EU und USA tragen Mitschuld

Ungeheuerliches geschieht in Palästina. Der Riss, der schon seit langem durch die palästinensische Politik ging, hat sich binnen fünf Tagen in zwei Gebilden manifestiert – Fatah-Land und Hamastan. Am Grenzübergang Eres spielen sich dramatische Szenen ab. Die Nahost-Politik steht Kopf. Wie auf diese Entwicklung reagieren? Dreht der Hamas den Geldhahn ab, meint Fritz Wurzinger aus Martinez/USA:

„Der Hamas-Staat kann nicht überleben, außer wenn die EU und/oder die USA es so wollen. Dreht den Geldhahn ab. Israel soll Wasser und sonstiges abdrehen – und schon werden die Hamas-Leute kommen und schreien wegen der Ungerechtigkeit. Die superliberalen Linken in der EU werden natürlich sofort wieder den Geldhahn öffnen; haben wir ja schon gesehen… Aber das ist die (ziemlich) einzige Methode, diese Leute in Schach zu halten.“

Oder soll man sich lieber raushalten, wie Trude Dimmel aus Leonding meint:

„Bei allem Verständnis, die Europäer können nicht immer anderen Ländern auf anderen Kontinenten helfen, deren Bürger auch noch aus wirtschaftlichen Grünen nach Europa kommen. Es ist ein Fass ohne Boden, immer nur Krieg und kein Frieden.“

Detlef Mohnhaupt aus Berlin weist auf Fehler in der Vergangenheit hin:

„Das größte Bemühen der EU und der USA: Angeblich in allen Ländern weltweit der Demokratie zum Sieg zu verhelfen. Und im Nahen Osten? In einem demokratischen Vorgang wurde die Hamas Wahlsieger und löste somit die Fatah ab. Innerhalb kürzester Zeit nach dem Wahlergebnis wurden sämtliche finanziellen Hilfen für die Palästinenser eingestellt, so dass selbst die Regierungsbeamten nicht mehr bezahlt werden konnten. Seltsamerweise unterstützte man den Wahlverlierer (die Fatah) weiterhin und trägt somit einen großen Anteil an der jetzigen chaotischen Situation im Nahen Osten. Was lernen wir daraus? Demokratie ist: Ihr könnt demokratisch wählen, wen ihr wollt, solange ihr den wählt, den wir wollen.“

Die brennendste Frage ist aber doch wohl, ob Israel sich einen islamischen Gottesstaat vor seiner Haustür gefallen lassen wird.

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27 Kommentare zu “EU und USA tragen Mitschuld

  1. Bronski, Leserversteher, nun haben Sie so viele neue Stücke auf einmal verfasst, dass der Kritik-Strang auf die zweite Seite gerutscht ist. Dort haben Sie seit Tagen aber keine Stellung bezogen.
    Ich verfolge diesen Blog aufmerksam (bislang lesend, nicht schreibend, denn ich meine nicht, wie offenbar viele andere, dass die FR mir meine eigene Zeitung basteln muss, schließlich wird ja dafür gezahlt und in jedem steckt ein kleiner Redakteur). Ich beobachte vielmehr, wie die FR auf Kritik reagiert. Offenbar gar nicht (mehr). Schade drum, wirklich.

  2. @ FR-Leserin

    Aber nur off topic bitte: Ich habe neben dem Blog noch viele andere Sachen zu machen. Unter anderem produziere ich täglich eine Leserbriefseite. Das allein sind etwa vier Stunden meiner Arbeitszeit. Und irgendwann muss ich ja auch noch die Hunderte von Mails beantworten, die aufgelaufen sind. Ja, ich weiß, das muss Sie nicht kümmern – aber ich bitte um Nachsicht. Momentan bin ich der Diskussion wieder zugänglich. Aber bitte weiter im anderen Thread, nicht hier.

    Dass ich hier viele neue Themen aufgemacht habe, hängt mit der Vernetzung mit der Bronski-Seite zusammen. Von der ausgehend wird täglich mindestens ein Thema, das in den Leserbriefen dominierend ist oder interessant ist, im Blog zur Diskussion angeboten. Da kommt schon was zusammen.

