Neoliberaler Wurmfortsatz mit bescheidenen sozialen Tupfern

Zum Parteitag der SPD haben mich viele Leserzuschriften erreicht. Der SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel hat das schlechteste Wahlergebnis eines SPD-Vorsitzenden überhaupt eingefahren, wenn man von den gut 60 Prozent einmal absieht, die seinerzeit Oskar Lafontaine bekam — aber das war bei einer Kampfabstimmung. Gegen Sigmar Gabriel ist niemand angetreten — es sei denn so etwas wie das Gewissen der altehrwürdigen Partei, die Gabriel in die Mitte führen will. Doch dort ist schon die Kanzlerin. Man weiß nicht, wie es mit dieser Partei weitergehen soll.

Joachim Bohndorf aus Bensheim meint:

„Nun hat sich der SPD-Parteichef Gabriel definitiv als Wurmfortsatz von Merkel entlarvt. Wenn Gabriel allen Ernstes glaubt, mit dieser Masche das bundesdeutsche Besitzbürgerturm, die  „Mitte“, für sich gewinnen zu können, ist er gewaltig auf dem Holzweg. Die Wohlstandsprofiteure wählen mit Sicherheit weiterhin gleich das Original Merkel und ihre Partei für die Interessen der Reichen. Überhaupt scheint es so, als ob die sozialdemokratische Bewegung weltweit längst zu einem neoliberalen Anhängsel mit ein paar bescheidenen sozialpolitischen Resttupfern degeneriert ist. Wenn die SPD nun auch noch bei der totalen Machtergreifung der Konzerne via Ceta und TTIP mitmacht, wird sie endgültig in der Bedeutungslosigkeit versinken und auf dem Misthaufen der Geschichte landen.“

Manfred Bonson aus Lüdinghausen:

„Wenn jemand eine „Ohrfeige“ bekommt, möchte man auch wissen wofür. Leider versäumen Sie es, mich darüber zu informieren. Stattdessen schwärmen Sie von seiner „staatsmännischen“ Rede. Was ist denn „staatsmännisch“ für Sie? Mich als Bürger interessiert keine noch so brillante Redekunst, mich interessiert ausschließlich, was der verantwortliche Politiker in seinem Amt gemacht hat und macht! Wenn der Wirtschaftsminister „Bauchschmerzen“ bei der Genehmigung von Waffenexporten ausgerechnet nach Saudi-Arabien hat, interessiert mich nicht sein Befinden, sondern nur die Tatsache der Genehmigung. Wenn Demokratie, Rechtsstaat, Souveränität und vieles mehr durch ein „Freihandelsabkommen“ mit den USA plattgemacht werden sollen, und er sich für dieses Kapitulationsdiktat vehement einsetzt (mit kleinen kosmetischen Verbrämungen), hat er wirklich nur „eisiges Schweigen“ verdient. Es ist nicht die SPD, die „sich“ bei den Wählern durch ihre Distanzierung von ihrem Vorsitzenden unglaubwürdig macht, sondern es ist der Vorsitzende selbst, wieder einmal, der dies Desaster durch seine Politik anrichtet. Gabriel versteht sich als „Minister für die Wirtschaft“, und ist insofern ein guter Partner der Wirtschaftspartei CDU – aber nicht mein Partner! Man hätte gern gewusst, was die Juso-Vorsitzende gegen ihn vorgetragen hat. Stattdessen zitieren Sie, Herr Doemens, nur wenige Worte von ihr, die ohne den Kontext so nichts sagen.
Ich will in der FR keine Gabriel-Huldigung lesen. Vieles von dem, was Sie verschweigen, finde ich z.B. auf S. 19 Ihres Blattes, in der Kolumne des Medico-International-Vorsitzenden Thomas Gebauer, der den Turbo-Kapitalismus als wichtige Ursache des Flüchtlingsstroms erkennt, und „eine andere Strategie“ fordert. Mit Herren wie Gabriel ist ein Strategiewechsel nicht möglich. Und nur der könnte uns bei unseren selbstverursachten Problemen – ob Fluchtbewegungen, Terrorismus, Armut, Arbeitslosigkeit oder Klimawandel und Umweltzerstörung – helfen!“

Klaus Jürgen Lewin aus Bremen:

„Recht hat Karl Doemens wenn er feststellt, dass das „Projekt 18 Prozent“ der SPD ein ordentliches Stück vorangekommen ist. Die Bewertung der Arbeit des SPD-Parteichef Sigmar Gabriel durch die Juso-Chefin Johanna Ueckermann mit einer schmeichelhaften Vier minus traf diesen empfindlich. Man kann daraus lernen, dass man auch „unbefriedigende Leistungen“ eines ehemaligen Lehrers bewerten kann – wenn frau sich traut!
Gerade die mangelnde Verlässlichkeit der SPD und die Überheblichkeit Gabriels, der den Kontakt zur Parteibasis und (ehemaligen) SPD-Wählern längst verloren hat, sprechen seit der „Agenda 2010“ eine verräterische Sprache gegenüber der historischen SPD-Zielgruppe „Arbeitnehmer“. Viele ehemalige SPD-Mitglieder und -Wähler wurden zu den Linken „vergrault“. Die Folge: In Bodo Ramelow gibt es in Thüringen den ersten linken Ministerpräsidenten unter Rot-Rot-Grün. Mit der Solidarität für Arbeitnehmer und Arbeitslosen (Hartz-IV-ler) ist es bei der SPD nicht weit her. Welche neue Zielgruppe wollen Gabriel und die SPD dann noch von sich und ihren Programmen überzeugen?“

Harald Braun aus Groß-Gerau:

„Fast 50 Jahre bin ich Mitglied in dieser Partei und es fällt mir immer schwerer dabei zu bleiben. Dank Steinmeier, Gabriel und Konsorten verkommt die gute alte Tante zur Kriegspartei. Man ist staatstragend, führt große Floskeln im Munde und die kritischen Stimmen sind bald alle ausgetreten. Alte sozialdemokratische Werte werden vor lauter Verlangen dabei zu sein und (mit) zu regieren, immer häufiger über Bord geworfen. Willy Brandt rotiert im Grab und die Partei nähert sich der 20 % Grenze. Wie soll das nur weitergehen?“

Friedrich Grimm aus Weinsberg:

„Im Mittelpunkt dieses Parteitages sollte nicht die (Sonntags)rede von Sigmar Gabriel, sondern die Anliegen der Basis im Mittelpunkt stehen. Wohl hat Andrea Nahles mit dem Mindestlohn einen wichtigen Punkt der Koalitionsvereinbarungen umsetzen können. Wer die Nachtritte aus den Unionsparteien bewusst miterlebt hat, der dürfte auf keinen Fall mehr diese Parteien wählen. Doch weit gefehlt, die Mehrheit der Deutschen fällt noch immer auf das C herein. Und die SPD verfolgt, nur wenig abgeschwächt, einen neoliberalen Kurs. Wie sonst erklärt sich das beharrliche Festhalten an diesem unsinnigen Handelsabkommen TTIP. Dabei geht es bei diesem TTIP nicht nur um Deutschland oder Europa. Nein, es geht dabei auch um die Staaten Afrikas und weiterer Schwellenländer. Mit diesem Handelsabkommen werden deren Wirtschaften weiter geknebelt und ausgeblutet. Dieses Abkommen ist, wie schon bereits bestehende Abkommen einer der Gründe weshalb wir „Wirtschaftsflüchtlinge“ aus Afrika haben. Wenn es die SPD nicht schafft sozialdemokratische Politik zu gestalten, dann schafft sie sich selber ab, macht sich selber gegenstandslos.“

Robert Maxeiner aus Frankfurt:

„Ein kräftige Ohrfeige soll es gewesen sein und später im Kommentar ist von einer schallenden die Rede. Welch poetisches Bild, der schwarzen Pädagogik entlehnt! Zum Glück hat Herr Gabriel ob des Ergebnisses seiner Wiederwahl nicht gezittert wie Espenlaub. Ich finde, diese Auseinandersetzungskultur der SPD sollte gewürdigt werden. So stelle ich mir eine moderne Partei vor, die streitet und Sachargumente gegeneinander setzt. Herr Gabriel als Vorsitzender dieser Partei lässt dies zu, auch wenn er (noch) nicht überzeugt ist, dass ,die Partei einen solchen Umgang miteinander aushält‘. Ich glaube, sie muss lernen, es auszuhalten, und wir Wähler, es als Alternative zu autoritären Popanzen wie Herrn Seehofer zu begreifen, die keinen Widerspruch dulden und glauben, auf sachliche Debatten verzichten zu können, um möglichst gute Wahlergebnisse erzielen zu können. Ist doch nicht nötig, gleich den politischen Selbstmord zu propagieren, Herr Doemens!   “

Adalbert Doliwa aus Büdelsdorf:

„Ja, so sind unsere Polit – Banditen. Kampfeinsätze ja, auch ohne Mandat. Eben Koalition der Willigen. Diese Partei bietet keinem Arbeiter mehr eine politische Heimat. Für diese Partei haben wir uns in den Sechzigern stark gemach und gekämpft.“

Ralf-Michael Lübbers aus Marienhafe:

„Die SPD nimmt für sich in Anspruch, die sozialdemokratische Partei in Deutschland zu sein. Leider denkt und handelt sie alles andere als sozialdemokratisch. Und das bereits seit den vermeintlich rotgrünen Zeiten des fatalen Kanzlers der Bosse und der Autos. Die SPD blockiert damit linke Parlamentspolitik.
Dies ist keine Kleinigkeit, sondern macht unseren Staat und vielleicht sogar die ganze Welt kaputt. Klingt übertrieben?
Die SPD traut sich nicht, Steuern von denen zu fordern, die sinnlos mehr als genug Geld und Vermögen haben. Stattdessen nimmt sie von denen, die Geld für’s normale Leben brauchen. Dies macht die Vielen ärmer, also uns. Doch dieses wenige Geld der Vielen reicht nicht aus, um die überlebenswichtigen Aufgaben anzupacken: Wir brauchen nämlich eine menschenwürdige materielle Ausstattung jeden Bürgers, ordentliche Krankenhäuser und interessenunabhängige Bildungseinrichtungen für alle statt Yachten und Lamborghinis für verschwindend wenige. Und wenn das Klima nicht unrettbar umkippen soll, bedarf es jetzt (!) oder eigentlich schon gestern den nötigen Investitionen in regenerative Energien, energetische Gebäudesanierungen und einen attraktiven öffentlichen Nah- und Fernverkehr anstelle von Subventionen in die gefährliche Atom-, Fossil- und Autoindustrie.
Man kann als Vegetarier Fleisch essen. Allerdings ist man dann kein Vegetarier mehr und sollte sich auch nicht so bezeichnen. Und man kann als Mann schwanger werden. In diesem Fall wäre ein Blick in den Spiegel sinnvoll, vielleicht die Rekapitulation eines Biologie-Buches der vierten Grundschul-Klasse Thema Der Körper des Menschen oder die Konsultation des Hausarztes. Und man kann als möglicher Kanzlerkandidat mehr Wirtschaftswachstum in dieser endlichen und verschmutzten Welt fordern anstelle einer Anhebung des Spitzensteuersatzes. In diesem Fall sollte man allerdings kein rotes oder grünes Parteibuch haben. Sondern das von der CDU oder der FDP. Der dies gefordert hat, Siegmar Gabriel, besitzt noch das SPD-Parteibuch. Er ist für mich aber kein Sozialdemokrat. Zu null Prozent.
Der Kern sozialdemokratischer Politik ist sozialdemokratische Politik. Wenn eine Partei nicht mehr sozialdemokratisch handelt und noch nicht mal so denkt, dann ist sie nicht mehr sozialdemokratisch. Und dann sollte sie abdanken und Platz machen für echte sozialdemokratische Parteien. Das gilt übrigens auch für die Grünen, die nicht ökosozial handeln.
Besser wäre es allerdings, wenn diese etablierten Parteien sich endlich zu 100% vom neoliberalen Gedankengut befreien. So wie es offensichtlich die Studenten der Wirtschaftswissenschaften tun, die plurale Ökono mik statt Ideologie fordern (siehe FRvom 12,12,15 „Ideologie statt Wissenschaft“, Seite 14 und 15). Neoliberalismus ist der Sozialdemokratie wesensfremd wie dasFahrrad für den Fisch. Neoliberalismus paßt zu FDP und CDU, aber nicht zur SPD und zu den Grünen.
Sozialdemokratische Politik funktioniert nicht mit Auftritten des Ex-Kanzlers Schröder. Sie funktioniert nicht mit handelnden Politikern wie dem Architekten der Agenda 2010 und jetzigen Außenminister Steinmeier. Und sie funktioniert erst recht nicht mit überzeugten Neoliberalen wie Gabriel. Sozialdemokratische Politik funktioniert mit Sozialdemokraten. Wenn diese wieder die Macht gewinnen in der SPD und Ökosoziale bei den Grünen, wird diese Parteien auch wieder Wähler bekommen und aus ihrem selbstverschuldetem Wahllochsumpf emporsteigen zur einer rotgrünen Regierung, die diesen Namen verdient. So eine echte rotgrüne Regierung ist in den heutigen Zeiten bitter nötig! Draußen gießt es bei plus 10 Grad Celsius mitten im Dezember.“

Klaus Philipp Mertens aus Frankfurt

„Sigmar Gabriel möchte die SPD in die von ihm so genannte Mitte der Gesellschaft rücken. Dort, bei den arbeitenden Menschen, wäre der natürliche Platz der Sozialdemokratie. Diese Mutmaßung zählt zu den Lebenslügen einer Partei, die wegen ihrer Fehlanalysen und der daraus folgenden politischen Strategien in den 146 Jahren ihres Bestehens überwiegend den gesellschaftlichen Verhältnissen hinterher hinkte, statt sie wesentlich mit zu gestalten.
Historisch speist sich die SPD auch aus den deutschen Sozialisten der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Die wurden von Karl Marx und Friedrich Engels im „Kommunistischen Manifest“ von 1848 als reaktionäre Interessensvertreter der deutschen Pfahlbürgerschaft entlarvt.
„In Deutschland bildet das vom 16. Jahrhundert her überlieferte und seit der Zeit in verschiedener Form hier immer neu wieder auftauchende Kleinbürgertum die eigentliche gesellschaftliche Grundlage der bestehenden Zustände. Seine Erhaltung ist die Erhaltung der bestehenden deutschen Zustände. Von der industriellen und politischen Herrschaft der Bourgeoisie fürchtet es den sicheren Untergang, einerseits infolge der Konzentration des Kapitals, andererseits durch das Aufkommen eines revolutionären Proletariats. Der „wahre“ [gemeint ist der deutsche] Sozialismus schien ihm [dem Kleinbürgertum] beide Fliegen mit einer Klappe zu schlagen […]. Das Gewand, gewirkt aus spekulativem Spinnweb, überstickt mit schöngeistigen Redeblumen, durchtränkt von liebesschwülem Gemütstau.[…] vermehrte nur den Absatz ihrer Waren beim Publikum.“
Und das „Manifest“ folgert, dass der deutsche Sozialismus „der hochtrabende Vertreter dieser Pfahlbürgerschaft“ sei: „Er proklamiert die deutsche Nation als die normale Nation und den deutschen Spießbürger als den Normalmenschen.[…]. Er zog die letzte Konsequenz, indem er […] seine unparteiische Erhabenheit über alle Klassenkämpfe verkündete.“
Eine SPD nach Gabriels Zuschnitt würde endgültig zu einer Partei ohne Eigenschaften werden. Und das anvisierte Publikum, also das gesellschaftliche Mittelmaß, würde seine Gunst erst recht denen erweisen, die nicht die Kreide der politischen Korrektheit gefressen haben. Also CDU/CSU, FDP und vermehrt auch den Grünen.“

Rasmus Ph. Helt aus Hamburg:

„Der Kommentar von Karl Doemens kann nicht ganz überzeugen. Erstens darf leider bezweifelt werden, dass die SPD innerhalb der großen Koalition eine gute Leistung zeigt, da nicht wenige Beschlüsse in der jüngeren Vergangenheit insbesondere einem Wachstumsmotor wie etwa der Digitalwirtschaft eher geschadet haben und die Lockerung der Dokumentationspflicht für als besonders betrugsanfällig geltende Branchen beim Mindestlohn für das ziemlich genaue Gegenteil von sozialdemokratischer Prinzipientreue spricht. Zweitens bedeutet es keinen geringen Fehler, einen Disput wie zum Beispiel bei einem Thema wie TTIP herunterzuspielen. Schließlich kann keine Partei auf Dauer erfolgreich existieren, wenn die Führung aus höhergeordneten taktischen Motiven die Position der Basis ignoriert und versucht, jene über geschickt ausformulierte Anträge „auszutricksen“. Deshalb wird nur eine ehrliche Diskussion die Sozialdemokratie zurück auf die Siegerstraße führen, wozu ebenfalls gehört, dass man endlich eine starke soziale Vision präsentieren muss. Das Vertrauen der Menschen wird man nämlich nur dadurch gewinnen, indem man etwas zum gesellschaftlichen Zusammenhalt zu sagen hat und nicht wie im extrem krassen Fall vor kurzem in Hamburg bei der gescheiterten Olympiabewerbung gerade die Sorgen der ärmeren Bevölkerungsschichten vor einer zunehmenden sozialen Verdrängung komplett ignoriert!“

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96 Kommentare zu “Neoliberaler Wurmfortsatz mit bescheidenen sozialen Tupfern

  1. Betr. Ohrfeige Gabriel

    Lieber verzagter Harald Braun,
    Ich (66) habe bereits in den 60ziger Jahren das Parteibuch zurück gegeben, weil ich ahnte, wie das weitergehen würde.
    Im Godesberger Programm stand z.B. damals …“jede Macht, auch wirtschaftliche Macht, müsse öffentlich kontrolliert werden; geschehe dies nicht, sei die Demokratie gefährdet…“

    Inzwischen hat die SPD einen Gabriel der TTIP gut findet und deutsche Kritiker als hysterisch bezeichnet. Die SPD regiert mit, die Wirtschaft wird nicht öffentlich kontrolliert (siehe Banken, siehe VW, siehe Lebensmittelindustrie u.v.a.m.) – Deutschland ist auf dem Weg zum größten Waffenproduzenten- und Lieferanten.

