Die Sache mit Gabriels Energiewende-Zirkus

Sigmar Gabriels Energiewende-Reform erzeugt Unmut unter der FR-Leserschaft, ebenso wie die angekündigte „Bad Bank“ für Atomkraftwerke. Während Gabriel plant, Solarstromerzeugern den Eigenverbrauch zu besteuern, sollen Kraftwerke von dieser Abgabe befreit bleiben. „Sonnensteuer“ ist das Stichwort. In seiner Analyse „Genug gescheffelt“ stellt Joachim Wille dar, wie die AKW-Betreiber jetzt, das der Ökostrom an den Börsen boomt ihre hoch subventionierten Kernkraftwerke sang und klanglos auf Kosten des Staates loswerden wollen.

Irgendwie fing all dieses Affentheater mit der Privatisierung der Energieerzeugung an und setzte sich beim Kampf um die Laufzeitverlängerung für die Atomkraftwerke fort. Kann sich eigentlich irgendjemand noch an den Begriff der „Klimakanzlerin“ erinnern? Lang, lang ist’s her, nicht wahr?

Zu Joachim Willes Text schreibt Birgit Gräser aus Bonn

Vielen Dank für diesen Klartext. Die immensen Subventionen für AKW-Betreiber haben zu einer enormen Wettbewerbsverzerrung geführt – die noch heute zu Ungunsten der Erneuerbaren besteht. Wieso soll eigentlich bei der Frage der Entsorgung des hochgefährlichen Abfalls nicht das Verursacherprinzip gelten?
Würden alle Aspekte mit einberechnet, so stünde die Energiewende unter dem Kostenaspekt beim Verbraucher attraktiver da. Ihr Artikel zeigt sauber recherchiert viele dieser Bevorzugungen der Kernkraft auf und liefert damit ein wohltuendes Gegengewicht zu dem üblichen Gejammer über zu hohe Kosten der – notwendigen und eigentlich auch von (fast) allen gewollten! – Energiewende.

Uwe Meyer aus Wolfenbüttel schreibt:

Das was die Energiekonzerne sich hier erlauben ist schlicht sittenwidrig. Solange die Gewinne hoch genug waren, wurden uns gebetsmühlenartig die Lügen vom billigen Atomstrom erzählt, weil viele Kosten ja schon verdeckt vom Steuerzahler übernommen wurden. Die Energiewende haben sie verschlafen und jetzt wo sie merken, dass der Hase nicht mehr so läuft, wie sie es wünschen, ergreifen sie die Flucht. Und das nicht erst wenn sie Verluste machen und von ihrem gescheffelten Geld etwas zurückgeben müssten, sondern bereits wenn die Gewinne nicht mehr so üppig sind wie gewohnt.
Die gebildeten Rücklagen für Kraftwerksrückbau und Atommülllagerung müssen sofort in öffentliche Hand überführt werden, sonst sind sie bald nicht mehr zu holen. RWE müsste schon jetzt eine Kapitalerhöhung durchführen, um seinen Verpflichtungen hier nachzukommen. Aber wer will diesen Unternehmen noch viel Geld zur Verfügung stellen? Aus der Verantwortung dürfen die Unternehmen sich deswegen aber nicht freikaufen. Der Hinweis, dass bei Insolvenz eines Unternehmens sowieso der Steuerzahler dran ist, zieht nicht. Der Staat muss nicht in vorauseilendem Gehorsam alle Risiken auf sich nehmen, vielleicht halten die Unternehmen ja durch. Und wenn nicht, kann der Staat vielleicht etwas aus der Insolvenzmasse holen.
Wenn Politiker sich aber auf dieses Freikaufen einlassen, gehören sie sofort abgewählt.

Iris Ottinger aus Ratekau schreibt:

Wir leben in einem Passiv-, bzw. Plus-Energie-Haus und produzieren fleißig Sonnenstrom. Da hört man immer wieder: „Ihr seid schuld, dass der Strom so teuer ist!“ Nein, die immer schön unter den Teppich gekehrten Subventionen in astronomischer Höhe sind dafür verantwortlich.
Und nun wollen die Energiekonzerne, die sich bisher ein goldenes Näschen verdient haben, gewaltige Summen zukünftiger Kosten auf den Steuerzahler abwälzen. Pfui!

Arnold Großegesse aus  Schnaitsee schreibt:

Endlich stellt mal einer in präzisen Sätzen die Fakten vom Kopf auf die Füße. Atomstrom wurde über-subventioniert. Mit mehr als 200 Milliarden. Und das Risiko und die Folgekosten wurden der Gemeinschaft aufgebürdet – und sollen in Zukunft sogar noch stärker auf uns und unsere Kinder abgewälzt werden. Das ist das Gegenteil einer demokratischen und sozialen Rechtlichkeit.
Danke, dass Sie dieser Maschinerie Informationen entgegensetzen, die klar machen, was hier Sache ist: Volksverdummung durch die Atomindustrie und durch die derzeitige Bundesregierung.

