Riesterrente für Abgeordnete

Die Regierung will’s, und die Opposition hat es leicht, dagegen anzustänkern. Aber wetten, dass es viele von denen auf den harten Bänken auch wollen? Die können gern dagegen sein, solange die Regierung mit ihrer Mehrheit es jederzeit beschließen kann. Die Rede ist von der Erhöhung der Diäten für Bundestagsabgeordnete, die jetzt anscheinend im Schnellgang durchgezogen werden soll. FR-Autor Thomas Kröter kommt in seiner Analyse über den kleinen Unterschied zu dem Ergebnis, dass die Einkommenslage der Abgeordneten gegen das Abgeordnetengesetz verstößt: „Seit 1995 steht dort in Paragraf 11, Absatz 1, dass die monatlichen Diäten eines Parlamentariers sich ‚an einem Zwölftel der Jahresbezüge eines Richters bei einem Obersten Gerichtshof des Bundes (Besoldungsgruppe R 6)‘ orientieren sollen. Das ist längst nicht mehr der Fall. Zum letzten Mal wurden die Abgeordnetenbezüge 2003 erhöht. Bis zum Ende der Wahlperiode des 16. Deutschen Bundestages sollen sie in zwei Schritten steigen. Von rund 7000 auf 7700 Euro. Richtergehalt also.“

Nicht alles, was billig ist, ist auch recht. Es ist definitiv billig, jetzt mit der Selbstbedienungsmentalität der Politiker daherzukommen. Ich sage: Wer arbeitet, soll dafür auch bezahlt werden. Ob die Arbeit gut ist, steht auf einem anderen Blatt. In gewöhnlichen Arbeitsverhältnissen kriegt der Arbeitnehmer im Fall, dass dies nicht so ist, die Quittung in Form einer Kündigung, in der Politik kann der Wähler die Politiker abstrafen. (Zumindest in der Theorie; in der Praxis sind natürlich die Parteien mit ihren Wahllisten ein Hindernis. Das Mehrheitswahlrecht, wie die Briten es haben, wäre da hilfreich – doch das hat wieder andere Schwächen.) Vielleicht hätten wir bessere Politiker, wenn die Entlohnung dem Aufwand gerecht würde. Vielleicht auch nicht.

Jedenfalls kriegen die Abgeordneten es jetzt wieder um die Ohren geschlagen, das Wort von der Selbstbedienungsmentalität. Der Spott ist Ihnen sicher – so beispielsweise von Siegmar Henkes aus Hannover:

„Wenn aus einem völlig überzogenen Privileg ein etwas weniger überzogenes Privileg wird, kann das noch längst nicht die geplante Diätenerhöhung von 10 % rechtfertigen. Bisher stehen einem Abgeordneten nach acht Jahren 1680 € Pension zu, nach neuer Regelung sollen es 1400 € sein. Zeigen Sie mir mal einen Rentenversicherten, bei dem dies der Fall ist.
Diätenerhöhungen sind nur dann zu rechtfertigen, wenn alle Abgeordneten und sonstigen Berufspolitiker in die gesetzliche Rentenversicherung einbezogen werden. Da bliebe von der Diätenerhöhung allerdings nicht ganz so viel übrig, da die Abgeordneten den Arbeitnehmeranteil bezahlen müssten. Natürlich wären auch die Altersbezüge deutlich geringer. Aber man kann ja einen Riestervertrag abschließen. Zumutbar, oder?

Noch lakonischer schreibt Wilfried Böhmler aus Kirchentellinsfurt (wo ist denn das?):

„Die Diätenanhebung hat grundsätzlich meine volle Zustimmung. Wie alles in unserer kapitalen Wirtschaft sollte sie sich aber an der Leistung der Abgeordneten orientieren. Diese kommt sicher am besten in der Rentenerhöhung zum Ausdruck. Mehr ist offensichtlich nicht geleistet worden.“

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13 Kommentare zu “Riesterrente für Abgeordnete

