paar seelische Dehnungsübungen auf dem Grünen Hügel.“

Ralf-Michael Lübbers aus Marienhafe:

„‚Es können nicht alle kommen‘, meint die Kanzlerin zu einem verzweifelten Flüchtling, einem intelligenten sympathischen palästinensischen Mädchen. Wahrscheinlich ist Frau Dr. Merkel zum ersten Mal hautnah mit dem Leid von realen Menschen konfrontiert worden, ohne Schreibtisch und Kaffeeservice und informationsfilterndem Staatssekretär dazwischen.
Es ist nicht so, dass wir gönnerhaft mal den einen oder anderen Menschen in Not aufnehmen, weil wir eben so gut sind. Wir – unser Land, die EU und die Industrieländer — wir sind mit Schuld, daß sich diese Menschen in ihrer Heimat in einem extremen Elend befinden, aus dem sie sich völlig zu Recht befreien möchten: Wir nutzen ihre Arbeitskraft aus für einen Sklavenlohn, um günstig Fertigprodukte kaufen zu können. Wir beuten für billig Geld ihre Rohstoffe aus und zerstören damit zugleich die Zukunftsaussichten der nachfolgenden Generationen. Wir exportieren stattdessen aus Profit Waffen und unterhalten so Krieg und Krise in ihren Heimatländern. Für schlichtes Geld, wie gesagt. Wir verpesten mit unserer energieverschwenderischen Lebensweise die Luft und bringen die zerstörerische Klimakatastrophe bis in den letzten Winkel der Erde zu Menschen, die selbst kaum CO2 verursachen. Und wir (gerade die Kanzlerin der GroKo und die GroKo samt SPD) verbreiten mit ziemlicher Gewalt ein Wirtschaftssystem, das einen Großteil der Menschen auch in Europa verarmen lässt, damit wenige exorbitant reich werden, den Neoliberalismus.
Aber auch wenn wir das Elend dieser Menschen nicht verursachten, hätten wir die schlichte Pflicht, Menschen in Not ausreichend zu helfen, damit sie würdig leben können. „Wir können nicht entscheiden, ob wir den Menschen draußen (in den armen Ländern) helfen wollen oder nicht. Wir müssen es tun!“, hat der anerkannte Philantroph, Arzt und Theologe Dr. Albert Schweitzer formuliert. Dem ist nichts hinzuzufügen.
Wir müssen das Elend der Menschen in den gefallenen Staaten lindern, soweit es in unserer Macht steht. Da gibt es extrem viel zu tun. Und wir müssen jene freundlich aufnehmen, die Schutz bei uns suchen. Alles andere wäre unmenschlich.“

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65 Kommentare zu “Einwanderung lässt sich nicht über das Asylrecht steuern

  1. Vielleicht solte zu Beginn der Diskusion zwischen Einwanderung, Flüchtlingstströmen und dem Asyl für politisch Verfolgte differenziert werden?

    Mag das hilfreich sein?

  2. Es ist doch oft genug gesagt und geschrieben worden, dass in unserem reichen Land nur ein kleiner Bruchteil der Flüchtlinge unterkommt, die es weltweit gibt.
    Menschen, die das „Glück“ hatten nicht erbärmlich im Mittelmeer zu ertrinken.
    „Schleuser“ sollen mit militärischen Mitteln an ihrem profitablen Geschäft gehindert werden.
    Und nun auch noch eine neue Debatte: gut qualifizierte Menschen sollen willkommen sein, weil unsere Kapitalisten Arbeitskräfte brauchen, die idealerweise keine Ausbildungskosten verursachen.
    Also praktisch formuliert: Der syrische Ingenieur der vor Folter und IS-Terror flieht, ist willkommen, der alte kranke Mensch kann im Mittelmeer ertrinken, oder vom IS ermordet werden.
    Welch ein menschenverachtendes Konzept.
    Und da passt es natürlich gut, wenn unsere Kanzlerin in das gleiche Horn stößt, wie Pegida, NPD, AfD und CSU, wie der Abschaum, der vor Flüchtlingsunterkünften Menschen als „kriminelle Asylanten“ diffamiert. „Wir können nicht alle aufnehmen“. Als ob es darum ginge.
    Keine Probleme hat unsere GROKO mit Regierungen, die offen ihre Bürger terrorisieren, sei es Saudi Arabien oder Katar, seien es die Folterer von Quantanamo.
    Ich erwarte von einer Bundesregierung, dass diese die Prinzipien von Humanität und Menschenrechten achtet. Menschen, die vor Unterdrückung und Staatsterror fliehen müssen, brauchen Hilfe und Unterstützung, nicht rassistische Hetze. Freiwillig verlässt kein Mensch seine Heimat.

  3. Schon etwas unfair, wie diese Situation in den Medien hochgespielt wird.

    Wenn ein unsympatischer .. , .. Mensch Frau Merkel mit den gleichen Worten seine Situation geschildert hätte, würden wahrscheinlich alle jubeln, wie rücksichtsvoll und diplomatisch sie geantwortet hat und wie emphatisch sie danach gewesen ist..

  4. Ralf-Michael Lübbers spricht das Grundproblem an, auf dessen Beseitigung die Welt aber angesichts der massiven Wirtschaftsinteressen in den sogenannten entwickelten Ländern noch lange warten wird.
    Zu Merkels Reaktion: Sie redet am Thema vorbei. Es ging hier nicht um „alle“, die kommen wollen, sondern ganz konkret um ein kluges und gut integriertes Flüchtlingsmädchen, das bereits in Deutschland lebt. Und dem hätte die Kanzlerin durchaus Hoffnungen machen können, von einer Abschiebung verschont zu bleiben. Ich selbst habe vor etwa 15 Jahren erlebt, dass die Abschiebung einer Familie von bosnischen Kriegsflüchtlingen nach dem Ende des Krieges gestoppt wurde, weil der Vater Arbeit hatte und die Tochter die deutsche Sprache nach ungewöhnlich kurzer Zeit hervorragend beherrschte und sehr gute Schulleistungen erbrachte. Die Kanzlerin scheint über das konkrete Vorgehen der Ausländerbehörden gar nicht informiert zu sein.

  5. Frau Merkel hat im Grunde einfach recht mit der Aussage das wir nicht alle nehmen können. Wir können ja noch nicht einmal 1% von all denen nehmen die gerne kommen würden vermute ich mal. Deshalb ist das Flüchtlingsproblem nicht annähernd dadurch zu lösen das wir welche aufnehmen sondern nur dadurch das man die Lebensverhältnisse vor Ort verbessert. In dem konkretem Fall das da ein kleines Mädchen sitzt das offensichtlich sich schon gut eingelebt hat in D. kann man sehr gut sehen das wir unbedingt ein Einwanderungsgesetz brauchen. Dieses Mädchen abzuschieben wäre auf Grund der Geburtenrate in D. aus rein egoistischen Gründen ein Witz Mit der Flüchtlingsproblematik hat das aber nichts zu tun. Genau so wenig wie ein mögliches Einwanderungsgesetz.

  6. Zum Kommentar von Ralf-Michael Lübbers ist festzustellen, dass dieser goldrichtig ist. In der Regel wird die Kanzlerin von allem Elend in diesem unseren Lande, in dem es doch allen gut geht, ferngehalten oder sie hält sich fern.

    Sie sollte sich ein Beispiel an Papst Franziskus nehmen, der in Südamerika Viertel besucht hat, die von allen anderen gemieden werden, und der auch den Kapitalismus als Urheber dieses Übels geißelt. „Aber angesichts der massiven Wirtschaftsinteressen“, wie Brigitte Ernst schreibt,will niemand das Problem hören oder gar angehen. Und TTIP wird alles richten (verschlimmern).

    Und die GroKo sieht tatenlos zu, liefert munter weiterhin Waffen, unterstützt Despoten wie Orban (der keine Flüchtlinge aufnimmt) oder Erdogan mit Ausbildung von Polizisten und Lieferung von Tränengas oder Poroschenko mit EU-Geldern, Schuldenschnitt etc. und wundert sich nach jeder Wahl aufs Neue, warum keiner mehr hingeht. Und Seehofer kocht dazu sein Extrasüppchen…

  7. Den Aufschrei im Lande hätte ich hören mögen, wenn Merkel in einer solchen Veranstaltung einer Person irgendwelche Zusagen gemacht hätte.

  8. Wenige bezweifeln die Tatsache, dass der Verlust an Glaubwürdigkeit bei Politikern mit einer Politikverdrossenheit bei den Bürgern einhergeht. A. Merkel sagte dem Flüchtlingskind sinngemäß, dass nicht alle Flüchtlinge kommen können. Kein vernünftiger Mensch widerspricht dem Wahrheitsgehalt dieser Aussage. Wir alle müssen uns dem „Druck der Realität“ in der Flüchtlingsproblematik stellen, um sie gemeinsam unter einem größtmöglichen Konsens bewältigen zu können. Wer in Deutschland die Wahrheit klar ausspricht, auch wenn sie noch so unsensibel daherkommt, erntet mehr Glaubwürdigkeit, als derjenige, der sie in Watte verpackt unter das Volk zu schmuggeln versucht. A. Merkel nimmt die Rolle der Wölfin im Schafspelz nicht an. Bei ihrem Auftritt im ARD-Sommerinterview bestätigte sie nur noch einmal ihr Verhalten dem Flüchtlingsmädchen gegenüber. A. Merkel arbeitet sehr zielorientiert und kalkulierend an ihrem Machterhalt. Ohne mit der Wimper zu zucken verzichtet sie auf Sympathiepunkte bei Wählern, die ihr sowieso nicht wohl gesonnen sind, zugunsten eines Zuwachses an Glaubwürdigkeit bei ihrer Stammwählerschaft und den Wechselwählern. Wo A. Merkel draufsteht, ist A. Merkel drin. Das war ihre Botschaft.

  9. Bei allem gerechtfertigten Mitleid und bei aller Bereitschaft zum Helfen ist doch der Fokus ein anderer:

    In den Ländern, die ihre Bürger zur Flucht zwingen und bei den dort Herrschenden fehlen Mitleidsfähigkeit und Hilfsbereitschaft.

    Wie so oft, zeigt sich das Kernproblem rein sprachlich. Die Welt hat kein Flüchtlingsproblem, sie hat ein Vertreiberproblem.

    Merkel hat Recht, wenn sie sagt, Deutschland könne nicht alle Flüchtlinge aufnehmen. Das ist ökonomisch und zahlenmäßig ein blosses rechnerisches Faktum.

    Wir können und dürfen nicht vertreiben lassen wäre die richtige politische Antwort.

  10. @ 9, Liebes BvG, jetzt schweben Sie aber über den Wolken! Wäre die Welt nicht so schlecht, dann wäre sie besser, kann ich da nur sagen.

  11. Lieber BvG,

    zu den Vertreibern gehören wir leider selbst, wie Ralf-Michael Lübbers sehr richtig darlegt. Deshalb müssen wir uns an die eigene Nase fassen, bevor wir mit dem Finger auf andere (Länder und Herrschende) zeigen.

  12. # 12, 13, R. Weber diese Liste kenne ich auch und war für mich erschreckend. Bezüglich der Lieferungen an Israel sollte ergänzt werden, dass diese (z.B. U-Boote) vom Bund subventioniert werden. Diese Waffen zerstören dann wieder Gebiete im Libanon oder im Gaza-Streifen, wobei der Bund dort wiederum Aufbauhilfe leistet, was mit den eigenen Waffen zerstört wurde.

    Natürlich werden auf diese Weise die Menschen aus ihren Ländern vertrieben und suchen Aufnahme in Europa, das (neben den USA, die aber zu weit entfernt liegen) maßgeblich an den Zuständen in ihrer Heimat verantwortlich ist.

