Das gesamte Elend der europäischen Asylpolitik

Mit dem alten Gaddafi wäre es vermutlich kein Problem gewesen, die neuen EU-Pläne für Libyen durchzusetzen. Mit dem Diktator, der im Oktober 2011 im libyschen Bürgerkrieg getötet wurde, hätte sich gewiss ein Deal analog zum Merkel-Erdogan-Deal machen lassen, um zu verhindern, dass Migranten Europa über das Mittelmeer erreichen. Nun, vermutlich wäre er noch an der Macht, wenn die USA, Großbritannien, Frankreich und ein paar andere 2011 nicht in den libyschen Bürgerkrieg eingegriffen hätten.

Peer Steinbrück würde jetzt sagen: Hätte, hätte, Fahradkette … Und er hätte recht, denn die Dinge sind, wie sie sind. Und sie sind ziemlich unübersichtlich. Libyen ist derzeit de facto gespalten in zwei Machtblöcke, zwischen denen bisher diverse Milizen agierten. Auch der IS war hier bis 2016 noch aktiv, hat seine letzte Hochburg Sirte aber im Dezember verloren. Niemand weiß, ob die Terroristen sich abgesetzt haben oder auf die Chance zum nächsten Anlauf warten. Immerhin wurde zwischen den beiden libyschen Regierungen ein Fahrplan zu einer Einheitsregierung ausgehandelt, die im März 2016 ihre Arbeit in Tripolis aufnahm. Bis 2018 ist der Neuaufbau eines Staatswesens vorgesehen. Die Aussichten, dass Libyen kein failed state wird, sind also zunächst mal nicht schlecht.

Festung EuropaLibyen ist das wichtigste Transitland für Flüchtlinge aus Afrika, die nach Europa wollen. Italien ist das EU-Land, das diese Menschen — sofern sie die gefährliche Überfahrt überleben — aufnimmt und versorgt. 2016 waren es 181.000 Migranten. Italien hat verständlicherweise großes Interesse daran, die Dinge in den Griff zu bekommen — oder anders ausgedrückt: dafür zu sorgen, dass der Zustrom abbricht. 90 Prozent dieser Menschen werden von Schlepperbanden in Libyen in überwiegend untaugliche Boote und Schiffe gesetzt. Darum richtete sich der Fokus der EU beim kürzlich beendeten Gipfel auf Malta auf eben dieses Libyen, und man beschloss einen Zehn-Punkte-Plan, der auf verstärkte Zusammenarbeit mit Libyen setzt, um zu erreichen, dass die Migranten in Auffanglagern südlich des Mittelmeers bleiben. Einen Plan, der zu Recht sofort auf Kritik stieß.

Gegen solche Auffanglager wäre möglicherweise gar nicht mal viel einzuwenden, wenn sich auf diese Weise tatsächlich verhindern ließe, dass sich die Migranten in die Hände der Schlepper und damit in Lebensgefahr begeben, wenn menschenwürdige Unterbringung und Versorgung ebenso gewährleistet wären wie die Chance, von dort aus Asylanträge zu stellen, die fair geprüft werden. Doch es gibt einen wichtigen Knackpunkt: Libyen hat bisher die Genfer Flüchtlingskonvention nicht unterschrieben. Bisher wurden Flüchtlinge dort in Internierungslager gebracht, in denen sie unter grausigen Bedingungen hausen mussten (ein UNHCR-Bericht –> HIER, zum FR-Bericht „Migranten erwartet in Libyen der Tod“ ). Davon spricht u.a. ein interner Lagebericht der Bundesregierung.

Libyen ist das kleinere Problem

Unter diesen Bedingungen ist der Malta-Plan für Libyen vor allem eines: Augenwischerei. Er soll verdecken, dass Europa im Grunde keinen Plan hat, ja, keinen Plan haben kann. Dabei ist Libyen noch das kleinere Problem. Das größere schlummert in Ägypten. Die Bevölkerung dort ist in den vergangenen sechs Jahren um 12 Millionen Menschen gewachsen. „Jedes Jahr strömen 800.000 junge Leute auf den Arbeitsmarkt“, schreibt FR-Korrespondent Martin Gehlen in seiner Zustandsbeschreibung der arabischen Welt „Es ist das Morgenland, das untergeht“ . Mit anderen Worten: Hier entsteht möglicherweise gerade ein enormer Migrationsdruck. Die ägyptischen Machthaber wären vielleicht gar nicht mal unglücklich, wenn sich die perspektivlose Jugend des Landes auf den Weg machen würde …

Fluchtursachen bekämpfen will sie, sagt Kanzlerin Angela Merkel immer wieder. Es ist ähnlich wie mit dem „Wir schaffen das“: Der Gedanke ist richtig, aber es ist nicht zu erkennen, dass konkret etwas passiert. Dazu müsste man in den Ländern ansetzen, von denen die Migrationswellen ausgehen. Doch stattdessen setzt die EU  auf Abschottung und baut ihre Festung aus. Das wird nicht gutgehen, wenn nicht auch zugleich tatsächlich etwas gegen die Fluchtursachen unternommen wird.

fr-balkenLeserbriefe

Manfred Kirsch aus Neuwied meint:

„Stephan Hebel bringt es einmal wieder auf den Punkt. Mit seinem Kommentar, wer in Deutschland meine, AfD wählen zu müssen, habe sich getäuscht, denn die „Flüchtlingskanzlerin“ besorge die Aussperrung der Menschen selbst, liegt er leider erneut richtig. Angela Merkel sorgt mit dem von ihr vorangetriebenen Flüchtlingsdeal der Europäischen Union mit Libyen für reichlich Unmenschlichkeit gegenüber den Flüchtlingen, die in Europa Schutz und Hilfe suchen. Es ist eine moralische und politische Bankrotterklärung und in der Tat ein Verrat an den eigenen, den Menschenrechten doch angeblich verpflichteten Werten, wenn die EU Tausende Flüchtlinge jetzt im Bürgerkriegsland Lybien abschotten will. Das Verhalten der EU und der Kanzlerin zeigt auf erschreckende Weise welchen Einfluss die Rechte in Europa und der Bundesrepublik schon hat.
Das gesamte Elend der europäischen Asylpolitik wird an der Übernahme rechten Gedankenguts bei der Handhabung dieser zynischen Politik deutlich. Offensichtlich sind Flüchtlinge für Europas führende Politikerinnen und Politiker in erster Linie keine Menschen, sondern eher eine „verschiebbare Masse“, die es von der Festung Europa fernzuhalten gilt, koste es was es wolle, auch die eigenen Werte. Die Bezeichnung „Skandal“ ist noch untertrieben für die flüchtlingspolitische Schande, deren Zeuge wir mitten im doch angeblich zivilisierten Europa werden. Viele tote Menschen und viele Verzweifelte sind das traurige Ergebnis jener auf die Sicherung der Festung Europa ausgerichteten „Politik“.
Wann werden sich endlich die europäischen Politiker mit Gewissen unüberhörbar zu Wort melden und dieser Missachtung der Menschenrechte die Stirn bieten? Menschrechtsorganisationen wie Pro Asyl und Amnesty International, deren Engagement von unschätzbarem Wert und unverzichtbar ist, werden leider viel zu oft überhört. Der jüngste auf dem EU-Gipfel in Valletta beschlossene Zehn-Punkte-Plan der Staats- und Regierungschefs ist ein Schlag ins Gesicht des Humanismus und aller christlichen Werte.
Und leider muss man in diesem Zusammenhang auch wieder registrieren, dass SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann sich mit Bundesinnenminister Thomas de Maiziere von der CDU dafür ausspricht, Flüchtlinge in afrikanische Lager zu schicken. Vom designierten SPD-Parteivorsitzenden Martin Schulz wäre eine Klarstellung in dieser Frage mit einer Absage an derartige Lager jetzt bitter notwendig.“

Robert Maxeiner aus Frankfurt:

„Was will die EU mit diesen beschämenden und zynischen Beschlüssen,  Flüchtlingen aus Libyen gegenüber, von uns Bürgern? Will sie uns zur  Unmenschlichkeit erziehen? Oder zu Ignoranz? Will sie uns den Radikalen  in die Arme treiben? Wie will sie glaubwürdig den Trumps, Erdogans, Le Pens und Petrys entgegen treten, wenn sie selbst solch eine menschenverachtende Politik betreibt? Das Argument, den Schleppern das  Handwerk legen zu wollen, ist nicht mehr als eine billige Ablenkung. Natürlich sagen sie nicht ,Europa zuerst‘, aber sie handeln so. Der dreiste Trick, die Sprache für ihre fiese Politik zu quälen, indem sie  aufgeblähte, positivistische Formulierungen finden (Schutzzonen), macht die Sache nur noch schlimmer. Diese EU ist gerade dabei, ihren letzten  Kredit an Glaubwürdigkeit zu verspielen. Als wollten sie uns sagen: Wenn Ihr die Demagogen und Diktatoren nicht wollt, müsst Ihr uns so nehmen wie wir sind, mit all unserer Niedertracht.“

Friedrich Grimm aus Weinsberg:

„Ja, mein lieber Thomas Oppermann, so kann es nichts werden, so kann es auch nicht gehen. Es ist zu einfach und dazu zu dumm, auf den irrlichternden Zug des Thomas de Maizière aufzuspringen. Ohne auf die moralische bzw. humane Seite einzugehen, wäre es doch das Richtige, das was Frau Merkel wieder und wieder daherschwätzt: (daherschwätzt deshalb, weil sie überhaupt nicht ernst meint) Fluchtursachen bekämpfen. Es ist beschämend, dass die Gier unserer Konzerne wichtiger ist, als die wirtschaftlichen Belange z.B. afrikanischer Staaten. Es werden sehr viele Mittel aufgewendet, um die Wirtschaftsflüchtlinge aus Afrika abzuwehren. Dieses Geld könnte sinnvoller ausgegeben werden.“

Gabriele Abraham aus Sulzbach:

„Endlich wird die SPD vernünftig. Es kann nicht sein, dass Italien mit immer mehr Migranten überschwemmt wird, die hier in Europa keine Zukunft haben. Sie sind schlecht ausgebildet, wenn sie denn überhaupt lesen und schreiben können. Den Schleppern muss endlich das Handwerk gelegt werden. Wenn die Migranten gerettet werden, müssen sie sofort per Schiff nach Afrika zurückgebracht werden und nicht in die EU gebracht werden. Die wenigsten haben einen Asylgrund. Die meisten fliehen vor der Perspektivlosigkeit in ihren Ländern, was ja irgendwie verständlich ist. Aber unsere Sozialsysteme implodieren, wenn wir die alle aufnehmen würden. Es muss Hilfe vor Ort geben und das massiv.“

Manfred Schulz aus Herford:

„Zeitunglesen bildet! Man muss nur aufpassen und Zusammenhänge herstellen. Seit Donald Trump Präsident ist, verweisen deutsche Politikerinnen und Politiker immer darauf, dass Deutschland bzw. die EU und die USA die gleichen Werte hätten. Aber was heißt das konkret? Heißt das, die Bundesregierung findet es gut, wenn der Staat Menschen wegen ihrer Hautfarbe tötet(vgl. die Todesstrafe und die Polizeigewalt in den USA)? Heißt das, die Bundesregierung findet es gut, wenn einfach so andere Länder überfallen werden? Oder ist die Bunderegierung auch für die Anwendung von Folter?
Und dann liest man, wie die EU (Träger des Friedensnobelpreises 2012) mit Libyen verhandelt, um Flüchtlinge aus Europa fernzuhalten. Dass deutsche Diplomaten von „KZ-ähnlichen Zuständen“ in Gefängnissen berichten, stört die EU aber nicht. Da wird einem klar: Während Trump eine Mauer zur Abwehr von Menschen bauen will, befestigt die EU ihre Meeresgrenzen. Und das mit der transatlantischen Wertegemeinschaft stimmt also wirklich!“

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53 Kommentare zu “Das gesamte Elend der europäischen Asylpolitik

  1. Das habe ich gerade als Leserbrief verschickt…

    Moin lieber Herr Büge/“Bronski“,

    mir bleibt die Spucke weg. Ein wichtiger Sozialdemokrat, Thomas
    Oppermann, will im Mittelmeer gerettete Flüchtlinge wieder zurück in das
    Folterland Libyen schicken, wo ihnen der Tod droht. Wie nazi ist das denn?

