Der Bahnstreik ist nun erstmal ausgesetzt, kann aber schon bald wieder aufgenommen werden; jetzt wird erstmal verhandelt. Gut so! Vernünftige Menschen sollten in der Lage sein, vernünftige Lösungen zu finden. Und zwar vor dem Hintergrund dessen, was Joachim Sternal aus Darmstadt schreibt:

„Ein Zugführer mit Hunderten von Passagieren geht mit 1200-1300 Euro netto nach Hause. Reinigungspersonal oder Spargelstecher mögen sich bei solchen Zahlen beruhigt fühlen, aber jeder Arbeitnehmer, selbst in mittlerer Position, muss sofort erkennen, wie unglaublich diese Zahl ist. Ein Verweis auf die Unmöglichkeit einer sofortigen 30-prozentigen Gehaltserhöhung ist dann doch ein Schlag ins Gesicht der Bahnbediensteten.
Würde Herr Mehdorn mit diesen Gehaltserhöhungen die nächste Preiserhöhung begründen, nie würde ich lieber und mit mehr Verständnis eine Fahrpreiserhöhung bezahlen, als mit dieser Gewissheit, dann von motivierten, aufmerksamen und angemessen bezahlten Bahnangestellten befördert und gut bedient zu werden, anstatt von Lokführern mit Gehältern von Hilfskräften, wo ich mich an jedem Signalmast sorgen muss, ob „der da vorne“ nicht vielleicht grade demotiviert Bildzeitung liest.
Und um diese Meinung zu bilden, braucht es nicht erst Gewerkschaft oder Medien, die entwickelt man mit gesundem Menschenverstand von selbst.“

Gudrun Rogge aus Berlin fügt hinzu:

„Die positive Haltung vieler Fahrgäste gegenüber den Tarifforderungen des Bahnpersonals hängt vielleicht auch damit zusammen, dass noch nicht alle Menschen vergessen haben, dass die Bezüge des Vorstands der Deutschen Bahn AG zwischen 1999 und 2005 um 300 Prozent erhöht wurden (Spiegel vom 15. Oktober 2006) und dass Herr Mehdorn, der das Personal zur Bescheidenheit auffordert, immerhin im Jahre 2006 für seine Tätigkeit 3,184 Mio Euro erhalten hat.“

Dagegen mahnt Ralf Kuke aus Erfurt, das Große Ganze im Auge zu behalten:

„Der Warnstreik der Eisenbahner ist gerechtfertigt, auch wenn er für die Fahrgäste nervig ist. Es geht nicht nur um mehr Einkommen, sondern auch gegen eine bahnfeindliche Verkehrspolitik. Finanzmittel für Unternehmenszukäufe sind bei der Bahn vorhanden, für das Personal sowie den Erhalt von Schienenwegen fehlen angeblich immer Finanzmittel. Die Bundespolitik unterstützt lieber die Straßen- und Kfz-Lobby. Zu dumm, dass viele Bahnkunden diese Zusammenhänge nicht verstehen wollen und dass die Medien darüber oft schweigen.“

Julian Bank aus Bremen will gleich den Bürsengang verhindern:

„Zwar finde ich die Anliegen der Bahngewerkschaften isoliert betrachtet nachvollziehbar – im derzeitigen historischen Kontext jedoch habe ich kaum Verständnis für die Stroßrichtung des Streiks: Warum denn bloß bündeln die Gewerkschaften nicht ihre Kräfte, um gegen den geplanten Börsengang der Bahn anzugehen, welcher im Herbst vom Bundestag beschlossen werden soll? Dieser Schritt ginge neben allen gesamtgesellschaftlichen Schäden doch auch auf Kosten der Bahnangestellten! Bei seiner Verhinderung können die Bahngewerkschaften eine zentrale Rolle spielen.“

Aber es gibt auch andere Positionen – etwa die von Peter Deuble aus Langenargen:

„Sorry, aber ich habe kein Verständnis für den Streik. Ich habe eine Monatskarte, die mich 220 Euro kostet, und jetzt muss ich noch zusätzlich für Benzin zahlen. Freiberufler und Selbständige wie ich können auch nicht streiken, wann es ihnen gerade passt – sonst sind wir unsere Aufträge und Kunden los. Ich trage mehr Risiko als ein DB-Angestellter, der einen (relativ) sicheren Job hat.“

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14 Kommentare zu “1300 Euro netto? Unglaublich!

