FR-Forum vom 28. November bis 3. Dezember

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Leserforum 2 20190916Forum vom 29. November 2022

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Die Neubürgerin und der Alt-OB

Der Frankfurter OB ist abgewählt: „Wirbel um Feldmann“, FR-Region vom 22.11.

Für den 8. November 2022 hatte ich eine Einladung in den Römer erhalten – ich freute mich darauf.´Nachdem ich 2020 nach Frankfurt gezogen bin und die Pandemie es geschafft hatte, Anknüpfungspunkte unmöglich zu machen, nun die freundliche Einladung unseres Stadtoberhauptes in den traditionsreichen Römer von Frankfurt. Selbstverständlich bin ich davon ausgegangen, dass Herr Feldmann, als frisch abgewählter OB, würdig vertreten wird. So war ich überrascht, ihn „ein letztes Mal“ als Träger der Amtskette zu erleben. Auch das wäre für mich als Bürgerin einer multikulturellen bunten Stadt noch tragbar gewesen, erwartete ich doch Orientierung durch die Stadtgeschichte, das uns regierende Stadtparlament und Magistrat oder Kunst und Kultur. Also alles, was diese beeindruckende Stadt zu bieten hat. Weit gefehlt!
Unangenehm berührt wurde ich mitgenommen auf die „politische Erfolgsreise“ von Herrn Feldmann, incl. aller „Missverständnisse“ und emotionalen Irritationen, die sich daraus ergaben. Ich erlebte einen Mann, der OB von Frankfurt sein wollte und bis zur letzten wohl öffentlichen Veranstaltung nicht verstanden hat, was sein Amt bei diesem Neubürger*innenempfang bedeutet: Seine und nun ja auch meine Stadt zu repräsentieren und zum Strahlen zu bringen.
So verließ ich den Raum und fragte mich, wieso keine Instanz der Stadt eingeschritten ist und ein Ende dieser „One-Man-Show“ herbeigeführt hat. Anderen Gästen erging es wohl aus unterschiedlichen Perspektiven ähnlich.
Die Menschen neugierig auf Stadt, Lokalpolitik und Gestaltungsmöglichkeiten zu machen, gelang dann erfreulich humorvoll der Stadtführerin Silke Wustmann, die in kurzer Zeit Informationen, Richtigstellungen aus der OB-Rede und Historisches zu einem herzlichen Willkommen fügte. Dazu die Mitarbeiter*innen, die freundlich für alle Fragen zur Verfügung standen.
Nun bietet sich die hoffnungsfrohe Aussicht, in der richtigen Stadt zu sein und spätestens im März 2023 dann auch von einer rollenbewussten und souveränen Oberbürgermeister*in repräsentiert zu werden.

Sabiene Döpfner, Frankfurt

Niemand sollte glauben, die anderen seien besser

Wer nach der Abwahl einen beleidigten oder wütenden Peter Feldmann erwartet hat, hatte sich offenbar getäuscht. Diese Reaktion ist wohl u.a. Führungsfiguren wie einem Donald Trump vorbehalten, der sich gerade für die Wiederwahl in den USA warmläuft, – unserem großen Vorbildsland für die freiheitlich demokratische Grundordnung, der wir in Europa noch all unseren Glauben und unsere Kräfte opfern. Der Erfolg des Abwahlverfahrens sollte uns nicht zu dem falschen Schluss verleiten, damit sei eine Lanze gebrochen für die besseren Politiker, die sich ehrlich an die Regeln halten. Es gibt deutlich unsympathischere Politiker als Peter Feldmann, deren Unterschied nur darin besteht, dass sie eine unangreifbarere Fassade zeigen, und es besser verstehen, ihre wahre Gesinnung hinter dem Anschein der Regeltreue zu verbergen.
Das Ergebnis der Abwahlaktion dient also weniger einer persönlichen Genugtuung, sondern bedeutet ein starkes Signal für die Demokratie. So hat es wohl auch Peter Feldmann selbst interpretiert, – ob mit innerer Überzeugung, müssen wir nicht entscheiden. Hätte er sich einfach dem Druck der amtlichen Kollegen gebeugt und wäre still verschwunden, hätte es dieses Aufwach-Erlebnis der Demokratie nicht gegeben. Man kann sich nur wünschen, dass es weitere Wirkung entfaltet. Ein Scherbengericht, könnte man sagen, hat dieses Drama beendet. Aber vielleicht zu Unrecht ist dieses Instrument der griechischen Ur-Demokratie heute in Verruf geraten. Es hat das Ideal der Bürgerbeteiligung hochgehalten, während wir heute die Entscheidungen lieber an die Parteisoldaten oder namenlose Experten delegieren.
Herrn Feldmann sei für dieses starke Signal ausdrücklich gedankt!