    SPD-Kanzlerkandidat Schulz muß sich schnellstens von derart
    menschenverachtendem Personal trennen. Solidarität, insbesondere wenn
    sie lebensrettend sein kann, darf sich für Sozialdemokraten nicht auf
    Deutsche beschränken, sondern sie muß alle Menschen einbeziehen. Statt
    sich wie ein Nazi einen Sündenbock zu suchen („die Flüchtlinge“),
    sollten sich die demokratisch gewählten Politiker lieber an die eigene
    Nase fassen und sich fragen, ob sie mit ihren Entscheidungen pro
    „Wirtschaft“ und kontra Mensch und Natur nicht persönlich die
    Fluchtursache sind!

    Menschen fliehen vor Dürre, Überschwemmung, Sturm, Waffen, Diktatoren,
    Armut und Hunger, weil nicht nur seit wenigen Tagen Trump sich einen
    Dreck um Klimaschutz und fairen Handel kümmert, sondern seit Jahrzehnten
    schon auch Schlipsträger hier in Europa das nicht tun.

    Möge Herr Schulz als Kanzler eine andere nämlich menschenfreundliche
    Politik machen, als er es Brüssel getan hat. Ich hoffe auf ihn! Liebe
    Sozialdemokraten, haut die Drittstaatenregelung weg! Das wäre schon mal
    ein guter Anfang.

    Mit freundlichen Grüßen

    Michael Lübbers

  2. Das Modell „Auffanglager“, in dem der desolate libysche Staat Herr des Verfahrens ist und Europa sich auf eine Zuschauerposition zurückzieht, kann weder theoretisch überzeugen noch praktisch gelingen. Denn dadurch würde man das Prinzip der vielgestaltigen Ausbeutung (durch Schleuser etc.) lediglich umetikettieren. Ebenso käme man der Bekämpfung der Fluchtursachen um keinen Schritt näher.

    Wann begreifen wir, die (hoffentlich) aufgeklärten Bürger der EU, endlich, dass das Elend der Menschen in Afrika sowie dem Nahen und Mittleren Osten Parallelen aufweist zur sozialen Frage in Deutschland, Frankreich und England während der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts? Die Nachfahren jener, die damals auf die Barrikaden gingen und es sich nunmehr mehr oder weniger gemütlich in der sozialen Marktwirtschaft eingerichtet haben, müssen erkennen, dass es mit den erkämpften Errungenschaften sehr schnell vorbei sein kann. Der vermeintlich fernab lebende Nächste vegetiert aber tatsächlich auf der Müllhalde nebenan. Nur wenn er eine Zukunft hat, haben auch wir eine.

    In Frankfurt habe ich einen Mann kennengelernt, der 1981 vor Chomeinis islamischer Revolution floh, in Deutschland Aufnahme fand und bereits lange deutscher Staatsbürger ist. Für ihn ist das Modell Mohammad Mossadeghs, der im Iran eine säkulare Zivilgesellschaft aufbauen wollte und vom amerikanischen Geheimdienst 1953 ermordet wurde, noch immer die Blaupause für soziale Bewegungen in Arabien, Persien und anderen Ländern mit islamischer Tradition. Er ist solidarisch mit den aus Syrien und aus anderen Ländern Geflüchteten. Aber er verlangt ihnen auch eine Politisierung sowie ein säkulares Religionsverständnis ab.

    Die Fluchtursachen lassen sich nur wirksam bekämpfen, wenn die Machtfrage gestellt und entschieden wird. Davon ist Angela Merkel weit entfernt, weite Teile ihrer Partei hinken geradezu Lichtjahre hinter der Frage aller Fragen her. Und ob der freundliche Populist Martin Schulz zu einer Umwertung aller Werte bereit wäre, darf derzeit bezweifelt werden.

    Mutmaßlich bleibt im Augenblick allein die Rettung der Menschen aus den Elendslagern in Libyen als vorrangige Aufgabe. Ich sehe dazu nur eine Möglichkeit: Europäische Militärschiffe nehmen die Menschen an der libyschen Küste auf, stellen ihre Personalien fest, klären ihre beruflichen Fertigkeiten und verbringen sie in Länder, wo sie in kleinen Gruppen integriert werden können. Ein Kriterium für die Verteilung könnte beispielsweise deren Kolonialpolitik an der Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert sein. Immerhin haben viele der heutigen Probleme darin ihre Ursachen. Und andere Flüchtlinge, möglicherweise der größere Teil, wird man mit dem notwendigen politischen Druck ihren Heimatländern übergeben müssen. Denn warum sollen sich Potentaten zu Lasten der Ärmsten bereichern?

  3. Eigentlich lese ich K.P. Mertens Kommentare sehr gern, weil sie politisch in die richtige Richtung weisen. Aber der letzte Absatz seines heutigen Kommentars ist absolut utopisch.- Solange nicht aus den Köpfen der europäischen Politiker der Gedanke des neoliberalen Wirtschaftens verschwindet und einem sozialen und humanistischem Denken und Handeln Platz macht, ist ein Umdenken in der Flüchtlingspolitik nicht zu erwarten. Und wenn jetzt auch noch solche Leute wie Oppermann in das Horn der Abschiebung der Flüchlinge nach Libyen stößt, kommen mir arge Zweifel auf, ob es dem „Heilsbringer“ Schulz gelingen wird, seine SPD in die richtige Richtung zu führen.

  4. @Klaus Philipp Mertens
    Einiges verstehe ich in Ihrem Beitrag nicht.
    Was meinen Sie mit:
    „Die Fluchtursachen lassen sich nur wirksam bekämpfen, wenn die Machtfrage gestellt und entschieden wird.“
    Im letzten Absatz wollen Sie alle Flüchtlinge aus libyschen Lagern aufnehmen und dann auf die ehemaligen Kolonialmächte verteilen. Es ist Ihnen sicher klar, dass die Lager dann niemals leer sein werden, sondern sich jede Nacht wieder auffüllen.
    Dann sprechen Sie über andere Flüchtlinge, möglicherweise der grössere Teil. Wen meinen Sie damit?

  5. Das die Flüchtlingsursachen in den Heimatländern zu suchen sind, darüber besteht doch eigentlich kein Zweifel ? Niemand verlässt sein zuhause, wenn es zuhause stimmt. Ich meine, das im Vergleich zu Nordafrika, die Bundesrepublik doch ein kleines Land ist, das – ich will es einmal eine Völkerbewegung nennen – als Problem unser Land überfordert.
    Nachdem es uns schon nicht möglich war 2015 in der EU auf eine Gemeinsamkeit in der Flüchtlingsaufnahme gekommen zu sein,sollte in der Gegenwart auf ein gemeinsames Handeln der EU mit Nordafrika in der Flüchtlingsfrage gelten.
    Gemeinsames Handeln der EU mit Nordafrika, denn als Nationalstaat sind wir mit diesem Problem der massenhaften Auswanderung überfordert.

  6. Bronski spricht von Ägypten, wo in den letzten sechs Jahren die Bevölkerung um 12 Millionen Menschen gewachsen sei. Und das ist ja nur ein Beispiel von vielen. Ich halte es deshalb für dringend notwendig, die Menschen in diesen überbevölkerten Ländern bei einer vernünftigen Familienplanung zu unterstützen. Nur so können diese Gesellschaften wirtschaftlich auf einen grünen Zweig kommen. Andernfalls platzt unser Planet früher oder später endgültig auseinander.

  7. @Brigitte Ernst
    Ich halte die Bevölkerungszunahme für das Hauptproblem und z. B. den menschengemachten Anteil des Klimawandels nur für ein Folgeproblem. Ich glaube jedoch nicht, dass wir das Problem mit der Familienplanung in den Griff bekommen.
    Es gibt eine Korrelation zwischen dem Einkommen der Menschen und der Geburtenrate (mit der Ausnahme Saudi-Arabiens). Sobald das Einkommen 1000 Dollar pro Jahr überschreitet, sinkt die Geburtenrate dramatisch. Mitverantwortlich ist auch die bessere Bildung (der Frauen) bei steigendem Einkommen. Es müsste also das Ziel sein, die armen Länder reicher zu machen.
    Schon Lenin hatte erkannt, dass die Grundlage steigenden Wohlstands die Elektrifizierung des ganzen Landes ist.
    Ägypten ist auf einem guten Weg. Es werden zur Zeit Gaskraftwerke mit einer Leistung von 14400 MW installiert. Normalerweise unterstützt Deutschland solche Projekte nicht, weil zwar die Armut bekämpft wird, aber nicht der CO2-Ausstoss reduziert wird. Die Bundesregierung sicherte den Export mit Hermes-Bürgschaften ab, musste dabei jedoch Kritik einstecken. Der Hintergrund ist natürlich, dass die Kraftwerke aus Deutschland (Siemens) geliefert werden.

  8. das gesamte Elend der Flüchtlingspolitik, so der Titel
    ich fühle mich als einfacher Bürger seit einiger Zeit völlig überfordert in Bezug auf die Nachrichten. Ob das nun die deutsche Innenpolitik ist, mit Pegida und der AfD, oder die EU, mit ihren auseinanderstrebenden Kräften – sei es der mittlere Osten, Syrien Irak Afghanistan.
    Nun hat sich zu den ganzen Problemen auch noch die USA mit der Trump Administration dazu gesellt.