    Vielleicht müssen die Sozialdemokraten unter 18% rutschen. Oft ändert sich erst etwas wenn der Leidensdruck zu hoch ist.
    Inzwischen bin ich allerdings, was Parteien betrifft, komplett desillusioniert.

    aus Hamburg grüsst Hella Schartenberg

  2. Danke, lieber Bronski, für dies wichtige Thema. Auch meine politische Vita ging über SPD-Eintritt 1972 über Grüne dann zur Mitgründung der WASG. Ich habe keine Hoffnung, das SPD-mäßig ein Umdenken in Gang kommt, weil die alten echten SPD-ler entweder ihre neue Heimat bei der Linken gefunden haben, oder die Mehrheit, wie ich sie sehe und kennen gelernt habe, in die Wahlenthaltung abgewandert ist. Möglicherweise finden sich einige der ganz alten „faulen Radischen“, wie mein mich damalig aufnehmender OV-Vorsitzender formulierte, sogar rechts außen, „Außen rot und innen braun“, so erklärte er das, „das sind eben die alten Arbeiterreste aus SA-Zeiten“. Vielleicht ein gewagter Brückenschlag, aber ich vermute und verorte viele Anhänger dieses neuen marktkonformen und neoliberalen Kurses eher in der rechteren Ecke. Ansonsten läßt sich für mich das Verhalten des dem Volke Opium predigen und dabei den Großkopferten – nicht nur – die Stiefel lecken, erklären.

    Irgendwie scheint das alte, immer noch gültige Wissen abhanden gekommen zu sein, das eine soziale Demokratie ohne Soziales nicht funktioniert. Die alte Hoffnung, wenn man denen oben den Staubzucker vorm Reinblasen rosa einfärbt, würde dann auch zum Abfallen von Brosamen für die Unteren führen, wurde ja bereits mehrfach widerlegt. Da es ja die neuen „Sozialen Demokraten“ so mit dem Flüssigen, dem Cash, haben – vor allem, wenn es um Vorstands-und Aufsichtsrats-Posten geht, die dann quasi eine Gefälligkeitsvergütung darstellen (siehe Schröder), sollten sie mal überlegen, was passiert, wenn WählerInnen merken, das diese Show-SPD überflüssig wie ein Kropf ist, und lieber die Originale wählen. Und bei manchen Stimmen sehe ich da sogar Stimmzuwachs von der SPD zur AfD.

    Lächerlich ist auch dieses ganze Gezerre um die Mitte, ein hohler Begriff inzwischen, von und für Hohlköpfe. Wenn ich eine halbe Torte habe, dann habe ich bei einer Einteilung in, sagen wir, 5 Stücke, eins in der Mitte, je 1 rechts- und linksliberal, und 2 bei den Extremen rechts und links. Diese SPD (nicht nur, die CDU rechnet gleichfalls so falsch) behauptet jetzt, „ihre Mitte“ ginge bis Linksaußen. Rechtsaußen wird dabei aber übersehen, vergessen, oder gehofft, es merkt keiner.

    Und eine marktkonforme neoliberale Demokratie kann das „Demokratie“ gleich aus ihrem Namen tilgen, weil nur noch Füllwort. Übrig bleibt dann die kapitalistische, rechtspopulistische Diktatur, oder abgekürzt KPD „Kapitalistische Partei Deutschlands“.

    Traurig an der Sache ist nur, das so viele Menschen enttäuscht sind von der parlamentarischen Demokratie, sich abwenden, nicht mehr zur Wahl gehen, und dann den Rattenfängern Raum einräumen und Platz machen.

    Julia Klöckner als Kanzlerin? Warum nicht gleich Frauke Petry, und B. Höcke als Außenminister? Und TTIP-Trübe-Tasse-Inner-Partei Gabriel? Wird Bildungs-Beauftragter bei Bild.

  3. Wie könnte sich diese Partei, die SPD, verändern ? Gegenwärtig nicht.
    Sie hat nicht die Kraft dazu. Nicht die Führungspersönlichkeiten, die es dazu braucht. Und schließlich fehlt die Zeit dazu. Der Druck der Ereignisse von außen, wie Flüchtlingsströme und deren Folgen, das auseinander brechen Europas, die Folgen des Klimawandels und v. a. erzwingen einen Schulterschluss der regierenden Koalitionsparteien.
    Wer da jetzt ausscheren wollte, setzte sich doch dem Verdacht aus „Vaterlandsverräter“ oder gar „Totengräber Europas“ zu sein ?

  4. Über die Zukunft der SPD braucht man sich keine Sorgen zu machen. Sie hat als Koalitionspartnerin der Unionsparteien sich mit der Rolle abzufinden, die früher die FDP innehatte, nur halt, daß sie künftig in Konkurrenz zu den Grünen um die Gunst der Christlichen buhlen darf. Und wenn irgendwann die Unionschristen der AfD schöne Augen machen, wer weiß, wieviel hehre sozialdemokratische und grüne Werte dann noch Federn lassen müssen.

  5. Die obigen Beiträge zum neoliberalen Wurmfortsatz haben einiges, was in meiner Gedächnisablage geschlummert hat, wieder hervorgeholt. Was hat/hatte die SPD mit mir zu tun?

    Ich bin die Enkelin eines der Grundgesetzväter bzw. SPD-Bundestagsabgeordneten*).
    Meine Grosseltern – beide Lehrer – haben sich durch ihren Beruf und durch ihr politisches Engagement kennengelernt. Sie waren beide überzeugte SPDler.

    Die ersten 12 Jahre meines Lebens bin ich bei ihnen aufgewachsen. Je älter ich werde, desto mehr spüre ich, wie tief sich diese Prägung bei mir eingegraben, mein Handeln und meine Sichtweisen beeinflusst haben.
    Wie oft habe ich mich in diesen Jahren gefragt, was wohl mein Großvater zu der „Entwicklung“ seiner Partei gesagt hätte. Mit meiner Großmutter, die starb, als ich 37 Jahre alt war, konnte ich noch über manches diskutieren, was ihr Unmut verschaffte. So verweigerte sie z.B. ein Jahr vor ihrem Tod die Annahme einer goldenen Ehrennadel der SPD, weil sie mit dem Nato-Doppelbeschluss nicht einverstanden war. „Das hätte mein Mann nie nie akzeptiert“, gab sie lauthals bekannt.
    Ich bin sicher, dass sie heute kein SPD-Mitglied mehr wäre.

    Genau 60 Jahre ist es her, dass mein Grossvater mit 65 Jahren gestorben ist. Er hat sich für die Politik aufgeopfert und war in den letzten Jahren mehrmals sehr krank. Nach der offiziellen Trauerfeier gab es bei uns zu Hause in unserer bescheidenen 4-Zimmer-Bauvereins-Wohnung in Freiburg ein zwangloses Beisammensein, an dem u.a. auch Willy Brandt dabei war. Öfters begegneten mir auch in der Bonner Wohnung damals bekannte politische Persönlichkeiten. Es war nichts Besonderes. Wir hatten immer offene Türen für alle. Dünkel oder Personenschutz standen damals nicht zur Debatte.
    Ich kann mir „solche Verhältnisse“ in diesen Kreisen heute kaum vorstellen…

    Irgend wann zwischen 25 und 30 trat ich in die SPD ein, vermutlich aus vermeintlicher Solidarität mit meinem Großvater. Die Verweildauer war kurz, weil meine politischen Ansichten nicht mehr dazu passten und die SPD nicht zu mir.
    Vor ein paar Jahren besuchte ich in Bonn das Museum für deutsche Geschichte und wandelte noch einmal auf den Spuren meines Großvaters. Ein bisschen bewegt und stolz war ich schon, als ich Dokumente und Fotos von ihm fand und (mit einer mühsam erkämpften „Ausnahmegenehmigung“) fotografieren durfte.

    *) https://de.wikipedia.org/wiki/Friedrich_Maier_%28Politiker%29

  6. Es ist doch ganz einfach. Fragen sich die SPD-Granden, was SPD eigentlich bedeutet und wofür – oder wogegen – diese Partei gegründet wurde? Und fragen sich all die, welche ihr Kreuz immer noch bei dieser Partei machen, warum sie das tun, aus Überzeugung oder aus Nostalgie, oder aus Unwissen und, sorry, Blödheit?

    TUT MIR FRÜH DER SCHÄDEL WEH;
    LIEGT DAS AN DER SPD.
    UND SPRINGT MIR AUS DEM LEIB DIE SEEL,
    SCHULD DRAN IST DER GABRIEL.

  7. # 7, M. Petersmark: Ja, lag wohl an der späten Stunde und am mit dem Besuch getrunkenen Rotwein.
    Satire können andere besser.

  8. # 6, Wolfgang Fladung,

    So ein Mitternachtsgedicht,
    Hat meistens eine Vorgeschicht.
    Die Schöppchen schmecken halt so gut,
    Deshalb man gern sie trinken tut.

    von einem Kenner.

    Ja, warum immer doch noch so viele die SPD wählen ? Aus Tradition. Oder: wohin ausweichen ?
    Oder: ein Fünkchen Hoffnung besteht noch, dass die „Jüngeren“, (Juso?), die jedesmal nachrücken, das Pendel in die andere Richtung schubsen ?

    Wenn ich in der Kabine steh‘
    Und mir den Wahlzettel anseh‘
    – Dann wähl‘ ich – : wieder SPD.

  9. Die meisten hier scheinen sich eine SPD zu wünschen, die linkere Positionen vertritt. Sind Sie sicher, dass man damit mehr Erfolg bei den Wählern erzielt?

  10. Ja, welche Partei soll man denn sonst wählen?
    Die SPD ist doch immer noch das kleinere Übel. Bei jeder Wahl seit der unsäglichen Kanzlerschaft Gerhard Schröders frage ich mich, wen ich denn noch wählen kann: Die Grünen, die gemeinsam mit Schröder den Sozialabbau betrieben haben und heute in der Opposition plötzlich alles besser wissen? Die Linken, ein Chaosverein, bei dem sich bis heute einige schwertun, sich von der DDR zu distanzieren? Die CDU ist für mich nie eine Option gewesen. Es gibt einfach keine Partei, mit der ich mich wirklich identifizieren kann. Aber mich der Wahl ganz zu verweigern kommt für mich auch nicht in Frage. Also bleibt am Ende, nolens volens, doch wieder nur die SPD.

  11. @ 9; werner.h

    „Wenn ich in der Kabine steh‘
    Und mir den Wahlzettel anseh‘
    – Dann wähl‘ ich – : wieder SPD.“

    Wenigstens brauchen Sie sich in dieser trostlosen Situation nicht so ganz allein zu fühlen.

  12. @ 10; Henning Flessner

    Ich habe den Eindruck, daß viele SPD-Anhänger sich eine SPD wünschen, die die gleichen Positionen wie Die Linke vertritt. Aber statt daraus die Konsequenz zu ziehen, hält man der SPD lieber so eine Art Nibelungentreue. Und trauert den guten alten Zeiten nach.

  13. Bei mir kann man von Nibelungentreue eigentlich nicht sprechen. Ich war ja nie Parteimitglied. Zur Zeit von Hamm-Brücher habe ich auch mal FDP gewählt und bei einer der letzten Wahlen auch Die Linke. Bodo Ramelow scheint ja in Thüringen einen ganz guten Job zu machen. Aber es gibt in dieser Partei so einige ewiggestrige DDR-Verteidiger, bei denen sich mir die Nackenhaare aufstellen, z.B. Frau Wagenknecht, deren wirtschaftspolitische Analysen ich zwar für recht scharfsinnig halte, die dann aber ernsthaft in einer Talkshow behauptet, im Bildungswesen der DDR hätte jeder eine Chance gehabt, und dabei unterschlägt, dass die Voraussetzung für Bildungserfolg in der DDR Linientreue war und politisch Missliebige weder zum Abitur noch zur Uni zugelassen wurden. Solchen Leuten möchte ich keine Regierungsverantwortung übertragen.

  14. # 13 manfred petersmark

    Ich gebe zu, dass ich auch zu denen gehöre, weil ein völliges Wegbrechen der Linken in der SPD auch die – noch – bestehende Meinungsvielfalt in der Partei verloren ginge.

    Ich weise auf die Initiativen in Bayern mit Walter Adam, die Juso-Vorsitzende Johanna Uekermann, die lt. FR vom 19.12.2015 gerade unter Beschuss steht, und viele in meinem Bekanntenkreis hin.

    M.E. sind es nicht nur 74 %, die mit dem Kurs unzufrieden sind, sondern wesentlich mehr, die sich entweder nicht trauen, weil ihr Platz auf der Landesliste gefährdet ist, oder aus anderen Gründen gehindert werden, ihre Meinung zu äußern.

    Ich habe nie Karriere in der Partei gemacht, weil ich mit meiner Meinung nie hinterm Berg gehalten habe. Bereits auf einer Juso-Konferenz 1973 wurde ich vom damaligen Landesvorsitzenden Scharping abgekanzelt, weil ich eine bestimmte Zeitschrift gelesen habe, und deshalb nicht zum Delegierten gewählt.

    Gründe zum Austritt hat es viele gegeben, besonders wenn die SPD in der Regierung war, in der Opposition habe ich zu ihr gehalten. Eine defintive Zustimmung zu TTIP,Ceta und Tisa würde jedoch die Schmerzgrenze endgültig überschreiten.

  15. zu @ 11 Brigitte Ernst
    Sie sind mit dem was sie da geschrieben haben nicht alleine. Ich wähle auch nur noch das geringste Übel. Allerdings testet unser toller Bundeswirtschaftsminister gerade aus wie lange das geringste Übel für mich SPD heißt. Was mich davon abhält die Linke zu wählen ist einfach die Tatsache das es kein land gibt in dem dieses Denken zu Wohlstand für die Masse geführt hat. Das ist Z.B. in Skandinavien anders. Das sind Länder mit eher sozialdemokratischem Gedankengut. Zumindest was ich davon weiß. Die Frage ist halt ob die SPD noch eine sozialdemokratische Partei ist?

  16. Ich starte noch einen Versuch:

    Nicht nur, #10, Henning Flessner: Was sind eigentlich heute noch „linke Positionen“? Inzwischen gibt es ja diesen neuen Begriff von „Querfront“. Und wenn mir ein Gedanke, eine Idee, ein Vorschlag von der „rechten“ Seite gefällt, beschäftige ich mich mit diesem. Ohne Vorbehalte, und Vorurteile. Solange alles unter GG, Menschenrechte etc. pp., eingeordnet werden kann, ist mir alles willkommen. Weil wir sonst auch nicht weiter kommen, sondern uns nur in Grabenkämpfen verzetteln, nach dem alten, eher veralteten Denken: Dein Vorschlag kommt von recht/links oder sonstwo, also kann er nicht gut sein. Wenn etwas vorgeschlagen wird, dann gilt doch zunächst: wem nützt es, wer profitiert, wer zahlt, und wer muß sich ducken? Da ziehe ich mehr meinen Hut, als vor denen, welche in ihrer bevorzugten Partei dann unter dem Fähnlein mitmarschieren.

    Eine SPD, welche linkere Positionen vertritt, wird es trotzdem nicht geben, weil alle die, welche diese linkeren Positionen vertreten könnten, schon lange, bis auf wenige Ausnahmen, nicht mehr ihre Heimat in dieser Partei sehen. Sondern eher die Partei als Karriere-Sprungbrett.

    Wenn jetzt z.B. ein „rechter“ SPIEGEL-Journalist wie Fleischhauer sagt, nicht die Flüchtlinge gilt es zu bekämpfen, sondern die – falsche – Flüchtlingspolitik, dann ist dies für mich eine bedenkenswerte Äußerung, jenseits jeder politischen Couleur. Es gibt ja, Gott- oder Allah, oder Jahwe oder wem auch immer sei Dank, auch in allen politischen Parteien noch Querdenker, welche sich weigern, aus von uns eingeforderter Konsequenz zu quittieren. Nein, sie bleiben dabei, mischen weiter mit, vielleicht auch ein wenig auf, und haben genügend Selbstbewußtsein, um allem Spott, aller Häme, allem Unverständnis zu begegnen.

    Geißler ist immer noch CDU-Mitglied, dto. Willy Wimmer, dto. A. Ipsilanti immer noch in der SPD.

    Jetzt bin ich nur gespannt, wie es mit dem Soli weitergeht. Soll ja eigentlich bis 2029 auslaufen. Interessant, das bei der Besteuerung der Großverdiener, siehe Vermögens- oder Erbschaftssteuer, es immer mit der Abschaffung ganz schnell geht. Warum nicht ein Soli erst ab einem Jahreseinkommen von, sagen wir, 100.000 Euro?

    Aber da ist ja die alte „Arbeiterpartei“ SPD auch immer schnell dabei, wenn es um Kürzungen bei Hartzern, Rentnern, Geringverdienern etc. geht. Und die Kosten für Flüchtlinge gehen Großverdiener ja nix an. Genauso ist es unzumutbar, die Erhöhung der Krankenkassenbeiträge paritätisch auf Arbeitnehmer u n d Arbeitgeber zu verteilen,oder? Na denn mal viel Vergnügen, Frau Malu Dreyer.

  17. # 17 Wolfgang Fladung:

    zu den beiden letzten Absätzen: Ja, Gabriel hat die Vermögenssteuer, für die er in der Opposition noch geworben hatte, für tot erklärt, bei der Erbschaftssteuer werden die Millionenerben verschont, hier macht sich Nils Schmid für eine Klientel, die nie SPD wählen wird, stark, und die Fehler von Schröder bei der Einkommensteuer will ebenfalls niemand eingestehen.

    Für wie naiv hält Marlu Dreyer die CDU und vor allem deren Wirtschaftsflügel, zu glauben, dass diese das Zuckerbrot mit der Deckelung der Arbeitgeberbeiträge wieder zurückgeben würden? Dass die unter Schröder, Riester und Clement an die Unternehmen verteilten Geschenke jemals honoriert oder wieder rückgängig gemacht werden würden, war doch nie zu erwarten. Hierzu sei an die überpeinliche Rede von Steinmeier vor dem Arbeitgeberverband im Herbst 2013 erinnert.

    In den siebziger Jahren wurden einige wegen parteischädlichen Verhaltens ausgeschlossen, weil sie gemeinsam mit der DKP oder dem MSB Spartakus ein Flugblatt unterschrieben haben. Einen Schaden dadurch habe ich nie erkennen können, aber ein Schröder oder Clement haben mehrer verlorene Wahlen und Tausende von Austritten zu vertreten, wobei Schröder nicht ausgeschlossen wurde und Müntefering den Ausschluss von Clement, dem dieser durch Austritt zuvorkam, verhindern wollte.

  18. Wer zahlt denn die Parteispenden? Doch wohl nicht die Masse der Wähler, sondern Konzerne und sonstige Profiteure. Dafür müssen aber unsere Politiker für die Lobbyisten alles tun.
    Von schwarzen Koffern will ich gar nicht erst reden. Früher nannte man sowas Korruption.
    Parteispenden und sonstige Geschenke müssen verboten werden.