Werner Schieferstein, Frankfurt

fr-debatteGute Politik muss ohne Tote auskommen

Der Nationalismus feiert eine triumphierende Wiederauferstehung. Der von der Nato–Osterweiterung bis zur Weißglut getriebene Hass des Wladimir Putin hat bei ihm den Traum von der Wiederherstellung des Zarenreiches geweckt, und er hat damit begonnen, mit dem Angriff auf die Ukraine einst zu Russland gehörende Territorien „zurückzuholen“. Dabei hat ihn der Umstand nicht gestört, dass Russland ständiges Mitglied des Weltsicherheitsrats ist und in dieser Funktion eine besondere Mitverantwortung für den Weltfrieden trägt.
Das Nato–Mitgliedsland Türkei unter der Führung von Recep Tayyib Erdogan hat damit begonnen, dem schlechten Beispiel Putins folgend, von der Wiederherstellung des Osmanischen Reiches zu träumen und den Nato–Nachbarn Griechenland zu bedrohen, der in alten Zeiten Bestandteil des Großtürkischen Reiches war.
Die USA „füttern“ Taiwan mit Waffen und erhöhen damit täglich die Spannungen zwischen der Nato und China. Wenn Präsident Biden es besonders geschickt anstellt, wird er es eines Tages an vier Fronten zu tun bekommen: im Innern gegen den offensichtlich zur Rückkehr ins Weiße Haus entschlossenen Trump, in der Ukraine gegen Russland, in der Ägäis gegen das Griechenland angreifende Nato–Mitgliedsland Türkei (wie grotesk) und in Ostasien gegen China. Die Bundeswehr wird dabei nicht unbeschäftigt bleiben!
Bei diesem nationalen Gezänk vergessen alle, dass die Menschheit nur dann eine Zukunft haben wird, wenn „alle mit allen Hand in Hand“ zusammenarbeiten, denn die Behebung der Schäden, die durch den Klimawandel entstehen, wird von Jahr zu Jahr umfangreicher werden. Der Tag wird kommen, an dem wir erkennen, dass wir uns jährlich zwei Billionen Dollar für unsere Kriege nicht mehr leisten können!
Diese Erkenntnis wird den Weltsicherheitsrat hoffentlich bald dazu veranlassen, die 6000 Denkfabriken, die wir auf Erden haben, damit zu beauftragen, ein gewaltloses Verfahren zur Lösung internationaler Konflikte zu entwickeln, getragen von der Überzeugung, dass gute Politik ohne Tote auskommt.
Anschließend sollten wir oberhalb der politischen Ebene der ständigen Mitglieder des Weltsicherheitsrates, die wir allerdings vorher überzeugen müssten, eine weitere, aus Wissenschaftlern bestehende politische Ebene einrichten, die unseren Planeten in Anbetracht knapper werdender Ressourcen nach betriebswirtschaftlichen Grundsätzen verwaltet und dabei anders mit unserer Mutter Erde umgeht als die bisherigen Kriegsparteien: nicht mit Bomben, Granaten und Sprengstoff, sondern mit der Behutsamkeit eines Chirurgen, der im Bestreben, seinem Patienten die Gesundheit zurückzugeben, vorsichtig mit seiner Nadel eine Naht neben die andere setzt.

Otfried Schrot, Hannover

Vielerorts wird auf Erden gemordet

Es ist ob der Entwicklungen auf Erden sehr schwer, sich mit seiner wohlwollenden Meinung zurückzuhalten oder zu schweigen. Das putinsche Russland darf außer den „eigenen“ BürgerInnen auch ukrainische BürgerInnen massenhaft ermorden. Aserbadjan nach Lust und Laune armenische BürgerInnen abmurksen. Erdogans mafiöse Clique organisiert durch ihren Geheimdienst möglicherweise Anschläge gegen „eigene“ BürgerInnen, damit die Ermordung auch nicht militanter KurdInnen legitimiert werden kann. Vielerorts auf Erden wird skrupellos gemordet. Es ist unerträglich.
Es werden Kretins akzeptiert oder geduldet, für welche Menschlichkeit ein Fremdwort ist. Das Gefühl, dass das putinsche Russland keinen Krieg gegen die Nato gewinnen kann, mag ein wenig beruhigend sein, aber es ensteht viel Unordnung auf unserem Planeten, die opportunistischerweise von Schurken unterschiedlicher Couleur ausgenutzt wird.
Wir brauchen eine neue UNO ohne vetofähige Mitglieder, jedoch mit handlungsfähigen Mehrheiten, die immer Maßnahmen gegen Missetaten ergreifen können. Eine demokratische Initiative zum Wohle der ganzen Menschheit. Ich wünsche, dass möglichst viele Menschen dies begrüßen, beherzigen und sich auf möglichst vielen Ebenen dafür engagieren,

Amady Konen, Saarbrücken

Mehr Zustimmung zu autoritärem Denken

Gerne lese ich die längeren und kürzeren Kommentare in Ihrer Zeitung. Dadurch werde ich zum Nachdenken angeregt. Manchmal inspirieren diese Texte mich z.B. bei der Vorbereitung einer Ansprache/ der Predigt usw. Dafür bin ich sehr dankbar. Daher sind die Ausführungen von Michael Hesse zum Thema „Autorität“ für mich besonders hilfreich, ermutigend und anregend. Oft habe ich mich in den vergangenen Monaten gefragt: Was kann ich als schlichter Bürger tun, wenn ich immer wieder erkennen muss, dass in verschiedenen Ländern und auch in meiner Umgebung das autoritäre Denken an Zustimmung gewinnt? Hesse hat mich angespornt, nochmals den Roman von Heinrich Mann „Der Untertan“ zu lesen. Das Denken in rigiden Kategorien von Gut und Böse, Richtig und Falsch erkenne ich ebenso in vielen Begegnungen und Gesprächen. Hesses Ausführungen haben mich ermutigt und befeuert zur Wachsamkeit. Ringsrum mögen viele Leserinnen und Leser der FR weiterhin kritisch bleiben.

