Die Freiheit am Hindukusch

Vorbei die Zeiten, als SPD-Frontmann Peter Struck noch unsere Freiheit am Hindukusch verteidigt sehen wollte. Die SPD zweifelt nun am Einsatz der Bundeswehr in Afghanistan. Auslöser dieser Zweifel – nicht zu verwechseln mit Selbstkritik – dürften u. a. auch die zivilen Opfer sein, die der Militäreinsatz fordert: „Jeder durch internationale Truppen umgekommene Zivilist wird zum Argument gegen Präsident Hamid Karsai“, schreibt Thomas Kröter in seinem FR-Kommentar. Mit diesen Opfern spielen die Truppen den Taliban in die Hände. Und mittendrin die Bundeswehr!

FR-Leser Jürgen Müller aus Pasadena/USA lässt kein gutes Haar am Einsatz der Bundeswehr und dem Verhalten der politischen Führung:

„Wer wie die Deutschen alles immer besser weiß, sollte vielleicht der großen Klappe Taten folgen lassen und dem Rest der Welt zeigen, wie man es besser macht. Aus der Deckung heraus, die von den US-, britischen, kanadischen und holländischen Soldaten im Süden gesichert wird, indem diese den Deutschen den Rücken für medienwirksame Entwicklungshilfe freihalten, lässt es sich einfach kritisieren. Bei dem Gedanken an deutsche Brunnenbauer in Uniform im Süden kommt einem das Schaudern. Aber vielleicht lachen sich die Taliban aus Vorfreude auf die deutschen Truppen im Voraus tot.“

Rainer Nohl aus Heidelberg sieht die Bundeswehr in einer ganz anderen Rolle:

„Halten wir fest: Die Bundeswehr ist auf dem Weg zu einer ‚Söldnerarmee im Auftrage der Wirtschaft‘ real bereits weit fortgeschritten. Transnationale Konzerne fordern ohne Rücksicht auf das Völkerrecht in UN-Konventionen heute ungeniert und erfolgreich militärische Unterstützung bei der Sicherung von Rohstoffen. Exakter formuliert, verursachen sie einen weltweiten Raub von Rohstoffen aus militärisch unterlegenen Staaten. Ein sehr gutes Geschäft für sie, tragen doch nicht die begünstigten Unternehmen, sondern die deutschen Bürger und Steuerzahler neben den Kosten auch die Risiken dieser Politik. Die staatstragenden Parteien unterstützen dies. Die Ressourcen werden auf diese Weise rasch verbraucht sein. Das Bundesverfassungsgericht sieht zu, denn wo kein Kläger ist, ist auch kein Richter. Und in Berlin soll rasch noch ein imposantes Denkmal für die Ehrung der in Rohstoffkriegen umgekommenen ‚Söldner‘ errichtet werden.“

Nach offizieller Lesart ist die Bundeswehr in Afghanistan, um friedliche Aufbauarbeit zu leisten und diese notfalls mit militärischen Mitteln zu sichern – so sagt der Bundesaußenminister. Es sieht nun so aus, als ob die Taliban diese Strategie, im ruhigeren Norden des Landes Oasen des Friedens zu schaffen, die ins Land ausstrahlen, mit Anschlägen zu durchkreuzen versuchen. Es kann daher sein, dass Jürgen Müllers Spott ins Leere zielt: Wenn die Taliban in den Norden kommen, müssen die deutschen Soldaten nicht mehr in den Süden. Aber dann geht die innerdeutsche Debatte erst richtig los.

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7 Kommentare zu “Die Freiheit am Hindukusch

  1. Wir haben in Afghanistan weder etwas verloren noch etwas zu suchen. Die Zeiten, in denen „wir“ die Welt beglücken wollten, sind lange vorbei. Die USA sind dort eingebrochen, wollten die SU vertreiben, demütigen – und haben lokale und regionale Kriegsfürsten, die nichts als Banditen waren, aufgehetzt und aufgerüstet. Der Coup gelang – war aber damit nicht beendet. Nach dem Sieg der war-lords machten die Taliban Schluß mit diesem Durcheinander und übernahmen selbst die Herrschaft. Die war allerdings von vorgestern, für uns ein Rückschritt ins religiöse Mittelalter.
    Das wiederum paßte den USA nicht mehr in den Kram – und 9/11 war der willkommen Anlaß zum „Aufräumen“.
    Aber – was haben wir damit zu tun? Die „freiheitichen Friedenstruppen“ des Westens können/dürfen nicht einmal den Export gefährlichster Drogen unterbinden – das allerdings wäre heute ein Grund zum Aufräumen.Da das nicht greift und wir keinen Grund haben, den Bürgermeister von Kabul und seine Banditen im Amt zu halten, sollten wir uns zurückziehen.
    Mit den USA und den Nato-Truppen im kriegerischen Einsatz ist eine Friedensaufbauarbeit unmöglich. Also: raus aus Afghanistan. Sofort.

  2. Es gäbe keinen Grund, weshalb die Bundeswehr in Afghanistan präsent sein sollte, ausser sie erbringt humanitäre Hilfe
    .. aber kann das nicht eine darauf spezialisierte Organisation besser und vor allem effektiver ( = kostengünstiger)?

    Es steht wohl ausser Zweifel, dass in diesem Land (wie auch in anderen Regionen unserer Erde) die Machtverteilung nicht so ausgerichtet ist, wie wir uns das wünschen würden, aber kommt es darauf an, was wir Europäer uns wünschen?

