Heute das Messer, morgen …

Ein Polizeichef wird niedergestochen und schwer verletzt. Der oder die Täter kommen mutmaßlich aus der rechtsradikalen Szene: „Viele Grüße vom nationalen Widerstand“, werden sie zitiert. „Du linkes Bullenschwein, du trampelst nicht mehr auf den Gräbern unserer Kameraden herum.“ Der Begriff „nationaler Widerstand“ ist eine Parole in der Neonaziszene. Prompt wird wieder nach einem Verbot der NPD gerufen. Die Ursachen aber liegen ganz woanders, meint Jutta Rydzewski aus Bochum:

„Um eine schlimme Krankheit zu heilen, reicht es einfach nicht aus, immer wieder nur ein wenig an den Symptomen herumzudoktern. Erst recht ist damit einer Seuche nicht beizukommen. Nun beginnt wieder das alte Spiel. Der politische und mediale Sprechautomatimus spult seine hinreichend bekannten ‚Rezepte‘ herunter. Ein paar Tage werden Überschriften, Interviews und Talkshows das Thema beackern, und dann ist wieder Ruhe, bis zum nächsten Fall.

Dieser braunen Seuche ist nur mit Aussicht auf Erfolg beizukommen, indem das Übel an der Wurzel gefasst wird. Das Übel und die geistigen Wegbereiter haben Namen, gehören zu den so genannten politischen und sonstigen Eliten dieses Landes. Es ist einfach nicht (mehr) hinnehmbar, wenn der amtierende niedersächsische Ministerpräsident in einer TV-Talkshow sagt: ‚Ich finde, wenn jemand zehntausend Jobs sichert und Mio. an Steuern zahlt, gegen den darf man keine Pogromstimmung verbreiten.‘ Eine Ungeheuerlichkeit, auch deshalb, weil diese Äußerung in zeitlicher Nähe zum 70. Gedenktag des 9. November 1938 erfolgte. Natürlich wollte auch die ‚professorale geistige Elite‘ nicht ‚ungehört‘ bleiben. In einem Interview ließ Prof. Sinn so ganz nebenbei und wie selbstverständlich aus sich herausplumpsen: ‚Damals (1929) hat es in Deutschland die Juden getroffen, heute sind es die Manager.‘ Erinnert sei auch noch an den „Chef-Historiker“ der Nation, den baden-württembergischen MP Oettinger, der einen Nazi-Scharfrichter als Widerstandskämpfer bezeichnete, das mehrfach wiederholte und sich erst durch die Bundeskanzlerin hat ‚einfangen‘ lassen. Es ist auch nicht mehr hinnehmbar, dass ein Herr Koch, der im letzten Wahlkampf noch zu einer schlimmen Ausländerhetze gegriffen hat, sich erneut zur Wahl stellt, als ob nichts geschehen wäre. Als letztes Beispiel möchte ich auf Prof. Baring verweisen, der die Zeit zwischen 33-45 als eine bedauernswerte Entgleisung bezeichnet hat. Das ist eine unentschuldbare Verharmlosung der menschenverachtenden Nazibarbarei.

Diese so genannten Eliten wissen, was sie daherschwatzen. Und sie würden es nicht tun, wenn sie sich davon keine Vorteile versprechen würden. Das wiederum macht deutlich, wie tief dieser abscheuliche braune Unrat in den Köpfen sein muss. Natürlich haben sich die Herren Wulff und Sinn mittlerweile entschuldigt, und damit ist der Fall mal wieder erledigt. Nach einer kurzen Zeit der „Enthaltsamkeit“ mischen die Herrschaften auch wieder auf der öffentlichen Bühne mit. Und genau das ist die Wurzel des Übels. Wer mit diesen Dingen „spielt“, hat in einem politischen oder sonstigen Amt nichts zu suchen und muss von der öffentlichen Bühne verschwinden. Es muss endlich damit Schluss sein, dass diese krassen Verfehlungen relativiert oder gar entschuldigend erklärt werden. Darauf warten gewisse Kreise nur, die das auch für sich zu nutzen wissen. Öffentliche Personen, denen es offenkundig an Geschichtsbewusstsein und Anstand fehlt, müssen schlicht und ergreifend rausgeschmissen werden, egal wo sie sich befinden.“

Jürgen Sieler aus Hamburg:

„Die Aussage des Ministerpräsidenten Seehofer – nach der Messerattacke von Passau müsse man nun von einer neuen Qualität rechtsradikaler Gewalt sprechen – hat mir eine Gänsehaut beschert. Nach 120 Morden eine neue Qualität – weil es diesmal einen Polizisten getroffen hat und nicht einen armen Asylbewerber oder Obdachlosen? Ich dachte immer, vor dem Gesetz sind alle Menschen gleich? Durfte die Naziszene bisher weitermachen, weil ihrem Terror bis jetzt ja nur wertlose Menschen zum Opfer gefallen sind? Was für ein Grundgesetz- und Demokratieverständnis hat dieser Herr Seehofer eigentlich?“

Jürgen Böck aus Wasserburg:

„So muss es kommen, wenn die Rechtsradikalen in Sachsen und anderswo für ihre Übergriffe von den Gerichten verhätschelt werden. Sie werden immer dreister, und bald folgt dem Knüppel das Messer, morgen vielleicht schon der Revolver. Durch das inkonsequente Verhalten von Polizei und Justiz wird der rechte Terrorsumpf gezüchtet. Die rücksichtslosen Glatzköpfe und Springerstiefel müssen nicht nur in Bayern hart angepackt werden! Hoch an der Zeit, für diese jungen, bildungsfernen Gewalttäter Zuchthäuser und Arbeitslager einzuführen.“