  3. „Die brennendste Frage ist aber doch wohl, ob Israel sich einen islamischen Gottesstaat vor seiner Haustür gefallen lassen wird.“

    Israel wird und wollte sich auch bislang überhaupt keinen Staat vor der Haustür gefallen lassen, und von den Gruppierungen, die einen solchen hätten bilden können, waren ihm die Muslimbrüder jedenfalls bis in die neunziger Jahre allemal lieber als die laiizistische PLO.

    Die Spaltung befördert das geheime Ziel Israels, die Bildung eines Palästinenserstaates so weit hinauszuzögern und in der Zwischenzeit immer weitere Stücke des Flickenteppichs Westjordanland zu annektieren, bis sich die Sache von selbst erledigt hat.
    Die Nicht-Anerkennung des Existenzrechts durch die Hamas ist hierbei nur ein Vorwand. Das Völkerrecht kennt im übrigen nicht die Anerkennung eines „Existenzrechtes“, sondern nur die (diplomatische) Anerkennung eines Staates, und die steht gemeinhin am Schluss von Verhandlungen, nicht als deren Voraussetzung.

    Es lässt sich nachweisen, dass Arafat und die PLO seit den siebziger Jahren immer wieder vergebliche Versuche unternommen haben, die Billigung der Gründung eines entwaffneten Staates im Westjordanland und im Gaza-Streifen von Israel zu erhalten und nicht nur bereit waren, im Gegenzug Israel anzuerkennen, sondern dies auch, jedenfalls de facto, in mehreren Schritten seit 1974 geleistet haben. Israel hat diesen Staat vor seiner Hasustür stets abgelehnt, 1988 hat Arafat den Staat ausgerufen, was aber trotz der Anerkennung durch 40 Staaten wegen der Ablehnung durch Israel und die USA wirkungslos blieb.

    Die seit den Achzigern international, auch von der UN, als legitime Vertreterin des palästinensischen Volkes anerkannte PLO mit ihrem Präsidenten Arafat wurde systematisch boykottiert, die Umsetzung der gleichwohl unter schwierigen Verhandlungen zustande gekommenen Osloer Verträge wurde verschleppt, der zugesicherte Rückzug des Militärs weitgehend ausgesetzt, und der Präsident der Autonomiebehörde auf diese Weise demontiert und so den Palästinensern als kompromisslerischer Politiker vorgeführt, der die Interessen seines Volkes nicht zu vertreten wusste.

    Zumal im Gaza-Streifen verelendete die Bevölkerung zunehmend, und die Muslimbrüder bauten systematisch ein soziales Netzwerk aus und ihr bewaffneter Arm, die Hamas, zeigte sich widerständig gegenüber den mindestens ebenso harten israelischen Besatzern und Feinden und gewann so an Boden und Einfluss zumal bei der jüngeren Bevölkerung.

    Das sind, grob dargestellt, die Bedingungen für den Niedergang der der PLO/Fatah und den Aufstieg der Hamas.

    Welche Perspektiven für eine friedliche Lösung des politischen Konflikts und für die Verhinderung einer humanitären Katastrophe nun noch offenstehen, nachdem das Kind in den Brunnen geworfen worden ist, das wissen andere wohl besser.

    Vielleicht z.B. Herr Wurzinger aus Martinez/USA: „Israel soll Wasser und sonstiges abdrehen“! oder, anders ausgedrückt: Nur ein toter Palästinenser ist ein guter Palästinenser, lasst das Gesindel verrecken!“

  4. @ heinrich

    ich fürchte, dass diese Zustandsbeschreibung noch lange Fakt sein wird und auch der Analyse die Du einträgst, stimmen wohl auch Experten zu.
    Und wenn ich mir vor Augen führe, dass jetzt wieder Flüchtlinge quasi zwischen den Fronten (fest)stecken, dann muss ich resignierend feststellen, all das ist nun schon so oder ähnlich, seit ich bewusst die Welt wahrnehme;
    und was Fronten anbelangen, sind diese in den letzten jahren permanent sogar mehr und vor allem radikaler und gerade für die Zivilisten und damit die Schwächsten um so blutiger geworden! Hilflos und traurig; mfg,hjs

  5. Es verblüfft der Widerspruch:
    Die Spaltung: Ein geheimer Plan der Israelis.
    Das Geheimnis: So offen auf dem FR-Blog zu lesen.
    Die Hamas und PLO: zu doof, um diesen Plan zu durchschauen.