Peter Aly aus  Freiburg schreibt:

Die Verbraucher haben schon seit 2007 fünf Prozent Steigerung der Strompreise hingenommen. Die daraus resultierenden Gewinne gingen an die Stromriesen, und jetzt sollen diese Steigerungen nicht in die Energiewende investiert werden? Die vom Minister gewollte Bremse für die Energiewende wird Verluste von Arbeitsplätzen in erheblichen Ausmaß in Industrie und Handwerk bringen. Und das in einer Zukunftsindustrie, in der die Wirtschaft unseres Landes bisher führend ist.
Diese mögliche Zukunft umfasst nicht nur die Frage der Strompreise, sondern auch Entwicklungen in Speicher, Netzsteuerung, Lastmanagement, schnell verfügbare Kraftwerksreserven. Und hier sind Steuermittel gefragt (wie in zweistelliger Milliardenhöhe der Atomindustrie gewährt) damit diese Zukunft sicher ist.

Zu der geplanten Sonnensteuer schreibt Stefan Otto aus Rodgau:

Irgendein findiger Politiker kommt bestimmt irgendwann auf die wahnwitzige Idee, von jedem Bürger eine Luftsteuer zu verlangen. Denn jeder Bürger benötigt die Ressource „Luft“ zum Leben.
Diese Idee wäre die konsequente Fortsetzung der geplanten „Sonnensteuer“ im Rahmen des EEG. Bei der Luftsteuer wäre zumindest das Ziel, die Belastungen auf „mehr Schultern“ zu verteilen, erreicht.
Grundsätzlich bin ich überhaupt nicht gegen eine Entlastung der energieintensiven Industrie. Doch was alles unter jene energieintensive Industrie im internationalen Wettbewerb sich inzwischen versteckt, ist skandalös. Skandalös ist ferner, dass diese Entlastungen nicht zeitlich beschränkt, verbunden mit der Auflage, innerhalb einer vorgegebenen Frist für energiesparsamere Produktionsmethoden umzustellen.
Mich stört einerseits das „nur weiter so“, sowie, dass der Normalverbraucher die Kosten der Energieumstellung alleine tragen muss.

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24 Kommentare zu “Die Sache mit Gabriels Energiewende-Zirkus

  1. In mehreren Kommentaren wird von den Subventionen der Kernkraftwerke und der Steinkohlekraftwerke gesprochen. Es werden Zahlen von 200 Milliarden Euro genannt. Diese Zahlen tauchen immer wieder auf, auch in Zeitungsartikeln. Es muss also etwas dran sein.
    Wenn man versucht herauszufinden, woher diese Zahlen stammen, stösst man auf das Forum Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft (FÖS). Zwei BWLerinnen des FÖS haben eine Studie dazu verfasst. Als BWLerinnen fehlt ihnen leider die technische Fachkenntnis. Das ist bei einer wissenschaftlichen Veröffentlichung unschön, aber es gibt ja Gutachter, die eine wissenschaftliche Studie gegenlesen. Das hat hier aber offensichtlich nicht stattgefunden. Eine „Studie“ kann nämlich jeder schreiben. Man muss nicht einmal „studiert“ haben. Es ist keine wissenschaftliche Veröffentlichung.
    Man muss die Studie gar nicht ganz lesen, dass sich einem die Haare sträuben. Der Beitrag Deutschland an das Forschungszentrum CERN werden der Kernenergie zugeschlagen, obwohl die Forschung dort nichts mit Kernenergie zu tun hat. Hochgerechnete Sanierungskosten für die Asse, in der praktisch kein Kernkraftwerksmüll, aber viel Krankenhausmüll liegt, wird auch der Kernenergie und nicht etwa den Krankenkassen angelastet.
    Ganz absurd wird es bei der Steinkohle. Als die deutsche Steinkohle nicht mehr wettbewerbsfähig war, hätte man eigentlich alle deutschen Bergwerke schliessen müssen. Das hätte aber im schon sehr gebeuteltem Ruhrgebiet zu einer sozialen Katastrophe geführt. Daher hat man zu einer sozialpolitischen Massnahme gegriffen und die Steinkohle auf Weltmarktniveau herunter subventioniert. Zu behaupten, diese Kosten seien typisch für Steinkohle, ist absurd. Es ist typisch für unsere soziale Gesellschaft.
    Das Arbeitslosengeld oder Sozialhilfe der ehemals in der deutschen Solarindustrie Beschäftigen wird ja auch nicht den Solarstromkosten belastet.