  13. #12 R. Weber

    Sie beziehen sich bei Ihrer Kritik des Beitrags von Ralf-Michael Lübbers lediglich auf die Waffenexporte und übersehen, dass diese Waffen auch auf krummen Wegen über Länder außerhalb der Krisengebiete in Kriegsgebiete weiterverkauft werden, ohne dass Deutschland da noch den Überblick behält.
    Und was sagen Sie zum Vorwurf der wirtschaftlichen Ausbeutung vieler Dritt-Welt-Länder durch die Industrieländer? Stellt Herr Lübbers da auch unbewiesenen Behauptungen auf?

  14. Moin „hans“ und alle,

    die Lebensverhältnisse der Fluchtwilligen vor Ort verbessern ist ein sehr guter Ansatz, von dem auch die Politiker so schwärmen. Das ist aber nicht einfach. Und geht vor allem nicht schnell. Noch viel wichtiger: Ich unterstelle den Politikern, die dies vorschlagen, daß sie es gar nicht umsetzen wollen, sondern es nur vorschützen, denn sonst hätten sie es längst getan.

    Die Lebensverhältnisse vor Ort verbessern bedeutet: Effektiver Klimaschutz sofort. Bereitstellen der nötigen Infrastruktur, um den Menschen Schutz vor den nicht mehr vermeidbare Klimaschäden zu bieten. Und zwar so, daß niemand (null Personen) durch die von uns Industriestaaten bisher verursachte Klimaverschmutzung stirbt. Gutes Geld für gute Arbeit überall auf der Welt. Ausreichende Sozialsysteme in allen Ländern, so daß für alle genug Essen, sauberes Wasser und saubere Luft, ein Dach über dem Kopf und eine genügende medizinische Versorgung vorhanden ist. Auch in Somalia. Menschenrechte und Meinungsfreiheit auch in Nordkorea. Mal richtig mit den Leuten vom IS reden, damit die endlich aufhören, unschuldige Menschen zu köpfen.

    Haben Sie zufälligerweis Kontakte zu Diktatoren. Vielleicht im Urlaub in Nordkorea mal beim Wandern getroffen und zusammen was getrunken. Zu allen Diktatoren dieser Welt incl. Putin? Dann überzeugen Sie die doch einfach mal. Das geht sicher am schnellsten. Würde Ihnen vielleicht ein Ticket ausgeben. Selbstverständlich umweltfreundlich mit der Bahn. Nein, ich würde Ihnen sogar eine Concorde gönnen, falls die noch fliegen.

    Und solange wir das oben gesagte nicht geklärt haben…Tja, was machen wir solange? Hab heute in meiner Arztpraxis mit einem aus Erithrea gesprochen, der in seinem Land gefoltert wurde. Dem soll ich jetzt erklären, daß er wieder zurück in sein Folterland gehen soll, gefälligst. Obwohl Sie das mit dem Diktator dort heute nicht mehr klären konnten und morgen Freitag ist und dann erstmal Wochenende…

  15. Ich verzweifle schon ein bisschen an unserer angeblich so aufgeklärten humanitären Demokratie. Jahrzehntelang habe ich mich um Einzelfälle bemüht, die nicht ganz zufällig in unsere Einrichtung kamen, um ihnen eine Lebensplanung in unserer Gesellschaft zu ermöglichen. Wenn man das Einzelschicksal vor Augen hat, dann ist man, wenn man ein Herz hat, bemüht zu helfen. Jedem. Der da kommt. Wie auch anders? Man blickt in die menschliche Not. Und da schaut man auch nicht auf ihre „Verwertbarkeit“ für unsere Gesellschaft. Das ekelt mich zur Zeit ziemlich an, dass die „Verwertbaren“ , von der Wirtschaft neuerdings Gesuchten und Gebrauchten ganz schnell ihre Förderung bekommen, für sie vielleicht sogar das Recht geändert wird, für die schon Gebildeten Ausnahmeregelungen geplant werden, aber für die anderen Hilfesuchenden neue Härten ersonnen werden, wie man man sie schnellstmöglich in ihre Herkunftsländer abschiebt. Das gilt für Sinti und Roma, die man in ganz Europa nicht haben will, das gilt aber auch für staatenlose Flüchtlinge aus dem Libanon und aus bestimmten Ländern Afrikas. Hier wird mit zweierlei Maß gerechnet. Das finde ich widerlich und menschenverachtend und wirft kein gutes Licht auf unsere „menschenfreundliche“ Gesellschaft.

  16. @ Brigitte Ernst #15

    Gerne gehe ich auf Ihren Beitrag ein.

    Hierzulande wird häufig bemängelt, dass z.B. der (subventionierte) Export von tiefgefrorenen Hähnchenteilen die afrikanische Wirtschaft ruiniere. In den Medien werden dazu dann mitleiderheischende Beispiele von afrikanischen Hühnerzüchtern gezeigt, deren Existenz durch die ausländische Konkurrenz gefährdet wird. Ja, kleine Züchter in Afrika gehen evtl. Pleite, und das ist selbstverständlich bedauerlich. Dafür können sich auf der anderen Seite Abertausende endlich Hühnerfleisch leisten und dadurch ihren Speiseplan erweitern. Ggf. verzichten sie dadurch sogar auf das Wildern und den Verzehr von Affenfleisch (hiv- und ebola-belastet).

    Eine Argumentation der Art „Die Ausländer sind schuld!“ (hilfsweise „Die Weissen“, „Die ehemaligen Kolonialherren“, „Der Kapitalismus“) müsste nach hierzulande geltenden politisch-korrekten Maßstäben als zutiefst fremdenfeindlich und rassistisch verurteilt werden. Dass Deutsche selbst, wie in diversen privaten und öffentlichen Meinungsäußerungen nachzulesen ist, diese Argumentation reproduzieren, macht es weder besser noch richtiger.

    Dann sollte man aber auch konsequent sein und sich trauen, weitere Sündenböcke zu benennen. Ich schlage vor:

    – Die Japaner haben die deutsche Optikindustrie zerstört.
    – Die Polen und Koreaner haben die deutsche Werftindustrie zerstört.
    – Russland, Kolumbien, die USA, Südafrika und Australien haben den deutschen Steinkohlebergbau zerstört.
    – China, Japan, Russland, die USA, Südkorea und die Ukraine haben die deutsche Stahlindustrie zerstört.
    – China, Taiwan, Japan, Thailand haben die deutsche Elektronikindustrie zerstört.
    Sie alle sind schuld daran, dass in Deutschland Tausende von Arbeitsplätzen verloren gingen.

    Und natürlich wurde die deutsche Textilindustrie ebenso durch finstere ausländische Mächte zerstört, denen nur ein einziger deutscher Textilunternehmer mit einem sprechenden Affen heroischen Widerstand leistet.

    Diese fürchterliche Sündenbockmoral! Immer sind die anderen schuld, im Zweifelsfall sind’s aber immer die Deutschen. So soll die Welt nun am deutschen Moralin genesen. (…)

    Vielleicht erkennen Sie den Irrsinn der rein moralisch legimierten „Flüchtlingshilfe“ an folgendem Beispiel.

    Seit Dezember 2012 wird die Gerhart-Hauptmann-Schule in Kreuzberg von illegalen Bewohnern besetzt, z.Zt. leben dort noch 20 Personen. Sie behaupten, Flüchtlinge zu sein, weigern sich aber beharrlich, ihre Identität preiszugeben.

    Für diese 20 Besetzer wendet das Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg in diesem Jahr 1,6 Millionen Euro auf: für Wachschutz, Reparaturen, Heizung, Wasser, Strom und Müllentsorgung. Im vergangenen Jahr war eine ähnliche Summe fällig.

    Das heisst: für jeden einzelnen Besetzer latzt das Bezirksamt 80.000 Euro pro Jahr! Dazu kommen natürlich noch die sonstigen Aufwendungen in Form von Sozialleistungen. Wie die Besetzer selber sagen: „The people will get social benefits“ (Die Leute werden Sozialhilfe bekommen). „The cash money will be payed by Landesamt!…“ (Das Bargeld wird vom Landesamt ausgezahlt!…)

    Eine versuchte Räumung in 2014, die ein Loch von 5 Mio. in den Bezirkshaushalt gerissen hatte, konnte letztendlich nicht erfolgen, weil die grünen Stadträte Hans Panhoff und Jana Borkamp den Besetzern am 2.Juli 2014 sogar schriftlich erlaubt hatten, die Schule zu besetzen.

    Nicht nur, dass das Recht gegen Kriminelle nicht durchgesetzt wird, der Steuerzahler darf auch noch dafür blechen. Vom Rücktritt dieser Politiker ist bis heute nicht die Rede.

    Stellen Sie sich doch einfach nur einmal vor, was man mit diesen rund 7 Mio. alles hätte Gutes tun können! Der Pro-Kopf-Anteil am BIP Eritreas beträgt ca. 700 USD (ca. 640 EUR). Für 7 Mio. EUR (7,7 Mio. USD) hätte man also 11.000 Eriträer vor Ort unterstützen können!

    Das moralische Dilemma lautet: soll ich 20 Kriminellen hierzulande ein komfortables Leben finanzieren oder mit diesem Geld 11.000 Bedürftige in ihrem Heimatland unterstützen? Meine Entscheidung ist da ganz eindeutig.

    (…) Passage gelöscht. Bitte beachten Sie die Blog-Regeln.
    Bronski

  17. R. Weber Ihre Argumention ist unredlich. Die globale Konkurrenz ist mörderisch, weil kein fairer Wettbewerb stattfindet, sondern Arbeitskräfte andernorts unmenschlich ausgebeutet werden. Und unsere Armen diese Billigprodukte dankbar kaufen, weil sie sich die teuren Produkte nicht leisten können. Aber an diesem „Wettbewerb“ nehmen die meisten afrikanischen Länder gar nicht teil. Der Kontinent ist reich an Bodenschätzen, die von den Industrieländern heiß begehrt werden. Das aber genau ist das Dilemma. Der Kontinent wird ausgeplündert von den Konzernen der reichen Länder, ohne Rücksicht auf Umwelt und Lebensbedingungen der dort lebenden Bevölkerung. Unsere Hilfsprogramme sind auch nicht immer hilfreich, sondern oft auch zerstörerisch, weil sie Auflagen machen wie z.B. Ackerland, das der Ernährung der Einheimischen dient, umzuwandeln in exportfähige Güter wie Tee oder andere Konsummittel für die Industrieländer. Und leider gehen unsere Regierungen auch Verträge mit despotischen Herrschern ein, die sich die eigenen Taschen füllen.

    Ihr Beispiel aus  Friedrichshain-Kreuzberg passt nun gar nicht gar nicht in die Debatte. Da wurde einfach nur in zunächst bester menschenfreundlicher Absicht dilettantisch agiert. Das ist aus dem Ruder gelaufen, mag Sie auch empören, ist aber ein Versuch gewesen, die berechtigten Forderungen der Asylsuchenden in unserem Land menschlicher zu behandeln.

  18. #19 I. Werner

    Danke für den Beitrag. Dadurch erübrigt sich meine Antwort an R.Weber.

  19. R. Weber schreibt: „Diese fürchterliche Sündenbockmoral! Immer sind die anderen schuld, im Zweifelsfall sind’s aber immer die Deutschen. So soll die Welt nun am deutschen Moralin genesen. (…)

    Oft wird Flüchtlingen unterstellt, sie würden aus „wirtschaftlichen Gründen“ hierher kommen. Wirtschaftliche Gründe meint dann nicht, daß sie vor unerträglicher und mörderischer Armut fliehen, um zu überleben, sondern um hier ohne Arbeit und mit faulem Nichtstun durch Sozialleistungen reich zu werden (mit Sozialhilfeleistungen reich werden, schon ein Widerspruch in sich). Eher akzeptiert als Armutsflüchtlinge (in diesem Sinne fälschlich „Wirtschaftsflüchtlinge“ genannt) sind Menschen, die aus politischen Gründen fliehen.

