Dienen, Herrschaften, dienen!

Im Zuge des Geschachers um die Hartz IV-Regelsätze im Vermittlungsausschuss schrieb mir Jutta Rydzewski, die hier auch als Blog-Userin unterwegs ist, einen angewiderten Leserinbrief, den ich am 18. Februar auf der Leserbriefseite veröffentlichte. Sie wirft darin implizit die Frage auf, ob unsere Politiker in ihrem Handeln überhaupt überhaupt noch das Gemeinwohl im Auge haben. Auf diesen Leserinbrief erhielt ich Erwiderungen, die ich hier nach guter alter Blogsitte zusammen mit dem Ausgangstext zur Diskussion stelle.

Jutta Rydzewski aus Bochum schrieb:

„In welch einem Land lebe ich eigentlich? Eine Frage, die ich mir immer öfters und driglicher stelle. Das höchste deutsche Gericht erklärt vor Jahresfrist Hartz IV für verfassungswidrig. Der Politik wird aufgegeben, bis zum 31.12.2010, eine Neuregelung vorzunehmen. So viel zur Vorgeschichte. Was ist nun bis heute, im Februar 2011, im Hinblick auf diese Entscheidung des BVerfG geschehen? Streng genommen … NICHTS. Diese schwarz-gelbe Bundesregierung erlaubt sich sogar die Dreistigkeit, die Frist des höchsten deutschen Gerichts, für eine Neuregelung von Hartz IV, einfach mal zu ignorieren. Ein unglaublicher Skandal. Was würde eigentlich geschehen, wie groß wäre, sogar mit Fug und Recht, der Aufschrei, insbesondere aus der Politik, wenn sich ein ganz normaler Bürger, eine zivilbürgerliche Organisation, ein Verein, oder wer oder was auch immer, eine derartige krasse Missachtung des BVerfG erlauben würde?

Doch damit nicht genug. Was sich die so genannten Verhandlungspartner, auf der einen Seite Schwarz-Gelb, auf der anderen Rot-Grün, vor den Fernsehkameras an primitiven Geschachere und Gekaspere erlauben, ist eine bodenlose Frechheit, an Armseligkeit nicht mehr zu überbieten, und auch eine Verhöhnung von Millionen betroffener Menschen. Da wird von Angeboten schwadroniert, die von der einen Seite der anderen gemacht werden, da wird gedroht, man würde Angebote zurückziehen, und alles wieder auf Null stellen. Von einem ‚Pokerspiel‘, einem ‚Tauziehen‘ zwischen Regierung und Opposition ist die Rede, von unerfüllbaren Maximalforderungen, von Erpressung, es wird taktiert, fintiert, und oben drauf erfolgt immer wieder das von der Leyenhafte-Kindergesäusele. Um Himmels Willen, Herrschaften, wenn das so weitergeht, und damit ist in diesem so genannten Superwahljahr zu rechnen, wird aus diesem Land noch ein Tollhaus gemacht.

Besinnt Euch endlich, Ihr PolitikerInnen, macht endlich Eure Arbeit und werdet, verdammt und zugenäht, Eurer Verantwortung für das Land gerecht. Ihr habt Euch nicht selbst Angebote zu machen, sondern den BürgernInnen dieses Landes. Ihr habt diesem Land mit guter Politik zu dienen und keine Pokerspiele zu inszenieren. Dienen, Herrschaften, dienen! Die Possenspiele und Scheingefechte vor den Kameras werden zunehmend unerträglicher. Zwischenzeitlich gibt es in diesem Lande keinen Politiker mehr, dem das Volk glaubt. Gibt Euch das immer noch nicht zu denken? Ein verheerendes Bild was die Politik bietet, mit der Folge von weiterer Politikverdrossenheit, Polikerverachtung und Wahlverweigerung. Wann werdet Ihr PolitikerInnen endlich kapieren, dass nicht das Volk für die Politik, sondern die Politik für das Volk da zu sein hat?

