Gerade in diesen Zeiten braucht die Demokratie Unterstützer

Gelassenheit. Ein großes Wort in diesen hitzigen, von Angst erfüllten Tagen, an denen wir kaum den Fernseher anzumachen oder ins Netz zu schauen uns trauen. Es könnte eine neue Schreckensmeldung auf uns warten. Nizza, Würzburg, München, Ansbach, Saint-Etienne-du-Rouvray — was kommt als nächstes? Gelassenheit. Das heißt nicht: Gleichgültigkeit. Es heißt aber: Wir lassen uns nicht in Hysterie versetzen. Genau das ist nämlich, was die Terroristen mit ihren Schreckenstaten bezwecken.

„Man muss einfach offen damit umgehen und sagen: Wir haben ein riesiges Problem“, sagt der Soziologe und Sozialpsychologe Harald Welzer im FR-Interview. „Und für dieses Problem liegt im Moment kein Lösungsformat vor.“ Das ist schwierig zu ertragen, aber es ist schlicht und einfach die Wahrheit. Gewiss gibt es auch noch ein paar andere Dinge, die getan werden müssen. So muss die Polizei, wie es schon nach der Kölner Silvesternacht gefordert wurde, in die Lage versetzt werden, überall in Deutschland den Rechtsstaat durchzusetzen. Schluss also mit dem „Sparkurs“, der ja eigentlich ein Einspar-, Schrumpf-, ein Rotstiftkurs war, gewollt und zu verantworten von Leuten, die der Ideologie vom schlanken Staat huldigten. Auch die internationale Zusammenarbeit der Geheimdienste muss intensiviert werden. Aber ansonsten brauchen wir vor allem dies: Gelassenheit. Das findet auch Robert Maxeiner aus Frankfurt, dessen Leserbrief ich hier als Gastbeitrag veröffentliche.

Gerade in diesen Zeiten braucht die Demokratie Unterstützer

von Robert Maxeiner

.

Das Interview mit dem Soziologen Harald Welzer halte ich für einen fundierten Fachbeitrag zum Umgang mit der Angst vor Terror. Eine mögliche Konsequenz für die Politik, vor allem für den Innenminister, könnte es doch sein, sich von Fachleuten wie ihm beraten zu lassen, sowohl bezüglich der Präventionsmaßnahmen, als auch in der aktuellen Situation.

Wir wählen die Parteien doch genau dafür, dass sie ihr politisches Mandat dafür nutzen, geeignete sachliche und fachliche Maßnahmen einzuleiten und zu unterstützen. Stattdessen müssen wir erleben, dass Politiker eher dazu tendieren, sich mit Lobbyisten zu umgeben, die sie nicht neutral und unsachlich beraten. Politiker scheinen sich ständig im Wahlkampf zu befinden und somit mehr ihrem tatsächlichen oder vermeintlichen Wählerklientel verpflichtet als der Sache selbst. Ihre Diplomatie und ihre besonnenen Worte sollten sich darauf beziehen, die Sach- und Faktenlage zu vermitteln, zum Beispiel, dass es keine absolute, kaum eine relative Sicherheit vor Terroranschlägen gibt.

Die praktizierte Diplomatie, eine Mischung aus Beschwichtigung und Scharfmacherei, erweckt den Eindruck, als sei sie für die gemacht, die den Rechtsstatt schwächen wollen und auf die Demokratie nichts geben. Aber gerade in diesen Zeiten braucht die Demokratie Unterstützer.

Spezialisten der unterschiedlichsten Fachrichtungen, meldet euch zu Wort, sorgt für unterschiedliche Standpunkte und Differenzierungen! Streitet um der Sache willen, helft so bei Problemlösungen. Wir dürfen die Möglichkeiten der Integration, die Entwicklung von Demokratie und die Abwehr von Terror, auch durch geeignete Präventionsmaßnahmen nicht Politik, Polizei und Geheimdiensten überlassen.

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27 Kommentare zu “Gerade in diesen Zeiten braucht die Demokratie Unterstützer

  1. Ja, hab ich das denn nicht schon tausendmal gesagt?

    Naja nun scheint ja mein jahrelanges Lamento Wirkung zu zeigen und es wird im Radio und im Fernsehen und von Soziologen darüber geredet, daß man darüber nicht reden sollte.

    Ganz falsch wäre es allerdings, jetzt Strategien offenzulegen, die man sich selbst oder bei der Polizei entwickelt, um mit der Bedrohung fertig zu werden.