    Mir war es wichtig zu zeigen, daß nicht nur politische Gründe Flucht verursachen können, sondern auch tödliche Armut. Es ist eigentlich egal, ob man vor politischer Gewalt flieht oder vor dem Verhungern (was meist auch eigentlich eine Form von politischer Gewalt ist).

    Die Flüchtlinge sind in der Regel nicht Schuld an den katastrophalen Zuständen in ihren Heimatländern. Sie erleiden sie nur.

    Wenn wir mit Flüchtlingen umgehen, sollten wir sie nicht als kriminell betrachten, weil sie es nicht sind (jedenfalls ist Flucht nicht kriminell). Den Flüchtlingen wird Schuld zugeschoben (sie wollten unserer Früchte Arbeit genießen, sich also an uns bereichern). Nicht sie sind Schuld an ihrer verzweifelten Situation. Oft -nicht ausschließlich- sind es Institutionen in den Industrieländern. Deutschland ist dabei nur ein Industrieland. Es gibt derer mehrere. „Wärst Du nicht reich, wär ich nicht arm“, heißt es bei Bert Brecht.

    Nun ist es schlußendlich so, daß wir als Menschen anderen Menschen gegenüber hilfspflichtig sind, selbst wenn wir tatsächlich nicht Schuld an ihrer Situation sind. Also Schuld hin oder her. Menschen sind soziale Wesen. Wir müssen selbstverständlich anhalten und Erste Hilfe leisten, wenn jemand verletzt in einem Auto liegt, weil er mit überhöhter Geschwindigkeit gegen einen Baum gerast ist. Also sogar Schuld an dem Unfall ist. Täten wir das nicht, wäre das unterlassene Hilfeleistung, ein Straftatbestand (?-bin kein Jurist).

  20. @ I. Werner #19

    Danke, dass Sie den Mainstream der Flüchtlingshilfe auf den Punkt bringen: „Da wurde einfach nur in zunächst bester menschenfreundlicher Absicht dilettantisch agiert.“ Sie dürfen die Vergangenheitsform „wurde“ auch gerne durch „wird“ und „wird werden“ erweitern. Begleitet von permanenten Rechtsbrüchen.

    Ratlos, hilflos, kopflos, ziellos, wahllos – aber immer „alternativlos“.

  21. Lübbers‘ Schweitzer-Zitat stimme ich ausdrücklich zu. Ja, „den Menschen den Menschen draußen (in den armen Ländern)“ muss geholfen werden. Albert Schweitzer hat „seine“ Kranken aber nicht zu Abertausenden nach Europa verfrachtet, sondern ging ins zentralafrikanische Gabun und eröffnete in Lambarene sein Urwaldhospital, um ihnen dort zu helfen.

    Und er hat allerdings – implizit oder explizit – eine weitere Entscheidung getroffen, nämlich wem überhaupt er helfen will, also wie er seine Ressourcen einsetzen will. Er hat sich für die „Ärmsten der Armen“ entschieden, nämlich für die Kranken, die aufgrund ihrer Krankheit beim besten Willen nicht für ihr Überleben sorgen konnten.

    (In seiner 2009 erschienenen Biographie über Albert Schweitzer bezeichnete ihn der Theologe Nils Ole Oermann als einen „Meister der Selbstinszenierung“, ohne jedoch die großen Leistungen Schweitzers zu leugnen. Oermanns Schlagwort wurde wenige Jahre später vom Theologen Sebastian Moll aufgegriffen und zu einem eigenen Buchtitel erhoben.)

    Von moralischen Rigoristen wird leicht übersehen, dass Menschenrechte zwar unbedingt gelten, aber eben nicht uneingeschränkt. Unbedingt bedeutet, dass sie ohne weitere Bedingung als eben das Menschsein gelten. Da es aber konkurrierende Menschenrechte gibt, müssen sie ggf. gegeneinander abgewogen werden. Sie erinnern sich an die Beschneidungsdebatte in Deutschland? Da wurde das Recht des Kindes auf körperliche Unversehrtheit (um nur eines seiner Rechte zu nennen) zugunsten der Religionsfreiheit der Eltern nicht nur eingeschränkt, sondern vollständig – weil unwiderbringlich – geopfert.

    In der aktuellen Flüchtlingsfrage stehen wir alle vor einem ethischen Dilemma. Zu Übungszwecken kann sich jeder einmal mit dem bekannten Straßenbahn-Dilemma (trolley dilemma) beschäftigen. Darin geht es, kurz gesagt, um Folgendes:

    Eine Bahn fährt auf eine Gruppe von 5 Menschen zu, die sich nicht fortbewegen können, und droht, sie zu überfahren. Sie selbst und eine weitere Person stehen an einer Weiche und könnten die Bahn auf ein anderes Gleis umleiten. Auf diesem Ausweichgleis steht 1 Person, die sich ebenfalls nicht selbst fortbewegen kann. Sie könnten also entscheiden, ob 1 oder 5 Personen sterben müssen. Wie würden Sie handeln?

    Variationen
    – Sie fordern ihren Nachbarn auf, eine Entscheidung zu treffen.
    – Wenn Sie die Person neben auf die Schienen schubsen, bremst er die Bahn, sodass 6 Personen gerettet werden.
    – Sie könnten sich selber vor die Bahn werfen, um sie zu bremsen.
    – Wie würden Sie handeln, wenn die Person auf dem Ausweichgleis ein naher Verwandeter oder Freund von Ihnen wäre?
    – Wie würden Sie handeln, wenn die 5 Personen einer Gruppe angehörten, die Sie verabscheuen (führende Nazis, die Pol-Pot-Clique, Bin Ladens Führungszirkel, „Ungläubige“, Schwule usw.)?
    – Würden Sie einen Unterschied machen, je nachdem ob die potenziellen Opfer Männer oder Frauen sind?
    – Macht es für Sie einen Unterschied, wie die Frage formuliert ist? „Sie könnten 5 Personen retten“ vs. „Sie würden 5 Personen in den Tod schicken“.

    Und nun wenden Sie bitte die gewonnenen Einsichten über Ihre eigene Ethik auf folgenden aktuellen Fall an:

    Im gesamten Jahr 2014 starben ca. 3.400 Menschen bei dem Versuch, den europäischen Kontinent auf oft seeuntauglichen Booten zu erreichen.
    In nur 2,5 Tagen starben in Afrika 3.400 Kinder an Malaria, also jeden Tag über 1.400.

    Erstere sahen in ihrem Land keine Perspektive, machten aus freiem Entschluss erhebliche finanzielle Mittel locker und begaben sich auf eine lange, beschwerliche Reise, die sie überstanden, weil sie jung und kräftig waren. Erst durch (skrupellose) Schleuser gerieten sie in Lebensgefahr, der sie dann nicht entkamen.

    Letztere hatten erst gar keine Chance, kein Geld, keine Kraft. Dabei hätten sie mit minimalem Aufwand gerettet werden können.

  22. @ M.Lübbers #21

    Ich wäre der Letzte, der Sie daran hindern möchte, Gutes zu tun. Vielleicht wollen Sie folgendem Beispiel nacheifern:

    Der Bundestagsabgeordnete Martin Patzelt (CDU) aus dem brandenburgischen Briesen, einem Straßendorf kurz vor Frankfurt (Oder), der selbst mit 13 Geschwistern aufgewachsen ist, hat zwei christliche Asylbewerber aus Eritrea bei sich aufgenommen. Sie wohnen im Dachgeschoss seines großen Hauses.

    Ich habe Achtung vor all jenen, die so etwas tun. Andere sind da weniger einsatzfreudig. „Ich schlage vor, dass wir beide, Sie und ich, ein oder zwei Flüchtlinge persönlich bei uns aufnehmen, bis diesen eine menschenwürdige, individuelle Unterkunft statt kasernierte Massenquartiere angeboten wird“, schrieb Patzelt an Ströbele. Von Ströbele bekam er keine Antwort. Wen wundert’s.

    Jedem Bundesbürger (und gendergerecht: jeder Bundesbürgerin) sollte gestattet werden, Asylbewerber und Flüchtlinge bei sich aufzunehmen. Unter der Voraussetzung, dass er oder sie für Unterkunft, Verpflegung, Bekleidung, Haarpflege und Kosmetik, Bespaßung, Fahrtkosten, ärztliche Versorgung, Handykosten und WLAN-Zugang, psychologische Betreuung zur Traumabehandlung, ausreichende sinnvolle Beschäftigung, ausreichende Bargeldausstattung usw. aufkommt und für das Verhalten seines Schützlings haftet.

    Dies stets von anderen, also im Zweifelsfall von „der Gesellschaft“ oder „dem Staat“, zu verlangen hätte Luther wohl mit den Worten bedacht „Mit eines fremden Mannes Arsch ist gut durch Feuer fahren.“ oder weniger drastisch „Von fremdem Leder ist gut Riemen schneiden.“

    Ihr Hinweis auf unterlassene Hilfeleistung geht ins Leere, denn Hilfeleistung ist kein unabdingbar zwingendes moralisches und/oder rechtliches Gebot. Auch dabei gilt immer der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit.

    Nach § 323c StGB wird wegen unterlassener Hilfeleistung bestraft, wer „bei Unglücksfällen oder gemeiner Gefahr oder Not nicht Hilfe leistet, obwohl dies erforderlich und ihm den Umständen nach zuzumuten, insbesondere ohne erhebliche eigene Gefahr und ohne Verletzung anderer wichtiger Pflichten möglich ist.“ Übrigens ist die Vortäuschung, dass wegen eines Unglücksfalles oder gemeiner Gefahr die Hilfe anderer erforderlich sei, strafbar (§ 145 Abs. 1 Nr. 2 StGB).

    Quelle: Asylbewerber –
    CDU-Politiker teilt sein Zuhause mit Flüchtlingen

  23. Die Mathe-Aufgeben werden ja immer schwere, jetzt schon Multiplikation…

    Ich antworte Ihnen noch ausführlicher, muß aber gleich klimaschonend in den Bus.

    – Wie würden Sie handeln, wenn die 5 Personen einer Gruppe angehörten, die Sie verabscheuen (führende Nazis, die Pol-Pot-Clique, Bin Ladens Führungszirkel, „Ungläubige“, Schwule usw.)?

    Sie haben Recht, ich verabscheue Nazis, Pol Pot und Bin Laden. Was aber sollte ich gegen Ungäubige und gegen Schwule haben?

    Atheisten und Schwule in einen Topf werfen mit Massenmördern, was macht das für Sinn? Ich beurteile Menschen danach, wie sie im Hier und Jetzt handeln, unabhängig davon, ob sie religiös und areligös sind. Atheist zu sein hat mit Moral nichts zu tun. Es ist weder moralisch noch unmoralisch. Und schwul zu sein hat auch nichts mit Moral zu tun. Es geht mich nichts an, welche sexuellen Präferenzen jemand hat. Sieht man mal von kriminellen sexuellen Präferenzen ab (gelebte Pädophilie z.B.).

    Hab noch ein bißchen Zeit bis zum Bus.

    Es gibt nichts Gutes außer man tut es. Das ist wahrscheinlich, was Sie mit Ihrem Kommentar ausdrücken wollen. Die Frage ist: Wann tut man genug (Gutes)?

    Als Arzt hätte ich mein berufliches Leben für (sinnvolle) Entwicklungshilfe aufwenden können, und zwar ohne Mittagspause. Das habe ich bisher nicht gemacht.