Wie die Faust aufs Auge, genauso unverschämt und dreist ist das, was das Vorstandmitglied der Bundesagentur für Arbeit, Heinrich Alt, nach dem Scheitern der Hartz IV-Verhandlungen ‚empfiehlt‘. Er warnt vor einer Welle von Widersprüchen und Klagen, weil sich dann die Jobcenter nicht mehr um ihre eigentlichen Aufgaben ausreichend kümmern könnten. So ein Mann müsste auf der Stelle entlassen werden. Aber der Trend, insbesondere in Sachen Hartz IV, die Opfer in die Täterrolle zu bugsieren, ist ja auch nicht mehr so ganz neu.“

Darauf erwidert Wolfgang Seibt aus Friedberg:

„So sehr ich dem Leserbrief von Frau Rydzewski zustimme, in einem Punkt habe ich eine andere Vermutung. Sie beklagt zu recht das primitive Geschachere um neue Regelsätze. Dieses geschieht aber mit kalter Berechnung.
Union und FDP haben mit einer Erhöhung der Regelsätze nichts am Hut, SPD  und Grüne wollen sich ihr schönes Werk nicht kaputtmachen lassen. Alle wollen sie keine Änderung. Was sie wollen ist eine Steigerung der Politikverdrossenheit der Bürger  bzw. der Wähler. Denn diese Spezies von Wählern neigt dazu, am Wahltag daheimzubleiben  statt aus Protest evtl. die Linke zu wählen. Das könnte fatal für die fünf berüchtigten Parteien werden. Darum lieber die Verdrossenheit schüren und für die gewünschten Nichtwähler sorgen. Somit bleiben diese Parteien unter sich und niemand stört.“

Almut Kühn aus Waldems meint:

„Bravo, Frau Rydzewski! Mit Ihrem Leserbrief sollten wir auch hier in Old Germany endlich einmal auf die Straße gehen. Auch wir Frauen! Hoffentlich liest und hört man solche – Ihre – Forderungen mehr in Medien, Internet, im TV! Dann lohnt sich auch Bloggen, Twittern und der andere Mist. Besser konnte es nicht gesagt werden. Ihr Leserbrief gibt wieder Mut.“

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10 Kommentare zu “Dienen, Herrschaften, dienen!

  1. Das Problem ist für mich, daß sich diejenigen, die direkt betroffen sind, schon lange, manchmal angewidert, meistens aber resigniert, abgewandt haben, und dann oft genau die Vorurteile erfüllen, die ihnen permanent angehaftet werden.

    Es gibt einige, die die Linke wählen. Aber die meisten, die ich kenne bzw. kennengelernt habe, tauchen ab, in die Wahlenthaltung, weil sie keiner der existierenden Parteien mehr trauen, auch nicht der Linken.

    Ob ein bedingungsloses Grundeinkommen ein besserer Weg wäre, weiß ich konkret nicht. Aber man könnte es versuchen, schon einmal wegen der unabdingbaren Menschenwürde. Keiner sollte mehr feilschen, betteln oder, so er/sie noch die Kraft dazu hat, klagen müssen.

    Aber da sehe ich schon die ganzen Vorurteile und Ängste: Faulenzer finanzieren auf Kosten der Allgemeinheit (sind Faulenzer nur bei Hartz-IV-Empfängern angesiedelt – siehe Sarrazin und seine „Tätigkeit“ bei der Bundesbank). Oder auch: Wenn jetzt die Kameltreiber aus dem Orient zu uns flüchten – alle unterstützen?

    Die Debatte ist vor Jahren bereits aus dem Ruder gelaufen, als die „Schmarotzer“ und „Parasiten“ nur am unteren Ende der Gesellschaft verortet wurden, und nicht am oberen. Geschickt gemacht, von den Neoliberalen und neuen Junkern, so sie damit von ihrer eigenen Unersättlichkeit ablenkten. Leistungsträger gegen Sozialschmarotzer hieß es, obwohl von Anfang an klar war, das hier die Akteure um 180 Grad gedreht werden müßten.