  2. Dem Leserbrief kann man nur zustimmen. Er trifft nicht nur die Probleme des Terrorismus sondern die ganze Politik.

  3. @bronski
    „Es könnte eine neue Schreckensmeldung auf uns warten. Nizza, Würzburg, München, Ansbach, Saint-Etienne-du-Rouvray — was kommt als nächstes? “

    Was folgt daraus? Es folgt daraus, daß die Menschen aus Angst nicht mehr hinsehen und die Verbrecher ihr Ziel erreichen. Eine Schreckensmeldung „wartet“ nicht, sie wird von jemandem formuliert, transportiert und kolpotiert! Jemand geht hin und nimmt sie auf!

    Kommt es denn irgednwo in Deiner Gilde an, daß Ihr(!) diejenigen seid, die alle Medien vollstopfen mit solchen Schreckensnachrichten und daß Ihr diejenigen seid, die das Geschäft der Verbrecher erledigen? Ich erhalte keine Antwort und es scheint so, als ob die Journalisten sich vehement weigern, ihre Rolle im Verbrecherismus zu reflektieren. Es ist sehr an der Zeit, den Boten für die Nachricht verantwortlich zu machen, bislang redet ihr euch bloss heraus.

    Seid ihr zu feige, nicht zu berichten? Sind eure Arbeitgeber zu feige, anzuordnen, daß nicht berichtet wird?

    Ich habe es ja schon oft deutlich gesagt, nun am deutlichsten: Medien sind Mittäter, wenn sie sich als Verlautbarungsorgan der Verbrecher hergeben.
    Ich höre nicht mehr hin, ich schaue nicht mehr hin und ich lese nicht mehr.

    Ich öffne mein Hirn nicht mehr für Verbrecher. Ihr zwingt mich aber dazu, es ganz zu verschließen und jede Nachricht zu verweigern.

    Klipp und klar: Schreibt nicht mehr über die Verbrecher, ihr erledigt deren Werk und macht euch mitschuldig!
    Es gibt keine Rechtferigung für Gewalt aus politischen oder religiösen Gründen, ihr, die Medien, tradiert diesen Unsinn.

    Euer Stift ist zur Waffe fremder Hände geworden! Er ist nicht mehr die Waffe der Freiheit!

    Macht mal eine Zeitung für übermorgen und streicht jede Nachricht heraus, die sich mit Gewalt beschäftigt. Veröffentlicht diese Zeitung mit den entsprechenden weißen Flecken.

    Das wäre mal mutig.

  4. @BvG
    Bei einigen seriösen Zeitungen wie Le Monde beginnt man immerhin sich des Problems bewusst zu werden. Für die, die von den Gaffern leben, ist es natürlich schwierig.

  5. @ BvG

    Es ist die Aufgabe von Medien hinzusehen und nicht wegzusehen. Es ist unser Job, zu berichten und aufzudecken, nicht zu ignorieren. Dass Amokläufer und Terroristen die Aufmerksamkeit der Medien suchen, dürfen wir natürlich nicht ignorieren. Daher gibt es in der FR kein Täterbild, auch kein verpixeltes, und daher nennen wir die Täter nur beim Vornamen mit abgekürztem Nachnamen. Ihre Kritik sollten Sie daher lieber an die Kollegen vom Boulevard richten, die mit ihrer Berichterstattung ganz unverblümt die Ängste der Menschen, aber auch den Narzissmus der Täter bedienen.

    Amokläufe und Terror sind Resultat und Teil einer globalen gesellschaftlichen Entwicklung. Die Ursachen ihrer Entstehung sind vielfältig. Dass es Zeitungen gibt, die am Ende über solche Taten berichten, ist sicher nicht unter die Ursachen der Entstehung solcher Taten zu zählen, sondern höchstens zu den Faktoren, die von solchen Tätern genutzt werden. Dieser Januskopf war den Medien schon immer zueigen. Ihre aufklärerische Kraft kann auch missbraucht werden. Das kann aber nicht bedeuten, dass über solche Taten, die ein Teil unserer Realität sind, nicht mehr berichtet werden soll, nur weil wir Angst davor haben. Den Kopf in den Sand zu stecken hat noch nie geholfen. Nur indem man darüber redet, können Menschen den Schrecken bewältigen. Auch wenn man auf dem Weg dorthin die eigene Hilflosigkeit eingestehen muss, wie es Harald Welzer tut.

    Also, klipp und klar: Natürlich schreiben wir weiter über diese Verbrecher. Um das Problem zu beheben, das sie darstellen, müssen wir verstehen, woher diese Leute kommen, wie sie ticken und wie sie wurden, was sie waren. Nur dann kann eine offene Gesellschaft wie unsere eine Antwort finden. Gewalt ist ein Teil dieser Welt, ob Sie das nun wahrhaben wollen oder nicht.

