Derzeit sieht es so aus, als ob Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) sich mit seinem Maut-Konzept nicht durchsetzen kann. Die NRW-CDU hat sich geschlossen dagegen ausgesprochen, und dieses Brett dürfte zu dick für den ehemaligen CSU-Generalsekretär sein. Dennoch bricht FR-Leser Thomas Sauer aus Bielefeld noch einmal eine Lanze für das Konzept – in folgendem langem Leserbrief, den ich im Print nur stark gekürzt veröffentlichen konnte und den ich hier in voller Länge bringe:

Mautpläne mit Verstand

von Thomas Sauer

Denkt man ohne parteipolitische Scheuklappen und ohne das Motiv „es sollen die anderen doch (mehr) zahlen“ über die Mautpläne des Verkehrsministers nach (dessen Partei und Schwesterpartei ich übrigens nie wähle) so kann jeder vernünftig Denkende diesen Vorschlägen -neben einigen kleineren Korrekturen- nur zustimmen.

Allgemeine gilt wohl, dass für die Straßeninfrastruktur deutlich mehr Geld benötigt wird;  dass jeder Nutzer einen wie auch immer festgelegten monetären Beitrag dafür leisten muss;  dass die Berücksichtigung der Kosten immer nach fixen (vorwiegend Staßenneubau) und variablen (Abnutzung durch Fahren und Witterung) vorgenommen werden muss. Wird das bei der Diskussion nicht berücksichtigt, läuft diese ins Leere.

Fixe Kosten sind der Bau einer Straße und diese sind dabei der dickste Brocken an den Gesamtkosten. Hierfür leistet jeder Fahrzeugbesitzer (übrigens auch ein Ausländer) eines in Deutschland zugelassenen PKW seinen Beitrag. Ob dieser Beitrag ( die KFZ Steuer) ausreichend ist oder ob die Bezeichnung geändert werden sollte (z.B. in Mautgebühr) ist nicht entscheidend für eine Neuausrichtung der Finanzierung. Die Steuer ist fällig, auch wenn der Wagen so gut wie nicht bewegt wird – so wie eine Straße bezahlt werden muß, auch wenn kaum ein Auto darauf fährt. Es lassen sich noch einige andere Staatseinnahmen (z.B. die MwSt. beim Autokauf) der Fixkostenfinanzierung zurechnen, auch wenn es hier keine genaue oder generell festgelegte Zuordnung von Einnahmen und Ausgaben gibt (wie auch bei der KFZ Steuer). Variable Kosten -verursacht durch Witterungsschäden oder Alterung- entstehen in der Regel unabhängig von der Nutzung und sind eigentlich fixe Kosten. Dies sollte bei exakten Berechnungen berücksichtigt werden.

Abnutzung entsteht durch Fahren und das sind -wie gesagt- variable Kosten. Die Hauptverursacher (alle sehr große LKW) sind schon erfasst. Allerdings fast nur bei der „Schadensverursachung“ auf Autobahnen. Die Ausweitung auf alle Straßen und die Höhe der Abgabe muß neu diskutiert werden, da diese LKW hauptsächlich die Verursacher der Nutzungsschäden sind. Die Baukosten – also Fixkosten- könnten deutlich niedriger liegen, wenn keine LKW fahren dürfen. Warum zahlt ein in Deutschland zugelassener LKW die gleiche Maut wie ein ausländischer und zusätzlich noch KFZ-Steuern quasi als Fixkostenbeitrag? Der Beitrag aller LKW zu den Fixkosten müsste eine kleine Erhöhung der Maut für ausländische LKW bedeuten.

Wie steht es mit dem Beitrag der Wenig- und Vielfahrer zu den variablen Kosten? Warum zahlen ausländische Nutzer nichts für die Nutzung einer immer teureren Infrastruktur und keinen kleinen Beitrag zu den Fixkosten? Sollten sie überhaupt zahlen oder schenken wir den Beitrag, da wir alles ja aus der Portokasse in Deutschland zahlen? Das öffentliche Geschrei um fehlende Milliarden erfordert Zusatzeinnahmen, egal wie hoch sie im Einzelfall am Anfang auch sein mögen, wenn neue Quellen erschlossen werden.

Die Einnahmen des Staates aus der Mineralölsteuer und der vor wenigen Jahren eingeführten und mehrmals erhöhten Ökosteuer werden begründet zur Abdeckung der Umweltschäden und als Kostenbeitrag für die Infrastruktur.