    Völlig erschüttert lege ich die Zeitung wieder zur Seite, es ist eine Rüstungsspirale in Gang gesetzt worden und die Hardliner haben immer mehr das Sagen.
    Machen wir uns doch nichts vor, es sind Kriegszeiten seit dem 11. September 2001.
    Unser Glück war das wir nicht im Irak mitgemacht haben !
    9/11 kann durch nichts entschuldigt werden ! Außerdem haben die Anhänger der Al Quaeda oder des IS in Europa auch schon massakriert, wie in Paris Berlin Brüssel Nizza.
    Ich komme dabei immer wieder zum selben Ergebnis.
    Wir sind zu klein als Nationalstaat um die Probleme der Welt lösen zu können.
    Die Nationalstaaten, die dagegen groß genug sind, wie die USA oder Russland, sind nicht daran interessiert, als Problemlöser zu agieren.

  9. (…)

    Auf die massenhafte Fluchtbewegung aus dem Süden muss gemeinsam reagiert werden. Möglich wäre es doch auch, das die Fluchtbewegung vom Süden her gewollt ist ? Um die EU zu destabilisieren ? Dabei ist man schon ziemlich weit vorangekommen. Deswegen muss genauso mit afrikanischen Staaten zusammengearbeitet werden, wie mit den anderen EU Mitgliedern. Man könnte einen runden Tisch einrichten, mit Vertretern afrikanischer Länder und mit der EU. Mauerfall als Vorbild.
    Ich darf einmal als Betroffener eines sehr gemischten Stadtviertels sagen, das es nun genug des Guten ist. Mit guten Willen lassen sich auch Probleme wie die massenhafte Flucht aus Afrika und dem mittleren Osten lösen. Deswegen meine Nostalgie zum Mauerfall. Würde zusammengearbeitet ließen sich auch große Probleme lösen.

  10. Zu Stefan Vollmershausen:

    „Das die Flüchtlingsursachen in den Heimatländern zu suchen sind, darüber besteht doch eigentlich kein Zweifel ?“

    Doch. Viele Fluchtursachen werden in den Industrieländern „produziert“. Wir mit unserem exorbitanten Energieverbrauch für teilweise völig überflüssige Dinge verursachen durch den Ausstoß von Treibhausgasen und anderen Schadstoffen Ernteprobleme in den armen Ländern. Dadurch verhungern Menschen (es ist alerdings auch ein Verteilungsproblem, denn trotz Dürren wird global genug Nahrung produziert, die Armen können sich das Essen nur nicht leisten). Dadurch entstehen Kriege (Verteilungskämpfe) wie der Krieg in Syrien (und die Vorstufe, der sympathische Arabische Frühling). Die Kriege werden mit den von uns hergestellten und verkauften Waffen geführt. Unsere Ernteüberschüsse werden subventioniert und in arme Länder exportiert, wo sie die heimische Landwirtschaft zerstören. Die arbeitslos gewordene und verarmte Landbevölkerung „fieht“ nach Europa bzw. in den „Westen“. Das ist nur ein kleiner Ausschnitt. Politiker, die die oben skizierte Politik verantworten, sind diejenigen, die Menschen aus ihren Heimatländern …vertreiben!

    Zu Herrn Flessner:

    „Ich halte die Bevölkerungszunahme für das Hauptproblem und z. B. den menschengemachten Anteil des Klimawandels nur für ein Folgeproblem.“

    Die Menschen in den nicht arm gemachten Ländern verbrauchen wesentlich mehr Energie. Ich habe die Zahlen nicht mehr genau im Kopf, aber ich meine, ein „zusätzlicher“ US-Amerikaner verbraucht so viel Energie wie 200 Nepalesen.

    Nichts desto trotz wäre es gut, wenn Menschen sich nicht gezwungen fühlen müßten, Kinder zu gebären, um im Alter versorgt zu sein. Gutes Geld für gute Arbeit und eine auskömmliche Sozialversicherung für alle wäre wichtig. Hättehättefahradkette.

  11. @ Henning Flessner

    Im Prinzip haben Sie ja recht. Nur beißt sich die Katze hier in den Schwanz. Je mehr Kinder, desto schwieriger die Verbesseung des Lebensstandards. Und ohne diese Verbesserung kein Rückgang der Geburtenzahlen.

  12. Es schreit danach, ein paar Fragen stellen zu dürfen, ohne gleich als Nazi, Menschenfeind, AfD’ler oder sonst als ein rechter Schädling beschimpft zu werden, der nicht unbedingt in allen Richtungen zur linken sozialpolitisch farbenfrohen Menschen- und Politrichtung gehört. Sehr zu beachten sind dabei auch die oben zitierten Ausführungen des Herrn Gehlen „es ist das Morgenland, das untergeht“ aus FR von Anfang des Jahres (siehe Link oben dazu). Dazu auch bitte eine Bemerkung zum Thema Bevölkerungsexplosion diverser Schreiber im Blog. (…). Sehr subtil, aber äußerst wirksam (dass aber gerade Frau Ernst als Menschenfreundin Geburtenkontrolle vorschlägt, finde ich sehr seltsam). Frage 1: wer kann mir sagen, warum von den derzeit ca. 30 Krisen/Kriegen/Bürgerkriegen weltweit mindestens 90% in den 57 Ländern mit islamischer Religion stattfinden oder (…) nicht auch Ursachen darstellen? Frage 2: wer kann mir sagen, warum die Menschen, die nach Europa, sprich im Wesentlichen nach Deutschland wollen, nicht in benachbarte Länder bzw. in Länder auswandern wollen, die ebenfalls diesem menschenverachtenden Glauben nachhängen, was auch keine Integrationsprobleme nach sich ziehen würde, da der Islam ja das Lebens-Credo ist (z.B.: Golfstaaten, Indonesien, Malaysia oder gar auf die Malediven???) – auf die Antworten bin ich gespannt; da bekommen sie kein Geld sondern in den Poppes getreten, weil man sie dort nicht haben will. Komisch – oder? Frage 3: nach Darstellung diverser öffentlicher und nichtöffentlicher Institutionen liegt der Anteil der „Wirtschaftsflüchtlinge“ vorsichtig geschätzt bei ca. zwischen 25 und 50%. Wenn das Asyl rechtfertigt, glaube ich ab sofort nicht mehr an die Idee der Menschenrechte. Frage 4: wer kann mir sagen, warum Menschen in ihrem Land, das sie vorgeben, so sehr zu lieben, dass sie hier eigentlich nur gezwungenermaßen sein müssen (!!!), nicht für bessere Zeiten kämpfen, wie es bei Revolutionen der letzten 250 Jahre in der schlimmen westlichen Welt und auch anderswo war. Dort waren auch die Menschen von den Adeligen „von Gottes Gnaden“ unterjocht, vergewaltigt, gefoltert und getötet worden; sie hatten auch nichts zu essen, waren krank, ungebildet und lebten ebenfalls unter jedweder Grenze des menschlich Zumutbaren – und wissen sie, was die gemacht hatten? Diese Menschen hatten unter unvorstellbaren Opfern die Menschenrechte erstritten, die die heutigen Menschen wegen jedem Pups nun in Anspruch nehmen. Sie hatten sich gewehrt und sind nicht einfach weggelaufen, weil es anderswo bequemer war (das sollten gerade die SPD – linkssoziallastigen sowie Sozialisten und Kommunisten aus der Geschichte der Revolution von 1917 und 1918 und der Zeit danach parat haben; mein Uronkel ist mit seiner Familie fast verhungert, weil er als Kommunist von den Nazis 1935 Berufsverbot als Lokomotivführer erhalten hatte; weil er für seine Idee, die, wie wir heute wissen, nicht so die Richtige war, gekämpft hatte, hat er und seine Familie 1945 überlebt). Aber er ist geblieben, weil es sein Land war und seine Freunde und Nachbarn und Verwandte etc. Und er ist in den Gefängnissen von den braunen Schergen fast zu Tode geprügelt worden – aber er hatte gekämpft und durchgehalten und ist nicht wegen ein paar Reichsmark z. B.: nach Schweden abgehauen, wo er es besser gehabt hätte. Und er ist als Kommunist gestorben, als ich vier Jahre alt war.

    (…) Passagen gelöscht, Anm. Bronski

  13. @ Ulrich Niewiem

    „… nach Darstellung diverser öffentlicher und nichtöffentlicher Institutionen liegt der Anteil der ‚Wirtschaftsflüchtlinge‘ vorsichtig geschätzt bei ca. zwischen 25 und 50%.“

    Geben Sie uns doch bitte die Chance, diese „Fakten“ zu überprüfen, indem Sie sie belegen. Irgendwo werden Sie diese Darstellungen diverser öffentlicher und nichtöffentlicher Institutionen ja gelesen haben; dann können Sie sicher auch einen Link beibringen.

  14. @Ulrich Niewiem
    Zu Ihren Fragen:
    1. Die historischen Ursachen von kriegerischen Auseinandersetzungen zu diskutieren, führt hier zu weit. Sie nur auf Religion zurückzuführen, ist sicher zu einseitig. Das Töten vieler Ureinwohner werden Sie wohl auch nicht als typisch für die christliche Religion bezeichnen.
    2. Die meisten Flüchtlinge halten sich in den Nachbarstaaten auf.
    3. Hier müssten Sie mit Belegen kommen.
    4. Die meisten Menschen bleiben ja in ihren Heimatländern. Auch in früheren Zeiten gab es schon Flüchtlinge, sonst hätten wir keine Lafontaines in Brandenburg.

  15. zu Ulrich Niewiem

    „Diese Menschen hatten unter unvorstellbaren Opfern die Menschenrechte erstritten, die die heutigen Menschen wegen jedem Pups nun in Anspruch nehmen.“

    Diese Befreiung des Abendlandes ist durch einen Weltkrieg entstanden mit Millionen von Opfern und Menschenleben. Das dritte Reich hatte es nicht so mit den Menschenrechten, die Überlebenden des Weltkriegs wollten daher die Menschenrechte in der zukünftigen Verfassung berücksichtigt sehen.
    Nach den ganzen Kriegsgräueln, die begangen worden waren, war das ein verständlicher Wunsch. Das ist siebzig Jahre her, die Zeiten haben sich gewandelt, aber die Verfassung ist noch in Grundzügen dieselbe. Millionen von Opfern haben die Weltkriege Deutschlands gefordert, aber nicht im Namen der Menschenrechte, sondern eher im Gegenteil, mit der Überhebung der eigenen Rasse. Menschenrechte erstritten zu haben, wie Ulrich Niewiem sagt, ist die romantische Verklärung eines Weltkriegs.