    „Gerade in diesen Zeiten braucht die Demokratie Unterstützer“, schreibt Leserbriefautor Robert Maxeiner in seinem Brief. Information ist dazu unerlässlich.

  6. „Spezialisten der unterschiedlichsten Fachrichtungen, meldet euch zu Wort, sorgt für unterschiedliche Standpunkte und Differenzierungen! Streitet um der Sache willen, helft so bei Problemlösungen.“ (Robert Maxeiner)

    Alle echten und selbsternannten Experten in einer öffentlichen Diskussion wäre nun allerdings das Gegenteil von Gelassenheit und eine überwältigende Produktion jeder Menge sicherer Aufhänger für genau die Berichterstattung, die gedrosselt werden sollte, wenn man den Terroristen nicht in die Hände arbeiten will.

    Harald Welzers Israel-Beispiel sollte man übrigens etwas anders nehmen, als er es gemeint hat: Die haben dort nicht nur ein bisschen Terrorismus, das ist ein echter Kriegszustand, in dem die sich befinden – deshalb gehört da auch Militär zum Straßenbild, etwas, was Teile der CDU/CSU vielleicht auch gerne bei uns sähen, was angesichts des Terrorpegels bei uns aber gewaltig übertrieben wäre.

    Und ihre Haltung haben die Israelis nicht aus Vernunft gewonnen, es sind die zwangsläufigen Regeln der freien Presse, die hier greifen: Die Größe der Lettern wird durch die persönliche Nähe der Leser und das Besondere, Seltene bestimmt. Bei einer Bombe pro Tag werden wir auch kein Aufhebens mehr davon machen.

    @ BvG: Wer dem Journalismus das vorwirft, wirft den Journalisten vor, von ihrem Job leben zu wollen. Das halte ich für etwas übertrieben.

    Ich sehe die „Schuldigen“ für den momentanen Zustand eher in der Politik. Bis auf die grandiose Tat der Pastorentochter, sich (nach entsprechender Meinungsumfrage) öffentlich mit „wir schaffen das“ zur Nächstenliebe zu bekennen, besteht ihre eigentliche Politik wie bei ihrem großen Förderer im zur Tat stilisierten Zuwarten und Hören auf die Demoskopen – Aussitzen hatte Kohl das damals genannt, wenn er seine Hauptkreativität daraufhin ausrichtete, seine möglichen Rivalen zu neutralisieren.

    Und solange kein Handlungsmuster erahn- geschweige denn erkennbar ist, entsteht nur der Eindruck einer Rat- und Hilflosigkeit, der die wachsende Angst im Volk nicht unbedingt dämpft, die dann journalistisch entsprechend bedient werden kann.

    Was ich z.B. nicht verstehe, ist, warum man in dieser Lage nicht die Nato zum Bündnisfall zwingt, wie George W. Bush es nach 9/11 gemacht hat: Wir haben eine ausländische Macht, die sich rühmt, Angriffe in unseren Ländern auszuführen – der Krieg wurde uns also schon lange erklärt. Mit dem Gewicht, das die Militärs, die im Moment auf Basis der Entscheidung einzelner Länder gegen den IS aktiv sind, dann bekämen, wäre vielleicht eher möglich, was im Moment anscheinend durch nationale Interessen verhindert wird: eine komplette Abtrennung des IS vom weltweiten Bankensystem, um seine Finanzierung und Einkaufsmöglichkeiten auszutrocknen. Man unterschätz Militärs, wenn man ihnen unterstellt, sie würden nur in den Kategorien des bewaffneten Kampfes denken. Deren Hauptkriterium ist Effizienz in der Überwältigung eines Feindes und nicht in der Imagebildung – wie bei vielen Politikern, die ihre Kriegshandlungen wesentlich von der erhofften Wirkung im Inneren bestimmen lassen – im besseren Fall, im schlechteren (ich hatte Bush schon erwähnt) durch den Alkoholersatz Religion. Ich gehe deshalb davon aus, dass ein größeres Gewicht der Militärs in den Entscheidungen beim Kampf gegen den IS im Moment eher zu weniger, aber effektiveren Militäraktionen führen würde.

  7. @ Frank Wohlgemuth

    „Was ich z.B. nicht verstehe, ist, warum man in dieser Lage nicht die Nato zum Bündnisfall zwingt …“

    Nur ganz kurz: Der Nato-Bündnisfall herrscht bereits — er wurde am 4.10.2001 unter dem Eindruck von 9/11 ausgerufen und seitdem nicht beendet. Wir sind schon seit fast 15 Jahren im Krieg.

  8. @ Bronski
    Das ist richtig, betrifft aber nur die „Operation Enduring Freedom“ in Afghanistan; schon beim Einmarsch in den Irak hatte Schröder eine direkte Beteiligung abgelehnt, was bei einem Bündnisfall nicht möglich gewesen wäre.

