Eva Hermans Äußerungen erhitzen weiter die Gemüter. Auch hier im Blog ist schon viel darüber geredet worden. Ob diese Äußerungen nun aus dem Zusammenhang gerissen wurden oder ob sie wirklich denkt, was sie da gesagt hat, soll hier nicht weiter vorrangig sein. Eher beschäftigt mich die Frage, wie es kommen konnte, dass sie solche Zusammenhänge überhaupt herstellen konnte. Hat sie nur ausgesprochen, was viele heimlich denken? Sind ihre Äußerungen ein Indikator für einen tiefen braunen Sumpf an der Basis der Gesellschaft? Hermans Stichwörter: Familienpolitik im Dritten Reich, die Autobahnen natürlich. Im FR-Text „Was war nun gut im Dritten Reich?“ setzt sich der Historiker Erhard Schütz mit dem Umgang mit Tabuthemen auseinander und versucht, Mythen, die von vielen Deutschen noch immer als Realität empfunden werden, beiseite zu räumen.

Dazu meint etwa FR-Leserin Corinne Flacke aus Bonn:

„Was war nun gut im Dritten Reich? Und an Kerners Reaktion? Vielen Dank an Boris Schlepper für das Interview mit Prof. Erhard Schütz. Die umstrittene Kerner-Sendung selbst habe ich zwar nicht gesehen, aber sehr wohl die darauf folgenden Diskussionen verfolgt.
Schütz hat vollkommen Recht: Es ist ein Fehler, alle Themen rund um das Dritte Reich zu tabuisieren und differenziertes Denken – und damit auch eine sinnvolle Auseinandersetzung mit dieser Zeit – für überflüssig zu halten. Die Verbreitung der „Mythen um das Gute im NS-Staat“ kann nicht durch Tabus verhindert werden, im Gegenteil. Wir brauchen nach wie vor Aufklärung über die Nazi-Zeit und ihre Propaganda-Strategien.“

Rudolf Wenz aus Steinbach versucht zu entzaubern:

„Die Mythen der zwölf Jahre halten sich hartnäckig. Jeder weiß, wie falsch sie sind, fühlt es aber nicht.
Mythos „Familie“: Zu keiner Zeit der Weltgeschichte wurde Familie so nachhaltig zerstört wie in jenen zwölf Jahren. Millionen wurden getötet, noch viele mehr verkrüppelt, misshandelt und missbraucht. Es gibt wenige Familien in der Welt, die sich dieser Tragik entziehen konnten. Deutsche, die im Ausland gearbeitet haben, hörten und spürten das oft.
Mythos „Autobahn/Infrastruktur“: Zu keiner Zeit in der Weltgeschichte wurden so viele Straßen, Brücken, Firmen und Häuser zerstört wie in jenen zwölf Jahren. Erst kürzlich kam bei Erweiterungsarbeiten der A 3 noch 60 Jahre später ein Arbeiter ums Leben.
Mythos ‚böser Mann‘: Hitler wurde von der Wahlbevölkerung gewählt und seine Politik wurde tatkräftig von den Menschen in den Dörfern, Städten und an der Front umgesetzt. Noch heute sagen und glauben viele, ein kleiner Hitler könne es richten – trotz der Erfahrungen der zwölf Jahre.“

Und jetzt noch was Bitterböses von Marc Meyer aus Köln:

„Spricht man von Hitlers Familienpolitik, darf man nicht vergessen zu erwähnen: die vorbildliche, unkomplizierte Reinhaltung der Rasse durch eine recht einfach zu erlangende, früh einsetzende Euthanasie bei auftauchenden Problemen. Ein wichtiger Pfeiler einer damals wie heute gewünschten Bevölkerungsexpansion, die auch wir dringend benötigten. Alles zukünftige Einzahler in eine Rentenkasse. Niemand lange dabei, der der Gesellschaft auf der Tasche liegt. Wohlan denn. Alle gesund zuhause, Eva?“

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28 Kommentare zu “Mythen halten sich hartnäckig

  1. Vorab: Eine Scheißfrage.
    Sofortige Antwort: Nichts, überhaupt nichts war gut im 3. Reich.

    Denn genau so beschissen wären die Fragen:
    Was war gut am Erdbeben in San Francisco ?
    Was war positiv am Hurrikan in New Orleans ?
    Was brachte der Tsunami Gutes ?
    Oder wenn jemand einwendet, das seien ja alles Naturkatastrophen, kann man auch fragen:
    Hatte das Pol Pot Regime auch positive Aspekte ?
    Bot die Inquisition irgendwelche Vorteile ?
    Was waren die guten Seiten bei der Ermordung der indigenen Bevölkerung bei der Eroberung von Nord- und Südamerika ?

