Deutschland in dreißig Jahren – ein Moslemstaat?

Ralph Giordano und Wolfgang Schäuble stritten in der Sonntags-FAZ. Ersterer, Schriftsteller und Publizist, spricht von einer „schleichenden Islamisierung Deutschlands“ durch Leute, „die nichts Gutes im Schilde führen“ und wirft der Politik Defizite vor, wenn er sagt: „Die Ausländer konnten nur deshalb zu uns kommen, weil niemand gewagt hat, eine millionenfache Zuwanderung nach den Interessen des Aufnahmelandes zu regulieren.“ Letzterer, Bundesinnenminister, man kann es sich denken, widerspricht. Und Arno Widmann schreibt in der FR über Giordano: „Unsinn„!

Zu dieser Glosse habe ich eine ganze Reihe von geharnischten Widersprüchen bekommen, die teils ähnlich klingen. Ich bringe davon nur drei. Friedrich Herberg aus Monheim schreibt:

„Dieser Artikel ist an Bösartigkeit kaum zu überbieten. Ralph Giordano werden Dinge unterstellt, die er weder gesagt noch getan hat. Er warnt lediglich vor einer realen Gefahr. Er ermuntert weder dazu, das Grundgesetz beiseite zu legen, noch fordert er Schäuble auf, Muslime unter Sonderrecht zu stellen. Er weist lediglich mit allem gebotenen Nachdruck auf die Gefahr hin, die unserem Rechtsstaat durch viele Vertreter des Islam droht. Und die Art und Weise, wie diese Herrschaften ihr Tun mit dem Koran begründen, deutet darauf hin, dass der Islam zumindest in seiner wörtlichen Auslegung nicht mit dem Grundgesetz kompatibel ist.“

Des weiteren Ludwig Strelow aus Berlin:

„Sehr geehrter Herr Widmann, Sie werden es vermutlich nicht mehr hier erleben, wenn in 30 Jahren (nicht erst in 50) das Grundgesetz demokratisch von der muslimischen Gesellschaft ausgehebelt wird. Dann wird es auch keinen GG-Artikel 20 Abs. 4 mehr geben. Erst Jessen und nun auch Sie. Ihnen den Vogel nur zeigen ist zu wenig.“

Markus Wegner aus Hamburg:

„’Will er ernsthaft, dass der Innenminister nicht nach dem Gesetz vorgeht?‘, unterstellt Arno Widmann Herrn Giordano. Ist es möglich, dass Ihre Zeitung bzw. er nicht erkennen will, dass Gesetze auch zu ändern wären? Schon dies vorwegnehmend, führt er weiter aus, Giordano wolle Schäuble dazu bringen, ‚islamische Bundesbürger unter Sonderrecht zu stellen‘. Was soll diese ungeheuerliche Nazi-Verdächtigung Giordanos? Was für Interpretationen folgen dann? Einfach ungeheuerlich! Derartiges ist typisch für Schreiber am Bürotisch, die nicht mehr wissen (wollen) was auf unseren Straßen so abgeht. Er gehört zu denen, die sich weigern wahrzunehmen, dass fast ausschließlich arabisch-türkische Migranten mit roher Gewalt – weil falsch von islamischen Traditionen her geleitet – unser Leben nachhaltig zerstören, dass aus diesen Großfamilien zum Teil bandenmäßige Gewalt verübt wird und Stadtteile vom normalen deutschen Bürger wohnsitzmäßig verlassen werden müssen. Ist der Islam eine Religion, die dieses Handeln gegen unser Gesetz rechtfertigen kann, ja oder nein? Auf diese Frage traut er sich nicht einzugehen, das wäre aber entscheidend für das Leben in 20 oder 30 Jahren hier in Deutschland. Falls Arno Widmann kinderlos ist, kann ihm das egal sein. Andernfalls schickt er seine Kinder vielleicht besser auf ausländische Schulen und rät ihnen, nicht mehr heimzukommen.“

Dagegen meint Fabian Wagener aus Berlin:

„Giordano soll doch erzählen, was er will. Dass die FAZ ihn lässt, spricht für den spießigen Ungeist des Blatts. Ich glaube aber, dass Giordano wenig Kontakt zur nicht medial vermittelten Realität hat. Dass er sich fürchtet, nehme ich ihm ab. Dass er sich zu Recht fürchtet, glaube ich nicht, es spricht eher für eine leichte bis mittelschwere Paranoia seinerseits. Trotzdem ist er m. E. nicht gaga, sondern weiß eine Menge Gleichgesinnter hinter sich, dummdreist empörte Leser und Schreiberlinge von FAZ bis Bild, die die gleichen Animositäten und Ressentiments pflegen und die eine paranoide Geisteshaltung mit einer rational-argumentativen Vernünftelei zu verbinden wissen.
Arbeitsmigration gibt es seit langem in ganz Europa. Deutschland hat seit den 60er Jahren von der Leistung der türkischen Arbeiter profitiert. Dass sich viele von ihnen nun hier eingelebt haben und ihre Kinder deutsch-türkisch aufgewachsen sind, ist nur natürlich. Soviel zum Grundsätzlichen. – Das Über-den-Kamm-Scheren aller Schattierungen in der deutschtürkischen Bürgerschaft ist dummdreist. Die Gleichsetzung von türkischer Herkunft und Muslim-Sein, des weiteren das In-Eins-Setzen von Religionszugehörigkeit mit politischem Fanatismus und Terrorismus sind verantwortungslos und hetzerisch. Wünscht sich Giordano etwa rechts- und identitätslose Abeitssklaven, die keine ‚Integrationsproblematik‘ mit sich bringen?
Wenn ihm der ‚demokratische Verfassungsstaat heilig‘ ist, sollte er sich nicht mit dem Schänder und zukünftigen Totengräber der freiheitlichen Verfassung abgeben. Schäuble ist ein Wolf im Pastorspelz. Er will die Schafe fürchten machen, damit sie den Grundrechtsabbau für das kleinere und damit akzeptable Risiko halten und schlucken. Wenn Schäuble nun vor dem Hintergrund von Giordanos Drohkulisse sich selbst als ausgewogen liberal darstellen kann, entspricht das genau seiner Strategie, sich als realistisch-rationalen und zugleich liberalen Manager hinzustellen. Tatsächlich ist er ein radikaler Vorreiter des autoritären Präventivstaates.“

Jutta Nickel aus Hamburg:

„Vielen Dank für Ihre klaren Worte. Erst gestern habe ich Giordanos ‚Erinnerungen eines Davongekommenen‘ zu Ende gelesen. Ganz besonders über die völlig undifferenzierten, offen rassistischen Töne gegenüber Moslems, leider häufig mit Türken identifiziert, war ich zutiefst erschrocken. Es wäre interessant zu untersuchen, inwieweit Giordano sich in Wortwahl und bombastisch wütender Ausdrucksweise früherer antisemitischer Schmährede nähert (das ist als echter ‚Untersuchungsauftrag‘ gemeint, nicht als Unterstellung).“

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12 Kommentare zu “Deutschland in dreißig Jahren – ein Moslemstaat?

  1. Mit spießigem Ungeist haben die Argumente R. Giordanos nicht viel zu tun. Seine Befürchtungen wären nicht unbegründet, wenn wir die gesellschaftlich-kulturelle Segregation von Einwanderern nicht verhindern.

    Viele der streng gläubigen Muslime verharren in ihren althergebrachten Gesellschaftsstrukturen, die wiederum ein großes Konfliktpotenzial zu unserem GG birgt. Frauen werden unterdrückt, Ehen „arrangiert“, Gewalt aus religiösen Motiven gerechtfertigt. Gewalt, die die Söhne in ihren Familien erleben, tragen sie auf die Straße in eine Welt, die der Patriarch nicht verstehen will, sie schließlich ablehnt und von den Kindern schließlich ebenfalls nicht toleriert wird.
    Werte und Normen, die wir nach langen gesellschaftl. Auseinandersetzungen errungen haben, werden unter dem Deckmäntelchen der Religionsfreiheit langsam aber sicher unterwandert und in Frage gestellt.