  1. Selbstverständlich ist es zu begrüssen, dass sich die „Parteien“ zusammen-/auseinandersetzen; jedenfalls, dass sie miteinander sprechen, hoffentlich mit dem beiderseitigen Willen zu einem Konsens zu kommen.
    Zum Thema „Einkommen der Lokführer“ ist zu sagen, dass (wenn man den Zahlen glauben darf) die Bezahlung ein Skandal ist! Dabei ist es von geringem Belang, ob dieser Mensch eine Lok vor einem Personen- oder einem Güterzug fährt.
    Der Vorwurf von Herrn Deuble ist zwar verständlich (ich bin auch Freiberufler), steht aber unter einem anderen Aspekt.
    Bedenken Sie bitte ein Risiko, das oftmals unterdrückt wird: die doch verhältnismässig zahlreichen Selbstmörder (und stellen Sie sich doch mal vor, wie das ist: da liegt oder steht ein Mensch auf den Gleisen und Sie können gerade machen was Sie wollen: Die geballte Masse Zug stoppt einfach nicht ..)

  2. @ 1. Hajo Gebhardt

    Da kommt mir gerade ein etwas makaberer Gedanke. Sollte das Management eventuell eine “Suicid-Prämie“ für Lokführer in Betracht ziehen, um diesen den (ich meine das nicht spaßig) seelischen Schaden zu erleichtern ? Klingt im ersten Moment wirklich zynisch, aber bei DEM Gehalt auch verständlich….Hm, ich vergesse es besser ganz schnell.

    Zum Thema: Das Gute am Streik ist, dass die Bahn nicht einfach mit “Outsourcing“ drohen kann. So schnell sind auch keine ungarischen oder gar chinesischen Lokführer zu rekrutieren (wobei ich nichts gegen diese gesagt haben möchte). Insofern hat die Gewerkschaft einen gegenüber anderen Sparten großen Vorteil. Diesen sollte sie VOLL ausspielen. Mehdorn muss endlich mal begreifen, dass nicht Aktien, sondern Menschen im Mittelpunkt zu stehen haben, als Personal und als Kunden.

  3. Auch wenn es für jeden Bahnbenutzer ärgerlich ist, wenn der Zug nicht oder verspätet fährt, so sollte mensch nicht vergessen, warum die Lokführer streiken. Bei solch einem mickrigen Lohn für diese Verantwortung, ist es verwunderlich, dass dieser Streik nicht schon viel früher begonnen wurde. Und das Gejammere der Freiberufler kann ich auch nicht mehr hören. Entweder, Euer Job ist gut und ihr könnt gut davon leben, dann freut Euch. Wenn nicht, dann macht ihr offensichtlich etwas falsch. Davon abgesehen: Die Bahn AG hat in den letzten Jahren fast 50 % der Stellen beseitigt. Soviel zum sicheren Job

  4. Endlich geht einmal eine Berufsgruppe auf die Strasse und zwar dort, wo es richtig schmerzt. Nämlich die Angst „unpünktlich“ zu sein ist der Deutschen liebste Angst. Vielleicht sollten Lokführer und Bahnbegleiter Streifen auf Ihren Uniformen und Hemden tragen, so wie die bei Flugpiloten und Schiffspersonal auch, damit diese Berufsgruppe endlich ernst genommen wird und auch endlich angemessen bezahlt wird.

  5. Ja, so ist das mit dem Kleinjungentraum; die Realität sah schon immer anders aus als Träume es vorgaukeln. Aber, wer auf der einen Seite sich als bevorzugt fühlt und dies auch vom Bahnvorstand so gesagt bekommt, jedoch andererseits mit wenig Geld abgespeist wird, der musste ganz einfach dem Beispiel von Krankenhausärzten und Lufthansapiloten folgen und die 30% fordern!

  6. @ 5. Kommentar von Kaiser Karl

    Lieber Kaiser Karl,

    Ihnen ist wohl auch Ihre Apanage auf das falsche Konto gekommen, wenn Sie hier Lokführer und Piloten oder Ärzte wegen einer 30-Prozentforderung auf eine Stufe stellen und und dabei doch nur Sozialneid (bei den Bahnern) unterstellen:

    Wenn jemand der schon 4500 – 11000 Euro Brutto (Durchschnitt: ca. 7750) verdient 30% fordert, dann hat er netto 1200 Euro mehr in der Tasche, beim Lokführer mit 1300 – 1500 Nettoverdienst (3000 Brutto) wären das max. 450 Euro Netto. Jetzt kann der träumende Lokführer endlich wirklich mit dem Porsche zur Arbeit fahren und braucht nicht mehr die Bahn zu nehmen.