    Wenn man möchte, kann man tatsächlich für alle diese Ereignisse für irgend jemanden positive Folgen finden. Aber das wiegt doch niemals das Leid , die Ungerechtigkeit, den Schmerz auf. Deswegen ist diese Frage eine Scheißfrage und darf erst gar nicht gestellt werden.

  2. Natürlich hat uns Adolf Hitler auch was gutes gebracht! Ich denke da an die, weltweit einzige, Bestattungsplicht für Urnen auf kommunalen Friedhöfen. Diese wurde 1934 eingeführt um für, in Dachau oder sonstwo, ermordete Häftlinge von den Angehörigen Gebühren einstreichen zu können.
    Um Tatspuren zu beseitigen wurden die Gefangenen nach ihrer Ermordung verbrannt. Weil dadurch für die Angehörigen keine Bestattungspflicht mehr bestand, hätten diese sogar noch Geld gespart. Das musste verhindert werden!
    Heute werden pietätische Gründe angeführt um die Abschaffung dieses Nazireliktes zu verhindern. Ein Treppenwitz?
    Für diesen willkommene Einnahmequelle könnte man heute noch in den Rathäusern jubeln: „Das danken wir unserem Führer!“

  3. Kann man das Ganze auch etwas weniger emotional diskutieren?

    Selbstverständlich ist an diktatorischen Systemen oder an Terrorismus nichts Positives

    .. oder vielleicht doch: Gibt „Es“ nicht die Möglichkeit, sogenannte Abgründe zu erkennen und diesen vielleicht sogar gegenzusteuern?

  4. Herr Gebhardt,

    Es gibt nichts zu beschönigen wo es nichts schönes gibt, wo nur die Fratze des Mordes, der Verachtung und Erniedrigung des Menschen Ziel, Sinn und Ursache von Allem ist.

  5. Vielleicht hatte ich nur das Glück, daß das wenige an Geschichtsunterricht bei uns in der Schule meine Neugier geweckt hat und ich mich schon recht früh aus eigenem Antrieb mit dem Thema befaßt habe. Dazu kamen die Erzählungen in der eigenen Familie. Jedenfalls wundert mich immer wieder, wie sehr sich der Mythos vom guten nationalsozialistischen Sozialstaat hält. Mir war schon lange klar, daß daß einfach eine Verklärung und Lüge ist, die der Hirnwäsche dient. Damit wird die unerträgliche Brutalität des Alltagsfaschismus kaschiert, der Terror eines Überwachungs- und Unterdrückungssystems, das jeglichen Lebensausdruck versucht für das System zu vereinnahmen und gleichzuschalten oder als systemwidrig zu vernichten. Das System und sogar ein Teil seiner Schergen gingen nahtlos im Stasistaat auf. Und auch hier erleben wir inzwischen die Verklärung der „schönen DDR“, die Mechanismen der Verdrängung und des trotz besseren Wissens Nicht-Hindenken-Wollens sind die gleichen.

    Ein gutes haben die merkbefreiten Äußerungen einer Frau Herman jedenfalls. Da die Dame eine öffentliche Plattform hat, rückt jetzt vielleicht einmal diese Verklärung totalitärer Strukturen ins Licht und wird als die Lüge offenbar, die sie ist.

    Eva K.

  6. Schon deshalb, weil ein Viertel der Bevölkerung glaubt, das Dritte Reich sei nicht nur „schlecht“ gewesen, muss „die Scheißfrage“ erlaubt sein – um beantwortet werden zu können. Das undifferenzierte und verbissene Tabu “Du sollst nicht gut sagen, wenn Du vom Dritten Reich sprichst“ hilft niemandem – außer Nazis, die die Lücke mit ihren Mythen, Halbwahrheiten und ihrem „gut“ füllen.

