Rechtes Selbstbewusstsein hat nicht gelitten

12000 Dresdner demonstrierten gegen den Aufmarsch von 6000 Neonazis, die das Gedenken an das Bombardement Dresdens durch die Aliierten 1945 missbrauchten. Während der eigentlichen Demonstration blieb alles friedlich, aber danach zeigten die Rechtsextremen ihr wahres Gesicht und überfielen Busse der Gegendemonstranten, die auf der Rückfahrt waren. Dazu meinte Stefan Simon aus Neu-Isenburg:

„Mal wieder zeigten die Neonazis ihr wahres Gesicht. Getrieben von Hass gegen linke Demonstranten. Dass man diesem Pack nicht endlich den Garaus macht, ist für mich unbegreiflich. Immer wieder dürfen sie marschieren, immer wieder kommt es zu gewalttätigen Übergriffen. 6000 Faschisten in Dresden. Eine erschütternde Zahl, wenn man auch die Bilder im TV gesehen hat, wie viele junge Leute dabei waren. Wo liegt die Aufklärung? Haben diese Leute nichts im Geschichtsunterricht gelernt? Der deutsche Staat darf nicht mehr zulassen, dass diese Leute weiterhin ihre Stärke zeigen. Die rechten Parteien müssen verboten werden. In Deutschland darf es einfach keine rechtsextremistischen Parteien mehr geben. Die Zeiten sind vorbei und niemand, außer der Minderheit dieser Idioten, möchte diese wieder haben.“

Maike Kunz aus Dresden:

„Wir hätten gerne dagegen gehalten, hier in Dresden. Schön, dass 12000 Menschen auf der Straße waren. Aber nachdem wir den ganzen Tag demonstrieren waren, kam doch die Frage auf: Wofür? Es gab keine einzige Gelegenheit, den Nazis direkt zu zeigen, dass sich viele, viele gegen sie stellen, dass sie keinen Platz haben in der Stadt, in diesem Land. Der ‚Trauermarsch‘ lief unbehelligt durch die Stadt. Von einigen, die sich in die Nähe des Hauptbahnhofs wagten, gab es Berichte, die keinen Optimismus zulassen: Gaffende Bürger, keine Gegenparolen, und wenn doch, dann wurden sie von den Nazis ausgelacht. Die waren hier deutlich in der Mehrzahl und zugleich wenig umgeben von Polizisten (kein Vergleich zumindest mit dem Aufgebot um die Antifa).
Alles schön getrennt, bloß keine Ausschreitungen. Keine direkte Konfrontation. Ich unterstütze keine Prügelei, kein Steinewerfen oder dergleichen. Aber es muss doch möglich sein, dem Nazizug direkt etwas entgegenzustellen, eine Masse Menschen, die ihnen den Rücken zudreht, die sich ihrer Route in den Weg stellt.
Das Ordnungsamt Dresden und die Polizei haben das gut zu verhindern gewusst. Wo die Nazis marschierten, spürte man nichts von 12000 Gegendemonstranten. Und ihr Selbstbewusstsein hat bestimmt nicht gelitten.
Die Übergriffe auf Hin- und Rückfahrten zeigen, dass es nötig wäre, sich nicht nur weit abseits gegen Nazis und ihr Gedankengut zu äußern, sondern ihnen und allen Umstehenden zu demonstrieren: Wir stellen uns gegen Nazis, immer und überall und zwar auch physisch, nicht nur in Worten.
Insofern bin ich enttäuscht und hoffe als Bürgerin dieser Stadt, dass es möglich sein wird, die jährlichen Aufmärsche zu verhindern, so wie in Leipzig etwa am 1. Mai die Nazi-Züge keinen Schritt mehr gehen konnten. Das wäre ein wirklicher Erfolg.“

Manfred Kirsch aus Neuwied:

„Der brutale Überfall von Neonazis auf Antifaschisten nach der Dresdner Demonstration bestätigt einmal mehr die hohe Gewaltbereitschaft Rechtsradikaler hierzulande. Er zeigt auch erneut, dass rechtsextreme Gesinnungen und Gewalttätigkeit zusammengehören. Was muss eigentlich noch geschehen, bis verantwortliche Politiker sich dazu entschließen können, gegen die NPD und andere Neonazi-Organisationen ein neues Verbotsverfahren einzuleiten?
Es darf nicht sein, dass sich zum 60. Jahrestag des Grundgesetzes eine gefährliche Gewöhnung an die braunen Untaten breitmacht. Doch bei vielen Politikern scheint immer noch kein ausgeprägtes Bewusstsein für die Gefahr des rechten Terrors vorzuliegen. Wie ist es sonst zu erklären, dass bei der Demonstration gegen den Nazi-Aufmarsch in Dresden kein einziger prominenter Unions- und FDP-Politiker anwesend war? Das ist ein bedrückendes und trauriges Dokument der Gleichgültigkeit. Auf die Dresdner Demonstration hätten aber sowohl die Bundeskanzlerin als auch der Bundespräsident als Redner gehört.
So muss man mal wieder den Eindruck gewinnen, als ob alle Beschwörungen des Aufstands der Anständigen und des aktiven Eintretens für die Demokratie für die obersten Verantwortungsträger dieses Staates reine Lippenbekenntnisse sind. Doch zumindest die 12000 Gegendemonstranten von Dresden und die vielen aktiven Antifaschisten in diesem Lande machen sich um diese Republik verdient.“

Jan Mielke aus Berlin:

„Zu den Einsätzen der Alliierten gehörte die Beigabe von Phosphor-Bomben. Deren Wirkung führt dazu, dass getroffene Menschen bis auf die Knochen verbrennen. In Dresden sprangen viele brennende Menschen in Flüsse und Brunnen, brannten aber auch im Wasser weiter. Die genannte Zahl von 25000 Toten bleibt hochgradig bestritten. Zur Zeit der Bombardierungen befanden sich zusätzlich ca. 100000 Flüchtlinge aus dem Osten in der Stadt. Andere Quellen sprechen von bis zu 230000 Toten. Leider spielt man mit Relativierungen über die Gräuel der Alliierten gegenüber der deutschen Zivilbevölkerung den Politikern am rechten Rand massiv in die Hände.“

Klaus W. Knabenschuh aus Northeim:

„Was tun gegen Rechtsextreme? Wozu gibt es Politiker, Polizei, Gerichte, den Strafvollzug und unsere Geschichte? Es ist nur noch erschreckend, dass es schon wieder so weit ist, dass unbelehrbare Vollidioten mit staatlicher Knete und Unterstützung in diesem Land so auftreten können und dürfen.“

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