Es ist bekannt, dass es leicht ist, über das Internet an Porno-Clips heranzukommen. Es gibt zahlreiche Portale, die solche Schmuddelstreifen anbieten, und oft genügt ein einziger Klick, um vor dem freien Zugang lächerlich niedrige Hürden zu überwinden. Insbesondere bei Kindern und Jugendlichen, die ihren von den Eltern zur Verfügung gestellten Internetzugang nutzen, um an solche Angebote heranzukommen, entsteht dabei ein Problem: Online-Sexsucht. Niemand mag darüber sprechen, das Thema wird tabuisiert. Dabei sind die Verlockungen für viele Betroffene so groß, dass sie den Bezug zur realen Welt verlieren. Viele, so etwa der 18jährige Sören aus dem FR-Bericht „Ist doch nur Sex„, möchten gern davon loskommen, stehen dann aber vor dem Problem, dass sie Empfindungen neu lernen müssen. Die Leserbriefe, die die FR zu diesem Thema bekommen hat, sprechen vor allem vom Versagen der Eltern.

Ulrich Esau aus Dietzenbach meint:

„Ich bin selbst im Pornobiz, u. a. auch online, tätig. Kinder und Jugendliche können sehr einfach und effektiv geschützt werden. In den meisten Ländern, auch in den USA und somit z. B. für youporn.com, müssen Seitens mittels ICRA (www.icra.org) geschützt werden. Eltern können ICRA kostenlos auf den PC laden, und der Zugang zu gefährdenden Inhalten ist nur per Passwort möglich. Hält sich ein Anbieter nicht daran, drohen saftige Abmahnungen. Sie hätten explizit auf diese Site hinweisen müssen, denn mit Suchbegriffen wie „Schutzsoftware“ und „Porno“ googeln sich Eltern zu Tode. Auch bei Onlinesucht.de gehört diese Empfehlung unter die Tipps für Eltern.
Ansonsten haben wir in Deutschland in punkto Pornografie die strengsten Vorschriften in Westeuropa. Da das World Wide Web weltweit tätig ist, hilft das nicht viel. Die Firmen wandern nach Österreich, die Schweiz, Spanien etc. aus. Richtige Aufklärung über Schutzmöglichkeiten wäre daher sinnvoller als der erhobene Zeigefinger.“

Klaus Knölke aus Kiel:

„Zunächst einmal Dank für diesen rundum gut gemachten Artikel. Auch wenn durch die Aufmachung (‚You Porn‘-Seitenansicht) bewusst in Kauf genommen wurde, gleichzeitig Werbung für dieses beliebte Portal zu machen, verbindet sich bei mir damit die Hoffnung, dass so die bisher uninformierten/desinteressierten Eltern mal einen Blick auf dieses Portal werfen (und auch auf andere), damit sie sehen, womit sich ihre ‚Kiddies‘ mit ihrem eigenen, unkontrollierten Internetanschluss die Zeit vertreiben können.
Pastor Bernd Siggelkows Beobachtung, dass viele Jugendliche aus zerrütteten Familien quasi alleine heranwachsen müssten, muss ich ergänzen aus meinen Erlebnissen in den letzten 22 Jahren in einer kommunalen Erziehungsberatungsstelle: Immer mehr Kinder (!) und Jugendliche aus Familien aller Schichten und Lebensformen müssen quasi alleine heranwachsen – immer mehr Eltern lehnen die ‚unangenehmen Seiten der Elternschaft‘ (Werte vermitteln, auch durch eigenes Vorbild, Regeln setzen, bei Regelverstößen angemessene Konsequenzen) ab und überlassen ihren Nachwuchs lieber außerhäusigen Einflüssen, eben auch dem Internet.
Selbst wenn dann die erwartbaren Folgen auftauchen (Schulleistungsstörungen, Orientierungslosigkeit, Depressionen, Sucht- und selbstverletzendes Verhalten), sind diese Eltern immer weniger bereit, ihre Mitverantwortung zu übernehmen, ja stehen im schlechtesten Fall nicht einmal mehr als Bezugsperson zur Verfügung und überlassen all diese ihre Kinder sich selbst und anderen (Jugendhilfe, Kliniken und andere Fachdienste). Schön, dass es wenigstens Angebote wie Frau Farkes Verein HSO und andere vermittelnde Stellen gibt, die dafür sorgen können, dass diese Kinder und Jugendlichen die dringend notwendige Begleitung erhalten!“