    Mit den Begriffen „Studie“ oder „Institut“ versucht man Wissenschaftlichkeit zu suggerieren. Bei näherem Hinschauen sieht man dann doch nur Lobbyismus.

    @Nick Grashoff
    Sie sagen, dass Kohlekraftwerke zu unflexibel sind, um die Schwankungen von Wind und Solar auszugleichen. Wer gleicht es denn jetzt aus. Hauptsächlich Steinkohlekraftwerke! Aber das Steinkohlekraftwerke zu unflexibel sind stan

  2. Und wo bleibt bei dem ganzen Geklapper eigentlich der Nachweis, daß die FR energetisch und ressourcenbezogen ökologisch neutral oder sogar ökologisch produktiv ist?

  3. @Henning Flessner:
    Ich muss gestehen, ich habe die Studie gar nicht gelesen, aber Ihr Hinweis auf die Asse trifft ins Schwarze.
    Wer sich mit der Asse einmal weiter beschäftigen will, dem sei hierzu das Buch „das Märchen von der Asse“ empfohlen. Verständlich geschrieben von einem, der dort lange tätig war.

  4. Was mich wundert ist das es so ein Medienecho auslöst wenn die AKW Betreiber eine Selbstverständlichkeit jetzt offen ansprechen. Wenn man die Zahlen gelesen hat die der Abbau von Greifswald gekostet hat, dann war es die ganze Zeit wahrscheinlich das die Rückstellungen nicht reichen. Wer bitte soll denn sonst zahlen als der Steuerzahler. Er soll froh sein wenn die total unterversicherten AKW ihm nicht noch zusätzlich die Kosten eines GAU aufbürden. Wer sollte denn sonst zahlen? Was aber wohl endlich ein Ende haben sollte ist das es immer noch Leute gibt die glauben!!!( mit wissen hat das nichts mehr zu tun) Atomstrom wäre preiswert oder gar billig.

  5. Ein Versuch etwas Schwung in diese Diskussion bringen:
    Drei Thesen:
    1. Die deutsche Energiewende hat keinen signifikanten Einfluss auf das Weltklima.
    Dazu ist der deutsche Anteil am Ausstoss von CO2 mit ca. 2% zu klein.
    2. Die Energiewende gefährdet weder die deutsche Wirtschaft noch die privaten Haushalte.
    Die Kosten sind zwar hoch, aber die Ausgaben der deutschen Haushalte für die Energiewende sind nur etwa so gross wie die für Tabak.
    3. Die Investoren in onshore Windturbinen erzielen keine nennenswerte Rendite.
    Statt einer Rendite erhalten sie das Gefühl, etwas Gutes getan zu haben, so eine moderne Art des Ablasshandels.

  6. zu @ Henning Flessner
    Man sollte die Energiewende nicht wegen dem Weltklima machen sondern weil die Rohstoffe nicht für 7 Milliarden Menschen reichen und um nicht von so Leuten wie Putin abhängig zu sein. Man macht nur alles mögliche um die Energiewende zu behindern, wahrscheinlich haben einige gedacht das können wir ruhig ankündigen das wird eh nichts. Jetzt stellen sie fest das die Energiewende eine Eigendynamik entwickelt mit der wohl nicht gerechnet worden ist (siehe heutige Berichte in der FR die das Thema recht gut treffen.) PV würde wenn man sie nicht mit der Sonnensteuer belegt alles andere auch in D. ganz einfach über den Preis kaputt machen.

  7. zu @ Henning Flessner
    Ich möchte nochmal auf Ihren Beitrag 1 eingehen. Ich habe die von ihnen angesprochene Studie auch nicht gelesen und nur davor vorher gehört. Allerdings erscheinen mir 200 Milliarden doch eher etwas knapp bemessen. Oder was haben sie denn für Vorstellungen was die Atomtechnik D. die nächsten ich sage mal 100 bis 500 Jahre so kosten wird? Sollte man die Kosten die uns aus dem Bürgerkrieg in Mali schon entstanden sind und noch entstehen werden dem zuschlagen oder nicht? Oder glauben sie man würde dort eingreifen wenn das selbe in Zentralafrika oder Uganda passieren würde? Zumal wir das schon hatten. In Mali geht es um die europäische Uranversorgung die auch dort unter schlimmen Bedingungen sicher gestellt wird. Gibt es vielleicht auch aus diesem Grund den Aufstand? Das ist letztlich die selbe Nummer wie im Irak. Im Irak ist ja jetzt ein sehr erfolgsversprechendes Programm zur Senkung der deutschen EEG Umlage angelaufen. Wenn die Krise zu dauerhaft steigenden Rohölpreisen führt werden auch die anderen fossilen Energieträger teurer, was dann zu steigenden Erzeugungskosten beim Strom und zu höheren Preisen an der Strombörse in Leipzig führt. Das wiederum wird sich eins zu eins in der Energieumlage wiederfinden so das der Aufstand im Irak auf Dauer zu einer Senkung der EEG Umlage führen sollte. Also es bleibt genau so unübersichtlich wie spannend.