    Trost gibt mir manchmal Georg Büchner, mit seinem „Friede den Hütten, Krieg den Palästen“. Aber dann müßte das deutsche Volk endlich mal die Schlaftabletten absetzen.

  2. Eigentlich finden sich inzwischen am oberen Ende der Gesellschaft, den oberen Etagen von Banken und Konzernen mehr Assoziale, ob man sie „Schmarotzer“,“Parasiten“ oder schlicht „Gauner“ nennt, als unter Obdachlosen und Abhängigen, von denen ich viele bei meiner klinischen Arbeit kennen gelernt habe. Da gibt es mehr soziale Kompetenz als man von den Neoliberalen mitkriegt. Geschuldet wird das einer Bildungspolitik, die „Exzellenz“ auf die Fahnen schreibt, den Universitäten den Landes den Etat gnadenlos kürzt, um die Millionen einer privaten Universität zweifelhafter Provenienz in den A…. zu blasen.
    Ich erinnere mich noch gut an einen angesehenen CDU-OB hier in Ffm, der die Polizei veranlaßte, die auf der Zeil herumsitzenden Menschen einzusammeln und weit draußen im Stadtwald wieder auszusetzen. Die sollten den „guten Eindruck“ der Straße nicht verschandeln!

  3. @2 Dr. Ursula Samman

    „Eigentlich finden sich inzwischen am oberen Ende der Gesellschaft, den oberen Etagen von Banken und Konzernen mehr Assoziale, ob man sie „Schmarotzer“,“Parasiten“ oder schlicht „Gauner“ nennt, als unter Obdachlosen und Abhängigen, von denen ich viele bei meiner klinischen Arbeit kennen gelernt habe. Da gibt es mehr soziale Kompetenz als man von den Neoliberalen mitkriegt“.

    Diesen Absatz, sehr geehrte Frau Dr. Samman, unterschreibe ich sofort, mit einem kleinen Änderungvorschlag: Das Wort eigentlich kann gestrichen werden, denn eigentlich ist eigentlich schon wieder eine Relativierung. Es IST so wie Sie es ausgedrückt haben. Und was die NICHT vorhandene soziale Kompetenz von Neoliberalen anbelangt, so lässt dich dieser Kreis zumindest auf die Mitglieder des Bundestages und Bundesrates erweitern, die das so genannte Hartz IV-Reformpaket beschlossen haben. Unabhängig von den beschämenden Umständen dieser Staatsposse, geht ein Aspekt dieser „Reform“, den ich als größten Skandal überhaupt bezeichne, einfach nur widerlich und ekelhaft, in der Berichterstattung so gut wie völlig unter, wonach erwachsene Behinderte, die bei ihren Eltern oder in einer Wohngemeinschaft leben, nur noch 80 Prozent vom Regelsatz erhalten, was einer Kürzung von etwa 70 Euro entspricht. Das muss sich mensch einmal vorstellen, da wird seit Wochen über einen betrügerischen und verlogenen Bundesminister, rauf und runter, Tag und Nacht, schwadroniert und berichtet, eine Talkshow jagt die andere, Sondersendungen, Sondersitzung und aktuelle Stunde im Bundestag, keine Nachrichtensendung mehr ohne diesen Schwindel- und Lügenbaron, die Kanzlerin in Sonderheit, aber auch Minister, Abgeordnete der Schwarz/Gelben, andere „Guttenberger“ usw. usw., blamieren sich bis auf die Knochen, doch über diese zwanzigprozentige Kürzung der Leistungen für Behinderte, wird so gut wie kein Wort verloren. Es gibt dazu keine Talkshow, keine Sondersendung, kein Aufschrei, nix, absolut nix. Die denkbar größte sozialpolitische Verkommenheit geht einfach mal so unter, darüber redet kein Mensch. Geht ja „nur“ um Behinderte, um Menschen, die, einschließlich ihrer Familienangehörigen, ohnehin vom Schicksal hart getroffen sind. Doch das juckt alles nicht. Ich musste, ob ich wollte oder nicht, in diesem Zusammenhang daran denken, dass es in den geschichtlich dunkelsten Jahren dieses Landes, unvorstellbare Menschenverachtung in Form von so genanntem unwerten Leben gegeben hat.