    In Berlin gab es im November die Forderung von einigen Grünen-Politikern, mehr Frauenhäuser einzurichten und mit Wachpersonal zu schützen. Der Grund: Gewalt in muslimischen Ehen ist überproportional hoch, die Frauen flüchten vor ihren Ehemännern. Ihr Leben wird in solchen Fällen bedroht, sie werden verfolgt.

    Nach rbb-Interviews, die nach dem Mord an H.Sürücü geführt wurden, befürworteten die meisten jungen Männer m. türk.-arab. MH an Berliner Schulen einen Mord an einer Schwester, wenn sie die Familie entehrt hat. Hatan wollte bekanntlich nur einen westl. Lebensstil führen, das reichte schon.

    Und unsere deutsche Gesellschaft? Sie knickt ein, inklusive Justiz. Gewalt innerhalb einer muslimischen Ehe sei doch etwas gewöhnliches, nefand eine deutsche Richterin!, sofern ich mich recht erinnere, letztes Jahr.

    Ich denke, in unserem Staat muss verstärkt für unsere Grundordnung geworben, im Zweifel muss diese aber eben auch konsequenter eingefordert werden.

  2. Ich hätte nie gedacht, dass ich mal in die Situation käme, Wolfgang Schäuble gegen Ralph Giordano zuzustimmen. Aber ebensowenig hätte ich gedacht, dass ich als Linker je den bürgerlichen Staat gegen seine Protagonisten in Schutz nehmen wollen würde.
    Ehrlich, diese ganze Diskussion (es ist ja immer die Gleiche) dreht sich immer wieder nur darum, dass das Türkenpack endlich wieder lernen soll den Bürgersteig frei zu machen, wenn ein deutscher Mann des Weges kommt – das versteht man in der BRD unter Integration.

  3. @ Michael Sander

    Ich glaube kaum, dass es bei dieser Diskussion darum geht, dass „das Türkenpack wieder lernt, den Bürgersteig freizumachen, wenn ein deutscher Mann des Weges kommt“. Lesen Sie doch mal was „voyager“ dazu schreibt, dann bekommen Sie vielleicht einen blassen Schimmer davon, worum es geht…
    Leute wie Sie, die derart polarisieren und polemisieren und diejenigen nur mundtot machen wollen, die sich darum sorgen, dass unsere freiheitliche Grundordnung möglicherweise durch Duldung (oder Gesundbeten) von Intolleranz und Extremismus auf lange Sicht gefährdet werden könnte, fördern mindestens ebenso rechtsradikale Strömungen in diesem Land wie „Ausländer-raus“-Parolen. Ich wünschte – oder erwarte sogar, dass gerade die „Linken“ sich einer sachlichen Diskussion stellen statt immer gleich (fast schon reflexhaft) zum pauschalen Vorwurf der Ausländerfeindlichkeit greifen. Denn so einfach ist es (leider) nicht.

  4. Anna kann man zustimmen, dass die Debatte „so einfach“ nicht ist. Daher ist Differenzierung notwendig, die Giordano leider unterläßt.

    Sicher kann man weder häusliche Gewalt noch die Gewaltbereitschaft mancher türkisch- oder arabischstämmigen Jugendlicher nicht hinnehmen, aber ist diese „dem Islam“ anzulasten? Sicher müssen Zwangsehen bekämpft werden, nur ist nicht jede arangierte Ehe schon eine „Zwangsehe“ und wiederum kaum „dem Islam“ anzulasten.

    Schäubles Versuch, mit der Islamkonferenz die Muslime insgesamt in unsere Gesellschaft einzubinden (und damit an das Grundgesetz zu binden) scheint mir der einzige Weg zu sein, die muslimische Gesellschaft selbst zur Klärung der Probleme zu bewegen. Ansonsten gilt das Strafrecht, und zwar für alle Menschen in Deutschland gleicher Maßen.