Wer viel fährt zahlt viel für Viel-Nutzung der Straßen und das Mehr an entstandenen Umweltschäden. Wer viel dabei verbraucht, zahlt zusätzlich für das Noch-Mehr an Umweltschäden. Ob hier alles abgedeckt ist, ist strittig. „Dummerweise“ verbrauchen die Fahrzeuge immer weniger Sprit und produzieren weniger Schadstoffe. Übrigens: Sie zahlen, während „Dreckschleudern“ (das Wort entnommen aus der FR Berichterstattung zum letzten Umweltbericht) wie Kaminöfen zunehmen und deren unkontrollierte Lustheizer keinen Cent zahlen.

Also, Viel- und Wenigfahrer zahlen, wenn auch vielleicht nicht genug. Die zunehmende Mobilisierung der Menschen in Europa bedeutet, dass die Gruppe der Überhaupt-Nichts-Zahler in Deutschland immer größer wird und daher einbezogen werden muß. Dies müsste man nicht, wenn die Finanzierung der nationalen Infrastruktur auf übergeordneter Ebene stattfindet und zwangsläufig bis zur Kreis- und Ortsstraße „gerecht“ abläuft, aber diesen Blödsinn….

Es gibt keinen Grund ausländische PKW so deutlich zu bevorzugen. Eine Staffelung der Mautgebühr ist allerdings angezeigt, da der Beitrag zu den Fixkosten vernachlässigbar ist. Es darf aber keine Ausnahmen geben; auch nicht für Kleintransporter oder Grenzgänger. Das bedeutet nämlich nur: Die anderen sollen zahlen. Auch die Einführung einer Autobahnmaut für PKW bedeutet, nur diese Nutzer sollen (mehr) zahlen. Das Nutzen-Kosten-Äqvivalent ist doch wesentlich besser auf einer viel befahrenen Fahrbahn als auf einer Nebenstraße. Würden allein die Nutzer kleiner Siedlungsstraßen die Kosten alleine zahlen, wären sie pleite. Wo ist da das Argument für eine Autobahnmaut? Dass der Notarzt über zwei Autobahnabschnitte rast und dann die Kreisstraße das letzte Stück fährt ist super. Aber ein Finanzbeitrag dazu sollte sich nur auf die einmalige Nutzung als Notfall beziehen. Sonst wird die Autobahn ja vom Notfallopfer nicht befahren.

Also da und dort die Steuersätze erhöhen, aber zuerst alle Nutzergruppen ohne Ausnahme heranziehen. Auch wenn die allgemeine PKW Maut nur einige hundert Millionen und 3000 gleichzeitig schon finanzierte Arbeitsplätze bringt. Kopf hoch Herr Verkehrsminister und Rückgrat gegen Intriganten in Deutschland und der EU zeigen. Ein Bayer müsste wissen, wie man dagegen vorgeht …

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6 Kommentare zu “Mautpläne mit Verstand

  1. Warum sollte man dann nicht dieselbe Argumentation auf andere Bereiche des täglichen Lebens anwenden? Die Kosten des Fahrstuhls auf alle Mieter aufzuteilen, wäre nicht in Ordnung. Bezahlen erst ab dem ersten Stock wäre nicht gerecht für den Sportler aus dem 4. Stock, der immer die Treppe nimmt. Also am besten eine(n) Concierge, der/die eine Strichliste über die Fahrschulbenutzung führt. Dabei wäre aber das Gewicht der Benutzer nicht berücksichtigt und das Gewicht bestimmt die verbrauchte elektrische Leistung. Also eine Waage vor dem Fahrstuhl aufstellen. Was ist mit Besuchern? Wie sollen die dem entsprechendem Mieter zugeordnet werden? Ach ja, wir haben ja bereits eine Concierge, die ein Besucherbuch führen könnte. Die Post müsste natürlich auch für die Fahrstuhlbenutzung ihrer Briefzusteller zahlen. Die FR führt einen Teil der Abonnementsgebühren für die Leser ab, die die FR per Boten bekommen. Mit der Bestellung ist anzugeben, in welchen Stock man wohnt, in welchen Stock die FR abgelegt werden soll und eine Kontoverbindung der Fahrstuhlbesitzer.
    Wir könnten bestimmt tausende von Arbeitsplätzen schaffen (und wüssten endlich wer die junge Dame ist, die den Herrn im mittleren Alter einmal pro Woche besucht).
    Finden wir uns doch einfach damit ab, dass diese Welt niemals ganz gerecht sein wird.