    Das Hinderliche in dieser Diskussion ist, dass immer wieder die vielen semantischen Bedeutungen von „gut“ miteinander vermischt werden. Wir sollten differenzieren, welches „gut“ jeweils gemeint ist („mit welchen Vorzeichen und zu welchem Zweck“) und von wem mit welcher Intention in der Diskussion ums Dritte Reich benutzt wird: das ns-ideologische „gut“, das demokratische „gut“, das moralische „gut“, das zweckmäßige „gut“, das „ist jetzt aber mal gut“… In „guter“ demokratischer Absicht wird postuliert: „Was ns-ideologisch „gut“ war, darf heute in keiner! Bedeutung gut sein.“ Trotzdem wurde der Anspruch auf Jahresurlaub unter ns-ideologischen Vorzeichen eingeführt, gilt aber heute als sozialdemokratisch gut. Und „die Autobahn“ ist heute zweckmäßig gut.

    Davon abgesehen bedient das „Du darfst nicht fragen“-Tabu die Vorstellung, dass im Dritten Reich „böse“ Dämonen am Werk waren, die „qua natura“ nichts „Gutes“ getan haben können und ergo mit uns heute lebenden Menschen nichts zu tun haben. Ich weiß nicht, was mich mehr verstört: Die Aufnahmen von ausgemergelten KZ-Insassen oder die Aufnahmen von KZ-Aufsehern, die fröhlich den Geburtstag ihrer Kinder feierten. Menschen sind – in sozialer, moralischer, psychologischer Hinsicht – immer gut und! böse. Und wenn ich „die Scheißfrage“ nicht stellen darf, brauche ich mich selbst auch nicht fragen, was umgekehrt böse an mir ist, wieviel Nazi in mir steckt. Wieviel von der „Du sollst nicht fragen“-Haltung so mancher „Gutmenschen“ ist purer Abwehrmechanismus und beruht auf der Verdrängung und Projektion eigener, unschöner Gefühle auf dämonisierte Nazis? Deren Ideologie sich bestens darauf verstand und versteht, menschliche Gefühle und Triebe zu instrumentalisieren – von denen auch heutige Menschen nicht frei sind.

  7. „Lieber dumm fragen, als gar nicht diskutieren“, findet Erhard Schütz, ein Literaturwissenschaftler, der uns hier umstandslos als Historiker präsentiert wird, und gibt dumme Antworten auf dumme fragen eines FR-Reporter.

    „Wir begehen einen großen Fehler, wenn wir alle Themen rund um das Dritte Reich tabuisieren.“ (Schütz). Wem würde das denn um alles in der Welt einfallen?

    Was hat überhaupt in dem Zusammenhang das Wort „Tabu“ zu suchen? Seit das Dritte Reich noch gar nicht zu Ende war, leben die von der Nazi-Propaganda in die Welt gesetzten Legenden über seine angeblichen positiven Errungenschaften fort und werden über die Jahrzehnte fröhlich weiter kolportiert. Und akademische Dünnbrettbohrer treten marktschreierisch in Tageszeitungen als Tabubrecher auf und verbreiten ganz neue Erkenntnisse darüber, wie es wirklich gewesen ist.

    Was uns Herr Schütz eröffnet über die tatsächlichen Hintergründe des Baus der Autobahn, über den er 1996 ein Buch verfasst hat, ist so neu nicht, sondern erscheint alles wortwörtlich schon zehn Jahre vorher in dem eindringlichen Film „Reichsautobahn“ (1986) des bedeutenden Dokumentarfilmers und Film-Theoretikers Hartmut Bitomsky, von dem er vermutlich abgekupfert hat, einschließlich der Charaktrerisierung als „Mythos“.

    Was an den Filmbildern deutlich wird: die Reichsautobahn war, ob gut oder nicht, jedenfalls schön, zumindest schöner als die zeitgenössischen. Sie wurde nach landschaftsarchitektonischen und übrigens auch Naturschutz-Gesichtspunkten in die jeweilige Landschaft integriert, fügt sich organisch in diese ein, die Auf- und Abfahrten laufen im spitzen Winkel zu und ab, ohne gigantische Flächen-verschlingene Kleeblätter, und, sehr angenehm für das Auge: Sie kommt praktisch ohne Verkehrsschilder aus. Die schönen Sandstein-gemauerten Brücken mit den engen und hohen Bögen sind im wesentlichen Wiederaufbauten aus jener Zeit.