    Einiges schon (eigentlich zu wenig): 6 Wochen-Einsatz für Ärzte für die Dritte Welt in Bangladesh (1999). Knapp 3 Wochen Haiti für Humedica (Cholerabekämpfung nach Erdbeben 2010). Hatte mehrere Monate eine Nigerianerin untergebracht, die abgeschoben werden sollte.

    Wir werden noch viele „Klimaflüchtlinge“ haben. Ich verhalte mich klimaschonend (fahre möglichst nicht Auto, und wenn Kleinwagen; Praxis energetisch saniert; PV-Anlage; Geld auf EthikBank und Umweltbank; Vegetarier v.a. allerdings aus Tierschutzgründen).

    Das sind alles Sachen, die man machen kann, ohne sich dabei ein bein ausreißen zu müssen.

    Jetzt muß ich looos

  24. Noch ein Wort zum Thema schwul. Hat mit dem Blog nur begrenzt was zu tun; höchstens weil manchmal Schwule bei uns berechtigterweise Asyl finden, z.B. weil sie in ihrem Land mit der Todesstrafe oder Gefängnisstrafe bedroht sind. „Mich geht es nichts an, welche sexuellen Präferenzen jemand hat“ klingt ein bißchen nach „sollen die (!) doch machen, was sie wollen“, nicht mein Ding (in der Tat), aber auch nicht nachahmenswert.

    Es ist positiv, wenn Menschen gut miteinander auskommen, sexuell und nichtsexuell. Wenn 2 Menschen sich lieben, geht mich das in der Regel nichts an. Aber es ist positiv, und zwar unabhängig vom Geschlecht dieser Menschen. Es ist Geschmackssache. Und zwar offensichtlich eine angeborene Geschmackssache. Ich kann nicht verstehen, daß manche Menschen Bananeneis mögen, wo doch Schokoladeneis viel besser schmeckt. Aber vielleicht irren sich ja auch meine Geschmacksrezeptoren, und Banane ist das non plus ultra…Egal, ich esse weiter Schokolandeneis.

  25. @ M. Lübbers #25

    1. Ich habe ja auch nie behauptet, Sie hätten etwas gegen Schwule usw. Es ging oben um das Trolley-Dilemma. Statt „Sie“ hätte ich vielleicht schreiben sollen „der sich mit dem Dilemma Befassende“ und bei der Auflistung den Zusatz anbrigen sollen „je nach weltanschaulicher Ausrichtung“. Aber das ergibt sich aus dem Kontext doch von selbst. Absurd, mir vorzuwerfen ich würde Massenmörder und Schwule in einen Topf werfen!

    2. Wenn ich Dinge aus Ihren Äußerungen aufgreife, ist das nicht gegen Sie gerichtet, sondern Sie dienen allenfalls als Beispielgeber, Aufhänger und Illustration für meine Äußerungen. Ich mag aber weder das übliche „man“ noch gar das gendernde „die Helfenden“ (oder nach Professx Lann Hornscheidt „Helfx“) verwenden.

    Vorneweg: ich halte Ihr Engagement für ehrenwert. Aber deswegen noch nicht zwingend für richtig und beispielgebend.

    3. Denn auch Sie (im obigen Sinne verwendet) haben eine Reihe von Abwägungen und Entscheidungen getroffen, von denen manche wahrscheinlich unbewusst geblieben sind. Dem Nutzen für die Hilfeempfänger steht ggf. ein Schaden gegenüber. Die Umweltbelastung durch Langstreckenflüge, die Belastung der Fluggäste (einschl. der Helfer) und insbesondere des Kabinenpersonals durch radioaktive Strahlung und verpestete Kabinenluft, die körperliche und psychische Belastung der Helfer wären hier u.a. zu nennen. Aber auch unter den potentiellen Hilfeempfängern entsteht evtl. Schaden, da immer nur einigen geholfen werden kann, vielen anderen aber nicht. „Warum wird denen geholfen und mir nicht?!“ Ich kenne Berichte von Helfern, die von ganz schlimmen Agressionen und Neid berichten. Diese richteten sich sowohl gegen die, denen tatsächlich (wenn auch oft nur kurzfristig) geholfen wurde als auch gegen die Helfer. Menschen, die sich bei der Lebensmittelverteilung gegen die prügelnden Stärkeren nicht durchsetzen konnten und leer ausgingen. Man könnte das Kollateralschäden nennen, die um der guten Sache willen halt in Kauf genommen werden müssen.

    Daneben gibt es etwas, was gleichzeitig Kollateralnutzen und -schaden ist. Der Kollateralnutzen besteht z.B. darin, dass hohe finanzielle Aufwendungen zunächst den Helferorganisationen, den hiesigen spendensammelnden Drückerkolonnen, den Luftfahrtgesellschaften, den zu schmierenden Personen in den Empfängerländern, den hiesigen Unternehmen (denen Hilfsgüter zu hohen deutschen Preisen abgekauft werden) zugute kommen. Als Kollateralschaden „fehlt“ dieses Geld den Hilfsbedürftigen.

    Und dazu gehört auch die von Ihnen angeschnittene Problematik, ob und wie weit man mit „Diktatoren“ zusammenarbeiten soll und darf. Wenn man z.B. in Afghanistan Hilfe nur leisten kann, wenn man den Taliban Straßenzölle, Schutzgelder u.ä. zahlt – soll man das tun?

    4. Während Sie mit dem Bus gefahren sind, habe ich mich einer etwas komplizierten Backenzahnextraktion unterzogen. Gemeinsam haben wir allerdings das Bemühen, durch eigenes Verhalten die Umweltbelastung gering zu halten. Dass ich viel zu Fuß gehe, mit dem Rad oder öffentlichen Verkehrsmitteln fahre usw. tue ich zunächst einmal aus völlig egoistischen Gründen: ich möchte – auch im Alter – gesund bleiben. Ich brauche keine drohenden Zeigefinger moralinsaurer Weltverbesserer, die mir Fleischkonsum, Alkohol, Chips, Autofahren und was dergleichen Teufelszeug mehr ist, verleiden oder gar verbieten wollen. Mein Menschensbild geht halt von der Selbstverantwortlichkeit des Einzelnen aus.

    Ob die Installation einer PV-Anlage auf einem deutschen Dach in der Lage ist, Krisen und Kriege und Hunger und Armut in anderen Ländern zu beenden, wage ich zu bezweifeln. Auch wenn ganz Deutschland mit PV-Anlagen zugepflastert ist, wird kein einziger Mensch in Afrika weniger hungern.

    In diesem Zusammenhang empfehle ich die Lektüre eines äußerst informativen Artikels in der FAZ vom 15.05.2015 Björn Lomborg

    Deutschlands gescheiterte Klimapolitik

  26. #27 R. Weber

    Beim Thema Flüchtlinge und Einwanderungspolitik beginnend sind wir nun unversehens bei der Klimapolitik gelandet. Auch wenn das sicher nicht ganz dem Ziel dieses Thread entspricht, kann ich mir einen Kommentar zu diesem von Ihnen, Herr Weber, als informativ charakterisierten Artikel nicht verkneifen.
    Selten einen so undurchdachten und wenig schlüssigen Aufsatz gelesen wie diesen!
    Der Autor zeigt eine Parallele auf zwischen dem Wirtschaftswachstum verschiedener Länder und dem Anstieg ihrer Emissionen. So weit, so nachvollziehbar. Dann behauptet er, dass Solar- und Windenergie zu teuer seien und die erbeuerbaren Energien in 25 Jahrem immer noch unbedeutend sein würden. Am Ende seiner Ausführungen empfiehlt er dann aber, endlich anzufangen, in die Erforschung im Bereich der erneuerbaren Energien zu investieren, um diese gegenüber fossilen Brennstoffen wettbewerbsfähiger zu machen. Ja was nu, fragt sich die Leserin, haben die erneuerbaren nun Zukunft oder nicht?
    Davon, dass die Vorräte an fossilen Brennstoffen in absehbarer Zeit aufgebraucht sein werden, scheint er noch gar nichts gehört zu haben, er erwähnt sie nur als billigere Alternative zur Wind- und Solarenergie und sieht sie als Verursacher der Erderwärmung an. Deren Schäden beziffert er mit wo auch immer herstammenden niedrigen Zahlen, die mit Sicherheit die bereits begonnen Verödung ganzer Landstriche sowie ein mögliches dauerhaftes Erkalten des Klimas z. B. durch Verschwinden des Golfstroms vor Europa nicht mit einbeziehen.
    Zwischenzeitlich lobt er dann wieder die ach so innovative Entwicklung des Frackings und lässt unerwähnt, dass dessen Schäden z. B. in dicht besiedelten Gebieten noch gar nicht abzusehen sind, ganz abgesehen davon, dass es ja auch wieder einen fossilen und damit bald zur Neige gehenden Brennstoff nutzt.
    Also, alles in allem recht kraus und widersprüchlich!

  27. Moin Herr R.Weber,

    teilweise sitze ich aus egoistischen Gründen im Bus, da ich in der Zeit die Frankfurter Rundschau durchkriege (die Sachen, die mich interessieren).

    Der Ausstoß von Treibhausgasen verursacht vermehrte Dürren und Überschwemmungen und zerstörerische Stürme usw. und ist damit eine Ursache für die in Zukunft zunehmenden „Klimaflüchtlinge“. Insofern trägt die Installation einer PV-Anlage auf einem deutschen Dach Krisen und Kriege und Hunger und Armut in anderen Ländern …zu beenden ist etwas optimistisch. Aber zu vermindern. Und wenn jeder e i g e n v e r a n t w o r t l i c h das macht, was er kann, ist schon ein bißchen was erreicht. Ich merke gerade, ganz sympathisch, dieses Eigenverantwortlich…

    So, in 20 Minuten lese ich den Rest der heutigen Frankfurter Rundschau (Bus)…

  28. @Lübbers #29

    Ein durchaus schöner und sinnvoller Ansatz.

    Ich verkneife mir seit langer Zeit Flugreisen und Kreuzfahrten und viele andere verschwenderische Ressourcenverbräuche, obwohl ich mir die Welt schon gern angesehen hätte. Eine Menge ökologisch sinnvoller Energiesparmaßnahmen, nur die nötigsten Fahrten, viele wilde Ecken im Garten und vieles mehr.

    Daß über den Wolken die Freiheit grenzenlos ist, weiß ich auch ohne dort gewesen zu sein, und daß der Urwald schön und die Berge am Gipfel einzigartig sind, kann man auch wissen, ohne den Körper dorthin zu schleppen.

    Man kann die Welt auch bewundern, ohne sie zu erobern.
    Die Aussage: „Da bin ich noch nie gewesen“, ist ja geradezu ein Qualitätsmerkmal ökologisch-vernünftigen Verhaltens.

  29. Es war nicht anders zu erwarten, und es war zu befürchten: In der Diskussion geht es nicht darum, wie man eine gezielte Einwanderungspolitik machen könnte, sondern darum, wie man mit dem Flüchtlingschaos fertig wird, und sich unerwünschte Asylbewerber vom Hals halten kann.

    Welche Fluchtgründe man auch annimmt oder gar unterstellt, so wird doch allemal deutlich, daß man die Flüchtlinge viel besser in ihren Herkunftsländern aufgehoben sähe, natürlich unter Lebensbedingungen, die selbstverständlich mit Hilfe der Aufnahmestaaten verbessert werden müßten. Oder hätten müssen sollen, egal, bleibt, wo der Pfeffer wächst! Pure Heuchelei! Und wenn demnächst die Klimakatastrophe eintrifft, so trifft sie uns alle, zum Glück!