  1. „Die Regierung will’s, und die Opposition hat es leicht, dagegen anzustänkern. Aber wetten, dass es viele von denen auf den harten Bänken auch wollen? Die können gern dagegen sein, solange die Regierung mit ihrer Mehrheit es jederzeit beschließen kann.“
    Wohl wahr, was aber noch lange nicht heisst, dass an den Argumenten der Opposition nichts dran wäre…
    Ich frage mich, warum die Bürger soviel Verständnis für die geplante Diätenerhöhung aufbringen sollen, wofür sich Herr Kröter in seiner Analyse „Der kleine Unterschied“ so vehement einzusetzen scheint und weshalb der Vorwurf der Selbstbedienung zwar billig aber längst nicht recht sein soll? Wir bekommen doch Tag für Tag von unseren Politikern zu hören, dass die üppigen Steuermehreinnahmen nicht dazu verführen dürfen, schon wieder mehr Geld auszugeben…Pardon wenn das jetzt „billig“ klingt, aber für mich riecht es trotzdem danach, dass die Politiker wiedermal Wasser predigen aber selbst Wein trinken wollen. Warum um Gotteswillen sollen wir dazu auch noch Beifall klatschen?. Der in den Leserbriefen von Herrn Henkes und Herrn Böhmler aus Kirchentellinsfurt (liegt übrigens in der Nähe von Tübingen) vergleichsweise noch leisen Kritik an der geplanten Diätenerhöhung kann ich deshalb nur zustimmen.

  2. Mitnichten, meine Damen und Herren.Sie haben den Bezug zur Bundesdeutschen Bevölkerung (Arbeitnehmerschaft) total verloren!? Die Überwiegende Mehrheit der Bundesdeutschen Bevölkerung,wird die von ihnen veranschlagte
    bzw. beabsichtigte Erhöhung von 9,4 Prozent konsequent ablehnen!Mag auch die Opposition, (welche turnusgemäß immer gegen so eine Erhöhung stimmt)dagegen sein,sie wird diese Erhöhung,trotz allen Widerspruch annehmen!
    Die Arbeitnehmerschaft dieser Republik muss für jeden Cent,Euro welche sie für geleistete Arbeit mehr haben möchte, mit dem jeweiligen Arbeitgeber harte, verbale Auseinandersetzungen führen (vertreten durch die jeweiligen Gewerkschaften) notfalls auch streicken, um ihren Forderungen, gerecht zu werden!
    Diese Erhöhung der Löhne und Gehälter, hat sich bei den meisten Bundesbürgern, so gut wie nicht bemerkbar gemacht, da die Teuerungsrate bei den Lebenshaltungskosten laufend steigt und die dazu noch vor Monaten erhöhte Mehrwertsteuer,ihr übriges (im negativen Sinne), dazu beiträgt!
    Von den vielen Millionen Rentnern ganz zu schweigen, welche durch die Null Runden der letzten Jahren und ihrer „teilweise“ bescheidenen Rente leer ausgegangen sind und schauen mussten, wie sie über die Runden kommen!
    Auf der einen Seite wird von den kleinen Leuten immer mehr Abgaben und Sparsamkeit, auf allen Ebenen verlangt, aber unsere „gewählten“ Volksvertreter, halten sich am allerwenigsten an diese dem Volk gegenüber erlassenen Maßnahmen, in Zeiten leerer Kassen, sowohl der Länder, als auch des Bundes!
    Jedem „klar“denkenden Menschen sollte bewusst sein, das sich unsere Bundestagsabgeordneten, egal ob in der Regierungskoalition oder Opposition, wenn es um das persönlich, finanzielle geht, sich nicht ins eigene Fleisch schneidet!
    Diese gehen auch nach dem Spruch: Mein eigenes Hemd ist mir näher,als das der anderen!
    Auch wenn die Pensionsansprüche in Zukunft für diese Damen und Herren um einige Prozent gesenkt werden sollen, bleibt immer noch genügend übrig, um einen „Sorgenfreien“ finanziellen Lebensabend zu vergringen, wovon die meisten Arbeitnehmer(innen) nur träumen können!
    Wasser predigen, aber selber Wein trinken,so sind sie „unsere“ Bundestagsabgeordnete!

  3. Nehmen wir Walter Riester, Bundestagsabgeordneter der SPD. In seinem Hauptberuf hält er Vorträge, z.B. beim Bundesverband Deutscher Vermögensberater, Frankfurt/Main, Mai 2007. Dafür erhielt er laut Bundestagshandbuch ein Entgelt, das der Stufe 3 zugeordnet wird, also mehr als 7.000 Euro. Fast alle seine Vorträge liegen in Stufe 2 oder 3, also bis oder über 7.000 Euro in der nach oben offenen Bemessungsskala.