    „Übers ganze Reichsgebiet verteilt wurde mit dem Bau von Autobahnstücken begonnen, damit die Deutschen sehen: Da gibt es Arbeit. Das blieb wohl hängen.“ – Offenbar jedenfalls bei Schütz. Tatsächlich aber hatten die Deutschen wenig Interesse an dieser Arbeit. Sie war gefährlich und verhasst. Alle vier Kilometer ein Toter, Knochenarbeit, Unterbringung in primitiven Baracken, die Flucht davor musste wie bei Deserteuren unter Strafe gestellt werden. Ab 1935 wurde sie weitgehend vom verpflichtenden Reichsarbeitsdienst verrichtet, im Krieg wurden Kriegsgefangene und ausländische Zwangsarbeiter eingesetzt.

    Was die militärische Nutzbarkeit betraf, hat sich Hitler grandios verkalkuliert: die Straßendecken waren schon für schwere Lastwagen zu dünn, geschweige denn für Kettenfahrzeuge. Deshalb, und wegen der zu guten Sichtbarkeit aus der Luft, bevorzugte die Wehrmachtsführung die Eisenbahn.
    Aber der süffisante Hinweis, dass die Autobahn nicht genutzt werden konnte, da es kaum Autos gab, trifft nur sehr bedingt. Hitler dachte kapitalistisch, und er hat sich von der Auto-Lobby für den Autobahnbau erwärmen lassen. Das Kapital produziert nicht für die Deckung eines bestehenden Bedarfs, sondern spekulativ für einen zu schaffenden Bedarf. Und diese Rechnung ging ersichtlich beim Autobahnbau auf wie irgendeine.

    Was Schütz zu guter Letzt über das „Frauen- und Familienbild“ schreibt, gibt doch nichts als die bekannten, von den Nazis selbst propagierten Vorstellungen wieder und ist allenfalls die halbe Wahrheit. Da verweise ich auf meinen differenzierten Beitrag im anderen Thread. Ob dessen Veröffentlichung in „gerundeter“ Form, wie Inga Wolf vorschlug, informativer gewesen wäre, mögen andere beurteilen.

  8. Ich finde ihren Beitrag sehr bedenkenswert, bin aber sowohl in der Tabu-Frage als auch in der Frage: „Was war gut im NS?“ unentschieden zwischen ihnen und Walthor bzw. stimme beiden entgegengesetzten Antworten jeweils bedingt zu.

    Über eine solche Trivialisierung der Frage, wie sie sich Arno Widmann heute in seinem langweiligen Hofbericht über einen langweiligen Privattalk in der herzoglich DuMontschen Villa in Köln mit seinem Satz „Natürlich war nicht alles schlecht damals“ erlaubt, womit er meint, dass die Leute damals ihr Leben in Freud und Leid gelebt haben, brauchen wir uns nicht zu unterhalten.
    So kann man durch Entpolitisierung der Frage diese auch noch auf ein Niveau unterhalb des Hermanschen senken.
    http://fr-aktuell.de/in_und_ausland/kultur_und_medien/feuilleton/?em_cnt=1233598&

    Tatsächlich scheint mir auch weniger ein Tabu vorzuliegen – die 25 Prozent, welche die Autobahn als Hitlersche Errungenschaft betonen, was sie ja auch trotz der bemühten Hinweise auf frühere Pläne usw. im Effekt ja tatsächlich war, tun das ja keineswegs heimlich. Vielmehr zeigen sich hier bequeme Formen von Verdrängung, die sie im zweiten Teil ansprechen. Hannah Arendt spricht in diesem Zusammenhang von der Banalität des Bösen, und Günther Anders von der entsetzlichen Harmlosigkeit des entsetzlichen. Die dämonisierende Abwehr des Bösen ist eben einfacher und entlastender als die Einsicht, dass das Unmenschliche menschlich ist und daher auch eine – zumindest potenzielle – Eigenschaft und Verhaltensweise von mir.

    Ich befürchte, dass der derzeit allfällige publizistische Ruf „Die Frage, ob es im NS was Gutes gab, muss erlaubt sein!“ eben nicht den Effekt der Aufklärung hat, sondern den eines rechten Geschichtsrevisionismus. Es fällt denen ja allen, und ihnen offenbar auch, nicht wirklich etwas Gutes ein, aber was hängen bleibt bei dieser leidigen „Debatte“ ist: „Nationalsozialismus – gut!“

    Und wenn mir nicht wirklich etwas Substanzielles geboten wird, worauf ich begierig bin, finde auch ich das für eine Diskussion eine Scheiß-Frage.