    Ca pue!
    Seit Jahr und Tag wird die humanitäre Katastrophe in Gaza beschworen, doch was ist? Die Leute dort tragen Klamotten wie ich auch, haben Handy (ich nicht) und leben zumeist in festen Wänden. Nachdem sie selbst die Grundwasservorräte so tief anbohrten, dass das Salzwasser vom Mittelmeer eindrang, muss alles Wasser aus Israel. Der Dank dafür? Kassams.
    Wieso ein Land, das von prospektieven Massenmördern regiert wird, noch Geld erhalten soll, bleibt offen. Klar wird allerdings, dass dort, wo man angeblich bitter Not leidet, der Preis für Gewehrkugeln in den letzten Jahren um das zehnfache gefallen ist, von 3,50 Euro auf 35ct. Würde die Hamas den in Gaza produzierten Mehrwert nicht abschöpfen und in die Vernichtung Israels investieren, hätten dort längst Zustände einkehren können wie in München-Engelschalking. Genug Geld wurde zumindest investiert in dieses Fass ohne Boden.

  6. Wieso gehen sie auf meinen wirren Beitrag ein, statt den Wahlspruch zu beherzigen, den ich gerade bei Diskussionen über Israel/Palästina strikt befolge:
    „Never argue with an idiot, he brings you down to his level!“?

  7. Hamas = Gottesstaat ? Kann das Israel dulden wurde gefragt. Wie in jeder Partei gibt es auch in Hamas gemäßigte Politiker und „hardliner“ z.B. Haniye, (der Premier) seine bestimmt nicht „radikal islamische“ Regierungserklärung habe ich gelesen. Dieser Begriff wird für die Hamas überstrapaziert, doch sie hat (FR 26.6.07) Al Kaida eine Absage erteilt !Eine pal. Christin war auch unter der Hamas-Regierung Bürgermeisterin in Ramallah. Die Hamas ist keinesfalls antisemitisch. z.B. haben im alten Palästina Juden, Christen und Muslime nebeneinander gelebt. Erst nach der Vertreibung 1948 von 750.000 PalästinenserInnen und als 1967 eine erneute Vertreibung einsetzte und die Unterdrückung durch die Besatzung , Enteignung oder die Zerstörung von Ackerland und Plantagen, Häuserzerstörungen, Errichtung der Apartheid-Straßen „nur für Juden“ und als die isr. Siedlungen im besetzten Gebiet und die checkpoints immer mehr wurden und die Mauer im palästinensischen Land immer länger wurde, da entstand der Widerstand !Der Boykott des Westens der demokratisch gewählten Regierung hungerte das Volk aus. Warum hat man mit der Hamas nicht verhandelt ? Den einzigen israelischen Soldaten gegen mehrere Tausend der 11000 paläst. Gefangenen ausgetauscht oder die 2 gefangenen isr. Soldaten ? Stattdessen wurde Gaza und der Libanon furchtbar zerstört mit vielen Toten !
    Ruth Asfour

  8. Ende von allem bekannten Terror und Gegenterror in Palästina:

    Israel in die USA zu verlegen.

    Israel ist so klein, daß sich gewiß (in Texas?) ein Fleckchen finden läßt.
    Möglich wäre sogar ein zusätzlicher amerikanischer Staat? Die Amerikaner mögen die Israelis, sie sind intelligent und fleißig, sie haben schon so viele Leute ins Land geholt. Kein Israeli oder Palästinenser müßte mehr in der Furcht des Augenblicks oder der Zukunft leben.
    Aber wie ich die bisherigen Reaktionen auf diesen praktikablen Vorschlag kenne, zieht man tausendfachen Tod dem Verlust einer Ideologie vor.

  9. @ vantast

    Ihren „praktikablen Vorschlag“ hatte schon Irans Präsident Ahmadinedschad gemacht, alledings hat er den „transfer“ nach Deutschland vorgeschlagen. Also, warum nicht Hessen (entspricht der Fläche Israels) räumen? Schließlich hat schon der „Führer“ den Juden einmal eine Stadt (Theresienstadt) geschenkt, die als Transit auf dem Weg zur Vernichtung diente.

