Unsere Gesetze sehen Rache nicht vor

Der RAF-Terrorist Christian Klar kommt frei. Nach 26 Jahren in Haft, die er wegen der besonderen Schwere seiner Taten zu verbüßen hatte. Eine Regelung im deutschen Strafrecht besagt, dass Straftäter nach Verbüßen von zwei Dritteln ihrer Haftstrafe vorzeitig aus der Haft entlassen werden können. Allerdings zur Bewährung; Klar bekommt eine Frist von fünf Jahren, in der er sich nichts zuschulden kommen lassen darf. Es geht im Fall Klar also nach Recht und Gesetz zu. Trotzdem, so Stephan Hebel im Leitartikel „Recht statt Rache„, findet sich immer noch ein Polit-Lautsprecher, „der aus Gefühlen Kapital zu schlagen versucht. Bevor über die Freilassung des bestraften Mörders und ehemaligen Terroristen Christian Klar entschieden war, meldete sich ein Herr Christoph Ahlhaus (CDU), seines Zeichens Hamburger Innensenator, und sprach den Regeln des Staates, den er zu vertreten hat, Hohn: Es sei ‚den Angehörigen der Opfer kaum zu vermitteln, dass ein skrupelloser Terrorist, der seine Taten nicht bereut hat, aus rein formalen Gründen wieder auf freien Fuß kommt‘. Gesetze und Gerichtsentscheidungen, Grundbestandteile des Rechtsstaats also, als ‚rein formale Gründe‘? Glückwunsch, Herr Verfassungssenator!“

Die FR-Leser sind in dieser Frage gespalten. Meike Konrad aus Offenbach meint:

„Sicher, die Angehörigen der RAF-Opfer kann man verstehen. Sie leiden aber nicht mehr oder weniger als Angehörige anderer Mordopfer. Nur weil hier politische Motive eine Rolle spielten, gelten doch dieselben Gesetze: Vor dem Gesetz sind alle gleich – auch Terroristen, also auch Christian Klar! Er ist nach Recht und Gesetz verurteilt worden und hat seine Strafe verbüßt. Er hat selbstverständlich genau so freizukommen wie ein Mörder nach Verbüßung seiner Haft. Dessen Opfer sind genau so unwiederbringlich tot, und deren Angehörige trauern auch nicht minder.
Gerade von einem Politiker erwarte ich, dass er zu unseren Gesetzen steht, und die sehen Rache nicht vor. Auch ist fehlende Reue und Verweigerung der Offenlegung von nicht geklärten Geschehnissen kein Grund, Herrn Klar nicht frei zu lassen. Hier ist nicht Rache gefragt, sondern die Einhaltung freiheitlich demokratischer Prinzipien, die auch für Herrn Klar gelten müssen. Sonst ist unser Staat nicht besser als eine RAF, die diese Grundordnung ja zerstören wollte!“

Steffen Andreae aus Kaufungen:

„Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) sagt: ‚Die juristische Mathematik, wonach eine fünfmal lebenslange Freiheitsstrafe für Christian Klar nach 26 Jahren abgegolten ist, versteht der Normalbürger nicht.‘ Abgesehen davon, dass Christian Klar die Strafe noch nicht abgegolten hat, sondern auf Bewährung frei kommt – aber das kann ein Innenminister natürlich auch mal übersehen –, ist mir unklar, mit welcher juristischen Mathematik Joachim Herrmann dem Normalbürger, der ja verstehen soll, eine fünfmal lebenslange Freiheitsstrafe erklärt.“

Dr. Wolfgang Günther aus Koblenz:

„Christian Klar demnächst frei nach 26 Jahren Gefängnis für neun Morde und einige Mordversuche! Letztere ausgeklammert saß Herr Klar für jeden Mord weniger als drei Jahre. Für neun Morde erhielt Herr Klar nicht neun, sondern nur fünf ‚lebenslänglich‘. Waren vier Ermordete nicht auch jeweils ‚lebenslänglich‘ wert? Wie lange währt ein ‚lebenslänglich‘? Dem Urteil nach wenig länger als fünf Jahre, für jeden der neun Mordopfer noch keine drei Jahre. Und alles ohne Abbitte und ohne Mithilfe bei der Klärung noch offener Fragen seitens des Herrn Klar. Die juristische Mathematik passt nicht zu den Rechenarten des Normalbürgers.“

