Der Brockhaus-Verlag wird Mitte April mit einem umfangreichen kostenlosen Lexikonportal online gehen. Anzeigenfinanziert soll es sein und Wikipedia Konkurrenz machen. Wurde aber auch Zeit! Geht sie nun ihrem Ende entgegen, die schöne Zeit des Buchdrucks und der in Leder gebundenen, goldgeprägten Luxusausgaben? Das könnte man fast meinen, wenn man FR-Leser Klaus Kuliga aus Bochum folgt:

„Zu lesen im Feuilleton: die Bauchlandung des Elfenbeinturms. Das Feuilleton (franz.: Blättchen, siehe Wikipedia) trauert um seinen Status als Souverän der Kultur. Es soll seine königliche Funktion mit denen teilen, die seine Autorität bereits unheilbar geschwächt haben. Dem muss entgegengewirkt werden! Handeln sollen aber die anderen. Das Feuilleton erhebt nur den Zeigefinger.
Jemand hat das Fenster aufgemacht, es zieht im Elfenbeinturm, und die Bewohner fröstelt’s Der Büchermensch benötigt Trost. Die Luft ist kalt, und Staub wird aufgewirbelt. Keine Sorge, das gleiche passierte, als der Buchdruck neben das Manuskript trat.
Bücher in Bibliotheken warten auf den Leser und seine Muße. Die hat man ja im Elfenbeinturm. Ebenso wie seit neuestem auch Notebooks. Aber wie viele der 80 Mio. Deutschen haben die Brockhaus-Enzyklopädie im Regal?
Konkurrenz belebt das Geschäft. Wenn der Brockhaus im Internet neben Wikipedia steht, können beide nur gewinnen. Wikipedia allein wäre die Allmacht des Internet Explorer. Aber es gibt Firefox. Und es gibt Yahoo, weil es nicht nur Google geben darf.
Feuilleton ist immer auch Kindergarten. Da darf man nicht alles ernst nehmen. Die Unruhe im Feuilleton ist leichter verderblich als Fisch. Adieu, du herrlicher Staub auf dem fliegenden Teppich!“

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7 Kommentare zu “Adieu, du herrlicher Staub!

  1. „Die Bücher unserer Bibliotheken warten nicht mehr auf den Leser und auf seine Muße. Sie warten auf einen Nutzer.“

    Äußerst rätselhaft. Kein Buch, das ich aus seinem traumverlorenen Schlummer in den Regalen unserer Bibliotheken weckte, hatte mir zugeraunt, es hätte statt meiner oder einer Muse, eine Nutzerin ohne Muße erwartet. Im Gegenteil! Das Buch, das allerliebste, beteuerte gar, die ganze Zeit nur auf mich gewartet zu haben. Auch wenn ich bisher der Meinung war, ein Buch würde keine monogamen Beziehungen eingehen, so habe ich seinen Buchrücken gestreichelt und gesagt: Mein liebes Buch, die ganze Zeit habe ich nur nach dir gesucht.
    Ende

  2. Habe gerade aus meinem Regal ein Buch von 1782 gezogen.
    Sehr ansehnlich und lesbar.

    Die etwa gleichalten CD-Rom und Laptops sind leider nicht mehr so gut erhalten.

    Aber ich finde diese Mode der digitalen Bücher sowieso blöd, selbst mit Apple-Flachtops geht nicht viel in’s Regal…

  3. Ja – ich auch!

    Und bei dem Buch handelt es sich bestimmt um eine Erstausgabe der Gefährlichen Liebschaften (Les Liaisons dangereuses). Hey BvG – Sie sind reich, das gibt bei einem guten Auktionshaus (nicht bei ebay!) bestimmt ’nen guten Preis. Den Erlös aber auch schön brav in der Steuererklärung angeben 😉

  4. Also, ich finde eine solche Website gut. Da hat man (hoffentlich) endlich mal fundierte Informationen, bei denen man sich sicher sein kann, dass sie korrekt sind – nichts gegen Wikipedia, aber etwas unsicher sind die Inhalte dort ja schon. Aber es geht schlussendlich natürlich nichts über die guten alten Bücher!

  5. Sicher ist die totale Verfügbarkeit von Information, noch dazu qualitativ abgesichert ein großer Fortschritt.
    Doch wächst leider die Abhängigkeit von der Hardware und es wächst die Gefahr, daß plötzlich und allumfassend der Zugang zum Wissen beschränkt oder verhindert (oder schlimmer noch: manipuliert und überwacht wird) wird. (Stichwort: Fahrenheit 451, (1984, Schöne neue Welt etc…)

    Dazu hat es ja schon viele Diskussionen hier im Blog gegeben.

    @bronski: Diese Diskussionen zusammenzufassen und zu kommentieren wäre eine schöne Aufgabe für einen Azubi!

    @susanne , fiasco
    Da der technische Fortschritt sich etwa alle 2 Jahre „verdoppelt“ (verkürzt ausgedrückt), die Haltbarkeit und Nutzbarkeit der Medien jedoch abnimmt, sind CD und Laptop etwa gleichalt wie die Bücher von 1782.
    Sozusagen die „Hundejahre“ der Hardware.
    (habt ihr ja sicher verstanden, aber ich bin so stolz auf den Gag *g*)

  6. Gemach, gemach Leute. Es ist nicht weder der Untergang des Abendlandes noch des Buches, wenn der Brockhaus online geht.

    Gibt es etwa keine Briefe mehr seit Erfindung des Telefons ? Sind die Theater völlig durch das Fernsehen ersetzt ? Na also. Und beim nächsten Stromausfall muss man dann eh wieder Band Sp-St aus dem Regal holen , um nachzuschlagen wie dieser zustande kommt……..

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