    Und warum nicht weiter denken: Tschetschenen übersiedelt man nach Kanada, Tamilen nach China, Basken nach Russland usw. Und wohin übersiedeln wir vantast?

  10. @abraham: also weiter so mit Mord und Totschlag. Ich kann diese Wahl der Israelis akzeptieren.
    Nur bedaure ich die Palästinenser, denen die Lebensgrundlagen von Israel zerstört werden und die NICHT die Wahl haben, Israel in die USA umzusiedeln. Ob dieser oder jener etwas Ähnliches gesagt hat, ist unwichtig.
    Wesentlich ist doch nur, daß mein Vorschlag Frieden für beide Seiten bringen würde. Aber leider wollen die Israelis diese einfache Lösung nicht, sie wollen lieber weiter für eine Idee sterben…

  11. Verbietet es sich mir schon, auf den Sophismus und Zynismus von jemandem einzugehen, der sich selbst für nichtidentisch, also schizophren erklärt, so sieht es auf der anderen Seite mit einem Vantasten nicht viel besser aus.

    Ist der Vorschlag nun nur wohlwollend naiv oder zynisch gemeint?

    Im ersten Fall kommt er gut hundert Jahre zu spät.
    1. Tatsächlich ist und war das historische Palästina nicht die einzige mögliche Region für einen jüdischen Staat.
    In der frühen Sowjetunion, kurz nach Lenins Tod, existierten Pläne für eine autonome jüdische Republik auf der Halbinsel Krim.
    Verwirklicht wurde sie aber dann in Birobidschan, dem „roten Palästina“ in Sibirien, mit internationaler Unterstützung und Beteiligung, zumal aus den USA. Das Projekt erlitt später seinen Niedergang durch Stalins antijüdische Kampagne unter dem Vorwand des Kampfes gegen den „Kosmopolitismus“.

    Auch Theodor Herzl, mit seinem Buch „Der Judenstaat“ der eigentliche Begründer des politischen Zionismus, erwägt neben Palästina auch Argentinien und Uganda als mögliche Regionen dafür. Palästina wird dann aus historischen Gründen favorisiert. Den europäischen Staaten dient Herzl den Judenstaat folgendermaßen an:
    „Für Europa würden wir dort ein Stück des Walles gegen Asien bilden, wir würden den Vorpostendienst der Kultur gegen die Barbarei besorgen.“
    1948 erfolgt dann, allerdings auf völkerrechtlich fragwürdige Weise und gegen den Willen der arabischen Bevölkerung und Staaten, die Deklaration des Staates Israel.

    2. Das war damals. Heute muss man der Kritik Abrahams an solcherlei Gedankenspielen umstandslos Recht geben.
    Israel ist seit nahezu 60 Jahren ein existierender Staat und solche selbst mittelbaren Formen seiner Infragestellung sind schlichtweg illegitim.

  12. Also weiter mit Terror und Gegenterror.
    ok. Aber die Israelis sollten sich dann nicht immer wieder beklagen…

  13. Vielleicht sind ja zu Terror und Gegenterror noch andere Alternativen denkbar als die Evakuierung eines ganzen Landes mit seit sechzig Jahren gewachsenen politischen und sozialökonomischen Strukturen und Deportation der Bevölkerung.

  14. Wie gesagt: also weiter so.
    Ihre warmen Gedanken werden kaum den israelischen Kindern helfen, eine bessere Zukunft zu sehen. Über 60 Jahre lang hat man keine Lösung gefunden, Ihr Vorschlag bringt auch nichts.

  15. @vantast
    Eine Lösung des Konflikts werden wir im FR-Blog sicher nicht finden, das können nur Israelis und Palästinenser selber tun. Außerdem sind einfache Lösungen immer die falschen.

    Was die Diskussion hier betrifft: Vereinfachungen und einseitige Schuldzuweisungen (wie es unter Ausklamerung nachweisbarer historischer Tatsachen Ruth Asfour tut) nützen niemandem.

  16. Erfreut nehme ich zur Kenntnis, dass die FR offensichtlich plant, Avi Primor häufiger zu Wort kommen zu lassen. Er ist eine der wenigen auch in Deutschland hörbaren Stimmen aus Israel, die wenigstens ein bisschen Vernunft anklingen lassen.