    Es grüßt ein bescheidener Untertan

  7. @4. Kommentar von Sonja Kröger

    Liebe Frau Kröger,

    Sie schlagen vor:

    „Vielleicht sollten Lokführer und Bahnbegleiter Streifen auf Ihren Uniformen und Hemden tragen, so wie die bei Flugpiloten und Schiffspersonal auch, damit diese Berufsgruppe endlich ernst genommen wird und auch endlich angemessen bezahlt wird.“

    Vielleicht machen Sie mal einen Spaziergang über den Bahnhof Ihres Vertrauens, dann könnten Sie entdecken, dass das Zugbegleitpersonal durchaus Streifen an der Uniform haben. Die sind sogar rot! Vielleicht ist dass der Grund, warum der Ihr also schon verwirklichter Plan bei den Bahnern nicht geklappt hat.

    Wären goldene Streifen besser?

    fragt jemand, der schon echte Bahner gesehen hat.

  8. An dieser Stelle sollte mal etwas klar gestellt werden. Bei der Bahn gibt es drei Gewerkschaften. TRANSNET, GDBA und GDL. Die GDL fordert 30% mehr Lohn für Lokführer. Dabei ist ihr die Einkommensituation der anderen Berufsgruppen egal. Denn bei der Bahn arbeiten z.B. auch Reinigungskräfte und Sicherheitskräfte zu Niedriglöhnen. TRANSNET und GDBA fordern daher für alle Beschäftigten zu Recht eine Lohnerhöhung. Die GDL behauptet, dass ein Lokführer 1500 Euro netto bekäme. Das stimmt nur, wenn man die Zulagen nicht mitrechnet die ein Lokführer bekommt. Das sind mehrere hundert Euro im Monat je nachdem wie oft und zu welcher Zeit die Arbeit verrichtet wird. Was in der jetzigen Diskussion auch keine Rolle spielt, sind die Fahrdienstleiter. Die verdienen weniger als Lokfüher haben aber, wie viele andere auch, eine verantwortungsvolle Aufgabe. Wenn man das mit dem Flieger vergleichen will, wären das die „Fluglotsen“. Wenn die GDL für ihre Lokführer was durchsetzt, kommen dann morgen die Fahrdienstleiter um für sich auch Vorteile gegenüber den anderen raus zu holen. Und danach die nächste Gruppe. Das kanns ja wohl nicht sein. Hoffen wir, dass die Vernunft siegt und die GDL von ihrem Kurs abrückt und sich einreiht in die Eisenbahnerfamilie. Spaltung hat noch nie zur Stärkung geführt.

  9. @ julian
    du bist naiv. die gewrkschaften dürfen ja gar nicht wegen der bevorstehenden privatisierung der bahn streiken, die dürfen ja nur für tarifliches streikein.
    so war zum beispiel der streik bei der werksschliessung von AEG in nürnberg offiziell kein streik gegen die schliessung, sondern ein streik, die schliessung mit möglichst hohen enmalzahlungen etc. sozial verträglich zu machen. nur dafür dürfen die gewerkschaften einen streik ausrufen und genau aus diesem grund, um diesen unsäglichen zustand in deutschland zu ändern, ist ein ganz grosser und wichtiger punkt von DIE LINKE die einführung des politischen streiks in der BRD.

    @peter deuble
    das argument mit dem risiko langweilt mich. wenn dir die freiheitgen, der spass den dir die freiberufliche tätigkeit bringt, das nicht wert sind, dann lass dich eben wieder (relativ) sicher anstellen.
    und, ich weiss ja nicht, was du machst, aber gerade als freiberufler hast du am allermeisten davon, wenn sich durch einen erdrutschartigen sieg von 30% merh lohn, hier im lande was ändern würde und dann zukzessive alle mehr verdienen würden, die hätten dann nämlich auch mehr zum ausgeben und es würden nicht mehr nur ein paar wenige superreiche auf ihrem vermögen fest sitzen.

    nur um dir da mal die derzeitigen asozialen verhälltnisse klarzumachen, in denen wir leben:
    das ungefähre vermögen des einen aldi-bruders beträgt 16 milliarden euro. davon muss ein durchschnittlicher hartzIV empfänger 246.000 jahre leben und da regst du dich über die eisenbahner auf, die ein stück vom kuchen wollen, anstatt in den chor einzutreten und auch ein stück vom kuchen zu wollen.

