„Pandora-Papers“ zeigen: Kaum Fortschritte bei Steuerschlupflöchern

Erneut sind Dokumente aufgetaucht, die belegen, wie Geld sich seinen Weg sucht: die „Pandora-Papers„. Zu diesem System gehören natürlich auch jene, die diese Wege ersinnen. Und welche, die sie einschlagen. Es geht um unzählige Milliarden an Dollar in den Händen einiger weniger Menschen, während – ebenfalls eine aktuelle Nachricht – mehr als 800 Millionen Menschen weltweit hungern. Wer hat behauptet, dass der Mensch ein soziales Wesen sei? Er ist offenkundig vor allem eines: gierig.Das ist alles andere als eine neue Nachricht. „Es gibt viel zu ändern„, kommentiert die FR auf ein Neues und immer wieder. Wozu haben wir schließlich unsere Politiker:innen, die wir wählen? Aber die sehen sich offenbar entweder außerstande, Grundlegendes an diesem System zu ändern, oder sie wirken daran mit, wie die „Pandora Papers“ enthüllen.

Dieser Planet namens Erde hat im Lauf der Jahrmilliarden viele Probleme auf seinem alten Buckel angehäuft, aber nur wenige davon jucken wenigstens. Was diese sonderbare Spezies namens Homo sapiens sich ausdenkt, damit einige wenige Individuen aus ihrem Kreis sich bereichern können, spielt für den alten Buckel mit Sicherheit keine Rolle. Nehmen wir es also gelassen. Das dicke Ende kommt ohnehin erst dann, wenn es uns nicht mehr gibt. Was kümmert’s? Wen kümmert’s? Was soll’s? Auch diese Reichen können ihr Geld nicht mitnehmen ins Grab.

fr-debatte

Nichthandeln müsste strafbar werden

Welch eine Überraschung! Nachdem schon mehrfach aufgedeckt wurde, dass Konzerne, reiche Privatleute und selbstverständlich Politiker, die von der Politik geschaffenen Steuerschlupflöcher nutzen, um die Allgemeinheit um Steuereinnahmen zu betrügen, gibt es einen neuen Fall. Nach den „Panama Papers“, den „Paradise Papers“ hat nun ein mutiger Mensch Unterlagen von 14 Finanzdienstleistern dem internationalen Consortium für Investigative JournalistInnen zugespielt.
Die Auswertung der mehr als 11,9 Mio. Dokumente zeigt, wie schon die Analyse der zuvor genannten Papers, dass Steueroasen und Briefkastenfirmen genutzt werden, um kriminelle Machenschaften zu verschleiern, Schwarzgeld zu waschen, Steuerzahlungen zu vermeiden und verdeckt Vermögen zu erwerben. Das ist alles altbekannt und teilweise, wenn man sich z.B. den Immobilienkauf von Tony Blair ansieht, der durch den Kauf mittels einer Briefkastenfirma 300.000 Pfund Grundsteuer gespart hat, nicht einmal strafbar. Strafbar müsste es m.E. eigentlich sein, dass Politiker nichts gegen solche Steuerschlupflöcher und Steueroasen unternehmen. Doch was macht die Politik? Der Vorstoss der EU, wenigstens einen Teil der Steueroasen auf eine schwarze Liste zu setzen, wird aktuell, quasi zeitgleich mit der Aufdeckung der Pandora Papers, schon wieder verwässert. Von den geplanten 12 Steueroasen wurden von den EU Finanzministern am 5.10.21 drei (die Karibik-Inseln Anguilla und Dominica sowie die Seychellen) von der Liste gestrichen. Passend zum Thema hat sich Irland wohl durchgesetzt und erreicht, dass der schon viel zu niedrig angesetzten Mindeststeuersatz von 15 Prozent nicht überschritten wird. Das heißt, aus Mindeststeuer wird Maximalsteuer. Die meisten deutschen Steuerzahler haben sicherlich eine höhere Steuerbelastung. Obwohl die öffentliche Hand für die Bewältigung der aktuellen Krisen (Klimakatastrophe, Artensterben, Corona, um nur einige zu nennen) jede Menge Kapital benötigt, wird auf das Schließen der Steuerschlupflöcher verzichtet. Ob sich hier, unter einem möglichen Finanzminister Lindner, etwas ändern wird, ist sehr unwahrscheinlich.