  16. Und genau unter diesem Eindruck eines Weltkriegs ist unsere Verfassung entstanden
    mit dem Artikel 16 a “ Politisch Verfolgte genießen Asylrecht “
    Genau das schafft heute die Probleme angesichts der Instabilität einer großen Anzahl von Staaten, deren Bevölkerungen sich durch Flucht in Bewegung setzen.
    Für alle Verfolgte dieser Welt haben wir in unserem Land einfach nicht den Platz.
    Es war auch sicher nicht von den Verfassungsvätern des Grundgesetzes so gedacht gewesen, Heim oder Ort, für eine spätere Masseneinwanderung zu werden.
    Das Asylrecht ist ein Individualrecht, den Einzelnen und seinen Status betreffend.
    Jeder Antrag auf Asyl wird einzeln geprüft. Bei über 100.000 Anträgen im Jahr fragt es sich doch, ob die Asylgesuche überhaupt noch unter den Artikel 16 a des Grundgesetzes fallen, oder ob es nicht tatsächlich Migranten oder Einwanderer sind, die hier arbeiten wollen.
    Einwanderer, die die wirtschaftliche Stabilität in der EU suchen, unter der Ausnutzung des Artikels 16a Grundgesetz.

    Meiner Meinung nach setzt sich die Migration aus drei Personengruppen zusammen.

    Einmal die individual politisch Verfolgten, einmal die staatenlose Flüchtlinge (nach dem UNHCR) und Einwanderer, die arbeiten wollen, um sich und ihre Familien durchzubringen.
    Dementsprechend sollte es auch rechtlich geregelt werden und eben nicht über ein individuales Asylrecht.

  17. @ Ulrich Niewiem

    Was finden Sie seltsam daran, wenn jemand im Interesse der Ärmsten der Welt für Geburtenkontrolle eintritt? Wenn Kinder bereits hier in Deutschland ein Armutsrisiko darstellen, wie viel mehr trifft das auf die sogenannte Dritte Welt zu. Deswegen muss es u.a. ein Ziel der Entwicklungshilfe sein, den Frauen und Familien Möglichkeiten zu vernünftiger Familienplanung zu eröffnen, und zwar im Interesse dieser Menschen selbst.

    Ergänzend zu Ihrer Frage 4: Der gesamte amerikanische Kontinent ist bevölkert von Menschen, die aus politischen oder religiösen Gründen verfolgt wurden oder auch vor Armut und Perspektivlosigkeit flohen, angefangen von den Pilgrim Fathers im 17. Jahrhundert über die vor der Willkür und Ausbeutung der Fürsten fliehenden Deutschen (schon in Schillers „Kabale und Liebe“ von 1783 wird darauf hingewiesen) bis zu den Verfolgten des Naziregimes und danach noch diverser Unrechtsregime in der ganzen Welt.

  18. @ Bronski
    Es ist mir nicht bekannt, auf welche Quelle sich Ulrich Niewiem stützt, wenn er behauptet, dass „nach Darstellung diverser öffentlicher und nichtöffentlicher Institutionen … der Anteil der ‚Wirtschaftsflüchtlinge‘ vorsichtig geschätzt bei ca. zwischen 25 und 50 %“ läge. Die Statistik des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (http://www.bamf.de/DE/Infothek/Statistiken/statistiken-node.html) spricht aber eindeutig gegen seine Behauptung. Sie weist 695.733 Personen aus, deren Anträge 2016 entschieden wurden. Davon sind 0,3 % als Asylberechtigte nach Art. 16a Grundgesetz anerkannt worden, 36,3 % haben Flüchtlingsschutz nach der Genfer Konvention und 22,1 % subsidiären Schutz (vor allem Bürgerkriegsflüchtlinge aus Syrien) erhalten. Bei 3,5 % hat das BAMF ein Abschiebeverbot ausgesprochen, 12,6 % der Anträge haben sich vor der Entscheidung erledigt (u.a. weil die Betroffenen ihre Anträge zurückgezogen haben oder bereits ausgereist sind). 25 % der Anträge wurden vom BAMF abgelehnt, wobei in dieser Zahl nicht die Personen enthalten sind, bei denen die BAMF-Entscheidung durch Verwaltungsgerichte noch korrigiert wird. Allerdings können nicht alle, denen Flüchtlingsschutz verwehrt wird, pauschal als „Wirtschaftsflüchtlinge“ eingestuft werden. Eine weitere Statistik des BAMF (zitiert von der Süddeutschen Zeitung vom 11.2.2017) weist beispielsweise für Asylsuchende aus Afghanistan (mit 127.892 Anträgen in 2016 die zweitgrößte Gruppe der Asylsuchenden nach syrischen Flüchtlingen) eine Schutzquote von „nur“ 55,8 %, weil diejenigen, die z.B. vor der Bedrohung durch Taliban fliehen, aber keine gezielt gegen sie persönlich gerichtete Todesdrohung glaubhaft machen können, als nicht „schutzwürdig“ eingestuft werden. Dazu zählen auch zahlreiche ehemalige einheimische Helfer der Bundeswehr oder deutscher Hilfsorganisationen. Noch vor Kurzem erhielt dieser Personenkreis durch die Ausländerämter Duldung, weil eine Rückkehr angesichts der prekären Sicherheitslage als unzumutbar galt. Erst nach der fragwürdigen „Neubewertung“ der Lage in Afghanistan sind Abschiebungen wieder möglich geworden, wobei meines Wissens auch in Bayern Familien mit Kindern sowie traumatisierte oder kranke Flüchtlinge weiterhin geduldet werden.
    Der Wanderungsmonitor des BAMF zeigt allerdings, dass die meisten Zuwanderer nach Deutschland nicht über das Asylrecht kommen, sondern legal als Arbeitssuchende, Studierende oder im Wege des Familiennachzugs, ohne von der Öffentlichkeit groß wahrgenommen zu werden.
    Nur noch eine Bemerkung zu den Ausführungen von Ulrich Niewiem: Da ich ihn nicht kenne, hüte ich mich, ihn als Mensch zu beurteilen (und schon gar nicht „gleich als Nazi, Menschenfeind, AfD’ler oder sonst als ein rechter Schädling“). Ich kann aber feststellen, dass seine Aussagen weniger von Fakten als von Vorurteilen geprägt sind. Zu den Punkten 1, 2 und 4 hat schon Hennig Flessner treffend geantwortet. Ich möchte nur noch nachtragen: Die Entscheidung seines kommunistischen Großvaters im Nazi-Deutschland zu bleiben, war sicher ehrenwert, egal ob sie von Mut getragen war oder daher herrührte, dass er seine Familie nicht verlassen wollte. Dies ist aber kein Grund, andere, die vor Verfolgung geflohen sind, zu schmähen, sie seien „wegen ein paar Reichsmark z. B.: nach Schweden abgehauen“.

  19. @ JaM / Ulrich Niewiem

    Zur Festellung von JaM des „von Vorurteilen geprägten“ Beitrags von Ulrich Niewiem:
    Dazu ist es nicht nötig, ihn persönlich zu kennen. Ausreichende Erkenntnisse ergeben sich bereits aus den Ausführungen selbst.
    Unter (3) schreibt er: „Wenn das Asyl rechtfertigt, glaube ich ab sofort nicht mehr an die Idee der Menschenrechte.“
    Unter (4) wirft der Flüchtlingen pauschal vor, „in ihrem Land (…) nicht für bessere Zeiten (zu) kämpfen“
    und hält ihnen das Ideal von Vorfahren der „westlichen Welt“ der „letzten 250 Jahre“ entgegen, die „unter unvorstellbaren Opfern die Menschenrechte erstritten“ hätten. (Wo er solche pauschalen Behauptungen eigentlich her hat, ist in diesem Zusammenhang unerheblich.)

    – Wie soll man seriös mit jemandem diskutieren können, der von anderen fordert, woran er selbst nicht glaubt, und 2 Sätze später nicht mehr weiß, was er davor geschrieben hat?

  20. Es ist klar, dass wir das Problem der Flüchtlinge und Asylanten in unserem Land nur durch intensive Integrationsbemühungen eingeschlossen eine erheblich verstärkte Bildungsoffensive bewältigen können. Doch was ist mit den Menschen, die erst auf dem Weg zu uns sind. Außer Abwehr ist uns bisher dazu keine auch nur ansatzweise vernünftige Lösung eingefallen.
    Vor einigen Monaten schon hatte ich über campact/we act unter der Überschrift ‚Eine Lösung der Flüchtlingsfrage‘ eine leider wenig beachtete Petition an unsere Bundesregierung gerichtet. Ich habe sie aufgefordert, in der EU mit bereitwilligen Mitgliedern und notfalls auch erst einmal allein in dazu bereiten ersten Auffangländern menschwürdige Lager zu finanzieren, einzurichten und zu organisieren. Dort könnten in einem zweiten Schritt EU- bzw. deutsche Bevollmächtigte bereits darüber entscheiden, ob Asyl gewährt werden kann und welches EU-Land sie bei einem positiven Bescheid aufnimmt. Libanon und Jordanien aber auch Tunesien und Marokko dürften Ihre Zustimmung zu derartigen Planungen geben, da es auch für diese völlig überforderten Länder den Druck der Flüchtlinge mindern würde. Es ist überdies ein Armutszeugnis, dass die EU und Deutschland vor allem es bisher nicht einmal fertiggebrach haben, die derzeitigen Hotspots in Italien und Griechenland menschenwürdig zu organisieren. Die geschilderten Vorschläge sind kostspielig und nicht leicht durchzusetzen, Sie sind aber in dieser oder ähnlicher Form für unsere eigene Zukunft lebensnotwendig. Wenn wir die Probleme nicht in den Ländern der Dritten Welt selbst angehen, werden sie uns in einigen Jahren in ganz anderen Dimensionen um die Ohren fliegen.
    In diesem Zusammenhang sollte deutlich werden, dass die EU-Kommission hier völlig versagt hat, weil sie weder tragbare Vorschläge gemacht noch keine Sanktionen für EU-Länder festgelegt hat, die keine Flüchtlinge aufnehmen wollen. Wenn es dagegen um EU-Staaten geht, die ihre nahezu unmöglichen Zahlungen im Interesse von Bankenrettungen nicht einhalten können, werden unter deutscher Führung sehr schnell harte Sanktionen beschlossen.
    Vergessen wir nicht: Durch die Waffenlieferungen der westlichen Welt in alle Regionen, die Vernichtung der Lebensgrundlagen und den Ressourcen-Raubbau in den Ländern der Dritten Welt tragen wir bekanntlich zu einem erheblichen Anteil bei zu den Gründen der Flüchtlingsbewegungen. Es ist bezeichnend für den derzeitigen Zustand der EU, dass Einigkeit nur darin besteht, noch mehr Polizei zu stellen (Stichwort Frontex), Zäune zu bauen, um unsere Grenzen zu schützen, und den Auffangländern Geld zu schicken, das mit Sicherheit in die falschen Kanäle fließt. Es wird auch kaum einen Flüchtling von einer Flucht abhalten.