  19. @ 15; Liebe Brigitte Ernst,

    Sie kritisieren zu Recht, daß Frau Wagenknecht verschweigt, daß von diesem einen „Bildungserfolg“ versprechenden Bildungssystem in der DDR jeder politisch Mißliebige ausgeschlossen war. Andererseits sollte man sich in Erinnerung rufen, daß zu einer Zeit, als der sozialdemokratische Übervater Willy Brandt Bundeskanzler war, politisch Mißliebige einem „Berufsverbot“ unterlagen. Soll ich jetzt die DDR-Nostalgie von Frau Wagenknecht mit der Geschichtsvergessenheit der SPD und deren Anhängern aufrechnen? Nein, ich halte die Zukunft für wichtiger als die Vergangenheit!

  20. Was haltet Ihr, liebe Genossinnen und Genossen und Wählerinnen und Wähler der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands von der bei unserer Regierung aufgekommenen Idee, den Erwerb eines Elektro-Autos mit 5000 € zu bezuschussen? Barbara Hendricks als Bundesumweltministerin von der SPD soll den Anstoß dafür gegeben haben, weshalb eigentlich, wird einem nicht so recht klar. Der dicke Siggi aus Niedersachsen mag von den Abgasen aus VW-Auspuffrohren überhaupt gar nichts mehr hören und setzt deshalb auch voll auf Elektro. Die nordrhein-westfälische Ministerpräsidentin Hannelore Kraft von der SPD meint, die Braunkohlekraftwerke in NRW könnten den Energiebedarf der Elektoautos locker abdecken, alles im Sinne des Umweltschutzes und gegen den Klimawandel.

    Bleibt nur noch die Neiddebatte: Warum sollen ganz normale Steuerzahler die elektromobilen Kurzstrecken-Zweitwagen oder die Oberklasse-Teslas subventionieren, die sie sich selber nicht leisten können? Vielleicht finden die Sozialdemokraten oder deren Wähler eine einleuchtende Antwort. Ich nicht!

  21. #21 Manfred Petersmark

    Immerhin hat Willy Brandt später selbst eingeräumt, dass der Radikalenerlass ein Fehler war, das heißt, er war lernfähig. Dagegen ist jemand, der nicht zu einer kritischen Auseinandersetzung mit der Vergangenheit fähig ist, meiner Ansicht nach auch nicht in der Lage, die Zukunft zu gestalten.

    Da Sie selbst ja die „Nibelungentreue“ ablehnen, würde mich doch interessieren, zu welchem Wahlverhalten Sie den enttäuschten SPDlern raten und warum.

  22. @ 23; Liebe Brigitte Ernst,

    auch ich habe die Weisheit nicht mit Löffeln gefressen und rate deshalb weder Ihnen noch sonst irgendwem zu überhaupt garnix.

  23. # 20-24:

    Ich bin auch der Meinung, dass Parteispenden verboten werden müssten. Wenn man sich die aufgrund eines Gerichtsbeschlusses endlich veröffentlichte Liste der Lobbyisten mit Ausweis für den Bundestag anschaut, wird einem schlecht.

    Bei Elektroautos bin ich auch skeptisch; die Einsparung von Strom ist in aller Munde, und in diesem Fall soll wieder zusätzlicher Strom verbraucht werden.

    Wen soll man noch wählen? Vor Jahren schrieb ein Bekannter einen Artikel unter der Überschrift „Welche der Nullen soll man ankreuzen?“. Ich bin im März in Baden-Württemberg wieder mit dieser Frage konfrontiert und bin unschlüssig. Die Linke hat vermutlich keine Chance, in den Landtag zu kommen, die Grünen, die sich vor der letzten Wahl wenigstens gegen S 21 ausgesprochen hatten, haben sich inzwischen damit arrangiert,
    bleibt möglicherweise doch nur die Möglichkeit, mit knirschenden Zähnen und geballter Faust in der Tasche, SPD zu wählen?

  24. (nicht nur Brigitte Ernst): Mir ist eine angeblich immer noch „linientreue“ und die Bildung in der DDR verherrlichende Wagenknecht immer noch lieber als ein „Genosse der Bosse“ Sigmar Gabriel. An letzterem haftet für mich gar nichts mehr Sozialdemokratisches an, es sei denn, man hält permanenten Seitenwechsel für sozialdemokratisch. Eine Regierung unter Führung der SPD bleibt wohl für viele noch hoffende alte GenossInnen ein frommer Wunsch, weil es auch in der Linken genügend gibt, die sich auf rot-rot-grün nicht einlassen wollen. Weil sie genau wissen, daß der Schwanz nie mit dem Hund wedeln wird. Und weil sie wissen, das ein kleines Korrektiv in der Opposition immer noch Dinge aussprechen wird und den Finger in Wunden legen, als ein kuschelweich gespülter Koalitionspartner am Ende der rot-grün-roten Fahnenstange.

    Wer die neuen Meldungen zur Tatsache, daß es jenseits der 55 immer mehr Hartz-IV-Aufstocker gibt, negiert und vergessen hat, wem er dies zu „verdanken“ hat, nämlich Schröder, Riester, Gabriel & Co., dem ist nicht mehr in seinem naiven Kinderglauben an den Weihnachtsmann zu helfen.

    Ich möchte jetzt hier nicht den Forderungskatalog der Linken ausbreiten. Was mit Gabriel zu erwarten ist, allem voran TTIP, Ghettobildung für Flüchtlinge und möglicherweise deutsche Bodentruppen in Syrien, ist zu befürchten. Aber vielleicht ist ja für einige potentielle Linken-WählerInnen 2017 das Hemd der Zukunft näher als die DDR-Jacke der Vergangenheit, und sie schafft ein deutlich zweistelliges Ergebnis? (Es soll ja angeblich auch noch ein paar grün-Linke geben?)

    Und ehe jemand mit knirschenden Zähnen und geballter Faust in der Tasche dann doch SPD 2017 wählt (Landespolitik BW kenne ich mich nicht aus) sollte er lieber in die Wahlenthaltung gehen.

  25. # 22, Manfred Petersmark,

    Wenn ein neues Produkt, von der Regierung als förderungswürdig angesehen wird, dann wird das subvensnoniert.
    Dass dieses Produkt dann von den Leuten gekauft wird, die gerade d a f ü r ihr Geld ausgeben, ist gewollt.
    Oft werden gerade auch solche Sachen von Leuten gekauft, die es sich nicht leisten könnten. Statussymbole eben.

    # 24,

    Da du dich dauernd mit der SPD befasst hast, finde ich deine Antwort an die liebe Brigitte Ernst doch etwas unsachlich, also unpassend.

  26. @ 27; werner.h

    „Oft werden gerade auch solche Sachen von Leuten gekauft, die es sich nicht leisten könnten. Statussymbole eben.“

    Oft werden gerade auch solche Sachen von Leuten nicht gekauft, die es sich nicht leisten können. Aber mitbezahlen!

    Tja, und der lieben Brigitte Ernst kann ich nicht raten. Es ist doch wohl klar, daß man die neoliberale SPD wählen muß, wenn man nicht möchte, daß die ökoliberale Conchita Wurst dem niedersächsischen Schweinchen Dick oder dem Frankie-Steini-Boy die Pfründe streitig macht. Und da ja die SPD sich in der Mitte behaupten will, kann einem deren Mediokrität egal sein.

  27. #28
    Viel fröhliches Wortgeplänkel! (Wer um alles in der Welt ist die ökoliberale Conchita Wurst?)

    Ich hatte gehofft, wir hätten nun genug über die SPD gejammert und es wäre Zeit für Änderungsvorschläge oder das Aufzeigen von Alternativen.

  28. Das Thema Elektroautos und SPD ist sicher kein ganz einfaches. Jeder der die Energiewende will, und meiner Meinung nach ist das etwas was wirklich alternativlos ist, muss auch ja dazu sagen das Strom die Energie für den Wärmemarkt und den Verkehr wird. Das man dazu Elektroautos braucht wird sich wahrscheinlich nicht vermeiden lassen. Dann muss man sich fragen wie man solche Autos in den Markt bringt. Dazu eine Subvention zu zahlen kann durchaus Sinn machen. Ich denke die SPD steht nicht deshalb so schlecht da weil sie zu viel sinnvolles gemacht sondern weil sie zu viel Unsinn macht. Gestern wurde hier öfters die Zahl der Hatz 4 Empfänger verlinkt die älter als 55 Jahre sind. Das habe ich mal zum Anlass genommen mir anzuschauen wieviel Wähler in der letzten Bundestagswahl SPD gewählt haben. Es waren ca 11000000. Ich versuche jetzt mal mich an einer Überschlagsrechnung wieviel Wähler Schröder und Münte mit ihren Hartz Reformen dauerhaft vergrault haben. Ich denke das da durchaus eine nennenswerte Zahl der Stimmen raus kommen die heute zu 30% fehlen.
    Um da zu besseren Zahlen zu kommen müsste man wissen wie viele Hartz 4 Leute seit der Einführung zwangsverrentet worden sind oder aus Hartz 4 in Rente gegangen sind. Ich nehme mal 500000 an. Außerdem würde ich die Menschen dazu zählen mit 55+ als Leiharbeiter oder als befristet Beschäftigter tätig sind Diese Zahl wird leider auch in den Medien nicht genannt. Ich vermute das es mehr sind als die Zahl der Hartz 4 Empfänger von 500000, aber wenn man nur diese Zahl für beide Gruppen annimmt dann ist man bei ca 2000000 potentielle SPD Wähler. Das ist dann auch ziemlich genau die Zahl die dieser Partei zu vor den Hartz Reformen fehlt und zwar verdient.

  29. @ 29; Brigitte Ernst

    Zugegeben, ein schlechter Vergleich: die richtige Conchita ist ja nicht blond.

    Ansonsten und alternativlos: Linke wählen!

  30. zu 31 @ manfred petersmark
    Können sie mir ein Land nennen in dem die Linke Ideologie erfolgreich funktioniert über mehrere Jahre.

  31. Ich hätte nicht gedacht, dass sich nach dem anfänglichen Gejammere doch noch eine ernsthafte Diskussion entwickelt.
    Meine Position ist in #15 (Brigitte Ernst) und #16 (Peter Boettel) ausreichend beschrieben. Wobei ich zu den Bedenken von Brigitte Ernst gegenüber der Linken hinzufügen würde, dass es zwischen Landes- und Bundesebene zu unterscheiden gilt. Die Nostalgie einer Sara Wagenknecht betr. DDR-Bildungspolitik spielt da wohl kaum mehr eine Rolle. Betr. der Einschätzung von Bodo Ramelow stimme ich zu. (Bin hier im Blog auch ziemlich angegangen worden, als ich ihn gegen die unsäglichen Anwürfe im Vorfeld der Wahl verteidigte.)
    Ein Studienfreund von mir, Bürgermeister in Brandenburg, hat in seiner Funktion Koalitionen mit CDU und mit Linken erlebt. Wobei nach seiner Einschätzung mit der Linken wesentlich verlässlichere Absprachen möglich waren.
    Der Pferdefuß liegt da eher auf außenpolitischem Gebiet: nicht nur die Haltung zu Putin, auch eine m.E. verbal-pazifistische Einstellung, die m.E. weder mit der ursprünglichen Friedensbewegung noch mit einer realistischen Außenpolitik viel gemein hat. Das aber spielt auf Landesebene keine Rolle.

    @ Brigitte Ernst, #23

    Willy Brandts Einräumen des „Radikalenerlasses“ als „Fehler“:
    So einfach ist die Sache nun nicht aus der Welt zu schaffen. Schon gar nicht, wenn man sich um die Konsequenzen drückt.
    Da ging es eben nicht um ein paar bedauernswerte Fälle, sondern um flächendeckende Denunziation. In Berlin z.B. von einer „Notgemeinschaft Freie Universität“ („Nofu“), Mitbegründer Alexander und Gesine Schwan, beide SPD. Eine Nummer ihrer Veröffentlichungen (an alle politischen Institutionen, Arbeitgeberverbände, Gewerkschaften usw. gerichtet) umfasste 30 Seiten Namen einer einzigen – angeblich „verfassungsfeindlichen“ studentischen Organisation.
    Gesine Schwan hat dies in einer Sendung einmal als „Überreaktion“ bezeichnet. Ein offzielles Bedauern hat weder sie noch sonst ein führender Vertreter der SPD ausgedrückt – nicht einmal nach Verurteilung der BRD durch den Europäischen Gerichtshof.
    Eine Organisation der Berufsverboteopfer kämpft bis heute – weitgehend vergeblich – um Anerkennung des Unrechts (mit entsprechenden Konsequenzen, z.B. betr. Rente).
    Angesichts dieser Fakten, die stillschweigend dem „Vergessen“ anheim fielen, kann ich die Klagen über Abkehr der SPD vom „Pfad der Tugend“ unter Schröder bzw. Gabriel nicht recht nachvollziehen.

    Erstaunlich finde ich auch, dass noch niemand auf die Idee kam, Anregungen aus Spanien aufzunehmen und z.B. auf Organisationsform, Art der Mobilisierung usw. von „Podemos“ einzugehen.

  32. Mir scheint es, als ob sich hier die Blogger und somit auch potentielle WählerInnen um eine Grundsatzdebatte drücken: Wie soll es weitergehen, und mit wem? Es scheint so zu sein, daß sich auch all die Linken, welche vor den Wahlen noch den aufrechten Gang übten, plötzlich nach den Wahlen eher die gebückte Haltung einnahmen, siehe Syriza, und wohl auch irgendwann PODEMOS. Dann heißt es eben: Veränderungen sind nur möglich, wenn man diese aus den wahren Verhältnissen heraus gestaltet. Ja, zu einem Teil schon, aber wenn mensch dabei alle seine Überzeugungen über Bord wirft, so wie seit Jahrzehnten die SPD, dann sollten sich die Verantwortlichen fragen, ob sie das, was sie praktizieren, ähnlich den Glaubensbekenntnissen aller Couleur, nur noch pervertieren. Einen Gott, oder Gesetze, welche nur noch den Reichen nützen, aber die Armen weiter im Elend belassen, brauchen wir nicht.

    Vergiftet scheint mir im Moment die Gegenwart in Hinblick auf „Querfront“ zu sein. Da werden die Forderungen von angeblichen „nationalen Sozialisten“ in einen Topf geworfen mit „demokratischen Sozialisten“, ohne zu hinterfragen, wem es letztendlich nützt, eben mein altes Motto „qui bonum“!!!

    Leider ist so vielen MitbürgerInnen das Nachdenken zu viel, es fehlt die Zeit, die Lust, bei Familie, Partnerschaft, der Bewältigung des Alltags etc. pp. Und das sind dann Schlagworte und Lockbegriffe einfacher zu befolgen, als zu hinterfragen. Darauf setzen ja auch all die Manipulateure, weil sie wissen, nur aus gut manipulierten ist ordentlich etwas heraus zu holen. Und nur diese Leute sind dann auch auf Dauer zu binden, dafür, daß sie wie Sklaven im Altertum sich für die Tritte ihrer Dienstherren auch noch bedanken.

    Das Ganze ist natürlich solange für den Ofen, solange keiner auch bereit zum eigenen Engagement ist. Die „oben“ machen zu lassen, weil die es schon, irgendwie, richten werden, ist Bürgers Bequemlichkeit, aber nicht Pflicht.

    Also wird der ganze Scheiße so weitergehen, weil das System selbst seine Gewinner und Versager, bzw. Sklaven und Profiteure, produziert, indem es funktioniert, wie es funktioniert.

    Dann, frohe Weihnachten.

  33. @ Manfred Petersmark und Werner Engelmann:
    Das mit Berufsverboten ist so eine Sache. Wenn sie Leute beträfen, die rechte Inhalte verbreiten, wären vielleicht mehr politisch links Orientierte dafür. Ich z.B. wäre froh, wenn Björn Höcke, der zur Zeit ja zum Glück wegen seiner Tätigkeit in der Poltik vom Schuldienst beurlaubt ist, nie wieder als Geschichtslehrer arbeiten dürfte. Aber natürlich sind Einzelprüfungen nötig.

  34. zu @ 33 Werner Engelmann
    Angesichts dieser Fakten, die stillschweigend dem „Vergessen“ anheim fielen, kann ich die Klagen über Abkehr der SPD vom „Pfad der Tugend“ unter Schröder bzw. Gabriel nicht recht nachvollziehen
    Die Frage ist mit einem Satz zu beantworten. Die von der Hartz Reform von Münte und Schröder betroffenen sind viel mehr.
    Man hat ja nicht nur Hartz 4 eingeführt sondern die Massen an Leihsklaven und befristet Beschäftigten. Diese wurden heute in dem Kommentar in der FR auf Seite 16 auch mit keinem Wort erwähnt. Für den Kommentator scheint es normal zu sein das viele ältere Menschen in ihren letzten Arbeitsjahren vor der Rente als Leihsklave ihr dann recht bescheidenes Brot verdienen müssen. bescheidenes Brot

  35. @ 32; hans

    Was meinen Sie mit „die Linke Ideologie“?

    @ 35; Brigitte Ernst

    Es wäre ja alles so einfach, wenn man politisch Andersdenkenden irgendwelche Verbote auferlegen könnte. Zum Glück ist dies dann doch nicht so einfach, wie beispielweise die bisher vergeblichen Anläufe, die NPD durch das Bundesverfassungsgericht verbieten zu lassen, belegen. Ich nehme stark an, daß jeder Lehrer eine politische Einstellung hat und diese halt nur nicht so öffentlich vertritt wie Herr Höcke. Wenn man sicherheitshalber alle Lehrer diesbezüglich überprüfen wollte, wäre man wieder bei der Gesinnungsschnüffelei zu Willy Brandts unseligen Zeiten angelangt. Schüler waren und sind zu allen Zeiten den schlechten Einflüssen von schlechten Lehrern ausgesetzt. Für strafrechtlich Relevantes darunter wäre die Gerichtsbarkeit zuständig.

  36. @ Brigitte Ernst, #35

    „Das mit Berufsverboten ist so eine Sache. Wenn sie Leute beträfen, die rechte Inhalte verbreiten, wären vielleicht mehr politisch links Orientierte dafür.“

    Eine ziemlich waghalsige Vermutung, die bestenfalls für Leute zuträfe, die weder von Theorie und Praxis der Berufsverbote noch von Schulrecht eine Ahnung haben.