    Der gesetzliche Urlaub ist im 3. Reich nicht eingeführt, sondern von drei auf sechs Tage erhöht worden. Auch haben sich die Löhne erhöht – im Zusammenhang mit einer z.T. immensen Erhöhung der Arbeitszeit. Etwas Gutes, wovon Mehdorn nur lernen konnte, ebenso wie die Konstrukteure der Ein-Euro-Jobs vom Reichsarbeitsdienst.
    Dass unsere Rente eben nicht sicher ist, liegt weniger an der vielfach beschworenen demografischen Zeitbombe, sondern zumal daran, dass die Nazis den Kapitalstock der Rentenversicherung für ihren Krieg ausgeraubt haben, der nach dem Krieg zugunsten des krisenanfälligen Umlageverfahrens nicht wieder aufgebaut wurde.

    Fazit: Ob schlecht sein m u s s , „was Was ns-ideologisch „gut“ war“, es w a r schlecht, sonst brauchten die Nazis es nicht so ideologisch zu verbrämen.

  9. Die Aussagen von Eva Hermann sind m. E. nur die Spitze eines ideologischen Eisbergs.
    So befindet in Aachen beispielsweise zeitgleich ein Staatsanwalt, dass der Satz „Unsere Ehre heißt Treue“ nicht als SS-Losung zu werten sei. Denn schließlich heiße ja „unsere“ und nicht „meine Ehre“.

    Da wundert es dann auch nicht weiter, wenn die Menschen im Stolberger Stadtteil Zweifall im Jahre 2007 auf die Barrikaden gehen, mit dem Ziel, „ihren Stein“, die SS-Losung „Unsere Ehre heißt Treue“ behalten zu wollen.

    Natürlich kann man versuchen, solche Entwicklungen als Dummheit abzutun.
    Gleichwohl wird aber auch deutlich, wie verbreitet inzwischen/(noch immer) diese Form der Geschichtsklitterung ist.

    Vielleicht haben „wir“ uns in den 62 Jahren nach der Befreiung durch die Aliierten auch nur vor gemacht, dass die braune Gesinnung einer inzwischen aufgeklärten, bewußten und kritischen Denkweise gewichen sei.

    Möglicherweise konnte so, inzwischen hübsch und adrett verpackt, mehr gedankliche und politische Nähe zu brauner Gesinnung überleben, als uns lieb ist und das „Heimweh“ nach Nazi-Deutschland wurde inzwischen unter der Hand salonfähig.

  10. @ Ellen Rütten

    Solche Staatsanwälte kann man doch nur als Gesinnungstäter werten, ebenso wie solche Richter, oder?:

    http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,367176,00.html

    In Stolberg ist das Verfahren ja wohl mittlerweile eingestellt und die Losung wurde von dem Stein entfernt. Man freut sich über jeden kleinen Teilsieg.

    Die Krux ist, dass die SS zwar 1945 als Nazi-Organisation von den Alliierten verboten wurde, jedoch nach unserem Recht nicht als „kriminelle Vereinigung“ geahndet wird. Mit dem Effekt, dass ihre Opfer bis heute zum großen Teil vergeblich auf Entschädigungen warten, während die Angehörigen und ihre Witwen sich z.T. hoher Renten erfreuen durften und dürfen.
    http://www.hagalil.com/archiv/98/12/ss-rente.htm

    Erst aufgrund einer von den Grünen betriebenen Gesetzesänderung kann seit 2001 die Versorgungsrente abgesprochen werden, wenn, z.B. KZ-Aufsehern im Einzelfall nachgewiesen wird, dass sie sich persönlich der „Verletzung der Grundsätze der Menschlichkeit und Rechtsstaatlichkeit“ schuldig gemacht haben.

    Was ist schon die industrielle Ermordung von sechs Millionen Juden, deren Organisation und Durchführung auf das Konto von SS-Totenkopfverbänden und Waffen-SS geht, gegen 34 ermordete FAF-Opfer?