Franz Boegershausen, Oldenburg

fr-debatteSchottische Souveränität

Schottland: „Urteil gegen Referendum“, FR-Politik vom 24. November

Als der Unionsvertrag im Juli 1706 zwischen England und Schottland ausverhandelt und von den zwei unabhängigen Parlamenten in die entsprechenden Gesetzesformen gebracht worden war, trat am 1. Mai 1707 die Vereinigung der Parlamente und folglich das Vereinigte Königreich von Großbritannien in Kraft. Zwei Partner auf Augenhöhe hatten sich aus unterschiedlichen Gründen und unterstützt mit englischem Bestechungsgeld dazu entschlossen, der Union beizutreten. Wirtschaftlich betrachtet waren die Rollen bald verteilt, die Schotten wurden der „Juniorpartner“ Englands.
Es wird in der gegenwärtigen Debatte leider zu häufig übersehen, dass es sich um einen freiwilligen Zusammenschluss handelte, aus der der „Juniorpartner“ nach nunmehr 315 Jahren – und nach einem von ihm mehrheitlich abgelehnten Brexit – aussteigen möchte.
Die zivilgesellschaftliche und paneuropäische Kampagne „Europe for Scotland“ ruft zur Unterstützung der schottischen Unabhängigkeit und eines späteren Wiedereintritts Schottlands in die Europäische Union auf. Auch für die EU wäre angesichts wachsender „illiberaler“ Entwicklungen in einigen Partnerländern ein zuverlässiges demokratisches Schottland von unschätzbarem Wert .

Uwe Zagratzki, Osnabrück

fr-debatteAchselzucken der Mehrheit

Bürgergeld: „Armutszeugnis für die Union“, FR-Meinung vom 22. November

Am Ende der Kolumne erwähnt Herl den abwertenden Begriff „schmarotzern“ im Bezug auf arbeitsunwillige potenzielle Bürgergeldempfänger und meint, einige seien von der Gesellschaft zu verkraften. Wendet man den Begriff Schmarotzer nur auf diese Gruppe von Menschen an, mag er recht haben. Betrachtet man allerdings eine Gruppe von Schmarotzern am entgegengesetzten Ende der Sozialhierarchie, fehlt es mir vollkommen an Toleranz. Sind nicht auch Konzernchefs und deren Schergen Schmarotzer? Sie füllen sich die Taschen, nutzen jeden Spielraum zum Einsparen von Steuern und haben keine Hemmungen, Tausende von Mitarbeitern zu entlassen, „um Arbeitsplätze zu retten“, wie immer wieder scheinheilig argumentiert wird. Woraus speist sich der exorbitante Reichtum dieser Kaste? Wofür könnten in einer gerechten Gesellschaft die erwirtschafteten Gewinne sinnvoller eingesetzt werden?
Sozialneid! Wird man mir vorwerfen. Damit kann ich leben; als weit weniger erträglich empfinde ich die Gewohnheit des Teufels, immer auf den dicksten Haufen zu …, was die verantwortliche Politik achselzuckend toleriert.

Werner Fröhlich, Altenstadt

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Leserforum 2 20190916Forum vom 30. November 2022

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Dominiert von der kleinsten Partei

Die Vorschlusslorbeeren, die wir – wiewohl zögerlich – der Regierung gegeben hatten, waren bald verbraucht. Rot-Grün versprach einige gute Ansätze im Sozialen- und Umweltbereich, und die FDP würde da nicht abseits stehen wollen. Wie sehr waren wir bald enttäuscht, entpuppte sich die FDP als die führende Kraft der Koalition – Kraft, die mehr als nur Reibung zuerst bei Hilfen für die Geringverdienenden und dann in Problemen der Klimabeeinträchtigung einsetzte. Das begleitete die Koalition auch noch in Zurückhaltung bei der Abschöpfung großer Gewinne. Wir fragten uns fortwährend: „Wo ist denn die SPD?“ Offensichtlich ließ sie die FDP ebenso schalten und walten wie die Grünen, die ihre ökologische Substanz zunehmend zu vergessen schienen.Es ist einfach phänomenal und unerwartet, wie die Koalition von der kleinsten Partei dominiert werden konnte. Und Scholz?

Wolfgang Christian, Offenbach

Ein hilfloser Justizminister in letzter Not

Die FDP und das Tempolimit, man mag eigentlich gar nicht mehr darüber diskutieren. Aber bei Anne Will (20.11.) war es wieder mal so weit: Auf die Frage von Will, was denn passieren müsse, damit die FDP in der Frage des Tempolimits ihre ablehnende Haltung ändern würde, antwortete Buschmann: „Wir haben ein Gesetz … in der Koalition wurde vereinbart …“ Da hat der Jurist Buschmann zwar Recht, aber seit der Unterzeichnung des Koalitionsvertrages hat sich die Welt verändert, durch die Energiekrise und den Einmarsch Putins in die Ukraine hat sich der Druck verstärkt, klimaschützende Maßnahmen zu verschärfen. Das müsste in der FDP doch auch jemand gemerkt haben? Armer Buschmann. Was wäre das für ein herrlicher Anblick, wenn die jungen FDPler wie beim Beginn der Ampel ein neues Gesicht zeigen würden, die alten Ideologien hinter sich lassend. Wäre Buschmann in den 60er Jahren Justizminister gewesen, hätte er womöglich Homosexualität verfolgt und verurteilt: Wir haben ein Gesetz…
Armer Buschmann.In seiner Hilflosigkeit erinnerte er mich an den späten Helmut Kohl, der sich weigerte, die Namen seiner dubiosen Parteispender preiszugeben. In letzter Not rief Buschmann sogar noch nach seinem Parteifreund Wissing, den Verkehrsminister!