    Berufsverbote:
    Es handelte sich um staatlich organisierte Menschenrechtsverletzung und nicht um „linke“ oder „rechte Inhalte“. So wurde im Fall Dorothea Vogt (1995) die BRD vom Europ. Gerichtshof für Menschenrechte wegen Verletzung der Europäischen Menschenrechtskonvention verurteilt.
    Möglich war das, indem untergeordnete Bestimmungen des Beamtenrechts über Verfassungsrecht gesetzt, objektive Rechtsprinzipien (z.B. „Verfassungswidrigkeit“) in subjektiv interpretierbare Gesinnungsüberprüfung („Verfassungsfeindlichkeit“) verwandelt und zugleich in die Hände von Verwaltungsbeamten gelegt wurden. In der erdrückenden Mehrheit wurden nicht tatsächliche Rechtsverstöße, sondern Gesinnungen, d.h. vermutete künftige Verhaltensweisen nach politischen Kriterien verfolgt. In CDU-Ländern war es zugleich ein Mittel der Verdächtigung und Bekämpfung von Sozialdemokraten – so indem u.a. Mitgliedschaft in SDS oder SHB als ausreichendes Kriterium für Berufsverbot angesehen wurde.
    Selbst ein „Herbert Wehner [SPD] sah schon 1972 ‚Gesinnungsschnüffelei‘ und in dem angestrebten Schutz‘ der freiheitlichen Grundordnung einen ersten Schritt zu ihrer Beseitigung.“ (Wikipedia: Radikalenerlass)
    Es versteht sich von selbst, dass eine solche Praxis in keiner Hinsicht zu rechtfertigen ist – egal, ob gegen „links“ oder „rechts“ gerichtet.

    Schulgesetz:
    Das Hessische Schulgesetz – das für einen Björn Höcke einmal zuständig war – verweist in §3,1 u.a. auf “ Freiheit der Weltanschauung“ und „Rücksicht auf Überzeugungen Andersdenkender“.
    Und es bestimmt in § 86,3 (ähnlich wie wohl in allen Bundesländern):
    „Zur Gewährleistung der Grundsätze des §3 Abs.1 haben Lehrkräfte in Schule und Unterricht politische, religiöse und weltanschauliche Neutralität zu wahren.“
    Völlig ausreichende Bestimmungen, um Schüler künftig vor Agitationen eines Björn Höcke zu bewahren.

  37. @ Werner Engelmann

    Sie haben wieder einmal einen Teil meines Beitrags überlesen. Mein letzter Satz lautete: „Aber natürlich sind Einzelprüfungen nötig“. Das bedeutet, dass ich so etwas wie einen generellen „Radikalenerlass“, der Berufsverbote allein wegen der Zugehörigkeit zu einer bestimmten politischen Gruppe verhängt, ablehne.

    Zum Beispiel Björn Höcke: Ich frage mich, ob es ausreicht, von Lehrkräften zu verlangen, lediglich in Schule und Unterricht politische, religiöse und weltanschauliche Neutralität zu wahren. Ein Lehrer verbreitet in seiner Freizeit vor den Augen und Ohren der gesamten Öffentlichkeit, zu der auch seine Schüler gehören, rassistische Äußerungen und kann nicht aus dem Schuldienst entfernt werden, weil er so geschickt ist, im Unterricht selbst seinen Mund zu halten? Diese Trennung von öffentlich auftretender Privatperson und Amtsträger kann ich nicht nachvollziehen.

  38. zu #29: mit Conchita Wurst ist es ähnlich wie mit den Parteien und den meisten Politikern: man weiss nicht so genau, was es ist und wohin es damit gehen soll. Aber Spass beiseite; kommen wir zu den von Ihnen geforderten Ideen, Frau Ernst, die für die Situation – nicht nur in unserem Land – existentiell zu sein scheinen. Leider kommen wir aus dem Parteiengedöns nicht raus, wir sollten als Bürger zusammen mit den „tranparency watches“ o.ä. Institutionen darauf achten, dass das Regieren/Leiten einer Nation transparent, offen und möglichst objektiv gestaltet wird und nicht von Zwang und Proporz im Parlament dominiert wird. Früher glaubte ich auch einmal, dass die SPD dafür sorgen könne; das hatte sich sehr lange gehalten, ist aber mit dem Herrn Gabriel endgültig in die Tonne getreten worden, da er sich noch schneller in „seiner“ Meinung dreht, als die Wendehälse von der FDP vor einigen Jahren. Kann man nicht einmal dazu übergehen, wie es eigentlich sein sollte und auch im Gesetz steht, dass die Parlamentarier dem Wohle des Volkes dienen sollten und nicht die Geldmaschine für Konzerne sein sollten, was sie heute nur noch sind. Zu diesem Behufe sollte man sich den uralten Film „Rollerball“ mal reinziehen oder „Soylent Green“…. sind alte Filme aber zeigen auf, wohin wir driften werden – und keiner tut was dagegen – am wenigsten die Politiker und schon gar nicht die von der SPD, denn die sind gerade in genau entgegengesetzter Richtung unterwegs. Grüßle zum Restfest

  39. Ich sitze hier noch mal vor meinem PC, satt vom Essen, ein wenig angeheft vom „Roten“ und den Verdauern danach, und versuche noch mal, total subjektiv natürlich, das Ganze etwas einzurahmen. Basierend auf unserer Diskussion heute abend zwischen Stiefsohn, Frau und mir, hat sich heraus kristallisiert, das Wissen + Erkenntnis nicht funktionieren können, wenn sie durch Einstellung und Haltung, also Emotionen gefiltert, irgendwie verwendet werden. Was dann geblieben ist, sind Bruckstücke, also Zerrbilder. Wie und warum handeln Menschen wie sie handeln? Nur aus Eigennutz, aus Gewinn- und Raffsucht heraus, oder aus Dummheit, bzw. Unfähigkeit, die Folgen zu begreifen? Warum denken wir Normalbürger immer wieder, das Menschen wie, sagen wir, Sigmar Gabriel, anders, weiser, erfahrener, klüger, handeln würden als wir? Vielleicht landen gerade nur die Typen in der Politik, welche eben nicht die Fähigkeiten für ein Leben im Normalleben mitbringen???

    Wenn ich versuche, über den Horizont hinaus zu denken, verantwortlich, und die möglicherweise eintretenten Veränderung mit einzubeziehen, dann pendele ich im Ergebnis zwischen Erfolg und Scheitern. Die SPD, die wir inzwischen haben und erleben, ist nicht mehr die Willy Brandts. Sie ist eine neoliberale, nur noch marktkonform denkende Partei geworden, mit kleinen, angeblich „sozialdemokratischen“ Schmankerln für Wähler und Volk. Wer ist denn noch „Sozialdemokrat“ in dieser Partei, Stegner? Also, sollte sich der Wähler, bzw. die Wählerin fragen, macht sie jetzt ein Kreuz für Hoffnungen, zumal enttäuschte, der Vergangenheit, oder Erwartungen der Zukunft. Und da sehe ich andere Möglichkeiten.

    Larmoyanz als Stiftführer auf dem Wahlzettel, nein danke. Es gab eine Chance für eine andere, eine SPD im Ur-Sinne, die WASG, aber diese wurde vertan. Leider.

  40. @ 41; Ach ja, Wolfgang Fladung,

    „ein wenig angeheft vom Roten“ wollen wir nix mehr wissen von den Roten. Aber der Kater folgt auf den Fuß!

  41. # 41 Wolfgang Fladung,

    ich stimme weitgehend zu. Zur WASG: Jede Gruppe, die zu wenig „Mitläufer“ bekommt, wird schließlich scheitern.
    Eine Bevölkerung, der es einigermaßen gut geht, ist träge, will keine Veränderung.

  42. # 40,

    zu „Soylent Green“ möchte ich auf einen Ausschnitt hinweisen, den ich für durchaus erstrebeneswert halte.
    Ein alter Mann, der sein Leben gelebt hat, will mit dem Elend um ihn herum nichts mehr zu tun haben. Er meldet sich in einem Institut an, wird aufgenommen, kann sich seine Lieblingsmahlzeit einverleiben, schaut zu wohlklingender Musik einen Film mit Naturbildern an von einer vergangenen, schönen Erde mit Wäldern, Seen, Wasserfällen…Dann darf er mit einem letzten Trunk versehen, sanft in einen Schlaf versinken, aus dem er nicht mehr aufwachen wird.
    Diese Scenen hatten mich seinerzeit mehr beeindruckt als das Hauptthema : Zuteilung von Proteinportionen aus – Menschenfleisch.

  43. @ Wolfgang Fladung

    Wer wird Politiker und warum?
    Ich unterstelle mal, dass bei einem Großteil ursprünglich der Wunsch dahintersteckt, etwas (nach je eigenen Maßstäben) Positives für die Gesellschaft zu bewirken. Aber sicher gibt es auch diejenigen, die von vornherein nur die eigene Karriere im Sinn haben, die Macht und Ansehen verleiht. Einige mögen schon von Anfang an den Sprung in die Wirtschaft planen, der ihnen dann das ganz große Geld beschert. Aber die sind, so vermute ich, eher in der Minderheit.
    Was dann folgt, ist die Ochsentour vom kleinen Plakatkleber auf kommunaler Ebene bis ganz nach oben. Leider sind es nicht immer die sympathischsten Zeitgenossen, die das durchstehen, denn man braucht Ellbogen und sicher auch ein gewisses Maß an Skrupellosigkeit, um sich durch harte Konkurrenzkämpfe und Intrigen durchzuboxen. Und wer dann oben ankommt, hat schon einige menschliche Enttäuschungen erlebt, die ihn hart gemacht haben. Und ab einem bestimmten Punkt geht es dann nicht mehr primär um die Sache, sondern vorwiegend um den Machterhalt, für den einzelnen Politiker und für die Partei.
    Wer etwas zarter besaitet, wer von Idealen beseelt ist, wirft irgendwann auf diesem Weg das Handtuch und wendet sich enttäuscht und angewidert ab. Wer bleibt, sind vor allem die Schäubles und Gabriels, verhärtete Typen, denen es vorwiegend um persönliche Triumphe geht und die ihre ursprünglichen Ziele längst aus den Augen verloren haben.

  44. # 45, Brigitte Ernst,

    Sehr gut ! Meiner Meinung nach, in ihrer Kürze, die beste Beschreibung des Dilemmas, mit dem wir leben müssen.
    Ich sehe auch gar keinen anderen Weg.
    Außer : Ein strahlender, sympatischer Quereinsteiger, also eine „Lichtgestalt“, kommt daher und schafft raketenhaft den Aufstieg in höhere Positionen. Er schleppt dabei dann eine Menge Neider hinter sich her.
    Ob er sich halten kann und ob er schließlich die vorgegebenen Ideale erreichen wird, bleibt fraglich.

  45. Moin zusammen,

    Hennig Flessner stellt in der Mitteilung Nr. 11 fest, daß die meisten der Teilnehmer dieses Blogs sich eine linkere SPD wünschen. Er fragt sich, ob man mit einer linkeren SPD genügend Wählerstimmen bekommen würde.

    Die SPD (und die Grünen) ist mittlerweile derart nach rechts gerückt, daß sie nach meiner Auffassung nicht mehr sozialdemokratisch ist. Sie (und das Folgende gilt auch für die Grünen) ist schlicht neoliberal.

    Worauf es ankommt, ist, daß man ein Programm hat, das man durchsetzen möchte. Im Fall von „echten“ Sozialdemokraten und Grünen wäre dies eine ökosoziale Marktwirtschaft. Mit so einem Programm stellt man sich zur Wahl, und wenn man dann gewählt ist, versucht man das Programm umzusetzen. In Reinform, wenn man allein regieren kann, oder in würdigen Kompromissen, wenn man koalitionär regieren muß. Und wenn man wegen des Programms nicht gewählt wird oder aus anderen Gründen, dann guckt man, wo der Fehler liegen könnte, und korrigiert ihn. Oder man versucht weiter, sein Programm durchzusetzen, und stellt es bei der nächsten Wahl …zur Wahl, und bei einem guten Programm auch bei der übernächsten Wahl. Oder man schließt diese Partei.

    Nach meiner Auffassung brauchen wir dringend eine ökosoziale Marktwirtschaft, die diesen Namen verdient. Wir haben global riesige Probleme, die ich gerne ökosozial gelöst hätte: Klimakatastrophe; Gefahr durch Atomkraftwerke (gerade in Zeiten des Terrorismus); eine ungerechte freie Wirtschaft, die nur 1 Promille der Menschen nützt und allen anderen schadet, und zwar vielen tödlich schadet (in den arm gehaltenen (!) Ländern: Verhungern, keine saubere Luft und kein sauberes Wasser, keine medizinische Versorgung, kein Dach über dem Kopf, keine Bildung…). In den Industrie- und Schwellenländern: Keine saubere Luft, mit viel Mühe gesäubertes Trinkwasser, eine immer schlechtere medizinische Versorgung; nicht genüngende Investitionen in eine vernünftige Infrastruktur mit kaputten Schulen ohne genügend Lehrer und kaputten Straßen und geschlossenen Frei- und Hallenbädern…

    Das Thema Medinzin liegt mir besonders am Herzen. Wir haben eine Fehl-, Über- und Unterversorgung. Finanziert wird nicht mehr, was medizinisch sinnvoll ist, sondern was Profit bringt. Krankenhäuser zum Beispiel müssen aufgrund eines vor einigen Jahren eingeführten neuen Abrechnungssystems manchmal sinnlose Operationen durchführen (Herzkatheter, Hüft-TEPs als Stichwort) und entlassen die Patienten dann „blutig“. Arztpraxen werden von Pharmavertretern belagert, die Ärzten teueren Schrott anbieten (z.B. Neue orale Antikoagulatien). Die Pillenhersteller forschen nur, was Geld bringen könnte.

    Es geht also allen schlechter, uns in den „reichen“ Ländern, und denen in den absichtlich arm gehaltenen Ländern. Deswegen brauchen wir eine sozialdemokratische SPD und grüne Grüne.

    „Angesichts der gewaltigen Herausforderungen der Gegenwart bedarf es einer linken politischen Alternative dringender denn je“, schreibt Albrecht von Lucke in seinem sehr empfehlenswerten Buch „Die schwarze Republik und das Versagen der deutschen Linken“ (Seite 16). Und noch ein schöner Satz auf Seite 36: „Die eingentlichen Ursachen für das derzeitige Desaster der SPD liegen (somit) in einer fundamentalen gesellschaftlichen Entsolidarisierung in der Ära Schröder.“ „Damit steht die Ära Schröder auch für einen massiven Einbruch des Lobbyismus in der Politik“ (Seite 37). „Der Ex-Bundeskanzler (ist)…für die deutsche Sozialdemokratie eine Schande.“ (Seite 44, dies Urteil bezieht der Autor auf Schöders Lobhudelei auf Putin, ich beziehe das auf die ganze rotgrüne sogenannte Reformpolitik).

    Meine Familie will essen…

  46. #48 Michael Lübbers.

    Erst wiederholen Sie meine Frage und dann antworten Sie leider nicht. Oder soll ich Sie so verstehen, dass eine linke SPD keine Wahlchancen hat und dann doch in Ehren untergehen sollte?
    Ihre negative Weltsicht teile ich übrigens nicht. Der Klimawandel ist noch keine Katastrophe, Kernkraftwerke stellen keine sonderliche Gefahr dar. Die Welt wird immer besser. Die Armut und der Hunger werden geringer. Die Welt war selten so friedlich wie heute.

  47. Moin Herr Flessner,

    in Gedanken war ich gestern auch damit beschäftigt, rechtzeitig vor „Mord mit Aussicht“ mit meinem Text fertigzuwerden. War nicht so schlau von mir…

    Würde eine linkere SPD genügend Wählerstimmen bekommen, fragen Sie sich (ich muß die Frage für mich noch mal wiederholen, damit ich weiß, wurum es geht, das erhöht die Chance, die Frage tatsächlich zu beantworten).

    Solange die SPD nicht sozialdemokratisch handelt, sondern im Grunde genommen antisozialdemokratisch, ist es egal, ob sie genügend Wählerstimmen bekäme. Denn entscheidend ist nicht, wie die Parteien heißen, die an der Regierung sind, sondern wie sie (theoretisch) denken und (praktisch) handeln. Im Gegenteil: Die SPD braucht vielleicht einen gehörigen Dämpfer, um wieder zu sich selbst zu kommen. Wenn ich jetzt die SPD wählen würde (was ich seit 1993 wegen der unsozialdemokratischen Drittstaatenregelung nicht mehr tue), dann würde ich sie in ihrem Kurs bestätigen. Dann hätte sie keine Grund, ihren falschen unsozialdemokratischen Kurs zu ändern. Und falsch ist der momentane Kurs, denn er hat mit Sozialdemokratie nichts zu tun. Er ist Etikettenschwindel.

    Einer meiner Patienten ist immer wieder alkoholrückfällig gewesen. Bis er mal mit einem Hb von 5 im Krankenhaus aufgewacht ist nach einer heftigen Speiseröhrenkrampfaderblutung durch alkoholtoxische Leberzirrhose (erwachsene Männer haben normalerweise einen Blutfarbstoffgehalt von 14 bis 18g/dl). 5 ist also knapp vor Tod. In letzter Zeit ist jetzt mit Alkohol Ruhe. Vielleicht braucht die SPD statt eines Hämoglobins von 5 einen Wahlstimmenanteil von 5%…

    Ich merke, daß es mir nicht nur vom Verstand her sondern emotional egal ist, ob rotgrün an der Regierung ist oder nicht. Was ist in Zeiten des grassierenden Neoliberalismus der Unterschied zwischen rotgrün und schwarzgelb? Nothing! Und eine den Massenmörder verehrende Sarah Wagenknecht von der Partei Die Linke ist auch keine ernstzunehmende Alternative, überhaupt nicht, im Gegenteil!

    Die SPD muß in sich gehen und sich fragen, was bedeutet freie Marktwirtschaft und Sozialabbau und Lobbyismus, Umverteilung des Vermögens von den Armen und dem Mittelstand zu den Superreichen undundund und auf der anderen Seite Sozialdemokratie? Sozial! Gerecht! International! Für die Menschen!

    Die SPD muß sich radikal von ihrem neoliberalen Anteil trennen, weil der mit Sozialdemokratie nullkommanichts zu tun hat! Sie muß gerd schröder rausschmeißen. Mir war immer schlecht, wenn ich Bundeskanzler Helmut Kohl im Fernsehen sah. Aber der „war CDU“, und das war in Ordnung. Ich brauchte ihn ja nicht zu wählen, und einen Teufel hätte ich getan und ihn gewählt. Mittlweile wird mir körperlich übel, wenn ich an gerd schröder und siegmar gabriel denke. Das war etwas abschweifend. Die SPD (und auch die Grünen) müssen sich g l a u b h a f t von der Agenda 2010 verabschieden, sie canceln. Dann hat sie nach meiner Ansicht Chancen, mal wieder gewählt zu werden!