  21. Vor allem das, was Hans-Jürgen Gratz im letzten Absatz sagt (Zäune und Waffen), ist überhaupt mit die größte Schizophrenie und Verlogenheit dieser deutschen und eurpopäischen Politik.
    Da fällt mir zu diesem allseits vorgesungenen Pathos der westlichen Wertegemeinschaft bald nichts mehr ein.

  22. @ Hans-Jürgen Gratz, 12. Februar 2017 um 23:41

    Volle Zustimmung zu Ihren Ausführungen und Forderungen!
    Vielleicht wäre auch klar zu stellen, dass die gegenwärtigen Strategien (Türkei- umnd Libyen-Vereinbarungen) selbst gegenüber der ursprünglichen Idee von europäischen „Hotspots“ durchaus fatale Rückschritte in Richtung auf nationalistische Forderungen nach Abschottung bedeuten, insbesondere Verantwortung wie auch die Kontrolle über menschenwürdige Bedingungen nach außen abschieben.
    Nun können schwerlich die von Ihnen zurecht beklagten fehlenden EU-Initiativen hier im Blog ersetzt werden:
    Was mir aber denkbar erscheint – und ich verstehe dies als Aufforderung an Bronski und die FR-Redaktion , ist Folgendes:
    Initiativen und Lösungen können nicht vom grünen Tisch erfolgen: Sie bedürfen der Erfahrung von Menschen, die direkt und vor Ort mit den betreffenden Menschen zu tun haben. Deren Einschätzungen in Lösungsvorschläge einfließen müssen. Ansatzweise war das zu Zeiten der „Flüchtlingseuphorie“ ja noch zu erkennen. Ist aber längst verdrängt worden und in den Hintergrund getreten.

    Also, liebe FR:
    Wie wäre es mit einer neuen Artikelreihe über Arbeit von Flüchtlingshelfern und Erkenntnissen daraus? Mit einer gezielten Aufforderung an diese, ihre Erfahrungen auszuwerten und der Öffentlichkeit – sowie der Politik – zur Verfügung zu stellen?

  23. Meine Frau ist so etwas wie eine „aktive Flüchtlingshelferin“. Sie arbeitet ehrenamtlich hier vor Ort in der Initiative „Sprachförderung für Flüchtlinge und Migranten“. Jetzt hat sich, leider, eine Situation ergeben, in welcher sie erfahren mußte, das eine junge Frau aus Somalia, mit der sie regelmäßig zu tun hatte, zwecks Unterricht, an offener TBC erkrankt ist. Wie gehen wir, und ich bin, indirekt, aufgrund einer vor Jahren festgestellten latenten Erkrankung, welche sich wiederum als Immunschwäche manifestieren könnte, damit um? Wir können doch schlecht alle Geflüchteten erst einmal in Quarantäne stecken, oder?

    Danke für Tipps.

  24. @Frau Ernst: Ganz genau: Bildung, insbesondere auch für die Mädchen, die immer noch häufig ausgeschlossen sind. KOstenloser Schulbesuch, medizinische Versorgung, gute Versorgung Schwangerer sowie das Recht auf legalen Schwangerschaftsabbruch – das könnte helfen. dazu die Beendigung ungerechter Handelsverträge, das Verbot von Waffenexporten sowie subventionierter Waren aus dem Euroraum….. So sehen Lösungswege aus!

  25. @ Henning Flessner: Danke für die Antwort, aber was Sie schrieben, wußten wir alles, und meine Frau hat auch bereits mit dem Gesundheitsamt telefoniert. Meine Frage bezog sich auf die meldepflichtige Tatsache bei Flüchtlingen, wenn eine solche Erkrankung festgestellt wurde, und den Umgang damit. Haben Sie darauf auch eine Antwort?

  26. @W. Fladung
    Ich sehe nicht, warum die Behandlung bei Flüchtlingen anders sein sollte als bei anderen Personen. Ich war zweimal in Kontakt mit Personen, die eine offene TB hatten. Ich musste jeweils zweimal bei Gesundheitsamt für eine Untersuchung erscheinen, kam aber selber nicht in Quarantäne. Ich würde auch in Ihrem Fall erwarten, dass die kranke Person isoliert wird und die anderen, die näheren Kontakt mit ihr hatten, beobachtet werden.
    Meine Fälle sind aber auch schon mehr als 20 Jahre her und die Medizin macht Fortschritte.

  27. @ Wolfgang Fladung

    Wir wollen das hier nicht zur medizinischen Beratungsstunde werden lassen. Daher möchte ich das Thema hier abschließen, aber vorher zur Klärung einen Beitrag leisten. Zunächst einmal wurde bei der Frau, wie Du geschrieben hast, Tuberkulose festgestellt, d.h. es wird eine ärztliche Untersuchung gegeben haben, in deren Folge die Erkrankung gemeldet worden sein dürfte. Die Frau dürfte jetzt in Behandlung sein.

    Asylsuchende haben sich in Deutschland einer verpflichtenden Gesundheitsuntersuchung (Link führt zu einem pdf des Wissenschaftlichen Dienstes des Deutschen Bundestages) zu unterziehen. Bei dieser Untersuchung hatte Eure Bekannte möglicherweise noch keine hinlänglichen Symptome. Tuberkulose gehört zu den Infektionskrankheiten mit unspezifischem Erscheinungsbild, d.h. es gibt Symptome wie Husten, die auch vielen anderen Krankheiten zugeordnet werden können und daher keine eindeutige Diagnose ermöglichen. Vielleicht hat die Frau sich die Infektion erst im Heim (falls sie mit anderen irgendwo untergebracht war) zugezogen, ebenso ist es möglich, dass die Infektion seit Jahren bei ihr schlummerte. Je nach Tuberkulosetyp ist sie auch deswegen schwer zu erkennen, weil Frühstadien häufig abgekapselt verlaufen.

    Eines kann ich Dir ziemlich sicher sagen: Es ist sehr unwahrscheinlich, dass Du Dich auf dem Umweg über Deine Frau infiziert hast. Um sich anzustecken, muss man das Aerosol einatmen, dass der/die Infizierte aushustet (Tröpfcheninfektion; das ist zumindest der häufigste Infektionsweg.) Aber auch hier kommt es darauf an, um welchen Tuberkulosetyp es geht. Bei einer Tuberkulose-Infektion dauert es normalerweise gehörige Zeit, bis in der Lunge offene Herde entstehen, die infektiösen Schleim absondern, der ausgehustet wird.

    Deine Frau dürfte einem höheren Risiko ausgesetzt gewesen sein, aber um das genau zu beurteilen, muss man viele Faktoren berücksichtigen, die sie vermutlich selbst nicht weiß, weil man darüber normalerweise nicht Buch führt: Hat die Infizierte gehustet? Wenn ja, hat sie in die Hand gehustet, in ein Tuch, in ihre Armbeuge? In welcher Entfernung von Deiner Frau? Haben Deine Frau und sie sich die Hände gegeben oder sich umarmt oder nacheinander Gegenstände berührt, nachdem die Infizierte (in die Hand?) gehustet hat? Fakt ist: Mit Infizierten ist ein normaler zwischenmenschlicher Umgang ungefährdet möglich, wenn man Standardhygiene betreibt (regelmäßiges Händewaschen usw.). Erst Schwerstinfizierte mit vollem Krankheitsbild, die viel husten, werden zur Gefahr für ihre Umgebung. Insofern würde ich mir tatsächlich erst mal keine Sorgen machen.

    Es ist leider nicht auszuschließen, dass Flüchtlinge ansteckende Krankheiten mitbringen. Im Zweifelsfall greifen die Bestimmungen des Seuchenschutzes, d.h. Betroffene werde in Quarantäne gesteckt. Eine weitaus größere Gefahr für die öffentliche Gesundheit geht meines Wissens von Tuberkuloseformen aus, die sich derzeit vor allem in Russland verbreiten, denn die sind resistent gegen die Antibiotika, die bei uns in der Therapie eingesetzt werden. Theoretisch können Touristen oder beispielsweise auch Russlanddeutsche, die Kontakte nach Russland pflegen, diese Tuberkuloseformen bei uns einschleppen; und in diesen Fällen gibt es keine vorgeschriebene ärztliche Einreiseuntersuchung.

    Ich hoffe, ich konnte ein wenig helfen. Ich bin zwar kein Arzt, aber ich habe im Zuge der Recherche zu meinen „Virenkrieg“-Romanen viel über Infektionskrankheiten gelesen und gelernt und denke daher, dass Dir und Deiner Frau nichts passieren wird bzw. passiert ist.

    Und nun bitte zurück zum Thema.

  28. Hallo Lutz,

    danke für Deine ausführliche Antwort. Ich bin jetzt beruhigt. Eine Dame vom Gesundheitsamt in Limburg, mit welcher meine Frau ein ausführliches Telefonat hatte, hat dies so ähnlich wie Du formuliert: unwahrscheinlich, das sich meine Frau infiziert hat und noch unwahrscheinlicher, das sie mich infiziert haben könnte. Außerdem scheint sich der Ehemann der Somalierin nicht angestecktzu haben. Diese wird inzwischen im Krankenhaus behandelt. Ich war halt wegen meiner MGuS ängstlich.

    Gerne zurück zum Thema, zu welchem ich alles gesagt habe.

  29. Nach der FRONTAL 21 Sendung heute abend sind mir doch einige Gedanken gekommen, welche womöglich mich in eine Fascho-Ecke rücken könnten. Warum hauen Menschen ab, aus ihrer Heimat, aus Jux und Dollerei? Sind die Bürgerkriege, die Cliquen führen, um schnellstens an die Geldtröge zu kommen, die einzige Ursache? Wie sieht es denn mit der Überbevölkerung aus, in Afrika z.B., wo sich die Bevölkerung binnen einer Generation verdoppeln wird? Wer nimmt alle die Mühseligen und Beladenen auf, wir hier in Europa? Und wer trägt dafür die Kosten, die Reichen und Superreichen? Wird diese Völkerwanderung nicht zu gewaltigen Verwerfungen führen, in Schulen, Ausbildung, in den Berufen, wo dann die „Neuen“ sich gegenseitig unterbietend, und auch unsere sozialen Standards unterbietend, um Jobs raufen? Und damit dann auch unsere Standards mittelfristig senken werden, weil eben dies gelebter Kapitalismus ist?

    Warum gibt es so viele Kinder, dort und bei den geflüchteten hier? Stirbt die Hoffnung zuletzt, das alle diese Nachkommen irgendwann eine gute Schule, Ausbildung und dann einen Job haben? Alle träumen von Familiengründung, aber wer zahlt?

    Inzwischen überlege ich mir, so wie viele Trump-Wähler in den USA vielleicht, ob ich vielleicht doch mein Kreuz bei den nächsten Wahlen bei der AfD mache. Aus Hilflosigkeit heraus, aber auch, weil ich das Hochziehen von Zäunen kurzfristig besser finde als das mühselige langfristige Suchen nach Lösungen. Und ich fürchte, wir haben keine Zeit mehr dafür.