Konrad Wich, Frankfurt

fr-debattePrivatfeuerwerk muss verboten werden

Silvesterböllerei: „Hier und da wird es laut“, FR vom 14. November

Obwohl nach einer Umfrage über 50 Prozent der Bundesdeutschen ein Verbot der Silvesterfeuerwerke befürworten, obwohl in allen Nachrichten das Klimaproblem erscheint, obwohl es laufend aufgrund der Klimakatastrophen Dürreschäden sowie Überschwemmungen gibt, obwohl in verschiedenen Städten der Erde teure Klimakonferenzen stattfinden, obwohl die FR seit einiger Zeit täglich eine Klimaseite hat und freitags einen Newsletter zum Thema herausgibt, obwohl die Unionsparteien in Eintracht mir der AfD ständig nach strenger Bestrafung der Leute von der „Letzten Generation“ schreien etc. etc., ist die Politik anscheinend nicht in der Lage, durch ein überfälliges Verbot der Silvesterfeuerwerke einen Beitrag zur Verminderung der Klimakatastrophe zu leisten.
Seit Januar des Jahres habe ich verschiedene Eingaben an das „Klimaschutz-“Ministerium, an das Innenministerium, an Bundestagsabgeordnete gerichtet, damit dieser Unfug endlich verboten wird, wobei ich zum Teil Verwiese an das jeweils andere Ministerium bezüglich Zuständigkeiten, zum Teil überhaupt keine Antwort erhalten habe. Dabei stellt sich Jahr für Jahr heraus, dass ein großer Teil der Deutschen nicht in der Lage ist, verantwortungsvoll mit diesem Kleinsprengstoff umzugehen und die Umwelt- und Gesundheitsbelastung enorm ist. Aus diesem Grund ist ein generelles und ganzjähriges Verbot des Zündens von Feuerwerken für Privatpersonen erforderlich!
Auf massiven Druck hin wurden im August 2019, also noch vor Corona und vor dem Ukraine-Krieg bereits 100 000 Stimmen an den Deutschen Städtetag übergeben. Jede Gemeinde hat die Möglichkeit, selbst aktiv zu werden, um in belasteten bzw. gefährdeten Innenstadtbereichen die private Silvester-Böllerei zu verbieten, aber nur ein Teil scheint ernsthaft dazu in der Lage zu sein. Das geht ganz einfach über eine Änderung des Bundesimmissionsschutzgesetzes bzw. Änderungen in der ersten Sprengstoffverordnung.

Peter Boettel, Göppingen

fr-debatteVerträge gegen das Gemeinwohl

Zu „Das Anti-Klima-Abkommen“ ; FR-Politik vom 22. November

Verena Kern schreibt, der Energiecharta-Vertrag „erlaubt es Energieunternehmen, Staaten vor privaten Schiedsgerichten auf Milliarden-Entschädigungen zu verklagen, wenn diese neue Klimaschutz-Gesetze beschließen oder höhere Umweltstandards einführen“. Einige EU-Länder, auch Deutschland, wollen aus diesem Vertrag aussteigen. Der Investitionsschutz, verbunden mit der jenseits aller Rechtsstaatlichkeit angesiedelten Schiedsgerichtsbarkeit, ist der Grund, weshalb nicht nur der ECT, sondern alle Handelsabkommen mit kombinierter Investitionsschutz-Sondergerichtsbarkeit von Übel sind, weil sie die Staaten teuer kommen. Der Deutschlandfunk berichtete am 17.5.22: „Über tausend ISDS-Verfahren mit einem Streitwert von 700 Milliarden Dollar haben Investoren bis heute angestrengt, rund hundert Milliarden Dollar mussten die Steuerzahler bezahlen – zumeist an multinationale Konzerne“. Bei Schiedsgerichten lassen sich Summen von bis zum Zehnfachen gegenüber Prozessen vor nationalen Handelsgerichten erstreiten.
Auch CETA, das Abkommen zwischen EU und Kanada, ist so angelegt. Auch darin werden ausländische Investoren gegenüber Staaten privilegiert, indem sie vor einem Schiedsgericht Entschädigung für ihnen in Zukunft entgehende Gewinne einklagen können, nicht aber können Staaten dort gegen ausländische Investoren klagen, wenn diese Schäden anrichten. Auch bleiben Klima- und Umweltschutz, Menschenrechts-, Arbeits- und Sozialstandards in den Abkommen viel zu vage. Eine Sondergerichtsbarkeit führt nicht nur dazu, dass „Umwelt- und Klimapolitik zu einer teuren und riskanten Angelegenheit“ (V. Kern) werden, sondern alle Regulierungen im Sinne des Gemeinwohls, wie Gesundheitsschutz, Schutz öffentlicher Dienstleistungen vor Konkurrenz mit ausländischen privaten Anbietern, Schutz staatlicher Förderung etwa im Kulturbereich und vieles mehr, ins Hintertreffen geraten. Investitionsschutzabkommen sind Anti-Gemeinwohl-Abkommen! Insofern ist es mir unverständlich, dass die EU nicht als Ganzes den ECT kündigt, und es ist ein Widerspruch, dass die deutsche Regierung die Schiedsgerichtsbarkeit bei CETA in wenigen Wochen ratifizieren wird (kosmetische Veränderungen in einer deutschen Interpretationserklärung als Vorschlag ändern am Text von CETA nichts).
Statt solche kombinierten Verträge abzusegnen, sollte die Investorenschutz-Sondergerichtsbarkeit grundsätzlich bei Handelsverträgen gekündigt werden. Statt dessen sollten Unternehmen auf Einhaltung von Menschenrechts- und Umweltstandards, generell auf das in den staatlichen Gesetzen kodifizierte Gemeinwohl, verpflichtet werden. Eine zivilrechtlich abgesicherte Unternehmenshaftung bei Verstößen und Schädigungen sollte die leitende Idee beim in der Beratung befindlichen europäischen Lieferkettengesetz sein. Und die Parlamente sollten sich frühzeitig einmischen bei allen weiteren von der EU geplanten Handelsabkommen – mit Mexiko, Chile, Australien, China usw. Die Parlamente sollten von Anfang an einfordern, dass Abkommen nicht so ausgerichtet sind, dass internationale Unternehmen nationales Recht aushebeln. Sie sollten verhindern, dass ihre eigene Regulierungsfähigkeit torpediert wird.