Christian Fandel aus Berlin:

„Diesem Artikel ist nur noch hinzuzufügen, dass soziale Verarmung einen guten Teil zu dieser Sucht beiträgt. Irgendwann verwischt die Grenze zwischen reeller und virtueller Welt, und man beginnt, die virtuelle Welt in seinen Alltag als reell zu integrieren; und in einer Beziehung kann das unter Umständen, wenn beide Partner Kommunikationsdefizite haben, zu heftigsten Problemen führen. Es ist einseitig, nur diese eine Sucht zu therapieren. Vielmehr sollte man das Beziehungsverhalten mit unter die Lupe nehmen und ganzheitlich ansetzen. Das bietet die Chance, eine breitere Basis aufzubauen, die einen in der Realität verankert.“

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12 Kommentare zu “Der erhobene Zeigefinger

  1. ich meine hier Jugndliche (unter 18):

    …“unbeaufsichtigt ins Netz lässt“ …

    In welcher Zeit leben Sie denn ? Wer oder wie kann denn heutzutage dies verhindern ?

    Ja, wenn Erziehung so einfach wäre !

  2. Die Versüchtelung der Gesellschaft ist allgegenwärtig. Alkohol zu jeder Zeit von der Tankstelle, Spice aus dem Kräuterladen, und nun eben auch Pornos aus dem Netz. Mit besserer Kinderüberwachung war sowas nie beherrschbar und wird es nie sein. Ein Artikel über ein neues Suchtfeld ist deshalb fast überflüssig. Substantiell neu ist nur, dass dieses Pornozeugs offenbar verschenkt wird, die Tankstelle und der Kräuterladen wollen immerhin Geld. Wie DAS funktioniert, würde ich als Angehöriger der Großelterngeneration gerne verstehen. Das ist das einzige, was mich verblüfft. Nur, dazu äußern Sie leider nichts.

  3. Verkehrte Welt.
    Ich darf meine Kinder nicht frei rumlaufen lassen, weil da ganz frei was nicht Jugenfreies angeboten wird?

  4. Die Eltern der heutigen Kids/Teenagers hatten keinen PC mit Internet, als sie selbst so alt waren. Sie wissen wegen dieser mangelnden Erfahrung nicht wirklich, was es im Internet alles gibt, und sie wissen nicht wirklich, wie ein PC oder ein Betriebssystem funktioniert. Die Kids schon, die wachsen damit auf.

    Meine 14-jährigen Schüler hatte ich mal gefragt, wer zu Hause Windows-Administrator ist; es waren schon einige der Kids selber. Einer sagte, er habe seinem Vater ein Account mit eingeschränkten Nutzerrechten eingeräumt, da dieser schon zweimal durch das Laden von Virussen von Pornosites den PC „versaut“ hätte und er (der Schüler) Windows jedesmal neu installieren musste…

    Das Problem erledigt sich mit der Zeit von selbst: die, die jetzt Kinder sind, werden dies alles als Erwachsene bei IHREN Kindern nicht zulassen, eben weil sie selbst damit aufgewachsen sind und technischen Kenntnisse haben werden, dies zu verhindern.

    Den Eltern von heute fehlt eigentlich beides!

  5. @ maderholz

    Was die Frage nach der Zeit angeht so muß ich feststellen:

    Deutlich vor 1789, möglicherweise sind die punischen Kriege auch noch nicht vorbei.

    Natürlich haben Sie Recht, meine Einlassungen zu Jugendlichen entsprechen nicht der Realität. Erfreulicherweise darf auch ich im pers. Umfeld eher die Erfahrungen von #5 machen, es gibt sogar Interesse an alternativen BS und begrenzt sogar an digitaler Privatsphäre. Letzteres muß aber vorgelebt werden, zugegeben war das nicht ganz einfach zu vermitteln.

    Gruß Karl

  6. @W.Zimmer,

    das „Pornozeugs“ kann so oft auch verschenkt werden, weil es so oft eben auch nur gestohlen wird. Das gilt nicht nur für Pornographie, sie können eigentlich alles, was in Datenform gebracht werden kann, raubkopieren und anschließend im Netz gratis verschenken, also z.B. Musik, Bücher, Filme(„normale“ oder Pornos), Zeitungen (die FR z.B.!), Computerspiele usw.