    In unserer Kleinstadt macht sich schleichend Armut und Leerstand breit. Wenn ich durch die Hauptstraßen gehe, sehe ich immer mehr Billigläden und herunter gelassene Läden, und bröckelnden Putz. Alles paletti? Und ich sehe den Müll rund um die Altglas-Container, und in den Wiesen, und beim Spazierengehen unterwegs. War früher nicht so. Diese Gesellschaft vermüllt, an Körper, Geist und Seele.

    Widerspruch?

  30. @W. Fladung
    Sie sprechen mit der Armutsmigration ein gewichtiges Problem an. Nur ist es momentan nicht opportun, darüber zu sprechen.
    Es gab mal Zeiten, da galt die Bevölkerungsexplosion als grösstes Problem. Heute spricht kaum jemand mehr darüber, weil ein anderes Problem in den Vordergrund geschoben wurde (an dem man nebenbei auch viel mehr verdienen kann). Es bringt nichts, darüber zu diskutieren, warum arme Menschen viele Kinder haben. Es ist eine empirisch gut belegte Tatsache. Sobald jedoch ein gewisses Einkommensniveau erreicht ist, beginnt die Bevölkerung zu schrumpfen und zwar umso mehr je patriarchalischer eine Gesellschaft ist. Es muss daher das Ziel sein, den Wohlstand in den ärmsten Ländern zu erhöhen. Zäune oder Mauern haben langfristig bisher nie funktioniert.
    Wir glauben zwar gerne, dass unser Wohlstand in unseren Fleiß, unserer Findigkeit und Zuverlässigkeit begründet ist. In Wirklichkeit ist die Grundlage unseres Wohlstandes die Verfügbarkeit von billiger Energie.
    Die Länder brauchen möglichst schnell billige Energie und das lässt sich in den meisten Ländern am einfachsten mit Kohlekraftwerken (oder Nuklearkraftwerken) machen. Nur wenn Sie so etwas machen wollen, haben Sie die gesamte Presse, die weltgrößten Lobby-Organisationen und vielleicht sogar den Papst gegen sich.
    Denn man hält heute den Klimawandel für eine grössere Gefahr als die Überbevölkerung.

    Wieso es in einem hochentwickelten Land wie Deutschland unmöglich ist, neben den Glascontainern noch einen Mülleimer aufzustellen, erschließt sich mir auch nicht.

  31. Bitte keine AfD! Bitte keine Trump-Wähler verstehen wollen! Das Gefühl von Hilflosigkeit und Ohnmacht kann auch klüger machen. Der Hoffnung beraubt, dennoch nicht verzweifeln (Camus). Das hilft.
    Gerade, weil nicht alles paletti in der Gesellschaft ist, schlagen wir uns hier doch manche Stunden um die Ohren. Also, lieber Herr Fladung, jetzt mache ich mal etwas Mut, obwohl ich alles andere als der geborene Muntermacher bin.

  32. @ Wolfgang Fladung

    Die AfD zu wählen, wäre ja nun die schlechteste Lösung überhaupt. Versuche, Europa gegen Zuwanderung aus Asien und Afrika abzuschotten (wenn man das denn für nötig hält), finden wir doch bei der Regierungskoalition zu Genüge. Dass da eine Mauer der praktikabelste Weg wäre, wage ich zu bezweifeln. Bisher hat Donald Trump die in Richtung Mexiko noch nicht gebaut.
    Und dass die AfD durch ihre Politik die Kluft zwischen Arm und Reich in Deutschland noch vergrößern würde, haben wir doch hier im Blog schon mehrfach festgestellt (s. deren Parteiprogramm). Und das, so glaubte ich, war doch immer eines Ihrer Hauptanliegen, Herr Fladung.

    @ Henning Flessner

    In einigen Punkten stimme ich Ihnen zu. nur drei Fragen:
    1. Was hat der Bevölkerungsrückgang mit patriarchalischen Gesellschaften zu tun? Und woher kennt man den Zusammenhang angesichts der Tatsache, dass alle Gesellschaften mit einem gewissen Einkommensniveau patriarchalisch sind?

    2. Warum muss es Kohle oder Atomstrom sein? Böte sich in den Ländern mit hoher Sonneneinstrahlung nicht eher Sonnenenergie an?

    3. Was wollen Sie mit Ihrem letzten Satz ausdrücken? Ich habe seinen Sinn nicht verstanden.

  33. @Brigitte Ernst
    Forscher, die sich mit der Bevölkerungsentwicklung beschäftigen, haben festgestellt, dass, wenn es zum einem Rückgang der Geburtenrate kommt, dieser umso stärker ist je patriarchalischer eine Gesellschaft ist. Deshalb ist der Geburtenrückgang in Italien grösser als in Schweden. Man erklärt dies mit der geringeren Vereinbarkeit von Familie und Beruf.
    Sonnenstrom ist so unzuverlässig, dass nicht mal unsere Ökostromanbieter ihn haben wollen. Damit mit kann man keine zuverlässige Stromversorgung betreiben. Selbst in Deutschland kann es bei einem Blackout Stunden (oder vielleicht sogar Tage) dauern, bis Sie wieder Strom haben. Eine Energieversorgung auf der Basis von Sonnenenergie bedeutet einen Blackout jede Nacht.
    Herr Fladung erwähnte den Müll rund um den Müllcontainer.

  34. Danke für die Antworten. Ja, da müßte ich wirklich verzweifelt und jenseits jeder HOffnung sein, um mein Kreuz bei der AfD zu machen, und dann abends mit dem Höcke vielleicht noch einen trinken gehen?
    Es ist nur so, das ich als politischer Mensch immer skeptischer gegenüber positiveren Veränderungen bin. Schulz-Fans werden jetzt ihre Hoffnung auf diesen neuen SPD-Messias richten, aber wenn ich mir dann die Aussagen von Oppermann zu Libyen und Tunesien als Zwischenetappen vieler aus Afrika Flüchtenden anschaue, kann ich nicht allzu große Unterschiede zu den Aussagen der AfD entdecken.

    Im Kern lauten die doch alle: Zäune hoch, noch mehr Elends-Lager, bleibt uns vom Hals und gefälligst da, wo der Pfeffer wächst. Energieversorgung ist nur ein Teil einer Lösung, und dann mit Solar-, Wind- und Wasserkraft – wir haben schon genügend unsichere AKWs an unseren Grenzen zu Belgien und Frankreich.

    Um das Elend der Migranten (und die sind mehrheitlich, nicht Asylanten) zu lindern, müßten wir eben bereit sein, mehr abzugeben. Nur wird dieses „Abgeben“ dann von den Falschen verlangt, von all denen, die schon seit mehr als zwei Jahrzehnten „abgegeben“ haben, nämlich an die oberen 10%. Es bedürfte also einer Kombination einer gerechten Steuer- und Abgabenpolitik bei uns mit einer Schaffung von mehr Oasen (aber nicht Steuer-) und bescheidenen Wohlstands-Grünflächen (nicht nur) in Afrika. Schließlich, wer haut schon gerne ab, wenn es zuhause nicht unerträglich wird.

    Und profitieren tun vom Elend auch all die Schlepper, Nepper, Bauernfänger, die goldene Berge hinterm Horizont bzw. überm Mittelmeer versprechen. Und die Geflüchteten merken dann, das auch bei uns nur mit Wasser gekocht wird.

  35. @ Henning Flessner: Solarenergie packt es natürlich nur im Verbund. Und es bedarf für diesen Verbund nicht nur an Leitungen, sondern auch an Speichertechnologien.

  36. @W. Fladung
    Ich hatte vor zwei Jahren ein längeres Abendessen mit einigen Leuten aus Subsahara-Afrika. Es ging auch um Energieversorgung. Ein Europäer meinte, dass sie doch nicht die gleichen Fehler machen sollten wie wir, also zum Beispiel in erneuerbare Energien investieren. Ein Afrikaner antworte, dass man ihm die Antwort nicht übelnehmen sollte, aber bei seinen Landsleuten komme das so an, dass der Kolonialherr es wie immer besser weiss als der dumme Afrikaner.

  37. „Forscher, die sich mit der Bevölkerungsentwicklung beschäftigen, haben festgestellt, dass, wenn es zum einem Rückgang der Geburtenrate kommt, dieser umso stärker ist je patriarchalischer eine Gesellschaft ist. Deshalb ist der Geburtenrückgang in Italien grösser als in Schweden. Man erklärt dies mit der geringeren Vereinbarkeit von Familie und Beruf.“ (Henning Flessner)
    @ Henning Flessner
    Der von Ihnen behauptete Zusammenhang irritiert etwas: Das Patriarchat ist normalerweise an Konservativismus und Religösität gebunden, beides Parameter, die sehr klar mit einer höheren Geburtenrate korrelieren, siehe z.B. hier:
    http://www.uni-marburg.de/fb03/ivk/mjr/pdfs/2006/articles/blume_germ2006.pdf
    Was damit höchstens negativ zusammenhängt, ist Vereinbarkeit von Familie und Beruf: Je patriarchalischer eine Gesellschaft, desto eindeutiger die Geschlechtsrollen und damit die Rolle der Frau als Hausfrau und Mutter, die gar nicht mit einem Berufsleben kollidiert. Die Zusammenhänge sind etwas komplizierter und auch nicht unbedingt immer linear. Zwei gut lesbare Zusammenfassungen aus journalistischer Feder finden Sie hier:
    http://www.stuttgarter-zeitung.de/inhalt.was-hat-einfluss-auf-die-geburtenrate-seid-fruchtbar-und-mehret-euch.5db4484a-04f1-4dca-a0e0-5b3f7f9a3bf5.html
    http://www.zeit.de/2014/07/szenario-schrumpfende-weltbevoelkerung/komplettansicht

  38. Herr Flessner schreibt:

    “ In Wirklichkeit ist die Grundlage unseres Wohlstandes die Verfügbarkeit von billiger Energie.
    Die Länder brauchen möglichst schnell billige Energie und das lässt sich in den meisten Ländern am einfachsten mit Kohlekraftwerken (oder Nuklearkraftwerken) machen. Nur wenn Sie so etwas machen wollen, haben Sie die gesamte Presse, die weltgrößten Lobby-Organisationen und vielleicht sogar den Papst gegen sich.
    Denn man hält heute den Klimawandel für eine grössere Gefahr als die Überbevölkerung.“

    Wieviel Energie braucht man für ein menschenwürdiges Leben? In welcher Form?