  11. @heinrich

    Ich bin dafür , die Kinder nicht mit dem Bad auszuschütten:

    Gerade wegen der Banalität des Bösen sollten Sie anerkennen, daß Millionen von Deutschen noch heute vor sich selbst rechtfertigen müssen, dabeigewesen zu sein und mitgemacht zu haben und zwar gegen Ihren Willen, gegen ihre Überzeugung und gegen den eigenen Anstand.
    Natürlich flüchtet der Mensch sich in solche kleinen Rechtfertigungen: „Es gab ja auch was Gutes!“ Das soll dann wohl heißen, man sei hineingezogen worden.

    Da muß dann die Aufklärung einsetzen, daß das „Gute“ meist nur ein Köder war oder zu späteren „bösen“ Zielen gedacht war.
    Diese Doppelstrategie ist ja auch heute nicht unbekannt in der Politik, und sie ist besonders in der unrechten Szene das Mittel zum Stimmenfang.

    Man darf nicht gestatten, daß „Gutes“ zum Köder für die Mitläufer wird, um sie später schrittweise am Verbrechen zu beteiligen und zu Mittätern und Täter zu machen.

    Daher sollte die Frage erlaubt sein, umso mehr aber die unmißverständlichen Antworten dazu, wohin denn die Autobahnen (etc…)führen sollten und geführt haben.

  12. Ein Problem, die marktradikalen Positionen durchzusetzen, ist die dt. Vergangenheit. Wenn der als Reformen getarnte Sozialabbau fortgeführt werden soll, bedarf es eines korporatistischen Weltbildes der Volksgemeinschaft, die zusammenhält und das vermeintlich gemeinsame Ziel verfolgt, aus ökonomischen Notwendigkeiten Verzicht auf demokratische und materielle Rechte zu üben, damit das Unternehmen Bundesrepublik im Konkurrenzkampf des globalen Kapitalsystems bestehen kann. Nicht zuletzt deshalb wurde vor einiger Zeit die Kampagne „Du bist Deutschland“ gefahren, um den gedanklichen Überbau aus der faschistischen Zeit dieses Staates aus der Schmuddelecke zu holen. Diese Werbeinitiative wurde von den Konzernen finanziert und logistisch getragen. Nahezu gleichzeitig wurde die Fußball-WM benutzt, einen „positiven Patriotismus“ in den Köpfen der Arbeitnehmer zu verankern – alle sollen angeblich im selben Gefährt sitzen, geschmückt mit der Deutschlandflagge. Auf diesem Hintergrund gedeihen Vorstellungen und Gedanken, wie sie von Frau Hermann in für sie ungünstigem Zusammenhang formuliert worden sind. Dass diese immer noch bzw. zunehmend weite Verbreitung finden und dann gar in der FR in dem Beitrag „Was war nun gut im Dritten Reich“ sich niederschlagen, zeigt den Erfolg der Kampagnen.

  13. @ #12. BvG

    BVG, wieder einmal ist ein Beitrag von Ihnen – vorsichtig formuliert – schlicht unverständlich:

    1) Welche Aussage werfen Sie heinrich vor, dass er damit das Kind mit dem Bade ausschütte?

    Meinen Sie damit heinrichs nur richtige Aussage:

    „Ich befürchte, dass der derzeit allfällige publizistische Ruf „Die Frage, ob es im NS was Gutes gab, muss erlaubt sein!“ eben nicht den Effekt der Aufklärung hat, sondern den eines rechten Geschichtsrevisionismus. Es fällt denen ja allen, und ihnen offenbar auch, nicht wirklich etwas Gutes ein, aber was hängen bleibt bei dieser leidigen „Debatte“ ist: „Nationalsozialismus – gut!“

    Und wenn mir nicht wirklich etwas Substanzielles geboten wird, worauf ich begierig bin, finde auch ich das für eine Diskussion eine Scheiß-Frage.“

    2)Wenn Sie dann noch glaubten, für Ihren Widerspruch dagegen Hanna Arendt vereinnahmen zu können, dann sei Ihnen gesagt, dass Sie diese für sich in unverständigster Weise und völlig gegen deren Intention interpretieren: Niemals hätte Arendt Ihrer wirklich nur blödsinningen Idee zugestimmt, anerkennen zu müssen, „daß Millionen von Deutschen noch heute vor sich selbst rechtfertigen müssen, dabeigewesen zu sein und mitgemacht zu haben und zwar gegen Ihren Willen, gegen ihre Überzeugung und gegen den eigenen Anstand un dies „verständlicherweise“ (???) mit „kleinen Rechtfertigungen“ der von Ihnen genannten Art entschuldigen könnten.