    Der Bündnisfall müsste für den Kampf gegen den IS erneut ausgerufen werden. Da ist dann wieder die Frage, inwieweit der IS ein völkerechtliches Subjekt ist – da er ein eigenes Territorium beherrscht und sich selbst auch als völkerrechtliches Subjekt sieht – im Gegensatz zu Al-Qaida – sollte man ihn da einfach beim Wort nehmen. Manfred Rotters formaljuristische Betrachtung würde hier kaum ziehen. (Es ist außerdem schon lange überfällig, das Völkerrecht an die Gegebenheiten der asymmetrischen Kriegsführung anzupassen.)

    Seit den Terroranschlägen am 13. November 2015 in Paris gibt es übrigens ähnliche Bestrebungen in Frankreich, nur bisher nicht über die NATO, sondern über die dazu eigentlich untaugliche EU.

  9. Ich denke, BvG geht etwas zu weit. Aber zwischen wochenlanger Berichterstattung und keiner Berichterstattung gibt es auch einen Mittelweg. Man muss nicht über alles berichten. Man hört aus Polizeikreisen, dass es durchaus Absprachen mit der Presse gibt, worüber berichtet wird und worüber nicht.
    Ein Attentat im Irak gibt auch nur eine kurze Meldung. Mehr muss ich doch gar nicht wissen.
    Zeitungen sind sicherlich nicht die Ursachen von Amokläufen, aber sie können durch ausführliche Berichterstattung (unbeabsichtigt) zur Nachahmung auffordern (Werther-Effekt).
    «Nur indem man darüber redet, können Menschen den Schrecken bewältigen.“ , der dadurch entsteht, dass man ausführlich darüber redet.
    „Um das Problem zu beheben, das sie darstellen, müssen wir verstehen, woher diese Leute kommen, wie sie ticken und wie sie wurden, was sie waren.“ Wer ist hier das „Wir“? Wir Journalisten, wir Leser, wir alle? Muss der Automechaniker, der morgen mein Auto repariert, wissen wie Amokläufer ticken und was macht er dann mit diesem Wissen? Meldet seinen Chef als potentiellen Amokläufer bei der Polizei?
    Muss ich wissen, wie Amokläufer ticken? Wenn ich mich diesem Wissen verweigere, was wirft man mir dann vor? Die Wahrscheinlichkeit, dass ich einem Amokläufer begegnete, ist etwa so gross wie, dass ich vom Blitz getroffen werde. Muss ich wissen, wie ein Blitz funktioniert?

  10. Der Titel dieses Threads heißt „Gerade in diesen Zeiten braucht die Demokratie Unterstützer“. Wenn ich mich dann allerdings nach Demokraten umsehe, wird mir angst und bange. Die Gefolgschaft der AfD und ähnlicher rechter Gruppierungen wächst und gedeiht, die Nachbarn Ungarn und Polen beschneiden ihre Verfassung und die demokratischen Grundrechte, und jetzt stellen wir auch noch fest, dass ein Großteil der seit bis zu fünfzig Jahren bei uns angesiedelten türkischstämmigen Mitbürger – egal, ob sie die deutsche Staatsangehörigkeit besitzen oder nicht – einem „Meister“ zujubelt, der gerade dabei ist, in ihrem Herkunftsland die Demokratie abzuschaffen. Ich fürchte, bevor wir die Bundeswehr einschalten, müssen wir erst einmal die europäische Bevölkerung einschließlich der Zugewanderten zu überzeugten Demokraten erziehen.

  11. ich würde Ihnen, Frau Ernst, da Sie sich ja als Erzieherin geoutet haben, völlig recht geben.
    Aber ich befürchte, dass es bei der genannten Personengruppe nicht mehr möglich ist, eine Erziehung durch zu führen.
    Der Karren steckt tief im Dreck. Ich sehe keine Lösung, auch wenn ich mir die übrigen Ereignisse in der Welt betrachte.
    Wäre ich religiös genug, könnte ich meinen, da hilft vielleicht nur noch eine Sintflut – oder Ähnliches.
    Nicht direkt Menschenwerk, von „außen“ kommend…

  12. @ Henning Flessner

    Dieses Problem hat viele Ebenen, eine davon heißt IS. Eine Teillösung auf dieser Ebene verspräche eine relativ zeitnahe Wirkung, die wahrscheinlich allen willkommen wäre.

    Wenn Sie meinen Beitrag nochmal lesen, kommen Sie vielleicht auch zu der von mir angestrebten Aussage, dass ich mir von einem Einsatz unter NATO-Führung nicht mehr sondern weniger – allerdings effektiveren – Einsatz klassischer militärischer Mittel verspreche. Dehalb auch mein Hiweis auf die Bankanbindung.