    Daß wir nicht alle und jeden aufnehmen können, hat unsere Bundeskanzlerin schon gesagt. Daraus ist zu schließen, daß wir uns doch lieber diejenigen aussuchen, die wir haben möchten. Hier trennen sich die Wege zwischen Asyl- und Einwanderungspolitik. Flüchtlinge, die aus „anerkannten“ Gründen Asyl suchen, sollen bleiben dürfen, wobei es keine Rolle spielt, ob sie für ihren Lebensunterhalt selbst aufkommen können.

    Wie hoch hier der Anteil von Personen ist, die bei uns einer qualifizierten Tätigkeit nachgehen könnten, weiß ich nicht. Selbst bei einer vorhandenen Qualifikation wird es unter den gegebenen Umständen schwierig sein, Nachweise zu erbringen oder, falls vorhanden, anerkannt zu bekommen.

    Es wird behauptet, daß allein aus demographischen Gründen eine „Zuwanderung“ gut qualifizierter Arbeitskräfte in absehbarer Zeit notwendig sei, schon allein, um die Alterseinkünfte unserer immer älter werdenden „Senioren“ sicherzustellen. Wenn man das umlagefinanzierte Rentensystem, den „Generationenvertrag“, beibehält, mag das so stimmen. Aber es stimmt natürlich nicht in einem System, wo die Arbeitseinkünfte stagnieren und Unternehmensgewinne explodieren. Diese Gewinne sollten zur Finanzierung aller Sozialsysteme, nicht nur der Rente, herangezogen werden.

    Es mag betriebswirtschaflich richtig sein, fähige ausländische Fachkräfte in verstärktem Maß zu beschäftigen. Auch für die deutsche Volkswirtschaft dürfte es von Vorteil sein, wenn gut ausgebildete und motivierte Ausländer den weniger qualifizierten Deutschen, die es auch geben soll, „die Arbeitsplätze wegnehmen“. Ob es für die Befindlichkeit der Deutschen zuträglich ist, wenn sie auf ausländische Kollegen nicht mehr, wie auf die „Gastarbeiter“ früher, hinabblicken können, ist fraglich. Für Vietnamesen, die in der DDR studiert hatten, war die Situation in den plötzlich neuen Bundesländern alles andere als erfreulich.

    Trotzdem sollte man fähigen Arbeitskräften, die in ihrem Herkunftsland keine Chance für ein berufliches Fortkommen haben, hier die Möglichkeit bieten, seßhaft zu werden. Andererseits muß darauf geachtet werden, daß keine Kräfte abgeworben werden, die in ihrem Heimatland unersetzbar sind, seien es Träger von Know-How in der Wirtschaft, Wissenschaftler, Ärzte, Pflegepersonal oder Beschäftigte in der Infrastruktur eines Landes. Solche Gesichtspunkte sollten bei einer Gesetzgebung, die eine geordnete und gezielte Einwanderung regelt, berücksichtigt werden.

  30. Moin R. Weber,

    ok, hier ist er, der Vorwurf: Wir sind für den Hunger in Akfrika verantwortlich! Und in Asien und in Lateinamerika. Mitverantwortlich.

    Dann erzählen Sie mal, warum das nicht so ist. Nach Ihrer Auffassung.

    Noch kurz zum CO2-Ausstoß: Kumulativ sind die Industrieländer für den Hauptteil der CO2-ppm`s verantwortlich.

    Ein 50-jähriger, der mit 20 angefangen hat zu rauchen, hat ein ungleich höheres Lungenkrebsrisiko, wie jamand, der mit 49 damit angefangen hat und jetzt seinen 50. Geburtstag feiert. Das ist auch ein kumulativer Effekt.

    Mein Ansatz in dieser Diskussion ist ja folgender: Menschen leben nicht für sich allein, sondern sind mitverantwortlich für das Leben anderer Menschen. Wenn ich mehr besitze, als ich für ein gutes Leben brauche, und auf der anderen Seite Menschen nicht genug haben zu einem würdigen Leben oder gar zum Überleben, dann ist das in meinen Augen nicht in Ordnung. Unabhängig davon, ob ich Schuld an der miserablen Situation des Anderen bin oder nicht. Aber vor allem dann, wenn ich mitschuld bin (worüber wir ja gerade diskutieren, kommt das CO2 aus Auspufftöpfen oder aus Feuerholz; stößt ein S-Klasse Mercedes mehr CO2 aus als ein Kleinwagen oder weniger; braucht man 5 bis 7 Getreidekalorien, um eine Kalorie Fleisch zu erzeugen, oder ist es umgekehrt; lassen sich die Tiere freiwillig schlachten, oder tun die Fleischer ihnen Zwang an, ok, ist ein anders Thema…)

    Ein weiterer Punkt ist: Es gibt für das Lebensglück einen optimalen Besitz; weniger zu haben macht unglücklich, paradoxerweise mehr zu haben aber auch. Mein Liebstlingst-Autor Erich Fromm hat dazu das Buch „Haben oder Sein“ geschrieben, sehr empfehlenswert, das Buch und die anderen Bücher dieses Autors…

  31. @ 36, R. Weber

    Sie hatten zum Thema „Einwanderung…“ kommen wollen, aber es dann doch irgendwie versäumt. Was mich dennoch interessiert, sind Ihre Ausführungen zu den straffälligen Intensivtätern unter den Asylbewerbern, besonders in Sachsen. Im WWW fand ich einen Focus-Artikel hierzu mit dem Titel „Straftaten nicht mit Bleiberecht belohnen“. Jetzt bin ich mir nicht ganz sicher, ob das Bleiberecht eine ironische Umschreibung für eine Freiheitsstrafe sein soll. Aber warum sollen straffällige Asylbewerber nicht mit einer Freiheitsstrafe „belohnt“ werden?

    In welcher Umgebung halten sich nun die 499 mehrfach straffälligen Intensivtäter in Sachsen auf? Ich hoffe doch, im Strafvollzug, um die arglose sächsische Bevölkerung vor weiteren Übeltaten zu bewahren! 193 tunesische Schwerkriminelle können ja erst einmal nicht in ihr Herkunftsland abgeschoben werden, weil sie bei uns einsitzen müssen, wie übrigens die übrigen von den 8000 schwerkriminellen Asylbewerbern in unserer Republik auch. Auch wenn sie nicht einsitzen müßten, dann würde die Genfer Flüchtlingskonvention es untersagen, diese Menschen abzuschieben.

    Ich glaube auch nicht, daß die Herkunftsländer daran interessiert wären, die Flüchtlinge wieder einreisen zu lassen, wobei ich mir nicht sicher bin, ob man nicht doch bei solchen Individuen, die in einer besonderen Weise als kriminell gelten, vielleicht eine Ausnahme machen würde.

    Eigentlich hatte ich mich nur zum Thema „Einwanderung…“ äußern wollen, aber…

  32. @ R. Weber

    In einigen Punkten klingen Ihre Ausführungen plausibel. Allerdings übersehen Sie, dass es sich bei den Auswanderern aus Eritrea (Sie wählen dieses Land als Beispiel für Wirtschaftsflucht) vorwiegend um politische Flüchtlinge handelt, die als Oppositionelle von der dortigen Militärdiktatur verfolgt werden und somit nicht unter die Kategorie Armutsflüchtlinge fallen. Auch die Auswanderung aus Somalia, Südsudan und mehreren anderen afrikanischen Staaten erfolgt aufgrund der instabilen Sicherheitslage in diesen Ländern. Denken Sie doch nur an das von Boko Haram terrorisierte Nigeria!

    Was die Einwanderung von Kriminellen angeht: Es wäre naiv, zu glauben, dass nur gesetzestreue Bürger ihr Land verlassen. Allerdings sind die Quellen, aus denen man Informationen über das Vorstrafenregister von Flüchtlingen bezieht, doch naturgemäß sehr dubios. Für die eritreische Regierung z.B. ist jeder Oppositionelle ein Straftäter und wandert ins Gefängnis.

  33. Ich habe heute Morgen wie jeden Tag mit großem Interesse die Leserbriefe studiert und ich kann mich den Aussagen von Herrn Brink und Herrn Hollwegs in den am 30. Juli veröffentlichten Leserbriefen nur anschließen. Es hat mich etwas erleichtert, dass es offenbar doch noch ein paar Menschen gibt, die entsetzt und beschämt sind angesichts des unsäglichen Verhaltens vieler Mitbürger in der „Flüchtlingsdebatte“ (irgendwie erscheint mir dieser Begriff unangemessen -immerhin geht es hier für die zu uns geflüchteten Menschen um Leben und Tod und nicht um eine intellektuelle Fingerübung- aber mir fällt leider kein besserer Begriff ein).
    Auch ich verfolge mit zunehmendem Entsetzen vor meinen Mitbürgern die Flüchtlings-Debatte. Ich kann es einfach nicht fassen, wie viel Hass und Unmenschlichkeit sich offenbar in vielen Menschen hier im Land verbirgt und nun immer ungehemmter nach außen getragen wird!
    Ist es denn wirklich so schwer, wenigstens ein bisschen Mitgefühl aufzubringen mit Menschen, die in ihrer Heimat Krieg, Folter, Vergewaltigung, Hunger, Zerstörung oder andere Gräuel erleben mussten und sich gezwungen sahen, die gefährliche Flucht nach Europa anzutreten, in der verzweifelten Hoffnung, dort das zu finden, was jedem (!!!) Menschen zusteht: Ein Leben in Frieden und Sicherheit, ein sicheres Dach über dem Kopf für sich und seine Familie, genügend Essen und Kleidung, ärztliche Versorgung, gute Bildungsmöglichkeiten für die Kinder und menschenwürdige Arbeit für die Erwachsenen. Wir hier haben das Glück, in einem der wenigen Länder der Welt zu leben, in dem diese Bedingungen für die meisten von uns (leider noch nicht für alle) erfüllt sind oder zumindest erfüllbar wären. Mit welchem Recht maßen wir uns an, anderen Menschen ihre Menschenrechte und ihre Würde abzusprechen? Ja, und nicht zuletzt gebührt jedem Menschen Achtung und Respekt! Letzteres wird in der Flüchtlingsdebatte permanent mit Füßen getreten – viele der sogenannten „Flüchtlingskritiker“ (der Euphemismus des Jahres!) scheinen die zu uns geflüchteten Personen nicht als „richtige“ Menschen zu betrachten und gerade die deutsche Geschichte hat uns auf schreckliche Weise gezeigt, wohin eine ständige Dehumanisierung führt. Sollten wir nicht inzwischen dazugelernt haben?
    Ich fühle mich so wütend, angewidert, beschämt und hilflos, wenn ich Berichte wie über Freital lese. Ich fühle mich keineswegs von den Flüchtlingen bedroht, aber sehr wohl von meinen „besorgten“ Mitbürgern, von denen etliche offenbar kurz davor stehen, Lynchmorde anzuzetteln! Und diverse Politiker, nicht zuletzt die Kanzlerin höchstselbst, versuchen auch noch, mit rechten Phrasen diese Leute als potentielle Wähler zu umgarnen, anstatt sich klar gegen diese Hetze zu positionieren… Es ist erschütternd.
    Übrigens hatte ich beim Lesen über die unsägliche Unterbringung von Flüchtlingen neben der Autobahn nächst zu Limburg einen kleinen Geistesblitz: Limburg – da steht doch eine große und gerade erst tipp-topp renovierte Immobilie frei! Man könnte doch die Flüchtlinge im Bischofspalast unterbringen. Es gibt genügend Platz für Schlaf- und Speiseräume sowie vernünftige Sanitäranlagen. Man könnte die Bibliothek einrichten und erste Deutschkurse dort abhalten. In der kleinen Kapelle könnten die Menschen um Verwandte und Freunde trauern, die in ihrem Heimatland oder im Mittelmeer zu Tode kamen. Und die von Krieg und Flucht traumatisierten Kinder könnten in dem großen Garten spielen.
    Ganz im Ernst – ich finde meine Idee ziemlich gut. (Und die katholische Kirche müsste meinen Vorschlag doch eigentlich auch begrüßen, da sich ihnen so die Gelegenheit bietet, ihrem so gerne verkündeten Ideal der Nächstenliebe gerecht zu werden.)