    Jetzt zu Ihren anderen Punkten:

    Der Klimawandel ist die Ursache für Naturkatastrophen, die bereits jetzt stattfinden. Dürren, Überschwemmungen, zerstörerische Orkane, tödliche Hitzewellen sind häufiger und heftiger als früher. Da kann man sich bei der Rückversicherung informieren. Und die Weichen für das Klima und die Überlebenschancen vieler zukünftiger Generationen und der ganzen Natur werden jetzt gestellt, in diesen Jahren. Ob wir den Treibhausgasausstoß angemessen verringern oder nicht entscheidet über Kipppunkte, also darüber, ob vom Menschen nicht mehr beeinflußbare Klimaveränderungen auftreten, die über eine positive Rückkoppelung (Herr Büge/Bronski ist wenn ich es richtig im Kopf habe studierter Biologe und kann Ihnen das erklären) den Ausstoß dann nicht mehr vom Menschen gemachter Treibhausgase verursacht. Beispiel Methanfreisetzung in der Tundra (?) durch zu hohe Temperaturen.

    Kernkraftwerke stellen selbstverständlich eine enorme Gefahr dar. In einem nicht von der FR veröffentlichten Leserbrief nach den Anschlägen von Paris habe ich sinngemäß geschrieben, daß 3 zeitgleich von Terroristen verübte Anschläge auf Kernkraftwerke die Zivilisation und Demokratie in Europa und vielleicht weltweit auslöschen würde. Zumindest, wenn auch in den USA ein paar von den Dingern hochgehen. Auch sind weiterhin die nichtterroristischen Kernkraftwerkshavarien möglich. Und auch im Normalbetrieb sind die Dinger gefährlich, weil sie Atommüll erzeugen, der die nächsten Millionen Jahre gefährlich vor sich hinstrahlt. Woher nehmen wir uns das Recht, den Lebewesen der Zukunft ihre Chancen zu verbauen?

    Die Welt wird immer besser, Armut und Hunger geringer, und friedlicher als jetzt war sie nimmer, diese Welt, schreiben Sie.

    Noch immer lagern Atomwaffen in einigen Ländern, mit denen man in Minuten die Welt und alles Leben mehrfach auslöschen kann. An vielen Orten gibt es Konflikte, die nicht gelöst werden, weil kein finanzielles Interesse der Mächtigen daran existiert. Kleidung und Handys werden von Sklaven hergestellt, hunderte Jahre nach offizieller Abschaffung der Sklaverei. Das sich die Armutszahlen relativ und absolut verringert hätten, soll auf eine statistische Trickserei beruhen (kann das nicht mit Quellen belegen, weil ich das glaube ich in der Zeitung gelesen habe und nicht in Büchern).

    Entscheidend ist auch nicht, ob die Welt tendentiell besser geworden sein mag oder nicht, sondern um wieviel sie besser sein könnte, wenn…ja wenn die SPD und die Grünen endlich wieder global ökosozial handeln würden…Ok, es reicht wahrscheinlich nicht aus, wenn SPD und Grüne sich endlich eines Besseren besinnten, sondern es erforderte die engagierte Kraft aller Demokraten! Christsein hat ja (für mich) auch was mit sozial zu tun. Und mit Schöpfung bewahren undundund…

    Lapidar feststellen „der Hunger wird geringer“, „die Zahl der Hungernden soll halbiert werden“ ist auch so ein Begriff. Machen Sie sich mal klar, was dieser Begriff „Hunger“ und vor allem „Verhungern“ bedeutet! Menschen leben im Elend und sterben im Elend, weil nicht das für sie getan wird, was man naturwissenschaftlich-technisch tun könnte! Das ist eine K a t a s t r o p h e!

    Ich bin übrigens als Arzt für Ärzte für die Dritte Welt (jetzt German doctors) und für humedica auf Haiti (im Choleragebiet) gewesen. Ich weiß, wie Armut aussieht, auch wenn ich nicht, weiß, wie sie sich anfühlt.

    Schn wärs, wenns schön wär. Ist es aber nicht. Auch wegen der SPD und den Grünen!

    Ich hoffe, ich habe formal richtig Ihre Frage beantwortet. Ob wir einer Meinung sind, ist ja eine andere Sache…

    Tschüßchen erstmal

  48. Für Ärzte für die Dritte Welt war ich in Bangladesh und nicht auf Haiti, letzteres war für humedica.

  49. zu @50 Michael Lübbers
    Zuerst mal stimme ich ihnen weitgehend zu. Münte und Schröder sind eine Schande für die SPD und eigentlich sollte man sie nicht mehr wählen. Wenn man das aber nicht tut dann hat man fast automatisch schwarz/gelb. Ist das besser? oder versucht man es mit dem kleinerem Übel?
    Sie haben aber eine Frage aufgeworfen die ich mir auch stelle und auch hier im Bloog erfolglos aufgeworfen habe. Warum greifen Terroristen keine Atomkraftwerke an? Dafür muss es einen Grund geben. Eine Wirtschaftskrise gegen die die Finanzkrise nichts war wäre die Folge und die Terroristen würden den Kampf gewinnen. Die Anwohner würden die Teile stürmen und still legen keine Frage.

  50. O.k., ein Meinungsaustausch. Zur Debatte gehörten für mich mehr. Aber viele, die ich kenne, haben einfach keine Lust mehr, auf diese ewigen Debatten, die fruchtlos sind. Sie haben resigniert, weil eh immer diejenigen, welche man sich nicht „oben“ wünscht, dort ihr Spiel machen. Und sie haben häufig einfach keine Zeit, weil sie das Familieneinkommen mit einem Zweitjob aufbessern, oder einen Verwandten pflegen, oder einfach müde und ausgelaugt sind.

    Auch ich habe keine Hoffnung mehr, das in dieser Rumpf-SPD irgendwann noch einmal die alten sozialdemokratischen Werte und Überzeugungen erwachen und sich auf den parlamentarischen Weg machen könnten. Schauen wir uns doch das Personal an: selbst angeblich „Linke“ wie Nahles sind längst nach rechts, also Richtung marktkonformer Demokratie abgebogen.

    Herr Gysi, den ich immer für einen zwar gewieften Taktiker, aber trotzdem noch für einen sozial eingestellten linken Demokraten hielt, träumt von rot-rot-grün, und sucht in stalinistischen Krümeln von Frau Wagenknecht. Schauen wir uns nur einmal an, wie diese Konstellation bei heutigen Umfragewerten aussähe, kommen wir auf 25% SPD, 10-11% Grüne und 9 – 10% Linke. Und da träumen Gysi, und andere, SPD und Grüne wieder herüber ins linke Lager ziehen zu können?

    Eher wird es die AfD mit einem „sozialen“ Anstrich a la Marine Le Pen verstehen, ihrerseits Wähler aus dem SPD-Lager herüber zu ziehen. Sie dürfte in den Umfragen bald schon als 3. Kraft auftreten. Und es ist ja auch deutsche Tradition, siehe 1930 – 33, im Zweifel eher sein Kreuz dann doch „rechts“ zu machen.

    In Bezug: alles ist gut, habe ich eine deutlich andere Meinung als Sie, Herr Flessner, # 49. Da verdrängen Sie einiges, z.B. die Meldung von heute, „am Nordpol wird es so warm wie in Südkalifornien“.

    Den Abfall aus AKWs, wollen Sie den in Ihrem Keller lagern? Was ist mit den Fahrverboten in China und Italien? Was ist mit der wachsenden Fremdenfeindlichkeit in den USA, un auch bei uns? Was ist mit den terroristischen Bewegungen, welche immer zahlreicher werden, von BOKO HARAM über die TALIBAN bis zum IS? Was ist mit den weltweit über 60 Millionen Flüchtlingen? Was ist mit den zu Ende gehenden Vorräten? Aber vielleicht lagen bei Ihnen ja ein paar Transquilizer unterm Baum?

    Und, was machen wir, und wie reagieren wir, wenn in 2016 der Flüchtlingsstrom nach D. so ungebremst weitergeht, wie 2015? Wer wird belastet, und wer zahlt? Wo werden diese Menschen unter gebracht, und wie? Und von wem betreut? Doch Begrenzung, Kontingente, etc.?

    Die Antwort kennt ganz allein der Wind.

    Guten Rutsch!

    PS: Was sollte man denn Herrn Gabriel einflößen, damit er begreift, das er auf dem Holzweg ist?

  51. Moin Hans,

    warum Terroristen noch keine Atomkraftwerke angegriffen haben, weiß ich auch nicht. Möglich wäre es aber, und es hätte verheerende Folgen. Deshalb gehören die Dinger schnellstmöglich abgeschaltet, noch vor irgendwelchen Kohlekraftwerken.

    Zu Ihrer anderen Frage: Ich wähle grün, auch wenn ich sowohl bei den Grünen als auch aus der SPD ausgetreten bin. SPD kann ich nicht wählen, wegen der Drittstaatenregelung. Das kann ich mit meinem Gewissen nicht vereinbaren. Und Stalinisten a`la Wagenknecht will ich auch nicht.

    Grün zu wählen ist aber keine echte Lösung, weil die Grünen ja die neoliberale Agenda2010-Scheiße mitverantworten.

    Man kann sich außerparlametarisch engagieren. Bei attac zum Beispiel. Bei einem hiesigen attac-Treffen haben wir überlegt, Kommunal(Partei)politiker anzusprechen. Ich schreib ja gerne Leserbriefe gegen die SPD und für die Sozialdemokratie. Hilft vielleicht auch, wenn man das tut. Ich glaube, die Menschen denken mittlerweile anders über den Neoliberalismus als die Münteschröders. Steter Tropfen höhlt den Stein…

    Ich hatte schon mal überlegt, auf change.org eine „Die-SPD-muß-wieder-sozialdemokratisch-werden“-Kampagne zu starten. Allerdings bin ich kein PC-Experte (eher nein sicher das Gegenteil).

    Vielleicht fällt anderen in diesem Blog noch was ein, wie man die SPD wieder wachrütteln kann…Eine Ideensammlung, warum Terroristen noch keine Atomkraftwerke angegriffen haben, würde ich dagegen lieber verschieben wollen. Schlafende Hunde soll man nicht wecken…

    Wecken aber müßte man die Bundesregierung, diese Dinger endlich abzuschalten! (Wir können ja nur für Deutschland reden, wie andere Länder es halten, liegt außerhalb unserer Macht)

  52. Wer die letzten Jahre Beiträge von mir hier gelesen hat weiß das ich mich weigere das so negativ zu sehen. Ich habe vor einigen Jahren einen Vortrag von Hermann Scheer gehört und inzwischen auch einige Bücher von ihm gelesen.
    Er sagte die Sonne ist sozialdemokratisch und schickt keine Rechnung. Außerdem lässt sie sich nicht monopolisieren. Ich habe einige Jahre gebraucht um zu verstehen wie recht dieser Mann schon damals hatte. Die Weltenergiewende hat die Möglichkeit dadurch das sie dezentral möglich ist einiges zu verändern. Im Moment hoffe ich darauf das es mit dezentralen Kraftwerken in der dritten Welt möglich ist die Lebensverhältnisse zu verbessern. Das Paris nicht scheitern wird habe ich hier schon vor Monaten geschrieben und begründet. Wir stehen derzeit erst am Anfang einer Entwicklung die zu Zuversicht aus meiner Sicht auch bei sozialer Gerechtigkeit Anlass gibt.

  53. @Michael Lübbers:

    „Ich hatte schon mal überlegt, auf change.org eine „Die-SPD-muß-wieder-sozialdemokratisch-werden“-Kampagne zu starten….“

    Eine gute Idee. Das muss sich doch realisieren lassen! Ein paar Mitunterschreiber haben Sie schon!

  54. @ M. Lübbers, W. Fladung
    Sie weichen meiner Frage aus. Zuletzt mit dem Argument, dass sie nicht relevant sei.
    Ich stelle sie noch mal anders. Nehmen wir an die SPD wechselt Personal und Programm ihrem Sinne aus. Wieviel Wähler erreicht sie damit bei der nächsten Wahl: mehr oder weniger als 25%. Wenn sie antworten, was Sie nicht müssen, bitte nur mit «mehr» oder «weniger».
    @ M. Lübbers
    Der Weltklimarat hat in seinem letzten Bericht festgestellt, dass bisher kein Anstieg von Naturkatastrophen festgestellt werden kann. Sie behaupten das Gegenteil und berufen sich auf eine Versicherung. Es wundert mich schon, dass sie einem Konzern, der ein berechtigtes Interesse daran haben kann, dass mehr Versicherungen abgeschlossen werden, mehr trauen als praktisch allen Klimawissenschaftlern dieser Welt.
    Man kann mit ehrenwerten Gründen gegen die Nutzung der Kernenergie sein.
    Die Wahrscheinlichkeit durch einen kerntechnischen Unfall zu Tode zu kommen ist jedoch extrem gering im Vergleich zu anderen Risiken (Rauchen, Alkohol, Autofahren, Bergwandern). Wenn also die Gefahr kerntechnischer Anlagen besonders hervorgehoben wird, kann dies m. E. nur dem Zweck dienen, Angst zu erzeugen. Angst kann bei sensiblen Menschen nicht nur zu psychischen, sondern auch zu physischen Schäden führen. Deshalb halte ich es für verwerflich, (unbegründete) Angst als Mittel in der politischen Auseinandersetzung einzusetzen.
    @ W. Fladung
    Ich habe nicht behauptet, dass alles gut sei.
    Ich bin der Meinung, dass wir heute in der besten Welt leben, die wir bisher hatten, aber nicht in der bestmöglichen Welt. Die hier im Blog zahlreich vertretenen Pessimisten sind ja der Ansicht, dass alles (oder zu mindestens das meiste) immer schlechter wird. Es muss daher eine Zeit gegeben haben in der es besser war. Wann war denn diese Zeit? Wann hätten Sie denn gerne gelebt? Vor 20, 30, 50, 100, 200, 1000 Jahren oder in der Steinzeit? Als Optimist ziehe ich natürlich die Zukunft vor.
    @ hans
    Ich denke Terroristen machen das, was am einfachsten ist und den grössten psychologischen Effekt erreicht. Leute auf der Strasse erschiessen, ist verhältnismässig einfach. Man muss nichts wissen, ausser wie man ein Gewehr bedient. Der psychologische Effekt ist gross, weil wir ja alle täglich auf die Strasse gehen und damit potentielle Opfer sind.
    Selbst wenn Terroristen in ein Kernkraftwerk eindringen würden, wüssten sie dann wohl nicht mehr weiter. Einen Knopf mit der Aufschrift «Hier drücken, um Kernschmelze auszulösen» werden sie nicht finden. Herr Lübbers scheint sich da aber besser auszukennen («Möglich wäre es aber, und es hätte verheerende Folgen.”)

  55. Zu 56 maiillimi: Ok. Ich werde mir mal einen Text ausdenken bzgl. change.org. Wenn jemand anders mit Erfahrungen mit change.org da was machen will, ich habe keinen Patentschutz für meine Idee angemeldet 😉 Anfang Januar gibt es das zweite attac-Treffen in meiner Heimatstadt hoch im Norden, werde das Thema dort auch ansprechen.

    Zu Henning Flessner (der Nachname ist nicht zufälligerweise ostfriesisch?):

    Mehr als 25%.

    Anmerkung: SPD und Grüne hatten mal die Mehrheit. Das war zu einem Zeitpunkt, als man dachte, wenn die an der Macht sind, machen die ökosoziale Politik. Ich dachte das auch. Diese beiden Parteien müssen sich jetzt-ich möchte das noch mal betonen-glaubhaft (!) von nicht ökosozialem sprich neoliberalem Denken befreien, auch personell. Ich bin übrigens für Demokratie und Pluralismus. Ich habe nichts dagegen, daß es neoliberale Parteien gibt, die sich zur Wahl stellen. Nur in der SPD und bei den Grünen hat das definitionsmäßig nichts zu suchen!

    Der von mir erwähnte Albrecht Lucke schreibt in seinem superempfehlenswerten Buch „Die schwarze Republik und das Versagen der Linken“ sinngemäß, daß wir keine Alternative mehr haben zwischen neoliberalen und nichtneoliberalen Parteien, und das sei demokratiefeindlich. Alle Demokraten müßten eigentlich gegen den Etikettenschwindel bei SPD und Grünen sein sein, incl. ehrhafter FDP-Mitglieder.

    Zum Thema Klimakatastrophe (ich nenn das mal tatsächlich Katastrophe): Ich bin kein Klimawissenschaftler, sondern nur Interessierter mit naturwissenschaftlicher Vorbildung. Von den ernstzunehmenden Klimawissenschaftlern behauptet nur ein verschwindend geringer Prozentsatz, daß bei zunehmenden Treibhausgaskonzentrationen keine Klimakatastrophe passiert. Unter 1%, meine ich gelesen zu haben. Wollen wir das Experiment Treibhausgasexplosion wagen? Warum sollten wir das wollen? Weil die Luft dann so schön schmutzig ist? Weil die Ölscheichs so viel von unserem Geld bekommen sollten?

    Man kann wohl einen einzelnen Sturm und eine einzelne Dürre nicht auf die zunehmenden Treibhausgase zurückführen, wohl aber laut der Versicherung, die das Ganze bezahlen muß (die Rückversicherung) mehr und heftigere Katastrophen. So mein Wissensstand. Habe das Buch Selbstverbrennung noch nicht durch. Vielleicht finde ich da Quellen, die ich Ihnen geben kann…

    Atom(Kern-)kraft: Ich habe Angst vor diesen Dingern. Und ich habe auch Angst vor dem Rauchen. Nicht aber vor Bergwandern (wobei wir hier 3 Meter über Normalnull leben, aber es gibt ja Urlaub). Atomkraftwerke halten keinen Flugzeugabstürzen stand. Und die Vernebelungsaktionen der Kraftwerke bei entsprechenden Angriffen halte ich für …Vernebelungsaktionismus.

    Zu den besten aller Welten: Es gab schon schlimmere Welten. Was für mich zählt ist, wie toll die Welt sein könnte, wenn -jetzt sind wir wieder beim Thema- die SPD wieder sozialdemokratisch wäre (und ein Paar weitere Voraussetzungen geschähen). Ich sehe mich (bin diesbezüglich von Ihnen nicht angesprochen worden) als Optimist, nicht als Pessimist. Ich möchte, daß die Welt so gut wie möglich wird!