Dieter Murmann, Dietzenbach

fr-debatteAuch Sportmillionäre und andere Promis sind dabei

Pandora-Papers: „Es gibt viel zu ändern“ und „Für Sie gelesen: Nicht nachlassen“, FR-Meinung vom 5. und 6. Oktober

Die empörten Kommentare einiger zitierter Zeitungen machen deutlich, wie verbreitet Korruption und Steuerhinterziehung bei vielen Mächtigen, Superreichen bis hin zu Regierungschefs geworden ist! „Es zeigt sich das Bild einer moralisch erstaunlich verwahrlosten Politik-Elite. Es ist erschütternd, wie ungeniert die Mächtigen und Einflussreichen dieser Welt den eigenen Vorteil suchen.“ Dieses Verhalten einer verkommenen Politiker- und Reichenkaste machen total wütend!
Hier noch ein anderes Zitat: „Klar wird, wie wenig Interesse weltweit politisch bestehen dürfte, diese Steuerschlupflöcher zu schließen. Denn es sind längst nicht nur wohlhabende Privatleute, oder große Konzerne, die Dienste dubioser Steuerkanzleien in Anspruch nehmen. 35 aktuelle und frühere Staats- oder Regierungschefs, mehr als 330 hochrangige Beamte/Politiker aus fast allen Ländern finden sich in den Unterlagen!“ Manche weisen – wie auch der britische Ex-Premier Tony Blair – dreist darauf hin, dass ihr Steuersparmodell doch legal sei. – Wie kann es zu solchen weit verbreiteten skandalösen Bereicherungen – wie auch hierzulande die Cum-Ex-Geschäfte und anderes – kommen?
Vordergründig hängt dies hier auch damit zusammen, dass es seit Gerhard Schröders Kanzlerschaft gängige Praxis geworden ist, dass Wirtschafts- und Bankenlobby bei der Gesetzgebung nicht nur Einfluss nehmen, sondern sogar Gesetzestexte formulieren. Weltweit fördert die zugrundeliegende neoliberale, marktradikale Ideologie solches Verhalten. Die von Adam Smith stammende Theorie, dass wenn ein jeder nur seinen eigenen Vorteil sucht, etwas Gutes für das Gemeinwesen heraus-komme, setzt ja auf rücksichtslosen Egoismus. Die Grundlagen für Steueroasen und intransparente Briefkastenfirmen wurden schon durch die neoliberale Politik von Margret Thatcher geschaffen.
Die Früchte dieser marktradikalen Politik werden längst auch bei uns geerntet – auch von Profiteuren aus Wirtschaft und Politik: Nur als Beispiel sei der CDU-Abgeordnete Philipp Amthor genannt, der Politikeinsatz und Parteikarriere offensichtlich als Grundlage für persönliche Bereicherung ansieht. Genauso erschreckend ist es, wenn viele gerade junge Konservative einen Friedrich Merz als Hoffnungsträgerpropagieren: Einen Politiker, der durch seinen BlackRock-Werdegang doch für Marktradikalismus, Ausbeutung und persönliche Profitinteressen steht! Welche Zukunft lassen solche Leute erwarten?
So ist wohl trotz aller Empörung nicht damit zu rechnen, dass weltweit (UNO) diesen skandalösen Praktiken Einhalt geboten wird! Ebenso wenig ist von einer neuen deutschen Regierung mit FDP-Beteiligung zu erwarten, dass eine entsprechende Initiative bei der EU erfolgt. Ein Trauerspiel!

Winfried Kallabis, Dieburg

fr-debatteUnd jetzt sind Sie dran!

Verwandte Themen