  8. Zum Thema Subvention der Kernenergie:
    In einem Artikel aus 2004 von Hermann Scheer in der Zeit findet man nachfolgende Zahlen. „Für Forschung und Entwicklung der Atomenergie spendierten die OECD-Regierungen bis 1973 über 150 Milliarden Dollar (…). Zwischen 1974 und 1992 waren es nochmals 168 Milliarden Dollar, (…). Die üppige Atomförderung der EU wird dabei gar nicht mitgezählt, und die französischen Zahlen sind bis heute geheim. Zusammen mit den vielfältigen Markteinführungshilfen und den Fördermitteln der Nicht-OECD-Länder, allen voran denen des einstigen Sowjetblocks, liegt die gesamte Staatsförderung bei mindestens einer Billion Dollar …“
    In Deutschland wurden laut Wissenschaftsrat allein aus dem Etat des Forschungsministeriums umgerechnet rund 15 Milliarden Euro für Forschung und Entwicklung der Kerntechnik (ohne Kernfusion) für Reaktoren und ihre Sicherheit, Kernbrennstoff-Kreislauf sowie Stilllegung investiert. Kernphysik-Grundlagenforschung, wie sie z.B. die GSI Darmstadt betreibt, ist hier nicht eingerechnet.
    Etwa 35 Milliarden Euro an steuerfreien Entsorgungsrückstellungen haben die Atomkraftwerksbetreiber bisher angesammelt. Diese müssen nicht – wie z.B. in der Schweiz – in einem speziellen Fonds sicher angelegt werden, sondern können nach Belieben investiert werden. Dies entspricht einem jährlichen Kostenvorteil von ca. 5 Milliarden Euro. Da die Rückstellungen in Investitionen gebunden sind, sind sie Kurs- und Konkurs-Risiken ausgesetzt. Ob die 35 Milliarden Euro Rückstellungen für Rückbau der AKW und Endlagerung der hochradioaktiven Abfälle ausreichen, darf bezweifelt werden.
    Die Asse wurde als Versuchs-Endlager betrieben, in der auch die Endlagerung hochradioaktiver Abfälle getestet werden sollte. Dort lagern daher keineswegs nur Krankenhausabfälle, sondern auch Abfälle des KfK, das Forschungsvorhaben mit hochradioaktivem Atommüll zugunsten der AKW-Betreiber durchführte.
    Nach Aussage der Regierung Kohl 1998 im Deutschen Bundestag geht aus der für das Bundeswirtschaftsministerium erstellten Studie „Identifizierung und Internalisierung der externen Kosten der Energieversorgung“ der Baseler PROGNOS AG hervor, dass bei Berücksichtigung aller Folgekosten Versicherungskosten pro Kilowattstunde Atomstrom von umgerechnet ca. 2 Euro anzusetzen wären. Die Unterversicherung stellt eine indirekte Subvention dar.
    Für die Beseitigung der Umweltschäden durch den vergleichsweise geringfügigen Uran-Abbau im Erzgebirge wurden ca. 7 Milliarden Euro Steuergelder aufgewendet. Dies kann man nicht als Subvention der deutschen Kernenergie rechnen, aber gibt einen Hinweis darauf, welche Mittel erforderlich wären für die Beseitigung der teilweise gigantischen Umweltverschmutzung in den großen Uran-Tagebaugebieten, in denen bis jetzt nichts dafür investiert wurde.

  9. Für die deutsche Stromversorgung gibt es zwei Möglichkeiten:
    1. nur konventionelle Kraftwerke(K)
    2. Wind- und Solarkraftwerke(E) und für windstille Nächte konventionelle Kraftwerke(K)
    Und jetzt kommt eine dreiseitige Beweisführung (die ich dem Leser zur Übung überlasse) mit folgendem Ergebnis:
    E + K < K
    Morgen gründe ich ein Institut und dann veröffentliche ich diese bahnbrechende Studie.

  10. Henning Flessner
    Grundsätzlich ist daran falsch das es europaweit gesehen keine windstille Nächte gibt und das es E Kraftwerke gibt die regelbar sind.