    Was meine Bereitschaft zu kämpfen angeht, so ist die Frage etwas falsch gestellt, weil ich meine „Alarm-Päckchen“ bereits vor über 30 Jahren abgegeben habe. Normal wäre in meinem Alter die Frage nach den Enkeln, aber bei mir sind es tatsächlich zwei Söhne, die im wehrfähigen Alter sind. Ihre Berufsentscheidungen stehen noch nicht, aber sollte einer sich für die Bundeswehr entscheiden, wäre ich zwar nicht unbedingt erfreut, aber finden Sie wirklich, dass es derartige Entscheidungen beeinflussen sollte, ob man direkt betroffen ist oder nicht, oder dass man nur Entscheidungen treffen dürfte, die man auch selbst „ausbadet“? Das würde bedeuten, dass man die Entscheidung über Krieg und Frieden den Militärs überlässt.

    Auch wenn ich diesen Berufszweig nicht so negativ beurteile wie anscheinend sehr viele, halte ich das für übertrieben und nicht mit unserer Staatsform vereinbar.

  13. @ Henning Flessner

    Ich habe leider keine Zeit, um mit Ihnen zu diskutieren, und werde mich aus dieser Debatte nun wieder herausziehen. Aber einen letzten Kommentar will ich noch einbringen. Der Knackpunkt ist aus meiner Perspektive, dass so viele Informationen wie möglich erreichbar sein müssen, damit die Menschen in diesem Land sich ein Bild machen können. Am Beispiel Ihrer Blitz-Metapher: Nein, Sie müssen nicht wissen, wie ein Blitz funktioniert, aber zum Verständnis der Vorgänge ist dieses Wissen doch ziemlich hilfreich. Es liegt an Ihnen, ob Sie sich dieses Wissen verschaffen wollen. Es wird Ihnen jedenfalls angeboten. Nur so erfahren Sie, was ein Blitz ist, wieso er so ist, wie er ist, dass es sich um eine Naturgewalt handelt, gegen die man sich kaum wehren kann, und dass Amokläufer eben keine Naturgewalten sind, sondern aus der Mitte unserer Gesellschaft entstehen. So jedenfalls der gegenwärtige Stand der Dinge. Sie müssen diese Informationen aber nicht aufnehmen. Niemand kann Sie zwingen. Wenn Sie uninformiert bleiben wollen, überblättern Sie die betreffenden Seiten der Zeitung eben einfach.

  14. @Bronski
    Genau das mache ich und deshalb habe ich vielleicht auch keine Angst.
    @Frank Wohlgemuth
    Zwei Kollegen von mir verlangten vor zwei Jahren in den Iran einzumarschieren. Als ich sie fragte, ob sie mitmarschieren würden, sagten sie, dass sie als Staatsangehörige neutraler Staaten (Schweiz bzw. Schweden) nicht mitmachen können. Einen Krieg zu fordern, fällt einem m. E. schon leichter, wenn man selber nicht mitmachen muss.

  15. @Frank Wohlgemuth „Der Bündnisfall müsste für den Kampf gegen den IS erneut ausgerufen werden.“

    Genau das ist es ja, woran sich Merkels Kalkül erkennen lässt. Leider nützen ihr die Anschläge in Deutschland sogar, wenn es darum geht, bei der Bevölkerung die Akzeptanz von Polizei- und Überwachungsstaat sowie von Militäreinsätzen in In- und Ausland zu fördern. Wenn zuerst Islamisten unkontrolliert ins Land gelassen werden, um dann irgendwann behaupten zu können, die Sicherheit Deutschlands sei im nahen Osten zu verteidigen, dann wäre das schon eine Perversion höchsten Grades.

    Da bekommt angeblich niemand mit, wie jemand kanisterweise Chemikalien ins Hotel Christl in Ansbach schleppt, um in aller Ruhe eine Bombe zu basteln und dann sollen für hunderte von Millionen Euro Militäreinsätze mit ungewissem Ausgang auf fremdem Territorium losgetreten werden? Gleichzeitig aber würde man in Deutschland eine unbekannte Zahl von Schläfern für Flüchtlinge halten, die nur darauf warten, richtig loslegen zu können. Das kapiere, wer will.

  16. Ich finde die Antwort von Bronski etwas dünn, obwohl ich die Argumente natürlich nachvollziehen kann.

    Es wäre ein Zeichen der Medien vonnöten, aller Medien, um deutlich zu machen: Wir machen euer Spiel nicht mit! Nur ein Tag des Schweigens wäre ein Zeichen der Hoffnung. Schweigeminuten für tote Menschen kommen zu spät!