Klaus Clever aus Weisenheim/Berg:

„Ist es eigentlich Zufall, dass insbesondere Politiker der sog. christlichen Parteien sich besonders populistisch in dieser Causa echauffieren? Wie beten sie eigentlich ihr Vaterunser (‚Wie auch wir vergeben unseren Schuldigern‘): Gedankenlos – und vor oder nach dem Stammtisch? Ja, der Mann hat große Schuld auf sich geladen, ja, die Opfer und ihre Angehörigen bleiben Opfer, die Tat für immer unverständlich, unentschuldbar. Dennoch rufe ich diesen ‚Christenmenschen‘ zu: Schaut auf diesen Christian Klar: Ist er nicht auch ein Mensch – wie wir? Selbst wenn er seine Schuld nicht einsehen will, selbst wenn er nicht um Verzeihung bitten will, hat er nicht auch gebüßt und gelitten, Tausende von Tagen und Nächten? – Herr Herrmann, Herr Ahlhaus: Haltet doch bitte einmal den Mund, wir brauchen Eure Meinung nicht!“

Josef Burkardt aus Einhausen/Bergstraße:

„Mein Kommentar kurz und knapp: Ein nicht reuiger neunfacher Mörder hat kein Recht auf Freiheit. Punktum.“

Verwandte Themen

32 Kommentare zu “Unsere Gesetze sehen Rache nicht vor

  1. Jeder Mensch hat das Recht auf ein Leben in Würde. Das heißt nicht, dass seine Taten je bagatellisiert werden dürfen. Ein Mensch, der über 20 Jahre im Knast war, ist ein anderer als der, der hineinkam, und die Welt ist völlig anders als seinerzeit, als er die Strafe antreten mußte. Das Zurechtfinden in der neuen Gesellschaft wird Klar am meisten beschäftigen.

  2. Bewährung ist nicht Freiheit, Strafe manchmal nicht zu verhindern, Revision oder Weisheit dem Menschen zuträglich. Die Freilassung überrascht mich. Rache ist tückisch und Gesetze die sie fördern Perpetuum Mobile. Man sollte sie niemandem empfehlen wollen.

  3. An Ende bleibt der bittere Beigeschmack:
    Bringst Du einen um bist Du (nur ) ein Mörder
    Bring mindest 7 um und Du wirst zum Medienstar.
    Es geht schon los!
    Wir weden bald vollgesabbert mit dem Lebensweg und schlechte Kindheit,arme Eltern,und sonstigen Schwachsinn den er gegen Geld noch verbreiten darf.
    Warum kann so ein Mensch nicht einfach in der Versenkung verschwinden,ende aus Mickimaus.
    Reicht es nicht ihm zu begegnen?
    Wir sollten hier in diesem Blog den Entschluß fassen keinen Komentar zu schreiben über dieses nichts.(ES GIBT WICHTIGERES!!)Das war mein letzter zu C. Klar

  4. Christian Klar ist RAF-Mitglied, lieber alterbut, der immer noch sehr seltsame Gedanken mit sich führt. Das „Nichts“ gibt es sowieso nicht. Du darfst sein, ich auch, er auch. Er hat die Strafe abgesessen, es gilt deutsche Gesetzgebung:

    Lebenslange Freiheitsstrafe (Wikipedia)

    Er ist nicht der erste Mörder, dem der Hof hierzulande gemacht wird, er wird auch nicht der Letzte sein (Weiblichkeiten eingeschlossen).

    für Klaus Clever habe ich vielleicht die Antwort auf die Frage nach der Christlichkeit der Politiker:

    Schäuble wollte laut FR nur christliche Irak-Flüchtlinge aufnehmen.