    Jetzt gehe ich ne Runde Schwimmen (habe auch Angst vor bewegungsmalgelbedingtem Herzinfarkt, macht aber auch Spaß), habe heute frei, morgen muß ich 24 Stunden mit dem Auto durch die Gegend kurven von einem Siel zum nächsten.

  56. Ich denke ein Sprinter voll Sprengstoff in einem Reaktordruckbehälter würde den fehlenden Knopf zur Selbstvernichtung ganz gut ersetzen

  57. # 57, Henning Flessner: Sie haben es wohl mit Utopien? Ein anderes Programm der SPD setzt doch wohl anderes Personal voraus, und an beidem, in dieser Reihenfolge, scheint es mir zu hapern. Es gab einmal ein Godesberger Programm, lang, lang,ist es her, und Menschen, die dieses vertreten haben. Diese sind allerdings entweder tot, sind in anderen Parteien tätig (Oskar Lafontaine, Klaus Ernst) oder haben resigniert.

    Sehen Sie fern, hören Sie Radio, oder lesen Sie Zeitungen? Bezüglich Klima höre und sehe ich tagtäglich derzeit andere Meldungen, Sie nicht? Oder negieren Sie diese?

    Bezüglich Atomkraft: Ich war mehrfach in Biblis, auch in Kahl, auch in Neckarwestheim, und habe demonstriert, und dabei geraucht. Beides vergleichbar? Wenn ein AKW hochgeht, wie in Harrisburg oder Tschernobyl, trifft es viele, wenn ich intensiv rauche, nur mich und zuvörderst m e i n e Lunge. Und den Abfall, die Asche, muß ich nicht mit Milliarden-Kosten entsorgen! Aber diese Argumente scheinen Sie nicht zu interessieren, oder?

    Wäre daher gut, wenn Sie auch einmal auf m e i n e Argumente eingingen, und nicht „auswichen“. Danke.

  58. Wann wir schreiten Seit an Seit
    und die alten Lieder singen,
    dem Gabriel die Ohren klingen,
    wissen wir, es muß mißlingen:
    Wir trauern um die alte Zeit.

    Viele Jahre hohle Worte
    und das Dünne-Bretter-Bohren
    klingen stets in unsern Ohren;
    aber keiner träumt verloren.
    Hoffnungsfroh bleib, Parteisoldat!

    Nicht neogelb, noch bläßlich grün:
    Wie mit bittender Gebärde
    hält die alte Mutter Erde,
    daß der Mensch ihr eigen werde,
    ihm die rote Nelke hin.

  59. @ W. Fladung
    Sie haben mir vorgeworfen, dass ich nicht auf ihre Fragen antworte. Also versuche ich es mal.
    “Sie haben es wohl mit Utopien?” Eine schwierige Frage. Ich habe mal versucht Blochs “Prinzip Hoffnung” zu lesen, bin aber gescheitert. Die Frage kann ich also leider nicht beantworten.
    “Sehen Sie fern, hören Sie Radio, oder lesen Sie Zeitungen?”
    Ich sehe sehr wenig fern. Auf keinen Fall die Nachrichten, politische Magazine oder politische Talkshows. Eigentlich nur gelegentlich Sport oder Filme auf Arte in Französisch. Radio höre ich nur Musiksendungen. Zeitung lese ich sehr selektiv. Ich lese prinzipiell keine Artikel über Gebiete, in denen ich mich auskenne (Physik u. ä.). (Gelegentlich werde ich rückfällig und ärgere mich fürchterlich.) Ich versuche, mich über Fachliteratur zu informieren.
    «Bezüglich Klima höre und sehe ich tagtäglich derzeit andere Meldungen, Sie nicht? Oder negieren Sie diese?” Ja, ich negiere sie. Sie stammen von Laien (auch sogenannte Fachjournalisten sind meistens Laien) und ihre wissenschaftliche Aussagekraft ist sehr gering.
    Kernkraftwerke: “Aber diese Argumente scheinen Sie nicht zu interessieren, oder?”
    Doch sie interessieren mich und ich halte sie auch für ehrenwert und vertretbar. Für mich ist es letzten Endes eine Güterabwägung wie man zur Kernkraftnutzung steht. Nach Fukushima (und erneutem Studium meiner alten Atomphysikbücher) bin ich zu der Auffassung gelangt, dass ich das Risiko für vertretbar halte.
    Vielleicht interessiert jemand, wen ich denn wähle. Vor der letzten Bundestagswahl hatte ich eine Gesetzesänderung nicht mitbekommen und war der irrigen Ansicht, dass ich weiterhin kein Wahlrecht habe. Wenn man länger als 25 Jahre (damals 15 Jahre) im Ausland lebt, verliert man nämlich sein Wahlrecht. Ich habe also einige Jahre im wahlrechtslosen Zustand als Europäer mitten in Europa gelebt.

  60. Die SPD könnte nicht in der nächsten Bundestagswahl mehr % bekommen wenn sie ein anderes Program aufstellen würde. Diese Partei hat das Vertrauen von einem Teil ihrer Wähler in der Münte Schröderzeit verloren. Diese Leute die den Weg dank dieser Herren zu Hartz4 angetreten haben werden nicht so leicht zurück hol bar sein. Das erfordert neue Personen die sich von der Vergangenheit distanzieren und viel Zeit. Die derzeitige SPD hatte wenige Wochen vor der letzten Bundestagswahl einen Grund gefunden Schröder öffentlich zu feiern. Ich habe das damals hier im Bloog Selbstvernichtung genannt und das war denen offensichtlich noch nicht mal klar.

  61. zu @ 62 Henning Flessner
    Ob AKW gebaut werden oder nicht hat halt nichts mit dem zu tun was in ihren wie sie selbst zugeben alten Büchern steht zu tun. Aber das hatten wir ja schon mal.

  62. #62, H. Flessner: Da Sie meine Postings und meine Fragen nur selektiv lesen, genau so, wie Sie Infos aus Medien negieren, lasse ich die Diskussion. Beispiel: Utopien, bezog sich auf die SPD. Sind sowieso nur noch 3 – 4 Blogger zu Gange. Also dann, frohes Neues Jahr. Bronski, ich denke, Du kannst diesen Blog schließen.

  63. @ Wolfgang Fladung

    Ich danke für den Vorschlag. Darf ich damit noch bis morgen warten? Ich finde die Debatte nämlich durchaus interessant. Aber spätestens übermorgen, lieber Wolfgang, werde ich tun, was Du sagst.

  64. @ Bronski: Sorry, auch ich f a n d die Debatte sehr interessant, sonst hätte ich mich nicht beteiligt. Aber jetzt?

    Guten Rutsch.

  65. Die SPD hätte nach der letzten Bundestagswahl in die Opposition gehen müssen. Dort hätte sie aufarbeiten sollen wo ihre Wähler abgeblieben sind und warum. Dabei wäre nach meiner Einschätzung raus gekommen das es einer personellen und programmatischen Erneuerung bedarf. Um das glaubhaft rüber zu bringen hätten die beiden ehemaligen Führungsfiguren Münte und Schröder die Partei verlassen müssen. Ich denke ein Neustart kann nicht viel anders aussehen. Was man jetzt macht ist ein Projekt 18%. Die derzeitigen Zahlen über 20% werden durch Leute getragen die die SPD als das kleinere Übel ansehen. Das kann auf die Dauer nicht gut gehen. Die SPD wird ja die nächsten Jahre nahezu alle Ministerpräsidenten durch die AFD verlieren. Vielleicht braucht es den Nackenschlag auch in den Ländern um eine Reorganisation zu starten.

  66. Der Wunsch nach einem „Guten Rutsch“ ins neue Jahr 2016 bekommt jetzt anscheinend seinen tieferen Sinn. Hoffentlich schlittern wir nicht zu sehr und zu schnell ins große Schlammassel.
    Nachdem sich hier im Blog so viele Experten zur Lage geäußert haben, die bedauerlicher Weise nicht in Regierungen tatkräftig mitwirken können, denen ich aber auch weitgehend zustimmen kann – auch den Widersprüchen – bleibt mir armen, normalem Leser auch nur wieder die Resignation.

    Die Zustandsbeschreibungen waren meist treffend, auch die Wunschvorstellungen über notwendige Änderungen.

    Dennoch : Es wird sich nichts wesentlich ändern. Erst nach einem weltweit großen Knall, der die Menschheit kräftig durchschüttelt, hat der verblliebene Rest eine Chance, es besser zu machen.
    Selbst daran sind Zweifel angebracht.

    Ach ja, zur SPD : Wie sollte und könnte sie sich denn reformieren ? Ich sehe keine Köpfe, die dazu fähig und willens sind. Also von unten ? Da sehe ich wenig neue, junge Mitglieder.
    (Übrigens, im Parlament sitzt derzeit eine Mehrheit ROT-GRÜN-ROT…)

    Dennoch : Auch ich wünsche Allen einen Guten Rutsch…

  67. @ W. Fladung
    Ich habe bei Ihnen den Eindruck, dass Sie eigentlich Leute suchen, die Ihnen zustimmen. Ich finde Menschen, die nicht meiner Meinung sind, viel spannender.
    Bevor ich meine Texte abschicke, schreibe ich sie erst einmal in einem anderen Programm und formuliere sie häufig mehrmals neu. Ich versuche, unnötige Schärfe aus dem Text zu nehmen und ihn möglichst verständlich zu verfassen.
    Ich antworte auf viele Texte nicht, weil ich oft nicht verstehe, was der Schreiber eigentlich sagen will. (W. Engelmann war nicht gerade begeistert, als ich ihm das mal geschrieben habe.)
    Ihre Frage mit der Utopie habe ich einfach nicht verstanden. Sie hätten ja einfach schreiben können: «Austausch von Personal und Programm halte ich für utopisch.» Dann wäre mir klar gewesen, was Sie sagen wollen und es trotz Fragezeichen keine Frage ist, die Sie mir stellen.
    Was will uns z. B. hans mit dem folgenden Satz sagen:
    “Die SPD wird ja die nächsten Jahre nahezu alle Ministerpräsidenten durch die AFD verlieren.”
    Dass er die Zukunft kennt? Dass die AFD in den nächsten Jahren einige Ministerpräsidenten stellen wird? Dass die SPD viele Stimmen an die AFD verlieren wird? Dass es auf Grund der Koalitionsarithmetik nicht mehr für SPD-Ministerpräsidenten reicht? Dass die CDU künftig lieber mit der AFD koaliert?
    In der Hoffnung auf viel Widerspruch zu meinen Beiträgen,
    allen ein gutes 2016!
    PS: Zum Abschluss noch ein abgewandeltes Herbert Wehner Zitat: «Verzeihen Sie mir meinen Optimismus, ich hätte Ihnen den ihrigen auch gerne verziehen. »

  68. Ein interessanter Mensch, dieser Henning Flessner. (…) Ich muß da W. Fladung ein wenig zur Seite springen, bezüglich Fragen, Behauptungen und Aussagen.

    Der Reihe nach:

    Die Frage nach den Utopien bezog sich auf die Vorstellung, die SPD könnte sich schütteln, und es käme anderes Personal und ein anderes Programm heraus. Woher die 23 – 25% in Befragungen für die SPD stammen, scheint Flessner nicht zu interessieren. Und das da mal so eine Art Arbeiter-Verräter namens Schröder und Riester, inzwischen mit Industrie-Verträgen gut abgesichert, waren, auch nicht.

    Und die Physik, ach ja. Vor rund 500 Jahren gab es noch Vorstellungen von einer Erde als Scheibe und als Mittelpunkt der Welt. Hatten ja keine Ahnung, die Pfeifen von Kopernikus und Galilei, wie die Kirche wußte. Vor 50 Jahren galt Rauchen noch als gesund und die Rückstände an abgebrannten Brennstäben der AKW’s als vernachlässigbar, oder nicht existent. Aber vielleicht möchte Hr. Flessner dieselben ja in seinem Keller lagern, falls Platz vorhanden – ist ja alles völlig ungefährlich.

    Einmal von der Physik erkannte auf Theorien basierte Auslegungen scheinen für ihn unumstößlich zu sein. Genauso, wie der IPCC, der Weltklimarat, der WWF, das Umweltbundesamt und der Deutsche Wetterdienst nur von blutigen Laien besetzt sind, die keine Ahnung haben. Einer dieser Laien heißt Mojib Latif und ist ein deutscher Meteorologe, Klimaforscher sowie Hochschullehrer pakistanischer Abstammung. Viele aktuelle Wetterextreme wie die warmen Temperaturen in der Arktis und in Kanada hingen mit dem El-Niño-Phänomen zusammen, sagte Mojib Latif vom Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung in Kiel im DLF. Die Stürme in England passten aber nicht in dieses Bild. Er fürchte deshalb, dass es erste Auswirkungen der globalen Erwärmung seien.

    Na ja, was so Laien so dahin plappern. Hält aber alles nicht dem Sachverstand von Henning Flessner stand.

    Im Netz kann auf der Seite des Umweltbundesamtes übrigens der 4. Sachstandsbericht zum Klimna des IPCC angesehen werden, und ein Teil des 5. Aber was so laienhafte Reporter so aufs Papier schludern?!

    (…) Passage gelöscht, Anm. Bronski

  69. zu @ 71 Henning Flessner
    Zuerst einmal finde ich es gut wenn sie bei einem Satz von mir der für sie missverständlich ist nachfragen. Bis auf die erste mögliche Interpretation von ihnen ist an allen anderen etwas dran. Die Zukunft kenne ich nicht, aber wenn eine weitere Partei in der Parteienlandschaft auftaucht wird sie auch Wirkung haben auf die Möglichkeiten eine Regierung zu bilden. Diese Möglichkeiten habe ich alle gemeint und erwartet das die Leser dieses Satzes dem folgen können. Nach den Erfahrungen in Hamburg mit der Schillpartei sollte man Koalitionen der CDU mit rechts außen sicher auch nicht ausschließen.

  70. @ Georg Siebert
    Das mit dem interessanten Menschen nehme ich mal als Lob.
    Doch es interessiert mich, warum die SPD so viel verloren hat. Aber ich habe Mühe zu glauben, dass es nur an der Agenda 2010 liegt und das ist die einzige Erklärung, die hier angeboten wird.
    Ich habe nicht behauptet, nukleare Brennstäbe ungefährlich sind.
    Ich widerspreche Mojib Latif nicht, dass der englische Startregen durch den Klimawandel verursacht sein könnte. Wie Sie richtig schreiben, handelt es sich um eine Befürchtung. Einen statistischen Beleg gibt es jedoch bisher nicht.
    In der heutigen FR war ein Artikel über das momentane Wetterchaos. Bilder sagen ja bekanntlich mehr als tausend Worte. Man sieht ein Foto mit der Sonne über Spitzbergen. Toll was der Klimawandel so zustande bringt.

  71. Ich stell noch mal mein Lieblingsthema zur Diskussion (sitze allein in meiner Praxis, weil ich Bereitschaftdienst habe, also nix mit Knallen und Party…):

    Wie kann man die SPD resozialdemokratisieren? Und damit die Linke (also die Linksliberalen)wieder handlungsfähig machen)?

    Dieser von mir schon mal erwähnte Albrecht von der Lucke hat in seinem Buch „Die schwarze Republik“ dazu gemeint, sie solle (wenn ich das richtig verstanden habe, das Buch ist zu Hause), sie solle mit der Partei Die Linke koalieren und fusionieren. Damit hätte ich emotional Probleme, da mich das ein absolut nicht gelungenes Projekt erinnert: Sozialistische Einheitspartei Deutschlands. SED.

    Albrecht von Lucke scheint übrigens SED-und diktaturkritisch zu sein. So schimpft er über Sarah Wagenknecht, sie sei bis in jüngste Zeit eine Befürworterin des Massenmörders Stalin gewesen und habe sich nie so richtig von ihrer Meinung distanziert.

    Eine zweite Möglichkeit der Resozialdemokratisierung sieht von Lucke darin, daß CDU, CSU und Grüne eine Koalition bilden und die SPD in der Opposition wieder zu sich findet, und zwar gemäß von Lucke zusammen mit der Partei Die Linke. Als Ex-Grüner läuft es mir auch bei diesem Gedanken etwas kalt den Nacken herunter, wenn Grüne mit den Konservativen koalieren.

    Mir selbst ist noch etwas eingefallen. Es ist ja so: Wenn man an einer zentralen Schraube dreht, kann sich plötzlich vieles automatisch ändern und ggf. verbessern. Eine zentrale Schraube wäre für mich die Abschaffung des Lobbyismus (oder zumindest die Eindämmung desselben). Möglicherweise regieren Parteien ja deshalb so bürgerfeindlich, weil sie von von Reichen und Superreichen lobbyiert und und großteils finanziert werden. Die Extremvariante von Lobbyismus ist ja noch gar nicht so alt. Sie ist von gerd schröder eingeführt worden. Wo ist den dies Dings für große Anfangsbuchstaben…Das hätte den Vorteil, daß Anti-Lobyismus nicht nur die SPD beträfe, sondern alle anderen Parteien auch.

    Manche Leute halten Lobbyismus nicht grundsätzlich für falsch, solange transparent ist, wer was finanziert. Ich halte das grundsätzlich für Müll. Ich sehe das bei meinem Beruf. Pharmavertreter wollen nicht Ärzte aufklären, sondern sie so manipulieren, daß sie unnötig teuere Medikamente rezeptieren, die meistens auch noch schädlich sind (nicht alles was neu ist, ist besser als das Bewährte). Werbung in eingener Sache: MEZIS hilft (Mein Essen zahl ich selbst/Initiative unbestechlicher Ärztinnen und Ärzte, http://www.mezis.de).

    Ich versuche jetzt noch mal einen Text zu formulieren für change.org und stelle das hier zur Diskussion. Allerdings kann jederzeit das Telefon klingeln. Dann gehts nicht.

    Falls dies meine letzte Eintragung in diesem Blog (dieses Blog?) sein sollte in diesem Jahr oder überhaupt: Allen einen guten Rutsch ins Neue Jahr!