    In seiner Kolumne fordert er jetzt von seinem Premier Olmert einen „kühnen Friedensplan“, weiß aber offensichtlich auch nicht, wie der aussehen könnte. Ich hätte da einen Vorschlag:

    Israel und die westliche Wertegemeinschaft verabschieden sich von der Zwei-Staaten-Lösung; Israel und die wirtschaftlich von ihm total abhängigen und deshalb politisch nicht lebensfähigen Homelands Gaza und Westbank werden Bestandteile eines neuen Einheitsstaates Palästina, in dem alle Einwohner – Juden und Araber – gleichberechtigt sind und demokratisch ihr Parlament und ihre Regierung bestimmen.

    Das ist irreal? Das haben alle von Südafrika unter dem Apartheidsystem auch gesagt. Leider ist Mr. Olmert wohl kein de Klerk ist, und bei den Palästinensern ist weit und breit kein Nelson Mandela zu sehen. Deshalb muss die Wertegemeinschaft die Sache in die Hand nehmen und in der Region für Frieden sorgen, indem sie Israel von seinem hohen Pferd herunterholt und den Arabern erst was zu essen, dann gesicherte Arbeit und die Menschenrechte verschafft.

    Peter Bläsing

  17. @ #17. Kommentar von Peter Bläsing

    Sehr geehrter Herr Bläsing,

    wer würde sich nicht einen befriedeten Staat für Israelis und Palästinenser gemeinsam wünschen.

    Nur wundert es mich, dass Sie in diesem Zusammenhang dann ausgerechnet Avi Primor lobend hervorheben. Avi Primor vertritt m.W. seit jeher die offizielle Linie Israels, die niemals einen anderen Einheitststaat als den des bestehenden Israels im Auge hatte. Der schließt bekanntlich de facto Westbank und Gazastreifen ein, trotz der dagegenstehenden völkerechtlichen Vorgaben. Selbst die entwickweltsten offiziellen israelischen Positionen gehen von einer Zweistaatlichkeit aus, die Israel immer noch in der Vorhand ließe, abgesehen davon, dass die USA daran das größte Interesse haben.

    Von daher würde ich mir von der FR eher erwarten, dass sie als angeblich linksliberale Zeitung, statt zum wiederholten Male dem staatstragenden Primor das Wort zu geben, doch ebenso die innerisraelische Opposition gegen das regionale Hegemoniestreben Israels zu Worte kommen lassen würde, als auch gemäßigte, realistische Politiker von palästinensischer Seite.

    Leider steht zu befürchten, dass die Umstellung der FR für solchen Journalismus im Gegensatz zu früher nicht mehr denselben Raum bieten wird.

    MfG

    Uwe Theel

  18. @Peter Bläsing
    Schon wieder eine „einfache“ Lösung, die nichts nützt, weil sie keiner der beteiligten wünscht. Bitte nehmen Sie geschichtliche Tatsachen zur Kenntnis: Einen „binationalen“ Staat haben lediglich Teile der zionistischen Bewegung (wie Martin Buber) befürwortet. Auf der arabischen Seite (von Palästinensern sprach damals niemand) hatte diese Idee keine Anhänger gefunden. Sie ist im 1948-Krieg untergegangen. Die PLO hat zwar die Forderung nach einem „demokratischen Staat für Muslime, Juden und Christen“ als Propagandainstrument benutzt, meinte aber damit die Negierung Israels. Heute wollen in der überwiegenden Mehrzahl sowohl die Palästinenser als auch die Israelis eine Zwei-Staaten-Lösung. Nur den Weg dazu wird durch Terror und Besatzung blockiert.
    Die Bemerkung, Avi Primor sei „eine der wenigen auch in Deutschland hörbaren Stimmen aus Israel, die wenigstens ein bisschen Vernunft anklingen lassen“, zeugt von absoluter Unkenntnis. In Israel und in den Medien des Landes (z.B. http://www.haaretz.com) sind zahlreiche, auch weit kritischere Stimmen als die von Primor wahrzunehmen.
    @Uwe Theel
    Welchen gemäßigten palästinensischen Verträter würden Sie den vorschlagen, der wie Primor die eigene Seite in einer deutschen Zeitung zu kritisieren bereit wäre?