Klaus Philipp, Darmstadt

fr-debatteRuck für Lauterbach

Corona: „Raus aus dem Alarmmodus“, FR-Meinung vom 18. November

Die Analyse bringt es treffend auf den Punkt. Schließlich spricht für eine endemische Phase des neuartigen Corona-Virus schon, dass die meisten anderen europäischen Staaten aufgrund des mittlerweile hohen Immunisierungsgrades in der Bevölkerung längst wieder zurück zur alten Normalität zurückgekehrt sind, ohne wie etwa das seit jeher diesbezüglich sehr mutige und nach vorne denkende Dänemark diesen Schritt bis heute ernsthaft bereut zu haben. Zumal man gerade vulnerable Bevölkerungsgruppen viel besser durch ein passgenaues Krisenmanagement schützen kann, indem z.B. die Kommunen älteren Menschen die Nutzung von Taxis zum ÖPNV-Preis anbieten, anstatt mit einer pauschalen Maskenpflicht in Bussen und Bahnen, an die sich zumindest in einer Großstadt in Hamburg ohnehin viele Fahrgäste insbesondere am Wochenende oder am Abend nicht halten. Deshalb sollte sich Karl Lauterbach hier in jedem Fall einen Ruck geben und nicht die positiven Erfahrungen aus den benachbarten Ländern ignorieren, da ein echtes wissenschaftliches Verständnis auch den Blick über den eigenen Tellerrand auszeichnet und jegliche nationalen Sonderwege nicht zu einem gut in Europa integrierten Deutschland passen!

Rasmus Ph. Helt, Hamburg

fr-debatteEine Lehre für immer

Holodomor: „Die Ukraine bestärken“, FR-Meinung vom 28. November

Als naturwissenschaftlich gebildete Person habe ich gelernt, mich immer für Ursache und Wirkung zu interessieren. Wenn der schreckliche Hungertod von Millionen von Menschen in der Ukraine und in anderen Regionen der damaligen Sowjetunion als Völkermord bezeichnet werden soll, dann ist mir daher folgendes wichtig: Die Shoa ist Folge eines beispiellosen Beschlusses der Wannseekonferenz, 11 Millionen Bürger:innen in Europa zu töten, sowie eines Staatsapparates, der dies erbarmungslos in die Tat umgesetzt hat.
Ebenfalls erbarmungslos hat Stalin in unvorstellbarer Zahl kritische Stimmen und die, die er dafür hielt, einsperren, foltern und hinrichten lassen. Grausam verhungern mussten die Millionen von Bürger:innen aber, weil Stalin rücksichtslos, inkompetent und von Machbarkeitswahn gesteuert seine Ziele zur Umwandlung der Sowjetunion in einen Industriestaat durchsetzen ließ. Dass auch verantwortungsloses, selbstüberschätzendes Handeln, das alle Kritik, Warnungen und Expertise in den Wind schlägt, derart katastrophale Folgen haben kann, ist eine Lehre, die wir niemals vergessen sollten.

Katharina Piepho, Ostfildern

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Leserforum 2 20190916Forum vom 1. Dezember 2022

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Wo soll da Chaos zu sehen sein?

Zu: „Schlechte Laune unterm Baum“, FR-Wirtschaft vom 11. November

Eine Angst geht um in Deutschland – naja, wenigstens beim Handelsverband Deutschland – nämlich die Angst, viele Menschen in Deutschland wollten im Weihnachtsgeschäft sparen. Dazu ein Foto (2 Spalten) mit der Bildunterschrift „Das übliche Chaos in vorweihnachtlichen Fußgängerzonen“. Man blickt in eine weihnachtlich geschmückte Einkaufszone (Hintergrund „Karstadt“ – na dass denen mulmig ist, versteht man ja), gut gefüllt mit Menschen, die offenbar in 2 Richtungen strömen, nämlich ins Kaufhaus bzw. aus dem Kaufhaus raus. Das Foto ist groß genug, dass man die Gesichter derjenigen, die in Richtung Kamera laufen, gut erkennen kann: entspannt die Schaufenster betrachtend, konzentriert planend, freundlich Richtung Fotograf lächelnd oder im Gespräch. Nicht wahnsinnig viel Platz zwischen den Menschen, aber es ist auch kein Gedrängel erkennbar – ein gemeinsamer Zweck eint und strukturiert die Menge. Das übliche Chaos eben. Hä???
Zu CHAOS (Duden 2020 = „wüstes Gedränge“) fallen mir eher die alten Schwarzweiß-Fotos aus den Wirtschaftswunderjahren ein, wo die die Kaufhaustüren am Morgen öffnenden Angestellten um ihr Leben fürchten mussten angesichts der brachial hereindrängenden Hausfrauen auf der Jagd nach Schnäppchen an den Wühltischen…
Ein anderes Beispiel: Es gibt ja alljährlich zur Urlaubsreisezeit diese Fotos (in Farbe) von 4-spurigen deutschen Autobahnen, wobei alle 8 Spuren dicht gefüllt sind mit Pkws, die sich offenbar alle nicht sehr schnell fortbewegen, aber doch immerhin in derselben Richtung (zu Beginn der Ferien gen Süden), und alle wissen: spätestens 3 oder 4 Wochen später herrscht das gleiche Bild, in ausgleichender Gerechtigkeit vor allem in der Gegenrichtung. Und wie lautet die Bildunterschrift: Der ADAC (oder wer auch immer) warnt vor „dem alljährliche CHAOS auf den deutschen Autobahnen in der Urlaubszeit“… (Ich meine, dass auf der Autobahn gedrängelt wird, haben wohl die meisten schon erlebt, wenn auch vielleicht nicht „wüst“, siehe Duden; aber wo ist das Chaos? Würden unsere europäischen Nachbarn wirklich so intensiven Gebrauch von unseren Autobahnen machen, wenn dort „chaotische“ Zustände herrschten?)
Und wo ich grade dabei bin: Erinnern Sie sich noch an die zahllosen verschiedenen und endlos erscheinenden Schlangen am Flughafen Frankfurt in den abendlichen Nachrichtensendungen dieses Sommers, die sich in der Tat hin und her und wieder zurück schlängelten – das war doch auch Chaos, oder? Oder???
Ich glaube, der Begriff CHAOS ist die neue „TRAGÖDIE“ – wenn Sie wissen, was ich meine.