    Fazit (in Anlehnung an #1 Herbert Steffes): BW muss raus aus diesen „Krisengebieten“ (die anderen Staaten können wir allenfalls animieren) und das Geld, das derzeit dort „verpulvert“ wird, in wirkliche Hilfe für die Zivilbevölkerung stecken!

    Klingt vielleicht etwas naiv, aber die „anderen“ Lösungen sind doch schon längst gescheitert, oder?

  3. Man darf nicht vergessen, dass es eine Terrordrohung gegen Herrn Jung während seines Besuches in Afghanistan gegeben haben soll. Außerdem war in den Nachrichten zu entnehmen, dass sich der Präsident von Afghanistan, Herr Karsei, sich über das Verhalten der NATO-Truppen und den Verlusten innerhalb der Zivilbevölkerung beschwert hat.

    Unsere Politiker tragen mit ihren Beschluss Tornados nach Afghanistan zu entsenden eine Mitschuld und dürfen sich nicht wundern, dass hierdurch der Rückhalt der Terroristen in der afghanischen Bevölkerung eher nicht gestärkt wird.

    Auch die Tatsache, dass die Terrorgefahr in Deutschland nach der Veröffentlichung eines Videos mit entsprechenden Drohungen zugenommen hat, ist in Bezug dieses Hintergrundes nicht verwunderlich.

    Unsere Politiker sollten sich beim nächsten Mal stärker überlegen, ob sie durch solche Aktionen unserer Bevölkerung wirklich einen Gefallen tuen.

    Nach meiner Meinung sollten doch die Amis die Karre alleine aus dem Dreck ziehen. Wie schon im ersten Kommentar vereutlich habe sie doch zur Entstehung dieser Strukturen in Afghanistan maßgäblich beigetragen.

  4. Das sehe ich genauso. Es ist davon auszugehen, dass der Großteil der Bevölkerung gegen Auslandseinsätze der Bundeswehr ist. Interessanterweise stellen sich viele Politiker hin und ignorieren diesen relativ offensichtlichen Volkswillen. Beispielsweise Herr Beck, welcher der Linken vorwürft, eine verantwortungslose Außenpolitik an den Tag zu legen. Es gab Zeiten, da war man in der „Friedenspartei SPD“ stolz darauf, sich (weitgehend) von Bundeswehreinsätzen zu distanzieren und hat sogar mit diesen Themen Wahlen gewonnen. Aus der CDU hört man Stimmen, die den Einsatzgegnern vorwerfen, mit diesen Positionen Deutschland außenpolitisch zu isolieren. Auch hier kann man durchaus anderer Meinung sein. Ich könnte damit leben, von anderen Staaten schief angeschaut zu werden, weil ich mich nicht ihren Plünderungsfeldzügen und „Frieden schaffenden Missionen“ anschließe. Die Nichtteilnahme am Irakkrieg hat Deutschland in großen Teilen der Welt mehr Ansehen gebracht als gekostet und man beachte den Platz, den Bush auf der Beliebtheitsskala einnimmt (Titelseite FR vom 30. Mai)!

  5. „SPD zweifelt nun am Einsatz der Bundeswehr in Afghanistan“ (FR v. 25.6.2007)

    Ach wie reizend. Am Sinn dieses Unternehmens habe ich von Anbeginn Beginn gezweifelt.
    Der Marsch im Kaukasus musste bekanntlich im November 1942 ebenfalls abgebrochen werden. Es bringt einfach kein Glück, wenn deutsche Soldaten in der Fremde Heimat und „Freiheit“ verteidigen wollen!

    Schön, wenn unsere Politiker lernfähig sind. Hoffentlich sind bis dahin nicht schon zu viele Männer umsonst gestorben (für ein Phantom des Ruhms, wie Hamlet meinte).

    Aber, nicht traurig sein, sie bekommen ein Denkmal in der Hauptstadt!

  6. Es wäre gut, wenn unsere Befürworter ihre Söhne und Töchter nach A. schicken würden. Dann hätten sie sich gewiß Gedanken gemacht, was das Ganze soll und wie man wieder ‚rauskommt. Bei welchem Zustand des Landes wird man abziehen, wo doch Taliban & Wut unaufhaltsam auf dem Vormarsch sind? Ich sehe nichts anderes als einen Abzug wie die Russen. Geschlagen.
    Das ist der Preis, leichtfertig zu sagen „Am Kaukasus….usw.“ Aber auch wie vor ca. 18 Jahren mit Inbrunst im Bundestag: „wir müssen auch unsere Interessen verteidigen.“
    Kein Protest.
    Keiner hat protestiert, daß jetzt nicht nur Landesverteidigung möglich sein sollte, sondern auch die Verteidigung unseres Lebensstils: Benzin für Autos. Iran sperrt sich? Verteidigungsfall! Kakao-Embargo gegen uns? Verteidigungsfall. Wenn Ihr nicht liefern wollt, greifen wir Euch an!
    Wenn man derart leichtfertig ist, wird man eines Tages nicht nur die Lippen spitzen, sondern Soldaten schicken müssen.
    Ich freue mich schon darauf, wenn sich CDU/SPD aus A. herauswinden müssen, ergriffen von Wichtigkeit und Würde ob der Schwere der leider notwendigen Entscheidung. Dann wird sich zeigen, daß alle diese Kaiser nackt sind.
    Dann wird sich wieder zeigen, daß es nichts bringt, „unseren amerikanischen Freunden“ in den Hintern zu kriechen.

  7. @vantast

    Dein erster Absatz erinnert mich an eine Film von Michael Moore, in dem er u. a. darstellt, dass sich hauptsächlich die „Underdogs“ sich für die Army melden, um dann im Irak verheißt zu werden.

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