    Sie haben Arendt nie gelesen, sonst wüssten Sie, dass sie, ganz im Widerspruch zu Ihnen, in ihrer Einleitung zur deutschen Ausgabe 1964 von „Eichmann in Jerusalem. Ein Bericht von der Banalität des Bösen“ den Ausdruck von der „Banalität des Bösen“ folgendermaßen erläuterte:

    „ … in dem Bericht kommt die mögliche Banalität des Bösen nur auf der Ebene des Tatsächlichen zur Sprache, als ein Phänomen, das zu übersehen unmöglich war. Eichmann war nicht … Macbeth … Außer einer ganz ungewöhnlichen Beflissenheit, alles zu tun, was seinem Fortkommen dienlich sein konnte, hatte er überhaupt keine Motive.“ Niemals hätte er seinen Vorgesetzten umgebracht. Er sei nicht dumm gewesen, sondern „schier gedankenlos.“ Dies habe ihn prädestiniert, zu einem der größten Verbrecher seiner Zeit zu werden. Dies sei „banal,“ vielleicht sogar „komisch.“ Man könne ihm beim besten Willen keine teuflisch-dämonische Tiefe abgewinnen. Trotzdem sei er nicht alltäglich. „Dass eine solche Realitätsferne und Gedankenlosigkeit in einem mehr Unheil anrichten können als alle die dem Menschen innewohnenden bösen Triebe zusammengenommen, das war in der Tat die Lektion, die man in Jerusalem lernen konnte. Aber es war eine Lektion und weder eine Erklärung des Phänomens noch eine Theorie darüber.“

    Sie haben diese Lektion nicht gelernt, denn sonnst wüssten Sie, dass gerade die so definierte Banalität eine Auseinandersetzung mit diesen Kleinbürgern, den Großtätern und Nachfolgern unverzichtbar macht, ihnen selbst keine Lücke freigibt , der eigenen Verantwortung zu entschlüpfen.

    Dass Ihre, auch fälschlich gegen heinrichs Ausführungen angeführte Postion der „verständlichen“ „kleinen Rechtfertigung“, daher im Sinne der von Ihnen angeblich ja geforderten Aufarbeitung des Faschismus vollkommen unsinnig ist, werden Sie, wie gewohnt natürlich wieder nicht einsehen. Die in Ihrem Kommentar #12 weiter angeführten, mir – gelinde gesagt – recht wirr erscheinenden Sätze, helfen hier übrigens auch nicht weiter. Diese könnten mir sogar eher dem Mund eines Ihrer „Unrechten“ entsprungen sein, wenn ich Ihnen auch gerne glauben möchte, dass Sie das natürlich nicht wollten.

  14. #14
    … und ziehen Sie mich nicht dauernd nach rechtsaußen, sonst trete ich Ihnen irgendwann ungewollt zu nahe.

  15. @Theel
    nach nochmaligem (gutwilligen) Lesen bin ich nun doch zu dem Schluß gekommen, daß Sie meine Äußerungen in gewohnt perfider Weise falsch auslegen.

    Ich bitte Sie, Ihre argumentativen Verwirrungen nicht mehr mit mir in Verbindung zu bringen.

  16. @ #15. + 16. BvG

    Ich gebe zu, dass Ihre Postings mir weiterhin ein Quell zu lösender Rätsel sind:

    Erläutern Sie mir doch bitte, wie Sie in #15 dazu kommen meinen Widerspruch in #14 „gegen“ Ihre Argumentation als Erläuterung „für“ Ihre Argumentation auszugeben!

    Ferner wüsste ich gerne, womit Sie Ihren Widerspruch gegen heinrichs von mir in #14 zitiertes Argument belegen, und wie Sie gleichzeitig in #15 behaupten können, dass ich in #14 richtig erläutert hätte, als ich diesen Widerspruch zurückwies?

    Schließlich bitte ich Sie genau zu lesen: Ich habe ausdrücklich vermerkt, dass ich nicht davon ausgehe, dass sie mit Absicht zum Sprachrohr nach rechts orientierter Aussagen würden. Allerdings bleiben Sie die Begründung schuldig, warum und wozu ihnen die „verständlichen“ „kleinen Rechtfertigungen“ als selbst gerechtfertigt erscheinen. Eine Position, die ich allgemein nicht auf der linken Seite politischer Gesinnung verorten würde.