  72. Es ist soweit. Frohes Neues!

    Ich habe einen Text verfaßt, den man vielleicht für change.org verwenden könnte…

    Die Welt steht vor großen Aufgaben. Heute entscheidet sich, ob das Klima für uns und für die nächsten Generationen erträglich bleibt oder auf Dauer zivilisiertes Leben verunmöglicht. Das Klima muß jetzt geschützt werden, bevor es zu spät ist! Und der entwürdigende Hunger und die erdrückende Armut der meisten Erdbewohner muß schnellstens beseitigt werden. Der große sozialdemokratische Bundeskanzler Willy Brandt prangerte dies schon vor Jahrzehnten an. Die Technik dafür ist entwickelt. Und eine überwältigende Mehrheit der Bürger will Gerechtigkeit. Doch wir Bürger alleine schaffen diese historisch einmaligen Ziele nicht. Wir brauchen dafür wieder Parteien in den Parlamenten, die das tun, was ihre eigentliche Aufgabe ist: Sich für das Wohl aller Menschen einzusetzen!

    Dies ist die Kernaufgabe von SPD und Grünen. Doch die Granden in diesen Parteien weigern sich beharrlich, endlich ihrem völlig abstrusen Schröderisch-Fischerischen Kurs des Neoliberalismus zu entsagen und wieder zu ihren echten Wurzeln zurückzukommen: Der jahrzehntelang bewährten sozialdemokratischen ökosozialen Marktwirtschaft.

    Mit meinem change.org-Aufruf bitte ich Sie um kraftvolle Stimmen für ökologische Grüne und eine sozialdemokratische SPD. Zeigen wir diesen Parteien, was wirklich wichtig ist in der heutigen Welt! Keine Experimente mehr mit menschenverachtendem Wirtschaftsliberalismus!

    Könnte man das so formulieren? Und wie geht das mit change.org? Hat jemand Erfahrung damit?

  73. zu @ 74 Henning Flessner
    Sie unterschätzen völlig welchen Vertrauensverlust unter den Arbeitnehmern Münte und Schröder zu verantworten haben. Wie viele Leute die arbeitslos sind oder mit Leiharbeit ihren Unterhalt verdienen kennen sie denn? Oder in wie vielen Betrieben die mittlere zweistellige Prozentzahlen an Leiharbeitern in der Belegschaft haben haben sie schon gearbeitet? Diese betroffenen Leute wissen genau das die allermeisten ihrer Arbeitsplätze auch vorhanden wären wenn es noch die Leiharbeitsregel von Kohl und nicht von Schröder gäbe. Der SPD glaubt man in diesen Kreisen kein Wort mehr und wählen tut man sie schon gar nicht. Als Beispiel möchte ich die Rente mit 63 nennen. Ich kenne niemanden, mich eingeschlossen, der vor der Wahl geglaubt hat das die SPD das durchsetzt Deshalb nutzt auch erst mal ein neues Programm nichts wenn keine Glaubwürdigkeit vorhanden ist. Wie wird es mit der Rente mit 63 weiter gehen. Diese Rente gibt es in Wirklichkeit nur für 2 Jahrgänge. Danach steigt sie mit jedem Jahrgang um 2 Monate. Das bedeutet ab dem Jahrgang 1964 hat sich das Gesetz faktisch selbst abgeschafft. Das wissen aber die meisten nicht und da habe ich auch schon in Sendungen wie dem Presseclub viel falsches gehört. Das bedeutet in Wirklichkeit hat die SPD keine Rente für Menschen erreicht die 45 Jahre gearbeitet haben sondern eine Übergangsregel zur Rente mit 67. Das kann letztlich nur wieder zu Enttäuschung führen bei denen man falsche Erwartungen geweckt hat. Es wird sehr schwer werden für diese angebliche Arbeitnehmerpartei das Vertrauen der Arbeitnehmer zurück zu gewinnen. Versuchen sie mal einem Leiharbeiter zu erklären das die SPD das kleinere Übel ist. Da müssen sie schon aufpassen das sie keinen körperlichen Schaden nehmen.

  74. Hallo, und ein frohes neues Jahr an und für alle.
    Herr Siebert hat mich ja ganz gut vertreten, danke dafür.

    # 77, hans, hat ebenfalls gut beschrieben, was die SPD angerichtet hat. Und das Personal, mit dem „angerichtet“ (welch‘ Doppelsinn im Begriff) wurde, ist nach wie vor das, was die neoliberale Parteilinie bestimmt, incl. Nahles und Stegner.

    Man könnte die große Linie in dieser früher einmal zumindest noch „rosa-farbenen“ Partei auch mit X für ein U-Politik beschreiben. Oder als Pharma-Vertreter-Politik. Oder als Plakat- und Werbe-Trailer-Politik. Den Menschen wird etwas verkauft, bei dem der wahre Inhalt etwas Anderes ist. Oder auf gut hessisch: „Dene Leut‘ werd ’n Aff uff de Backe gemolt“ (es wird ihnen etwas vorgegaukelt). Die letzten Jahre unter und mit der SPD waren also, frei nach Bergmann „Abende für Gaukler“. Wir werden also von Gauklern eines Politzirkus regiert. In den Pausen der Dauervorstellung werden dann bunte Luftballons verteilt, mit Aufdrucken wie „Mindestlohn, Rente mit 63, Grundsicherung, Wer hat, dem wird gegeben (der mit dem Druckfehler) etc. pp. Man bläst diese auf, und wenn sie platzen, hat mensch eine Erfahrung gemacht – oder auch nicht.

    Und zum Schluß: Wer jetzt der Linken empfiehlt, diese vollverschleierte und gut geschminkte Braut zum Koalitionsaltar zu führen, wird bereits an den Stufen zum Altar stolpern.

    Sorry für die, wahrscheinlich nicht gelungene, Poesie.

    Eigentlich macht die SPD d i e Politik der Zeit. 90% wird vorgemacht, das es Politik für diese Mehrheit ist, aber wenn man die Verpackung aufreißt, stellt sich heraus, das es Politik für die oberen 10% ist.

  75. Von mir auch ein Frohes Neues Jahr für alle die hier mitschreiben oder lesen.
    Das was ich im Beitrag 77 geschrieben habe ist aus meiner Sicht nur die eine Seite der Medallie. Einem Leiharbeiter wird man sicher nicht erzählen können das die SPD das kleinere Übel ist. Das ist klar denke ich, aber was bietet die andere Seite an. Kohl und Merkel haben das vortäuschen von einer Politik die dann nicht gemacht wird zur Vollendung getrieben. Die Klimapolitik die dann in Wirklichkeit pro Kohlepolitik ist, kann man da als perfektes Beispiel dafür nennen. Oder ist eine verbesserte Übergangsreglung für die Rente mit 67 nicht besser als das Absenken der Hotelsteuern. Die größte Täuschung dieser Parteien ist aber das sie ein C im Namen tragen. Ist also die SPD doch das kleinere Übel? Wenigstens für die die nicht als Leiharbeiter ihr Leben fristen müssen. Auf diese Frage habe ich auch keine Antwort.

  76. # 79, Hans: Für mich ist die SPD nicht „das kleinere Übel“. Für mich gilt der Grundsatz, wer profitiert und wessen Lied wird gesungen. Wer dauernd kleinere Übel wählt, betrügt sich nur selbst bzw. macht sich etwas vor. So ähnlich, wie mit einem Alkoholiker verheiratet zu sein. Da zählt auch das, was man nicht erleiden muß, und ist oft zu feige, einfach aus der Beziehung auszusteigen. Und viele haben mit der SPD ja auch eine Art „Beziehung“, die auf irgendwelchen Transquilizern beruht, die man sich selbst verabreicht.

  77. Ich denke schon das die SPD langsam merkt was sie angerichtet hat. Nämlich hunderttausende ihrer Wähler in die Leiarbeit geschickt. Nahles will ja einen Gesetzentwurf zum Thema Werksverträge, Befristungen und Leiharbeit vorlegen. Aber auch da fehlt mir der Glaube das es in einer GroKo möglich ist substanziell etwas zu ändern. Die Arbeitgeber haben sich schon in Stellung gebracht und Mutti hat ihnen Unterstützung zugesagt. Das müsste aber passieren sonst wird sich an den Prozentzahlen der SPD nach oben nichts verändern.

  78. Zu Henning Flessner…Sie interessieren sich dafür, warum die SPD so viel verloren hat (Wählerstimmen) und meinen, es läge nicht ausschließlich an der Agenda 2010-Politk.

    Es kann natürlich sein, daß noch andere Faktoren reinspielen. Ich sehe das allerdings so: Solange die SPD keine sozialdemokratische Politik macht, ist es egal, ob sie regiert oder nicht. Das Alleinstellungsmerkmal der SPD ist sozialdemokratische Politik. Und das bedeutet keine freie Marktwirtschaft, wie die Neoliberalen es fordern, sondern eine soziale Marktwirtschaft. Momentan ist die SPD auf neoliberalem Kurs. Ich hatte es in diesem Blog ja schon mal erwähnt: Es läßt mich kalt, ob die SPD Wahlen gewinnt oder nicht. Weil ich nicht glaube, daß sie eine gute Politik macht, wenn sie regiert (oder es tatsächlich feststelle, weil sie ja in vielen Parlamenten mitregiert).

    1998 hatte die SPD zusammen mit den Grünen eine Mehrheit. Die Menschen dachten, beide Parteien würden eine ökosoziale Marktwirtschaft installieren. Die Wähler dachten, SPD und Grüne wären links von der CDUCSUFDP. Im Grunde haben sie aber wirtschaftspolitisch rechts von der schwarzgelben Koalition regiert. Stichworte Spitzensteuersatz, Gewerbesteuer, Hedgefonds, Erbschaftssteuer, Vermögenssteuer…Mit dieser Politik unter gerd schröder und joschka fischer ist der Wählerwillen mißbraucht worden!

    Damit SPD und Grüne wieder regierungsfähig werden, müssen sie den neoliberalen Kurs ad acta legen. Weil neoliberal das Gegenteil von ökosozial ist. Das geht nicht ausschließlich programmatisch, also durch entsprechende Änderungen der Parteiprogramme. Sondern es erfordert, daß die Personen, die die damalige unsoziale Politik zu verantworten haben, in Zukunft keine verantwortlichen Positionen mehr in diesen Parteien haben sollten. Ich finde, gerd schröder sollte sogar rausgeschmissen werden.

    Ich bin allerdings kein Parteienrechtler und weiß nicht, ob man tatsächlich gerd schröder rausschmeißen dürfte. Grundsätzlich muß es ja selbstverständlich Meinungsfreiheit auch innerhalb der Parteien geben.

    Glaubwürdig und damit wählbar werden SPD und Grüne nur mit glaubwürdigem Personal. Und das müssen andere Leute sein als die von früher.

    Möglicherweise hat die SPD auch Wählerstimmen verloren, weil sie sich hat korrumpieren und lobbyieren lassen. Andere Parteien machen das leider auch, aber unter gerd schröder die demokratieunwürdige Art der Politik so richtig groß geworden.

    Was ich am Schluß noch mal betonen möchte: Ich kann in Worte kaum ausdrücken, für wie wichtig ich es halte, daß SPD und Grünen wieder zur ökosozialen Marktwirtschaft zurückfinden. Neoliberalismus macht den Staat kaputt. Er bewirkt, daß Arme ärmer und Reiche reicher werden. Er verhindert, daß überlebenswichtige Infrastrukturinvestitionen getätigt werden (in den Klimaschutz, in die Bildung, in das Gesundheitswesen, in Armuts- und Hungerbekämpfung in den arm gelassenen Ländern…). Er monopolisiert demokratische Diskussionen (Tina-Prinzip: there is angeblich no alternative). Er fördert Rechtsextremismus (wohl auch Linksextremismus, was auch nicht klasse ist).

    Ich möchte um der Demokratie und des Pluralismus willen neoliberale Parteien, die sich zu den Wahlen stellen. Ich möchte aber, daß SPD und Grüne sich vollständig vom neoliberalen Gedankengut trennen! Weil Neoliberalismus das Gegenteil von Sozialdemokratie und von grüner Politik ist.

  79. Zu Wolfgang Fladung Nr 53. Sie haben keine Lust mehr auf diese fruchtlosen Debatten und keine Hoffnung mehr, daß diese Rumpf-SPD wieder sozialdemokratisch werde.

    Ich habe wohl Hoffnung, daß sich etwas ändern kann, weil die Wahrheit auf unserer Seite ist. Wer die jetzige Politik der SPD für gut hält, ist kein Sozialdemokrat. Sondern jemand, der besser bei CDU oder FDP aufgehoben wäre. Echten Sozialdemokraten müssen sich die Nackenhaare sträuben, wenn sie hören und lesen, was Gabriel und Steinmeier so von sich geben. Und sie müssen wissen, daß sie nicht allein sind. Ich habe mich über die rotgrüne Bundespolitik damals gewundert und dachte, ich stehe mit meiner Meinung ziemlich allein da. Dann las ich Machtwahn und Reformlüge von Albrecht Müller und wußte, daß ich nicht halluzinierte. Der Kaiser hatte tatsächlich keine Kleider an.

    Deshalb macht es Sinn, Leserbriefe zu schreiben und an diesem Blog teilzunehmen. Um Leute aufzuklären. Steter Tropfen höhlt den Stein. Es sind schon ganz andere Sachen gelungen, als die SPD wieder auf den Stand von vor Herbst 1998 zu bringen. Die politische Apartheid in Südafrika ist passee (auch wenn es dort eine Art wirtschaftliche Apartheid). Die Mauer ist weg, viele kommunistische Diktaturen gefallen (auch wenn Ungarn und Polen momentan erheblich zicken). Die Todesstrafe ist in immer mehr Staaten bzw. Bundesstaaten verboten. Die Nichtraucherschutzgesetze werden immer besser (auch wenn Sie gerne rauchen, werden Sie wahrscheinlich nicht wollen, daß Nichtraucher zwangsmitrauchen müssen). Als ich mich individuell entschied, keine Tiere mehr zu essen (1990), waren 97% der Deutschen Omnivoren. Jetzt sind es nur noch 90%. Und das Klima für Vegetarier ist ganz anders geworden. Diese 10% bewirken, daß man über Tierschutz diskutiert und man mittlerweile sogar bei Aldi passables Tofu bekommt.Vegetarismus ist nicht mehr utopisch. (Nach meiner Überzeugung darf man weder Tiere noch Menschen töten, außer in Notwehr). Das alles hat mit stetiger Arbeit gegen Ungerechtigkeit zu tun. Und da muß jeder das tun, was er kann.

  80. # 83, Michael Lübbers: Danke für die Replik. Allerdings bin ich schon weiter als in meinem Beitrag # 53, siehe # 78 und 80.

    Die SPD wird n i c h t sich auf die alten sozialdemokratischen Werte zurück besinnen, weil diese mit dem alten Personal verloren gegangen sind. Sie finden doch, einschl. des USA-hörigen Gabriel, inzwischen nur noch „marktkonforme“ Figuren in der SPD. Und da diese Personen eben dieser Marktwirtschaft weiter hinterher laufen werden, wird die SPD sich gegen Ende 2016 auf rund 20% potentielle WählerInnen weiter reduzieren. Wenn die Situation in Europa, mit den ganzen rechtspopulistischen und versteckt auch rechtsradikalen Ansätzen aufgrund eines weiteren Bergab so weiter geht, überholt die AfD womöglich noch die SPD. Wenn es dann mit irgendwelchen linken Resten in irgendwelchen Ortsvereinen einen Zwergenaufstand gibt, wird dieser nichts mehr bewirken, als den berühmten Sturm im Wasserglas.

    Ich verstehe nicht und werde es auch nicht tun und können, warum ansonsten so kluge Linke wie G. Gysi von rot-rot-grün träumen. Mit wem bei Grünen und vor allem SPD wollen sie denn öko-soziale Politik machen?

    Sollte es wirklich 2017 für eine solche Konstellation reichen, wäre dann bei vielen WählerInnen die Enttäuschung vorprogrammiert, und die Linke würde sich auf dem absteigenden Ast wiederfinden. Daher hoffe ich, daß nicht die Bartsch-Gysi-Fraktion letztendlich das Sagen haben wird.

  81. Zu Wolfgang Fladung 84:

    Sie sind ja äußerst pessimistisch, was die SPD angeht. Sie meinen, die SPD würde sich nicht mehr auf ihre „alten“ sozialdemokratischen Werte zurückbesinnen. Das wäre der Tod der Sozialdemokratie und eine Katastrophe für das Land. Ich bin optimistisch, weil wir uns Pessimismus nicht leisten können. Zweckoptimismus vielleicht.

    Sie haben im Beitrag 34 die richtige Frage gestellt, auf die wir immer wieder zurückkommen müssen: Wie soll es weitergehen, und mit wem? Ich will das noch mal in einige weitere Fragen kleiden:

    Kann eine sozialdemokratische SPD wiederbelebt werden? Wenn ja, wie würde das gehen? Wenn Sozialdemokratie in der SPD tot ist, welche Alternative zur SPD gibt es dann? Ist die Partei Die Linke eine Alternative? Sind die Grünen noch grün und vor allem sozial? Ist das Grundproblem der Parteien ihre Finanzierung mit Lobbyismus und Korruption? Wie ließe sich dieses Problem beseitigen? Sind nicht alle Volksparteien den Interessen des Volkes verpflichtet, also auch zum Beispiel die CDU und CSU? Widerspricht nicht neoliberale Politik auch den Interessen der Wähler der sogenannten christlichen Parteien? Wenn es keine parteipolitischen Alternativen gibt, welche kraftvollen außerparlamentarischen Initiativen gibt es?

    Sie hatten schon mal eine gute Idee, die leider nicht funtionierte: Die WASG. Für mich wäre die WASG wählbar gewesen bis zu dem Zeitpunkt, als sie mit der PDS zusammenschmolz. PDS/SED/Die Linke ist für mich keine wählbare Alternative wegen der undemokratischen und menschenverachtenden Politik der Vorgängerpartei SED. Das ist meine Meinung. Eine resozialdemokratisierte SPD würde der Partei Die Linke viele Wählerstimmen wegnehmen (wenigsten „im Westen“) und sie vielleicht marginalisieren. Wagenknecht vergöttert den Massenmörder Stalin. Bei Gysi (der beineidenswert argumentiern kann) weiß man nicht, ob er mit der Stasi zusammengearbeitet hat. Vielleicht tut man ihm Unrecht. Vielleicht auch nicht.

    Wäre die Gründung einer neuen „ökosozialen“ Partei möglich und erfolgversprechend? Einer „neuen“ WASG?

    Könnten die Sozialdemokraten in der SPD nicht den Aufstand proben? Rebellion!?

    Beim Wählerpotential muß man übrigens berücksichtigen die vielen Nichtwähler, die aus Frust linken Parteien ihre Stimme verweigern, solange die keine wirkliche linke Politik machen. Es kommt bei den Wahlchancen nicht nur auf die tatsächlichen Wähler an, sondern auch auf die potentiellen.