    Die Augen vor den Problemen zu schließen, hilft nicht, darin gebe ich voyager und Anna recht. Doch das tut Schäuble sicher nicht, während Giordano mit seiner pauschalen Islam-Kritik kaum Lösungsvorschläge bietet.

  5. @ Anna

    Wenn es „so einfach“ nicht ist, dann tragen sie doch nur ein einziges Argument zur Sache vor!

    Sie sind es, die durch ihre Pauschalierungen hier polarisiert, spielen sie sich mal nicht zur Hüterin unserer Grundordnung auf! Haben sie sich das Grundgesetz schon einmal angesehen? Dann werden sie vielleicht die schier unüberwindlichen Hürden festgestellt haben, die es gegen die praktische Duldung (im Kopf steht es jedem frei, alles Mögliche zu dulden oder es zu lassen) von Intoleranz und Extremismus eingebaut hat. Und dann werden sie auch erkennen, welch hohes und unveränderbares (!) Gut ihm die Grundrechte sind, zu denen die Meinungsfreiheit gehört. Leuten, die davon in öffentlichen Foren Gebrauch machen, zu unterstellen, sie wollten andere „mundtot“ machen, ist schon ein grobes Zeichen für Intoleranz.

    „Leute wie Sie“, denen die Unterstellung gilt, gibt es hier nicht. Hier gibt es Individuen, mit denen man sich sachlich argumentativ auseinandersetzen kann, auch und gerade, wenn sie, wie Michael Sander, ihre Position in sarkastischer Überspitzung zum Ausdruck bringen. Das kann man doch gar nicht übersehen, und „die Linken“ greifen nicht immer pauschal zum Vorwurf der Ausländerfeindlichkeit, mit dieser Pauschalierung bauen sie einen Popanz auf, auf den man besser einschlagen kann. Tatsächlich gibt es unter den Linken so welche und solche.
    Zum Beispiel Heinrich, der hier im Blog seit drei Jahren vor der Ethnisierung sozialer Konflikte warnt und dabei nicht daran denkt, sich von Leuten wie ihnen mundtot machen zu lassen, wenn er Ausländerfeinden den Vorwurf der Ausländerfeindlichkeit macht.

    Wenn ich erlebe, wie die immer noch oder schon wieder in völkischen Kategorien denkenden Enkel von Massenmördern sich hier etwas auf die „Werte und Normen, die wir nach langen gesellschaftl. Auseinandersetzungen errungen haben“ zugute halten, schwillt mir echt der Kamm. Säuglinge werden reihenweise von sog. Inländern ermordet, Schüler traktieren ihre Lehrer mit Messern oder knallen sie gleich ab, auf Fußballfeldern und Oktoberfesten herrscht der gesittete Umgang von Bärenhäutern, und ihre großkopferten nationalen Führer heben die Zeigefinger und mahnen, tausendfach medial reproduziert, die „Ausländer“, unsere Grundordnung und unsere Gesetze anzuerkennen.

    Das ist in Abrahams differenzierterer Darlegung sicher wohl gemeint, aber es schwingt doch bei solchen Aussagen immer die Negation des Gegenteils mit, als unterschwelliger Verdacht, es könne in Wirklichkeit anders sein.
    Dabei bekommt, wer gegen die Gesetze verstößt, die Härte des Gesetzes zu spüren, ob er nun aus- oder Einländer ist und ob er sie nun anerkennt oder nicht, das ist doch klar.
    Und von keinem Deutschen ist je verlangt worden, sich zum Grundgesetz zu bekennen, es sei denn, er geht als beamteter Staatsdiener ein besonderes Treueverhältnis zum Staat ein.

    Die ausländerfeindlich motivierten Gewalt-Straftaten werden schätzungsweise für das letzte Jahr an die Tausend herangehen, bis auf wenige Medienhypes, wie die Jagd auf Inder in einem sächsischen Kaff durch eine Horde der zivilisierteren Art, erscheint so etwas, wenn überhaupt, auf der Seite sowieso im Lokalblättchen, bis zum Beweis des Gegenteils mit der notorischen Leugnung eines „ausländerfeindlichen Hintergrunds“, wie die Motive von Faschisten bei uns weichgezeichnet heißen.
    Schlagen zwei junge ausländische Deutsche aber, schlimm genug, einen Mann zusammen, überbieten sich Regierende, Parteien und mediale Meinungsmacher in Forderungen nach drakonischen Maßnahmen, aber nicht etwa für Gewalttäter, sondern für „ausländische jugendliche Straftäter“.