    Ihre Drohung, mir „ungewollt“ („ungewollt“ bezieht sich in Ihrem Satz übrigens auf Sie selbst, d.h. Sie kündigen mir an, mir gegen den eigenen Willen nahetreten zu wollen) nahetreten zu wollen, übersehe ich an dieser Stelle.

  17. Aufgrund des Einwandes von Tusnelda korrigiere ich meine Aussage am Ende meines Beitrages wie folgt:
    Anstatt “Deswegen ist diese Frage eine Scheißfrage und darf erst gar nicht gestellt werden.“ sage ich nun: Sobald jemand diese Frage aus Unwissen stellen sollte, ist sofort mit “Nichts, üüüüberhaupt nichts“ zu antworten. Einwände sind mit entsprechender Lektüre zum 1000-jährigen Reich zu beantworten.

  18. #18
    War keine Drohung.
    Ich hatte nur Sorge, daß Sie bereits in der rechten Ecke stehen, in die sie mich ständig hineinziehen wollen.

    Übrigens:
    Ironie ist ein englsiches Wort für Eisenhaftigkeit.

    So und nun fordere ich Meinungsfreiheit.
    Freiheit von der Meinung Theels.

  19. @ #22. heinrich

    Lieber heinrich,

    BvG ist kein Kind, aber er hat Hanna Arendt vollkommen falsch für eine eigene falsche Argumentation reklamiert. Dagegen habe mich gewandt.

    Falls Dir meine Verteidung Deiner Position aus #8 (u.ff.) da nebenbei als Anmaßung erscheint, täte es mir leid, ansonsten magst Du mich kritisiern aber nicht in die Kinderecke stellen.

    Ein Kind bin ich nicht und betrachte auch BvGs sogenannte Sprachspiele in ernsten Zusammenhängen nicht als Kindereien wiewohl ich einmal, dachte BvG könnte lernen.

  20. @ admin

    könnte es sein, das Ihre Systemuhr noch auf Winterzeit steht? Die protokollierung meines postings 24 wurde mit 16:12 protokolliert, tatsächlich ist es aber erst 15:12 gewesen.

  21. @ 24 Uwe Theel

    Mein Hinweis galt nicht den Inhalten.

    Ich habe hier keine Ansichten gepachtet und es steht jedem frei, ihnen zuzustimmen oder zu widersprechen. Und mir steht es frei, darauf zu reagieren, sofern ich es für sinnvoll halte.

    Deiner kritischen Erwiderung auf BvG samt der zutreffenden ergänzenden Erläuterung zu Hannah (!) Arendt stimme ich in der Sache voll zu, zumindest, was den ersten Teil betrifft. (Der zweite Teil ist durchaus mehrdeutig und von dir vielleicht falsch vereindeutigt worden, was ihn offenbar auf die Palme gebracht hat.)

    Aber für mich brauchtest du das nicht zu schreiben, und mit BvG hast du durch deinen Kommentar weder ein Enverständnis noch eine klare wechselseitige Abgrenzung der Positionen und Ansichten erzielt, sondern du bist mit ihm – daran bist du keineswegs unbeteiligt – in einen fruchtlosen und, wie ich meine, kindischen Streit geraten. The same procedere as every time!

    Nach meiner Erinnerung habt ihr beide schon mehrfach angekündigt, die Diskussion miteinander einzustellen. Do it!
    Ich glaube nicht, dass irgendjemand hier daran interessiert ist, das so zu lesen. Ich jedenfalls nicht.

  22. #heinrich, Theel

    Ob kindisch oder nicht – man gerät schonmal in einen Streit und möchte sich auch gegen mancherlei Unterstellungen wehren und manches kann man nicht auf sich sitzen lassen.
    Aber auch mir gefällt es nicht, daß man dies dann durch den thematischen Blog ziehen muß.

    Vielleicht wäre es gut, eine Blogecke einzurichten, wo man solche Konflikte abarbeiten kann, ohne die eigentliche Diskussion zu stören.

    Es braucht ja kein ganzer Kindergarten sein, ein Sandkasten würde schon reichen.

  23. @Theel

    Immer wieder Tiefschläge… aber Sie können’s ja nicht anders.
    Ich bin sehr wohl lernfähig, aber Sie nicht des Lehrens.

    Mein Tiefschlag, wiedusoichdir

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