  19. @19. Kommentar von Abraham

    In Antwort auf Ihre Frage an mich:

    Ich weiss zuwenig Genaues über Profile einzelner palestinensischer Politiker im Nahen Osten.

    Grundsätzlich gehe ich davon aus, dass es in der palästinensischen Bewegung nicht nur „Krieger“ gibt. Meinem grundsätzlichen Wissen zufolge gibt es durchaus Kommunikation zwischen der linken Opposition Israels und palästinensischen Kräften, die einen ehrlichen Frieden suchen (s. weisen selbst auf diese Kreise der israelischen Opposition hin, die hierzulande – auch mir – viel zu wenig gemnauer bekannt sind); ich weiss nicht, was ist aus den Initiativen des (früheren) jordanischen Königs geworden? – Möglicherweise wissen Sie da mehr?.

    Meine Entgegenung auf Herrn Bläsing bezog sich wesentlich auf den Hintergrund vor dem er seinen, auch mir leider nur naiv erscheinenden Vorschlag gemacht hat und die Behandlung dieses Themas in der deutschen Öffentlichkeit, insbesondere nach Wegfall eines kritischen Pressseorgans wie der alten FR.

    Was Sie in Ihrer Antwort #19 an Herrn Bläsing geschrieben haben, dem stimme ich zu. Auch ich kann mir bisher nur eine Zweistaatenlösung vorstellen. Allerdings fällt es mir immer schwerer, mir auszumalen, dass die palästinensische Bevölkerung in den winzigen Gebieten Westbank und Gaza nach all der Ausblutung und Belagerung von sich aus einen gesellschaftlich und ökonomisch funktionierenden Staat aufbauen können soll, dies noch dazu gegen den Willen von USA, Israel und einer mangelnden Eigeninitiative Europas.

  20. @ Bronski

    Sie schreiben eingangs:

    „Die brennendste Frage ist aber doch wohl, ob Israel sich einen islamischen Gottesstaat vor seiner Haustür gefallen lassen wird.“

    Glauben Sie nicht, dass dies nicht wirklich die drängenste, vor die zuerst zu beantwortende Frage ist? Genauso könnte und müsste man fragen, ob sich die Palästinenser „gefallen lassen müssten“ einen „Gottesstaat“ wie den Israels vor „ihrer Haustür“ zu haben, den einer illegalen Atommacht und Anhänger der preemptive strike Doktrin des Angriffskrieges.

    Ich bin der Meinung, wenn Sie schon Fragen an die Leser stellen, die noch dazu sehr emotional wirkendes Vokabular benutzen, dann fragen Sie bitte in beide Richtungen dieses Konfliktes, verteilen Sie die Gewichte nicht einseitig in einer Weise, wie ich es aus der FR bisher nicht kannte.

  21. Die Schlussfrage Bronskis in seinem Eingangsbeitrag halte ich für nur allzu berechtigt, wenn man sich die engen Zusammenhänge zwischen Islamismus (die Hamas sind schließlich Islamisten und haben sich die Vernichtung Israels auf ihre Fahne geschrieben) und Antisemitusmus deutlich macht.
    Hierzu kann ich nur wärmstens das Buch von Matthias Künzel, Dschihad und Judenhass empfehlen. Oder auch nur einen kurzen Beitrag in der Zeit, der unter folgendem Link nachgelesen werden kann:

    http://www.zeit.de/2003/07/Islamismus_neu?page=all

  22. 22. Kommentar von Iris Rücker

    Werte Frau Rücker,

    ich habe nicht gesagt, man könne die Frage Bronskis nicht stellen, wenn ich auch die Ausdrucksweise für nicht ganz angemessen halte (es ist nicht vor der „eigenen“ Haustüre der Israelis, besenken Sie: Der Name des Landes dort ist „Palästina“), und das Existenzrecht der Israelis ist heute nicht weniger in Frage gestellt, als das der Palästinenser, oder würden Sie die Besatzungspolitik der Israelis als eine Praxis der Garantie des Existenzrechts der Palästinenser betrachten wollen? – Also war meine Kritik an Bronski nach beiden Seiten in angemessener Form zu fragen, berechtigt.

