von Roland Bunzenthal

Greifen Sie zu, meine Damen und Herrn, mit fünf Euro sind Sie dabei. Jedes hundertste Arbeits-Los gewinnt! Der erste Preis ist eine unbefristete, sogar nach Tarif bezahlte Vollzeitstelle. Greifen Sie zu! Es gibt bei uns keine Nieten, es sei denn Sie sind eine. Kleiner Scherz muss sein. Mit fünf Euro zusätzlich gehören auch Sie zur Wohlstandsgesellschaft. 364 Euro, das ist fast genau ein Euro pro Tag. Nicht erschrecken, das gilt nur für den einfachen Afrikaner. Wir wollen hier schließlich keine Hungerbäuche sehen. Ist zu unästhetisch. Allenfalls Wohlstands-Ranzen. Soll ich Ihnen einen kurzen Witz erzählen: „Die Würde des Menschen ist unantastbar.“ Selten so gelacht. Sie wissen ja, die Würde wird zur Bürde – für den Herrn Finanzminister. Weshalb dieser auch gern die Existenz minimiert. Wozu Kinderzuschlag, früher hat man ja auch ohne Stütze zugeschlagen.

Kaufen Sie jetzt ihr Arbeits-Los in der großen Hartz-IV-Tombola zugunsten bonusloser Banker. Als Trostpreis winkt eine Frührente wegen Invalidität. Sie erhalten zwar einen Abschlag für Ihre lange Lebenserwartung. Wie lange Sie tatsächlich in der Rentner-Grundsicherungsverwahrung bleiben müssen, wissen zwar nur der liebe Gott und die Versicherung. Aber Rente mit 57 – das ist doch was. Da kommt Freude auf. Sie dürfen auch alle zwei Monate einmal ins Kino – und Ihre Krücken können Sie dabei sogar mitnehmen. Aber Vorsicht, neue Krücken gibt es erst wieder in zehn Jahren. Wo das steht? Nun im Warenkorb für das Existenzminimum. Und was bedeutet das? Dass Sie die Belohnung für die emsigen Datensammler, die es verstehen, den Warenkorb immer genauso zu füllen wie noch Geld da ist, ruhig der Bundesregierung überlassen können. Die hat schließlich den größeren Kopf, den so genannten Wasserkopf —

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2 Kommentare zu “Der größere Kopf

  1. „364 Euro, das ist fast genau ein Euro pro Tag“

    Könnte es sein, daß Bunzenthal irgendwie nicht ganz klar ist, daß die 364 Euro für den langzeitarbeitslosen Single-Haushalt monatlich ausgezahlt werden und nicht einmal im Jahr? Aber sicher ein entschuldbarer Irrtum, denn als Journalist kann man ja in solch fachfremden Themen auch nicht so tief drinstecken.

    Was die Würde des Menschen angeht… es stimmt tatsächlich, daß sie in unserer Gesellschaft, mehr noch, weltweit doch sehr oft mit Füßen getreten wird. Ich plädiere daher für:

    1. Abschaffung aller Schulnoten mit Ausnahme der 1, denn alle anderen Noten verletzen die Würde des Schüles

    2. Nach jedem Fußballspiel darf die zurückliegende Mannschaft solange Elfmeter schießen, bis der Ausgleich erreicht ist (jedes Ergebnis, daß auf beiden Seiten des Doppelpunktes nicht die gleiche Zahl hat, verletzt die Würde von mindestens 11 Menschen)

    3. Menschen, die für ihren Lebensunterhalt Ausgaben in Höhe von Hartz IV oder gar darunter tätigen, obwohl sie höhere Mittel/Gehälter o.ä. zur Verfügung haben, werden verwarnt, im Wiederholungsfalle ins Gefängnis gesteckt. Sie verletzen verfassungswidrig die Würde mutwillig… die eigene nämlich. Insbesondere wird in die Liste der strafbewehrten Verhaltensweisen aufgenommen, die verfassungswidrig die eigene Würde verletzen:
    a) NICHT mal den Kollegen/Bekannten/Nachbarn einzuladen und angemessen zu bewirten
    b) NICHT mal mit den Kindern ein Eis oder eine Pizza essen zu gehen
    c) NICHT mal ins Theater, Kino, Museum o.ä. zu gehen

    4. Die UNO nimmt Italien in den Kreis der Länder auf, in denen man auf der Würde der Menschen besonders herumtrampelt: Wer länger als 5 Monate (Ältere: 10 Monate) arbeitslos ist, bekommt in Italien vom Staat… NICHTS. Spezialisten für menschliche Würde (Sonderbotschafter Gabriel?) werden daher nach Italien geschickt, um beim Aufbau von würdefördernden Strukturen in diesem Entwicklungsland in Sachen Würde Hilfestellung zu leisten. Die Mittel zur Herstellung der Würde der arbeitslosen Italiener werden über Schuldenmachen aufgebracht, und erst dann, wenn sich keine Geldverleiher mehr finden lassen, denen die Würde der Italiener am Herzen liegt, durch europäische Hilfsfonds aufgebracht.

    5. Nach dem Lesen eines sich satirisch gerierenden Beitrags eines Zeitungsjournalisten, über den man überhaupt nicht lachen konnte, sollte man über letztere Tatsache stillschweigen, um die Würde des Autors nicht zu beschädigen

  2. @ Max Wedell
    “364 Euro, das ist fast genau ein Euro pro Tag”…. ein bisschen genauer sollten Sie diese bittere Satire schon lesen. „Nicht erschrecken, das gilt nur für den einfachen Afrikaner…..“

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