    Des Weiteren ist es nicht genug, die Vermeidung der Nachricht nur dem Leser zu überlassen. Wir haben vor langer Zeit darüber gesprochen. Die Medien platzieren die Nachrichten so, daß niemand darüber hinwegsehen kann, man kann nichts überblättern und man wird zum Wegsehen gezwungen. Es gibt noch viel schlimmere Auswirkungen,die man vielleicht mal in einem Blogtalk mit einem Medienwissenschaftler diskutieren könnte.

    @Bronski
    Das kann nicht die Lösung sein, daß Medien hinsehen und berichten „müssen“ und sie gleichzeitig die Menschen zum Wegsehen zwingen. Du sagst immer wieder, daß Medien Meinung machen wollen und sollen. Bloss Hingucken kann jeder.

    Der Postillion ist da mutiger….
    http://www.der-postillon.com/2016/07/clownsnase-hasenzaehne.html

    Es ist ein großer Unterschied, ob man sagt:
    „Mutmaßlich islamistische Täter haben…“
    oder ob man sagt
    „Ein Verbrecher hat …“

    Ich flicke niemanden was ans Zeug, aber die Verbrecher machen das Verbrechen, die Medien machen den Terror.
    Das ist so und es fehlt die Haltung der Presse dazu.

    Verbrechen haben keinerlei politische Bedeutung. Das sollte das Mindestmaß der Berichterstattung sein.

    Wäre mal ein Thema für einen Blogtalk mit einem Medienwissenschaftler und einem Journalisten.

  17. Zitat Bronski:
    „dass Amokläufer“ (und Terroristen? (mein Zusatz))“ eben keine Naturgewalten sind, sondern aus der Mitte unserer Gesellschaft entstehen.“

    Das ist eine der größten und schädlichsten Mißinterpretationen, die gegenwärtig fröhliche Urstände feiert. Gewalttäter sind nicht! die Erfüller unterdrückter Sublimationen, die sich im Einzelnen Bahn brechen, Gewalttäter sind nicht! die Märtyrer, die sich für eine angeblich mutlose Mehrheit opfern!
    Sie sind keine Erlöser! Sie entstehen auch nicht aus der Mitte der Gesellschaft. Diesen absurden Mythos gilt es zu entsorgen.

    Die weitaus größere Menge der Menschen ist nicht gewalttätig, läuft nicht Amok und ist nicht terroristisch! Die weitaus größte Menge der Menschen will diese Kreuzritter nicht!

    Gewalttäter sind weder „Naturgewalten“, noch „entstehen sie aus der Gesellschaft“. Ich lehne diese Herleitungen vehement ab!

    Die Neigung zur Gewalt ist eine individuelle, psychologische Disposition, die aus der individuellen Geschichte abgeleitet werden kann, sie ist keine stellvertretende mutige Tat für die angeblich Mutlosen! Sie leitet sich auch nicht gesellschaftlich ab! Es gibt genügende Möglichkeiten, sich gesellschaftlich zu engagieren, kein vernünftiger Mensch erwartet in der Demokratie schnelle Lösungen.

    Gewalttäter bedienen sich der aktuellen Konfliktlage, um ihre Neigung zur Gewalt auszuleben, und ihre mangelnde Steuerungsfähigkeit zu kaschieren. Sie sind weder beauftragt, noch akzeptiert.

    Die Neigung zur Gewalt ist auch keinesfalls eine Auswirkung von Krankheit, abgesehen von sehr umgrenzten diagnostisch benannten Situationen. Sie ist ein persönlicher Fehler.

    Demzugrunde liegt ein tradierter Unsinn, der wer weiß woher stammt, nämlich der, daß man sich im Leben irgendwie klar und konsequent positionieren müsse. Das ist pubertär und hat die Bedeutung eines schlechten Tattoos. Bob Dylan hat es auf den Punkt gebracht.

    „Stellung beziehen“ scheint das Motto der Zeit zu sein. Es ist ein Begriff des Militärs.
    „Stellung beziehen“ ist ein großer Quatsch, er unterstellt, es gäbe Feinde.

    Ich persönlich verzichte auf diese Überzeugungsmythologie.

    Konsequent kann man nur in den letzten Minuten eines natürlichen Todes sein. Da bleiben nur Sekunden, einem Menschen zu sagen, daß man ihn liebt.

    Alles andere ist ein narzisstischer Irrtum.