    Das Vermittlungsergebnis, was diese erbärmliche Kürzung beinhaltet, wird von Frau von der Leyen-haft und ihrer „sozial“demokratischen Kumpanin, wenn auch mit gebremsten Schaum, so doch mit einem zufriedenem Lach-Grinsen öffentlich gefeiert, und beide säuseln ihre unvermeidliche Kinderarie herunter. In den Monaten des unwürdigen Geschachere und Gefeilsche, gab es zwar in der so genannten SPD als auch in der Union zaghafte Stimmen von Politikern, die eventuell doch noch über einen kleinen Rest an Anstand verfügen, mit dem Vorschlag, über die Kürzung zumindest noch einmal „nachzudenken“ bzw. „zu reden“. Passiert ist jedoch nix. Die zwanzigprozentige Kürzung ist weiterhin Bestandteil in diesem so genannten „Kompromiss“, den ich ohnehin eher einen schandvollen Deal nenne. Lediglich eine „Notiz“ ist in diesem Deal vermerkt, wonach man die Sache „überprüfen“ wolle. Wann, wie, wo, beinhaltet die „Notiz“ allerdings nicht. So sieht es mittlerweile , sehr geehrte Frau Dr. Samman und Herr Fladung, in diesem Lande aus. Es dreht sich mir schlicht der Magen um, bei so viel Verkommenheit. In diesem Fall reicht es sicher nicht nur von sozial schwachen Schmarotzern und Gaunern in den oberen Etagen zu sprechen, wer so etwas zu verantworten hat, ist ein sozialpolitischer Schwerverbrecher bzw. Schwerverbrecherin.

    mfg
    Jutta Rydzewski

  4. Der SPIEGEL berichtete, daß es demnächst wieder einen neuen „Job“ für Monika Lierhaus geben soll, bei der ARD-Fernsehlotterie, und zwar datiert für 2x wöchentl. Erscheinen mit € 450.000 jährlich. Dazu gibt lt.Online-Portal haz.de in einem standardisierten Antwortschreiben der ARD-Lotterie offenbar folgende Erklärung: „Viele Menschen vergleichen ihre eigenen Bezüge mit den diskutierten Summen. Ein direkter Vergleich macht zunächst eine Schieflage deutlich, ist unseres Erachtens aber schwierig, weil sich Prominente, die zu Werbezwecken eingesetzt werden, immer in einem deutlich höheren Gehaltsgefüge bewegen.“

    Vielleicht sollten sich die Behinderten ein Beispiel an Frau Lierhaus, welche ja bei ihrem unsäglichen Hochzeitsantrag-Auftritt (ich habe ihn selbst nicht gesehen) angeblich auch noch etwas „behindert“ wirkte, nehmen, und einfach Prominente werden – dann rollt der Rubel und auch sie bewegen sich in einem „deutlich höheren Gehaltsgefüge“.

    Das ich als Gebührenzahler indirekt noch diese Tollereien der Öffentlich-Rechtlichen finanziere – auch Will, Beckmann, Schmitt & Co. laufen ja nicht mit ein paar Hundert Euro für ihr Auftreten nach Hause, aber arbeiten zumindest noch etwas mehr für das üppige Salär – bereitet mir Zorn und Übelkeit. Aber das „zweierlei Maß“ zieht sich ja quer durch unsere Republik, siehe Bankenrettung binnen Tagen und Hartz-IV-Geschachere über 14 Monate.

  5. @ W.Fladung #4

    Der Korrektheit halber: das astronomische, in der „Branche“ aber wohl übliche, Gehalt von Frau L. wird nicht aus den Zwangsgebühren des Öffentlich-Rechtlichen Rundfunks (ÖRR) bezahlt, sondern aus dem Werbe- und Marketingetat der ARD-Fernsehlotterie „Ein Platz an der Sonne“ (genauer: der „Deutsche Fernsehlotterie gemeinnützige GmbH“). Das macht den Skandal natürlich um keinen Deut besser, sondern fast noch schlimmer.