  5. .. und schon ist alles Makulatur was du vor Tagen hier von die gegeben hast. Es muß nur der Richtige kommen, dann bröckelt steinsbrockenweise die Fasade. Für dich ein Trost – du bist nicht alleine, das ist so in den großen Meinungsbecken der Medien. 😉

    (vielleicht schreibe ich wieder mal darüber: Stimmenfang, Content, Leserbindung, der Blick nach Amerika und der Wunsch hier (nicht Bronski) eine Macht zu sein – wie in Amerika).

  6. Christliche (Irak-) Flüchtlinge passen besser nach Bayern, dort ist flächenmässig mehr Platz als anderswo. Früher nannte man das Länderfinanzausgleich. Mit der Globalisierung spriessen die Varianten neu.

  7. Nun, das alles über C.Klar hört sich so an, als ob Ihr alle mehr im Bilde seid als ich.

    Ich habe mich nicht ausführlich damit beschäftigt. Soweit ich mich aber erinnern kann, hat C.KLar nicht gestanden. Er hat geschwiegen. Es war ihm nur Beteiligung nachzuweisen. Wer wen erschossen hat, wurde nie aufgeklärt.

    Wer mehr dazu sagen kann – ich lasse mich gerne belehren.

    maderholz

  8. Ich empfehle dir von Butz Peters

    RAF – Terrorismus in Deutschland

    inkl. Zeittafeln, Quellenangaben (vermißt man oft in der Wikipedia).

    Da steht einiges. Allerdings ohne die neuen Dinge die da nachträglich herausgefunden wurden (oder auch nicht).

    Hat mich damals 15 DM gekostet (Taschenbuch), ein Schnäpchen – Verhältnis Preis/inhaltlicher Wert.

    „Die Zeit“ schrieb damals: „Eine gut recherchierte Geschichte des Terrorismuis.“

  9. Ja, die RAF ist einen falschen Weg gegangen und hat viel menschliches Leid verursacht. Vor allem hat sie aber Gesetze verschärft und die Demokratie beschädigt. Mit welchen legalen Mittel aber wehrt man sich gegen Macht und Übermacht? Unserer fröhlichen Gesellschaft ist doch gar nicht klar, welches Unheil sie anrichtet anderswo. Und nun frage ich mal ganz naiv: was unterscheidet unseren Einsatz in Afghanistan, wo wir die Menschen retten wollen vor der Willkür der Taliban und dabei in Panik unschuldige Menschen töten (Kinder) vor der Vorgehensweise der RAF, die geglaubt hat, für eine bessere Welt zu kämpfen? Und dabei Menschenopfer in Kauf genommen hat?

    Gewalt erzeugt Gewalt, das kann nicht der richtige Weg sein.
    Und wo ist der richtige? Wir schützen unser Eigentum, wir schützen demnächst die Küsten vor Somalia, wo Piraten die Handelsschiffe überfallen. Aber vorher hat irgendwer die Lebensgrundlagen der Fischer dort zerstört. WER hat sie ausgerüstet, jetzt so eindrucksvoll selbst große Tanker zu kidnappen?

    Die Informationen, die wir erhalten, sind ja sehr bruchstückhaft.

    Und was hat das mit Christian Klar zu tun? Ja, ich glaube, sehr viel.

  10. Zu Josef Burkardt aus Einhausen/Bergstraße:

    “Mein Kommentar kurz und knapp: Ein nicht reuiger neunfacher Mörder hat kein Recht auf Freiheit. Punktum.”

    Glücklicherweise bestimmen in der Bundesrepublik (noch?) Gesetze, und nicht Herr Burkardt, was Recht ist.

    Herr Burkardt scheint schreiben zu können, daher vermutlich auch lesen. Vielleicht benutzt er diese Fähigkeit, sich über das Recht zu informieren, bevor er sein eigenes ausdenkt.

  11. Ich finde es in Ordnung, daß er diese rechtliche Möglichkeit bekommt.
    Ich finde es auch bemerkenswert, daß er sie animmt.