  18. Vorschlag:
    Ergänzung zur Menschenrechtskonvention:
    Jeder Mensch hat das Recht, im Frieden zu sterben.

  19. @ Henning Flessner
    „Einen Krieg zu fordern, fällt einem m. E. schon leichter, wenn man selber nicht mitmachen muss.“ (Henning Flessner)

    Es mag Ihnen vielleicht nicht aufgefallen sein, aber ich fordere keinen Krieg. Der Krieg, von dem ich schrieb, existiert bereits, und wir sind bereits in ihn verwickelt, nicht nur durch Attentate bei uns zu Hause, wobei die Bundeswehr allerdings noch vornehme Zurückhaltung übt, d.h. wir lassen im Moment andere die Drecksarbeit machen, als ob ihre Soldaten nicht genauso Frauen und Kinder und Eltern hätten wie unsere, und beschränken uns auf die Bedienung von Abwehrraketen und Aufklärungsmitteln.

    Und das, was ich gefordert habe, brächte nicht einmal unbedingt eine stärkere Beteiligung deutscher Soldaten, es brächte in erster Linie weniger Berücksichtigung der Interessen von Banken und anderen, die an diesem Krieg gewinnen.

  20. Zur Unterstützung der Demokratie an den Bundespräsidenten gesendet:

    Sehr geehrte Damen und Herren,
    es wird berichtet, daß im Rahmen der Demonstrationen in Köln die Bundeskanzlerin unmißverständlich mit dem nationalsozialistischen Verbrecher Hitler verglichen wurde.
    Ich sehe mich und das deutsche Volk dadurch persönlich beleidigt und sehe dies als eine Beleidigung von Verfassungsorganen an, die strafrechtlich verfolgt werden muß.
    Ich bitte den Bundespräsidenten, sich dazu deutlich zu positionieren und offiziell eine Entschuldigung des türkischen Staates zu verlangen.
    Ich halte es ausserdem für notwendig, die Täter strafrechtlich wegen Volksverhetzung und Beleidigung von Verfassungsorganen zu belangen.

  21. @ BvG. 1. August 22.45 Uhr

    Wenn Sie behaupten, Gewalttaten hätten nichts mit der Gesellschaft zu tun, aus deren Mitte sie begangen werden, muss ich Ihnen heftig widerprechen. Dann hätte die Tatsache, dass in den USA, relativ zu ihrer Einwohnerzahl, viel mehr Gewaltverbrechen verübt werden als z.B. in Deutschland, nichts damit zu tun, dass dort eine „Kultur“ der Gewalt herrscht, dass Waffenbesitz und -gebrauch als historische Rechte in der Gesellschaft verankert sind, dass Polizisten und Justiz brutaler gegen Verdächtige und überführte Täter vorgehen als bei uns, und dass, last but not least, eine noch größere Kluft zwischen Arm und Reich und eine erheblich schlechtere soziale Absicherung herrscht? Die USA wären also, wenn man Ihre Auffassung konsequent durchdenkt, ein zufälliges Sammelbecken von isolierten verirrten Einzeltäter? Tut mir leid, da kann ich nicht folgen.

  22. Was die Berichterstattung über Gewaltverbrechen, egal welcher Couleur, anbetrifft, möchte ich mich alledings der bereits geäußerten Kritik daran anschließen, dass manchem geltungsbedürftigen Delinquenten in den Medien eine allzu große Plattform zur Selbstdarstellung geboten wird. Ist es z.B. wirklich nötig, dass jeder, aber auch jeder Nachricht über den NSU-Prozess ein viertel- bis halbseitiges Foto dieser unsäglichen Beate Zschäpe beigefügt werden muss, mit Zopf oder Wallehaar, von vorne oder von hinten (in der heutigen FR wieder auf S. 4)? Auch wenn ich vielleicht darüber informiert werden möchte, dem wievielten von mir als Steuerzahlerin finanzierten Anwalt sie mittlerweile ihr Vertrauen entzogen hat, so kann ich auf ein Konterfei dieser Person doch wahrlich verzichten!

  23. @B.Ernst
    Man könnte sagen, daß eine Gesellschaft Gewaltäter begünstigt und ermutigt, nicht aber hervorbringt. Aber das sind bloss Haarspaltereien.

  24. @B.Ernst
    2. August 2016 um 14:01

    Danke für die Unterstützung.

    Ein wirklich wirksames Zeichen der Medien, aller Medien(!) wäre mal, mit großem Pomp überall zu verkünden, daß der Bürger XY gestern seine gesamte politisch-moralische Kompetenz dazu verwendet hat, niemandem wehzutun.
    So tragisch es auch ist, man muß vehement betonen, daß die Normalität aus der Normalität entspringt.
    99,xx Prozent der Menschen sind keine Verbrecher.
    Medien könnten voll davon sein, daß Menschen morgens aufstehen, ihre Arbeit tun, der Welt nichts Böses tun und sie dadurch aktiv besser machen.
    Aber für soviel Gutes haben die Medien keinen Platz, nicht auf dem Papier und nicht im Internet.
    Allein die Aufzählung aller guten Taten würde das Datenvolumen sprengen.
    Da beschränkt man sich natürlich auf Herausragendes. Allein, es fehlt an der eindeutigen Positionierung der Medien:
    Herausragendes kann positiv oder negativ sein.