Diemut Daub, Karlsruhe

fr-debatteErdogans Eigentor

Dr. Hontschiks Diagnose: „Der Palast wird zum Stall“, FR-Panorama v. 19.11.

Dass eine der bekanntesten türkischen Journalistinnen Sedef Kabas, nachdem sie folgendes tscherkesisches Sprichwort in einer Fernsehdiskussion zitiert hatte – „Geht ein Ochse in einen Palast, wird er nicht zum König, sondern der Palast wird zum Stall“ – wegen Präsidentenbeleidigung verhaftet wurde, was ein Skandal ist, zeigt, dass sich Erdogan also den Schuh angezogen hat, nämlich d.h., dass er der Ochse ist. Das – könnte man sagen – ist ein Eigentor.
Wie lange will die Bundesregierung noch tatenlos zusehen, wie in der Türkei von Erdogan die Menschenrechte mit Füßen getreten werden, willkürlich u.a. auch Ärzte, die zu FRIEDEN aufriefen, verhaftet werden und in Gefängnissen eingesperrt werden?
Warum wird in der UN-Vollversamm- lung der Terror der türkischen Regierung nicht verurteilt ? Die Türkei unterzeichnete 1950 die Menschenrechtskonvention und verstößt seit Jahren dagegen. Der Sicherheitsrat sollte sich mit den Verstößen der Türkei gegen die Menschenrechtskonvention dringend beschäftigen und die Türkei verurteilen für Verbrechen gegen die Menschlichkeit.

Edeltraud Schnegelsberg, Darmstadt

fr-debatteEine Haltung, die alles vergiftet

Zu: „Ärger für Wagner“, FR-Sport vom 29. November

Herr Wagner macht einen flotten Spruch, und sofort wird die Entrüstungskeule bis hin zum Vorwurf des Rassismus ausgepackt.
Geht’s noch? Wie zwanghaft ist die Entrüstungs-„Kultur“ hier inzwischen! Korrekt bis zum Erbrechen, das ist mittlerweile eine Haltung, die alles vergiftet.

Thomas Nestinger, Bad Honnef

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Billige Argumente

Zu: „Arztpraxen bleiben zu“, FR-Region vom 29. November

Es ist schon wirklich anmaßend, was die Standesorganisation KVH da fordert. Ob einzelnen Ärzte ihre Praxis zum Streik schließen, hat persönliche, eigene Gründe und ist ihre Entscheidung.
Arrogant in den Forderungen dagegen die Standesvertretung: Billig ein Rundschlag gegen die Politik mit „bodenloser Frechheit“ aber undifferenzierten Erwartungen wie die offensichtliche ‚verarmten‘ Praxen zu retten seien.
Wir Patienten kennen sehr viele Ärzte, die auch als Niedergelassene gut und als Spezialisten sehr gut verdienen (u.a. Augen, Zahn- und Röntgenärzte). Ihr guter Einsatz wird anerkannt und von den Hilfesuchenden gewürdigt! Verlogen die Aussage zur mangelnden Wertschätzung: Wir sind Abhängige! Man kann von einer überwiegend intelligenten Berufsgruppe erwarten, dass sie ehrlich argumentiert, keine populärenEffekte sucht und schon gar nicht ihre zukünftigen Mitarbeiter diskreditiert.

Detlef Geisendörfer, Frankfurt

fr-debatteDie Weichen wurden längst falsch gestellt

Mojib Latif: „Man muss mehr Druck auf China ausüben“, FR-Politik vom 25. November