    Beweist er doch, daß die „Ziele“ die er verfolgte, nicht neun Menschenleben und nicht die mir und vielen anderen in der Jugend gestohlene Freiheit
    wert waren.

  12. @ I. Werner
    Gratuliere! Super kommentiert!
    Zur Frage der Macht, Übermacht und Allmacht könnte man noch Bush hinzufügen, der völlig ungeschoren davon kommt- obwohl er den verheerenden Irak-Krieg gegen massivsten Widerstand durchgesetzt hat und es schon lange erwiesen ist ist, dass es im Irak keine „weapons of mass-destruction“ gegeben hat.

  13. …Bush hat seinem Land (Volk?), der Demokratie und der gesamten Menschheit sehr viel geschadet.
    Doch was sollte er denn tun, wenn die „göttliche Macht“ ihm diesen Weg vorgab ?

    Ja, ja, der Glaube… 🙁

  14. Ja, nun wünsche ich C. Klar einen guten Start in ein neues Leben. Nach 26 Jahren Haft nicht einfach.
    Hier „draußen“ tickt die Welt inzwischen ganz anders als damals. Deshalb finde ich Peymanns Angebot gut und menschlich sehr richtig.

    @ Anna: Danke für das Kompliment. Tut gut , manchmal gestreichelt zu werden, wenn man sich alleine wähnt.

  15. Wenn Türken in ihrer Wohnung verbrennen, wenn Inder durch eine Stadt gejagt werden, wenn eine Wehrmachtsausstellung die Beteiligung an Verbrechen zeigt, wo ist dann das Mitgefühl mit den Opfern?
    Vor allem die christlichen Politiker (Du sollst Deinen Nächsten lieben wie Dich selbst) halten es in solchen Fällen sehr wenig mit den Anweisungen, die Jesus Christus gegeben hat.

  16. @ BvG (#14):

    Beweist er doch, daß die “Ziele” die er verfolgte, nicht neun Menschenleben und nicht die mir und vielen anderen in der Jugend gestohlene Freiheit
    wert waren.

    Das wage ich ja zu bezweifeln.

    Beweist er doch, daß die “Ziele” die er verfolgte, nicht neun Menschenleben und nicht die mir und vielen anderen in der Jugend gestohlene Freiheit
    wert waren.

    Zu finden bei der „Die Zeit„.

    Guten morgen zusammen 🙂

  17. Schittkram… Ausbesserung:

    2. Zitat:

    In einer Grußbotschaft ans linke Spektrum äußerte er Anfang 2007 die Hoffnung, «die Niederlage der Pläne des Kapitals zu vollenden». Schon 2001 hatte er in einem Fernseh-Interview gesagt, er wolle den «Aufbruch, den auch eben die RAF dargestellt hat», weitertragen. Reuegefühle, sagte er damals, seien im «politischen Raum, vor dem Hintergrund von unserem Kampf», keine Begriffe.

  18. Da greift einer zur Knarre und massakriert neun Menschen. Und er begründet das mit abstrusen politischen Phantastereien. Und er sitzt 20 Jahre im Knast und begreift immer noch nicht, und bereut immer noch nicht und faselt immer noch dieselben vorgestanzten Ideologensprüche von damals.
    Und jetzt stelle man sich mal vor, der Täter sei kein linker RAF-Terrorist, sondern ein alter Nazi, der als SS-Mann neun Juden erschossen hatte. Da möchte ich doch mal sehen, ob all‘ die lieben verständnisvollen Mitbürger, die vor Rache warnen – und offenbar den Unterschied zwischen „Rache“ und „Strafe“ nicht begriffen haben – sich auch so für den Täter einsetzten. Ist es nicht eher so, daß sie alle immer noch die berüchtigte „klammheimliche Freude“ empfinden, daß der Klar ein paar „Bonzen“ abgeballert hat ? Und daß sie deshalb gar nicht begreifen, daß er ein strafwürdiges Verbrechen begangen hat, sondern immer noch glauben, er sei Opfer der Rache des „Systems“ ? Natürlich ist der Gedanke der Resozialisierung ein wichtiger Teil des Rechtsstaates – aber eben der Resozialisierung der faktisch Resozialisierbaren (ja, durchaus auch von Mördern), nicht aber der ewig Unbelehrbaren. Herr Hebel, wär‘ es nicht konsequent, nun auch ein flammendes Plädoyer für die Resozialisierung von Nazi-Massenmördern zu halten ? Oder unterscheidet Ihre Denke eben doch böse und gute Massenmörder ?