  2. Hier kommt es doch nur auf den richtigen Algorithmus an.
    Ich schlage eine Reifenabnutzungsgebühr vor

    Wer viel und schlecht auf schlechten Wegen fährt, zahlt mehr.

  3. Wenn das stimmt was der ADAC sagt nämlich das ein schwerer LKW mehr Schaden verursacht als mehr als 10000 PKW dann ist eigentlich klar wer zahlen müsste. Dazu hätten wir auch schon das Instrument und müssten selbiges nur noch auf die Bundesstraßen ausdehnen und den KM Preis erhöhen. Alles andere kann man in Vergleich vergessen.

  4. Es gäbe eine Möglichkeit Maut für PKW zu erheben, die komplett gerecht wäre und genau Null Euro Verwaltungsaufwand kosten würde: eine leichte Erhöhung der Mineralölsteuer. Einfach ein paar Cent draufschlagen und fertig sind die Mehreinnahmen. Das wäre zum einen extrem gerecht, denn: Wer viel fährt, zahlt viel. Ganz nebenbei würden zum anderen die, die mit ihren Schluckspechten die Umwelt verpesten, auch noch mehr zahlen als die, die sparsam unterwegs sind. Klasse, einfach, gut!
    Wenn die Verursacher von Straßen- und Brückenschäden gerecht zur Kasse gebeten werden sollen, haben wir doch schon unsere LKW-Maut eingeführt. Die müsste nur deutlich erhöht werden, denn EIN großer LKW alleine macht soviel kaputt wie 40.000 PKW. Wenn die Maut für diese Schwergewichte also gerecht erhöht würde, würde nebenbei ganz gerecht der Konsument am Ende für den Wahnsinn zahlen, z.B. Wasser aus Italien zu holen, obwohl bestes Wasser bei uns fast überall zur Verfügung steht. Die Straßen würden dann vielleicht weniger durch LKW verstopft und zerstört, die Luft würde reiner sein. Alles super.
    Schade nur, dass die Speditionslobby gut in die Politik vernetzt ist – und die CSU an ihrem völlig depperten Thema Maut für PKW durch irrwitzig komplizierte Regelungen festhält.
    Es wäre alles so einfach und fair zu lösen, wenn in der Politik doch nur ein bisschen Intelligenz die Richtung vorgeben dürfte.