  11. @hans
    Grundsätzlich ist es falsch zu glauben, dass man den Strom in einer windstillen Nacht aus Portugal importieren kann.
    Ich bin Physiker und seit 22 Jahren im Kraftwerksbereich tätig. Meinen Lesevorsprung werden Sie wohl kaum noch einholen können.
    Wenn Sie sich bilden wollen, empfehle ich:
    Dietrich Pelte: Die Zukunft unserer Energieversorgung

  12. zu @ Henning Flessner
    Dann ist es ja kein Problem für sie zu erklären was an den Ergebnissen des Kombikraftwerk 2 falsch ist.

  13. @Henning Flessner:
    meinen Sie „E + K < K" ernst?
    Dann wäre Ihre Studie bestimmt lesenswert, denn dass sich ein doppelter Kraft-
    werkspark energetisch wie finanziell nicht lohnt, liegt auf der Hand (insofern
    wäre ich daran interessiert, worin das Bahnbrechende Ihrer Studie liegt).

    Generell würde ich hier gerne einmal das Thema "Schwankungen im Netz" anstoßen, da die in den letzten Jahren immer häufiger auftretenden Stromausfälle von der Presse selten erwähnt bzw. nie im Zusammenhang mit der deutschen "Energiewende" thematisiert werden.

    Eine Energoepolitik die bezüglich Ihrer Finanzierung an Kompliziertheit kaum zu überbieten ist und die vor allem die Zusammensetzung der Strompreise und deren Ausweisung auf den Rechnungen bewusst irreführend gestaltet, bringt natürlich auch solche Auswüchse wie die Abgabe auf selbsterzeugten Solarstrom zustande.
    Die ist zwar prinzipiell Quatsch, die EEG-Umlage, die der "normale" Stromkäufer zahlt, aber ebenso.
    Mann kann sich den ganzen Unsinn sparen, wenn jeder Stromerzeuger seinen Strom ohne jegliche Bevorzugungen (ohne feste Einspreisevergütung) am Markt anbieten muss.

    Heute ist in der FR ein Artikel zum Thema Fracking zu lesen. Dort steht u. a., dass im Wirtschaftsministerium die Fracking-Befürworter die Einschränkung machen: "umwelttoxische Substanzen sollten nicht zur Anwendung kommen dürfen".
    Als Leserin hätte ich gerne gewusst, welchen Grund der Einsatz "umwelttoxischer Substanzen" z. B. in den USA hat (finanzielle?, technische?) bzw. was man hier anders machen möchte.

  14. @ Henning Flessner #11 und 14
    Auch ich bin Physiker und seit mehr als zwei Jahrzehnten beruflich mit Kraftwerkstechnik und Energiewirtschaft befasst. Aus meiner Kenntnis der Materie kann ich Ihnen die „Wundergleichung“ E + K < K erklären: Es kommt auf den Energiemix an! Um ein Kostenoptimum zu ermitteln, sind die Stromgestehungskosten des Gesamtsystems zu ermitteln, die sich aus den Fixkosten (vor allem Investitionen) und den variablen Kosten (u.a. Brennstoffkosten) zusammensetzen. Dabei kann auch der Einsatz von Stromerzeugungsanlagen mit hohen spezifischen Investitionskosten und geringen Brennstoffkosten sinnvoll sein, auch wenn sie zum Ausgleich von Lastspitzen durch Kraftwerke mit geringeren spezifischen Investitionskosten und höheren Brennstoffkosten ergänzt werden müssen.

    In der „alten“ Energiewelt lautete deshalb die Faustregel: Kernenergie und Braunkohle für die Grundlast, Steinkohle für die Mittellast und Gas für Spitzenlast. In der Zukunft kann es heißen: Wind- und Solarkraftwerke immer dann, wenn Wind weht und Sonne scheint, Biomasse, Gas, Speicher und Lastmanagement immer dann, wenn Volatilitäten ausgeglichen werden müssen.
    Das Problem der Energiewende besteht allerdings darin, dass die zur Findung eines Optimums nötigen Marktmechanismen gestört sind. Daran ist nur zu geringem Teil das EEG Schuld (das trotzdem reformiert werden muss), sondern vor allem die an Grenzkosten orientierte Strombörse. Die Kraftwerksbetreiber verdienen im Wesentlichen nur die variablen Kosten, die Bereitstellung von Kapazitäten (die auch eine für eine sicher Versorgung unerlässliche wirtschaftliche Leistung bedeutet) wird nicht vergütet. Da Kapazität (Leistung) keinen Preis hat, gibt es weder für Verbraucher noch für dezentrale Erzeuger Anreize, sich flexibel der volatilen erneuerbaren Erzeugung anzupassen. Das macht die Energiewende teuerer, als sie sein müsste.