    Ihr Verweis auf den Artikel von Bassam Tibi über einen NPD-Veranstaltung in der ZEIT geht auch etwas daneben: Dass sich die Neofaschisten die Antisemitismusdebatte suchen wo sie sie finden, sollte Ihnen nicht als Argumentationsgrundlage dienen können. Niemand mit politischem Bewußsein wir leugnen, dass es in der arabischen Nation Antisemitismus gibt, Aber: Antisemitismus war nie ein religiöse Juden – gegen Araber oder Christen), sondern immer einen politische (Herrschafts)Frage, und die Deutschen voran, wie andere waren nie Araber und hatten die Antisemiten unter sich. Was wollen Sie hier beweisen? Es handelt sich hier nicht um eine religiöse Frage des „Judenhasses“ – oder umgekehrt des „Hasses auf den Muslim“, sondern um eine politische Frage, die mindestens in die erste Hälfte des 20. Jahrnunderts zurückreicht.

  23. @Uwe Theel
    Sie kennen offensichtlich weder die innerpalästinensische noch die innerisraelische Diskussion und wohl auch die Situation dort kaum. Ihr Wissen reicht aber dafür aus, Primor „staatstragend“ zu nennen oder Israel als „Gottesstaat“ zu bezeichnen.

    Diese deutsche Diskussion des Israel-Palästina-Konflikts ohne jegliches Hintergrundwissen, aber mit unerschütterlichen, obwohl lediglich auf Vorurteilen basierenden „Meinungen“ ist ein reiner Selbstzweck. Weder den Palästinensern noch den Israelis hilft sie bei der schwierigen Suche nach einer Lösung eines Konflikts, bei dem Recht gegen Recht und Unrecht gegen Unrecht stehen. Die Israelis leiden genug unter der ständigen Terrorangst, die Palästinenser unter Besatzung. Warum sollten sie noch unter dieser nieveaulosen Debatte leiden?

  24. @ 24. Kommentar von Abraham

    Es tut mir leid, dass mir nicht konstruktiver anworten konnte. Ich habe jeden falls kein Wissen vorgetäuscht, dass ich nicht hätte, sondern ehrer Sie nach – allerdings konkreten – Informationen gefragt die mir helfen könnten mein Meinungsbild zu verstärken.

    Was staatstragende Funktion von Herrn Primor betrifft, so kann an dieser wohl kein Zweifel bestehen. Er hat oft in der FR geschrieben, und nirgendwann fand ich bei ihm Positionen, die die offizielle Politik Israels je grundsätzlich in Frage stellte. Ich habe nie behauptet, er wäre eine Falke, er will sicherlich auch den Frieden, aber eben im Rahmen der Regierungspolitik, die dies bis heute nicht geschafft hat. Die Gründe auch dafür versucht dieser Blog zu diskutieren.

    Der begriff „Gotteststaat“ ist nun kein wirklich definierter, der auf moderne Staaten 1:1 anwendbar wäre, es ist ein Kampfbegriff, eingeführt mit der Terminologie des „krieges gegen den Terror. Ich habe ihn auf Israel angewendet in dem Sinne, das fundamental religiöse Kräfte des Landes in politischen Parteien organisiert über Abgeordnete im Parlament und als Regierungsmitglieder die Politik Israels aus religiösen Vorstellungen heraus politisch gestalten. (Die zweite Intifada hatte ihren Anlass nicht zuletzt in einer politisch gemeinten, aber religiös begründeten Demonstartion hoher und höchster Regierungsmitglieder auf dem Tempelberg).

    Mir schleißlich zu unterstellen, einen Diskussion, wie ich sie hier zu führen versuchte wäre Anlass zum Leiden der Israelis und Palästinenser, vergleichbar dem das durch Terror und Besatzung verursacht wird, halte ich für intellektuell unredlich, weil von den wahren Ursachen des Leidens ablenkend. Die Abqualifizierung meiner Gedanken als bloße, unbegründetet Meinung, als Selbstzweck – was sollte ich damit bei mir selbst bezwecken? – dass Sie mich dabei in den Zusammenhang einer „deutschen Debatte“ (insinuieren Sie damit rechtes, faschitisches Gedankengut?) einzuordnen versuchen, empfinde ich persönlich als beleidigend.