    Ethnisierung sozialer Konflikte: Eine Freundin von mir hat in den frühen Siebzigern ein Frauenhaus mit aufgebaut und ist nach einiger Zeit frustriert aus dem Projekt wieder ausgestiegen, weil die Typen regelmäßig mit Drohungen und Versprechungen ankamen und die Frauen ihnen mit noch blauen oder regenbogenfarbigen Gesichtern gefolgt sind, bis zum nächsten Mal. Das waren keine Muslime, sondern Vertreter der abendländisch-christlichen Kultur.

  6. @ Heinrich

    Donnerwetter, jetzt haben Sie es mir aber gegeben, Heinrich!
    Vielleicht sollten Sie nochmal differenziert über Ihr Lieblingserklärung, „Ethnisierung sozialer Konflikte“ nachdenken… Sicher ist Gewalt auch ein Schichtenproblem und von daher sowohl ein inländisches wie ausländisches Problem . Aber geht es hier wrklich darum?

  7. @ Anna
    Liebe Anna,
    natürlich war das polemisch von mir, allerdings sehr wohl als sarkastische Überspitzung, wie Heinrich netterweise erläuterte.
    Ich will jetzt mal nichts dazu sagen, was Linke „reflexhaft“ tun oder was ich von der Unterstellung halte, keinen „blassen Schimmer“ zu haben. Ich möchte statt dessen versuchen Ihnen zu erläutern, warum eine solche Polemik m.E. gelegentlich und explizit hier angemessen ist.
    1. Ich muss gestehen, ich bin ehrlich perplex Ralph Giordano, den ich nicht nur einigermassen schätzte, sondern auch schon persönlich kennengelernt habe, nach seinem unseligen Auftritt in Köln hier wieder mit dieser Position anzutreffen. Ich habe keinen blassen Schimmer was ihn reitet, aber ich bin doch etwas entsetzt.
    2. „Ethnisierung sozialer Konflikte“ ist keine „Lieblingserklärung“ sondern eine Standardreaktion bürgerlicher Politiker (d.h. CDU, SPD, FDP, Grüne und große Teile der Linken) und klarster Ausweis ihres jederzeit abrufbaren Rassismus. Hier bietet sich nämlich die Gelegenheit, am Einzelereignis zeigen zu können, dass – in diesem Fall, Moslems doch irgendwie rückständig, gewalttätig u.s.w. sind, in den USA wird so immer wieder nachgewiesen, dass Schwarze doch minderwertig sind. Alle Beispiele die voyager aufzählt werden genau so erklärt: es liegt daran, dass es Türken (Moslems, Albaner, Russen, etc.) sind. Interesssanterweise wird die soziale Erklärung bei rassistische Gewalttaten deutscher Jugendlicher sofort gezückt.
    3. Wie SIe sicherlich wissen, ist die BRD eines der wenigen Länder, die ihre Staatsbürgerschaft noch immer vom „Blut“ herleiten. Den großen Einwanderungsländern ist ein solches Konzept fremd (der Rassismus allerdings nicht). Nicht überraschend ist daher eine Vorstellung von Integration, die der ansonsten ziemlich schreckliche Herr Erdogan richtig als Assimilation bezeichnet hat. All die (tatsächlich gar nicht so) charmaten „ethnic quarters“ in den Großstädten dieser Welt sind aber nichts weiter, als die Voraussetzung einer Integration in eine abweisende oder gar feindliche Umgebung. Nachdem in der BRD jahrzehntelang die „Gastarbeiter“ als eine Art notwendige „Fremdarbeitertruppe“ angesehen wurde, die vor Ort in Arbeitslagern gehalten wurde und perspektivisch irgendwann verschwinden würde, ist mittlerweile beim Mainstream die Tatsache angekommen, dass diese Leute hier leben, seit Jahrzehnten eben, dass sie nicht als Singles leben wollten, dass sie nicht ewig daran leiden wollten in dem Land in dem sie leben als Menschen zweiter Klasse behandelt zu werden und dass sie ein zwar schwieriges aber enges Verhältnis zu ihrem Ursprungsland haben. Es sind keine anatolischen Bauern mehr, die kaum lesen und schreiben können (wenn das je so gestimmt hat), sondern Durchschnittstypen, die ihren Teil haben wollen, wie alle anderen auch.
    4. Es geht nicht darum zu akzeptieren, dass Leute gewalttätig, frauenfeindlich und rassistisch sind, sondern zu akzeptieren, dass diese Verhaltensweisen keine Merkmale einer bestimmten Ethnie sind.
    5. Wissen SIe eigentlich, wie lange das Abendland schon untergeht?
    WIssen Sie, dass es wahrscheinlich hauptsächlich in den Jahren 1941-1945 in Deutschland untergegangen ist?
    Wenn irgendwer die Errungenschaften der bürgerlichen Gesellschaft in der BRD gefährdet, dann bestimmt nicht irgendwelche idiotischen „Ehrenmörder“ und Straßenschläger. Es sind die Leute, die seit über 20 Jahren den Klassenkampf von oben betreiben, das Grundgesetzt umschreiben, verbiegen und brechen und die Mehrheit der Bevölkerung (gleich welcher ethnischen Zuordnung) immer unverschämter ausplündern (um das mal polemisch zuzuspitzen)

