Es fehlt an einer klaren Sprache

Beugt ein Richter geltendes Recht, droht ihm eine Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren. Beugen drei Richter gemeinsam geltendes Recht, gehen sie straffrei aus. Wie das? Mit einer Entscheidung des OLG Naumburg wurde eine Entscheidung des Familiengerichts Wittenberg aufgehoben, nach der einem türkischen Vater das Umgangsrecht für sein unehelich geborenes Kind zugesprochen wurde. Diese Entscheidung des OLG wiederum wurde vom Verfassunsgericht kassiert. Das OLG war überhaupt nicht zuständig, die Entscheidung sei zudem „willkürlich“ gewesen. Rechtsbeugung!  Trotzdem werden die drei Richter nicht belangt, weil, so das Verfassungsgericht, angesichts des Beratungsgeheimnisses nicht feststellbar sei, welche der drei Richter die willkürliche Entscheidung trafen. Diese „strukturelle Straflosigkeit“ eines Kollegialgerichts, sei eine „Katastrophe für den Rechtsstaat“, sagt der Jurist Christoph Strecker und fordert die Möglichkeit für in solchen Abstimmungen unterlegene Richter, ein Sondervotum abzugeben – ein Privileg, das bisher nur dem Verfassunsgericht in Karlsruhe eingeräumt wird.

Dazu Horst Trieflinger aus Frankfurt:

„Es sollte nicht nur das Gerichtsverfassungsgesetz geändert werden, damit ein Richterkollegium, das das Recht beugt, gesetzlich zur Verantwortung gezogen werden kann, sondern auch der Rechtsbeugungsparagraph 339 Strafgesetzbuch.
Gemäß ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs soll nur der schwerwiegende, das heißt der elementare Rechtsbruch Rechtsbeugung sein. Die Professoren Günter Bemmann, Manfred Seebode und Günter Spendel belegen in der ‚Zeitschrift für Rechtspolitik‘ 1997, Seite 307 ff. (‚Rechtsbeugung – Vorschlag einer notwendigen Gesetzesreform‘), dass diese Auslegung gesetzwidrig ist, weil sie den Gesetzeswortlaut missachtet. Die Professoren schlagen deshalb im Artikel vor, auch die minder schwere Rechtsbeugung unter Strafe zu stellen, und zwar mit Freiheitsstrafe nicht unter sechs Monaten. Diese Rechtsprechung bedeute ein befremdliches Justizprivileg und diene dem richterlichen Selbstschutz gegen das Gesetzt.
Angemerkt sei, dass die gesetzwidrige, einschränkende Auslegung und Anwendung des Paragraphen 339 StGB (Rechtsbeugung) durch den Bundesgerichtshof außerdem gegen Artikel 20 Absatz 3 Grundgesetz verstößt, wonach die Rechtsprechung an Gesetz und Recht gebunden ist.“

Bert Steffens aus Andernach:

Es verwundert mich immer wieder, wenn Juristen die Beseitigung von ‚Rechtsprivilegien‘ fordern, wo keine existieren. Sie tun so wie einer, der die Bekämpfung von Waldschraten fordert, obwohl er doch leicht feststellen kann, das es keine Waldschrate gibt. Genau so ist das mit dem ‚Rechtsbeugungsprivileg‘ und anderen angeblichen ‚Richterprivilegien‘. Es fehlt an einer klaren Sprache, wie sie Voltaire einst geübt hat, und so wird nicht laut geäußert, dass jene Richter oder andere zur Rechtsbeugung Befähigte, die sich in ihren Berufsstrukturen vor Strafverfolgung sicher fühlen, obwohl sie gegen § 339 StGB (früher § 336) verstoßen, nichts anderes in Anspruch nehmen als jenes, was bei genauer Betrachtung im § 129 StGB mit „Bildung einer kriminellen Vereinigung“ beschrieben wird. Rechtsbeugung ist ein schweres Verbrechen, kein Kavaliersdelikt und wird nicht dadurch abgedeckt, dass überall dort, wo gehobelt wird, auch Späne fallen. Der mündige Bürger möge doch ins Grundgesetz blicken: ‚Die rechtsprechende Gewalt ist den Richtern anvertraut‘ (Art. 92), nicht die Rechtsbeugung. An diesen Fakten ändern auch Bundesgerichte nichts, wenngleich dies umfangreich und grundgesetzwidrig unternommen worden ist.“

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3 Kommentare zu “Es fehlt an einer klaren Sprache

  1. Hier hackt ja keine „Krähe“ der anderen, ein Auge aus ? Über so manche Urteilsgebung wie auch Anmaßung der Gerichtsbarkeit, in dieser Republik, kann man manchmal nur den Kopf schütteln. Auch in Anbetracht darauf, das dann die nächst höhere Instanz,alles in „Frage“ stellt und den Fall neu aufrollen läßt. Normalerweise, müßten ja genaue „Richtlinien“ vorliegen,
    wer für was zuständig ist ? Unabhängig davon.
    Das Kind (Kinder) sind immer die Leidtragenden, wenn Streitigkeiten (über das Sorgerecht) der beiden (Ehe) Partner, vor Gericht ausgetragen werden!

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