  25. Es gibt auf der Welt soviele gleich gelagerte Konflikte, oft mit Waffengewalt aber auch häufig nur im diskursiven Ebene. Allen gemeinsam ist, dass man von „außen“ zwar gute Ratschläge geben darf, aber entscheidend sind die Akteure vor Ort. UNd wie so oft, kommt es darauf an, dass die emanzipatorischen Kräfte sich finden, erstarken und Einfluss auf die offizielle Politik bekommen. Jede „gewaltsame“ Lösung kann einen gewaltsamen Konflikt nicht lösen. In Deutschland kaum wahr genommen werden die innenpolitischen Widerstände auf beiden Seiten die nach einer friedlichen Lösung suchen. Leider werden diese Gruppen auf beiden Seiten massiv unterdrückt und ausgegrenzt. Aber es gibt zunehmend Bewegung.

    Es gibt auf beiden Seiten mächtige Gruppen, die von dieser Konfliktsituation profitieren. Diese Profiteure müssen an zurückgedrängt werden. Möglich ist dies im Prinzip nur durch innenpolitischen Widerstand.

  26. @ 25. Kommentar von Uwe Theel

    1. Wenn Sie Primor als staatstragend bezeichnen, weil er das Recht der Bürger Israels auf ein Leben in Sicherheit und in sicheren Grenzen vertritt, dann ist die ganze israelische Friedensbewegung staatstragend. Es zeugt erneut von Ihrem oberflächlichen Wissen, wenn Sie meinen, seine Kommentare würden „die offizielle Politik Israels je grundsätzlich in Frage“ stellen. Seine kritischen Positionen (z.B. sofortige Verhandlungen mit Syrien, Gespräche mit gemäßigtem Flügel der Hamas, Beendigung der Siedlungspolitik) sind keine „offizielle Regierungspolitik“. Sie kommen aber aus der Mitte der israelischen Gesellschaft, auch wenn sie (noch nicht) mehrheitsfähig sind. Das die Israelis für Frieden zu Konzessionen bereit sind, hat der Rückzug aus Gasa gezeigt, der von einer großen Mehrheit befürwortet wurde. Um so größer ist die Enttäuschung, dass dem Rückzug nicht ein friedliches Miteinander, sondern eine Fortsetzung und Intensivierung der Raketenangriffe auf Israel und des Terrors gegen Zivilbevölkerung folgte.

    2. Wenn Sie Israel als „Gottesstaat“ bezeichnen, weil „fundamental religiöse Kräfte des Landes in politischen Parteien organisiert über Abgeordnete im Parlament und als Regierungsmitglieder die Politik Israels aus religiösen Vorstellungen heraus politisch gestalten“, dann sind auch Deutschland und viele europäische Länder, in den christlich orientierte Parteien existieren, „Gottesstaaten“. Werden hier die Diskussionen um Abtreibungsrecht, Bio-Ethik, Homo-Ehe, Öffnungszeiten am Sonntag usw. nicht aus religiösen Vorstellungen geführt? Israel ist ein sekulärer Staat, der Religionsfreiheit gewährt. Dazu gehört auch das Recht, die religiöse Überzeugung in politischen Parteien zu vertreten. Die verschiedenen religiöse Parteien sind im Übrigen in politischen Fragen oft unterschiedlicher Meinung.

    Das Beispiel, mit dem Sie Ihre Einstufung Israels als Gottesstaat „belegen“ zeigt erneut, wie wenig Sie über Israel informiert sind. Der von Ihnen erwähnte Besuch auf dem Tempelberg, der angebliche Anlass für die zweite Intifada, erfolgte keineswegs durch „hohe und höchste Regierungsmitglieder“, sondern durch den damaligen Oppositionsführer Ariel Scharon. Scharon handelte auch nicht aus religiösen Gründen: Das Israelische Oberrabbinat untersagt ausdrücklich gläubigen Juden das Betreten des Tempelbergs, weil sie irrtümlich in den verbotenen Bereich des „Allerheiligsten“ geraten könnten, den nur der Hohepriester am Versöhnungstag (Jom Kippur) betreten durfte.

    Eine Diskussion, die „Argumente“ aus der Luft holt und sich nicht auf ein Mindestmaß von Kenntnissen stützt, ist ein Selbstzweck.

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