  10. @ 6 karla

    Liebe Karla,
    lies doch bitte nochmal meinen Kaiser Karl Eintrag genau und Du wirst merken, dass ich damit im Nachhinein die seinerzeitigen Aktionen von Piloten und Ärzten mit der 30% Forderung verurteile. Denn diese hatten damals ihre Sonderstellung ausgenutzt und quasi mit Druck auf die ihnen „Anvertrauten“, also Fluggäste und Patienten, ihre Forderungen somit fast in Gänze durchsetzten

  11. @ 10. Kommentar von Kaika

    Lieber Kaika,

    es täte mir leid, wenn ich Sie mißverstanden hätte, aber ich komme mit Ihrem Text aus #5 nicht ganz klar:

    Mit den „Kleinjungenträumen“ meinen Sie doch den Traum vom großen Lokomotivführer, der dann an der Realität (der Bezahlung) zerplatze, wenn man ihn, den Beruf, dann hat. Diese Enttäuschung mache sich schließlich Luft im Nacheifern der Piloten und Ärzteforderung.

    Diesen Gedanken halte ich für höchst spekulativ, die tatsächliche ökonomische Lage der Bahner reicht dazu allemal. Ich persönlich halte solche Forderung nicht für übertrieben, auch wenn ich ein einheitsgewerkschaftliches Vorgehen hier trotzdem für besser hielte.

    Dass aus Ihrem Beitrag #5 Kritik am Vorgehen der Piloten und Ärzte deutlich würde, ist mir irgendwie entgangen. Wo meinen Sie haben Sie das getan?

  12. @ 11 karla_m

    ist alles richtig; jedoch was ich bei den P.u.Ä mit meinem anführen kritisierte, gilt auch für die Lokis.
    Denn bei aller Berechtigung wird die Öffentlichkeit immer auch kritisch zu solchen Forderungen stehen und fragen: „Warum haben sich diese Leute nicht schon Jahre früher zu Wort gemeldet?“
    Ein Paukenschlag kann ja manchmal wirksam sein, aber hier könnte er kotraproduktiv sein!
    Denn bei den P.u.Ä. waren Minderheiten betroffen, bei den Bahnern aber trifft es den so genannten „Kleinen Mann“ und dessen „Solidarität“ ist heutzutage bekanntlich nicht mehr so stark ausgeprägt!

  13. @ 12. Kommentar von kaika

    Lieber Kaika,

    fragen Sie wirklich allen Ernstes mit der breiten Öffentlichkeit „Warum haben sich diese Leute nicht schon Jahre früher zu Wort gemeldet?“ – Die Antwort ist doch bekannt: Die Bahner und nicht nur Sie haben jahrelang den offiziellen Gewerkschaftskurs mitgetragen, durch Lohnzurückhaltung den Aufschwung herbeizuführen und sie haben berechtigt Angst um Ihre Arbeitsplätze gehabt. Jetzt erklärt Ihnen die Politik, der Aufschwung sei da und er sei nachhaltig, da wollen Sie ihren gerechten Teil davon selbstverständlich auch mitnehmen.

    Warum gehen Sie davon aus, dass die „breite Öffentlichkeit“ nicht größtenteils identisch sei mit dem „Kleinen Mann“? Der Bahner ist ein „Kleiner Mann“. Selbst wenn ihm die Solidarität der restlichen „breiten Masse“ fehlte, so wäre dass nicht die Tatsache, die die Deutsche Bahn eventuell mächtig genug machte den Lohnforderungen nicht nachzukommen. Fahrgäste, die wegen des Streiks nicht fahren können, werden nicht als Streikbrecher tätig werden und der Bahn das Geschäft kostenlos erledigen. Wenn Die Gewerkschaft es will, kann Sie hier jeden von interessierter Seite inszenierten „Proteststurm“, für den es keinen wirklichen Rückhalt in der Bevölkerung gibt, abwarten.

  14. Eas mich etwas irritiert, ist dass ein Punkt hier kaum behandelt wird.
    Dass sich nämlich einzelne Berufsgruppen (die sich wohl selbst „Leistungsträger“ nennen) sich aus der Gemeinschaft ausklinken. Das bedeutet, dass sich auch in den Gewerkschaftskreisen eine End-solidasisierung stattfindet.
    Dieses haben die Piloten, die Ärzte vorgemacht.
    Bei den Ärzten z.B. war es klar, dass es nur um den eigenen Lohn ginge – dass dadurch Einsparungen bei den anderen Berufsbereichen vorgenommen wurde – war egal.
    Ich gönn jedem seinen gerechten Lohn (egal, was das ist), aber ist es moralisch gerechtfertigt, dass sich immer mehr Berufsgruppen aus der Solidargemeinschaft ausklinken?

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