  34. @ all

    Zu dem vorangegangenen Kommentar # 40 von R.Weber möchte ich etwas anmerken. Ich habe lange überlegt, ob ich ihn freischalten kann, denn er ist im Kern rassistisch und widerspricht damit den Blog-Regeln. Da hier aber auch über die Einstellung der Deutschen zu den Flüchtlingen gesprochen und nach den Gründen für die offenkundige Kaltherzigkeit mancher Deutschen gefragt wurde, habe ich mich dazu durchgerungen, ihn freizuschalten, weil sich diese Fragen hier vielleicht beispielhaft diskutieren lassen.

    Jede einzelne der Behauptungen R. Webers lässt sich leicht widerlegen oder korrigieren. So herrschen im Kongo, zumindest im Osten, bürgerkriegsähnliche Zustände. Somalia wird von religiösem Wahn überzogen. Da kann mit Recht bezweifelt werden, dass „jeder Euro vor Ort sinnvoller eingesetzt“ wäre. Zu Eritrea wäre zu sagen, dass es dort massive politische Verfolgung gibt und dass sich diese Tatsache nicht durch eine unreflektierte Einzelaussage ändert. Zum Christophorus Jugendwerk wäre zu fragen, was es für die genannten Summen leistet. Meines Wissens ist das Jugendwerk in chronischer Geldnot, trotz der angeblich so frugalen Summen pro Kopf. R. Weber hat zudem völlig vergessen zu erwähnen, dass es hierbei um die Betreuung von unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen geht, also Kindern, die teilweise ihr halbes Leben auf der Flucht und auf der Straße verbracht haben. Dass man von jungen Menschen mit solchen Biographien nicht erwarten kann, dass sie sich reibungslos eingliedern, sollte jedem klar sein. Diese jungen Menschen brauchen Intensivbetreuung. R.Weber benutzt die genannten Summen, von denen jeder Euro gut angelegt ist, um ein wichtiges humanitäres Projekt zu diskreditieren. Und so weiter.

    Dann werden auch noch ominöse interne Papiere zitiert (diesmal ohne Link), wonach ganze Straßenzüge in NRW zu Kriminalitätshochburgen geworden sind. Dass es solche Probleme gibt, ist unbestritten. Die Frage ist, wie es dazu kommen konnte. So wie R.Weber diese Dinge aneinanderreiht, ist leicht die manipulative Absicht zu erkennen, einen Zusammenhang zwischen Herkunft der Bewohner und der Kriminalitätsrate herzustellen, als hätten Araber, Türken, Bulgaren und Rumänen eine Art Kriminalitätsgen. Das ist natürlich eine rassistische Aussage. Nur sehr wenige Menschen werden mit genetisch bedingten kriminellen Neigungen geboren. Kriminell werden Menschen durch das Umfeld, in dem sie sich entwickeln. Das heißt, dass in diesem Umfeld, hier: in den genannten Straßenzügen, etwas schief gelaufen ist mit der Steuerung der Entwicklung. Kurz gefasst: Die Politik hat versagt. Jahrzehntelang wurde weggesehen. Integrationspolitik fand praktisch nicht statt. Und dann wurde wegen klammer Kassen auch noch bei den Sicherheitsorganen gespart. Das heißt: Dass die Zustände so sind, wie sie sind, liegt am Versagen von „uns Deutschen“.

    Einen ähnlichen Zusammenhang zwischen Kriminalität und Herkunft stellt R.Weber auch mit Hilfe von Zahlen zu Berliner Intensivtätern her, d.h. er sieht den Grund für die Kriminalität in der Herkunft dieser Leute, nicht in den Milieus, in denen sie aufgewachsen sind und in denen sie umgehen. Die Kriminalität dieser Leute ist quasi ein Naturgesetz, gegen das sich nichts machen lässt. Diese Art, rassistisch zu argumentieren, wurde durch Thilo Sarrazin salonfähig, den viele in den damaligen Diskussionen hier im FR-Blog für einen geistigen Brandstifter hielten. Seine Thesen sind gekennzeichnet von völliger Empathiefreiheit und der Lust zu unzulässigen Verkürzungen.

    „Sieht denn die hiesige politische Kaste nicht, was da auf Deutschland zukommt?“, fragt R.Weber und bricht seine Thesen damit herunter auf die Menschen, die als Flüchtlinge zu uns kommen, die wir noch gar nicht kennen und die uns noch nicht kennen. Er will also aus seinen „Erfahrungen“ mit ausländischen Mitbürgern in Deutschland Rückschlüsse auf die Flüchtlinge ziehen. Das ist natürlich unzulässig, zumal Deutschland, wenn es denn in der Lage wäre, aus den gemachten Fehlern zu lernen, bei den Neuankömmlingen die Möglichkeit hätte, alles anders zu machen. Aber ich fürchte, dazu wird es nicht kommen, denn „die hiesige politische Kaste“ hat jahrzehntelang nicht wahrnehmen wollen, welche Probleme sich im eigenen Land entwickelten — mit Menschen, die schon hier waren. Das eigentliche Problem ist also — mal wieder — politisches Versagen der Verantwortlichen.

    Die Frage ist nun: Wie kommt jemand zu derart harten, menschenfeindlichen Positionen? Ich gehe mal davon aus, dass R.Weber von jedem einzelnen seiner Worte fest überzeugt ist. Er wähnt sich im Recht. Ihm kommt es offensichtlich gar nicht in den Sinn, diese Dinge zu hinterfragen. Dabei sollte eigentlich jeder Mensch wissen, dass die Realität selten so schlicht ist, dass sie sich in derart einfache Gleichungen packen lässt. Sind es diese Simplifikationen, die eine solche Haltung attraktiv machen? Angenehme Vereinfachungen in einer immer komplizierter werdenden Welt?

    Um es noch einmal ganz klar zu sagen: Keines der Probleme, die R.Weber anspricht, kann ein Argument dafür sein, dass Deutschland Menschen in Not nicht hilft.

  35. @ R. Weber #40

    Ich hätte zwei Nachfragen:

    1. Was verstehen Sie unter deutscher Asylindustrie, die Ihrer Meinung nach floriert?
    Betrifft sie Sozialarbeiter, Psychologen und Lehrer, die eingestellt werden müssen, um die traumatisierten und der deutschen Sprache nicht mächtigen jugendlichen Flüchtlinge zu betreuen? Oder sind es die mehr oder weniger schäbigen Häuser, Container, Zelte, die Feldbetten, die Bettwäsche, die Kleidung etc., die beschafft werden müssen, die unsere Industrie so herrlich ankurbeln? Wenn das so ist, müssten wir uns doch über diese Konjunkturspritze freuen.

    2. Der Autor des von Ihnen verlinkten Artikels geht sehr unpräzise mit den jurisischen Fachtermini um. Anfangs spricht er von Mehrfach- bzw. Intensivtätern, dann aber von Tatverdächtigen. Wie Sie sicher wissen, wurde jemandem, der als Täter bezeichnet werden darf, sein Vergehen gerichtlich nachgewiesen, während es sich bei einem Tatverdächtigen eben nicht um einen erwiesenen Verbrecher handelt, sondern um jemanden, der lediglich unter Verdacht steht. Es gibt auch Statistiken – leider habe ich jetzt keine zur Hand – die erwiesen haben, dass Ausländer, vor allem wenn sie anders aussehen als Durchschnittsdeutsche, häufiger als Verdächtige festgenommen werden als letztere. Also von wem ist in diesem Artikel die Rede?

  36. @ Bronski #41 u. @ R. Weber # 43 u. 44

    Bei aller Detailkritik, die gegenüber R. Webers Ausführungen anzumelden ist, halte ich es nicht für angebracht, immer, wenn Probleme eines Teils der Migranten in unseren deutschen Städten benannt werden, gleich mit der Keule „Rassismus“ zuzuschlagen. Herr Weber hat mit keinem Wort behauptet, dass Menschen mit bestimmten Genen eher zu Kriminalität neigen als andere. Ein solches Statement würde unter Rassismus fallen. Dass jedoch ein Zusammenhang besteht zwischen den Milieus, in denen Menschen aufwachsen, und ihrem Verhalten, bestätigen Sie, lieber Bronski, ja selbst. Zum Milieu, in dem jemand sozialisiert wird, gehört jedoch selbtstverständlich auch die Erziehung im Elternhaus und das Verhalten der Vorbilder in den ethnischen Ghettos, in die sich viele Einwanderergruppen ja leider zurückgezogen haben. Und diese Sozialisation ist, das werden Sie doch nicht bestreiten, im Fall der muslimischen Migrantengruppen stark von der patriarchalisch-autoritären Herkunftskultur geprägt. Die Probleme, die daraus erwachsen, allein der hiesigen verfehlten Politik zuzuschreiben, halte ich für genauso undifferenziert wie die Behauptung (die ja zum Glück keiner aufgestellt hat), alle Migranten neigten zur Kriminalität.

    Leider hilft es bei der Flüchtlingsproblematik nicht, über die möglichen negativen Folgen für unsere Gesellschaft zu lamentieren, denn in unserem Staat existiert ein Asylrecht, und jeder, der in Europa ankommt, hat das Recht, einen Asylantrag zu stellen. Wer im Heimatland an Leib und Leben gefährdet ist, MUSS das Bleiberecht erhalten. Das kann auch Herr Weber weder bestreiten noch ändern, denn das ist in unserer Verfassung verankert.
    Dass zugleich alles getan werden muss, um die politischen und ökonomischen Verhältnisse in den Herkunftsländern zu verbessern,ist ebenfalls klar.
    Und so bleibt nichts anderes, als durch möglichst schnelle Verfahren herauszufinden, wer nun bei und bleiben darf und wer nicht. Sehen Sie, Herr Weber, eine Alternative?

  37. Nur kurz möchte ich einige Gedanken beitragen, ohne so manches „Fass“ direkt entgiften zu wollen:
    Gute Leserbriefe und Protest-Veranstaltungen vor Ort sind sehr wichtig, reichen aber bei Weitem nicht aus.
    Mir fehlt schon sehr lange, dass sich der eine oder die andere PolitikerIn analysierend, definierend und einordnend in die Debatte einmischt und leidenschaftlich(!) um unsere Wertevorstellungen kämpft. Statt dessen werden die Bewertungen dieser Herausforderung den vielen „kranken Hirnen“ auf der Straße übwerlassen. An konsistenter und kompetenter Kommunkation in der Politik und vor Ort fehlt es m. E. überall. Auch die Kritik mit erhobenem Zeigefinger – z.B. von Herrn Steinmeier oder der Kanzlerin – bringt nichts und ist irgendwie nur billig.
    Unsere weitgehend sinn-entleerte Gesellschaft steht vor einer großen sinnvollen Aufgabe: die Integration der hilfesuchenden Menschen in einer sich ständig verändernden Welt. Leider berichten die Medien z. Zt. fast ausschließlich über die vielen gewalttätigen und sinnlosen Entgleisungen.
    Deshalb frage ich: könnte sich „meine“ FR verpflichten, mehr die postiven Auswirkungen dieser abenteuerlichen Aufgabe zu erläutern, ohne die berechtigten Befürchtungen zu verschweigen? Dazu gäbe es historische, philosophische, soziologische und psycho-soziale Aspekte noch und noch.