    Der Etat für Verwaltung und Werbung ist mit 7% ausgesprochen reichlich bemessen. Auch deswegen, weil sich weitere Prominente hintenherum bedienen. So werden Werbetrailer und Werbesendungen von Produktionsfirmen hergestellt, die anderen Promis gehören oder an denen sie (maßgeblich) beteiligt sind. Näheres dazu unter [1]. So sponsort die „Deutsche Fernsehlotterie gemeinnützige GmbH“ den ÖRR, nicht umgekehrt.

    Dass inzwischen viele Dauerloskäufer ihr Abonnement nicht verlängern, spricht eine beredte Sprache (trifft ggf. aber die Falschen). Für 450.000 EUR sind (bei einem Preis von 45 EUR für ein Jahreslos) gleich mal die Einzahlungen von 10.000 Jahresloskäufern futsch.

    Frau L. hat sich mit dem – bisher im Detail nicht bekannten – Vertrag selber ein schönes Plätzchen an der Sonne verschafft. Am 3.März soll die Öffentlichkeit Näheres erfahren. 2 Trailer am Dienstag und am Donnerstag, 1 Trailer am Sonntag und die Verlesung der Gewinner am Sonntag – das macht insgesamt 10 Minuten Sendezeit. Der größte Teil der Arbeitszeit für Frau L. dürfte sich in der Maske abspielen, wobei ein Teil der Trailer und der Verlesung aus dem Off erfolgt, wozu weder eine Anwesenheit vor Ort noch ein perfektes Make-Up noch wechselnde Kleider notwendig sind.

    Im Jahr kommen da also 10 x 4 x 12 = 480 Minuten = 8 Stunden Bildschirmpräsenz zusammen. 450.000 EUR / 8 Stunden macht einen Stundenlohn von 56.250 EUR (937,50 EUR pro Minute). Zum Vergleich: in einer Meldung der FR vom 06.08.2009 erfährt man, dass die durchschnittliche Rentenanwartschaft gesetzlich Versicherter bei 984 EUR liegt.

    Im Hintergrund singt der Chor das alte Lied „Neiddebatte! Neiddebatte!“. Plemplemland halt.

    [1] http://www.bz-berlin.de/kultur/fernsehen/wie-viel-wohltat-steckt-in-der-lotterie-article1119596.html

  6. Danke für die Aufklärung, # 5/Schnippsel. Sind Sie Insider? Und warum sollte noch irgendjemand für diese Lotterie einen Einsatz ableisten, wenn die Kohle nur zum kleinen Teil bei
    denjenigen landet, für die so vollmundig für Spenden geworben wird? Übrigens würde ich für die Hälfte der Gage von Frau Lierhaus für die Fernsehlotterie werben – ich bin zwar kein Promi, wäre dies sicherlich aber nach 6 Monaten aufgrund der permanenten Bildschirmpräsenz sein.

  7. @ W. Fladung #6

    Die Bedienung einer frei gewählten Internet-Suchmaschine bringt so allerlei zutage, ohne dass man Insider sein müsste. Zur Verwendung der Loserträge findet man z.B.:

    17% Lotteriesteuer
    30% Gewinne
    45% Hilfswerk Berlin
    8% Verwaltung, Werbung, Marketing

    Der „Aktion Mensch“ des ZDF habe ich nicht hinterherrecherchiert, aber da dürfte es mit Gottschalk nicht wesentlich anders aussehen.

    Also weniger als die Hälfte des Lospreises geht in den sozialen Zweck. Ob deswegen kein Spendensiegel beim Deutschen Zentralinstitut für Soziale Fragen beantragt (oder erteilt) wurde?