  8. Deutschland in dreißig Jahren ein Moslemstaat? Laut REMID (Religionswissenschaftlicher Medien- und Informationsdienst e. V.) gibt es hierzulande 3,3 Mio. Muslime – und das bei insgesamt 82,3 Mio. Einwohnern. Das ist eine Quote von lediglich 4 Prozent. Selbst wenn die Anzahl der Muslime jährlich um 3 Prozent steigen würde, wären das in 30 Jahren nur 8 Mio. Schon von den nackten Zahlen her ist ist die Eingangsfrage eine maßlose Übertreibung. Außerdem sind ja nicht alle Muslime Extremisten.

    Religion ist in meinen Augen eine reine Privatangelegenheit. Dies gilt übrigens nicht bloß für Muslime, sondern für alle. Zweifelsohne muss sich jeder an unser Grundgesetz und die demokratischen Prinzipien halten. Das betrifft die Meinungsfreiheit ebenso wie die Gleichberechtigung von Mann und Frau.

    Fanatiker gibt es überall, auch bei Christen. Wer das nicht glaubt, soll sich mal mit sogenannten „wiedergeborenen Christen“ über Evolution oder, sobald es ihre Religion tangiert, über Pressefreiheit unterhalten. Ich glaube, dass man Muslime – langfristig betrachtet – genauso integrieren kann, wie dies in der Vergangenheit mit anderen geschehen ist.

    Vor noch nicht allzu langer Zeit haben wir Deutsche schon allein den Gedanken, wie seien ein Einwanderungsland, brüsk zurückgewiesen. Folglich müssen alle dazulernen. Aber warum sollte das nicht gelingen? Und überhaupt, was wäre denn die Alternative dazu? Muslime aus Deutschland vertreiben? Notfalls mit Gewalt? Das wünschen sich nur Extremisten. Es würde zudem unseren Prinzipien widersprechen.

  9. Es ist richtig: 3.3 Millionen ergeben bei einer Zuwachsrate von 3% jährlich nach 30 Jahren ein Anwachsen auf 8 Millionen. Wobei man dringend berücksichtigen sollte, dass in 30 Jahren der deutschstämmige Bevölkerungsanteil um eine erhebliche Rate abgesunken sein wird.
    Es gibt eine Erfahrung, dass ab ca. 5% Anteil in der Bevölkerung, diese Minderheit sich nicht mehr zu integrieren bereit ist.
    Die kritische Grenze ist mit 4% jetzt schon erreicht.
    Ob wir in 30 Jahren einen Muslimstaat haben werden ist eher unwahrscheinlich.
    Aber wir werden in wachsendem Umfang Probleme erleben, die noch zusätzlich von aussen geschürt werden.
    Vorfälle in letzter Zeit deuten in diese Richtung.