    Mir begegnete einmal ein 16-Jähriger im Netz, der mehrere Websites organisierte, eine für Computerspiele, eine für Kinofilme, und auch eine für Pornos… die Sites sowie Datendownloads kosteten ihn nichts, da auf sog. Freehostern abgelegt, und die Inhalte kosteten ihn nichts, weil sie raubkopiert=geklaut waren… als Lohn für diese ganze Diebesmühe wurde ein nettes Taschengeld verdient, indem Werbepopups auf die Sites geschaltet wurden.

    Eine Strafverfolgung gibt es zur Zeit in diesem Bereich NICHT, weswegen das Netz voll ist mit Sites, die ähnlich operieren. Das bedeutet aber nicht, daß eine Strafverfolgung solche Sites eindämmen würden. Sie sind nicht einzudämmen.

    Ebenso gibt es kaum eine Möglichkeit, Jugendliche abzuschirmen, so wünschenswert das wäre. Selbst das drastischste Mittel, die Abschaffung des heimischen Internetzugangs, nützt doch nichts… dann werden die Pornos eben auf dem Pausenhof per Bluetooth aufs Handy geladen und dort betrachtet. Sie müssen doch auch nicht vom Internet auf den PC kommen, genausogut kann man sie auf einem 3 Euro-USB-Stick beim Freund kopieren und auf dem heimischen internetlosen PC betrachten. Im Grunde müsste man mit dem Internet auch jeglichen PC im Haushalt abschaffen, und alle Handies obendrein.

    Wir haben hier eine unkontrollierbare Situation, und werden mit den Auswirkungen leben müssen.

  7. Ein Wort noch zu den Auswirkungen, die beschränken sich ja nicht aufs Entwickeln von Sexsucht.

    Eine Auswirkung ist m.E. ein verkorkstes Sexualverhalten. Pornofilme, die bei Kindern und Jugendlichen ja de facto als Lehrfilme fungieren, bei denen man abguckt, wie man „es“ macht, sind ja nicht darauf ausgelegt, Jugendlichen zu einer erfüllten Sexualität zu verhelfen, ihre Inhalte werden ja mit ganz anderen Überlegungen konzipiert. Das resultierende Sexualverhalten ist eine Kopie des ärmlichen, ganz auf schnelle Erregung beim Betrachter zugeschnittenen Sexualverhaltens in den Filmen, und die Frage ist, in wie vielen Fällen anschließend dann die Jugendlichen von alleine zu einer reicheren Sexualität den Weg finden können.

    Eine weitere Auswirkung ist, so eine Vermutung von mir, daß die einfache, unkomplizierte, häufige Möglichkeit des Absenkens der Libido durch Selbstbefriedigung vorm Porno auch die aus dem Sexualtrieb resultierende Motivation der Zuwendung zum anderen Geschlecht mindert. Dies wäre dann eine weitere Kraft, die hin zu mehr Vereinzelung wirkt, wie sie ja ohnehin im nichtsexuellen schon bei Jugendlichen (und auch Kindern) einen eindeutigen Trend darstellt.

    Des weiteren ist die ja nachweislich wachsende Anspruchshaltung gegenüber körperlichen Äußerlichkeiten wohl auch auf die überdurchschnittlich attraktiven Körper in diesen Filme zurückzuführen. Die wirklich erschreckende Steigerung der Anzahl junger Mädchen, die überzeugt sind, beim Busen chirurgisch nachhelfen lassen zu müssen (glaubt man jedenfalls den Medien, die davon ja berichten), hat doch ganz sicher etwas mit der vorexerzierten Üppigkeit in solchen Filmen zu tun… ganz seltsam erschiene es mir, wenn es nicht so wäre.

  8. Da schlägt’s aber 13einhalb:

    Die Eltern sollen „..Werte vermitteln, auch durch eigenes Vorbild, Regeln setzen, bei Regelverstößen angemessene Konsequenzen…“
    und auch gar „Mitverantwortung übernehmen“

    (Klaus Knölke)

    Das sage man bitte den Produzenten und Verbreitern solche „Angebote“

    Es ist verboten, Kinder zu gefährden, so wie es verboten ist, Drogen zu verkaufen und eine Mitverantwortung für diese Täterschaften müssen Eltern doch wohl nicht übernehmen.