    Gibt es keine menschengemachte Klimaerwärmung? Keine durch eine Klimaerwärmung verursachte Häufung von katastrophalen Wetterereignissen? Keine Klima-Flüchtlinge? Keine dadurch verursachte Dürre? Hunger? Krieg? Keine „Zunahme“ von Klimaflüchtlingen in der Zukunft? Kohlestrom ist billig, auch wenn man alle Folgekosten einrechnet (Luftschadstoffe, CO2-so man an den durch CO2 verursachten Treibhauseffekt „glaubt“)? Atomkraftwerke sind sicher? Was ist mit Fukushima? Tschernobyl? Wie leicht und schnell und billig kann man so ein Atomkraftwerk hochziehen? Und Kohlekraftwerke? Und Windkraftwerke? Photovoltaik? Stromspeicher (derer es verschiedene Arten gibt)? Ist Sonnenenergie nur Photovoltaik? Woher kommt der Wind? Die Gezeiten? Fließt Wasser immer nur den Berg runter, ggf. durch Wasserkraftwerke angezapft? Woher kommt denn dieses Wasser? Durch Wolken? Wo kommen die her? Sonne?

    Zur „Bevölkerungsexplosion“ (in dieser Kombination ein menschenverachtender Begriff): Wieviele „durchschnittliche“ US-Amerikaner oder Deutsche verbrauchen soviel Energie und erzeugen so viele Schadstoffe wie ein „durchschnittlicher“ Inder oder Eritreer? Eins zu eins? Wieviele Menschen kann dieser Planet „ertragen“, wenn alle Menschen soviel umgerechnet Atom- und Kohlestrom verbrauchen würden wie ein durchschnittlicher Sudanese. Und wieviele, wenn alle Saudis wären?

    Ist ja klasse! Kann ich gar nicht glauben! Könnte sein, daß Sie neben dem Papst auch mich gegen sich haben. Als Privat-Lobbyist. Und …Sie wissen ja, wie das in Ostfriesland ist, hier ist kaum einer Papst oder katholisch. Also Protestler und (unwichtig) Protestant.

  39. @ Henning Flessner

    Der Afrikaner, mit dem Sie zu Abend gegessen haben, scheint mir ein rechter Spaßvogel zu sein.
    Möchte er wirklich, dass die (ehemaligen) Kolonialherren sich nicht mehr einmischen, keine Entwicklungshilfe mehr gewähren und keine Entwicklungshelfer mehr schicken? Dann müsste er nur noch gewährleisten, dass seine Landsleute in ihrem Land bleiben, und allen wäre geholfen.

  40. @Frank Wohlgemuth
    Ich wollte mit der Formulierung „umso …desto“ keinen linearen Zusammenhang ausdrücken. Vielleicht habe ich mich falsch ausgedrückt, aber auch bei einem exponentiellen Verhalten würde ich „umso… desto“ schreiben.
    Ich wollte mit meiner Bemerkung nur dem Einwand, dass die Geburtenrate eine Funktion der Religion ist, vorbeugen. (Einer meiner Lehrer sagte mal über seinen Kollegen: „Vier Kinder! Kein Wunder, Katholik!“)
    Die Arbeit der Marburger Theologen hat mich nicht ganz überzeugt. Die Effekte sind nicht sehr groß und es fehlen Angaben über die Fehlerrate. Bei der geringen Anzahl der Befragten, ist ein Fehlen der statistischen Schwankungsrate, ein grober Fehler. Die Religion ist sicherlich nicht der wichtigste Faktor bei der Geburtenrate. Wenn die Geburtenrate in Bangladesch von 6.6 auf 2.3 und im Iran von 7 auf 1.8 gefallen ist, lässt sich das wohl schwerlich mit abnehmender Religiosität erklären.
    Der Artikel aus der Zeit überzeugt mich. Es spricht doch vieles dafür, dass die Geburtenrate mit dem Wohlstand korreliert und die Entwicklung zum Wohlstand hängt nach meiner Meinung von der Verfügbarkeit von billiger Energie ab.

  41. @Brigitte Ernst
    Der Herr kam aus Ghana und die deutsche Entwicklungshilfe beträgt (wenn ich die Zahlen richtig interpretiert habe) 1 Euro pro Jahr und Einwohner. Damit kommt man auch in Ghana nicht weit.

  42. @Michael Lübbers
    Ich hoffe Sie verzeihen mir, wenn ich nicht alle Ihre 29 Fragen beantworte. Das würde doch für die meisten Leser zu ermüdend sein.
    Ich habe den Eindruck, dass Sie sagen wollen, dass die Menschen in den armen Ländern aus Klimaschutzgründen leider arm bleiben müssen? Dann dürfen Sie sich auch nicht wundern, wenn die Menschen dann versuchen, hierher zu kommen.
    Mit der Windenergie werden Sie in den armen Ländern nicht immer weit kommen, denn viele liegen in Gebieten, in denen fast nur Windstille herrscht (Rossbreiten, Kalmengürtel).
    Warum helfen wir den armen Ländern nicht mit Geld und lassen Sie selber entscheiden. Das sind keine Kinder, die wir an die Hand nehmen müssen.
    Ägypten hat sich für deutsche Gasturbinenkraftwerke entschieden, die in 3 Jahren gebaut wurden bzw. werden und etwa so viel Strom erzeugen werden, wie alle deutschen Windturbinen und Solaranlagen, die wir in den letzten 20 Jahren installiert haben.
    Sie haben natürlich Recht, dass man mit dem, was ich vorschlage (die Idee stammt ursprünglich natürlich nicht von mir), den Klimawandel nicht stoppen kann. Aber um Menschen von Armut zu befreien, würde ich es in Kauf nehmen.

  43. @ Henning Flessner

    Ich gehe davon aus, dass die eine oder andere NGO auch in Ghana tätig ist. Diese werden ja auch vorwiegend von Bürgern aus den ehemaligen Kolonialstaaten finanziert.

  44. Hallo Herr Bronski; habe nachzuliefern, konnte jedoch nicht früher, da Aufenthalt im Krankenhaus; Gesundheit geht vor, sorry.

    Meine Aussagen stützen sich im Wesentlichen auf das Bamf bzw. das statistische Bundesamt sowie einige andere. Sie haben Recht, wenn Sie sagen, dass keiner von Wirtschaftsflüchtlingen spricht. Das darf man ja heute nicht mehr, weil „political incorrect“, selbst, wenn es der Wahrheit entspricht. Mit anderen Worten sagt das auch die UNO Flüchtllingshilfe.

    Beachtenswert sind auch die Zahlen der nicht akzeptierten Anträge, die bei 37,6 % liegen (62,4 % genehmigt. Da lag ich mit meinen Zahlen moderat in der Mitte). Zitat statistisches Bundesamt, ….“Aus diesen Entscheidungen, z.B. Rechtsstellung als Flüchtling, Anerkennung als Asylberechtigte/-r oder Gewährung von subsidiärem Schutz, können Verfolgungsgründe und damit teilweise Fluchtgründe abgeleitet werden. Und das hatte ich getan. Siehe u.a. hier.

    Auch eine andere Frankfurter Adresse wagt es „ganz zart“, auf solche Gedanken zu kommen (aber das ist auch nur die Nr. 2 hinter der FR und damit auch nur teilweise relevant!!) . Ganz nebenbei wurde ja auch im Blog auf die sehr informative Frontal21-Sendung verwiesen, die u.a. diese Situationen thematisiert hatte – wohl nicht zur Freude einiger Blogteilnehmer. Und ich hatte mir angemaßt, einfach diese aktuellen Zahlen aus Dezember 2016 zu nehmen meine Meinung zu untermauern (bin ich froh, dass ich dieser politcal correctness sprachlichen Verbiegerei nicht folgen muss).

    Außerdem: Deutschland „Lücke im System“ Polizist warnt vor vielfachem Sozialbetrug durch Asylbewerber sowie FR vom 7.2.2017 Sowie FR vom 7.2.2017 Seite 5 sowie auch FAZ zum gleichen Thema, wobei die eine von 7, die andere von 12 spricht (sind das Zahlendreher oder hat die braune Soße die Artikel nicht richtig gelesen; wäre für die doch wieder eine Aktion zum Thema Lügenpresse – oder?). Oder FR vom 10.2.2017 Seite 4 unten (unsere Bundesberliner scheinen doch auch schon etwas gemerkt zu haben – ist ja auch erst 18 Monate her seit Beginn des großen Runs). Die Dänen haben es auch gemerkt und agieren (FR a.a.O. Artikel darüber). Und: „Wenn sich am Verfahren nichts ändert, werden Ende 2017 rund 450.000 ausreisepflichtige Menschen in Deutschland leben“, sagte der Hauptgeschäftsführer des Städte- und Gemeindebundes, Gerd Landsberg, der in Düsseldorf erscheinenden „Rheinischen Post“. Siehe auch einige TV Sender zum Thema Asyl wie z.B.: NDR, SAT1 etc.
    Und jetzt Schluss mit den Erklärungen, die nicht hätten sein müssen, wenn man sich auf der anderen Seite ein wenig bemüht und selbst recherchiert hätte.

    Eins muss ich noch loswerden: Schutz wegen „Religion“ halte ich in diesem Fall für einen Treppenwitz (außer wenn andere von den Koraneiferern z. B.: Jesiden, Christen usw. verfolgt und getötet werden). Sollten sich Mitglieder der einzelnen Islam-Sekten nicht endlich einmal darauf verständigen, dass sie alle einem Gott, einem Propheten nachrennen und sich wegen dessen Nachfolger sich seit 1375 Jahren die Schädel einschlagen (das haben selbst die sturen Iren vor Kurzem gemerkt und nun scheint es ja zu funktionieren). Siehe u.a. Religion und Moderne
    Der Islam ist nicht mehr Weltreligion, sondern Sekte“ Bewahre uns der Himmel alle davor, wenn der Kalif von Ankara sich durchsetzt, was sehr wahrscheinlich erscheint und die halbwegs normalen Türken sich vor den Religionsfaschisten nach Europa in Sicherheit bringen! Dann kann der Sozialminister hier aber die Tresore aufmachen – das steht fest.

  45. @ Ulrich Niewiem

    „Sie haben Recht, wenn Sie sagen, dass keiner von Wirtschaftsflüchtlingen spricht. Das darf man ja heute nicht mehr, weil „political incorrect“, selbst, wenn es der Wahrheit entspricht.“

    Genau. Darum taucht dieses Wort — „Wirtschaftsflüchtlinge“ — auch in Ihrem Kommentar nicht auf bzw. wird hier nicht veröffentlicht bzw. von mir unterdrückt, nicht wahr? Hören Sie doch bitte auf mit Unterstellungen derart, es sei wegen politischer Korrektheit verboten, dies oder das zu behaupten. Sie befinden sich hier nicht in einer Opferrolle, sondern Sie sind Ankläger.

    Der Link zur UNO-Flüchtlingshilfe ist übrigens wenig hilfreich. Wo spricht die Flüchtlingshilfe von „Wirtschaftsflüchtlingen“? Dasselbe gilt für den Link zu Destatis. Warum verlinken Sie nicht direkt die Statistiken? Auch pdfs lassen sich verlinken.