  10. @ Michael Sander (Kommentar 7)

    Ich kann prinzipiell nichts Falsches an dem finden, was Sie hier schreiben.
    Natürlich wäre es schön, wenn es nirgends auf der Welt auch nur Ansätze von Rassismus geben würde – genauso schön wie wenn es keine Armut, keine Bildungsunterschiede usw. geben würde.
    Trotzdem wehre ich mich dagegen, daß die Entstehung von Konflikten, „automatisch“ einer intoleranten, ausländerfeindlichen Attitüde der Mehrheitsgesellschaft zugeschrieben wird und nicht etwa der Tatsache, dass eben teilweise sehr unterschiedliche Weltanschauungen aufeinanderprallen.

  11. @ M.Schöfer und andere

    Mit der Ausgangsfrage, ob wir ein Moslemstaat in 30 Jahren werden, wird das Verhältnis zwischen muslimischen Einwanderern und der hiesigen Gesellschaft gestellt. Dabei trifft sie das Thema leider nicht im Kern. Sicher werden wir in dieser Zeit zu keinem Moslemstaat degenerieren. Jedoch werden sich, wenn die bisherige Entwicklung so weiter geht, Parallelgesellschaften mit unterschiedlichen bzw. teilw. völlig gegensätzlichen Werte- und Normvorstellungen bilden. Das bedeutet ein hohes, vielleicht explosives Konfliktpotenzial.

    Ich habe bereits unter 1 auf Konfliktthemen hingewiesen. Nehmen wir davon die Benachteiligung der Frau in best. muslimischen Communities, speziel die Zwangsehe. Die deutsch-türk. Soziologin Necla Kelek meint hierzu:“…bei Zwangsheiraten geht es um eine polit., kulturelle und religiöse Auseiandersetzung, die an die Wurzeln unserer Demokratie rührt. Akzeptieren wir sie als kulturelle Eigenart, als Privileg einer islamischen oder irgendeiner anderen Kultur, werden die demokratische Zivilgesellschaft und die Grund und Freiheitsrechte beschädigt.“ Dabei gehe es um Selbstbestimmung der Menschen. Und weiter:“Unsere Gesellschaft hat die Verpflichtung, die selbstbestimmte Entwicklung (unserer Bürger) zu ermöglichen. Freiheit ist nicht das Recht, dass jeder machen kann was er will, sondern Freiheit heißt, dass die Gesellschaft jeden in die Lage versetzt, seine Freiheitsrechte auch wahrzunehmen.“

    Die Auswüchse der dem GG entgegenlaufenden Entwicklung in best. muslimischen Communities sind beachtlich. Genau dies beschreibt Kelek in ihrem Buch, „Die fremden Bräute.“ Aber es gibt auch andere, für alle sehr deutliche Anzeichen und Phänomene.

  12. Eine kürzlich veröffentlichte Studie, die von USA ausgegangen ist, hat ergeben, dass eine überwiegende Mehrzahl der Muslime Gewalt ablehnt, sich zur Gleichberechtigung der Frau bekennt und die „westlichen Werte“ schätzt. Das gleiche gilt auch für die überwiegende Mehrzahl der Muslime in Deutschland, die entweder sekulär oder in ihrer Religiosität „liberal“ eingestellt ist. Wenn man bestehende Integrationsprobleme, die man nicht beschönigen kann, auf den Islam zurückführt, entstehen falsche Fronten. Diese Probleme sind nicht gegen den Islam, sondern nur mit dem Islam zu lösen, indem er als gleichberechtigte Religion in unsere Gesellschaft einbezogen und damit auch in die Pflicht genommen wird. Diese Position vertritt Schäuble, während sich Giordano (der von Religion nicht viel versteht) völlig verrant hat.

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