    Liest man vor diesem Hintergrund den Kommentar von Thomas Kröter, der die Forderungen der Politiker als realistisch bescheiden darstellt und diese zynischerweise den aus seiner Sicht überbordenden Ansprüchen der Lokführer-Gewerkschaft gegenüberstellt, entsteht der Eindruck, er bewerbe sich um einen Vize-Regierungssprecher-Posten bei der Koch-Partei in Hessen.

  4. 3. Kommentar von: bakunix

    Lieber Bakunix,

    es ist nicht Walter Riester, der bei Roland Koch (CDU) Regierungssprecher werden will, sondern es ist Richard Meng, EX-Politik-Chef der Frankfurter Rundschau, der dies für Klaus Wowereit (SPD) in Berlin geworden ist.

    Jetzt wissen wir auch alle, warum Herrn Mengs FR-Beiträge in letzter Zeit so staatstragend geworden sind: Da hat er geübt und sich empfohlen.

  5. Ich verstehe, wenn Abgeordnete nach etlichen Nullrunden wieder mehr Geld in der Tasche haben wollen. Sollen sie auch. Doch es wäre gerechter, wenn die Diäten etwa an die Entwicklung der Durchschnittseinkommen gekoppelt wären. Dann würde sich jede Diskussion erübrigen.
    Übrigens: Die letzte tarifliche Lohnerhöhung (von drei Einmalzahlungen abgesehen) gab es bei mir im Jahr 2004. Nach etlichen Nullrunden (wie bei den Abgeordneten) gibt es am 1.1.2008 endlich wieder mehr Geld – ganze 2,9 Prozent. Ich arbeite im öffentlichen Dienst. Und hier erzählen uns die gleichen Politiker (als Arbeitgeber), mehr als 2,9 Prozent seien nicht zu verkraften. Das ist es doch, was die Menschen aufregt, diese Ungerechtigkeit, diese Selbstbedienungsmentalität.

  6. Forderungen der Lokführergewerkschaft und die Ansprüche der Abgeordneten gegenüberzustellen ist einfach frech. Man braucht einfach mal nachzurechnen, 30 Prozent von 1700 € gegenüber 10 Prozent von 7000 €, wer fordert da wohl mehr ??? und bekommt es auch !!
    Meine letzte Gehaltserhöhung war 1995 durch Arbeitsplatzwechsel,
    ich wurde über Tarif bezahlt. Seitdem wurde jede Lohnerhöhung
    angerechnet, also ich bekam nicht mehr. Das geht fast den ganzen Kollegen in der Druckindustrie so und in den anderen Industriezweigen auch, deshalb auch die Kaufkraftschwäche in
    Deutschland. Warum soll es den Abgeordneten bessergehen….

  7. # 4
    Guten Tag Uwe Theel,

    ich frage mich, da ich einige Deiner Texte gelesen habe, wie Du reagieren würdest, wenn ein Mitblogger einen Text von Dir so missinterpretiert hätte wie Du den meinigen.

  8. Ich bin für eine Erfolgsprämie für Politiker.
    Wenn sie erreichen, was sie versprechen, sollen sie bekommen, was sie verdienen…

  9. 7. Kommentar von: bakunix
    @7. Kommentar von: bakunix

    Lieber Bakunix,

    verzeih, wenn ich mich mißverständlich ausgedrückt haben sollte, eigentlich wollte ich Dir nur zustimmen und ironisch aufzeigen, dass die Wirklichkeit Dein zuerst noch nur hypothetisches Gedankenspiel schon eingeholt hatte.

    Ich glaube nicht, dass ich Dich mißverstanden habe.

    U.T.

  10. @ #8. BvG

    Da Die Politiker „erreichen, was Sie versprechen“, z.B die Rente mit 67, Lohnsteigerungen nicht viel über 1,5%, Beteiligung an militärischen Auslandseinsätzen, Einschränkung der Grundrechte, Absenkung der Unternehmensbelastungen, Privatisierung der individuellen Lebensrisiken, Vorantrieben der Globalisierung können den Politikern Ihrer Meinung nach wohl ausreichend Diätenerhöhungen zugesprochen werden, können „sie bekommen, was sie verdienen“?

    Die kleinen Mißerfolge bei der Bekämpfung des sozialen Elends und der Verteilungsungerechtigkeit, wo ja auffälligerweise gar nicht soviel konkret versprochen wird, als vielmehr nur vor zu viel Hoffnung auf Besserung gewarnt wird, fallen in er Gegenrechnung für eventuelle Kürzungen der Politikerbezüge dann offensichtlich auch nicht mehr allzuviel ins Gewicht?