    Das Thema SPD (und Grüne) bleibt wichtig! Es stellt sich bei jeder neuen Farce der Granden in diesen Parteien neu und muß immer wieder neu thematisiert werden.

  82. #85, Michael Lübbers (aber nicht nur):
    Danke für Ihre ausführliche Replik, die auch eine würdige Antwort verdient. Ihr (Zweck?)-Optimismus in allen Ehren, aber ich sehe die Sache anders. Als einer, der 1972 in die SPD eingetreten ist (eine andere SPD) und dann gut 10 Jahre später zu den Grünen wechselte (auch dort nicht mehr engagiert), beobachte ich seitdem die Entwicklung aller politischen Parteien. Die Großkopfeten meinen alle, sie würden populäre Politik machen, dabei machen sie in Wirklichkeit nur populistische. So auch die SPD seit Jahren. Rücken CDU/CSU/FDP/Grüne nach rechts, gibt es gleich Marschbefehl: nur keine Lücke lassen. Schröder und Fischer haben ja in Wirklichkeit Politik betrieben, welche sich die CDU nie getraut hätte, und aus Danke dafür auch schöne Jobs erhalten.

    Wie und mit wem wollen Sie eine sozialdemokratische SPD wiederbeleben, wenn davon nur noch Spurenelemente bestehen? Wer das rechte marktkonforme Original will, wählt gleich CDU oder vielleicht auch noch FDP. Wer noch einen alten sozialdemokratischen Kern verspürt, wählt Linke oder vielleicht auch Grün – dort gibt es, angeblich, noch ein paar Linksgrüne, oder gar nicht mehr. Ja, auch die CDU trägt einen Etikettenschwindel im Namen: christlich. Und es gibt viele außerparlamentarische Initiativen, nur haben die bei den wirklich Herrschenden und Regierenden von Springer über Bertelsmann bis hin zu den Arbeitgeberverbänden nichts zu melden. Und auch die Gewerkschaften sind handzahm geworden, nachdem Ehemalige wie Riester das Lager gewechselt haben. Eben nach dem Motto: Wes‘ Brot eß ich, des‘ Lied sing ich. Auch ich war einmal IG-Metaller, aber die Gewerkschaften haben sich zu sehr an die SPD gekettet, und sind mit dieser geschrumpft, außer vielleicht die Eisenbahner.

    Inzwischen geben sich viele in der Linkspartei, siehe Gysi, Bartsch & Co., alle Mühe, wiederum in die Lücke zu kommen, welche die SPD links gelassen hat, und merken nicht, das sich unter dieser Lücke eine Falltür befindet und die Wände mit neoliberalem Honig beschmiert sind. Es ist mir übrigens schnurz, ob Gysi mit der Stasi zusammen gearbeitet hat, weil die DDR alles war, nur keine soziale Demokratie. Wichtiger ist mir, und ich hoffe, das da noch Einiges aufgedeckt wird, warum z.B. der NSU so lange ungefährdet sein Mordwerk verrichten konnte und Tschäpe vielleicht auf der Gehaltsliste des BND stand.

    Da all diejenigen, die noch von der WASG übrig geblieben sind, und nicht (mehr) in der Linkspartei oder nur noch marginal mitspielen, mehr oder weniger, so wie ich, resigniert haben bzw. die Tatsachen und die Gegenwart so sehen, wie sie ist, und nicht so, wie es wünschenswert wäre, wird es mit einer WASG-Auferstehung nichts werden. Alle Zeichen der Zeit stehen auf national-konservativ oder den Rechtspopulismus wie der des FRONT NATIONAL. Wer sich bedroht fühlt, rückt nach rechts und rechts rückt europaweit zusammen und schottet sich ab, weil links immer offene Grenzen und offene Ideen bedeutete und man vor allem Angst hat, was dies mit sich bringen könnte.

    Und Rebellion, in der SPD? Mit wem? Stegner, Nahles, oder irgendein Provinzfürst? Schauen Sie sich das aktuelle Politbarometer des ZDF an, und hier die Großwetterlage: SPD 22%, AfD 10%. Dann wissen Sie, wohin der Hase läuft.

    Zum Schluß noch zur Lage in Deutschland, welche die SPD, allen voran Großfürst Gabriel, nicht wahr haben will:

    Was ist denn mit den viel zu niedrigen Löhnen in Deutschland, den weiter sinkenden Renten und den schlechten Sozialleistungen? Unmöglich, heißt es, schließlich ist Deutschland angeblich „Hochlohnland“ (zwar nur auf Platz 10 in Europa, deutlich hinter allen vergleichbaren fortgeschrittenen Industrieländern, namentlich Luxemburg, Norwegen, der Schweiz, Schweden, Finnland, Dänemark, Frankreich, Belgien und den Niederlanden) und hat lediglich den allerhöchsten Außenhandelsüberschuss aller Zeiten, der auch noch stetig wächst… Was glauben Sie, wem demnächst Löhne und Leistungen gekürzt werden, wenn der Flüchtlingszuzug weiter anhält und die Kosten sich in Richtung 50 Milliarden entwickeln? Und wer dann auch noch die restlichen treuen WählerInnen verliert?

  83. Moin lieber Herr Büge/“Bronski“ und liebe Leserbriefredakteurinnen und -redakteure der Frankfurter Rundschau,
    in seiner Replik auf meinen Leserbrief bezeichnet Sigurd Schmidt die SPD als „Partei einer maßvollen Politik mit Augenmaß“, die sich gegen „Umverteilungsorgien“ wende.
    Ich dagegen meine, die SPD beteiligt sich maßlos an Umverteilungsorgien, vor allem seit der Koalition mit den Grünen unter gerd schröder. Es sind allerdings erstaunlicherweise Umverteilungsorgien in die falsche gänzlich unsozialdemokratische Richtung, nämlich von den Armen und dem Mittelstand zu den Superreichen. Unter der SPD wurde der Spitzensteuersatz abgesenkt, gleiches passierte mit der Vermögens- und der Erbschaftssteuer. Dies nutzt denen, die bereits viel haben, und damit gar nichts Vernünftiges anfangen können. Die Mehrwertsteuer dagegen, die von allen entrichtet werden muß, wurde angehoben. Dies führte und führt dazu, daß sich immer mehr Geld bei immer weniger Menschen konzentriert (wie es im Vorwort des von der Frankfurter Rundschau bereits 2004 herausgegebenen Buches „Geld und Gewissen“ (Seite 9) heißt. Dies sind nur einige Beispiele der unsozialdemokratischen sprich neoliberaen Politik.
    „Von einer zunächst einzufordernden Selbstverantwortung eines jeden Bürgers liest man in diesem (meinem) Leserbrief nicht“, beklagt Sigurd Schmidt. Bei einer gerechten Vermögensverteilung geht es um zweierlei: Erstens allen ein menschenwürdiges Leben zu ermöglichen, die dies aus eigener Kraft („selbstverantwortlich“) nicht können. Und zweites zu großen Reichtum zu vermeiden, den man nur bekommen kann, wenn man andere Menschen gnadenlos ausnutzt.
    Durch das von der SPD mitverantwortete ungerechte Steuersystem werden Menschen reicher, die bereits mehr besitzen, als sie jemals in 1000 Jahren sinnvoll für sich ausgeben können. Der Besitz von einer Milliarde Euro bedeutet umgerechnet tausend Millionen Euro. Andererseits fehlt Geld, damit jeder würdig mit oder ohne Arbeit leben kann, und es fehlt Geld für dringend benötigte Investitionen wie zum Beispiel in den Klimaschutz, aber auch schlicht in heile Straßen. Wenn das alles wenigstens „der Wirtschaft“ nützen würde, hätte ich ein bißchen Argumentationsprobleme. Aber fehlendes Geld für die normalen Menschen hemmt die Binnennachfrage und lähmt damit dieses abstrakte Ding „Wirtschaft“.
    SPD Bundeskanzler Willy Brandt dreht sich im Grabe um, wenn er die heutige SPD sieht. Und der CDU Wirtschaftsminister und Kanzler Ludwig Erhardt tut es ihm nach.
    Neoliberalismus hat mit Sozialdemokratie nichts zu tun. Ich bin mir sicher, daß auch im Godesberger Programm nichts von asozialer Marktwirtschaft zu lesen ist.
    Mit freundlichen Grüßen aus dem eingefrorenen Norden
    Michael Lübbers

  84. Ich vergaß zu erwähnen, daß ich seit Mai 1993 nicht mehr Mitglied der SPD bin und diese Partei danach auch nur einmal gewählt habe (bei den Auricher Bürgermeisterwahlen habe ich den SPD-Kandidaten gewählt, der es nicht geworden ist damals). Grund für meinen Austritt war die unsozialdemokratische! Drittstaatenregelung. Aber so abwegig ist der Gedanke von Sigurd Schmidt nicht: Im Herzen bin ich sehr wohl Sozialdemokrat. Ökologischer Sozialdemokrat. Ggf. erwähnen, falls mein Leserbrief veröffentlicht wird…

  85. # 87, M. Lübbers: Es macht mich immer wieder fassungslos, mit welcher Arroganz gerade auch in der SPD – S. Schmidt ist Schriftführer in der SPD AG 60 plus in Bad Homburg – über die Notwendigkeit gerechter sozialer Umverteilung gesprochen wird. Der Begriff: „Umverteilungsorgie“ paßt da wie die Faust aufs Auge.

    Wenn mich meine Geschichtskenntnisse nicht täuschen, kamen im kaiserlichen Rom zuletzt 10 Sklaven auf einen freien Römer. Bei den Orgien war es dann die Aufgabe der Sklaven, und Sklavinnen, für das Wohlergehen der Damen und Herren freien Römer zu sorgen, durch Spiel, Tanz, sexuelle Gefälligkeiten und Wegräumen unappetittlicher Hinterlassenschaften. Wenn heute also jemand von „Umverteilungsorgien“ spricht, kennt er die Geschichte nicht. Da wurde der Sklave höchstens belobigt, das er so eine schöne Gesichtsfarbe vom rosa-Staubzucker-hinten-rein-blasen bekommen hatte.

    Ein guter Bekannter von mir, gelernter Bäcker, der aufgrund Allergie nicht mehr in seinem Beruf arbeiten konnte, hat jahrelang einen neuen Job gesucht, und sich von Hartz IV zu Teilzeitjob (und anschließender Wegrationalisierung) zurück zu Hartz IV gehangelt. Angebotene Jobs konnten nicht angenommen werden, da es keine Verbindung mit öffentl.Verkehrsmitteln gab und ein eigenes Auto jenseits der finanziellen Möglichkeiten lag. Er arbeitet jetzt als Fachkraft für Lagerlogistik und erhält den Mindestlohn, wovon ihm netto im Monat nur € 1100,– übrig bleiben, bei einem Vollzeitjob. Er wohnt zwar im Hause seiner Mutter für € 200,– günstig zur Miete, bangt aber trotzdem vor späterer Altersarmut, weil zurücklegen bei diesem geringen Einkommen ist nicht. Und wenn H., inzwischen 45, jetzt mehr fordert, reden Typen wie S. Schmidt von „Umverteilungsorgien“?

    Diese Umverteilungsorgien fanden statt, ja, aber in die andere Richtung. Da kam ein neues Aktienpaket zum alten, das 6. Mietshaus zum 5., zum Jaguar noch ein SLK-Cabrio als Freizeit-Auto hinzu.

    So manchmal denke ich, das Frühgeburten oder Prostata-Karzinome irgendwie ungerecht verteilt sind. Wäre ich gläubig, würde ich dafür beten, daß die SPD 2017 auf unter 20%, oder besser noch weniger, rutscht. Und jedem SPDler dann sagen: Schuld daran sind die vielen Umverteilungsorgien.

  86. Ich bin aufgrund des Leserbriefs von Herrn Lübbers vom 30.12. In diesen Blog geraten und habe ihn gerade über flogen. Ich wollte Herrn Luebbers als ehemaliges Grünes Parteimitglied voll zustimmen.
    Mir ist beim Lesen des Blogs aufgefallen, dass die Argumente sich seit geraumer Zeit wiederholen. Alle Beteiligten scheinen keine Lösung für eine Stärkung oekosozialer Politik zu haben. Ich habe auch keine andere als die, oeffentlich sich für sie einzusetzen. Optimistisch bin ich allerdings nicht, denn es ist kein Personal, sind keine starken Medien oder Intellektuelle in Sicht, weder in Deutschland noch anderswo, die die oeffentliche Meinung entsprechend putschen könnten.

  87. # 90, Ullrich Horstmann: Ihr vorletztes Wort im Beitrag soll wohl „pushen“, also anstoßen, voranbringen heißen. „Putschen“ ergäbe einen völlig anderen, aber irgendwie wiederum auch stimmigen Sinn.

  88. Zu Herrn Fladung 86:

    Sie sprechen da ein wichtiges Problem an: Wer bezahlt die zunächst höheren Kosten für die Unterbringung und Versorgung der Geflüchteten. (Auf Dauer bringt die Einwanderung von vielen Menschen wohl viele wirtschaftliche Vorteile für alle in Deutschland, weil wir dann nämlich keinen sogenannten Generationenkonflikt haben, den wir sowieso nie hatten.)Es ist hier wichtig, daß die berechtigten Anliegen der Geflüchteten auf eine menschenwürdige Versorgung nicht gegen die berechtigten Anliegen der ärmeren (oder arm gemachten) Deutschen (vollständigheitshalber mit oder ohne dieses Wort Migrationshintergrund) ausgespielt wird. Für beide Gruppen muß es eine gerechte Umverteilung von den Reichen zu den Ärmeren geben. Jeder muß menschenwürdig leben können. Auch um Rechtsextremismus zu verhindern, brauchen wir wieder eine ökosoziale Marktwirtschaft und -hier schließt sich der Kreis wieder- eine sozialdemokratische SPD.

    Ich wiederhole mich leider noch mal ein bißchen, möchte es aber trotzdem erwähnen. Es gibt von Gandhi so einen Spruch, den ich mal gelesen habe. Kriege den nur teilweise ins Gedächtnis: „Wenn ich verzweifelt bin, sag ich mir immer wieder, daß in der Geschichte …die guten Sachen gesiegt haben. Es mag Tyrannen gegeben haben, die unbesiegbar schienen, und dann doch besiegt wurden. Denn Wahrheit bleibt Wahrheit.“ So ähnlich.

    Das ist der entscheidende Punkt: Wahrheit bleibt Wahrheit. In Hochzeiten der Sklaverei gab es Leute, die von der Sklaverei profitierten und trotzdem erkannten, daß Sklaverei nicht richtig sein kann. Dann kämpften sie hartnäckig (ein wichtiges Wort) dagegen, und schließlich wurde die Sklaverei abgeschafft. (Ich weiß, daß ich weiter oben anders argumentiert habe, Sklaven stellen Klamotten für uns her). Rassismus kann nicht richtig sein und weitere Beispiele. Und die Wahrheit ist: Es gibt Sozialdemokratie. Und so, wie die SPD augenblicklich handelt, ist es nicht sozialdemokratisch.

    Mir kommt es so vor, wie ich mir die DDR vorstelle (ich bin 1964 in Ostfriesland geboren und aufgewachsen, also „Wessi“). Alle wußten, daß etwas falsch läuft. Und irgendwann hatte sich die DDR deshalb erledigt. Vielleicht brauchen wir eine charismatische Person für unser Anliegen, so eine Art Gorbatschow 2.

  89. Mit Sicherheit hat sich die Zusammensetzung der Bundestagsabgeordneten der SPD in der Zeit von Brandt bis Heute verändert. Die Zahl der Arbeiter und Angestellten hat wohl merklich abgenommen, die der sog. Intellektuellen drastisch zugenommen. Einen Hochschulabsolventen, Selbständigen oder Beamten interessiert das Schicksal und Einkommen eines Mindestlohnempfängers nur dann, wenn die Einsparung des Arbeitgebers seinem eigenen Einkommen zugeschlagen wird. Wenn die „Arbeiterpartei“ SPD wieder ihre soziale Ader entdecken will, sollte sie sich erst einmal dafür Stark machen das Arbeiter und Angestellte nach Ende der Legislaturperiode an ihren alten Arbeitsplatz zurückkehren können (Wie früher Wehrpflichtige). Die letzte Gesetzesinitiative in diese Richtung verschwand im Aktenkeller des Bundestags (aus naheliegenden selbstsüchtigen Gründen).
    Beamte können nach der Legislaturperiode ihre frühere Tätigkeit wieder aufnehmen, selbständige können sogar während der Legislaturperiode weiterhin, mit Einschränkungen, ihre Tätigkeit ausführen (nur Nebeneinkünfte angeben). Der Arbeiter und Angestellte darf Kündigen und sich nach Ablauf seines Mandats eine neue Arbeitsstelle suchen (es sei denn sein Arbeitgeber hat viel Freude an seiner nicht ganz koscheren Mandatsausübung gehabt). Irgendwie habe ich den Verdacht hier stimmt etwas mit der Gleichbehandlung der Abgeordneten nicht. Das Ganze ist wohl ein Fall für das Bundesverfassungsgericht!

  90. @ Gerhard Sturm #93

    Ihre Forderung, Abgeordnete gleich zu behandeln, kann ich nur unterstützen.
    In einem Punkt kann ich Ihnen aber nicht zustimmen: „Einen Hochschulabsolventen, Selbständigen oder Beamten interessiert das Schicksal und Einkommen eines Mindestlohnempfängers nur dann, wenn die Einsparung des Arbeitgebers seinem eigenen Einkommen zugeschlagen wird.“
    Dieses Blog beweist, dass Ihre Behauptung falsch ist. Von den an dieser Diskussion Beteiligten gehört vermutlich (von etlichen weiß ich es sicher) keiner zur Gruppe der Mindestlohnempfänger, Aufstocker oder von Altersarmut Betroffenen, und dennoch ist ihnen mehr Gerechtigkeit in unserer Gesellschaft ein Anliegen. Nicht alle machen oder unterstützen nur die Politik, die ihnen persönlich nützt, denn der Mensch ist ein zu Empathie, zu Deutsch Mitgefühl, fähiges Wesen. Zum Glück, denn sonst hätte es in der Geschichte nie eine Entwicklung zum Besseren gegeben.

  91. @93 Gerhard Sturm: zustimmung. dass den vorschlag noch niemand aufgegriffen hat, ist seltsam.
    @ 94 Wolfgang Fladung: augsteins kolumne passt dazu.
    und dennoch gibt es weder an der basis noch bei den waehlern den grossen aufschrei…

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