    Ihre Frage, warum jemand ein solches Los kaufen sollte, vermag ich nicht zu beantworten. Vielleicht liegt’s am Reiz der Gewinnmöglichkeit. Also dieses „Gutes tun und dabei auch noch selber davon profitieren“. Bei den Wohlfahrtsmarken hat man diesen finanziellen Anreiz ja nicht (ich erinnere mich auch noch an die blauen 5-Pfennig-Marken des „Notopfers Berlin“).

    Über eine Deutsche-Einheits-Lotterie hätte man sicher auch ordentlich Geld reingeholt, bei geringerem oder kürzer laufendem Soli.

  8. @ Schnippsel

    „Also weniger als die Hälfte des Lospreises geht in den sozialen Zweck. Ob deswegen kein Spendensiegel beim Deutschen Zentralinstitut für Soziale Fragen beantragt (oder erteilt) wurde?“

    Natürlich nicht, denn auch die Käufer des Loses leisten keine Spende, weil sie eine Gegenleistung (Gewinnchance) erhalten (30 % der Einnahmen gehen an die Loskäufer als Gewinne zurück). Man kann den Lospreis auch nicht (auch nicht teilweise) von der Steuer absetzen, wie es bei einer „echten“ Spende möglich ist.

    Einen Anteil von 8 % für Verwaltung etc. würde allerdings das Deutsche Zentralinstitut für Soziale Fragen locker akzeptieren.

    Unabhängig von diesem Einwand teile ich die Kritik an den gezahlten Promi-Honoraren, wobei ich mich schon frage, warum sich diese nur gegen Monika Lierhaus richtet.

  9. @ Abraham

    Da haben Sie Recht. Mein Hinweis auf das Spendensiegel des DZI war ebenso unsinnig wie unnötig.

    Dass Frau Lierhaus gerade jetzt ins Gerede kommt, liegt vermutlich nicht nur an ihrem kürzlichen Fernsehauftritt, sondern wohl auch am zeitlichen Zusammenfall mit der Hartz IV-Debatte. Dazu kommt die Tatsache, dass ihre Entlohnung aus einem Topf kommt, der für die Unterstützung Bedürftiger gedacht ist.

    Ihr (M.L.s) früheres Gehalt aus staatlich verordneten Gebühren, als Sportmoderatorin im öffentlich-rechtlichen Fernsehen, in Höhe von fast 900.000 EUR hatte wenigstens noch mit Fachwissen, Leistung und Zeitaufwand zu tun.

    Zum Vergleich: die Bundeskanzlerin geht mit ca. 250.000 Euronen im Jahr (und einer üppigen Altersversorgung) nach Hause. D’accord – manche finden das angesichts ihrer Leistungen immer noch zuviel, aber das steht auf einem anderen Blatt.

    Im Grunde laufen derlei Geschichten immer auf dasselbe raus – das Matthäus-Prinzip: „Wer hat, dem wird gegeben.“ Im Mittelalter hieß es etwas drastischer „Der Teufel scheisst immer auf den dicksten Haufen.“ Oder auf Englisch „The winner takes it all.“ Nassim Nicholas Taleb beschreibt das sehr eindrucksvoll in seinem Buch „Der Schwarze Schwan – Die Macht höchst unwahrscheinlicher Ereignisse“.

  10. Ich habe mich gefragt, warum sich Frau Lierhaus das eigentlich antut, sie wirkte hirnorganisch noch deutlich eingeschränkt. Sie tat mir leid, aber 450000.- € sind natürlich ein Argument. Dagegen dann die 70.- €, die man glaubt, den Behinderten weg nehmen zu müssen, oder die 5.- €, die man den HartzIV-Empfängern „gewährt“ – die Schamesröte müßte an den Verantwortlichen dauerhaft hängen bleiben -, aber kein Hauch davon! Es geht nur noch brutal von oben nach unten, von unten nach oben aber das Geld. Der Fall Guttenberg inklusive Merkelscher Absonderungen hat deutlich gezeigt, daß soziale Kompetenz, Rechtsempfinden und Anstand nur noch altmodisches Geschwätz sind.

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