    Oder: was wollten Sie uns denn diesmal eigentlich sagen BvG?

  11. #10

    ICH habe eine Stimme,diese Stimme ist z.B.1000 Euro wert.
    Ich verteile diese 1000 Euro auf Themen nach meiner Wertschätzung.

    Wenn diese Ziele erreicht sind, erhalten die Politiker anteilig das Geld, entsprechend ihrem Beitrag zur Zielerreichung.

    Neoliberalismus – backfired.

    Qualitätsmanagement von unten.

  12. @ #11. BvG

    Lieber BvG, dann machen Sie in einem rund 80-Millionenvolk den ca. 62 Millionen Wahlberechtigten mal klar, was sie mit „ihren“ je 1000 Euro (Gesamtsumme 61,9 Millarden Euro!!!) machen sollen – falls sie diese je (von wem eigentlich?) in die Hand bekämen – und wie Sie sicher stellen wollten, dass so kein Mißbrauch entstünde.

    Ach ja: Die Gewinnsumme nach Steuern der Deutschen Bank im Jahr 2005 betrug 3,8 Milliarden Euro, Daimler-Chrysler schloss das Geschäftsjahr 2005 mit einem Konzern-Jahresüberschuss von 2,8 Mrd. Euro ab, bei BMW ergab sich nach Steuern ein Konzernüberschuss von 0,95 Mrd Euro, die Commerzbank erwirtschaftete 1,2 Milliarden Euro Überschuß, die Allianz-Versicherung kam auf 4,4 Mrd. Euro, die Münchener Rückversicherung auf 2,6 Mrd., … Damit hätten wir mit nur 6 Großunternehmen schon 15,75 Mrd., das heißt ca. ein Viertel der von Ihnen angedachten Summe, zusammen. Teilen wir diese durch die Zahl von 614 Bundestatgsabgeordneten hätten wir schon eine Prokopfsumme von 25,65 Millionen Euro pro Abgeordnetem und Jahr, die nach Ihrem Schema für jeden Abgeordneten dann zur Verfügung stünde.

    Gegenwärtig kosten die Bruttogrunddiäten für 614 Bundestagsabgeordnete den Staat pro Jahr ca. 51 Mill. Euro (614*12*7000). Das entspricht einem Jahresgehalt von 84 Tsd. Euro pro Abgeordnetem ohne Nebeneinkünfte, etc.

    Da fragt man sich, warum die Industrie mit vereinten Kräften den Bundestag sich da nicht längst schon für schlappe 103 Millionen Euro, d.h. bei einer Verdoppelung des aktuellen Grundgehaltes preiswerter eingekauft hat? Das wäre noch nicht einmal ein Fünfzehntel der o.a. Gewinnsumme von 15,75 Mrd. Euro.

    Jetzt mal zu realen Zahlen:

    Die Ausgaben des Bundes beliefen sich im Jahr 2005 auf 281,5 Millarden Euro, die Nettoneuverschuldung wurde durch eine
    Nettokreditaufnahme um 49,6 Mrd erhöht, damit beliefen sich die Schulden der öffentlichen Haushalte zum Jahresende 2005 auf 1.440,3 Mrd. Euro.

    Um diesen Schuldenberg abzutragen müssten zum Beispiel über die nächsten 50 Jahre bei sonst unveränderten Verhältnissen über alle deutschen Unternehmen nur insgesamt ca. 32 Mrd. Euro im Jahr an Gewinn abgeschöpft werden (d.h. das Zweifache der o.a. Summe). Wenn man bedenkt, dass dieser Schuldenberg (1.440,3 Mrd. Euro) von ca. 1960 bis heute fast nur zu Gunsten des Kapitals aufgehäuft wurde (s. dazu:

    http://de.wikipedia.org/wiki/Bild:Staatsverschuldung3.png

    scheint mir eine solche Strategie doch gesellschaftlich gerechter als Ihre, entschuldigen Sie, Milchmädchenrechnung, bei der die Geschröpften nach dem Aufbau auch noch die Sanierung bezahlen sollen, während die Bauherrn nur gewinnen.

    Aber eines kann Sie trösten: Mein Plan wird im herrschenden Kapitalismus – Verzeihung: in der real existierenden Marktwirtschaft genauso wenig realisiert werden, wie der ihre.

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