    Hinzu kommt, dass auch die Netznutzung so „bepreist“ wird, als ob ganz Deutschland eine „Kupferscheibe“ wäre. Damit wird auch vorgegaukelt, dass der Ferntransport von Strom nichts kostet und ein großflächiger Ausgleich zwischen Erzeugung und Einspeisung immer möglich ist. Für die Erreichung eines Optimums einer Mischung von zentralen Kraftwerken (geringere Stromgestehungskosten bei höheren Stromtransportkosten) und verbrauchernahen dezentralen Erzeugungsanlagen (möglicherweise höhere Stromerzeugungskosten, aber geringe Stromtransportkosten) gibt es deshalb keine Anreize. Die Folge: Gigantische Netzausbaupläne, die die Kosten der Energiewende nochmals nach oben treiben.

  15. @ hans # 13 und 15

    Der online-Branchendienst E&M powernews hat am 4.11.2013 berichtet:

    Öko-Kombikraftwerk-Test offenbart auch Schwächen

    Ein Zusammenschluss aus Windkraft-, Solar- und Biogasanlagen kann Regelenergie liefern, stellt aber nur bedingt gesicherte Leistung bereit. Dies zeigt der zweite Blick auf die Ergebnisse des am 30. Oktober 2013 durchgeführten Tests.

    Im Kombikraftwerk 2 sind zwei Windparks in Brandenburg, zwölf Photovoltaikanlagen im Raum Kassel sowie drei Biogasanlagen in Rheinland-Pfalz und Hessen mit einer Gesamtleistung von rund 80 MW zusammengeschaltet. Ein vom Fraunhofer Institut für Windenergie und Energiesystemtechnik (IWES) und den Projektpartnern des Forschungsvorhabens öffentlich durchgeführter Test sollte in der Praxis zeigen, dass auch Ökokraftwerke zur Frequenz- und Spannungsstabilität im Netz beitragen können.

    IWES-Projektleiter Kaspar Knorr konnte mit dem Ergebnis zufrieden sein: „Unser Test hat nicht nur gezeigt, dass die erneuerbaren Energien die nötigen Anforderungen zur Regelleistungsbereitstellung erfüllen, sondern dass diese regenerativen Anlagen mit einer Anpassungszeit von wenigen Sekunden auch deutlich schneller reagieren als die konventionellen Kraftwerke.“

    Allerdings zeigte der Test auch, dass der Beitrag des Öko-Kombikraftwerks zur Netzstabilität stark begrenzt ist. Am Tag der live übertragenen Demonstration wehte der Wind in Brandenburg nur schwach, sodass der Anlagenverbund nur mit 16 MW, also 20 % seiner Nennleistung, zur Verfügung stand. Die verfügbare Regelleistung war auf einen Hub von 4 MW (5 % der Nennleistung) begrenzt. Einen Nachweis, dass Versorgungssicherheit und Netzstabilität allein mit regenerativer Stromerzeugung gewährleistet werden, hat der Test somit nicht erbracht, auch wenn manche Medien und Politiker diese Schlussfolgerung voreilig gezogen haben.

  16. @JaM ich stimme Ihnen natürlich vollkommen zu.
    Nach meiner Ansicht haben wir in unserer Stromversorgung zwei Erscheinungen, die fast gleichzeitig aufgetreten sind, aber nicht unbedingt etwas miteinander zutun haben.
    Die erste ist das Auftauchen von Wind- und Solarkraftwerken sowie dem ungeliebtem Bastard Biogas-Anlage.
    Die zweite Erscheinung ist die Strommarktliberalisierung. Vor der Liberalisierung erhielten RWE, E.On und andere kostendeckende Einspeisevergütungen. Man berechnete seine Stromgestehungskosten, schlug eine schöne Rendite drauf und liess sich den Preis vom Regierungspräsidenten genehmigen. Ein Geschäftsmodell, wie wir es heute bei den Erneuerbaren haben, wobei deren Rendite, wie ich vermute, jedoch geringer ist.
    Heute wird der Strom zum grossen Teil an der Börse verkauft.
    In einer Stromversorgung braucht man aber genug Kapazität für die eine Lastspitze im Februar. Praktisch das ganze Jahr hat man Überkapazitäten. Überkapazitäten führen in einem Markt aber dazu, dass zuerst zu Grenzkosten verkauft wird, in der Hoffnung, dass der Konkurrent vorher aufgibt, und dann werden die Kapazitäten angepasst. Kaufen die Leute keine Autos mehr, werden die Autos zuerst billiger und dann werden weniger produziert. Zieht die Nachfrage dann wieder an, gibt es eben lange Lieferzeiten. In der Stromversorgung liegen die maximal zulässigen Lieferzeiten aber im Sekundenbereich. Ein reines Marktmodell kann daher nicht funktionieren. Daher muss der Markt geregelt werden. Es wird das Abschalten von Kraftwerken verboten. Das Vorhalten von Kraftwerken soll bezahlt werden (Kapazitätsmarkt). „Man zahlt die Feuerwehr ja auch, wenn sie nicht löscht.“
    Ich glaube, dass die Marktliberalisierung den EVUs mehr Schwierigkeiten bereitet als die Erneuerbaren. Nur kann man als Unternehmer in unserer Gesellschaft nicht den Markt in Frage stellen. Dann schiebt man lieber den Erneuerbaren die Schuld zu.
    Ich halte einen politisch geregelten Markt für keine gute Lösung. Eine Regelung funktioniert schlecht, wenn die Zeitkonstanten zu gross sind. Ändern sich die Marktbedingungen und die Politik muss reagieren, so braucht eine Gesetzesänderung durchaus ein Jahr. Bis dahin können sich die Marktbedingungen schon wieder geändert haben und wir haben ein schwingungsfähiges System mit immer grösseren Ausschlägen geschaffen.