  38. Sind wir schon wieder beim Menschenverbrennen angelangt?
    Es ist eine Schande für alle Deutschen und für Deutschland.
    Diese, die solches tun oder gutheißen, dürfen sich nicht Deutsche nennen. Sie sind keine. Sie gehörten vertrieben, aber es gereicht keinem Staat der Erde zur Ehre, diese aufzunehmen.

    Die Frage ist, wer bleiben darf und wer nicht?
    Nun, diejenigen, die Menschen anzünden, dürfen nicht bleiben, nicht hier und nirgends!

    Ich habe es satt, mich wegen Verbrechern schämen zu müssen, Deutscher zu sein.

    Ich bin stolz darauf, Deutscher zu sein. Das verdanke ich vielen, aber nicht diesen.

    Kriminelle ausweisen? Ja,könnte man versuchen, dann hätten wir wohl mehr Platz für anständige Ausländer!

  39. Das ganze läßt sich wohl auf die Formel bringen:

    Nicht die Ohnmächtigen müssen den Ohnmächtigen entgegentreten,
    sondern die Mächtigen den Mächtigen.

  40. @ Brigitte Ernst, # 45

    Auch ich halte es nicht für angebracht, mit der Keule „Rassismus“ zuzuschlagen, aber wo Rassismus drinsteckt, muss er klar benannt werden, wenn er hier im FR-Blog veröffentlicht wird. Ich lege daher Wert auf die Feststellung, dass ich allenfalls mit dem Kochlöffelchen zugeschlagen habe. R. Weber hat sehr wohl einen Zusammenhang zwischen der Häufung von Kriminalität in bestimmten Stadtteilen und der Herkunft ihrer Bewohner hergestellt und damit eine simplifizierende Kausalität nahegelegt, die glasklar rassistisch ist. Meine These ist dagegen, dass die Verantwortung für die Entstehung solcher Verhältnisse nicht in erster Linie bei den Bewohnern liegt, egal welcher Herkunft, sondern bei der Politik, die sich jahrzehntelang den Herausforderungen nicht gestellt hat, die mit diesen Leuten ins Land gekommen sind. Die Politik hat tatenlos zugesehen, wie Ghettos entstanden, hat die Kriminalitätszunahme beklagt und trotzdem gleichzeitig bei der Polizei gespart.

    Das ist übrigens nicht nur mit Menschen aus fremden Kulturkreisen passiert, sondern zum Beispiel auch im Fall der sogenannten Deutschrussen, die als Nachkömmlinge der Wolgadeutschen jahrzehntelang relativ problemlos nach Deutschland einwandern konnten. (Hier hat man damals schon von Einwanderung gesprochen.) Ich erinnere mich an ein Stadtviertel im badischen Lahr, wo nach dem Abzug kanadischer Truppen solche Einwanderer in Massen in den Kasernen einquartiert wurden. Ruckzuck entstand ein Problemviertel mit durch die Decke gehender Kriminalität. Verantwortlich dafür waren vordergründig russische Clans, welche die Verbindungen nach Westdeutschland, die sich für sie ergaben, für allerlei kriminelle Zwecke nutzten. Hintergründig und damit eigentlich verantwortlich aber war die Politik, die die Russlanddeutschen zwar, dem „jus sanguinis“ war’s gedankt, in Deutschland willkommen hieß, aber kein Konzept für die Verteilung der Menschen und ihre Integration hatte. Man steckte sie dahin, wo gerade Platz war, mit den geschilderten Folgen. Genau dasselbe passierte wieder und wieder überall mit Einwanderern der verschiedensten Herkünfte, und es passiert jetzt wieder.

    Ich nehme R.Weber die Besorgnis über die Entwicklung ab und teile sie, aber sie allein zu beklagen oder abzulehnen, ist leider keine Lösung. Nach europäischem und deutschem Recht haben diese Menschen einen Anspruch darauf, dass ihr Asylrecht als politisch Verfolgte geprüft wird. Ganz egal, welche kulturellen Hintergründe diese Menschen mitbringen und welche Ansichten sie vertreten. Also müssen wir uns mit diesen Leuten auseinandersetzen. Natürlich müssen wir sie auch dazu bringen, sich mit uns auseinanderzusetzen und sich zu integrieren, wenn sie denn überhaupt bleiben, aber das ist erst der dritte oder vierte Schritt. Der erste ist, sie aus Lebensnot zu retten. Das sagen Sie im zweiten Absatz Ihres Kommentars ja ebenfalls.

  41. @ Bronski

    Ich bitte noch einmal um einen präziseren Gebrauch des Begriffs Rassismus. Wie ich oben schon ausführte, sind es die Gene, die beim Rassismus eine Rolle spielen, nicht die geografische Herkunft oder die Kultur.
    Ein gutes Beispiel dafür war die Judenverfolgung im Dritte Reich. Zuerst schien es so, als richte sich die Diskriminierung gegen die fremden Religion und Kultur, weshalb einige Juden zum christlichen Glauben übertraten und sich auch sonst völlig assimilierten. Als sie das aber nicht vor Verfolgung schützte, wurde offenbar, dass dem Holocaust reiner Rassismus zugrunde lag.

    Ich persönlich kann es nicht als Rassismus bezeichnen, wenn jemand als einen Grund (unter anderen) für Probleme die Herkunftskultur bestimmter Einwanderergruppen nennt, schon allein deswegen, weil sie sich vielleicht zu sehr von unserer unterscheidet, weshalb die hier aufwachsenden Jugendlichen in einen Zwiespalt gestürzt werden, der sie aus der Bahn werfen kann.

    Was den Umgang mit den hier Asylrecht genießenden Zuwanderern anbetrifft, bin ich mit Ihnen einer Meinung. Eine Beschränkung des Asylrechts, wie sie R. Weber in #48 einfordert, kann angesichts unseres Verfassungsauftrags und auch unserer Geschichte keine Option sein.

  42. Liebe Frau Ernst,

    da haben wir ein Problem bei der Definition von Rassismus. Der Begriff überlappt mit dem der Fremdenfeindlichkeit und lässt sich oft nur ungenau von ihr unterscheiden. Einigen wir uns darauf, dass R.Webers Thesen fremdenfeindlich und diskriminierend sind? Das mag nicht ganz dasselbe sein wie rassistisch, wäre aber nach den Blog-Regeln ebenfalls ein Ausschlussgrund für einen solchen Kommentar und erfordert daher meine einordnende Kommentierung.

  43. Eine kleine Nebenbemerkung:
    Ich habe ein ungutes Gefühl beim Gebrauch des Wortes Rassismus. Es gibt keine menschlichen Rassen. Stimme ich der These des „Rassisten“, dass es menschliche Rassen gibt, nicht doch zu, wenn ich ihn einen „Rassisten“ nenne?

  44. Vor etwas über 70 Jahren hat sich einer unserer größten Feiglinge selber ins Jenseits befördert anstatt Verantwortung für sein unmenschliches Lebenswerk, in dem er Menschen wie Vieh behandelt hat, zu übernehmen. Der Kerl hat ein Land mit einer traumatisierten Bevölkerung und vielen Millionen Flüchtlingen hinterlassen. Unsere Eltern haben sich der Schuld und Verantwortung gestellt und das Asylrecht ist ein Teil davon. Soweit mir bekannt sieht das Asylrecht vor, dass in einem rechtsstaatlichen Verfahren das Recht auf Asyl mit Einzelfallprüfung festgestellt wird. Bis zum Abschluss dieses Verfahrens hat ein an die Bundestür klopfender Mensch, unabhängig von seinen Beweggründen, Anspruch auf Unterkunft und Verpflegung (Arbeiten darf er ja nicht). Ein Teil der Hohlköpfe die heute vor Asylbewerberheimen protestieren sind vielleicht Kinder von Flüchtlingen aus dem ehemaligen Sudetenland oder Ostpreußen die nicht wissen wollen mit welchen Schwierigkeiten die Aufnahme im zerbombten Restdeutschland verbunden war. Aber Heute geht es ja nicht um das eigene Überleben, sondern um die Sicherung des eigenen Wohlstands und die Werterhaltung der Immobilie. Dafür werden auch einmal Flüchtlingsunterkünfte angezündet, was die Unterbringung kostspieliger macht, aber einem Hohlkopf fällt das ja nicht auf.

  45. #53 Henning Flessner

    Wenn ich jemanden einen Rassisten nenne, stimme ich nicht notwendig mit ihm darin überein, dass es menschliche Rassen gebe. Ich nehme nur wahr, dass derjenige seinerseits dies glaubt.
    Ich kann jemanden ja auch einen Kreationisten nennen, ohne an die Erschaffung der Erde durch einen Gott zu glauben.

  46. Preisfrage: Was macht einen sicheren Herkunftsstaat aus?

    Bisher glaubte ich, ich wüsste die Antwort.
    Es handelt sich um einen Rechtsstaat, in dem die Menschenrechte gelten, in dem keine Folter angewandt wird, in dem Oppositionelle nicht verfolgt und Angehörige von Minderheiten nicht rassistisch diskriminiert werden.
    Das glaubte ich bisher, aber mit dieser Definition lag ich wohl total falsch.
    Wie ich in der FR vom 4. August auf Seite 5 lese, definiert die SPD sichere Herkunftsländer mittlerweile anders: Es sind Länder, die sich für Kungelgeschäfte mit der CSU eignen nach dem Motto: „Stimme du für ein Einwanderungsgesetz, dann erkläre ich ein paar zusätzliche Staaten als sicher.“
    Interessantes Prinzip!

  47. Ergänzend zu „Bronski“ möchte ich zur R.Weber noch einiges ausführen, knapp, da ich etwas Zeitnot habe:

    „Bevölkerungsexplosion“: Ich verwende diesen Begriff selbst, merke aber (erstmals), daß er ziemlich menschenverachtend ist.

    Natürlich wäre es besser, wenn weltweit weniger Kinder gezeugt würden. Rein theoretisch mangelt es aber nicht an Platz oder an der Nahrung. Würden nämlich die Ressourcen gerecht verteilt, könnten noch mehr Menschen menschenwürdig leben. Nochmal: Besser wäre es nach meiner Meinung, wenn weniger Kinder gezeugt würden. Vor allem aber müssen die Ressourcen gerechter verteilt werden.

    Der eigentlich limitierende Faktor sind die Treibhausgase. Steigende Treibhausgasemissionen werden eine Klimakatastrophe verursachen. Die meisten CO2-Emissionen pro Kopf verursachen die Menschen in den Industrie- und in geringerem Maße in den Schwellenländern. Durch die zunehmende Bevölkerung in den Entwicklungsländern nimmt der CO2-Ausstoß nur geringfügig zu. Meines Wissens (ohne Beleg durch Quellen) verbraucht ein durchschnittlicher US-Amerikaner oder Saudi 200 mal so viel (fossile) Energie wie ein durchschnittlicher Nepalese.

    Ich mache das hier „hobbymäßig, deshalb kann ich keine Quellen liefern. Da müßte ich dann gucken, in welchem Buch ich was gelesen habe…

    Die Gründe für die hohen Geburtenzahlen hängen hauptsächlich zusammen mit Armut und auf keinen Fall, daß aus Europa oder China nach Afrika emigrierte Personen mehr „schnakseln“ (um Ihre Worte zu verwenden)als in Europa und China verbliebene Personen. Da werden Sie mir sicher zustimmen. Jetzt kommt es: Es liegt auch nicht an den „schwarzen“ Eingeborenen. Es liegt nicht an schwarz, weiß oder gelb.