Das groß auf Seite 1 aufgemachte Interview mit dem „renomierten Klimaforscher Mojib Latif“ lässt einen mehr als ratlos zurück. Mit der Forderung einer „Alianz williger Länder“ wiederholt und bestärkt Latif lediglich die politische Stilfigur von Olaf Scholz, der die Klimakrise mit einem „Klimaclub williger Länder“ „bekämpfen“ will, während er selbst bzw. die Ampelregierung wenig vorbildlich und kontraproduktiv u.a. die Erschließung neuer Erdgasfelder im Senegal mit deutschen Steuergeldern fördern will und im eigenen Land die LNG-Infrastruktur massiv ausbaut, wohl wissend, dass diese über Jahrzehnte genutzt werden muss bzw. soll, um wirtschaftlich zu sein. Die angekündigte Umstellung auf grünen Wasserstoff bleibt dagegen mehr als vage und wird auf den – extrem teuren und alles andere als sicheren – Import über weite Strecken (Australien) und vor allem aus den labilen autokratischen Krisenstaaten Nordafrikas und den Golfdiktaturen und damit auf die Schaffung neuer Abhängigkeiten von dubiosen wie unsicheren Partnern fokussiert, anstatt die ausreichenden und sofort umsetzbaren Potentiale im eigenen Land und EU-weit zu erschließen. Hierzu jedoch kein Wort. Die einleitend angekündigte Mitteilung einer „Erwartung an die Ampel-Regierung“ bleibt unbeantwortet. Auf die Frage von Joachim Wille: „Tut Deutschland, das heißt, die Ampel-Koalition, denn zu Hause genug für den Klimaschutz? Und wo müsste sie ansetzen? heißt es lapidar ausweichend: „Das kann man jetzt angesichts der Energiekrise schlecht bewerten. Außerdem ist die Ampel ja erst ein Jahr im Amt.“ – So, als hätte die Ampel mit dem weiteren Ausbau der zentralen fossilen Infrastruktur nicht schon maßgebliche – falsche – Weichen gestellt und keinen Plan für eine vollständig regenerative, sichere und bezahlbare Energieversorgung vorgelegt. Stattdessen soll „man mehr Druck auf China ausüben“. – Wer ist „man“ und wie soll dieser „Druck“ aussehen? Und glaubt Herr Latif wirklich, dass Chinas Alleinherrscher sich per „Druck“ auf eine Klimaschutzlinie bringen lässt, während das „Klimaschutzland Deutschland“ die fossile Infrastruktur weiter ausbaut? Bleibt die Frage, was mit diesem groß aufgemachten „Interview“ ohne zielführende Inhalte und Antworten eigentlich erreicht werden soll?

Heidger Brandt, Emkendorf

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Bildung ist Vorausssetzung für Erfolg

Deutschland ist Einwanderungsland: „Offen statt borniert“, FR-Meinung vom 30. November

Über Einwanderung und die Verleihung der deutschen Staatsbürgerschaft ist erneut ein Streit entbrannt. Sowohl innerhalb der Ampel-Koalition (mal wieder durch die FDP verursacht) als auch zwischen Regierung und Opposition. Allerdings: CDU und CSU taugen nicht als Kriterien für ein neues Staatsbürgerrecht. Gleiches gilt für AfD und andere Rechtsextreme, welche die brutale Seite der Dummheit abbilden. Vielmehr repräsentieren diese Parteien exakt jenen Grundbestand an mangelndem intellektuellen Transfervermögen im bildungsfernen Teil der Bevölkerung, der leider auch typisch ist für bestimmte Einwanderergruppen.
Erst unlängst erklangen die Alarmglocken der Bildungsexperten, die einen drastischen Verfall an Sprach- und Mathematikkompetenz bei Migrantenkindern in der Grund- und Hauptschule diagnostizierten. Da diese hinsichtlich ihrer Talente sicherlich nicht schlechter ausgestattet sind als die Mehrzahl der seit vielen Generationen hier Ansässigen, deutet vieles auf Ursachen hin, die mit der sozialen Situation der Familien zu tun haben. Dort dienen Sprache und Bildung häufig nur noch der Binnenkommunikation innerhalb spezifischer, auch von fundamentalistischen Religionen geprägter, Milieus.
Ein Rückblick in die deutsche, vor allem die preußische, Geschichte zeigt, dass die Einführung der Schulpflicht im frühen 19. Jahrhundert zunächst eine Absichtserklärung war, die mangels Lehrern, Schulgebäuden und entsprechender Verwaltung nicht umgesetzt werden konnte. Doch unter dem Druck der fortschreitenden Industrialisierung erwies sich eine solide Allgemeinbildung als Voraussetzung für eine erfolgreiche moderne Volkswirtschaft. Wobei es einen Unterschied zwischen vor allem katholischer Landbevölkerung und zunehmend säkularer bzw. weltanschaulich liberalerer Stadtbevölkerung gab. Auch die Kinder der arbeitenden Klassen wurden von ihren Eltern dazu angehalten, in der Schule und in der Öffentlichkeit Hochdeutsch zu sprechen. Intuitiv war vielen klar, dass es Kommunikationsregeln gibt, damit man über soziale Gruppen hinweg dialogfähig wird. Und nur dadurch die bescheidenen Aufstiegsmöglichkeiten nutzen kann.
Die seit den 80er Jahren des 19. Jahrhunderts ins Ruhrgebiet eingewanderten polnischen Arbeiter (aus dem deutschen, österreich-ungarischen und russischen Polen, außerdem aus Masuren) zeigten, dass Integration möglich ist, wenn die Betreffenden sie auch wollen, was immerhin einem Drittel der ursprünglichen Einwanderer gelang – vielfach gegen den Widerstand der Einheimischen. So galt der Gelsenkirchener Fußballverein „Schalke 04“ noch lange als „Polackenverein“ wegen der polnischen Namen vieler Spieler. Eine nennenswerte Anzahl von Ruhrpolen haben allerdings ihre Namen eingedeutscht. Andere hingegen waren stolz, Czerwinski, Kwiatkowski, Kuzorra, Marcinikak oder Szepan zu heißen.
Mutmaßlich würde eine organisierte Einwanderung beruflich Qualifizierter nach Deutschland, die von Kanzler Scholz und Innenministerin Faeser konzipiert wird, sogar gelingen, weil die Motivation zur Integration hoch sein dürfte. An der Situation der unterprivilegierten Migranten würde das jedoch nichts ändern. Deswegen stellt sich die Frage, welches Problem einer vorrangigen Lösung bedarf. Qualifizierung der Abgehängten oder die weitere Öffnung der sozialen Schere?