  17. zu @ JaM
    OK, habe ich so nicht mitbekommen. Dann wird man doch mehr in die Fläche gehen müssen und mit Gasturbinen zumindest bei dem derzeitigen Stand der Technik Regelleistung bereitstellen müssen. Das ändert aber nichts daran das man den Weg der Energiewende gehen muss weil die Rohstoffe wohl auch jetzt endlich sind.

  18. Ich habe gerade die heutigen Leserbriefe in der FR zum Thema Energiewende gelesen. Im Prinzip haben die Schreiber natürlich recht. Die Sonnensteuer von 2,5 Cent ist natürlich blanker Unsinn und hat das Ziel den Ausbau von PV zu bremsen. Ich bin mal gespannt wie hoch man diese Steuer die nächsten Jahre treiben will , denn die 2,5 Cent sollte PV in 3 Jahren fressen. Die herkömmlichen Energien werden wohl auch kaum billiger. Aber etwas sollten die Kritiker der Sonnensteuer schon auch schreiben. Wenn jemand viel Strom aus der Sonne holt dann werden seine Grundgebühren beim Energieversorger wohl nicht mehr kostendeckend sein. Also die wirklich fällige Maßnahme wäre die Grundgebühren nach der maximalen Anschlussleistung zu staffeln. Wobei man prüfen sollte ob nur das zu Grunde gelegt wird was rein kommt oder auch was raus geht. Es kann schon für das Netz eine Belastung sein wenn in einer Straße viele PV Anlagen einspeisen und dieses Netz muss auch verursachergerecht bezahlt werden.

  19. @ hans

    Mit der EEG-Reform soll keine „Sonnensteuer“ von 2,5 Ct./kWh eingeführt werden, sondern es soll für den eigenerzeugten und selbst verbrauchten Strom – egal ob regenerativ oder fossil erzeugt – eine ermäßigte EEG-Umlage erhoben werden. Über die Höhe und eine eventuelle Bagatellgrenze wird in der Koalition noch verhandelt. Der letzte Vorschlag lautet 40 % der Umlage, die „nicht privilegierte“ Verbraucher zu zahlen haben. Das entspricht derzeit etwa den von Ihnen genannten 2,5 Ct./kWh.

    Die Idee der Einbeziehung der gesamten Eigenerzeugung in die EEG-Umlage einzubeziehen, ist ein weiteres Beispiel für eine verfehlte Energiepolitik, weil sie die trifft, die für den Ausbau der Erneuerbaren und der Kraft-Wärme-Kopplung eigenes Geld ausgeben. Im Ergebnis wird die EEG-Umlage für „Normalbürger“ und kleine Betriebe fast nicht entlastet, die Energiewende wird aber teuerer, weil die fehlenden privaten Investitionen an anderer stelle mit höherem Aufwand kompensiert werden müssen.

    Der von Ihnen angesprochene Thema, dass anderseits auch die Eigenerzeuger an den Gesamtkosten des Energiesystems beteiligt werden sollten, ist richtig. Eine nach Leistungsinanspruchnahme bemessene Grundgebühr bei der Netznutzung erscheint als eine vernünftiger Gedanke, wäre allerdings nur eine halbe Lösung. Für die Belastung des Netzes ist nicht nur die beanspruchte Maximalleistung, sondern das Lastprofil des Restverbrauchs (und der Überschusseinspeisung): Das „Stromsystem“ aus Erzeugung und Netz wird anders beansprucht, wenn aus ihm die Leistung zur Stromspitze oder zu Zeiten eines geringen Bedarfs bezogen wird. Erst ein zeitlich differenzierter Leistungspreis führt dazu, dass Betreiber von Solaranlagen in zusätzliche Speicher investieren und Betreiber von Blockheizkraftwerken die Erzeugung so steuern, dass die Netze (und die Leistungsreserve) entlastet werden. Intelligente Rahmenbedingungen sind leider komplexer als die Schnellschüsse der Politik und mancher Lobbyisten, auch aus der Branche der Erneuerbaren.