    Ich bin weißer Europäer. Ich habe einen Bruder und sonst keine Geschwister. Mein Bruder hat keine Kinder. Wir haben eins. Meine Eltern haben beide viele Geschwister (ich sach mal je 6), und meine Großeltern hatten auch viele Geschwister.

    Und wenn ich mich so umgucke, betrifft das viele „weiße“ Familien in Ostfriesland. Und es betrifft viele Menschen in den Industrieländern. Je reicher die Regionen sind, umso weniger Kinder werden gezeugt. Und umgekehrt.

    Das ich mit einer „weißen“ Frau zusammen bin, hat übrigens nichts mit einer Bevorzugung von Hautfarben zu tun. Mir ist das so egal, ob jemand schwarz, weiß oder gelb ist. Außer, wenn ein Weißer plötzlich gelb wird. Dann bin ich professionell gefordert heraus zu finden, ob das an einer Krankheit liegt.

    Aus Zeitgründen belasse ich es zunächst mal beim Thema „Bevölkerungsexplosion“.

  48. @ all

    R.Weber hat darum gebeten, alle seine Kommentare zu löschen. Diesem Wunsch bin ich nachgekommen.

    Ich möchte daran erinnern, dass dieses Blog ein Ort des Austausches sein will. Wir alle wollen in einem Land leben, in dem wir uns möglichst frei entfalten können. Das FR-Blog möchte diese Kultur fördern. Dafür engagiere ich mich auch über meine Arbeit hinaus. Hetzerische, diskriminierende und ausgrenzende Kommentare widersprechen dem Geist dieses Blogs und können daher nicht geduldet werden. Es muss möglich sein, auch über die schwierigsten Themen lösungsorientiert und im Geist des Austausches zu debattieren, ohne jemanden an den Pranger zu stellen. Es darf auch gern pointiert und provokant zugehen — ich glaube, der themenähnliche Thread über die Asylpolitik, aufgehängt am Gastbeitrag von Klaus Fischer aus Ravensburg, leistet das, ohne jemanden zu stigmatisieren.

  49. @Lübbers

    Danke für die Einlassung über die „Bevölkerungsexplosion“.
    Diesen Begriff halte ich auch für einen Mißgriff.
    Das rechnerische Problem dürfte jedem klar sein, das Ende der Verteilungsmöglichkeiten ist aber längst noch nicht erreicht.
    Einen einzelnen Menschen sinngemäß als „Sprengsatz“ zu bezeichnen ist aus dem Wortschatz der Unmenschen entlehnt. Selbst wenn die Überbevölkerung im ökologischen Sinne ein drängendes Problem ist, so ist dies doch gemeinsam zu lösen und der Verteilungskampf, der daraus resultiert, (aber vermieden werden muß!), hat nur wenige Antworten aus der Politik gefunden.

    Es hat schon viele Diskussionen gegeben, hier und andererwärts, wie das in den Griff zu bekommen wäre, von Autarkie über Austerität bis zu unsagbaren, unmenschlichen „Lösungen“.

    Die einzige Lösung, die mir in langen Jahren dazu bekannt geworden ist, ist die persönliche Sicherheit, die generationsübergreifende Sicherheit, die Besitzstandswahrung, kurzum, das Unbedrohtsein.

    Alte und neue Forschungen bestätigen dies: Das bedrohte Wesen reagiert mit erhöhten Fortpflanzungsraten.

    Eine sichere Welt für jeden zu schaffen ist daher die nötige Antwort auf das Bevölkerungswachstum.

    „Explosionen“, und sei es nur im Wort, sind daher zu vermeiden.

    Da kann ich nun nicht umhin, meinen Lieblingsphilosophen anzuführen:
    Immanuel Kant: „Zum ewigen Frieden. Ein philosophischer Entwurf“

  50. Lieber Bronski,

    ich finde es nicht richtig, auf Betreiben R. Webers dessen Kommentare zu löschen. Dabei gebe ich zu, diese Kommentare bestenfalls oberflächlich gelesen zu haben, was übrigens auf die meisten Beiträge hier zutrifft. Deshalb, ohne daß ich mich auf bestimmte Inhalte beziehe, halte ich es für erforderlich, daß ein Kommentator, wie hier R. Weber, zu seinen Ausführungen stehen muß, mag er damit angeeckt sein, bei wem auch immer. Wohl niemand hätte ihn daran hindern wollen, in einer weiteren Erklärung seine Kommentare zu relativieren.

    Durch den Wegfall von R. Webers Kommentaren verliert das Thread das, was ein Thread ausmacht, nämlich den Faden. Wenn plötzlich die Ausführungen der Kommentatoren, die sich auf R. Weber beziehen, ohne dessen nachzulesenden Anstöße für sich allein stehen, so ergibt dies für mich keinen Sinn.

    Besonders auch, weil ich mit meinen Beiträgen nicht immer den Anschein tiefster Ernsthaftigkeit erwecke, plädiere ich dafür, alle Kommentare zuzulassen, auch wenn sie die Grenzen des „guten Geschmacks“ überschreiten, solange die von uns allen zu respektierenden ethischen Grundsätze eingehalten werden.

  51. Off topic …

    Hallo Manfred,

    zu den ersten beiden Absätzen Deines Kommentars: So ist das eben in der Bloggerei. Reisende soll man nicht aufhalten. So was ist in der zehnjährigen Geschichte dieses Blogs immer mal wieder passiert. Dieser Thread ist damit „gerupft“. Aber es steht noch genug Interessantes drin, finde ich, und Manches von dem, was R.Weber geschrieben hat, findet sich in den Reaktionen auf ihn gespiegelt, so dass man sich trotzdem ein Bild von dem machen kann, was er geschrieben hat.

    Zum dritten Absatz Deines Kommentars: Wenn alle Userinnen und User gleiche Vorstellungen von Höflichkeit und Humor hätten, könnte ich die Diskussion wohl tatsächlich völlig freigeben. Da dies aber nicht so ist und da sich die Grenzen guten Geschmacks an persönlichen Einstellungen messen, wache ich darüber, was geschrieben wird. Kommentare beispielsweise, die keinerlei Argumente enthalten, sondern nur dazu gedacht sind, andere Teilnehmer zu piesacken, sind dem Diskussionsklima abträglich und widersprechen damit dem Geist dieses Blogs.

    On topic …

  52. Zu einem Kommentar von R.Weber habe ich noch eine Bemerkung.

    Ich meine, daß er sich kritisch über den Islam geäußert hat.

    Ich bin evangelisch-lutherisch getauft und bin kein Atheist, aber auch kein (häufiger) Kirchgänger.

    In meinen Augen ist der Islam nicht besser oder schlechter als andere Religionen. Das Problem sind nicht Religionen, sondern Radikale bzw. „Fundamentalisten“.

    In meiner Arztpraxis hat einige Wochen ein aus Syrien geflohener kurdischer Arzt ein Praktikum gemacht. Er ist Moslem und berichtete, daß Kurden tolerant und emanzipiert seien. In meiner Praxis habe ich eine einzige Frau erlebt, die mir als Mann aus religiösen Gründen keine Hand zur Begrüßung gab (und die im übrigen nett war). Und ich kenne andererseits Muslime, die völlig säkularisiert sind.

    Umgekehrt: Martin Luther war leider Antisemit (weswegen ich schon mal überlegt habe, aus der Evangelischen Kirche auszutreten). Die katholische und evangelische Kirche haben beide während der Nazi-Diktatur ihre Kirchenbücher geöffnet und Juden verraten. Ohne die Kirchen hätte es keinen Holocaust gegeben, behaupten einige Autoren. Hexenverbrennungen und Kreuzrittertum seien noch erwähnt. Und auf der anderen Seite des Spektrums Dietrich Bonhöfer.

    Das Kastensystem der Hindus ist ich sach mal neoliberal (für mich mittlerweile eines der schlimmsten Schimpfwörter 😉

  53. Ich bedaure es, dass R. Weber seine Einträge zurückgezogen hat. Damit findet die Auseinandersetzung mit seinen Aussagen wohl nicht mehr statt.
    Ich habe seine Beiträge anders als Bronski gelesen. Ich frage mich, wie es sein kann, dass zwei Leser in einem Text so etwas Unterschiedliches lesen. Bronski schreibt, dass R. Weber „eine simplifizierende Kausalität nahegelegt“ hat. Ich habe, dass nicht so empfunden. Ich glaube schon, dass ich bei diesem Thema sensibilisiert bin, schliesslich bin ich schon fast 20 Jahre unerwünschter Ausländer.
    Wenn ich in den Kommentaren von Frau Kahane verallgemeinernde Sätze lese („Die Deutschen…“), stört mich das ungemein. Niemand in der FR-Redaktion scheint das zu stören.

  54. @ Henning Flessner

    So kann das laufen, wenn Sie — und andere — sich nicht einmischen. Warum haben Sie sich nicht beizeiten positioniert?

  55. Was ich in all den Gesprächen, in all den Meinungen von „jedermann und -frau“ höre und vermisse ist nichts von der deutschen Armut.

    Was ist eigentlich mit Deutschlands armer Bevölkerung. eine Bevölkerung, die hier in diesem Land leben muss und die hier verlangten Preise zahlen müssen. Wer kümmert sich darum ? Die Politiker sind es nicht, da kommen, durchweg von allen Parteien, nur warme Worte, aber keinerlei Taten, auch Frau Merkel macht hier das, was Sie am besten kann, Sie lehnt sich zurück, wartet, sitzt es aus. Ich kann doch nicht wie in den Nachrichten zu sehen, die E 359.– mit € 399.– die Armutsgrenze für Deutsch Mitbürger vergleichen. Glaubt denn jemand, wenn ein Balkan-Flüchtling aus irgendeinem Grund mehr Sach- oder Geldleistungen braucht, es wird Ihm verweigert ?? Einem Deutschen Armen aber mit Sicherheit nicht. Für diese Menschen ist die Bürokratie zuständig, also keine Menschen. Ich finde es richtig, das wir uns um Syrer und andere Verfolgte aus dieser Region kümmern, aber aus den Balkanstaaten nicht heute und jetzt. Wo in jedem dieser Länder Mord und Völkermord an der Tagesordnung war, hat keiner dieser Ex-Jugoslawen weder ein Anrecht auf einen EU-Beitritt geschweige denn auf Asyl , egal aus welchen Gründen. Ist es ein wirtschaftlicher Grund, kann ja die große Koalition Aufträge in diese Regionen vergeben. Aufbau von Fabrikanlagen, dann Produktion von automechanischen Teilen wie z.B. für die Autoindustrie europaweit also über Deutschland hinaus. Stahlgewerbe, für die Chemieindustrie usw. . Es sollte ja auch für diese Unternehmen interessant sein, bei den geringen
    Arbeitskosten in z.B. Albanien, Montenegro. Dort wäre das Geld, staatliches wie Privat-Geld besser aufgehoben als in Griechenland oder der kostenlosen Lieferung von U-Booten nach Israel. Und hier komme ich wieder zu unseren innerdeutschen Problemen, den Deutschen Armen. Sie haben keine Lobby, diese Menschen, Sie sollen nur wählen gehen. Das sich in Deutschland Protest, Wut und ein erstarkender Nationalsozialismus bilden, das ist kein Wunder. Die Politik tut alles, um ein 4. Reich zu erschaffen Hier summiert sich etwas zusammen, das mir Angst macht hier noch zu leben. Sieht denn niemand mehr, was in Österreich, In Frankreich, in Ungarn und anderen EU-Staaten geschieht ?? In Deutschland entsteht Furchtbares und die Politik sieht weg. Wie Anfang 1930. Die Schere zwischen Arm und Reich geht auseinander ?? Der Samen ist gesät für Rechts!!!

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