    Es würde genügen, die schlechten Nachrichten von den guten zu trennen.

    Bronski sagt, man könne wählen, was man liest. Man kann es nicht. Die Medien verhindern das. Sie schlagen mit Zeilen, Bildern und Tönen, sie verhindern aktiv die Wahlmöglichkeiten der Konsumenten. Sie bezahlen das mit ihrem eigenen Sterben und ziehen sich die Blutgierigen heran.

    Einfache Kategorisierungen würden schon genügen,
    aber diese werden nicht angewendet und es wird dem Leser, Hörer und Seher überantwortet, auszuwählen und sich zu schützen. Das ist ein Nachlässigkeit, Dummheit und Frechheit, es ist auch eine Gewaltanwendung durch die Medien.
    Es ist auch ein Armutszeugnis für jede Art von Presse, weil man heutzutage die Presse für die Nachricht gar nicht mehr braucht. Das Internet ist schneller, authentischer und brutaler, gelegentlich auch zärtlicher, tiefer und kultureller.

    Die herkömmlichen Medien begreifen nicht, daß sie die Verantwortung wahrnehmen müssen, ihre Konsumenten zu schützen. Sicher kommt dabei der ökonomische Aspekt zum Tragen, Gewaltmedien verdienen mehr, als Friedensmedien, warum das so ist, ist mir schleierhaft.

    Der Markt der Qualitätsmedien wird aber der sein, der von empfindsamen, denkenden und sensiblen Menschen nachgefragt wird. Blut und Lärm gibts allenthalben kostenlos.

    Ich beobachte seit langem einen Konflikt der Qualitätsmedien, diesem blutigen Trend moderat nachzulaufen, aber Nachläufer bleiben sie trotzdem.

    Es wäre eine Aufgabe des Staates, solche Qualitätsmedien zu unterstützen. Roland Koch hat dazu einen großen Schritt getan, die FAZ einen weiteren.

    Ich bin durchaus bereit, die Welt so wahrzunehmen, wie sie ist, aber ich bin nicht bereit, mich durch eine Zeitung bevormunden zu lassen, was ich von der Welt wahrnehmen will.

    Das ist schwer zu bewerkstelligen, aber ich überantworte dies Problem der FR. Die FR behauptet von sich Professionalität. Sie muß sie auch erbringen.

    Vom Leser einfach zu erwarten, daß er unerwünschtes überblättert, ist schwach, frech und unrealistisch. Soll man hinsehen, um zu entscheiden, ob man wegsehen will?

    Zeitungen, besonders die FR, nehmen für sich in Anspruch, die Realität zielgruppengerecht aufzuarbeiten und zu präsentieren. Sie reagieren aber nur schwächlich auf Forderungen ihrer Leser.

    …Fortsetzung folgt

    @BRONSKI!!
    Wann sorgst Du endlich dafür, daß die Eingabemaske breiter wird?

  25. @BvG
    Kein menschliches Gehirn kann alles aufnehmen, was an Eindrücken auf uns einstürzt. Deshalb führt jeder Mensch eine Auswahl durch. Dies ist unsere selektive Sicht der Welt. Wenn Sie die Zeitung lesen, erfahren Sie etwas über die selektive Sicht eines anderen Menschen. Es kann ja durchaus interessant sein, zu erfahren, wie andere die Welt sehen. Wenn man sich dessen bewusst ist, muss man deren Weltsicht ja nicht übernehmen. Sonst passiert das, was Georg Lichtenberg schon im 18. Jahrhundert geschrieben hat: «Man kann den Blick in die Welt mit einer Zeitung versperren.»
    Ich bin seit 4 Monaten wieder in Deutschland. Fernsehnachrichten oder Talkshows schaue ich nicht. Wenn ich keine Zeitung lesen würde, wüsste ich gar nicht, dass es Flüchtlinge in Deutschland gibt und ich wüsste nur vom Amoklauf in München, weil ein Familienmitglied in der Nähe war. Ich frage mich, ob die Leute, die sich über die Flüchtlingskrise äussern, dass eigentlich nur aus der Zeitung wissen oder aus persönlichem Erleben.
    Der Mensch ist an positiven Meldungen weit weniger interessiert als an negativen. Die «Aktuelle Kamera» des DDR-Fernsehens brachte fast nur Erfolgsmeldungen und keiner schaute hin.

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