  19. @ # 2 Knut Emmert

    Sie irren. Erstens wurden wenige SS-Täter wegen Mordes zu lebenslänglich verurteilt (z.B. von den 20 Angeklagten des 1. Auschwitzprozesses 6, was ungewöhnlich hoher Anteil war). Meistens lautete das Urteil auf Beihilfe zu Mord; auch wenn diese Beihilfe in Hunderten von Fällen nachgewiesen wurde (wie beim Ulmer Einsatzgruppen-Prozess), lag die Strafe zwischen 3 und 15 Jahren Haft. Konnte eine persönliche Beteiligung an konkreten Taten nicht nachgewiesen werden, gab es Freisprüche.

    Zweitens gab es keine öffentliche Aufregung (weder von „links“ noch von „rechts“), als beispielsweise Emil Bednarek, wegen Mordes in 14 Fällen im 1. Auschwitzprozess zu lebenslang verurteilt, 1975 nach 15 Jahren Haft begnadigt wurde. Auch er hat zur Aufklärung der in Auschwitz begangenen Morde nicht beigetragen und seine Schuld geleugnet.

  20. Zu Emil Bednarek, der übrigens weder Nazi noch SS-Täter war, sondern selber KZ-Häftling:

    „Für die Befürwortung des Gnadengesuches setzten sich zum Teil auch polnische Auschwitzüberlebende ein, die zum einen auf das Überleben der polnischen Kinder des Evakuierungstransportes nach Mauthausen (Anm.: den Bednarek leitete) und zum anderen auf Bednareks Stillschweigen über geheime Andachten hinwiesen.“ (Wikipedia)

    Ich denke, wenn analog Angehörige der Opfer sich für eine vorzeitige Freilassung Klars ausgesprochen hätten, dann hätte man diese in einem andern Licht sehen müssen. Dies ist aber m.E. nicht geschehen, ganz im Gegenteil.

    Ansonsten gibt es juristisch auch Unterschiede zwischen einer aus eigenem Willen ergriffenen Mordabsicht und einem Töten auf Befehl anderer, so spielte in einigen Fällen des 1. Auschwitzprozesses „Befehlsnotstand“ eine Rolle bei der Bemessung des Strafmaßes, was bei den RAF-Tätern ja nicht strafmildernd gelten kann.

    K. Emmert hat schon recht damit: wie in vielen Köpfen immernoch gut und böse verteilt ist, konnte man auch gut am kürzlichen Film erkennen, in dem die staatliche Seite durchweg negativ, irgendwo zwischen borniert und gänzlich böse, dargestellt wurde. Die RAF-Terroristen sind doch in vielen Köpfen immer noch „die Guten“, die nur „Gutes“ wollten, „wenn auch, klar, auf dem falschen Weg“. „Leider“ ist nicht herauszufinden gewesen, wie „gut“ (für die Menschen) die Gesellschaft geworden wäre, der sie mit Gewalt einen Weg bahnen wollten… Mao Tse Tung, Pol Pot und Ho Chi Minh lassen allerdings erahnen, was am Ende dabei wahrscheinlich herausgekommen wäre…

  21. P.S. Zur Rache/Strafe-Diskussion: Es gibt noch eine weitere mögliche Funktion einer Strafe, nicht allein nur die Befriedigung eines Rachegefühls: nämlich die Abschreckung!