    Komplexer als es die öffentliche Diskussion vermittelt ist auch das Ausgangsthema dieses Threads, die „Bad Bank“ für Kernkraftwerke. Positiv an einer solchen staatlichen Fondslösung wäre die Sicherung der angesammelten Rücklagen (eine bei der derzeitigen wirtschaftlichen Lage der KKW-Betreiber nicht unerhebliche Frage). Negativ wäre, dass private Risiken der Unternehmen wieder einmal sozialisiert werden, was sich aber z.B. durch eine Nachschusspflicht der jetzigen Betreiber absichern ließe. Dies wäre allerdings eher ein ungedeckter Scheck, denn die Stilllegung der Kernkraftwerke sowie die Errichtung der Endlager wird sich noch über Jahrzehnte hinziehen. Ob dann noch Eon, RWE und Konsorten existieren oder noch zahlungsfähig sind, ist nicht sicher – was allerdings auch ein Problem der jetzigen Rechtslage ist. Ich sehe allerdings ein weiteres gewichtiges Argument gegen eine Fondslösung: So lange die Unternehmen den Abbau ihrer Kernkraftwerke selber bezahlen müssen, werden sie sich um die kostengünstigsten technischen Lösungen bemühen. Ob der Staat genauso sparsam mit den Stilllegungsreserven umgehen würde, ist angesichts des Debakels bei Großprojekten wie der Berliner Großflughafen eher zweifelhaft.

  20. @hans
    Sie möchten mit Gasturbinen die Differenz zwischen Bedarf und Erzeugung durch erneuerbare ausgleichen.
    Dann bräuchten wir ca. 50’000 MW Gasturbinenanlagen. Nehmen wir ein Kraftwerk mit zwei Gasturbinen und einer Dampfturbine (z.B. KW Emsland oder Irsching) so erhalten wir etwa 1’000 MW. Damit bräuchten wir 50 neue Kraftwerke. So ein Kraftwerk kostet etwa 700 Millionen Euro. Macht also eine Investition von 35 Milliarden Euro.
    Wer soll die Standorte suchen, gegen 50 Bürgerinitiativen kämpfen, 35 Milliarden Euro investieren?
    Die Stromkonzerne werden es sicher nicht machen. Bürgergaskraftwerke oder soll es der Staat machen?
    Strom aus Gaskraftwerken kostet doppelt soviel wie aus Steinkohlekraftwerken. Wollen Sie gleichzeitig die Verbrennung von Kohle verbieten? Dann kommen auf die 35 Milliarden Euro noch einige 10 Milliarden Schadenersatzzahlungen.
    Häufig wird angeführt, dass man den Preis für die Emissionsrechte erhöhen müsste, damit Gas konkurrenzfähiger wird. Man müsste den Preis auf etwa 40 Euro pro Tonne anheben, damit Strom aus Gas billigen ist als aus Steinkohle. Die Stromgestehungskosten verdoppeln sich dann.
    Natürlich kann man das alles machen. Deutschland kann das auch ohne Probleme finanzieren.
    Aber warum das ganze? Kein Einfluss auf das Klima, Kohle reicht noch für 300 Jahre, Uran reicht mit Brütertechnologie für mindestens 1000 Jahre, Geld verdienen kann man damit nicht.
    Aber man fühlt sich gut und diesmal waren die Deutschen nicht schuld.

  21. Also, ich habe nie geschrieben das die Energiewende in einem Jahr fertig sein soll. Was werden denn die fossilen Rohstoffe in 1,5,10 oder 20 Jahren kosten. Wer das weis brauch sich mit dem Thema Arbeit nicht mehr zu beschäftigen. der kann das bisschen Geld locker mit Termingeschäften verdienen. So so mit dem schnellen Brüter kann man die Energieversorgung günstiger darstellen. Ich glaube das nach den Zahlen die für neue AKW in GB oder Finnland aufgerufen worden sind 35 Milliarden für Gasturbinen ein Schnäppchen sind. Ob man dafür einen schnellen Brüter bekommt? Bisher ist noch mit keinem auf der Welt Geld verdient worden. erklären sie mir doch mal warum Kohlekraftwerke auch nur ein Kilo Dreck umsonst in die Luft schleudern dürfen und Dörfer enteignet werden um Braunkohle abzubauen. Die sollen dafür einen angemessenen Preis zahlen und dann sehen wir bei dem Thema Wirtschaftlichkeit weiter. ich möchte dazu auf den heutigen Artikel über Feinstaub in der FR verweisen. das muss alles in Euro und Cent seinen Preis haben so funktioniert Marktwirtschaft.

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