  5. Jetzt hat auch Minister Schäuble seinen Hut in den Ring der Mautdebatte geworfen. Dass Minister Dobrint seine sture Haltung zur Maut aufgibt ist nicht zu erwarten. Bekanntlich sind Minister der CSU unfehlbar. Das wurde schon, wer erinnert sich noch, offenbar mit der Starfighterkrise. Zum Glück für die CSU ist das runde 50 Jahre her. Die wenigsten wissen noch davon. Und der verantwortliche Minister, der große Vorsitzende weilt nicht mehr unter uns.
    Nun kann ich ja verstehen dass ein Minister nicht sein Gesicht verlieren will. Das will ja niemand. Trotzdem wäre es besser für ihn und auch die Sache der Maut betreffend würde er seinen Fehler zugeben, und endlich anderen Säuen Gelegenheit geben durchs Dorf getrieben zu werden. Dass die vorgeschlagene Maut ungerecht ist , mit Europarecht kollidiert wurde alles schon genügend gesagt. Für den Minister gilt wohl viel Feind viel Ehr. Warum muss wiedermal in Deutschland alles so kompliziert gemacht werden? Es ist doch ganz einfach. Der Geldbedarf zur Erhaltung/ Sanierung der Straßen und Brücken ist bekannt oder lässt sich festlegen. Bekannt ist auch wer die Straßen benutzt, nutzt sie auch ab. Wer mit seinem 2 Tonnen schweren Auto im Jahr 50.000 km auf deutschen Straßen fährt nutzt diese mehr ab als jemand der mit seinem Kleinwagen nur 5000 km fährt. Daraus ergibt sich nach meiner Meinung nur eine Möglichkeit die Sanierung der Straßeninfrastruktur zu finanzieren. Erhöht den Spritpreis. Wer beim Bäcker 10 Brötchen kauft muss 10 bezahlen und nicht nur eins. Der Verkehrsminister muss nur beim Wirtschaftsminister anfragen wieviel Liter Sprit im Jahr in Deutschland verkauft wird. Der ist dummerweise in der falschen Partei. Mit diesen Zahlen kann ein Grundschüler ausrechnen um wieviel der Cent der Liter Sprit mehr mehr kosten müßte um den Geldbedarf zu decken. Nach meiner Meinung käme man da mit mit 3 Cent pro Liter recht weit. Ohne den ganzen Aufwand der Erhebung. Es darf doch kein Problem darstellen dieses Geld zweck gebunden für die Sanierung von Straßen und Brücken zu verbuchen.
    Außerdem lässt sich dieser Vorschlag schnell umsetzen. Es müsste der eine Minister mal den,den von der anderen Partei, fragen wieviel Sprit… . Kann natürlich passieren dass dann wieder gejammert wird wegen der hohen Spritpreise. Schaut man sich allerdings die automobile Aufrüstung, die Größe der Autos,die PS-Zahlen,den Individualisierungsaufwand (Breitreifen, Aluräder ) an, dann wäre das Jammern auf hohem Niveau. Vorstellen kann ich mir sogar dass das die meisten höhere ,zweckgebundene , Spritpreise einsehen.
    Natürlich kann eine Erhöhung des Spritpreises nicht alle Eventualitäten abdecken. Ein LKW der von Tschechien durch Süddeutschland nach Frankreich fährt wird nicht in Deutschland tanken. Er muss aber Maut bezahlen. Aber viele PKW und LKW die Deutschland in Nord/Süd Richtung durchqueren müssen tanken, und damit ihren Beitrag leisten. Deutschland ist ein Transitland. Und wer diesen Transit nutzt darf auch seine Beitrag leisten.
    Wenn der Minister Dobrint seinen Fehler zugäbe und die Mautpläne zurückzieht, würde ihm niemand einen Strick draus drehen. Er könnte an Ansehen gewinnen. Vielleicht aber auch im Kampf um die Seehofernachfolge weniger Chancen haben. Er könnte sich dann aber einer viel wichtigeren Aufgabe als der Maut zuwenden. Seit Jahren werden , aus meiner Sicht, Horrorzahlen genannt was die Zunahme des LKW – Verkehrs in Deutschland betrifft. Mir kommt das immer mehr so vor als würde diese Zunahme als gottgegeben und unvermeidlich angesehen. Die Straßen sind doch jetzt schon verstopft genug. Und dann noch mehr LKW ? Wie soll das gehen? Das ist doch eine schöne Aufgabe für einen Minister, besonders aus einer Partei die so christlich ist, sich darum zu kümmern dass weniger Verkehr durch Deutschland fliesst. Obwohl Deutschland ein Transitland ist. Diese Aufgabe reicht für mehr als eine Legislaturperiode. Schafft er das?

  6. Um es vorwegzunehmen: Auch ich bin gegen die Pläne des Herrn Dobrindt. Der Vorschlag, stattdessen einfach die Mineralölsteuer zu erhöhen ist jedoch totaler nonsens. Man muß nur mal in Grenznähe zu Ländern mit niedrigeren Kraftstoffpreisen fahren. Zehn bis zwanzig Kimlometer zur Grenze wird man auf deutscher Seite keine Tankstelle mehr antreffen. Die Leute fahren lieber ein paar Kilometer und tanken dann im günstigere Land. Und das ist auch das Problem (wenn es denn eines ist), dass Fahrzeuge die Deutschland durchqueren, kaum durch Spritkonsum zur Straßenerhaltung beitragen. Ein moderner Mittelklassewagen mit Dieselmotor schafft durchaus 1.000 Kilometer mit einer Tankfüllung. Wenn es dann doch nicht reicht, und im Zielland der Sprit günstiger ist, dann wird eben nur das nötigste in Deutschland getankt. Also für den Durchgangsverkehr gilt eben nicht, wer viel fährt zahlt viel. Das ist halt das Problem mit einfachen, unkomplizierten Lösungen: Sie sind zumeist Blödsinn.

    Man sollte sich vielleicht mal auf der Website ansehen, welche Länder Gebühren für die Straßennutzung verlangen. Dann kann es eigentlich nur eine Forderung an die Politik geben: Schafft keine weitere Insellösung, sondern sucht nach einem gesamteuropäischen Weg zur Finanzierung der Verkehrsinfrastruktur! Dann könnte auch die einfache Lösung zum Tragen kommen: Wenn die Mineralölsteuer in allen Ländern der EU gleich ist, könnte man die Straßen auch durch die Mineralölsteuer finanzieren.

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