    Wer in politischen Foren unterwegs ist oder Äußerungen von Bürgern zu politischen Angelegenheiten verfolgt, wo auch immer sie getan werden, der muß eine zunehmende Aggressivität konstatieren. Mehr und mehr scheint es akzeptabel zu werden, aus der üblichen linken oder rechten Unzufriedenheit heraus einer gewaltsamen „Revolution“ das Wort zu reden. Wo man da „mal aufräumern“ soll, wem man da „in die Fresse hauen“ soll, ist dabei links wie rechts recht ähnlich: „denen da oben“ natürlich. Am besten mit der Knarre in der Hand, denn „die kapierens ja anders nicht“. Dieses Gedankengut blüht wieder auf in jüngster Zeit, durch die mediale Dauerbefeuerung mit allem „Unrecht in der Welt“ aufgepeitscht, die gern in einen Topf geworfen wird, der natürlich von „denen da oben“ verantwortet wird, und von der „reinen Toleranz“ (Broder) der umgebenden Gesellschaft kaum begrenzt (wie denn auch).

    Bei wem der Hinweis nicht ankommt, daß gewisse Vorgehensweisen undemokratisch sind (vom Unmoralischen gar nicht erst zu reden), bei dem kommt vielleicht der Hinweis an, daß die demokratische Gesellschaft nicht mit sich spaßen läßt, daß sie wehrhaft ist. So würde ich ein Festhalten an der Haftstrafe Klars begründen. Der Nachteil für die Einzelperson Klar scheint mir weit geringer als der Vorteil für die gesamte demokratische Gesellschaft. Die Racheidee hingegen ist reichlich kindisch.

  22. Ach Herr Wedell, wer wird denn diese politischen Foren so ernst nehmen wie Sie? Ich weiß, damit sind Sie nicht allein, auch hier hat es ja Streit um weltanschauliche Fragen gegeben, der mit harten Bandagen geführt wurde

    Ich glaube, Sie sind ein Verführer. Sie unterstellen eine allgemeine Tendenz, dabei sind es nur Verbalinjurien. Ich kenne eine Reihe kleiner Männer, die sich in solchen Foren gern aufblasen, da wo Sie von „aufblühen“ sprechen. Ich habe den „Baader-Meinhof-Komplex“ auch gesehen und fand das ganze sehr ausgewogen dargestellt. Insbesondere Ted herold, dargestellt von bruno Ganz, hat mich sehr beeindruckt. Irgenwo zwischen borniert und gänzlich böse? Ach was für ein Unsinn.

    Brille runter, Herr Wedell!

  23. Je mehr persönlich über den Titel reflektierend, desto mehr leuchtet die Vertracktheit. Der Klarheit wegen, in Fällen wo absolut nötig unvermeidbar geht es wohlweislich anders und ganz mit Sicherheit ohne law and order. Abschreckung funktioniert nicht really be sure to better believe me, denn Gesetze die keinen Sinn ergeben macht eh keiner mit. Rache macht irgendwann keinen Spass mehr, an der Stelle sollte jeder der Vertreter hoch oben selber die Nase rümpfen. Schlusspolemik. Gnadengesuch: warum geben wir den Aggressiven denn die Knarre nicht? Jene Bürger könnten von selbst ermutigt werden sich der Literaten zu ermächtigen, die Käfige wo sie uns von ihnen selbst befreien bauen sich von selbst. Genannt Apokalypse.

  24. Also, „b.n.w.“, Sie reden womöglich noch größeren Unwinn als der herr Wedell

    Sind in diesem Blog eigentlich nur Autisten unterwegs?

  25. Ich möchte auch gern was zu Herrn Wedell sagen. Und zwar wundert es mich, dass sie zwar erst über die „undemokratischen“ und „unmoralischen“ Forderungen, die angeblich überall auftauchen, lamentieren, dann aber selbst zu der Schlussfolgerung kommen, der einzelne müsse zum Wohle der Gesellschaft zurückstecken. Wissen sie, dass damit ein Großteil der Menschenrechtsverletzungen begründet werden?
    Vielleicht sollten sie sich mal Gedanken darüber machen, inwieweit wir eine Gesellschaft wollen, die sich (über bestimmte Grenzen hinaus, die bei Herrn Klar die 26 Jahre Haft waren) auf Kosten der individuellen Freiheit eine größtmögliche Stabilität sichert – „Brave New World“ lässt grüßen.