    „Und jetzt Schluss mit den Erklärungen, die nicht hätten sein müssen, wenn man sich auf der anderen Seite ein wenig bemüht und selbst recherchiert hätte.“

    Sie sind derjenige, der diese Thesen hier hereinträgt; also dürfen Sie die Belege dafür auch gleich mit beisteuern. Das ist nicht nur freundlich von Ihnen, sondern auch eine Kleinigkeit für Sie, da Sie diese Zahlen, auf die Sie sich beziehen, ja bereits gelesen haben und kennen, während alle anderen sie sich mühsam zusammensuchen müssen.

    Ich verlinke hier die Statistik „Aktuelle Zahlen zu Asyl“ des BAMF für 12/2016, damit alle dieselbe Diskussionsbasis haben. Achtung, das pdf ist fast ein MB groß. Meines Erachtens geht daraus nicht hervor, wie viele „Wirtschaftsflüchtlinge“ unter den Flüchtlingen sind oder waren. Mit diesem Punkt hat sich schon JaM am 12. Februar um 0:05 Uhr auseinandergesetzt, auf dessen Kommentar ich Sie gern hinweisen möchte.

    Um der Gefahr vorzubeugen, dass hier aneinander vorbeigeredet wird, halte ich es für nötig, als nächstes und zuallererst mal zu definieren, was ein „Wirtschaftsflüchtling“ überhaupt ist. Ich bin gespannt. Herr Niewiem, bitte sehr!

  46. Der Link auf die UNO-Flüchtlingshilfe war mich schon hilfreich, weil dort definiert wird, wer Flüchtling ist.
    Was ist ein Wirtschaftsflüchtling? Ich?!
    Ende der 80er erwarb eine schweizerische Firma die Aktienmehrheit an meinem Arbeitgeber. In einer Krisensituation entschied man sich 1996 den lukrativen Anteil des Geschäftes in die Schweiz zu verschieben. Damit war meine Arbeit weg und mein Arbeitsplatz hochgradig gefährdet und ich erwartete eine Verschlechterung meiner wirtschaftlichen Situation.
    Da ich in der Schweiz einen Arbeitsplatz kriegen konnte und in der Schweiz für einen Junggesellen die Verdienstmöglichkeiten erheblich besser waren, bin ich in die Schweiz «geflüchtet». Ich habe Deutschland aus rein wirtschaftlichen Gründen verlassen und mich durchaus als Wirtschaftsflüchtling gesehen. Ohne den Verlust der Arbeit wäre ich niemals in die Schweiz gegangen und habe mich daher auch niemals als Auswanderer gefühlt. Auswanderer wollen in der Regel bleiben. Das wollte ich nicht.

  47. @ Ulrich Niewiem/Bronski
    Eine legale (juristische) Definition eines „Wirtschaftsflüchtlings“ gibt es nicht. Die Genfer Flüchtlingskonvention und der Asylartikel des Grundgesetzes legen fest, wer schutzwürdiger Flüchtling ist. Über diejenigen, die die Kriterien für die Gewährung des Flüchtlingsschutzes nicht erfüllen, besagen diese rechtlichen Regelungen nichts, außer dass Deutschland nicht verpflichtet ist, ihnen Aufnahme zu gewähren. Durch das enge, weitgehend auf die staatliche Verfolgung ausgelegte Raster der Schutzkriterien fallen aber nicht nur „Wirtschaftsflüchtlinge“ durch, sondern z.B. auch – wie ich bereits geschrieben habe – Menschen , die vor der allgemeinen Bedrohung durch die nichtstaatlichen Akteure (wie Taliban oder Boko Haram) geflüchtet oder vom Staat nicht geschützte Opfer von ethnischen bzw. interfamiliären Konflikten sind.

    Unzweifelhaft begibt sich ein Teil der Flüchtlinge auf den gefährlichen Weg, weil sie sich in Europa ein gesichertes Einkommen versprechen, auf das sie in ihrer Heimat keine Aussicht haben. Dies ist moralisch nichts verwerfliches, wie die häufig abwertende Verwendung des Begriffs „Wirtschaftsflüchtling“ suggeriert. Es ist das gültige Recht, dass nicht anerkannte Asylbewerber Deutschland wieder verlassen müssen, sofern es keine Abschiebehindernisse gibt. Sicher kann man darüber diskutieren, wie konsequent dieses Recht durchgesetzt werden kann. Gegenüber den Balkan-Flüchtlingen, die vor der großen Flüchtlingswelle des Sommers 2015 die größte Gruppe der Asylbewerber gebildet haben, wurde die Abschiebung ziemlich rigoros durchgesetzt. Es ist allerdings fraglich, wem die Abschiebung von Menschen nutzt, die sich nach einem mehrjährigen legalen Aufenthalt in Deutschland gut in die Gesellschaft und in den Arbeitsmarkt integriert haben.

    Unabhängig vom Umgang mit „Wirtschaftsflüchtlingen“ bleibt der Anspruch der schutzberechtigten Flüchtlinge auf Aufnahme bestehen, die laut der BAMF-Statistik die große Mehrheit der Antragssteller ausmachen.

  48. @ Henning Flessner

    Sie waren schon deshalb kein Wirtschaftsflüchtling, weil Sie auf ein Jobangebot reagiert haben und diese Arbeitsstelle auch auf normalem Weg bekommen haben. Wenn jemand aus einem Nicht-EU-Land dies tut, dürfte doch niemand etwas dagegen haben. Diese Einwanderungsmöglichkeit müsste durch ein Einwanderungsgesetz geregelt werden.
    Ein Problem bereiten doch nur diejenigen, die eben keine Arbeitsmöglichkeit finden.

  49. @ JaM, 17. Februar 2017 um 23:11

    Auf einen Scheinbegriff wie „Wirtschaftsflüchtlinge“, der dem alleinigen Zweck der Polemik dient, noch weiter einzugehen, halte ich ebenso wenig für sinnvoll wie Sie.
    Von Interesse wäre allerdings, das Verhältnis von Intention der Abschiebungen und realer Praxis näher zu beleuchten.
    Dass auch Abschiebungen nicht asylberechtigter Bewerber in „sichere Herkunftsländer“ notwendig sind, wird kaum jemand bestreiten. Sie weisen aber auch zurecht darauf hin, dass in der Praxis oft Menschen betroffen sind, „die sich nach einem mehrjährigen legalen Aufenthalt in Deutschland gut in die Gesellschaft und in den Arbeitsmarkt integriert haben“.
    Ein Hinweis darauf, dass auch richtige Intentionen fatale Folgen zeitigen können, eine juristisch und menschlich „einwandfreie“ Lösung also kaum möglich ist.
    Sind Ihnen Dokumentationen über das Ausmaß solcher Härtefälle bekannt? Halten Sie, ausgehend von der Praxis, es für möglich, durch sinnvolle Ergänzungen (etwa auf der Ebene von Durchführungsbestimmungen auf Verwaltungsebene) das Ausmaß solcher Härtefälle zu reduzieren?

  50. @ Brigitte Ernst
    „Ein Problem bereiten doch nur diejenigen, die eben keine Arbeitsmöglichkeit finden.“

    Diesen pragmatischen Ansatz kennt das deutsche Asylrecht leider nicht. Wer Asyl oder Flüchtlingsschutz beantragt, kann nur über diese „Schiene“ einen Aufenthaltstitel erhalten. Auch wenn ein Flüchtling einen Arbeitsplatz finden, Steuern zahlt, sich selbst und seine Familie versorgen kann, die Sozialkassen nicht belastet, sondern füllt, wird er ausreisepflichtig, sofern in dem oft langwierigen Verfahren sein Antrag abgelehnt wird.

    @ Werner Engelmann
    Statistische Zahlen zu Abschiebungen von in Bildung und Arbeitsmarkt sowie unsere Gesellschaft integrierten abgelehnten Asylbewerbern sind mir nicht bekannt, aber zahlreiche „Einzelfälle“, über die immer wieder in den Medien berichtet wird. Man kann auch immer wieder lesen, dass sich Arbeitskollegen, Mitschüler oder Nachbarn gegen solche Abschiebung engagieren. Auch bei denen, die Schutz um Kirchenasyl suchen, handelt es sich oft um solche „Fälle“. In manchen Bundesländern gibt es (oder gab es) „Härtefallkommissionen“, die in Ausnahmefällen langjährig Geduldeten die Aufenthaltsgenehmigung erteilen können. Manchmal sind die zuständigen Ausländerbehörden flexibel genug, ein Abschiebehindernis (z.B. die fehlende Möglichkeit einer ärztlichen Behandlung oder der Fortsetzung der Ausbildung im „Rückkehrland“) anzuerkennen. Ein 2015 beschlossenes Gesetz, das eine Aufenthaltsgenehmigung für bestimmte „Altfälle“ bringen sollte, hat meiner Kenntnis nach nicht die erhoffte Wirkung gehabt.

    Meiner Meinung nach wäre es sinnvoll, Flüchtlingen als Alternative zum Asylrecht die Möglichkeit zu eröffnen, einen Aufenthaltstitel zu erhalten, wenn sie sich in den Arbeitsmarkt und in die Gesellschaft integrieren. Das würde eine positive Motivation bedeuten, sich auf eigene Füße zu stellen, und die Integration zum eigenen Ziel der Flüchtlinge machen. Außerdem würde dies den ganzen „Apparat“ der Flüchtlingsbetreuung deutlich entlasten. Ein solcher pragmatische Ansatz hat aber keine Chance, weil die Mehrheit der politisch Verantwortlichen (und sicher auch ein erheblicher Teil der Bevölkerung) darin einen Anreiz für „Wirtschaftsflüchtlinge“ sehen. Dabei gibt es keine überzeugenden empirischen Befunde, dass die vielfach praktizierte „Abschreckungspolitik“ (wie Arbeitsverbote, Sachleistungen statt Geld, verpflichtende Unterbringung in Sammelunterkünften) einen Einfluss auf die Zahl der nach Deutschland Fliehenden hat.

  51. Faktencheck:
    In einem Interview der „Tagesthemen“ verteidigte Innenminister de Maizière Abschiebung nach Afghanistan, weil es da (1) auch sichere Gebiete gebe (ohne diese benennen zu können) und (2) Übergriffe der Taliban sich angeblich auf politisch einflussreiche Personen konzentrierten.
    In meiner gemischten Theatergruppe mit Flüchtlingen und Franzosen aus sozial schwachem Einzugsgebiet arbeiten 13 Flüchtlinge mit (die meisten inzwischen anerkannt), aus Afghanistan, Irak, Iran, Bangla Desh. Von den 7 Afghanen hat einer vor kurzem seinen älteren Bruder verloren (von den Taliban ermordet), ein anderer hat letzte Woche erfahren, dass sein Buder von den Taliban entführt wurde. Beide Familien sind weit entfernt davon, politisch einflussreich zu sein.
    So sieht ein „sicheres Herkunftsland“ aus, in das man bedenkenlos abschieben könne, Herr de Maizière!

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