Moritz Darge:

„Wo waren denn hier die verdeckten Ermittler in der Führungsetage? Wen haben sie gewarnt, welche Straftat verhindert? Das Verbotsverfahren 2003 ist gescheitert, weil V-Leute angeblich zur Gefahrenabwehr unerlässlich seien. Leider ergibt sich aus keinem Verfassungsschutzbericht, wo Undercover-Agenten schon einmal erfolgreich waren. Sie kosten mehr als technische Überwachung und stehen in der Gefahr, Wissen und Vorgehensweise des Staatsschutzes an die Überwachten zu liefern.“

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9 Kommentare zu “Heute das Messer, morgen …

  1. Ohne Frage eine bedenkliche Tat.
    Genau so bedenklich sind allerdings, ohne ausreichende Kenntnis des Sachverhaltes, die unreflektierten Rufe nach Verboten oder sonstigen Pseudokonsequenzen.
    Wenn sich angesichts solchen, sich leider wiederholenden Verhaltens, aller Menschen auch weiterhin rechter Extremismus im Lande hält ist das nicht verwunderlich!
    Eine ehrliche Be- und Aufarbeitung findet nicht statt, bestenfalls symptomatische Kosmetik.
    Was eigentlich auch nicht überrascht, da ja auch in den zitierten Schreiben ein mitunter merkwürdiges Verständnis („Zuchthaus, etc.)rechtsstaalich-demokratischen Vorgehens durchscheint. Der Hang zum atoritären Durchgreifen ist offenbar immer noch gerne gesehen, wenn es die „Richtigen“ trifft.
    Auch die seitens der Politk so gern angewandte Logik: „Was ich verbiete existiert auch nicht“ kann nur absolut pisageschädigte Mitmenschen überzeugen.

    Auch ist doch recht dringend zu klären wer, wie und auf welcher Ebene solchem Unwesen nicht den nötigen Widerstand entgegensetzt, ein mißtrauischer Bürger mag dabei sogar vermuten, dass hier ein entsprechendes extremistische Potenzial soweit gehätschelt und in Bereitschaft gehalten wird bis sich eben dieses Potenzial für irgendwelche Zwecke instrumentalisieren läßt.

    Gruß Karl

  2. Na ja, merkwürdig finde ich es schon, dass sich diese Partei vom Steuerzahler in nennenswerter Weise aushalten läßt, dieaber andererseits vom Verfassungsschutz unterwandert ist. Wer sich mit deb Strukturen solcher Parteien beschäftig, wird schnell erfassen, dass sich jemand, der sich dort etablieren will, nicht zu sehr auf Recht und Gesetz berufen kann. Dann nämlich ist der schnell wieder draußen. Und so müssen auch die Verfassungsschützer in den oberen Gremien dieser Partei – das BVerfG hat ja selbst in seiner Begründung festgestellt, dass dort diese leute vorhanden sind – ihre ‚Treue‘ zu der „Kameradschaft“ nachweisen. Vor einigen Jahren kam raus, dass die Thüringer Verfassungsschützer die Finanziers einer rechtsradikalen Gruppe war. Im Übrigen warte ich ert mal die Ermittlungen in diesem Fall ab, ehe ich mich weiter dazu äußere.

  3. Schon Wilhelm Reich hat in seinem Buch „Die Massenpsychologie des Faschismus“ auf die „autoritären Persönlichkeiten“ hingewiesen, welche die Massenbasis der Nazis waren. Insofern scheint es mir umso entlarvender zu sein, dass die angeblich neue Qualität, die diesem Attentat nicht nur von Seehofer, sondern auch von vielen beigemessen wird, die gedanklich, ideologisch dem neuen Nazitum eher nahestehen. Und dann haben wir noch jene Spezies, die sich nur darüber Sorgen machen, dass Investoren abgeschreckt werden könnten Merke: Ein Nazi ist nur dann gefährlich, wenn er ökonomischen Schaden anrichtet.

  4. Liebe Blog-User,

    hier wurde als Kommentar # 5 ein Text mit hetzerischen Inhalten eingestellt. Dieser Kommentar wurde von mir gelöscht. Solche Inhalte werden hier nicht geduldet. Die daraufhin geposteten Kommentare, die auf diese Diskussion einstiegen, habe ich gleich mit gelöscht. Ich bitte um Euer Verständnis. Das ging am Thema völlig vorbei.

  5. Wie schon eingangs erwähnt: Pseudokonsequenzen!
    Was nicht heißen soll das wir uns mit jedem Unsinn auseinandersetzten müssen.

    Karl

  6. @5
    Ich habe es kommen sehen,aber ich hätte es noch ein wenig hingezögert.
    Motto: wer sich Autet,den versteht man besser,wen man besser versteht den kann man besser stellen und konfrontieren.
    Aber Ok Bronski,Deine Entscheidung die ich respektiere,obwohl ich mich liebend gern damit und gerade öffenlich mit diesem Gedankengut auseinandersetzen würde.
    Muß aber nicht jetzt sein:-)

    Allen ein frohes Weihnachten und einen guten Rutsch in das neue Jahr 2009,lieben Gruß
    Jörg Nazarow

  7. Frohe Festtage und ein gutes Neues Jahr 2009
    wünsche ich allen Teilnehmern hier.
    Möge das Bronski-Forum nicht einschlafen und mit Schwung ins neue Jahr starten !
    Schließäich muss doch in Hessen dann das Abendland endgültig gerettet werden… (;-))

    maderholz

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