  26. @Santa Klaus, meinen sie wirklich im Ernst, das Aussprechen und auch Durchsetzen von Strafen, wie es in unserem juristischen System passiert, wäre eine mit „Brave New World“ vergleichbare Einschränkung individueller Freiheiten? Natürlich ist eine Inhaftsetzung eine gravierende Einschränkung der persönlichen Bewegungsfreiheit, aber vergessen sie dabei nicht, daß es (in der weit überwiegenden Zahl der Fälle) in unserm System keine Strafen gibt, ohne daß es vorher eine kriminelle Tat des Individuums gab, wohingegen in der „braven, neuen Welt“ die individuelle Freiheit unabhängig von dem Verhalten des Bürgers eingeschränkt wurde, also immer?

    Sie scheinen zu meinen (wenn ich sie richtig verstanden habe), daß es eine unakzeptable Einschränkung der individuellen Freiheit ist, wenn jemand, der das tat, was Klar tat, lebenslanger Haft unterworfen wird. Ich meine dies nicht.

    Im Übrigen, um „undemokratische und unmoralische Forderungen“ geht es mir doch gar nicht. Forderungen haben doch noch niemanden erschlagen. Solange es auf der Ebene der Forderungen bleibt bzw. die Umsetzung der Forderungen mit demokratischen Mitteln versucht wird, z.B. durch Arbeit im demokratischen System, ist doch alles in Ordnung. Mein Problem ist jedoch, daß sich meiner Meinung nach der Geist der RAF mehr und mehr wieder regt, nämlich die Auffassung wieder um sich zu greifen scheint, wenn man ein (vermeintlich) „Gutes“ dringend verwirklicht haben möchte, die Anwendung von Gewalt zur akzeptablen Option wird. Inwieweit das auf Einzelbeobachtungen von mir gründet, die nicht verallgemeinert werden können, darüber kann man ja diskutieren. Letztendliche Antwort, ob es eine steigende gewaltbereite politische Aggression gibt, und vor allem ob und wann diese den Schritt von der Idee zur Tat tut, wird nur die Zukunft geben, wenn sich ein neuer deutscher Terrorismus entwickelt, der sich gegen die gängigen Haßobjekte unserer Zeit, also Hartz IV, Wirtschaftsführer, Banker, Politiker, Richter usw. richtet, oder wenn er sich eben nicht entwickelt.

    Ansonsten, wie sich die allgemeine Aggressivität in der politischen Meinungsäußerung langzeitlich entwickelt, darüber könnte z.B. auch jemand Aussagen machen, der 10 oder 20 Jahre die Leserbriefe, die bei einer Zeitung eintrudeln, gelesen hat… 😉

  27. Nein, das meine ich nicht. Genauso wie ich sie missverstanden habe, was die undemokratischen Maßnahmen angeht – Entschuldigung dafür.

    Ich bin ja auch der Meinung, dass die wehrhafte Demokratie, die wir haben, ein großer Fortschritt ist. Und ich denke, dass Haftstrafen gerechtfertigt sind, durchaus auch für (sehr) lange Zeiträume, wie ich versucht hatte, im Einschub in meinem letzten Satz zu erwähnen.
    Was mich gestört hat, war ihr Satz zum Nachteil des Einzelnen zu Gunsten der Gesellschaft, vor allem, da ich ihn anscheinend generalisierter aufgefasst habe, als er gemeint war.
    Was ich sagen wollte, ist, dass man mit dieser Diskussion sehr vorsichtig sein sollte, da man mit dieser Argumentation sehr schnell sehr bösartige Maßnahmen begründen kann. Deswegen sollte man nie aus dem Blick verlieren, dass die Gesellschaft doch eigentlich kein Selbstzweck ist, sondern möglichst vielen ein möglicht gutes, freies, selbstbestimmtes Leben ermöglichen sollte.

Kommentarfunktion geschlossen