Klaus Philipp Mertens, Frankfurt

Balken 4

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9 Kommentare zu “FR-Forum vom 28. November bis 3. Dezember

  1. Zur Silvesterböllerei aus tagesschau.de v. 29.11.2022:

    „Der Bundesverband Pyrotechnik kritisierte hingegen Forderungen nach einem generellen Verbot. Ein Feuerwerk sei „für viele Menschen von hohem Wert“, teilte Verbandsvorsitzender Ingo Schubert mit. „Nach zwei Jahren Verbot im Kontext der Corona-Pandemie sehnen sich die Menschen nach der feurigen Silvestertradition.“ “

    Dümmere Sprüche kann man sich kaum vorstellen. Ist etwa die Knallerei von höherem Wert als unsere Umwelt, als die Gesundheit, als die Müllvermeidung, dazu in einer Zeit, in der die Leute kein Geld zum Essen aber für einen solchen Unsinn haben?

    Wer sehnt sich nach dieser Ballerei? Lediglich die Vertreiber von Pyrotechnik, wobei das meiste aus dem Ausland kommt und dort unter menschenunwürdigen Bedingungen produziert wird. Es gäbe sinnvollere Produkte, die von diesen Firmen hergesetllet werden könnten.

  2. In der Ukraine geht es darum: „Wer-wen?“ ramponieren (d.h. auf einen Rumpf zurück stutzen) kann. Moskau Kiew, oder die NATO Moskau. Oder der Rest der Welt den Westen; oder umgekehrt ?
    Weg und Ziel fallen dabei in Eins. Man ringt nicht um den Willen des anderen, sondern man ist darauf verlegt, dem so viel Glieder wie möglich abzuhacken, bzw. ab zu schnüren (Balkanisierung/Annexion vs. Sanktionen. Gegenüber „vollendeten Tatsachen“ mag „der Wille“ (des Kontrahenten gem. Clausewitz) hintan stehen.

    Wer trianonisiert wen? (Trianon = Versailles für Ungarn; also wer verrumpfstaatlicht wen?)

    Nach 100 Jahren kann man sich Bei Gelegenheit (?) wieder melden, wie Budapest gerade signalisiert hat.

  3. Es ist das Wesen der Demokratie, dass Entscheidungen durch ordnungsgemäß gewählte Volksvertreter getroffen werden und nicht aufgrund irgendwelcher Umfragewerte. Wem das eine oder andere nicht gefällt, kann durch Überzeugungsarbeit versuchen, eine Änderung herbeizuführen, sollte aber trotzdem das aktuelle Ergebnis respektieren.
    Wir haben weltweit – gerade in Bezug auf Umwelt und Klimawandel – wahrlich größere Probleme als ein privates Feuerwerk an einem einzigen Tag im Jahr, und eine dramatische Zahl an Verletzten durch staatlich kontrollierte Feuerwerkskörper ist auch ein beliebtes, aber wenig belastbares Argument. Ein generelles und umfassendes Verbot wäre eine deutliche Beschränkung, die meines Erachtens weder gerechtfertigt noch angemessen ist.
    Ich bin gerne bereit, auch abweichenden Meinungen ernsthaft Beachtung zu schenken, halte aber wenig von privaten Kreuzzügen mit dem Ziel, anderen seine persönliche Ansicht aufzuzwingen. Auch für mich ist so manches Unfug – ich maße mir trotzdem nicht an, es anderen zu verbieten. Fanatismus jeglicher Couleur ist in einem demokratischen Gemeinwesen fehl am Platze.

  4. Marc Schneider:

    wie will man im Großen Klimaktastrophen verhindern, wenn man nicht in der Lage ist, im Kleinen daran zu arbeiten?1

  5. zu einem anderen Thema:

    In der heutigen Printausgabe der FR las ich mit Betroffenheit die Todesanzeige von Jürgen Malyssek, der mir mit seinen Leserzuschriften und Kommentaren in angenehmer Erinnerung ist. Leider wieder ein Mutiger weniger aus unserer Mitte.

    Ich drücke seiner Familie mein Beileid aus und wünsche viel Kraft.

    Mit besten Grüßen

    Peter Boettel

  6. Das stimmt leider, Herr Boettel. Ich hatte wenige Wochen zuvor telefonischen Kontakt zu Jürgen Malyssek, weil ich nachfragen wollte, was los ist. Ich mochte seine nachdenkliche, zugewandte Art. Er konnte auf eine Weise Argumente abwägen, die besonders war. Ganz ruhig, defensiv, aber überzeugend, und niemals besserwisserisch. Jürgen Malyssek wird mir fehlen.

  7. Hallo Bronski,
    das haben sie gut gesagt. Vor einiger Zeit habe ich Herrn Malyssek gefragt ,.was denn in Sachen Klima und Umwelt zu tun sei. Seine Antwort: Weitermachen. – Das werde ich tun.

  8. Jürgen Malyssek hat man hier als echten Linken kennengelernt. Er war einer von der Sorte die diese Partei noch in größerer Zahl gebrauchen könnte und ich gedacht habe das es solche Leute dort gar nicht gibt. Er möge Ruhen in Frieden und wird uns hier fehlen mit seiner Stimme.

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