    Verkehrte Welt!

  9. als ich 1972 in Schweden war bin ich mit meinen Kindern auf einen Markt in Arvika gegangen und da war unter anderem ein Marktstand komplett mit Pornoheften.
    Wir waren gechockt über die Offenheit ,ob wohl es bekannt war,dass die Schweden in dieser Beziehung schon viel offener waren.
    Heute würde ich behaupten,dass es der schwedischen Jugend nicht geschadet hat und sie sicher heute einen anderen Umgang damit pflegen.(kein Geschäft mehr)
    Bedauerlich fand ich aber schon damals,dass sich die Jugend selbst beraubt.
    Keine Romantik,nichts ist mehr fremd und auch gleichzeitig Spannend.
    Wo bleibt das Kribbeln der ersten Berührung.

  10. @9:

    Was genau wollen sie den Produzenten sagen?

    Ein Verbot von Pornographie ist nicht machbar, wenn sie das andeuten wollen. Es müsste weltweit durchgesetzt werden, dies allein ist schon ein Ding der Unmöglichkeit. Es gibt genügend Staaten, in denen Freiheit der Meinungsäußerung sowie Freiheit der Kunst auch die Herstellung pornografischer „Werke“ abdeckt.

    Daß die Verbreitung der Pornographie nicht verhinderbar ist, schrieb ich schon. Insbesondere sind es ja auch die Jugendlichen selber, die es verbreiten.

    Im Grunde ist die einzige Maßnahme, die man mit einigermaßen Aussicht auf Erfolg ergreifen könnte, die, daß man Jugendliche (und warum eigentlich nicht auch Erwachsene) irgendwie in einen Zustand versetzt, in dem sie Pornographie einfach nicht, oder nur flüchtig interessiert, weil es ein Surrogat ist, daß hinter dem Echten, daß es ersetzt, weit zurückbleibt, und sie das erkannt haben.

    Ich bin da aber nicht optimistisch, daß dies einfach möglich ist. Machen wir uns doch nichts vor… mindestens ein Drittel des gesamten weltweiten Internettraffics dreht sich um Sex (das zweite Drittel um das Saugen von Raubkopiertem aller Art). Das können sich manche nicht richtig vorstellen, insbesondere jene, die diese Dinge nicht so interessieren, es ist aber so. So gab es früher z.B. bei einigen Suchmaschinen, auch google, die Möglichkeit, nachzusehen (natürlich anonymisiert, d.h. ohne die IP zu sehen), was andere gerade gesucht haben. Ich habe das häufiger gemacht, da hatten eigentlich generell mindestens 50% der Suchbegriffe sexuellen Bezug. Ich habe auch einmal selber einen Proxy-Server betrieben, und konnte mir anschauen, was die Nutzer denn da so zusammengesörft haben. Ein Drittel sexueller Bezug ist eher noch zu tief gegriffen, war auch hier meine Erfahrung.

    @10

    Es ist ein Riesenunterschied, ob es Geschäfte oder Marktstände mit solchen Inhalten gibt, bei denen Kinder und Jugendliche aber nichts kaufen dürfen, und von Erwachsenen Gekauftes, im Fall mangelnder Sorgfalt o.ä., auch nur einer sehr begrenzten Anzahl Jugendlicher zugänglich gemacht werden kann, oder ob sie Dateien haben, die mit einem Fingerschnippsen in jedes Kinderzimmer geladen werden können, und bei denen es prinzipiell genauso einfach möglich ist, daß 3 Millionen sie anschauen, wie daß 3 sie anschauen. Von einem ausgebliebenen Schaden in Schweden durch schwer verbreitbare Pamphlete auf einen auch unter internetpornografischen Gesichtspunkten auch zukünftig ausbleibenden Schaden zu schließen, ist gewagt. Es geht hier um „Verbreitung“, sowie auch um „Dosis“.

  11. @11 Max da gebe ich Ihnen völlig recht,mein Beitrag sollte aber auch nicht die derzeitige Situation endschulden.
    Täter und Opfer sind wir Erwachsen und mit unser verklemmten Sexualität machen wir nun die folgenden Generationen zu Opfern.
    Die Hersteller folgen dem wirtschaftlichen Trennt:
    „Nachfrage“(Deckmantel: sexuelle Freiheit)

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